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Nächste Gold-Party für die deutschen Alpinen: Eine Woche nach Maria Rieschs Olympiasieg in der Super-Kombination hat Geheimfavoritin Viktoria Rebensburg die Gunst der Stunde genutzt und die Goldmedaille im Riesenslalom gewonnen. Die 20-Jährige aus Kreuth fuhr mit vollem Risiko vom sechsten auf den Gold-Rang vor und wurde Olympiasiegerin, ohne jemals ein Weltcup-Rennen gewonnen zu haben. "Ich glaub', dieser Namen gehört nicht zu mir, das ist unglaublich, der absolute Wahnsinn. Gold ist ein Traum", sagte Rebensburg, der die eintägige Verschiebung der Entscheidung und das schlechte Wetter nichts ausmachte. "Komisch, ich war am Start gar nicht nervös." Die höher gehandelte Weltmeisterin Kathrin Hölzl ging als Sechste ebenso leer aus wie Riesch auf Platz zehn. Hinter Rebensburg sicherte sich die Slowenin Tina Maze 4/100 Sekunden zurück die Silbermedaille, Elisabeth Görgl (Österreich) fuhr zu Bronze. Beim Hundertstel-Krimi im wegen Nebels um einen Tag verschobenen zweiten Durchgangs behielt Rebensburg den Durchblick. Voll auf Angriff war die dreimalige Junioren-Weltmeisterin gefahren, denn als Sechste des ersten Durchgangs brachte ihr nur das noch die Chance zum nächsten Coup. Im Ziel leuchtete die grün unterlegte Bestzeit auf; das Schwung-Wunder ballte die Fäuste und schrie die Freude hinaus. Nun hieß es warten und zittern. Als dann auch die Österreicherin Elisabeth Görgl als Führende des ersten Durchgangs sie nicht mehr verdrängen konnte, war die olympische Freude wieder riesengroß. Rebensburg hockte sich im Zelt auf einen Stuhl und hielt kurz die Hände vors Gesicht. Trainer und Betreuer fielen sich schon am Pistenrand in die Arme und hüpften vor Freude im Schnee. "Es war nicht unsere Zielsetzung, drei auf dem Podest zu haben, Ziel war eine Medaille", sagte Alpin-Direktor Wolfgang Maier. Dass die "eine Medaille" auch noch golden glänzte, war für alle beim Deutschen Skiverband besonders schön. Wie zuletzt in Nagano 1998, als Katja Seizinger die Truppe zu insgesamt sechs Medaillen führte, gab es wieder zweimal Edelmetall für die langjährigen Sorgenkinder im Deutschen Skiverband. Nach zwei WM-Titeln vor einem Jahr mischen sie auch bei Olympia wieder bei den ganz Großen mit - und die Medaillenjagd ist dank der ausstehenden Slaloms noch nicht zu Ende. War Rebensburg bei der WM in Frankreich vor einem Jahr noch von Rang drei deutlich hinter die Medaillenränge zurückgefallen, so blieb die Sportlerin aus Kreuth diesmal cool. "Vicky ist eine, die relativ trocken ist", sagte Maier. Damen-Cheftrainer Mathias Berthold hatte die Medaille von der einmaligen Weltcup-Podest-Fahrerin fast erwartet. Der Hang würde "Vicky" liegen, hatte Berthold prophezeit - und recht behalten. "Ganz überraschend ist es nicht, aber man muss es beim Großereignis erst einmal runterbringen und das hat sie geschafft", sagte Olympiasiegerin Riesch über Rebensburg, die bei der Olympia-Generalprobe in Cortina im Januar trotz eines "Riesenfehlers" Zweite geworden war. Die Amerikanerin Lindsey Vonn handelte sich nach ihrer Schuhrandprellung die nächste, wenn auch wohl nur kleine, Blessur ein. Bei ihrem Sturz im ersten Durchgang verletzte sich die 25-Jährige am kleinen Finger der rechten Hand. "Ich hoffe, dass der Finger okay ist und ich Freitag fahren kann", sagte die Abfahrts-Olympiasiegerin mit Blick auf den Slalom. Auch Österreich erlebte seine nächste Slpin-Enttäuschung. Nach dem ersten Lauf hatte Görgl noch geführt, Kathrin Zettel und Eva-Maria Brem standen auf Rang drei und vier. Am Ende blieb nur Bronze für Görgl, Zettel (5.) und Brem (7.) fielen zurück.
"Das ist der absolute Wahnsinn": Die 20-jährige Viktoria Rebensburg fährt in einem grandiosen zweiten Lauf von Platz sechs auf eins.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-ski-alpin-rebensburg-gewinnt-gold-im-riesenslalom-1.11603
Olympia: Ski Alpin - Rebensburg gewinnt Gold im Riesenslalom
00/02/2010
Seit zwei Wochen steht die olympische Bob- und Rodelbahn von Whistler nun im Fokus der Öffentlichkeit, Scheinwerfer leuchten die Strecke aus, Kameras folgen den von oben kommenden Geschossen in jeder Kurve. Und doch wird man den Eindruck nicht los, als lebten Rodler und Bobfahrer in einer abgeschotteten Welt. Nach einem Todesfall, mehreren schweren Stürzen und dem spektakulären "Ausstieg" der deutschen Anschieberin Romy Logsch behaupten sie immer noch hartnäckig, die Bahn von Whistler sei im Großen und Ganzen sicher. Schon zu Beginn der Spiele, als der Tod eines Rodlers zu betrauern war, klang das aberwitzig, die 14 folgenden Tage haben nun die Widersprüche in den Argumenten aufgedeckt. Obwohl die weltweit schnellste Bahn offiziell als sicher galt, wurde immer wieder nachgebessert, an den Seitenwänden der Kurve 16, im Eisausbau der 13, oder im Eisausbau der elf. Die Bahn hätte also von Anfang an ungefährlicher sein können. Manche Trainer behaupteten dann, nicht die Bahn sei schuld, vielmehr die Unerfahrenheit mancher Piloten. Dieses Argument ist für eine olympische Anlage besonders daneben, weil die Verbände ja gerade Sportler aus neuen Ländern brauchen, um internationale Verbreitung und olympische Eignung nachzuweisen. Der Sturz im Frauenfinale bewies schließlich, dass auch deutsche Fahrerinnen, also die mit der größten Erfahrung, in Whistler die Kontrolle verlieren können. Und dann hörte man immer wieder, dass auch auf der Bahn in Altenberg viele Fahrer stürzten. Das mag richtig sein, unter dem Eindruck der Bilder von Whistler klingt es aber, als rede sich der Hersteller eines fehlerhaften Autos damit heraus, die Konkurrenz habe auch schlechte Bremsen. Das Projekt Tempo und Herausforderung ist schiefgegangen bei diesen Spielen, der Ruf des Rodelns und des Bobfahrens hat dadurch Schaden genommen. Rodeln und Bobfahren sind durchaus faszinierende olympische Sportarten, sie sollten ihre Gefahren nicht als gottgegeben hinnehmen und vielleicht insgeheim stolz darauf sein. Sie sollten aus den zwei Wochen von Whistler lernen und alles dafür tun, dass Stürze künftig vermieden werden. Die Athleten aus der Kufenwelt mögen sich daran gewöhnt haben, aber ansonsten will kein Mensch hilflos herumschlitternde Sportler in Eiskanälen sehen.
Der Sturz im Zweierbob-Finale auf der Bahn von Whistler hat bewiesen, wie sich Rodler und Bobfahrer in Widersprüche verzetteln. Das Projekt Tempo ist schiefgegangen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-2010-hilflos-im-eiskanal-1.8075
Olympia 2010 - Hilflos im Eiskanal
00/02/2010
100.000 Kondome für Olympia: Bei den Spielen kommt es zu einer "Explosion des Hedonismus". Auch diesmal deuten alle Indizien darauf hin - doch deutsche Sportler widersprechen. 1992 ist lange her. 18 Jahre, um genau zu sein. 18 Jahre, in denen man viel vergessen kann: Das Wetter am Geburtstag. Den Namen des attraktiven Urlaubsflirts an diesem entspannten Abend auf dem Placa del Rei. Vielleicht sogar das Gefühl, wie es ist, ins Olympiastadion von Barcelona einzulaufen. Aber eins wird Matthew Syed nie vergessen: Das "Sex-Fest" des Jahres 1992, wie er es nennt. Andere nennen es die Olympischen Spiele von Barcelona. Matthew Syed bleibt beim Sex-Fest. "Für uns olympische Jungfrauen ging es in Barcelona genauso sehr um Sex wie um Sport. Da waren die bezaubernden Hostessen in ihren hellgelben Blusen und schwarzen, kurzen Röcken. Da waren die spanischen Schönheiten, die als Zuschauer zu den Wettkämpfen kamen. Und da waren die zigtausend Athletinnen, die in hautenger Sportkleidung durchs Dorf stolziert sind. Wohin man geschaut hat - überall diese exotischen Frauen aus aller Welt: durchtrainiert, jung, athletisch und voll erotischer Ausstrahlung." Seine Gemütslage während der Spiele beschreibt Syed als "Zustand komatöser Lust": "Ich war definitiv einer Ohnmacht nahe." Nun ist Vancouver 2010. Und 1992 ist wirklich sehr lange her. Außerdem ist Matthew Syed ein ehemaliger britischer Tischtennis-Profi, kein Wintersportler. Aber unter den Teilnehmern gibt es sicherlich den einen oder anderen, der ähnlich denkt wie Syed - zumal das sogar wissenschaftlich fundiert wurde. Jennifer Matthews beschreibt in einer Studie der Universität Alberta, dass sich die über zwei Wochen zusammengepferchten Athleten aus aller Welt wie in einer Art Paralleluniversum fühlen, das weit weg von zu Hause ist und in dem auch andere (sexuelle) Regeln gelten: "Die Athleten tun Dinge, die sie sonst nie tun würden." Andrea Henkel gehört nicht dazu. Die deutsche Biathletin hat unlängst verkündet, an Sex sei für sie im olympischen Dorf nicht einmal zu denken. Die Wände seien so dünn, dass man noch nicht einmal in Ruhe telefonieren könne. Und das, obwohl ihr Freund Tim Burke (USA) sogar mit ihr im olympischen Dorf wohnt. Moralische Unterstützung erhält Henkel von Bobpilot André Lange: "Wir sind wegen anderer Dinge hier", sagt er und schiebt sicherheitshalber noch einen Spruch hinterher, der so originell ist wie ein deutscher Olympiasieg im Bobfahren: "Appetit holen kann man sich woanders, aber gegessen wird zu Hause." Unwiderstehlich, diese Deutschen. Während Deutschland im Medaillenspiegel noch knapp vor Kanada liegt, sind die Gastgeber im Aussprechen von sexuellen olympischen Realitäten schon jetzt weit voraus. Angesichts der 100.000 Präservative, die in den olympischen Dörfern in Vancouver und Whistler für Sportler und Betreuer verteilt wurden, orakelte der frühere Snowboarder und Olympia-Teilnehmer Crispin Lipscomb: "Diese Kondome werden absolut gebraucht." 100.000 Kondome für rund 6850 Sportler und Funktionäre und zwei olympische Wochen. Das sind 14,6 Präservative pro Person. Das klingt redkordverdächtig. Zwar wurden in Sydney 70.000 Kondome (und damit 30.000 zu wenig, wie sich herausstellte) geordert, in Peking 100.000 und in Athen sogar 130.000 Stück - bedruckt mit dem olympischen Motto "Faster, Higher, Stronger". Doch an Sommerspielen nehmen auch viel mehr Sportler teil, als an der Winterolympiade. "Die Selbstdisziplin, die Sportler vor einem Großereignis aufbringen müssen, ist geradezu unmenschlich. Wie sonst soll die nach einem olympischen Wettkampf enden als mit einer Explosion des Hedonismus", sagt Matthew Syed. Das olympisches Dorf mit den furchtbar dünnen Wänden, wo man doch so furchtbar alles hört, ein Sündenpfuhl? Oh ja, sagen schon wieder - diese Kanadier. "Nach dem Wettkampf fällt alles ab. Monate der harten Vorbereitung mit nichts anderem als Wasser und Müsli - da wollen die Leute einfach mal Dampf ablassen", weiß Crispin Lipscomb, der Snowboarder. Und Kanadas Skifahrerin Emily Brydon zitiert frei das Motto eines anderen Sündenpfuhls, Las Vegas: "What happens at the village, stays at the village." Zu deutsch: "Was im olympischen Dorf passiert, bleibt im olympischen Dorf." Mit diesem Motto können sich die Athleten auch ein Stück sprichwörtlicher Intimität bewahren, denn der Weltpresse ist der Zutritt zum olympischen Dorf verwehrt. Im Video: Sie hat allen Grund zur Freude, Stephanie Beckert präsentiert ihre Silbermedaille Nr.2 - gewonnen über die Distanz von 5000 Metern. Weitere Videos finden Sie hier
100.000 Kondome für Olympia: Bei den Spielen kommt es zu einer "Explosion des Hedonismus". Auch diesmal deuten alle Indizien darauf hin - doch deutsche Sportler widersprechen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/vancouver-olympische-lust-1.16617
Vancouver - Olympische Lust
00/02/2010
Den besten Schuss setzte Ailton neben das Tor und sein Auto parkte er in der Feuerwehr-Zufahrt. Die Laune wollte sich der Fußballstar aber nicht verderben lassen. "Der Platz war zu tief, deshalb habe ich mit meinem schönen Schlenzer nicht getroffen. Aber ich mache meine Tore in den nächsten Spielen", sagte der frühere Bundesliga-Torschützenkönig nach seinem Debüt in der 6. Liga für den KFC Uerdingen. Ohne einen Treffer des Brasilianers kam der Krefelder Klub nicht über ein 1:1 (1:1) gegen den Wuppertaler SV II hinaus - und Ailton erhielt für sein Falschparken vor dem Grotenburg-Stadion ein Strafmandat. Ehefrau Rosalie bewahrte den Wagen während des Spiels zumindest vor dem Abschleppen, nachdem der Halter ausgerufen wurde. 3525 Zuschauer und mehr Medienvertreter als in den Bundesliga-Jahren der Uerdinger waren gekommen, um den ersten Auftritt des "Kugelblitzes" in der Niederrheinliga zu sehen. "Angesichts des schlechten Wetters ist das eine stolze Kulisse", sagte Klubchef Agissilaos Kourkoudialos, der den spektakulären Transfer bis 2011 möglich gemacht hatte. Mit Ailton und fünf weiteren verpflichteten Ex-Profis will der Unternehmer den Krefelder Klub wieder nach oben führen. "Das ist eine Mission und ich mache mit", sagte Ailton. Bis 1996 spielte Uerdingen in der Bundesliga, zehn Jahre zuvor war der Einzug ins Halbfinale des Europacups gelungen. 500 Ailton-Trikots konnte der KFC bereits verkaufen und einige zusätzliche Sponsoren gewinnen. Ailton genoss die Ovationen des Publikums, bedauerte aber die miserablen Platzverhältnisse. "Auf so einem Boden kannst du nur rennen und lange Bälle schlagen, aber nicht kreativ sein", meinte der 36 Jahre alte Brasilianer. 106 Tore hatte er in 219 Bundesligaspielen für Bremen, Schalke, Hamburg und Duisburg geschossen. Mindestens zehn Treffer sollen es in dieser Saison für Uerdingen werden. "Die 6. Liga ist nicht so attraktiv wie die Bundesliga, aber das ist alles eine Frage der Einstellung", meinte Ailton, der bei seinem Debüt wegen einer Handverletzung und Trainingsrückstand erst in der 63. Minute unter dem Applaus der Zuschauer eingewechselt wurde. Einen Treffer verpasste er zwar, doch der als träge geltende Fußballer ging in die Zweikämpfe, spielte engagiert, erarbeitete sich 15 Ballkontakte und belebte die Offensive. "Er ist ein guter Typ und wird der Mannschaft mit seinem Antrieb und seinen weiteren Qualitäten helfen", erklärte KFC-Trainer Wolfgang Maes. Der Coach erwartet auf dem Weg zum Aufstieg in die 5. Liga diese Saison noch viele enge Partien: "Wir haben Ailton, deshalb gibt jede Mannschaft gegen uns 150 Prozent. Wenn wir aber erst auf besseren Böden unseren Rhythmus gefunden haben, werden wir auch Spiele gewinnen." Auch wenn ihm die Namen der künftigen Gegner VfB Homberg, SV Hönnepel-Niedermörmter und VfR Fischeln noch völlig unbekannt sind, meinte Ailton, dass er froh sei, wieder in Deutschland zu sein. "Hier lieben mich alle Leute und ich liebe die Menschen", sagte der Stürmer, der zuvor in China am Ball war. Den ersten Treffer für seine Fans wolle er schnell nachholen - und sein Auto dann nicht mehr in der Feuerwehr-Zufahrt parken.
Kein Treffer, eine Torchance, ein Auto in der Feuerwehr-Zufahrt: Ailtons amüsierende Bilanz in seinem knapp halbstündigen Sechstliga-Debüt für den KFC Uerdingen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/ailton-premiere-fuer-uerdingen-zum-auftakt-nur-ein-knoellchen-1.20563
Ailton: Premiere für Uerdingen - Zum Auftakt nur ein Knöllchen
00/02/2010
Stephanie Beckert holt nach einem furiosen Schlussspurt die zweite Silbermedaille. Die schüchterne Eisschnellläuferin kann als einzige das große Erbe der deutschen Langstrecklerinnen antreten. Ihr erster Griff nach dem zweiten Silber-Coup ging zum Handy. Stephanie Beckert stand minutenlang im Innenraum des Richmond Oval und telefonierte mit "Mutti und Vati" in Erfurt, und immer wieder erschien ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht. "Das sind meine ersten Olympischen Spiele, und ich bin einfach nur happy, dass es zwei Medaillen geworden sind", sagte die 21-Jährige später. Damit es noch eine dritte wird, wollte Beckert um elf unbedingt ins Bett. Das Abschlusstraining am Donnerstagmorgen für die Teamrennen war wichtiger als die Party im Thüringen-Haus in Downtown Vancouver. "Jetzt kann ich ohne Druck in den Teamwettbewerb gehen. Ich werde alles geben", sagte sie. Durchaus sympathisch, aber immer auch schüchtern, wortkarg und etwas angespannt präsentierte sie sich während ihres zweiten Interview-Marathons in Vancouver. Sie sei halt ein eher ruhiger Typ, sagte sie fast entschuldigend: "Für mich ist das immer noch alles neu. Natürlich bin ich wahnsinnig glücklich, aber ich werde mich erst richtig freuen, wenn ich wieder zu Hause bei der Familie bin." Immer wieder musste die erfolgreichste deutsche Eisschnellläuferin der olympischen Wettkämpfe in Richmond eines klarstellen: Sie hat am Mittwoch Silber gewonnen und nicht Gold verpasst. 48 Hundertstelsekunden fehlten ihr im 5000-m-Rennen auf Olympiasiegerin Martina Sablikova. Die spindeldürre Tschechin, die bereits das 3000-m-Rennen vor Beckert gewann, hatte zudem den großen Vorteil gehabt, im Paar nach der Deutschen auf die Zeit ihrer Rivalin reagieren zu können. "Das Duell Beckert gegen Sablikova wäre ein Reißer gewesen, und ich glaube, Steffi hätte gewonnen. Sie hat eine extreme Leistung gezeigt", sagte Bundestrainer Markus Eicher, und auch Beckerts großes Vorbild Gunda Niemann-Stirnemann verneigte sich: "Sie hat das Rennen ihres Lebens gemacht." Vor allem ihr unglaublicher Schlussspurt elektrisierte 7000 Fans im Richmond Oval. Als sie die "1" auf der Anzeigetafel aufleuchten sah, riss sie beide Arme in die Höhe. Danach rettete Sablikova im letzten Paar den kleinen Vorsprung ins Ziel, nachdem sie vor der Schlussrunde noch 1,3 Sekunden in Führung gelegen hatte. "Es war zwar am Ende ganz knapp, aber ich bin trotzdem überglücklich mit Silber, und Martina ist einfach wieder unglaublich gut gelaufen", sagte Beckert, die um ein Haar jüngste deutsche Eisschnelllauf-Olympiasiegerin seit 30 Jahren geworden wäre. Ihr Trainer Stephan Gneupel war schon einen Schritt weiter. "Steffi und Martina sind ein Jahrgang, es wird noch viele tolle Duelle geben", sagte Gneupel und dachte bei aller Freude über Beckerts Erfolg auch an sein Sorgenkind: "Ohne Schützi hätte sie das nie geschafft." Damit meinte er Daniela Anschütz-Thoms, die wieder einmal Vierte wurde und eine Medaille knapp verpasste - wie schon im 3000-m-Rennen am vergangenen Sonntag und insgesamt zum neunten Mal bei einem Saisonhöhepunkt. Beckert unterstrich, dass sie als einzige Deutsche das große Erbe der deutschen Langstrecklerinnen Pechstein, Gunda Niemann-Stirnemann und auch Anni Friesinger-Postma fortführen kann. "Das war heute das Rennen ihres Lebens", lobte Niemann-Stirnemann Beckert und meinte über Sablikova: "Sie muss aufpassen. Eine junge Stephanie hat ihr gezeigt, ich bin auch da und du bist schlagbar." Trotz Beckerts Erfolge konnten die Deutschen die Verbands-Vorgabe von sechs Medaillen nicht annähernd erfüllen und werden wohl erstmals seit 1976 ohne Olympia-Gold bleiben - wenn nicht im Teamlauf ein Wunder passiert. Ohne Druck nach dem Gewinn von 3000-Meter-Silber hatte sich Beckert konzentriert auf ihre Spezialstrecke vorbereitet und selbst TV-Aufnahmen in Downtown abgelehnt. "Meine Silbermedaille hat mich schon für die vielen Trainingskilometer entlohnt. So wollte ich die 5000 Meter nur noch genießen", meinte die Sportsoldatin. Im Video: Sie hat allen Grund zur Freude, Stephanie Beckert präsentiert ihre Silbermedaille Nr.2 - gewonnen über die Distanz von 5000 Metern. Weitere Videos finden Sie hier
Stephanie Beckert holt nach einem furiosen Schlussspurt die zweite Silbermedaille. Die schüchterne Eisschnellläuferin kann als einzige das große Erbe der deutschen Langstrecklerinnen antreten.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/eisschnelllauf-zweites-silber-fuer-beckert-um-elf-uhr-ins-bett-1.2597
Eisschnelllauf: Zweites Silber für Beckert - Um elf Uhr ins Bett
00/02/2010
Die sogenannten Exoten liefern immer bunte Geschichten. Doch aus diversen Gründen sollte sich das IOC überlegen, ob ihre Auftritte wirklich zu Olympia gehören. Gedanken zum "Dabei sein ist alles". Marjan Kalhor steht in der Mixed Zone der alpinen Rennstrecke von Whistler Creekside, irgendjemand reicht ihr eine iranische Fahne. Dann gibt sie Interviews, unzählige Diktiergeräte werden ihr entgegengestreckt, die Reporter drängeln sich an den Zaun, danach kommen die Fernsehteams, sie filmen, fragen, es ist ein bisschen so, als sei Marjan Kalhor Maria Riesch. Dabei ist Marjan Kalhor, 22 Jahre alt, Startnummer 85, ziemlich weit von den Spitzenfahrerinnen wie Maria Riesch entfernt. Nach dem ersten Durchgang im Riesenslalom hat sie 21,75 Sekunden Rückstand auf die Führende, einundzwandzig Sekunden. Damit ist sie, natürlich, Letzte. Aber Marjan Kalhor ist die erste Iranerin bei Olympischen Winterspielen, sie ist eine Attraktion in Whistler Creekside. Man kann da nun mehrere Fragen stellen, zum Beispiel die, warum Marjan Kalhor hier ist - als Kritikerin ihres Regimes, als Botschafterin oder nichts dergleichen? Nach dem Rennen jedenfalls steht ein Mann vom Nationalen Olympischen Komitee mit einer Kamera bei Marjan Kalhor, er interviewt sie als Erster, und dann übersetzt er ihre Antworten. Das muss er, weil Marjan Kalhor so gut wie kein Englisch spricht. "She is very happy", sagt der Mann, dessen Englisch eigentlich für ein Interview auch nicht ausreicht, "everything good, everything fine". Ob Marjan Kalhors Auftritt nun eine politische Dimension hat oder nicht, ist schwer zu sagen. "Ein großer Tag für die Frauen in Iran" sei es gewesen, das sagt immerhin ihr Bruder Rostam Kalhor, der auch ihr Trainer ist. Wie die Menschen in Iran auf sie reagieren? "Wir sind jetzt zwei Wochen hier, da kriegen wir von zu Hause nichts mit", sagt Rostam. Doch vor allem muss man die Frage stellen, ob das IOC nicht langsam überlegen sollte, ob Auftritte wie jener von Marjan Kalhor wirklich zu Olympia gehören. Olympia ist in erster Linie eines: ein sportlicher Wettkampf, bei dem der Beste eine Goldmedaille bekommt. Welchen Wert hat ein sportlicher Wettkampf mit 86 Athleten, von denen 20 acht Sekunden und mehr Rückstand haben, elf Fahrerinnen sogar mehr als zehn Sekunden? Und wo beginnt nun die Grenze, die zwischen Sport und Politik unbedingt immer verlaufen sollte? Eine Persiflage des "Höher, schneller, weiter" Die Geschichten der sogenannten Exoten sind, zugegeben, gern erzählte bei Olympischen Spielen. Der Skispringer Michael "Eddie the Eagle" Edwards hat es in Calgary 1988 zu Kultstatus gebracht, dem Langläufer Philip Boit aus Kenia gelang selbiges 1998 in Nagano, als 92. von 92 Startern. Warum ist aber gerade Olympia, das höchste und bedeutendste aller Sportfeste, das Fest der Amateure? "Dabei sein ist alles", so lautet der olympische Leitspruch, der auch weiterhin unbedingt in Ehren gehalten werden muss. Das andere olympische Motto aber, "höher, schneller, weiter", scheint von Startern wie Boit und Kalhor geradezu persifliert zu werden. Die Debatte, ob sie dennoch weiterhin bei Olympia starten sollten, wird aber wohl nie zu Ende sein; Argumente gibt es für beide Seiten ja genügend. Die Winterspiele von Vancouver haben allerdings einen weiteren Gedanken hinzugefügt. Auf der Bob- und Rodelbahn kam es zu einem Todesfall, woraufhin einige Athleten kritisch anmerkten, die Bahn sei für ebenjene "Exoten" nicht geeignet, weil zu gefährlich. Das IOC, das Organisationskomitee Vanoc und nicht zuletzt der Bahnbauer aber wandten ein, man sei schließlich bei Olympia, man müsse da eine würdige sportliche Herausforderung bieten. Selbiges galt für die Abfahrt der Frauen, wo nach zahlreichen Stürzen dennoch unterstrichen wurde, wie wunderbar anspruchsvoll der Kurs gewesen sei. Nun denn: Willkommen bei Olympia, Marjan Kalhor.
Die sogenannten Exoten liefern immer bunte Geschichten. Doch aus diversen Gründen sollte sich das IOC überlegen, ob ihre Auftritte wirklich zu Olympia gehören. Gedanken zum "Dabei sein ist alles".
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/exoten-bei-den-olympischen-spielen-was-ist-schon-dabei-sein-1.4666
Exoten bei den Olympischen Spielen - Was ist schon dabei sein?
00/02/2010
"Guck ich wieder Fußball": Bei den Olympischen Spielen in Vancouver kommt vor dem Fernseher wenig Patriotismus auf - dafür umso mehr Mitgefühl. Schuld sind die "Schneeflocken, so groß wie Espressotassen, nur weicher", wie der Kommentator im ZDF so schön sagt. Denn diese Schneeflocken bringen "uns" um eine Medaille. Bei der 4x10 Kilometer Staffel im Langlauf haben die deutschen Starter auf die falschen Ski gesetzt, für das dichte Schneetreiben an diesem Mittwochabend sind andere Nationen besser gerüstet. Dabei waren die Erwartungen vor Beginn so hoch. Der Kommentator Peter Leissl sagt: "Mal sehen, ob es ein Happy End gibt für die deutsche Staffel." Also: Für uns alle eigentlich, die Deutschen. Denn wir sitzen daheim vor dem Fernseher - und auch wir wollen eine Medaille, am liebsten natürlich Gold. Bei einem Staffelrennen wird einem das Mitfiebern besonders leicht gemacht: Man muss sich gar nicht zwischen Maria Riesch aus Partenkirchen und Kathrin Hölzl aus Bischofswiesen entscheiden wie beim ersten Durchgang im Riesenslalom - denn Deutschland startet nur einmal. So wie nach dem Fußballspiel nur nach dem Sieg des Lieblingsvereins ein weiteres Bier getrunken wird, könnte man doch auch nach einer Staffelmedaille noch eine Flasche öffnen, malt man sich bereits daheim auf der Couch aus. Sind wir alle etwa wieder Schwarz-Rot-Geil? Wie damals, während der Fußball-WM 2006, als jeder, der nach einem Sieg der deutschen Mannschaft nicht auf einer Fanmeile gesichtet wurde, als Spielverderber galt? Nein, Euphorie macht sich an diesem Abend beim Olympiaschauen zunächst nicht breit. Das liegt natürlich an dem enttäuschenden Rennen der deutschen Läufer. Aber auch an der Fernsehübertragung. Denn das ZDF versteht es, unser Mitgefühl auch für Sportler anderer Nationen zu wecken. Nach 15 Minuten heißt es. "Einer ist schon weit abgeschlagen, der Este." Algo Karp kraxelt den anderen mit mürrischer Miene hinterher. Nach 20 Minuten meldet sich Peter Leissl mit väterlicher Stimme zu Wort: "Schwer atmend der Kanadier." Keuchend schleppt sich Devon Kershaw durchs Bild. Auch nicht ohne: Odd-Bjørn Hjelmeset, der zweite Läufer der Norweger, der eine Lebensmittelallergie hat und aufpassen muss, was er isst. Und wieder andere haben eben mit espressotassengroßen Schneeflocken zu kämpfen. Alle Starter sehen in den Anzügen und mit Mützen sowieso aus wie Klone, alle mühen sich gleich ab, alle ärgern sich gleich über die Witterung. Wie kann man da jemandem den Sieg mehr gönnen als anderen? Das denkt sich wohl auch Peter Leissl und macht das Fernsehschauen an diesem Abend damit so angenehm. Leissl hat ein Auge für die Schicksale, die den Sport bei jedem Rennen, bei jeder Partie begleiten. Nur zwei Mal verkneift es sich Leissl nicht, an den "Medaillenmontag" zu erinnern. Zweimal Gold, dreimal Silber gab es noch vor drei Tagen. Das Wort "Medaillenmontag" spricht er dabei so bedeutungsschwer aus, als handle es sich um den Tag der Deutschen Einheit. Nicht wenige Zuschauer haben bestimmt vor dem Langlauf-Rennen einen Blick auf den Medaillenspiegel geworfen. Norwegen hat nur eine Goldmedaille weniger als Deutschland - und jetzt ist der norwegische Schlussläufer doch glatt drauf und dran, sich auf den zweiten Platz vorzuschieben! Immerhin reicht es nicht mehr für Gold. Die Schweden gewinnen das Rennen souverän. Und die Deutschen? Einer, er nennt sich Revolvermann, schreibt auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: "Najut. Im Langlauf sind wir ja raus aus den Rängen. Guck ich wieder Fußball" Und Droddl: "Schade! Langlauf-Staffel nur 6. Falscher Ski. Naja!" Schwarz-Rot-Geil geht anders. Kurze Pause und weiter geht es mit dem Eisschnelllauf, 5000 Meter der Frauen. "Das ist der absolute Wahnsinn", schreit plötzlich Co-Moderatorin Gunda Niemann-Stirnemann. "Stephanie Beckert ist auf dem Weg zu einer Medaille", ruft Wolf Dieter Poschmann, seine Stimme überschlägt sich. "Unglaublich, was hier passiert!" Die Erfurterin Stephanie Beckert läuft Bestzeit, nur zwei Läuferinnen können sie noch überholen. Dann kommt die Tschechin Martina Sablikova. Das ZDF-Kommentatoren-Duo fängt wieder an zu brüllen: "Sie fliegt übers Eis!" Und wieder: "Wahnsinn!" Poschmann ruft: "Das ist die überragende Athletin der Spiele im Eisschnelllauf. Sie hat verdient gewonnen. Respekt!" Wir erheben uns von der Couch und holen ein Bier aus dem Kühlschrank: Auf den Sport! Im Video: Sie hat allen Grund zur Freude, Stephanie Beckert präsentiert ihre Silbermedaille Nr.2 - gewonnen über die Distanz von 5000 Metern. Weitere Videos finden Sie hier
"Guck ich wieder Fußball": Bei den Olympischen Spielen in Vancouver kommt vor dem Fernseher wenig Patriotismus auf - dafür umso mehr Mitgefühl.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/tv-ereignis-olympia-12-schwarz-rot-geil-geht-anders-1.8150
TV-Ereignis Olympia (12) - Schwarz-Rot-Geil geht anders
00/02/2010
Sie hatten es versucht, gewartet, verschoben, gewartet. Oben, am Berg, standen die Athletinnen und bemühten sich, einigermaßen warm zu bleiben, die Amerikanerin Julia Mancuso und die Britin Chemmy Alcott zum Beispiel hörten gemeinsam Musik und hüpften dazu, andere saßen im Restaurant; und unten, im Zielraum, harrten die Zuschauer, im Pressezentrum schliefen ein paar Journalisten. Aber es ging einfach nicht. Um 15 Uhr Ortszeit fuhren die Athletinnen und Trainer vom Berg ab, die Jury hatte einstimmig entschieden, den zweiten Lauf des olympischen Riesenslaloms der Frauen um einen Tag zu verschieben. Neuer Termin ist nun Donnerstag, 9.30 Uhr Ortszeit (18.30 MEZ). "Wir hatten keine Chance", sagt Atle Skaardal, der Renndirektor des Ski-Weltverbandes Fis, und es war natürlich mal wieder das Wetter, das zum Problem wurde. Schon während des ersten Durchganges war es neblig gewesen, aber die Sicht auf der Strecke war noch "ganz okay", wie Maria Riesch befand, die nach dem ersten Lauf auf Position sieben liegt, 0,48 Sekunden hinter der Führenden, Elisabeth Görgl aus Österreich. "Man sieht drei Tore, das passt schon", sagte Viktoria Rebensburg, Sechste mit 0,35 Sekunden Rückstand, und auch Weltmeisterin Kathrin Hölzl, Zehnte mit 0,69 Sekunden Rückstand, schloss sich diesem Urteil an. Doch dann wurde der Nebel dichter, es schneite zudem immer wieder. "Man sieht keine zwei Meter weit", sagte DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier, "es bringt nichts, hier zu fahren." Den ersten Lauf tags darauf neu zu starten, das kam jedoch für Skaardal nicht in Frage. "Der erste Lauf war fair", sagt er, unfair dagegen sei es, diesen Lauf nicht zu werten. Das Reglement lässt diesen Entscheidungsspielraum, unter Ziffer 906.1 heißt es: "Die beiden Durchgänge sollten, wenn möglich, an einem Tag gefahren werden." Dass der erst und der zweite Lauf an getrennten Tagen stattfanden, das gab es schon einmal, in Lake Placid 1980. Am 20. Februar um 11 Uhr starteten 47 Fahrerinnen den ersten Lauf, exakt 24 Stunden später fand der zweite Durchgang statt, es siegte die für Liechtenstein startende, aber im niederbayerischen Straubing geborene Hanni Wenzel. Damals war das allerdings geplant, auch die Männer starteten an zwei verschiedenen Tagen ihre Läuft, Gold ging an den Schweden Ingemar Stenmark. Sollte allerdings an diesem Donnerstag das Wetter wieder zu schlecht sein und der zweite Durchgang erneut nicht durchgeführt werden können, dann würde es wohl keinen Olympiasieger 2010 im Frauen-Riesenslalom geben. "Das kann passieren", sagt Skaardal. "Ein Riesenslalom muss immer in zwei Durchgängen entschieden werden", so steht es im Regelbuch. Die Wettervorhersage ist nicht gut: Schnee und Regen bei null bis vier Grad. Einen anderen Ausweichtermin als den Donnerstag gibt es nicht. Für den Slalom am Freitag ist die Vorhersage noch schlechter und Frauen-Cheftrainer Mathias Berthold hofft, im zweiten Riesenslalom-Lauf "vorne eine durchzubringen". Sofern der Riesenslalom stattfindet. Davon allerdings ist auszugehen; dass Skaardal und die Jury tatsächlich den zweiten Durchgang ausfallen ließen, ist sehr unwahrscheinlich. Wetterprobleme gab es schließlich schon häufiger im Ski-Weltcup, als Ausweg wurde dann meist die Strecke verkürzt, das Rennen aber in jedem Fall durchgezogen - egal, wie schlecht das Wetter war. Die Meteorologen, sagt Skaardal, "versprechen uns zwei Fenster, und die wollen wir nutzen". Die Wetterfenster werden wohl kaum schon um 9.30 Uhr da sein, aber sie werden kommen, und die Fis wird sie sich nicht entgehen lassen. Mögen sie auch noch so klein sein.
Schlechtes Wetter sorgt für Unruhe und im ungünstigsten Fall für eine olympische Premiere - einen angefangenen Wettbewerb ohne Sieger. Es gibt nur eine Rettung: das Wetterfenster.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/riesenslalom-entscheidung-verschoben-gold-fuer-niemanden-1.13930
Riesenslalom: Entscheidung verschoben - Gold für - niemanden
00/02/2010
Eisschnellläuferin Stephanie Beckert hat bei den Olympischen Winterspielen ihre zweite Medaille erkämpft. Die 21-Jährige Erfurterin kam über 5000 Meter am Mittwoch (Ortszeit) im Richmond Olympic Oval in 6:51,39 Minuten auf Platz zwei. Gold eroberte die favorisierte Tschechin Martina Sablikova in 6:50,91. Bronze ging an die 37-jährige Kanadierin Clara Hughes. Erneut olympisches Edelmetall verpasst hat Beckerts Clubkollegin Daniela Anschütz-Thoms als Vierte. Die Berlinerin Katrin Mattscherodt wurde disqualifiziert, weil sie auf ein Klötzchen der Bahnbegrenzung getreten war. Alle drei deutschen Bobpilotinnen haben in der olympischen Zweier-Konkurrenz im Whistler Sliding Centre die Medaillen verpasst. Sandra Kiriasis aus Winterberg und die Oberhoferin Claudia Schramm belegten die Plätze 4 und 7. Cathleen Martini aus Oberbärenburg hatte nach drei Läufen auf Platz vier gelegen, büßte aber ihre Medaillenchancen durch einen Sturz ein. Martini und ihre Anschieberin Romy Logsch blieben dabei unverletzt. Das erste Bob-Gold für die kanadischen Frauen gewannen Kaillie Humphries und Heather Moyse. Den Doppelsieg der Gastgeberinnen machten Helen Upperton und Shelley-Ann-Brown auf Platz zwei perfekt. Bronze ging an die US-Amerikanerinnen Erin Pac und Elana Meyers. Die deutschen Ski-Rennläuferinnen um Kombi-Olympiasiegerin Maria Riesch müssen ihre Medaillenjagd im olympischen Riesenslalom am Donnerstag fortsetzen. Wegen Nebels und dadurch bedingter schlechter Sicht über der Strecke "Franz's Run" musste das Olympia-Rennen am Mittwoch nach dem ersten Durchgang abgebrochen werden, der zweite Lauf soll nun mit 24 Stunden Verzögerung folgen. Die drei deutschen Damen liegen nach dem ersten Durchgang allesamt hinter den Podiumsplätzen, das Trio hat aber weiterhin Medaillenchancen. Viktoria Rebensburg (Kreuth) ist mit 0,35 Sekunden Rückstand auf die führende Elisabeth Görgl (Österreich) Sechste, Maria Riesch (Partenkirchen/0,48) Siebte und Weltmeisterin Hölzl (Bischofswiesen/0,69) Zehnte. Eine Wertung nach nur einem Lauf ist laut den Statuten des Ski-Weltverbandes FIS nicht zulässig: "Ein Riesenslalom muss immer in zwei Durchgängen entschieden werden", heißt es in Regel 906.1. Dort wird auch die Austragung der beiden Läufe an zwei Tagen nicht ausgeschlossen: "Die beiden Durchgänge sollten, wenn möglich, an einem Tag gefahren werden." Ein Fehlgriff in die Wachskiste hat die deutschen Langläufer bei der Materialschlacht von Whistler um die erhoffte Olympia-Medaille in der Staffel gebracht. Mit Platz sechs über 4 x 10 Kilometer liefen Jens Filbrich, Axel Teichmann, Rene Sommerfeldt und Tobias Angerer am Mittwoch nach Bronze 2002 in Salt Lake City und Silber vor vier Jahren in Turin klar am erträumten Edelmetall vorbei. "Wir hatten uns für Wachs-Ski entschieden, die bei dem extremen Schneefall hinten raus stumpf waren. Das war für uns natürlich sehr ungünstig", sagte Bundestrainer Jochen Behle über das Rennen, das praktisch bereits nach den beiden Klassik-Runden verloren war. Staffel-Olympiasieger wurden die Schweden vor dem Quartett aus Norwegen, für das Schlussläufer Petter Northug mit einem furiosen Schlussspurt Silber aus dem Feuer riss. Bronze ging an die Tschechen. Teichmann wurde zum großen Pechvogel des deutschen Quartetts. Denn als im Callaghan Valley die großen Flocken vom Himmel fielen, konnte der 30-Jährige mit immer stumpfer werdenden Ski der Spitze nicht mehr folgen und verlor auf seiner Schleife fast 30 Sekunden. "Ich hatte mich für Wachs-Ski entschieden. Der baute am Ende stark ab. Ich habe gekämpft wie ein Löwe. Aber mehr war nicht drin", sagte Teichmann. Kanadas Eishockey-Team ist mit einer Galavorstellung ins Halbfinale eingezogen. Die Gastgeber demütigten am Mittwoch im olympischen Viertelfinale Weltmeister Russland mit 7:3. In einem begeisternden Spiel vor 19.300 Zuschauern im ausverkauften Canada Hockey Place zeigte "Team Canada" seine bislang beste Turnierleistung. Ryan Getzlaf, Dan Boyle, Rick Nash und Brenden Morrow stellten schon im ersten Drittel die Weichen für den Gold-Favoriten. Corey Perry (2) und Shea Weber sorgten für die zweithöchste Pleite der Russen in der Olympia-Geschichte. Im Halbfinale treffen die Kanadier auf Schweden oder die Slowakei. Zuvor hatte die USA die Schweiz 2:0 besiegt. Mit einer schweren Kopfverletzung ist der slowakische Eishockeystürmer Lubos Bartecko während des Play-off-Spiels um den Viertelfinaleinzug gegen Norwegen (4:3) in die Klinik des Olympischen Dorfes in Vancouver transportiert worden. Sein Zustand sei stabil, teilte der Teamsprecher der Slowaken mit. Der 33 Jahre alte Bartecko war nach einem Ellbogencheck des Norwegers Ole-Kristian Tollefsen mit seinem ungeschützten Kopf auf das Eis geprallt. Als Bartecko kurz seinen Kopf anhob, war darunter eine kleine Blutlache zu sehen. Das Spiel wurde beim Stand von 0:0 für sechs Minuten unterbrochen. Tollefsen, in der nordamerikanischen Profiliga NHL für die Detroit Red Wings aktiv, erhielt umgehend eine Matchstrafe. Olympia-Touristen haben in der ersten Woche der Winterspiele mehr als 40 Millionen US-Dollar (29 Millionen Euro) in die Wirtschaft der Olympia-Provinz British Columbia gespült. Dabei hatten besonders Besucher aus den USA, China, Großbritannien, Japan und Australien die Spendierhosen an: Deren Ausgaben machten zusammen genommen mehr als 75 Prozent aus. Die Clown-Hosen der norwegischen Curler sorgen für Aufsehen. Das wollten die norwegischen Skirennfahrer nicht auf sich sitzen lassen. Nach Silber und Bronze betraten Kjetil Jansrud und Aksel Lund Svindal den Raum der Pressekonferenz in kunterbunten Hosen mit grünen, blauen, gelben, roten und allen möglichen anderen Klecksen. Sie stiegen auf die Stühle und hatten die Lacher auf ihrer Seite. Regen und starke Bewölkung in Vancouver: Nass und trüb hat der zwölfte Wettkampftag der Winterspiele in Vancouver begonnen. Auch für den Rest der zweiten Olympia-Woche werden in der Metropole Niederschläge vorhergesagt. Schon am Mittwoch regnete es aus einem wolkenverhangenen Himmel. Die Temperaturen liegen bei 8 Grad. Grau in grau bleibt bei 10 Grad am Tage und 7 Grad in der Nacht auch der Donnerstag. Auch in Whistler bleibt es für den Rest der Winterspiele ungemütlich. Für Mittwoch wurden bei 3 Grad Celsius Schnee- und Regenschauer erwartet. Am Donnerstag soll es bei 5 Grad und Nachtwerten von 1 Grad zwar ein wenig milder sein, doch weitere Niederschläge sind vorhergesagt. Olympia kommt unter den Hammer: Mit Internetauktionen von besonderen Erinnerungsstücken will das Organisationskomitee VANOC einen kleinen Teil der Kosten für die Ausrichtung der Winterspiele wieder hereinholen. Unter www.vancouver2010.com/auctions versteigert der Olympia-Gastgeber Original-Trikots, Startnummern, signierte Eintrittskarten und alles, was das Herz begehrt. Auch Tore aus Skirennen und 20 der 23 Siegertreppchen sind unter den insgesamt 10.000 Souvenirs. Die beliebtesten Memorabilia stammen natürlich aus dem Eishockey-Turnier. Die ersten 40 Plätze in der Rangliste der teuersten Souvenirs belegten am Mittwoch Eishockey-Trikots - mit Ausnahme des Original-Leibchens von Kanadas Skeleton-Olympiasieger Jon Montgomery, für das drei Tage vor Auktionsende bereits 585 Dollar aufgerufen waren. Unbestritten an der Spitze lag aber am Mittwoch ein im Spiel getragenes Eishockey-Trikot von Kanadas Megastar Sidney Crosby. Das signierte rote Hemd mit der Nummer 87 kostete zweieinhalb Tage vor dem Ende der Versteigerung bereits 2850 Dollar.
Eisschnellläuferin Beckert wird über 5000 Meter Zweite, ein deutscher Bob stürzt, als er auf Medaillenkurs liegt, Kanadas Eishockeyspieler demütigen Russland, die Riesenslalom-Entscheidung wird vertagt.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-kompakt-12-zweites-silber-auf-eis-1.21032
Olympia kompakt (12) - Zweites Silber auf Eis
00/02/2010
Bundestrainer Löw ist nicht gerade begeistert vom WM-Quartier des DFB in Südafrika. Wir können das verstehen. Wir waren da. Besuch im Velmore Hotel nahe Pretoria. Für Fußball hat sich Heinz Mulder bisher kaum interessiert. "Das ist ein Sport für Schwarze", sagt der massige Mann. So ist Mulder aufgewachsen: Fußball? Das spielten doch die Armen in den Townships. Mulder aber macht es wie viele hellhäutige und wohlhabende Südafrikaner. Er spielt lieber Rugby. Und er liebt Cricket. Doch jetzt dürfte Mulder einen neuen Blick für Fußball entwickeln: Im Sommer steht in seinem Heimatland die Weltmeisterschaft an - und ausgerechnet Mulder wird die deutsche Nationalmannschaft beherbergen, also lauter weiße Jungs. Aber diese sind fußballversessen, und sie würden Cricket eher für Brennball halten. Nun treffen sie auf Mulder, 32, der das Hotel Velmore Grande nahe Südafrikas Hauptstadt Pretoria managt. Hier hat Manager Oliver Bierhoff das deutsche Team zur WM einquartiert. Bundestrainer Jogi Löw hat es gerade besucht und schwärmt nicht gerade: "Bislang gab es da noch nicht so die ganz großen Fortschritte." "Provenzalischer Stil" Wer Mulders Fünf-Sterne-Bleibe gut 100 Tage vor Anpfiff besuchen will, muss Pretoria verlassen und knapp 20 Kilometer gen Westen fahren. Er muss auf einer ausgefransten Asphaltstraße tiefe Löcher umkurven, bis im Nirgendwo, das hier Erasmia heißt, eine Mauer mit zwei Torbögen auftaucht. Ein Kieselweg führt zu mehreren rot und weiß geklinkerten Gebäuden. Diese sind umrahmt von falschen römischen Säulen, nachgemachten antiken Amphoren und einem tröpfelnden Springbrunnen. "Das ist provenzalischer Stil", schwärmt Mulder. Tatsächlich ist es eine Ausgeburt der Hässlichkeit, des schlechten Geschmacks. Und vermutlich war Mulder nie in Frankreich. An diesem Februarmorgen steht der Manager im Dreck und schaut Arbeitern mit roten Helmen zu. Vergangene Woche schon sollte das Fußballfeld für Torwarttraining entstehen. Doch wo Rasen sprießen müsste, quietscht der Matsch. "Sturm und Regen haben das Gras weggespült", erzählt Mulder. Auch die Verbindung zum Internet hat der Sturm weggerafft. "Hier gibt es oft Stromausfälle", sagt er und zuckt mit den Achseln. Schon am 25. Mai erwartet das Hotel die ersten TV-Journalisten, am 7. Juni sollen die 23 Spieler und ihr dreimal so großer Tross einziehen, erzählt Mulder. 83 der 99 Hotelzimmer habe der Deutsche Fußball-Bund (DFB) gebucht und sich das komplette Areal gesichert. Auf dem Gelände wird es auch eine Fitnesshalle und ein Medienzentrum geben, doch Besucher dürften dort nicht hinein: "Das ist noch zu chaotisch." Das deutsche Team habe Glück gehabt, meint der Manager. "Die haben den Briten das Hotel vor der Nase weggeschnappt." Er finde das gut so, meint Mulder, dessen Vater aus Tirol stammt. "Es ist leicht, mit den Deutschen zu arbeiten, die sagen dir ziemlich direkt was sie wollen." Stolz führt Mulder das im November eröffnete Hotelgebäude vor und zeigt die Suiten für die Spieler: Lila Kissenrollen zieren das Queen-Size-Bett, eine schwarze Ledercouch steht auf einem silbernen Teppich mit Fransen, in einer Schale glitzern lila Murmeln. In einen überdimensionierten Fernseher soll RTL und Sky eingeschleust werden. Als "Retro Modern", bezeichnet Mulder die Melange aus Glas, Lack und Silbertünche, die sich so seltsam vom pseudo-provinzialischem Ambiente im Außen abhebt. Die Inneneinrichtung "Eleganz" zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie in jedem Möbelhauskatalog direkt hinter den Eichenschrankwänden unter "modernem Leben" zu finden wäre. "Entspannt euch, die WM ist erst im Juni" Doch was wie neu aussieht, hat viele Mängel: Im Stammhaus kommt nur kochend heißes Wasser aus dem Hahn, nach dem Regenguss werden auf dem Balkon die durchnässten Kissen der Gartenmöbel stundenlang liegengelassen. Der Service im Restaurant ist unterirdisch, das Essen braucht zwei Stunden, aber die Deutschen werden ja ihre eigenen zwei Köche mitbringen. Auch, dass sich eine Kakerlake ins Bad verirrt, kann in Afrika schon mal drin sein. Die Wände sind zudem so dünn, dass Gespräche nebenan nicht geheim bleiben, im Pool treibt ein toter Frosch und bei der Tour über das acht Hektar große Areal geht dem Elektroauto der Strom aus. Für Mulder alles kein Problem: "Entspannt euch, die WM ist erst im Juni." Auch ist er sich sicher, dass alle Spieler ihre Wünsche auf "fließend englisch" ausdrücken können. Von Lukas Podolski scheint er noch nie gehört zu haben. Selbst bei gutem Willen kann man eigentlich kein gutes Haar am Velmore lassen, selbst das nicht vom Koch auf dem Omelett beim Frühstück. Doch für den DFB ist das alles offiziell kein Problem; an diesem Mittwoch haben Bierhoff und Trainer Joachim Löw das Gelände erneut besichtigt - und Optimismus verbreitet. "Der DFB hat keinerlei Zweifel, dass das Hotel den Ansprüchen genügen wird", sagte DFB-Sprecher Harald Stenger. Mögliche Mängel ließen sich beheben: "Wir gehen davon aus, dass alles rechtzeitig fertig wird." Komisch nur, dass selbst Südafrikaner selten im Hotel absteigen: In der Besuchswoche hat fast niemand dort übernachtet. Das Hotel sei wochentags immer verwaist, lästert ein Angestellter der deutschen Botschaft. Nur samstags würden Stars und Sternchen nach Velmore pilgern und Hochzeit feiern. Mit Promis kenne er sich aus, sagt Mulder. Ob Staatspräsident Jacob Zuma oder Cindy Crawford: "Die habe ich alle versorgt." 235 Euro zahlt der Gast fürs normale Zimmer; was die Deutschen bieten, verrät er nicht. Wer beim DFB nachfragt, warum die Nationalelf ausgerechnet nach Erasmia zieht, hört neben "Größe" und "guter Höhenlage" auch das Wort Sicherheit, und dass sich die Anlage gut schützen lasse. Erst neulich hat auch Mulder die Polizisten aus den Nachbarorten zum Abendessen eingeladen, um ihnen das Hotel zu zeigen. So gehe das in Südafrika, betont er. "Sie müssen die Polizei wohlstimmen." Schließlich sollen die Beamten sowie 20 private Sicherheitskräfte dafür sorgen, dass den Spielern nichts passiert. Strategisch liegt Velmore Grande günstig. 15 Kilometer sind es bis zum nächsten Inlandsflughafen; 45 Kilometer bis Soccer City, wo Eröffnungs- und Endspiel ausgetragen werden - und wo die deutsche Mannschaft in der Vorrunde gegen Ghana antritt. Das muss man dem Hotel lassen: Man kommt schnell wieder weg.
Bundestrainer Löw ist nicht gerade begeistert vom WM-Quartier des DFB in Südafrika. Wir können das verstehen. Wir waren da. Besuch im Velmore Hotel nahe Pretoria.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/suedafrika-deutsches-wm-quartier-toter-frosch-im-pool-1.17775
Südafrika: Deutsches WM-Quartier - Toter Frosch im Pool
00/02/2010
Dribbelkünstler Arjen Robben verscheuchte während seiner Zeit bei Real Madrid Einbrecher aus seinem Haus - Münchens Diebe sollten gewarnt sein. Wirbel um Bayern-Star Arjen Robben: Der niederländische Nationalspieler von Fußball-Rekordmeister Bayern München hat in seiner Zeit bei Real Madrid drei Einbrecher aus seiner Villa mit einem Messer vertrieben. "Das war letztes Jahr. Ich bin den Einbrechern mit dem Messer durch das Haus hinterher. Sie sind daraufhin geflüchtet", erklärte Robben auf SID-Anfrage und fügte mit einem Schmunzeln an: "Das sollen in Deutschland ruhig alle wissen, dass mit mir nicht zu spaßen ist." Der Mittelfeldspieler der Bayern bestätigte damit einen Bericht der spanischen Zeitung Marca. "Robben - der mutige Messerstecher", titelte das Blatt am Mittwoch groß und veranschaulichte die "Heldentat" des 26-Jährigen, der im Sommer für 24 Millionen Euro von Madrid nach München gewechselt war, sogar mit einem Comic. Robben befand sich dem Bericht zufolge im unteren Teil seines Hauses im Madrider Villenviertel Santo Domingo, als er Geräusche aus der oberen Etage vernahm. Robben "bewaffnete" sich mit einem "riesigen Küchenmesser" und ging auf die Kriminellen los. Diese flüchteten umgehend aus dem Fenster, schilderte Marca den Tathergang. Einbrecher aufgepasst Real Madrid informierte in Folge dieses Zwischenfalls die komplette Mannschaft und stellte allen Spielern kostenlos Sicherheitsleute für ihre Luxusvillen zur Verfügung. In Bezug auf Robbens Wechsel nach München amüsierte sich Marca bereits: "Münchens Einbrecher müssen sich in Acht nehmen."
Dribbelkünstler Arjen Robben verscheuchte während seiner Zeit bei Real Madrid Einbrecher aus seinem Haus - Münchens Diebe sollten gewarnt sein.
sport
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Fußball: Arjen Robben - Der Rächer mit dem Küchenmesser
00/02/2010
Rasmus Damsgaard sieht etwas, was andere nicht sehen. Er ist beim internationalen Skiverband Fis zuständig für die Dopingtests im Langlauf und hat schon manchen Athleten im Wettkampf erlebt, obwohl er nach seinen Erkenntnissen wegen Leistungsmanipulation gesperrt gehörte. Vor knapp einem Jahr hat Damsgaard öffentlich gemacht, dass er verdächtige Urinproben mit nachgebesserten Tests nachträglich als positiv hätte ausweisen können, wenn das zuständige, von der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada akkreditierte Labor ihm die B-Proben zum Neutest überlassen hätte. Jetzt schreibt Damsgaard auf SZ-Anfrage via Email: "Zusätzlich zu den fünf Athleten kamen noch ein paar mehr hinzu, nicht nur wegen abnormer Blutprofile, sondern auch wegen Epo-Urin-Profilen. Sie konnten nicht gesperrt werden, weil ein Wada-akkreditiertes Labor die B-Proben zerstört hatte. Die meisten dieser Athleten konnten danach in Folge-Kontrollen positiv getestet werden. Ein paar der Läufer bleiben, sie sind immer noch am Start, auch bei den Olympischen Winterspielen, und sie sind gut." Umstrittender Kämpfer Rasmus Damsgaard ist nicht unumstritten in der Anti-Doping-Szene. Das liegt zum Beispiel daran, dass er sich als frei schaffender Doping-Bekämpfer vom siebenmaligen Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong als privater Anti-Doping-Kämpfer hat einkaufen lassen. In der Debatte um die wegen anormaler Blutwerte gesperrte Claudia Pechstein hat er Partei für die Athletin ergriffen. Und zumindest die ersten fünf verschlampten Proben hat der eigenwillige Damsgaard selbst zu verantworten, weil er nicht rechtzeitig beantragte, die B-Proben länger als drei Monate aufzubewahren. An den Konflikten um Damsgaard kann man sehen, wie wenig harmonisch es zugeht im Kampf gegen Sportbetrug. Trotzdem: Damsgaards Einlassung beweist, was jedem Olympia-Beobachter klar sein muss: dass die Spiele nicht so sauber sind, wie sie wirken. Am Dienstag hat Mark Adams, Kommunikationsdirektor des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), zur aktuellen Kontroll-Situation der Spiele verlautbart: "Vor-Wettkampf total: 888. Urin 637 und Blut 251. Nach-Wettkampf, 776 total, 657 Urin und 119 Blut. Nichts anderes zu berichten." Seine Botschaft: Es wird getestet, was das Zeug hält, die Athleten sind nach aktuellen Erkenntnissen und vorhandenen Testmöglichkeiten sauber. Kein Positiv-Fall stört die olympische Idylle, kein Affären-Spektakel wie 2006 in Turin, als die Polizei auf Anzeige des IOC wegen mutmaßlichen Verstoßes gegen Italiens Anti-Doping-Gesetz Dopingmaterial bei österreichischen Langläufern und Biathleten fand. Zwar durchsuchte die kanadische Polizei kürzlich ohne klare Angaben von Gründen das Athletendorf - fand aber nichts Verdächtiges. Auch die Zahl der Schutzsperren wegen erhöhter Hämoglobin-Werte, die offiziell ein Gesundheitsrisiko wegen zu dicken Blutes, inoffiziell einen Verdacht auf Blutdoping anzeigen, ist bei diesen Spielen geringer. Für den Fis-Bereich waren es in Turin zwölf, eine betraf die Deutsche Evi Sachenbacher-Stehle. In Kanada zählt Damsgaard drei: der Kombinierer Nijaz Nabejew (Russland) sowie die Langläufer Kaspar Kokk (Estland) und Benjamin Koons (Neuseeland) mussten fünf Tage pausieren. Lauter unbekannte Leute. "Ich kriege sie früher" Aber die Wahrheit ist eben auch, dass es zum Beispiel reichlich Epo-ähnliche Substanzen gibt, die Athleten sorglos anwenden können, weil sie gar nicht nachweisbar sind. Nachdem diese Woche endlich der erste Positiv-Test auf Wachstumshormone beim britischen Rugby-Profi Terry Newton bekannt wurde, sagte IOC-Mann Adams eilig: "Ja, wir testen auf HGH." Jedoch nicht mit dem aussichtsreichen Bluttest, den der deutsche Mediziner Christian Strasburger entwickelt hat, sondern mit einer schwächeren Methode, wie vor den Spielen Montreals Antidoping-Labor-Chefin Christiane Ayotte sagte - diese müssen professionelle HGH-Doper kaum fürchten. Dass die Wada vor der Eröffnungsfeier den Eindruck erweckte, bei vorolympischen Tests seien über 30 Teilnehmer aufgeflogen, ehe sich herausstellte, dass sie damit Tests aus dem vergangenen halben Jahr meinte, hat ihre Glaubwürdigkeit ohnehin nicht befördert. Das IOC darf bester Hoffnung sein, dass sein Spektakel von Skandalen unbehelligt bleibt und es allenfalls positive Nachtests gibt - dann, wenn die Bilder der Spiele längst versendet sind. Nur täuschen darf man sich davon nicht lassen. "Die Hämoglobin-Werte sind allgemein viel niedriger als bei früheren Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften, das zeigt ein saubereres Feld an", sagt Damsgaard. Aber: "Es gibt physiologische Variationen unterhalb der Wada-Grenzwerte, die verdächtig sein könnten. Mit Rücksicht auf die Rechte der Athleten verfolgt die Fis diese sehr wenigen Läufer aufmerksam." Für Sportromantik gibt es keinen Grund, auch wenn Damsgaard warnt: "Wenn sie betrügen, kriege ich sie früher oder später."
Der dänische Anti-Doping-Kämpfer Rasmus Damsgaard weiß von gedopten Läufern bei den Olympischen Spielen in Vancouver. Belangen kann sie niemand.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-doping-truegerische-sauberkeit-1.3216
Olympia: Doping - Trügerische Sauberkeit
00/02/2010
Trotz des Todes ihrer Mutter tritt die Kanadierin Joannie Rochette beim Eiskunstlaufen an. Kein Zuschauer muss deshalb ein schlechtes Gewissen haben. Michael Schumacher hatte einen Helm, hinter dessen Visier er sein Gesicht verbergen konnte, damals, im April 2003, beim Großen Preis von San Marino in Imola, einem Rennen, das er mit Trauerflor aufnahm. In der Nacht zuvor war Elisabeth Schumacher im Alter von 55 Jahren gestorben. Ist das pietätvoll, fragten damals viele: Das eigene Leben aufs Spiel zu setzen, nur Stunden nach dem Ableben der Mutter? Sie hätte es gewollt - so verteidigte Schumacher sich damals. Mit der gleichen Begründung trat in der Nacht zum Mittwoch die Kanadierin Joannie Rochette bei den Olympischen Spielen in Vancouver zur Kurzkür der Eiskunstläuferinnen an. Nur wenige Tage zuvor war ihre Mutter einem Herzinfarkt erlegen. Beim Eiskunstlaufen gibt es keine Helme. Joannie Rochette konnte sich nirgends verstecken. Sie zeigte sich und ihr Können. Und ihre Mutter, die für den Anlass eigens in die Stadt gekommen war, wäre mit Sicherheit stolz gewesen. Als die Musik zu Ende war, wurde Joannie Rochette von ihren Gefühlen überwältigt. Sie weinte. Der Sport ist ein Spiel, eine Feier des Lebendigen. Der Tod wird in dieser Welt konsequent ausgeblendet. Deshalb gibt es auch kein richtig oder falsch, wenn er doch einmal einbricht. Niemand kann nachvollziehen, was ein Athlet empfindet, der unmittelbar vor einem Wettkampf einen nahen Verwandten verliert. Ein Urteil verbietet sich deshalb. Manch einer findet Trost in den gewohnten Ritualen, manch einer Ablenkung, ein anderer wird völlig aus der Bahn geworfen. Jeder Weg ist möglich, wichtig ist nur, dass ihn der Betroffene selbst und frei wählt. So war es bei Joannie Rochette. Das Nationale Olympische Komitee Kanadas bot ihr an, sich zurückzuziehen. Bis zur letzten Minute hätte Joannie Rochette ihren Auftritt absagen können. Doch sie entschloss sich zu laufen. Das Internationale Olympische Komitee befreite sie von allen öffentlichen Verpflichtungen. Ganz ausschließen aber lässt sich die Öffentlichkeit bei einem solchen Ereignis nun einmal nicht. Joannie Rochette wusste das, weshalb auch keiner ein schlechtes Gewissen haben musste, der ihr zusah. Es war ihr Weg. Wenn sie ihn weitergeht, kann er sie sogar zu einer Olympiamedaille führen. Bei Michael Schumacher war das damals so, im April vor bald sieben Jahren in Imola: Er gewann das Rennen. Sein Bruder Ralf wurde Vierter.
Trotz des Todes ihrer Mutter tritt die Kanadierin Joannie Rochette beim Eiskunstlaufen an. Kein Zuschauer muss deshalb ein schlechtes Gewissen haben.
sport
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Olympia: Nach Tod der Mutter - Trost im Ritual
00/02/2010
Die sportpolitischen Jubelbotschaften dieser Tage reißen nicht mehr ab. Gerade erst feierten hohe IOC-Funktionäre den Umstand, dass Vancouver noch keinen Dopingfall zu beklagen habe, als massiven Fortschritt der Betrugsbekämpfung. Das ist Unfug, wie jede Szenekenntnis, die Realität der Spitzensportindustrie und die dank staatlicher Ermittlungen vorliegenden Fakten belegen. Null positiv? Dass da bisher nichts vorgefallen ist, besagt ja nur, dass es keine Dopingfunde, jedoch nicht, dass es keine Dopingfälle gibt. Die Diskrepanz zwischen Funden und Fällen ist der entscheidende Unterschied - zugleich aber die perfekte Abspielfläche für den Hochleistungssport, der sein Systemproblem mit dem Pharmabetrug gern mit populistischem Kalkül runterrechnet. Wie gut die Beschwichtigungspolitik der Funktionäre mit ihrem fulminanten Anti-Doping-Kampf funktioniert, ist an der jüngsten Jubelmeldung zu besichtigen: Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada hat den ersten Sünder mit Wachstumshormonen (HGH) erwischt. Das ist bemerkenswert, richtig: weil es sich bei diesem Sünder, einem britischen Rugbyprofi, um einen besonders tölpelhaften Doper handeln muss. Er hat es geschafft, sich innerhalb des nur gut 24-stündigen Zeitfensters schnappen zu lassen, in dem HGH nachweisbar ist - und ein paar andere offenbar auch. Jeder halbwegs informierte Doper schüttelt da den Kopf: So deppert muss man erst mal sein. Aber schon setzen die üblichen Reflexe ein, die Teil des Systemproblems sind: Funktionäre brechen in demonstrative Euphorie aus und drohen mit Nachtests über die letzten acht Jahre. Gut gebrüllt - das mag verfangen beim Publikum. Aber die Szene beunruhigt es nicht. Auch die Nachtests wirken ja nur innerhalb des winzigen Zeitfensters. Ruhig weiterschlafen darf also, wer nicht zu den Leichtfüßen gehört, die erst die Nadel aus der Bauchdecke gezogen haben, als der Kontrolleur klopfte. Viel wichtiger aber: Der Test (und mögliche Entdeckungsängste) betrifft nur HGH-Nutzer. Die tummeln sich hauptsächlich in der Bodybuilderszene. Spezialisierte Betrüger im Spitzensport, insbesondere im olympischen, haben sich schon seit etwa einem Jahrzehnt davon verabschiedet; längst vorbei, dass Zahnspangenträger Carl Lewis und seine Zahnspangen tragenden Laufkumpels aus Santa Monica die Sportwelt aufmischten. Nein, Sportdoper sind längst auf IGF-1 (insulinähnlicher Wachstumsfaktor) umgestiegen: das Schlüsselhormon, das dem HGH vorgeschaltet und ihm überlegen ist, weil es fundamental auf die Bildung neuer Muskelzellen wirkt. Auch der spanische Blutdoping-Guru Fuentes hat seinen hunderten Klienten IGF-1 verordnet. Da sind Wachstumshormone schon ein alter Hut, den kaum einer mehr trägt. Zu der Zeit aber, als HGH voll in Mode war, stießen die Forscher zu ihrem großen Unmut auf verriegelte Türen im Sport. Sie hatten ja bereits 1999 ihr Nachweisverfahren publiziert; der Sport brauchte ein Jahrzehnt, um es zu adaptieren. Dass er das jetzt als Durchbruch feiert, sagt mehr als jede Dopingstatistik. Vor allem aber: Der Test (und mögliche Entdeckungsängste) betrifft nur HGH-Nutzer. Die gibt es vor allem in der Bodybuilderszene. Die spezialisierten Betrüger im Spitzensport, insbesondere im olympischen, haben sich schon seit etwa einem Jahrzehnt davon verabschiedet; längst vorbei, dass Zahnspangenträger Carl Lewis und seine Zahnspangen tragenden Laufkumpels aus Santa Monica die Sportwelt aufmischten. Nein, Sportdoper sind längst auf IGF-1 (insulinähnlicher Wachstumsfaktor) umgestiegen: das Schlüsselhormon, das dem HGH vorgeschaltet und ihm überlegen ist, weil es fundamental auf die Bildung neuer Muskelzellen wirkt. Auch der spanische Blutdoping-Guru Fuentes hat seinen hunderten Klienten IGF-1 verordnet. Wachstumshormone? Ein alter Hut, den kaum einer mehr trägt. Zu der Zeit aber, als HGH in Mode war, stießen die Forscher zu ihrem großen Unmut auf verriegelte Türen im Sport. Sie hatten ja bereits 1999 ihr Nachweisverfahren publiziert; der Sport brauchte ein Jahrzehnt, um es zu adaptieren. Dass er das jetzt als Durchbruch feiert, sagt mehr als jede Dopingstatistik.
Ein neues Nachweisverfahren kann erstmals Doping mit Wachstumshormonen aufdecken. Doch der Hochleistungssport hat längst ein neues Betrugsmittel parat.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-doping-ein-alter-hut-1.1398
Olympia: Doping - Ein alter Hut
00/02/2010
Die Sportart ist jung, sie ist cool und sie lässt sich prima vermarkten: Warum sowohl die Athleten als auch das IOC mit der Olympia-Premiere der Skicrosser zufrieden sein können. Es hat geschneit am Dienstag, oben, am Cypress Mountain. Das ist durchaus erstaunlich, es hat ja nun schon länger nicht mehr geschneit am Cypress Mountain vor den Toren Vancouvers. Aber der Schnee kam zu einem ungünstigen Zeitpunkt, zumindest für Skicross: Die olympische Premiere der Frauen lief gerade, als der Schnee kam. Es gibt jetzt von den ersten Rennen dieser Disziplin, die je bei Olympia ausgetragen wurden, zwei völlig verschiedene Aufnahmen, auf denen von den Männern strahlt die Sonne, auf denen der Frauen ist der Himmel trüb und die Luft von Schneeflocken zerfressen. Aber Skicrosser sind ja keine Schönwetterfahrer, und deshalb muss man festhalten, dass sich die einzige Sportart, die 2010 in das olympische Programm aufgenommen wurde, gut verkauft hat, sehr gut sogar. Der Österreicher Andreas Matt, der Silber gewann, findet, "es war eine große Show und ein wichtiger Schritt für den Sport", und deshalb sei er "sicher, dass er olympisch bleiben wird". Eine große Show, ja, so kann man das sagen: Das Rennen der Männer war schon ein sehr spektakulärer Auftakt, mit viel Tempo, großen Sprüngen und natürlich auch Stürzen. Wenn man mit 100 km/h zu viert einen knapp 1200 Meter langen Parcours hinunterrast, in den 16 Sprünge eingebaut sind, dann sind Stürze zwangsläufig Teil der Show. Bei den Frauen war das nicht anders: Schon im ersten Rennen des Achtelfinales knallte die Russin Julia Liwinskaja nach einem Sprung derart heftig auf die Piste, dass die Veranstaltung für zehn Minuten unterbrochen werde musste. Liwinskaja wurde mit dem Rettungsschlitten ins Ziel gebracht, eine Diagnose steht noch aus. Liwinskajas Sturz war der heftigste Sturz an diesem Tag, wenn auch nicht der letzte. Skicross ist bislang in Nordamerika deutlich populärer als in Europa, die Besten aber kommen vorwiegend vom alten Kontinent: Bei den Männern gewann der Schweizer Michael Schmid vor dem Österreicher Matt und dem Norweger Audun Groenvold, bei den Frauen holte die Norwegerin Hedda Berntsen Silber, die Französin Marion Josserand Bronze. Gold gewann da die Kanadierin Ashleigh McIvor, es war Kanadas sechste Goldmedaille bei diesen Olympischen Spielen - die dritte am Cypress Mountain. "Skicross ist eine neue Form des Skirennens, die es aber doch schon immer gegeben hat: Rennen fahren gegen Freunde", beschreibt McIvor ihre Sportart. Rennen fahren gegen Freunde, das beschreibt auch schon die ganze Szene ziemlich gut. Erleichtertes Aufatmen Die Österreicherin Karin Huttary, die Vierte wurde, glaubt wie die meisten, die Skicross am Cypress Mountain gesehen haben, an eine Zukunft der Disziplin bei Olympia: "Das wird noch groß, Skicross ist eine jüngere und coolere Sportart als viele andere." Es ist davon auszugehen, dass das IOC das ähnlich sieht, wenngleich die Funktionäre das sicherlich anders ausdrücken würden - aber was die Vermarktung der Spiele betrifft, sieht das IOC das jüngere, coolere Publikum ja durchaus gern. In Kanada atmen sie nun erleichtert auf, dass die Premiere gelungen ist - und dass der Cypress Mountain dafür einen guten Rahmen bot. Das war ja nicht selbstverständlich, schließlich drohte der Schneemangel die Wettbewerbe erheblich zu stören. Es wurde dann Schnee mit Lastwagen angekarrt, der auf Strohballen verteilt wurde, zudem wurde eine riesige Tribüne aus Stahlrohren aufgebaut. Man muss nun endlos Stufen steigen, um zum Zielraum zu kommen, irgendjemand hat die Stufen gezählt, 266 sollen es sein. Wenn man dann dort oben ankommt, an der Piste, dann kriegt man ein Gefühl, wie viele Lastwägen hier wohl hochgerollt sind. Die Atmosphäre ist bizarr, in der Umgebung sind die Hügel mehr braun und grün als weiß, die Piste aber macht einen sehr ordentlichen Eindruck. "Der Schnee ist grieselig", sagt die Österreicherin Katharina Gutensohn, "aber insgesamt sind die Bedingungen schon okay." Vor allem, findet sie, sei die Strecke "irrsinnig spektakulär". Und darauf kommt es an beim Skicross, nur darauf.
Die Sportart ist jung, sie ist cool und sie lässt sich prima vermarkten: Warum sowohl die Athleten als auch das IOC mit der Olympia-Premiere der Skicrosser zufrieden sein können.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-skicross-spass-show-spektakel-1.20039
Olympia: Skicross - Spaß, Show, Spektakel
00/02/2010
Die Fernseh-Kommentatoren können nerven - sind manchmal aber der reine Wellnessurlaub. Die wahre Herausforderung eines Olympia-Abends lauert im eigenen Wohnzimmer. Das mit den Kommentaren bei olympischen Wettkämpfen ist so eine Sache. Es gab ja schon Stimmen, die sämtliche Experten des Öffentlich-Rechtlichen anflehten, doch einfach nur zu schweigen. Nun ja, damit alleine ist es nicht getan - denn wenn auf meinem Bildschirm die Nordischen Kombinierer sich in Whistler vom Schanzentisch abstoßen, Felix Neureuther im Riesenslalom um die Tore kurvt und die deutsche Biathlon-Staffel um Medaillen kämpft, gibt es den Kommentar immer in Stereo: den aus dem Fernsehlautsprecher und den aus den Couchpolstern neben mir. In beiden Fällen handelt es sich um angenehme Männerstimmen, die sich in der nächsten halben Stunde zur heiß diskutierten Biathlon-Staffel der Frauen äußern werden. Die im Fernsehen gehört Wilfried Hark, der gerade eine flammende Rede auf die abwesende Magdalena Neuner anstimmt: "Ich hoffe, in Deutschland hören sie jetzt endlich auf, ihr Vorwürfe zu machen. Wie kommen Menschen eigentlich dazu, ihr Feigheit vorzuwerfen, ohne sie zu kennen?!" ARD-Mann Wilfried Hark jedenfalls scheint sie genau zu kennen, denn er weiß: "Hinter ihrem Verzicht war definitiv kein Zwang dahinter." Die Stimme neben mir klingt vertrauter - und ist bei weitem nicht so überzeugt davon, dass es die richtige Entscheidung des Olympia-Darlings war, auf den Start in der Staffel zu verzichten. Geballter Sachverstand also aus beiden Richtungen. Das klingt nach Luxus - an einem ereignisreichen Olympia-Abend aber vor allem nach einer nervlichen Herausforderung. Mein privater Ko-Kommentator - im Leben jenseits von Medaillenspiegeln ein liebenswerter und bedachter Mensch - verwandelt sich angesichts deutscher Medaillenkämpfe in ein stimmgewaltiges patriotisches Emotionsbündel. Die Schießeinlagen von Kati Wilhelm und Martina Beck im Biathlon-Teamkampf kosten Nerven? Im Vergleich zu dem plötzlich aufbrausenden "Ach scheiße, jetzt wird das nichts mehr" neben mir ist die reine Fernsehbetrachtung deutscher Fehlschüsse beinahe ein Wellnessurlaub. Während Simone Hauswald läuft, ist noch alles in Ordnung. Sie trifft alle Scheiben und zeigt "ihr bezauberndes Lächeln", wie es aus dem Fernseher tönt. Genau darum geht es doch auch bei Olympia: das Lächeln der Sieger. Wenn es den Deutschen gehört: wunderbar. Aber auch andere Nationen haben verdiente Gewinner, ihre Freudentränen rühren mich genauso wie das Strahlen einer Evi Sachenbacher-Stehle oder einer Claudia Nystad auf dem Siegerpodest. Wie herzerweichend kullerten die Tränen bei der Österreicherin Elisabeth Görgl nach der Bronzemedaille in der alpinen Abfahrt! Und wie schön strampelte US-Skifahrerin Julia Mancuso mit den Beinen in der Luft über ihre zweite Silbermedaille. Hauptsache, es gibt Emotionen! Auf der nächsten Seite: Wann sich die beiden Kommentatoren besonders unenig sind. Im Video: Freude über die Bronzemedaille, die Biathlon-Staffel der Damen nach dem dritten Platz über 4 mal sechs Kilometer. Für die dreimalige Olympiasiegerin Kati Wilhelm war es der letzte Auftritt bei olympischen Winterspielen. Weitere Videos finden Sie hier
Die Fernseh-Kommentatoren können nerven - sind manchmal aber der reine Wellnessurlaub. Die wahre Herausforderung eines Olympia-Abends lauert im eigenen Wohnzimmer.
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TV-Ereignis Olympia (11) - Die Stimme vom Sofapolster
00/02/2010
Der VfB Stuttgart ist ganz beseelt ob des 1:1 gegen Barcelona und der Komplimente des Gegners - und vermisst lediglich noch Sprechchöre für Trainer Christian Gross. Von Alexander Hleb hatte es in den vergangenen Bundesligaspielen Bilder gegeben, auf denen er eine für sein Alter bereits ausgeprägte Faltenbildung zeigt. Ein Gesicht, zerfurcht vom Ärger und Missmut, als ihn der Trainer mal wieder in der 65. Minute auswechselte. Beim Spiel gegen Barcelona schaute Hleb ab Mitte der Halbzeit immer verstohlen zur Bank, wenn sich dort eine Auswechslung anbahnte - oder androhte, aus seiner Sicht. Aber als Trainer Christian Gross in der 84. Minute seine dritte und damit letzte Auswechslung machte, da lächelte Hleb fast faltenfrei. Er durfte bis zum Ende mitmachen gegen die alten Kollegen vom FC Barcelona, bei denen er noch unter Vertrag steht - und zu denen er wohl auch zurückkehren würde, wenn er wieder eine Chance hätte, als Stammspieler aufzulaufen. Seine Leistung gegen die spanische Übermannschaft war ziemlich gut, er spielte überlegt, aber überraschend, wirbelte mit dem Abwehrspieler Cristian Molinaro auf dem linken Flügel herum. Hleb war nach dem Spiel dann wohl selber etwas überrascht, dass es für ihn und den VfB beim 1:1 gegen Barcelona so gut gelaufen war. Vor der Partie hatte er die Chancen auf einen Sieg noch auf 10:90 eingeschätzt. Danach sprach er im Tonfall eines russischen Mathematikgelehrten darüber, dass dies nur so daher gesagt war und stellte eine neue Formel auf: "Heimspiel ist immer 50:50." Worauf es ja dann letztlich hinauslief. Für das Rückspiel müsse er noch genaue Berechnungen anstellen, die Wahrscheinlichkeit, weiter zu kommen liege jetzt mal grob geschätzt wieder bei jenen 10:90 oder auch 20:80, sagte Hleb und verschwand mit einem Lächeln. Es ist schon ein großer Erfolg für die Spieler des VfB, dass man überhaupt über solche Perspektiven nachdenken kann. Der letzte Auftritt in der Champions-League endete auf dem letzten Gruppenplatz. Diesmal, so lautete das Saisonziel, wollte man zumindest so auftreten, dass sich Europa nicht fragt, was das denn für eine seltsame Mannschaft ist. "Der VfB hat es uns sehr schwer gemacht", sagte Barcelonas Trainer Josep Guardiola. So was hört man gerne in Stuttgart, und Manager Horst Heldt sagte ganz beseelt: "Wir können auf unsere heutige Leistung sehr stolz sein. Wir haben dem Titelverteidiger Paroli geboten und klasse gespielt." Und auch Trainer Christian Gross war zufrieden, überwiegend zumindest. Die erste Halbzeit sei sehr gut gewesen. "Wenn wir so über 90 Minuten gespielt hätten, wäre es insgesamt sehr gut gewesen. Aber in der zweiten Hälfte standen wir häufig zu tief." Lesen Sie weiter auf Seite 2. Im Video: Nach dem 1:1 des VfB Suttgart gegen den FC Barcelona in der Champions League äußerte sich VfB-Trainer Groß zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft. Weitere Videos finden Sie hier
Der VfB Stuttgart ist ganz beseelt ob des 1:1 gegen Barcelona und der Komplimente des Gegners - und vermisst lediglich noch Sprechchöre für Trainer Christian Gross.
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Champions League: VfB Stuttgart - Lächelnd auf Formel-Suche
00/02/2010
Es war klar, dass Team Canada enorm motiviert in dieses Eishockeyspiel gegen Deutschland gehen würde, in dem es ja um alles ging: Der Gewinner spielt im Viertelfinale gegen Russland, der Verlierer scheidet aus dem Turnier aus. "Do or die", so sagt der Kanadier zu so einer Situation martialisch: Friss oder stirb. Die Kanadier hatten einiges gutzumachen bei ihren Fans, ein 3:5 gegen die USA, "wir wussten, dass sie sauer sind", sagt Bundestrainer Uwe Krupp, "unser Ziel war, die ersten zehn Minuten zu überleben". Das klingt sehr zurückhaltend, aber die Wahrheit ist: Zehn Minuten überleben, das kann schon ein zu hoch gestecktes Ziel sein, wenn man als Deutschland gegen Kanada spielt. Nun: Es klappte. Deutschland hielt dagegen, so gut es konnte - das 1:0 für Kanada fiel erst nach zehn Minuten und 13 Sekunden. Das 2:0 fiel nach 22,32 Minuten, das 3:0 nach 23,26 Minuten, das 4:0 nach 28,50 Minuten. Am Ende stand es 8:2, und damit ging das Spiel genau so aus, wie zu erwarten war. Sicher, "wir haben gehofft", sagt Marco Sturm, eigentlich sagen das alle, als sie nach dem Spiel in den Katakomben stehen. Der Plan war gewesen, "das Spiel knapp zu halten, 0:1, 1:2, in der Art", sagt Uwe Krupp. Aber die Unterschiede waren einfach zu groß, und im Sport lassen sich Unterschiede ja oft in Zahlen ausdrücken, zum Beispiel in Finanzen. Kanadas Torhüter Roberto Luongo verdient nächste Saison in Vancouver rund 7,5 Millionen Euro, das entspricht nicht ganz dem Etat der Adler Mannheim; und Shea Webers 3,3 Millionen Jahresgehalt sind immer noch mehr, als die Augsburger Panther für ihr gesamtes Team ausgeben. Selbst wenn Team Canada bei der Niederlage gegen die USA neulich seine ganze Form und all sein Selbstvertrauen verloren hätte - das Tempo, das die Kanadier jederzeit imstande sind vorzugeben, ist für nahezu alle deutschen Spieler viel zu hoch. Und dann übte Kanada von Beginn an auch noch mächtig Druck auf die Deutschen aus. Wenn die Deutschen den Puck bekamen, schlugen sie ihn weg, um wechseln zu können, nach zwölf Minuten berührte Kanadas Torwart Luongo erstmals den Puck, er wehrte einen Schlagschuss des Verteidigers Jakub Ficenec von hinter der blauen Linie ab. Da stand es schon 1:0 für Kanada. Man kann den Deutschen nicht vorwerfen, dass sie nicht alles gegeben hätten; denn das haben sie. Man kann nicht behaupten, dass sie besonders schlecht gespielt hätten; denn das haben sie nicht. Vor allem im zweiten Drittel, als die Kanadier beim Stand von 4:0 etwas nachließen, nutzten die Deutschen ihre Gelegenheit zu immerhin einem Tor durch Marcel Goc. "Da haben wir für zehn Minuten etwas den Fokus verloren", analysierte Kanadas Trainer Mike Babcock hinterher ernst. Kanada fand den Fokus schnell wieder, man bekam dann fast Mitleid mit den Deutschen. "Das war eine harte Schule für die Spieler", befand Sportdirektor Franz Reindl, der auf der Tribüne saß, "aber von oben war's auch nicht einfach, zuzuschauen." Zwei Minuten vor dem Ende, kurz bevor der belanglose zweite deutsche Treffer durch Manuel Klinge fiel, schrie das ganze, wirklich das ganze Stadion: "We want Russia", immer wieder, "we want Russia". Kanada wollte Russland, Kanada bekommt Russland, schon diesen Mittwoch, im Viertelfinale. Die Deutschen dagegen reisen an diesem Mittwoch wieder ab, der Liga-Alltag geht bald weiter, in Deutschland wie in Nordamerika. Sie nehmen die Erfahrung mit, wie es war, gegen die besten Spieler der Welt anzutreten, "es ist schon toll, bei so einem Spiel dabei gewesen zu sein", sagt Verteidiger Dennis Seidenberg. Aber acht Gegentore und nach vier Niederlagen in vier Spielen die schwächste Olympiabilanz der deutschen Eishockeygeschichte - natürlich waren die Deutschen da auch ein wenig geknickt. Christian Ehrhoff, der für die Vancouver Canucks in der NHL aufläuft, gab denn auch zu, "ein bisschen frustriert" zu sein, wenngleich er weiß, dass es keine Schande ist, gegen Kanada zu verlieren. Er gab dann der örtlichen Presse noch seine Meinung mit auf den Weg. Als er von kanadischen Reportern gefragt wurde, auf wen er im Viertelfinale tippen würde, antwortete er: "Russland. Sie haben die bessere Mannschaft."
2:8 gegen Kanada: Deutschlands Eishockeyteam fährt mit der schlechtesten Bilanz der Geschichte nach Hause.
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"Eishockey: Aus für Deutschland - ""Wir wussten, dass sie sauer sind"""
00/02/2010
Trotz eines Sturzes von Tino Edelmann haben Deutschlands Nordische Kombinierer Bronze im Team-Wettbewerb gewonnen. Das DSV-Quartett mit Johannes Rydzek, Edelmann, Eric Frenzel und Schlussläufer Björn Kircheisen stürmte am Dienstag nach Platz sechs im Springen in der Staffel noch auf den dritten Rang vor, verfehlte das insgeheim erhoffte erste Gold seit 22 Jahren aber deutlich. Dies holte sich nach dem Rennen über 4 x 5 Kilometer das Quartett aus Österreich, in dem Felix Gottwald seinen dritten Olympiasieg feierte, vor dem Team der USA. "Die Jungs haben brutal gekämpft und alles gegeben. Ich bin überglücklich. Ich hätte nicht gedacht, dass es nach dieser schlechten Ausgangsposition noch zu Bronze reicht. Kompliment an die Mannschaft", sagte Bundestrainer Hermann Weinbuch. Nach einem Strauchler von Edelmann auf der zweiten Schleife drohte das DSV-Quartett leer auszugehen. "Ich hoffe, dass uns das nicht die Medaille gekostet hat", entschuldigte sich der Pechvogel schon vor dem Zieleinlauf bei seinen Kollegen. Nach dem Springen hatte es wieder nicht verheißungsvoll für die deutschen Kombinierer ausgesehen, die im ersten Olympia-Rennen enttäuscht hatten. "Diese Ausgangsposition ist nicht optimal. Wir hatten uns das etwas anders vorgestellt", klagte Bundestrainer Hermann Weinbuch, der auch die wechselnden Windbedingungen an der Schanze für das Abschneiden verantwortlich machte. "Wir hatten oft anderen Wind als die vor uns. Wenn alle die gleichen Bedingungen gehabt hätten, stünden wir woanders." Weltmeister Carlo Janka ist nun auch Olympiasieger im Riesenslalom. Der Skirennfahrer aus der Schweiz lag am Dienstag in Whistler 39/100 Sekunden vor dem Norweger Kjetil Jansrud. Dessen Landsmann Aksel Lund Svindal holte Bronze. Janka hatte bereits nach dem ersten Lauf knapp vorn gelegen. Felix Neureuther zeigte eine starke Leistung und schaffte als Achter seine beste Riesenslalom-Platzierung überhaupt. Der Partenkirchener war den Wettbewerb eher als Vorbereitung auf seine Spezialdisziplin Slalom angegangen. Die deutschen Damen haben bei der kanadischen Party zur Olympia-Premiere im Ski Cross nur Nebenrollen gespielt. Julia Manhard (Pfronten), Anna Wörner (Partenkirchen) und Heidi Zacher (Lenggries) mussten bereits im Achtelfinale alle Medaillenträume begraben. 4300 Zuschauer in Cypress Mountain feierten die Goldmedaillengewinnerin Ashleigh McIvor bei ihrem triumphalen Heimsieg. Silber holte die Norwegerin Hedda Bernetsen, die bis vor zwei Jahren noch im alpinen Skizirkus unterwegs war, Bronze die Französin Marion Josserand. "Sieg und Niederlage liegen in unserem Sport eben sehr dicht beieinander", sagte Zacher. Schock für Kramer, Handy-Drama um Beckert: Ein verhängnisvoller Bahnfehler hat Sven Kramer im 10.000-Meter-Eisschnelllauf sensationell das 100. Olympia-Gold für die Niederlande gekostet. Der 5000-Olympiasieger und Topfavorit steuerte nach 8000 Meter auf die falsche Bahn ein und wurde vom Kampfgericht disqualifiziert. In 12:54,50 Minuten knackte der 23-jährige Friese zwar zunächst den vom Sudkoreaner Lee Seung-Hoon vorgelegten Olympischen Rekord von 12:58,55 deutlich, doch Kramers Missgeschick brachte den Asiaten in die Gold-Position. Silber ging an den Russe Ivan Skobrew(13:02,07), Bronze an den Niederländer Bob de Jong (13:06,72). Der Münchner Marco Weber landete auf Rang zehn. Zugleich war wenige Stunden zuvor auch Patrick Beckert zum "Pechvogel von Richmond" avanciert. Der 19-jährige Erfurter verpasste wegen eines ausgeschalteten Handys nach einer zu kurzfristigen Absage des Italieners Enrico Fabris die große Chance, als Nachrücker noch in das Feld zu rutschen. "Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, aber wir haben Patrick erst 17 Minuten vor dem Rennen telefonisch erreicht. Da ging natürlich nichts mehr", berichtete Teamchef Helge Jasch. Bei der olympischen Skicross-Premiere schied das deutsche Damen-Trio geschlossen im Achtelfinale aus. Julia Manhard (Pfronten), Anna Wörner(Partenkirchen) und Heidi Zacher (Lengries) überstanden zwar die Qualifikation in Cypress Mountain, in der K.o.-Runde war aber Endstation. Auch die frühere Abfahrts-Vizeweltmeisterin Katharina Gutensohn aus Österreich erreichte die Medaillenrennen nicht. Nach den Männern haben nun auch die deutschen Curling-Frauen das Halbfinale der Olympischen Winterspiele verpasst. Das Team um Skip Andrea Schöpp verlor am Dienstag sein vorletztes Gruppenspiel gegen die Schweiz mit 2:4. In einer Neuauflage des EM-Finales gab Europameister Deutschland im zehnten und letzten End auf. Damit können die deutschen Frauen vor ihrem letzten Gruppenspiel gegen Schweden am Freitagabend (19.00 Uhr Ortszeit/Mittwoch 04.00 Uhr MEZ) nicht mehr einen der ersten vier Plätze belegen - drei Siege in acht Spielen waren zu wenig. Zuvor waren bereits die Männer durch ein 2:8 gegen Weltmeister Großbritannien vorzeitig gescheitert. Die zweimalige Olympiasiegerin Magdalena Neuner hat den Verzicht auf ihren Einsatz in der Biathlon-Staffel noch einmal verteidigt. "Wir sind halt fünf Mädels in der Mannschaft, die unheimlich stark sind. Ich habe alles erreicht, definitiv. Es macht keinen großen Unterschied, ob ich noch einmal eine Medaille gewonnen hätte oder nicht", sagte die 23-Jährige vor der letzten Frauen-Entscheidung in Whistler. Sie gönne Martina Beck, die sie in der Staffel ersetzte, "von Herzen, dass sie sich ihren Traum auch noch erfüllen kann". Zwei Tage nach seinem Gold-Coup im Zweierbob dominierte André Lange auch das Auftakttraining im großen Schlitten. Bei der ersten Fahrt legte er zwei Bestzeiten hin. Thomas Florschütz hatte in beiden Trainingseinheiten deutlichen Rückstand und belegte die Ränge fünf und elf. Karl Angerer fuhr auf die Plätze zwölf und sechs. Olympia-Medaillen sind für kanadische Fans zweitrangig. In einer Umfrage erklärten 60 Prozent der Befragten, problemfreie Spiele ohne unnötige Ausgaben seien wichtiger als die sportliche Ausbeute. Zudem stimmen drei von vier Kanadiern der These zu, dass die Winterspiele von Vancouver das Land einen. 60 Prozent sind der Meinung, die Spiele würden als eine der größten Leistungen der kanadischen Geschichte in Erinnerung bleiben. Das mit Spannung erwartete Olympia-Debüt von "Schnee-Leopard" Kwame Nkrumah-Acheampong ist wegen eines Meldefehlers zunächst ausgefallen. "Wir haben da einen Fehler gemacht und ihn beim Riesenslalom gemeldet, obwohl ihm die nötigen Punkte für einen Start fehlen", sagte Vanpee Vanderpuye-Orgle, Sprecher des Nationalen Olympischen Komitees von Ghana. Die Premiere des 35 Jahre alten Nkrumah-Acheampong und damit auch die seines Heimatlandes bei Winterspielen soll nun beim Slalom am Samstag (10.00/13.45 Uhr Ortszeit, 19.00/22.45 Uhr MEZ) stattfinden. "Wir hätten ihn erst gar nicht für den Riesenslalom melden sollen, aber wir wussten ja nicht, dass sich die Qualifikations-Kriterien geändert hatten. Im Slalom ist er aber sicher dabei", sagte Vanderpuye-Orgle. Das makellose Olympia-Wetter der vergangenen Tage neigt sich dem Ende zu. In Vancouver ist Regen in Sicht, die Niederschlags-Wahrscheinlichkeit lag am Dienstag bei 60 Prozent. Bei 9 Grad und starker Bewölkung sollte es jedoch mild bleiben. Die Nachtwerte sinken auf 6 Grad. Für Mittwoch sind bei gleichbleibend milden Temperaturen weitere Regenfälle angekündigt. Auch in Whistler ist es mit dem Sonnenschein vorbei. Es zieht starke Bewölkung auf. Für Dienstag waren bei Temperaturen von 5 Grad Regen und Schneeschauer angesagt. Auch am Mittwoch soll es bei Werten von 4 Grad am Tag und 0 Grad in der Nacht Niederschläge geben, die von Regen in Schnee übergehen.
Der Wind und ein Sturz verhindern ein besseres Ergebnis der deutschen Kombinierer. Eisschnellläufer Patrick Beckert wird wohl nie wieder sein Telefon ausschalten.
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Olympia kompakt (Tag 11) - Kombinierer holen Bronze
00/02/2010
Stuttgart muss sich nach starkem Beginn gegen Barcelona mit einem 1:1 begnügen - und kann sich beim Schiedsrichter bedanken, dass es bei diesem Resultat bleibt. Auf zehn zu neunzig hatte Aliaksandr Hleb die Chancen auf einen Sieg geschätzt. Der VfB-Angreifer, ausgeliehen vom FC Barcelona, täuschte sich. Selten war es so leicht, den FC Barcelona zu schlagen wie an diesem Dienstagabend im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League. Nach dem Führungstor von Cacau in der 24. Minute spielte der VfB den Titelverteidiger lange Zeit in Grund und Boden und hätte dabei einen komfortablen Vorsprung herausschießen können. Doch die Stuttgarter ließen alle Möglichkeiten ungenutzt, und der Ausgleich durch Zlatan Ibrahimovic kurz nach der Pause beraubte die Mannschaft wohl vor dem Rückspiel in zwei Wochen aller Chancen auf ein Weiterkommen. Es sei denn, die Mannschaft von Pep Guardiola findet Gefallen daran, noch einmal am Rande des Abgrunds zu tanzen. Mit nur einer Niederlage auf dem Konto führt der FC Barcelona die spanische Liga vor Real Madrid an. Trotzdem hat sich so etwas wie Krisenstimmung breit gemacht bei den Katalanen. 4:0 hatte das Team zuletzt gegen Santander gewonnen, wobei Johan Cruyff "das schlechteste Spiel in der Ära von Guardiola" gesehen haben wollte. Guardiola, der Trainer, gab dem alten Barca-Idol auf einer Pressekonferenz vor dem Spiel in Stuttgart recht und lächelte müde dabei. Er fühle sich ausgelaugt, sagte er. So ergeht es auch seinen Spielern. Die Ansprüche sind ins Unermessliche gestiegen, andererseits kann man nicht besser spielen und nicht mehr gewinnen als in der vergangenen Saison. Sie können höchstens versuchen, das Niveau zu halten. Ist das genug der Motivation? Der VfB-Spieler legten zu Beginn des Spiels jedenfalls einen ganz anderen Ehrgeiz an den Tag als ihre Gegner. Sie taten, was man tun muss, um das Kombinationsspiel der Spanier zu ersticken. Sie rannten und kämpften und fielen wie ein Schwarm Hornissen über die Favoriten her. Sie arbeiteten dabei, von Trainer Christian Gross glänzend eingestellt, streng nach Plan und ließen keine Lücke im Abwehrverbund. Nach zwanzig Minuten schienen die Spanier keine Lust mehr zu haben, den Kampf mit diesen wütenden Deutschen zu führen. Sie gaben klein bei. Cristian Molinaro trug den ersten gefährlichen Angriff der Stuttgarter vor. Von links drang er in den Strafraum ein, und auch wenn er für seinen Querpass keinen Abnehmer fand, so war dies doch das Signal zur Attacke. Vier Minuten später trat wiederum Molinari eine Flanke auf den freistehenden Timo Gebhardt. Das Kopfballspiel zählt aber nicht zu den Stärken Gebhardts. Er verwendet lieber den Fuß - so wie in der 24. Minute. Mit einer harten, platzierten Flanke vom rechten Flügel fand er den Kopf von Cacau. Der Stürmer vollendete gegen die Laufrichtung von Victor Valdes zum 1:0. In den folgenden 15 Minuten spielten die Stuttgarter die Zaubertruppe aus Katalonien in Grund und Boden. Cacau und Khedira scheiterten um Haaresbreite an Victor Valdes, der Torwart hielt wenig später auch den Schuss des erneut frei auf ihn zustürmenden Cacau. Pawel Progrebnjak schoss dem Abwehrspieler Piqué an die Hand - Elfmeter wäre keine falsche Entscheidung gewesen, ebenso, als Serdar Tasci beim Kopfballversuch von Rafa Marquez dreist umgestoßen wurde. Schiedsrichter Bjorn Kuipers sah es zweimal anders, sehr zum Ärger der Stuttgarter. Für einen kurzen Moment wurde der VfB unaufmerksam, Lionel Messi nutzte ihn zu seinem ersten gefährlichen Sololauf. Mit links zog er von der Strafraumgrenze ab, Jens Lehmann lenkte den Ball mit den Fingerspitzen ab - an den Pfosten, und von dort kullerte die Kugel zurück in Lehmanns Arme. Ein unverhoffter Moment des Glücks kurz vor der Pause - konnte an diesem Tag noch etwas schiefgehen? Lehmann grätscht auf Augenhöhe Es konnte, nur sieben Minuten nach dem Seitenwechsel. Piqué setzte sich im Kopfballduell gegen zwei Stuttgarter durch und legte ab für Zlatan Ibrahimovic. Dessen ersten Schuss wehrte Lehmann ab, gegen den zweiten war er machtlos. Ein wenig gelangweilt jubelte der Schwede mit den gelben Schuhen. Und die Stuttgarter brauchten einige Minuten, um sich wieder zu fangen. Sie hatten Glück im Unglück: Abwehrspieler Molinari wehrte in der 65. Minute auf der Torlinie einen Schuss von Zlatan Ibrahimovic mit dem Ellbogen ab. Es war eindeutig Absicht. Molinari verhinderte ein sicheres Tor. Ein klarer Fall: Rote Karte und Elfmeter. Doch Schiedsrichter Kuipers gab: Eckball. Das Spiel wurde jetzt härter und manchmal auch fieser. Jens Lehmann grätschte auf Augenhöhe dem heranstürmenden Puyol entgegen. Spielerische Höhepunkte blieben aus, auch von Hleb, der erstmals unter Trainer Gross 90 Minuten lang durchspielen durfte. Im Video: Nach dem 1:1 des VfB Suttgart gegen den FC Barcelona in der Champions League äußerte sich VfB-Trainer Groß zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft. Weitere Videos finden Sie hier
Stuttgart muss sich nach starkem Beginn gegen Barcelona mit einem 1:1 begnügen - und kann sich beim Schiedsrichter bedanken, dass es bei diesem Resultat bleibt.
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Champions League: VfB Stuttgart - Ibrahimovic ernüchtert den Hornissen-Schwarm
00/02/2010
Magdalena Neuner lief doch mit. Gewiss, auf dem Startzettel der olympischen Biathlon-Frauenstaffel stand sie nicht, aber Neuner war trotzdem dabei. Im Herzen der Teamkolleginnen, im Blick der Kameras und im Gespräch der Zuschauer rund um das Rennen. Seit die 23-jährige Doppel-Olympiasiegerin zugunsten der anderen ihren Verzicht auf die Staffel und noch größeren Ruhm bekannt gab, da herrschte erst Irritation, dann überschlug sich das Lob von allen Seiten, und man konnte sagen: Es neunerte allenthalben. Unter anderem wurde Königin Silvia von Schweden nach ihrem Lieblingswintersportler befragt, sie sagte: "Neuner." Fast hätte man vergessen, dass auch andere in Deutschland diesen Sport ordentlich beherrschen, und weil die anderen Olympiateilnehmerinnen alle über 30 sind, sagte der Staffelausgang auch etwas über die Frage, ob nicht vielleicht bald ein Generationswechsel vollzogen werden sollte. Die Antwort nach vier Runden war nicht ganz eindeutig. Die vier Deutschen errangen Bronze, und sie nahmen es nach dem weitgehend misslungenen Olympiaverlauf gerne entgegen. Die Rennabschnitte hatten Schwächen und Stärken gleichermaßen offenbart. Stimmt die Laufform wieder, dann dürften Kati Wilhelm, Andrea Henkel und Martina Beck beim nächsten großen Ziel noch Siegchancen haben. Manche will bis zur WM 2012 in Ruhpolding noch weiterlaufen. 33 Jahre ist Kati Wilhelm alt, und die Spiele waren für sie bislang enttäuschend verlaufen. Das Beste, was sie erreichte, war ein vierter Platz im Einzelrennen. Aber Platz vier ist nicht das, was eine ehemalige Olympiasiegerin sich vorstellt. Wilhelm war diesmal Startläuferin, und sie war motiviert. Trotz eines Fehlers beim Liegendschießen, trotz langsamer Schießzeiten hatte sie vor der Übergabe an die zweite Läuferin nur drei Sekunden Rückstand. Wilhelm war also fit. Die Nächste, Simone Hauswald, ist zwar erst 30, aber auch schon in dem Alter, in dem man sich überlegt, wie es nach dem Biathlon weitergeht. Hauswald ist stille Sportlerin, aber es lag eher am Wirbel um Magdalena Neuner, dass ihr größter Karriereerfolg am Sonntag kaum gewürdigt wurde. Im Massenstart hatte sie Bronze gewonnen, sie ist in Form, und das hat sie im letzten Rennen der Spiele unterstrichen. Null Fehler hatte sie in beiden Schießeinlagen, jedoch einen leichten Rückstand im Laufen. Kurz entwickelte sich etwas für Frauenstaffeln Außergewöhnliches, nämlich Spannung im Rennen um alle drei Medaillen, Frankreich, Deutschland und Russland lagen zu Halbzeit gleichauf. Doch schon nach dem Liegendschießen zog sich das Feld auseinander, und die Behauptung, dass Staffeln am Schießstand gewonnen werden, bewahrheitete sich. Je ein Nachlader von Martina Beck liegend und stehend genügten, um den Kontakt zu Olga Medwetsewa zu verlieren. Beck hatte ja am meisten von Neuners Rückzug profitiert, sie war in diesem Winter nie in der Form früherer Jahre und frustriert, weil diese Spiele an ihr vorbeizugehen drohten. Beck schoss zweimal daneben und übergab einen Rückstand von fast 50 Sekunden. Die russischen Biathletinnen haben in den vergangenen Jahren die meisten Staffeln gewonnen, und obwohl vergangenes Jahr zwei ihrer besten Läuferinnen wegen Epo-Dopings gesperrt wurden, haben sie von dieser Überlegenheit nichts eingebüßt. Der russische Anti-Dopingkampf ist immer noch fragwürdig, nicht anzuzweifeln sind aber die Ergebnisse auf den Zielbildern. Auch unter Druck schießt Olga Zaitsewa perfekt, und vielleicht hatte sie sich diesmal deshalb drei Fehler geleistet, weil ihr Vorsprung auf Andrea Henkel schon so groß war. Henkel ist 32, auch sie fährt nach den Erfolgen früherer Jahre nicht mehr zu Olympia, nur um dabei zu sein. "Bei Olympia geht es nicht um Platzierungen, sondern um Medaillen", hatte sie gesagt", aber am Schluss musste sie hart darum kämpfen. Mit zwei Nachladern im letzten Schießen verlor sie den zweiten Platz an Frankreich und hatte plötzlich die Konkurrenz im Nacken. Vermutlich wäre die Diskussion um Neuners Verzicht noch mal aufgeflammt, hätte Henkel auf der letzten Schleife noch nachgelassen, aber sie kämpfte, hielt das Tempo hoch, und holte Bronze, die mühsamste Medaille, die ein deutsches Quartett bei Olympia bisher gewann.
Verschobener Wechsel der Generationen: Die deutsche Biathlon-Frauenstaffel erringt ohne Magdalena Neuner mit letzter Kraft die Bronzemedaille.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-biathlon-muehsames-happy-end-1.24684
Olympia: Biathlon - Mühsames Happy-End
00/02/2010
Trotz der Kritik von Bundestrainer Behle präsentierten sich die deutschen Langläufer zuletzt stark. Der Erfolg bietet die Chance, den Generationswechsel positiv zu gestalten. Die Wege der deutschen Langlauf-Mannschaft sind unergründlich, ihre Leistungen steigen und fallen wie ein angeschlagenes Propellerflugzeug. Zum wiederholten Male hat der frühere Weltmeister Axel Teichmann seinen Auftakt beim Höhepunkt im tiefen Mittelfeld beendet, zum wiederholten Male macht er das Malheur kurz darauf mit einer Medaille im Team wett. Diesmal offenbar sogar nach einer dreitägigen Antibiotika-Kur. Seltsam. Dazu kommt: Gerade tadelt Bundestrainer Jochen Behle noch sein Frauenteam, weil es über die Jahre zu wenige Trainingskilometer hinter sich gebracht habe, da gewinnen die unlängst kriselnden Claudia Nystad und Evi Sachenbacher-Stehle ganz unbescheiden Teamsprint-Gold. Das erste Szenario ist rätselhaft. Um dieses zu verstehen, müsste man wohl so tief ins Ausdauergeschäft einsteigen, wie es den DSV-Fachleuten bestimmt nicht recht wäre. Sonst wären sie von sich aus etwas großzügiger mit Erklärungen zum Phänomen der Leistungsschwankungen. Die Frauen-Aktion wiederum hat einen eigenen Charme, denn so unerklärlich, wie sie auf den ersten Blick erscheint, ist sie nicht. Die Gold-Sprinterinnen haben keine Antibiotika-Kur hinter sich, stattdessen offensichtlich einen gelungenen Formaufbau, und sie haben die Gunst in einer jungen Langlauf-Disziplin genutzt, die diesmal ein paar prominente Ausfälle verzeichnete. Klug eingestellt war das Duo auch - fertig ist der Coup, der in diesem Fall aber auf Kosten des Bundeskritikers Behle geht. Trainieren die Langläuferinnen vielleicht doch nicht so schlecht? Ein Teamsprint-Erfolg macht noch keine Langlauf-Hausse. Aber vielleicht ist der Kontrast zwischen Goldjubel und Kritik ein Hinweis darauf, dass in Behles Abteilung zuletzt zu viel durcheinandergegangen ist. Dass die Experten nicht offen genug, nicht konstruktiv genug diskutiert haben, zu sehr an alten Vorstellungen festgehalten haben und damit die Positiv-Effekte neuer Methoden blockiert haben. Jedenfalls bietet sich demnächst die Chance, einiges besser zu machen. Die Arbeiten am Generationswechsel müssen bald beginnen, vielleicht entsteht dann ein Langlauf-System, in dem intern mehr miteinander als übereinander gesprochen wird. Und in welchem der Öffentlichkeit statt publikumswirksamer Kritik Erklärungen geliefert werden für die Rätsel des deutschen Langläufer-Alltags.
Trotz der Kritik von Bundestrainer Behle präsentierten sich die deutschen Langläufer zuletzt stark. Der Erfolg bietet die Chance, den Generationswechsel positiv zu gestalten.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-langlauf-die-vielen-fragezeichen-1.15943
Olympia: Langlauf - Die vielen Fragezeichen
00/02/2010
Hertha BSC verabschiedet sich mit einer 0:4-Pleite bei Benfica von der europäischen Fußballbühne und kann sich nun mit allen Kräften auf den Klassenerhalt in der Liga konzentrieren. Hertha BSC Berlin hat das Achtelfinale der Europa League verpasst und sich mit einem Debakel wohl für längere Zeit von Europas Bühne verabschiedet. Das Bundesliga-Schlusslicht verlor das Rückspiel der Zwischenrunde bei Benfica Lissabon nach einer schwachen Leistung mit 0:4 (0:1) und kann sich nun ganz auf den Abstiegskampf in der Bundesliga konzentrieren. Für Hertha war es nach dem 1:1 im Hinspiel zugleich die höchste Pleite im Europacup, zusammen mit dem 0:4 bei Olympiakos Piräus im Dezember 2008. Vor 30.000 Zuschauern im Stadion Da Luz erzielten Aimar (25.), Oscar Cardozo (49./62.) und Javi Garcia (59.) die Tore für den 31-maligen Landesmeister Portugals. Benfica trifft im Achtelfinale nun auf den Sieger des Vergleichs zwischen Olympique Marseille und dem FC Kopenhagen. Die starken Portugiesen drängten von Beginn an auf eine schnelle Entscheidung und führten die Berliner teilweise vor. Immer wieder war es Mittelfeldspieler Angel di Maria, der die Abwehr der Gäste mit seinen Vorstößen über die linke Seite in Verlegenheit brachte. Der argentinische Nationalspieler Aimar ließ bei seinem Führungstreffer erst Herthas Kapitän Arne Friedrich ins leere rutschen und dann Keeper Jaroslav Drobny mit einem platzierten Abschluss keine Chance. Berlin hatte in der Abwehr größte Mühe und hätte sich auch über eine höhere Niederlage nicht beschweren können. Nationalspieler Friedrich kassierte in der 14. Minute nach einem Foul an Cardozo die Gelbe Karte. Lediglich Mittelfeldspieler Raffael konnte mit einigen Distanzschüssen für Entlastung sorgen. Nie in den Griff bekamen die Berliner Benficas Torjäger Oscar Cardozo. Der Angreifer aus Paraquay war immer gefährlich und sorgte mit seinen beiden Treffern nach der Pause im Alleingang für die Entscheidung. Javi Garcia erzielte per Rechtsschuss nach einer verunglückten Abwehraktion das zwischenzeitliche 3:0. Gedenkminute für Madeira-Opfer Herthas Trainer Funkel hatte mit Blick auf das Bundesliga-Spiel am Samstag gegen 1899 Hoffenheim Mittelfeldspieler Fabian Lustenberger geschont. Auch Florian Kringe sollte eigentlich draußen bleiben, doch nach dem kurzfristigen Ausfall von Lewan Kobiaschwili (Grippe) musste Kringe auf der linken Seite in der Viererkette ran. In der Abwehrzentrale kam Steve von Bergen für den im Europacup gesperrten Roman Hubnik zum Einsatz. Bei den Portugiesen rückte Aimar für den gesperrten Ramires ins Team. Vor dem Spiel hatte es eine Gedenkminute für die Opfer der Unwetterkatastrophe am Wochenende auf der portugiesischen Insel Madeira gegeben. Bei den Gastgebern verdienten sich di Maria und der zweimalige Torschütze Cardozo die Bestnoten, auf Seiten der Berliner gefiel nur Raffael.
Hertha BSC verabschiedet sich mit einer 0:4-Pleite bei Benfica von der europäischen Fußballbühne und kann sich nun mit allen Kräften auf den Klassenerhalt in der Liga konzentrieren.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-europa-league-lehrstunde-in-lissabon-1.7536
Fußball: Europa League - Lehrstunde in Lissabon
00/02/2010
Wie schlägt sich Stuttgart gegen Barcelona? Wer setzt sich im Duell zwischen Inter Mailand und dem FC Chelsea durch? Die Fragen der Woche: 2 um 2 - Udos Erben. Weitere Videos finden Sie hier Einmal pro Woche diskutieren in der Videokolumne "2 um 2" auf sueddeutsche.de "Udos Erben". Drei Mitglieder der sueddeutsche.de-Sportredaktion (Johannes Aumüller, Thomas Hummel und Jürgen Schmieder) besprechen in wechselnder Besetzung die zwei wichtigsten Fragen der Fußball-Woche: ohne Skript, ohne Absprachen, sondern Stand-up. Die erste Aufzeichnung zählt - one shot football sozusagen. Pro Thema gibt es 1:30 Minuten. Dann müssen alle drei Mitspieler zwei Fragen beantworten und können entsprechend Punkte sammeln. Klicken auf das große Bild oben und sehen sehen Sie die Sendung. Erstes Thema: Der VfB Stuttgart hätte fürs Champions-League-Achtelfinale wohl kein schwereres Los erwischen können als den FC Barcelona. Doch während am Tag der Auslosung ob der damaligen Form des VfB kaum jemand die Hoffnung hatte, dass den Schwaben vielleicht doch eine Überraschung gelingen könnte, gibt es nun manche Optimisten, die sich zumindest fürs Hinspiel in Stuttgart etwas ausrechnen. Die aktuelle Umfrage zu der Diskussion: Wie endet das Hinspiel zwischen Stuttgart und Barcelona? Das tippt die Redaktion: Jürgen Schmieder: Stuttgart gewinnt. Johannes Aumüller: Barcelona gewinnt. Thomas Hummel: Unentschieden. Was meinen Sie? Stimmen Sie rechts ab. Zweites Thema: In gewisser Weise trifft am Mittwochabend Jose Mourinho auf Jose Mourinho. Der portugiesische Trainer empfängt mit seiner Mannschaft Inter Mailand den Klub, den er lange Jahre trainierte und so großen Erfolgen führte - den FC Chelsea. Beide Mannschaften führen gerade die Tabelle in ihren Ligen an. Dazu die aktuelle Umfrage: Wer setzt sich in diesem Duell durch? Das tippt die Redaktion: Jürgen Schmieder: FC Chelsea. Johannes Aumüller: Inter Mailand. Thomas Hummel: FC Chelsea. Stimmen Sie rechts ab. Der Punktestand vor dieser Woche: Johannes Aumüller: 19,5 Jürgen Schmieder: 20,5 Thomas Hummel: 19 Die ganze Saison über begleitet die Diskutanten ihr Bundesliga-Tabellentipp. Unten können Sie sehen, welches Klassement die drei Teilnehmer von "2 um 2 - Udos Erben" am Saisonende erwarten. Video: Marcel Kammermeyer
Wie schlägt sich Stuttgart gegen Barcelona? Wer setzt sich im Duell zwischen Inter Mailand und dem FC Chelsea durch? Die Fragen der Woche: 2 um 2 - Udos Erben.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/2-um-2-udos-erben-jeder-weiss-dass-stuttgart-gewinnt-1.10141
"2 um 2 - Udos Erben - ""Jeder weiß, dass Stuttgart gewinnt"""
00/02/2010
In der DFB-Schiedsrichter-Affäre sind erstmals intime Details über die Beziehung zwischen dem inzwischen zurückgetretenen Schiedsrichtersprecher Manfred Amerell, 62, und Bundesliga-Schiedsrichter Michael Kempter, 27, veröffentlicht worden. In einem Interview mit der Bild-Zeitung berichtete Kempter ausführlich über angebliche sexuelle Belästigungen durch Amerell. "Herr Amerell hat mich auch auf den Mund geküsst", sagte Kempter. Er habe sich abgewendet und deutlich signalisiert, dass er das nicht wolle: "Manchmal hat er nachts an meine Hotelzimmertür geklopft. Da habe ich schon nicht mehr aufgemacht. Am nächsten Morgen beim Frühstück war er beleidigt. Herr Amerell hat auf Ablehnung sehr giftig reagiert." Kempter zufolge war es ein schleichender Prozess, wie sich der Funktionär ihm angenähert habe. Manfred Amerell habe sich über Jahre hinweg Vertrauen geschaffen, und dann sei es irgendwann losgegangen. In den vergangenen zwei Jahren habe sich alles verstärkt, sagte er und nannte sogar intimste Details: "Erst nur mit Hand auflegen auf den Oberschenkeln - und dann wanderte die Hand immer weiter, in die Hose, in den Genitalbereich. Als die Hand in meine Hose ging, habe ich gedacht, 'Was soll ich jetzt machen?' Ich wollte nicht, aber er hat nicht aufgehört." Auf die Frage, wo diese von ihm geschilderten Dinge geschehen seien, sagte Kempter: "Im Auto, auf der Fahrt von einem Spiel zum Hotel und im Hotelzimmer nach einem Spiel." Es habe aber keinen Geschlechtsverkehr gegeben: "Nein, das wäre ja noch schlimmer." Insgesamt habe es nach Kempters Angaben drei Vorfälle gegeben. Sein langes Schweigen erklärte er mit der Angst vor einem möglichen Ende seiner Karriere. "Als ich gemerkt habe, dass es noch mehrere Fälle gibt, habe ich mich durchgerungen, etwas zu sagen. Ich wollte auch andere, jüngere Schiedsrichter schützen. 'Darf ich dich Mein Schatz nennen'?', hat er zum Beispiel einen anderen Schiri gefragt." Amerells Anwalt Jürgen Langer wollte auf Nachfrage von sueddeutsche.de die Anschuldigungen gegen seinen Mandanten nicht im Einzelnen kommentieren. "Wir haben das Interview mit Irritation zur Kenntnis genommen", sagte Langer. Seit Beginn der Affäre hatte Amerell stets den gegen ihn erhobenen Vorwurf, er habe mindestens einen Schiedsrichter sexuell belästigt, bestritten. Langer verwies auf das laufende Verfahren, das seit dem 19. Februar gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) anhängig ist. Am 4. März kommt es vor dem Landgericht München zur mündlichen Verhandlung. Dabei wird es, so Langer, "im Wesentlichen um die Prüfung der Frage gehen, ob Herr Amerell, wie vom DFB behauptet, in der Vergangenheit mehrere Personen bedrängt und/oder belästigt hat, und ob es zu den behaupteten Übergriffen gekommen ist". Rechtliche Schritte wegen des Interviews wollte Amerells Anwalt in Anbetracht des schwebenden Verfahrens nicht einleiten, behält sie sich aber vor. Am Dienstagabend (18:30 Uhr) veröffentlicht auch das DSF ein Interview mit Kempter.
Intime Details in der DFB-Affäre: Michael Kempter schildert in einem Interview, wie ihn der frühere Schiedsrichtersprecher Manfred Amerell belästigt haben soll.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/dfb-schiedsrichter-affaere-darf-ich-dich-mein-schatz-nennen-1.15146
"DFB-Schiedsrichter-Affäre - ""Darf ich dich 'Mein Schatz' nennen?"""
00/02/2010
Fernsehabend eines Olympia-Laien: Die Skispringer machen keine gute Figur, die Bobfahrer schon und das ZDF verkündet, dass der Biber Vancy heißt. Erst mal eine tolle Nachricht: Das ZDF-Maskottchen hat einen Namen! Die Nächte der Ratte sind abgelaufen, auch Franck Bibéry, Mainzelfäller und der von ZDF-Sport-Frontfrau Katrin Müller-Hohenstein favorisierte Biber Butzemann sind aus dem Rennen. Das, ähem, kesse Bibermännchen heißt Vancy. Doch später mehr vom Biber und der Namensfindung, vorerst gilt die volle Konzentration an diesem Abend dem Skispringen, die deutschen Männer haben angeblich gute Chancen auf Edelmetall. Aber was soll das heißen - Männer. Die Figuren, die sich da die Rampe runterstürzen, sehen in Montur zwar mindestens 15 Jahre älter aus, als sie es eigentlich sind. Aber in diesen unförmigen Anzügen stecken bis auf wenige Ausnahmen Jünglinge, Schlierenzauers und Morgensterns, einer dünner als der andere. Eine Linse hält fest, wie die Kandidaten auf der Absprungbank auf grünes Licht warten, sich abstoßen und die Schanze hinabrasen: Zusammengekauert, begleitet von einer Kamera, die erbarmungslos den ernsten Gesichtsausdruck, die hundertprozentige Konzentration und schließlich den alles entscheidenden Moment des Absprungs festhält. Die Kameras verfolgen die Springer auch im Flug, es gibt hochscharfe Nahaufnahmen. Und so sehr ich versuche, die Begeisterung der ZDF-Kommentatoren um Skispringer a. D. Jens Weißflog zu teilen: Weder die bewundernswerte Körperhaltung noch die Muskelspannung, die diese fliegenden, langgestreckten Körper ja bestimmt aufweisen, ziehen mich in den Bann. Ich nehme alleine die flatternden Arme wahr, die versuchen, die Flugbahn zu korrigieren, die von Anspannung und Wind verzerrten Gesichter. Der Pole Lukasz Rutkowski reißt im Flug den Mund so weit auf, dass ich unweigerlich denke: Pass auf deine Bronchien auf, Junge! Im Auslauf zeigen die Kameras dem Laien, ob der Sprung gut war. Dann recken die Gelandeten mindestens einen Arm in die Luft - ein seltenes Zeichen von Ausgelassenheit in dieser Sportart, zumindest, was die deutschen Männer betrifft. Michael Neumayer, Andreas Wank, Martin Schmitt und Michael Uhrmann scheinen bei diesen Spielen nicht gerade die Garanten für eine hemmungslose Olympiaparty zu sein. Der Wettbewerb läuft insgesamt so, wie es die ZDF-Experten prophezeit haben: Dass die Ösis Gold wuppen müssen, war klar, aber oho, die Deutschen sind nach dem ersten Durchgang tatsächlich auf Silberkurs! Obwohl Martin Schmitt geschwächelt hat, oder wie Moderator Stefan Bier sagt: "Na, das war einmal ein guter Sprung, würde ich sagen, aber eigentlich - nicht so gut weggekommen vom Schanzentisch, dann auch noch leicht aufgerichtet, hm ..." Also eigentlich überhaupt nicht gut, 128 Meter, das sagt doch alles, da brauche ich keine fünf verschiedenen Kameraperspektiven. In der Halbzeit springt das ZDF ins Studio zu Michael Steinbrecher. Der hat es sich gerade gemütlich gemacht, auf seiner Couch sitzen die Bobfahrer André Lange, Kevin Kuske, Thomas Florschütz und Richard Adjei, die am Vortag Gold respektive Silber im Zweier-Bob gewonnen haben. Was für ein Schwenk! Was für Schränke! Im Skispringen hätten die alle keine Chance, aber weil sie ja schon erheblich zum guten Platz im Medaillenspiegel beigetragen haben und sogar noch im Vierer-Bob gewinnen können, sitzen sie nun hier und kriegen alle - ein Bibermännchen. Die Mission ist erfüllt Ganz nebenbei, als er die zotteligen Maskottchen verteilt, murmelt Steinbrecher, "der hat übrigens jetzt einen Namen, Vancy". Aha - bisher hat das ZDF ja noch nicht viel zur Taufe verkündet, und am Vortag war die ARD dran, die haben mit Bibern nix am Hut. Irgendwie scheint Vancy - kurz für Vancouver, ergibt die Internet-Recherche, wo auch alles zum Biber-Streit und zur Namensgenese nachzulesen ist - dem Steinbrecher peinlich zu sein. Thomas Florschütz jedenfalls will den Olympia-Biber seinem Nachwuchs in die Wiege legen. Zurück zum Skispringen: Martin Schmitt macht es tatsächlich noch mal spannend - weil er seinen zweiten Sprung versemmelt. Da heult auch Kommentator Stefan Bier den Zuschauern aus der Seele ins Mikro: "Oh Mann, was macht der denn?" Zum Vergleich: Der 20 Jahre alte und sehr dünne Österreicher Gregor Schlierenzauer riskiert zum Schluss noch mal was, fast stürzt er, doch er steht den Satz von 146,5 Metern - neuer Olympia-Rekord! Und das, obwohl die Österreicher den Titel doch schon sicher haben! Aber Michael Uhrmann, von manchen Fans zärtlich Uri genannt, hat zuvor Schmitts Schlappe mit einem 140-Meter-Sprung noch mal ausgebügelt, die Deutschen räumen Silber vor Norwegen ab. "Die Mission ist erfüllt", findet Weißflog. Na denn! Im Video: Einmal Gold und zweimal Silber - Evi Sachenbacher-Stehle und Claudia Nystad bescherten den deutschen Langläuferinnen in Whistler mit Gold im Teamsprint das erste Edelmetall der Vancouver-Spiele. Weitere Videos finden Sie hier
Fernsehabend eines Olympia-Laien: Die Skispringer machen keine gute Figur, die Bobfahrer schon und das ZDF verkündet, dass der Biber Vancy heißt.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/tv-ereignis-olympia-10-pass-auf-deine-bronchien-auf-junge-1.6799
"TV-Ereignis Olympia (10) - ""Pass auf deine Bronchien auf, Junge"""
00/02/2010
Ohne den Kanadiern jetzt zu nahe treten zu wollen, aber es ist davon auszugehen, dass der Großteil der Bevölkerung ähnlich über Skeleton nachdenkt wie die meisten Deutschen: nämlich gar nicht. Als jedoch Jon Montgomery vor dem Eishockeyspiel der Kanadier gegen die USA via Videowürfel interviewt wurde, da tobten die 19.000 Zuschauer im Canada Hockey Place, als stünde da Wayne Gretzky, den sie in Kanada ja verehren wie einen Heiligen. Jon Montgomery blickte in das riesige Stadion, er wirkte ergriffen, irgendwie auch fassungslos. Als Skeleton-Fahrer ist man eine derartige Begeisterung nicht gewöhnt, aber Jon Montgomery ist jetzt ein Held in Kanada: Er hat Gold gewonnen, und für die Kanadier ist jeder ihrer Goldmedaillengewinner ein Held, das ist hier nicht anders als in jedem anderen Land. Das heißt, ein bisschen anders ist es schon: Es gibt nicht so viele Goldgewinner bei diesen Spielen, die aus Kanada kommen. Genau genommen nur fünf bislang, und das ist deutlich weniger, als sich die Kanadier erhofften, weshalb sie sich nun an jedes Gold klammern, das sie haben. "Own the Podium", so hieß das Förderprogramm für den nationalen Sport, das sich Kanada rund 82 Millionen Euro kosten ließ; der Plan war, 35 Medaillen zu holen. Sechs Tage vor Ende der Spiele sind es zehn Medaillen, der Plan ist nicht ganz aufgegangen. Aber was sind schon Zahlen im Medaillenspiegel im Vergleich zu einem Gefühl? Der Kanadier ist eigentlich kein übermäßig patriotischer Mensch, im Gegensatz zum benachbarten Amerikaner zum Beispiel. Aber im Sport konzentriert sich jeder auf sein Land, das war in Deutschland 2006 so, und so ist das auch in Kanada 2010. Nach einer neuen Umfrage, die vom renommierten Meinungsforschungsunternehmen Harris/Decima im Auftrag der Canadian Press durchgeführt wurde, finden 77 Prozent der Kanadier, Olympia vereine das Land. 61 Prozent aus Québec finden das auch, das ist die interessantere Zahl - in Québec war nach der Eröffnungsfeier kritisiert worden, Französisch, die zweite Landessprache, sei da zu kurz gekommen. Der Kanadier ist überhaupt ein kritischer Mensch, die englischsprachigen Kanadier hatten - zu Recht - die eigenartige Version der Hymne bemängelt, die von der American Idol-Sängerin Nikki Yanofsky sehr teeniehaft vorgetragen wurde. Einige Zeitungen stellten amüsiert fest, Yanofsky habe so sehr geschmachtet, als würde sie nicht nur Kanada lieben, sondern mit Kanada Liebe machen. Dass Sport die Menschen vereint, ist nicht neu. Die Frage, die sich dann allerdings immer stellt, ist die, wie weit die nationale Begeisterung gehen kann, wie weit sie gehen darf, und wann die Grenze des Nationalstolzes erreicht ist. Die Kanadier sind in dieser Hinsicht, so sieht es bisher aus, unverdächtig. Die Vancouver Sun, eine sehr kluge Zeitung, hat neulich ein Experiment durchgeführt: Ein Reporter hat sich aufgemacht, den Nationalstolz seiner Landsleute auf die Probe zu stellen. Die Aufgabe war simpel, er wollte ein paar Menschen auf der Straße dazu bringen, die Hymne "Oh Canada" zu singen (ohne dabei allerdings Nikki Yanofsky zum Vorbild zu nehmen). Doch kaum einer folgte seiner Bitte, und als er schon beinahe frustriert aufgab, fand er doch noch im Zug eine Gruppe älterer und betrunkener und, wie er fand, sehr sympathischer Kanadier, die in ihrer nächtlichen Freude tatsächlich die Hymne anstimmten - woraufhin viele im Zug mitsangen und manche beschämt wegschauten. Der Reporter, der übrigens Pete McMartin heißt, schrieb, er sei berührt davon gewesen, das ganze Experiment habe ihn zu einer wunderbaren Feststellung gebracht. Die Kanadier liebten ihr Land, ja, sehr sogar, aber: "Ich glaube, dass wir glauben, Patriotismus hat seine Grenzen." Die Kanadier lassen sich von Olympia und sich selbst begeistern, aber dazu brauchen sie keine Hymne. Der Kanadier ist begeisterungsfähig - und leidensfähig Und wenn die Eishockeyspieler nicht noch alles falsch machen, dann ist davon auszugehen, dass die kanadische Euphorie über diese Spiele anhält. Auf den Straßen tanzen und singen sie, als gäbe es kein Morgen, sie feiern einfach gemeinsam das, was ihre Athleten erreichen, und wenn es weit davon entfernt ist, das Podium zu besitzen. Sie zahlen sogar Eintritt für die Medals Plaza. Der Kanadier ist begeisterungsfähig, das haben diese Spiele bislang eindrucksvoll gezeigt. Und er ist leidensfähig: Er jubelt, auch wenn es regnet, so wie das anfangs permanent der Fall war. Und seit ein paar Tagen scheint nun auch noch die Sonne, sie taucht Vancouver und Whistler in ein wunderbares Gelb, so wunderbar, wie Gelb nur sein kann.
Die kanadischen Sportler erfüllen die Erwartungen ihrer Fans nicht. Dennoch lassen sich die Kanadier von Olympia begeistern - aber dazu brauchen sie keine Hymne.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-in-vancouver-kanadisches-wintermaerchen-1.2433
Olympia in Vancouver - Kanadisches Wintermärchen
00/02/2010
Louis van Gaal (FC Bayern München) "Louis van Gaal ist ja nicht nur Cheftrainer, sondern auch Philosoph. Manchmal teilt er das der Öffentlichkeit mit, und das ist wunderbar", sagt Manager Christian Nerlinger über den Fußballlehrer des FC Bayern. Welche Fußballphilosophie der Niederländer während der 90 Minuten Spielzeit verfolgt, ist in Deutschland mittlerweile hinlänglich bekannt. Welcher philosophischen Denkschule van Gaal aber nach Schlusspfiff anhängt, ist noch nicht endgültig geklärt. Seit Samstag immerhin kann endgültig ausgeschlossen werden, dass er in die Reihe der Stoiker einzuordnen ist. Ein 1:1 gegen Nürnberg hätten Seneca oder Mark Aurel mit mehr Gelassenheit ertragen als der Trainer, der nach der Partie in das Fernsehmikrofon schimpfte: "Sie können nicht sagen, dass Bayern München schlecht gespielt hat. Das kann nicht wahr sein, das ist unglaublich." Des Trainers Tirade klang eher wie: "Störe meine Kreise nicht." Van Gaal als Archimedes der Bundesliga? Das könnte ihm gefallen, doch das Prinzip, mit dem er Betonabwehrreihen wie in Nürnberg aus den Angeln hebt, sucht der Coach noch vergeblich. Foto: ddp Texte von Fabian Heckenberger und Michael König
Spätrömische Dekadenz im Abstiegskampf, ein Niederländer als Archimedes der Bundesliga und ein Professor, der das Rechnen nicht lassen kann. Die Philosophen-Elf des Spieltags
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-elf-des-spieltags-im-auftrag-des-aristoteles-1.56935
Bundesliga: Elf des Spieltags - Im Auftrag des Aristoteles
00/02/2010
Von großartiger Stimmung, der Neigung zur Schlamperei und einer Medaille als Blow-Job. Eine Halbzeitbilanz aus Warmcouver. Der Schatten der Spiele Die 21. Olympischen Winterspiele hatten noch gar nicht begonnen, da hatten sie schon ihr erstes Hauptthema, leider kein erfreuliches. Der georgische Rodler Nodar Kumaritaschwili verunglückte im Training am Tag der Eröffnungsfeier nach einem Sturz in Kurve 16 tödlich. Die Feier stand entsprechend unter dem Eindruck des tragischen Ereignisses, die georgische Mannschaft lief mit Trauerflor ein. Ein kleines Missverständnis gab es da allerdings: Das von den Organisatoren der Zeremonie schon lange geplante und stimmungsvoll vorgetragene Lied "Hallelujah" war angesichts der Situation besonders bewegend - und die Georgier bedankten sich hinterher beim Organisationskomitee, weil sie glaubten, die Einlage sei extra für Kumaritaschwili noch kurzfristig ins Programm genommen worden. War es aber nicht. Oben in Whistler haben die Leute Blumen an den Olympischen Ringen niedergelegt und allerhand Devotionalien, ein Foto von Kumaritaschwili, Kerzen, eine nachgemachte Gold-Medaille, und ein Kondolenzbuch, in das sich immer noch fortwährend Leute eintragen. Mittlerweile aber wurden die Blumen und die anderen Sachen weggeräumt, sie haben nebenan eigens eine überdachte Holztafel für Kumaritaschwili aufgebaut, wo die Blumen nun liegen. An den Ringen drohten sie, kaputt zu gehen - weil sich ja ständig Touristen mit den Ringen fotografieren lassen und dazu auch auf die Ringe hinaufsteigen. Dass die Blumen woanders hingelegt wurden, ist keineswegs gefühllos, im Gegenteil - doch es ist auch ein Zeichen, dass die Spiele trotzdem weitergehen. Foto: ddp Texte: Michael Neudecker (sueddeutsche.de/hum/mikö)
Von großartiger Stimmung, der Neigung zur Schlamperei und einer Medaille als Blowjob. Eine Halbzeitbilanz
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/halbzeit-bei-olympia-wie-ein-sommermaerchen-nur-besser-1.52253
Halbzeit bei Olympia - Wie ein Sommermärchen - nur besser
00/02/2010
Wintersportler sind im Normalfall nicht reich - zumindest in Europa. Es sei denn, sie haben reiche Eltern, oder sie vereinen für die PR-Strategen der Firmen alle Zutaten für einen Werbeerfolg: Goldmedaille und gutes Aussehen. Vor allem in den USA können Wintersportler einiges mehr verdienen. Nach einer Liste des Wirtschaftsmagazins Forbes muss sich der bestverdienende US-Wintersportler Rang eins in der olympischen Geldrangliste allerdings mit einer Asiatin teilen. Die Geld-Top-Ten der Spiele in Vancouver - wobei die Eishockey-Profis aus der National Hockey League ausgenommen sind. Kim Yu-Na (Südkorea, Eiskunstlaufen): Die 19-jährige Eiskunstläuferin Kim Yu-Na ist in Südkorea bereits ein großer Star und Werbeträger wichtiger Unternehmen. Sie soll laut Forbes etwa sechs Millionen Euro im vergangenen Jahr verdient haben. Als erste Südkoreanerin gewann sie 2009 die Weltmeisterschaft im Einzel und taucht seitdem in immer mehr Werbefilmchen auf. In Vancouver ist sie große Favoritin und Hoffnungsträgerin für ihr Land. Foto: AP
Gold ist nicht gleich Geld: Damit sich sportlicher Erfolg vermarkten lässt, müssen mehrere Faktoren zusammenkommen - wie bei den Snowboarderinnen aus den USA. Die Olympia-Geldrangliste.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/millionenspiele-olympia-blond-suess-walnusseis-1.63329
Millionenspiele Olympia - Blond, süß, Walnusseis
00/02/2010
1899 Hoffenheim - Borussia Mönchengladbach (Freitag, 20.30 Uhr) Es wird eng in Mönchengladbach, zumindest im Sturm. Die Mannschaft, die in der Hinrunde oftmals ansehnlich kombinierte, aber keinen Spieler hatte, der den Ball versenkte, freut sich mittlerweile über ein Luxusproblem im Sturm: Raul Bobadilla (im Bild) und Robert Colautti gehörte zuletzt das Vertrauen des Trainers Michael Fontzeck, doch Karim Matmour und Rob Friend drängen nach. Das Ergebnis dieses offensiven Überangebots: Von den vergangenen zehn Spielen hat Mönchengladbach fünf gewonnen. Nur einen Sieg verbuchte dagegen Hoffenheim in zehn Partien - und die größte Baustelle der Mannschaft ist derzeit der Sturm. Vedad Ibisevic traf zwar nach mehr als 700 Minuten ohne Tor beim 1:2 in Bochum wieder, die gefährliche Offensivreihe der Vorsaison ist allerdings nur noch ein Schatten ihrer selbst. "Wenn du so oft auf die Mütze bekommst, dann fällt das Lachen und Scherzen schwerer", sagt Ibisevic. Vielleicht ist Gladbach aber der richtige Gegner zum richtigen Zeitpunkt: In einem Punktspiel hat Hoffenheim noch nie gegen die Borussia verloren - weder in der ersten, noch in der zweiten Liga. Foto: Getty Texte: Fabian Heckenberger, Jonas Beckenkamp, Rebecca Schäfer
Nürnberg pflastert Bayerns Weg zur Spitze, Leverkusen verliert seinen wichtigsten Mann, in Freiburg ist Luftdruck ungleich Tabellenplatzdruck. Die Bundesliga-Vorschau
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-vorschau-23-spieltag-wortlose-dampfwalzen-1.75074
Bundesliga-Vorschau: 23. Spieltag - Wortlose Dampfwalzen
00/02/2010
Magdalena Neuner, Evi Sachenbacher, Maria Riesch: Der deutsche Sportfan bekommt bei diesen Spielen zahlreiche Figuren, an denen er seine Emotionen festmachen kann. Ludwig Ganghofer hätte keine bessere Dramaturgie entwerfen können für das, was da gerade im kanadischen Whistler passiert. Der Heimatroman-Autor hätte wohl auch diese attraktive, sympathische und bodenständige Athletin gewählt, um die Geschichte dieser Olympischen Winterspiele zu erzählen. Magdalena Neuner, das steht spätestens seit ihrem Erfolg im Verfolgungsrennen fest, ist das deutsche Gesicht dieser Spiele in Vancouver. Nun gewann sie sie noch ein Mal Gold - und durch ihren generösen Verzicht auf die Staffel wird sie noch sympathischer. Sie ist eine von knapp 1400 Einwohnern im idyllischen Wallgau, ihre Hobbys sind Stricken, Musizieren und Motorradfahren, sie wirbt nach eigener Aussage nur für Produkte, die zu ihrer Persönlichkeit passen - ein Angebot des Playboy lehnte sie im Jahr 2007 ab. Ein Film über sie würde wohl den Namen "Das Lenerl vom Isarwinkel" tragen. Foto: dpa
Magdalena Neuner, Evi Sachenbacher, Maria Riesch: Der deutsche Sportfan bekommt bei diesen Spielen zahlreiche Figuren, an denen er seine Emotionen festmachen kann.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-deutsches-team-gesichter-der-spiele-1.70650
Olympia: deutsches Team - Gesichter der Spiele
00/02/2010
Zwölf Spiele hintereinander hat der FCBayern zuletzt in den drei Wettbewerben gewonnen, die Aussichten der Münchner werden als grandios beschreiben, vor allem von ihnen selbst. "Ich glaube, wir haben eine tolle Zeit vor uns", sagte Torwart Jörg Butt am Faschingsdienstag, vor dem Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen den AC Florenz, den Tabellenelften aus Italien. Setzen die Bayern ihre Erfolgsserie fort, wie es nun jeder von ihnen erwartet? Haben sie bereits die Qualität, um frühzeitige Ernüchterungen wie in den vergangenen Spielzeiten zu verhindern, als die Münchner so weit vom Finale entfernt waren wie der Tegernsee von Swasiland? In Chelsea, Mailand, Sankt Petersburg oder Barcelona erlebten sie zuletzt Jahr für Jahr ihren internationalen Aschermittwoch. Eine Bestandsaufnahme einer Mannschaft, die im Juli mit ihrem neuen Trainer Louis van Gaal "einen Prozess" begann - der in den kommenden Wochen vor den ersten Höhepunkten stehen soll. Foto: dpa
Mit dem Champions-League-Achtelfinale gegen Florenz startet der FC Bayern in seine Bewährungswochen. Reicht die Qualität für Europa? Die Mannschaftsteile im Check.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/champions-league-fc-bayern-zulaessig-euphorisch-1.72284
Champions League: FC Bayern - Zulässig euphorisch
00/02/2010
Neuner, Neureuther, Rodler und Eislaufpaar: Der DOSB will in Vancouver wieder Wintersport-Nation Nummer eins werden. Hier sind einige der großen Hoffnungen.i> Maria Riesch, 25, Ski alpin Die Partenkirchnerin Maria Riesch ist eine der besten Skirennfahrerinnen der Welt, weshalb sie ein gewisses Selbstbewusstsein hat. Nach ihrem Abfahrtssieg in St. Moritz, dem letzten Rennen vor Olympia, sagte sie: "Ich kann in jeder Disziplin eine Medaille holen", aber das war nicht einmal übertrieben. Maria Riesch ist eine der größten Medaillenhoffnungen im deutschen Olympia-Team, obwohl die Spiele von Vancouver ihre ersten sind: Vor vier Jahren, in Turin, fehlte sie verletzt. In dieser Saison aber ist Riesch erneut die Hauptkonkurrentin der Amerikanerin Lindsey Vonn, im Gesamtweltcup ist sie die einzige, die mit Vonn mithalten kann. Noch vor St. Moritz war Vonn gerade in der Abfahrt als unschlagbar erschienen, sie hatte jedes Abfahrtsrennen gewonnen - doch dann siegte Riesch. Und weil sie auch im Riesenslalom, ihrer bisher schwächsten Disziplin, diese Saison schon aufs Podium gefahren ist, hat sie Vonn - deren bestes Riesenslalom-Ergebnis ein neunter Platz war - sogar eines voraus: Maria Riesch ist bei jeder der fünf Disziplinen eine der Favoritinnen. Foto: dpa
Neuner, Neureuther und ein schillerndes Eislaufpaar: Der DOSB will in Vancouver wieder Wintersport-Nation Nummer eins werden. sueddeutsche.de stellt die größten Hoffnungen vor.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympische-spiele-deutsche-gesichter-1.65751
Olympische Spiele - Deutsche Gesichter
00/02/2010
Borussia Mönchengladbach - 1. FC Nürnberg (Freitag, 20.30 Uhr) Manchmal fällt es selbst einem optimistischen Trainer schwer, immer positiv nach vorn zu blicken. Was soll er auch sagen, wenn seine Mannschaft in den vergangenen acht Bundesliga-Spielen nur einen Sieg schaffte, Vorletzter in der Tabelle ist und der Stammtorhüter verletzt ist? Wahrscheinlich das: "Wir fahren da nicht nur hin, um ein gutes Spiel zu machen, sondern um Punkte mitzunehmen." Gesagt hat diesen Satz der Nürnberger Trainer Dieter Hecking - und mit "da" meint er Gladbach. Borussen-Trainer Michael Frontzeck kennt die Probleme der Nürnberger nur zu gut: "Nürnberg steht da, wo wir vor einem Jahr standen, nämlich mehr oder weniger mit dem Rücken zur Wand. Das macht die Sache für uns aber nicht einfacher." Frontzeck muss auf den gesperrten Tobias Levels und den verletzten Thorben Marx verzichten, dafür rücken Tony Jantschke und Marcel Meeuwis in die Startelf. Und eine Warnung sprach der Trainer an seine Mannschaft aus, nach den Erfolgen der vergangenen Wochen nur ja nicht überheblich zu werden. Dieses Arroganz-Virus, es grassiert anscheinend nicht nur in München. Foto: ddp
Louis van Gaal verrät nicht, was ihn derzeit stört, der gegnerische Coach weckt bei Leverkusen ungute Erinnerungen und Frankfurt trainiert wie Barcelona. Die Bundesliga-Vorschau.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-vorschau-22-spieltag-viren-im-kleiderschrank-1.72678
Bundesliga-Vorschau, 22. Spieltag - Viren im Kleiderschrank
00/02/2010
Vancouvers "leichte Mädchen" fürchten, dass sie die Nachfrage der Olympia-Touristen nicht befriedigen können. "Uns wurde gesagt, dass wir tausendmal mehr zu tun haben werden, als wir es uns vorstellen können. Ich habe ein wenig Angst, dass meine Leute ein Burn-out bekommen", sagte Brandy Sarionder, die in der Stadt der Winterspiele einen Strip-Club und einen Massage-Salon betreibt, der kanadischen Tageszeitung Vancouer Sun. Der Andrang bei Olympia werde den bei der Weltaustellung um ein Vielfaches übertreffen, mutmaßte Sarionder: "Das wird wie Expo auf Steroiden." Um alle Wünsche der Kunden erfüllen zu können, will die Geschäftsfrau die Öffnungszeiten ihrer Läden ausweiten und Personal zusätzlich einstellen. Eineinhalb Wochen vor Olympia-Beginn brummte auch die größte Eskort-Agentur Kanadas (Carman Fox and Friends). Pro Woche gehen 100 Anfragen potentieller neuer Mitarbeiterinnen ein. "Dominatrix" Miss Jasmine freut sich derweil auf Kunden aus Deutschland. "Briten und Deutsche sind in der Regel recht pervers drauf", sagte sie. Die Behörden wollen dem Treiben gelassen zusehen. "Prostitution auf der Straße gab es vor den Spielen, wird es während der Spiele geben und danach", sagte Polizistin Lindsey Houghton. Jedoch sind Aufklärungskampagnen geplant. Freiwillige Helfer sollen mit 20.000 Päckchen, die Kondome und Infobroschüren enthalten, für "Safe Games 2010" werben. Zusammengestellt von dpa/sid Foto: AFP
Prostituierte befürchten "tausendmal mehr zu tun" zu haben, Kondome für Athleten, Ski-Exoten aus Afrika, Schirme sind erlaubt - "aber nur kleine".
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https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-skurril-burn-out-in-vancouver-1.60564
Olympia skurril - Burn-out in Vancouver
00/02/2010
Der Posten des deutschen Fußballnationalmannschaftstrainers war meist umkämpft: Nerz verliert unter Hitler, Beckenbauer putscht über die Bild und Löw streitet mit dem DFB. Ein Streifzug durch die deutsche Fußballhistorie: von Otto Nerz bis Joachim Löw. Es sind freudige Zeiten für den amtierenden Bundestrainer Joachim Löw. Im deutschen Fußball wimmelt es wieder von jungen, talentierten Fußballern - und die Nationalelf agiert seit Jahren auf ansprechendem Niveau. Das ist auch ein Verdienst von Löw. Eigentlich hatte er seinen Vertrag nach der WM 2010 nur bis zur EM 2012 verlängert, danach sollte Schluss sein mit seiner Amtszeit. Doch jetzt wurde bekannt, dass er die Nationalmannschaft sogar zur WM 2014 in Brasilien führen möchte. Der 51-Jährige einigte sich mit dem DFB überraschend schnell auf eine vorzeitige Vertragsverlängerung. "Wir sehen gute Perspektiven für die Nationalmannschaft mit unseren jungen Spielern, der DFB ist mit unserem Konzept einverstanden, von daher ist davon auszugehen, dass wir den Weg auch über die EM 2012 hinaus weitergehen. Denn die EM ist auch ein Zwischenschritt zur WM 2014 in Brasilien", sagte Löw der Sport Bild. Damit ist wohl auch ein zwischenzeitlich diskutierter Wechsel des Bundestrainers zum FC Bayern vom Tisch. Einge seiner acht Vorgänger feierten ebenfalls große Erfolge - so mancher konnte sich jedoch nur schwer behaupten. Texte: Fabian Heckenberger
Der Posten des Bundestrainers war meist umkämpft: Nerz verliert unter Hitler, Beckenbauer putscht - jetzt soll Joachim Löw bis 2014 endlich wieder einen Titel gewinnen.
sport
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DFB: Von Nerz bis Löw - Machtspiele und Schattentrainer
00/02/2010
Werder Bremen - Hertha BSC Berlin (Freitag, 20.30 Uhr) Am Wochenende steht in Bremen die sogenannte Grün-Weiße Nacht an, das "Ballereignis des Jahres". So euphorisch kann der Verein im Moment zu Recht nur den rauschenden Tanzball im Rahmen des 111-jährigen Vereinsjubiläums ankündigen. Auf grünem Geläuf gab es von den Hanseaten zuletzt eher wenig zu bestaunen, das auch nur entfernt an ein "Ballereignis" erinnert. Vogelwildes Umherlaufen ohne jeglichen Körperkontakt zum Gegner (wie zuletzt von Manager Allofs attestiert) wird in Norddeutschland weder auf dem Rasen noch auf dem Parkett geschätzt. Den Vereinsnegativrekord von fünf Niederlagen in Folge hat Werder inzwischen eingestellt. Nun soll gegen den Tabellenletzten aus Berlin am Freitagabend die Trendwende eingeleitet werden, weg vom Tanz- hin zum Fußballfest. Die hüftsteifen und partyentwöhnten Herthaner werden da wohl kaum mitspielen wollen. Dabei harmoniert die Hertha doch ganz wunderbar mit den Hanseaten: Sechs der letzten sieben Duelle gegen Bremen gingen verloren. Personelle Änderungen gibt es in beiden Formationen: Den laut Thomas Schaaf zu hart kritisierten Abwehrspieler Aymen Abdennour wird Petri Pasanen ersetzen, Peter Niemeyer rückt wohl für Tim Borowski in die Startelf. Auf Berliner Seite soll Fabian Lustenberger nach überstandener Oberschenkelverhärtung ins Team zurückkehren, der Einsatz von Jaroslav Drobny (muskuläre Probleme im Oberschenkel) ist dagegen gefährdet. Foto: ddp
Warum das wahre "Robbery" derzeit in Stuttgart spielt, Adidas-Mitarbeiter das Lager durchforsten und ob Ruud van Nistelroy spielen darf.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-vorschau-traumduo-und-gefaerbte-unterhosen-1.58295
Bundesliga-Vorschau - Traumduo und gefärbte Unterhosen
00/02/2010
Mit deutscher Hilfe hat der US-Konzern Microsoft ein kriminelles Computernetzwerk abgeschaltet. Experten zweifeln jedoch an der Effektivität der Maßnahme. Ist es ein Durchbruch im Kampf gegen Schadprogramme oder nur ein vergeblicher wie PR-trächtiger Versuch, die Flut an Spam-Nachrichten einzudämmen? Mit einer ungewöhnlichen Strategie hat Microsoft nach eigenen Angaben ein Botnet abgeschaltet, das Schätzungen zufolge etwa 1,5 Milliarden unerwünschter Spam-Mails pro Tag versendet. Hunderttausende Computer waren meist ohne das Wissen ihrer Besitzer Teile des Waledac-Botnets. Über E-Mail-Anhänge und präparierte Webseiten hatten sich Internetnutzer Schadsoftware eingefangen, die es Hackern erlaubte, die Kapazitäten der Computer zu nutzen, um beispielsweise Spam-Nachrichten zu versenden. Auch Kunden von Microsofts E-Mail-Dienst Hotmail sind von solchen Angriffen häufig betroffen; allein zwischen 3. und 21. Dezember 2009 schickte Waledac nach Unternehmensangaben etwa 651 Millionen unerwünschter E-Mails. Um gegen Waledac vorzugehen, wählte Microsoft nicht nur technische Methoden, sondern auch den juristischen Weg. Verbindung der Zombies gekappt So präsentierte das Unternehmen einem Bundesgericht im US-Staat Virginia die Ergebnisse monatelanger Ermittlungen: Demnach nutzten die Waledac-Hintermänner 277 Domains mit der Endung .com, um das Zombie-Netz zu verwalten. Am vergangenen Montag erwirkte Microsoft in einer nicht-öffentlichen Sitzung eine einstweilige Verfügung, durch die der US-Domainverwalter VeriSign verpflichtet wurde, die Adressen zu löschen. Die Folge: Die infizierten Rechner konnten ohne die Adressen keine Verbindung zu der Kommandozentrale des Botnets herstellen. Im gleichen Zug löschten IT-Experten der Sicherheitvereinigung Shadowserver diese Kommandozentralen, von denen einige nach Angaben von Beteiligten in Deutschland standen. Mit Hilfe von Mitarbeitern der Universitäten Mannheim und Wien wurde auch die Kommunikation zwischen den infizierten Rechnern gestört. Microsoft, das im Unternehmensblog den Erfolg stolz vermeldet, sieht die Aktion als Anfang einer neuen Anti-Spam-Kampagne: "Wir möchten proaktiver gegen Botnets vorgehen, um zu helfen, das Internet zu schützen", wird Richard Boscovich, Leiter der Abteilung für Internetkriminalität, von der BBC zitiert. "Wir haben einen großen, großen Sieg errungen." Nur ein Prozent des Spam-Verkehrs Einige Experten bezweifeln jedoch, dass Microsoft damit erfolgreich sein wird. "Das Botnetz wird in vielen Fällen überleben", sagte Jose Nazario von der IT-Sicherheitsfirma Arbor Netzworks dem Wall Street Journal. Die nun vom Netz genommenen Adressen beträfen wahrscheinlich einen kleinen Prozentsatz der Rechner, die vom Waledac-Netzwerk kontrolliert werden. Richard Cox vom Antispam-Dienst Spamhaus sagte computerworld.com, er habe bislang keine Verringerung des Spam-Verkehrs festgestellt. Waledac sei allerdings auch nur für weniger als ein Prozent aller Spam-Nachrichten verantwortlich. Microsoft, das wegen Sicherheitslücken in seinen Betriebssystemen und dem Internet Explorer immer wieder von IT-Experten kritisiert wird, hofft nun gemeinsam mit den Beteiligten, dass Waledac Geschichte ist. "Wir hoffen, dass die Operation komplett erfolgreich war und die Kommunikation effizient gestört wurde", sagt Thorsten Holz von der TU Wien. Um das Projekt zu beenden, sollen in einem nächsten Schritt die mit der Waledac-Schadsoftware infizierten Rechner gereinigt werden.
Mit deutscher Hilfe hat der US-Konzern Microsoft ein kriminelles Computernetzwerk abgeschaltet. Experten zweifeln jedoch an der Effektivität der Maßnahme.
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https://www.sueddeutsche.de/digital/kampf-gegen-schadprogramme-microsoft-legt-zombie-netz-lahm-1.23684
Kampf gegen Schadprogramme - Microsoft legt Zombie-Netz lahm
00/02/2010
Ebay zwingt viele Verkäufer, den Bezahldienst Paypal zu nutzen - nun nimmt das Bundeskartellamt diese Praxis unter die Lupe. Das Bundeskartellamt hat eine Untersuchung gegen den Internethändler Ebay eingeleitet. Ebay verpflichtet immer mehr Verkäufer, den konzerneigenen Bezahldienst Paypal anzubieten. Das Kartellamt prüfe, ob das Internet-Unternehmen dadurch einen Wettbewerbsverstoß begehe, sagte das Bundeskartellamt der WirtschaftsWoche. Seit Donnerstag verpflichtet Ebay alle Verkäufer mit weniger als 50 Bewertungspunkten, Paypal anzubieten. Dies betrifft vor allem private Anbieter und Gelegenheitsnutzer. Bei der Nutzung von Paypal entstehen den Online-Verkäufern zusätzliche Gebühren von bis zu 3,9 Prozent vom Verkaufspreis. "Die Beschwerden über Ebay haben sich gehäuft", sagte ein Sprecher des Bundeskartellamtes der WirtschaftsWoche. Daher werde nun geprüft, ob Ebay seine Marktposition missbrauche. Es sei aber noch nicht eindeutig klar, ob Ebay eine Markt beherrschende Stellung besitze, da es große Wettbewerber wie Amazon gebe, so das Bundeskartellamt. 2008 hatte das Bundeskartellamt bereits die damals erweiterte Paypal-Pflicht für gewerbliche Händler geprüft, jedoch keine weiteren Schritte eingeleitet.
Ebay zwingt viele Verkäufer, den Bezahldienst Paypal zu nutzen - nun nimmt das Bundeskartellamt diese Praxis unter die Lupe.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/online-auktionshaus-kartellamt-prueft-ebays-paypal-zwang-1.2287
Online-Auktionshaus - Kartellamt prüft Ebays Paypal-Zwang
00/02/2010
Neue Google-Dienste wie Street View und Buzz senden ein alarmierendes Signal: Der Suchkonzern nimmt die Nutzer und ihren Wunsch nach Privatsphäre nicht ernst. "Don't be evil" - sei nicht böse. Das Motto der Internetsuchmaschine Google klingt so harmlos. Und doch alarmiert das Vorgehen des US-Konzerns, alle Informationen dieser Welt ins Netz zu stellen, zunehmend Politiker und Verbraucherschützer, vor allem in Europa. Ob Google Streetview, wo jeder einen Blick in Nachbars Garten werfen kann, die Buchsuche von Google oder die zunehmende Marktmacht: Die Sorgen sind berechtigt. Kein Unternehmen sollte allein über alle Informationen verfügen. Microsoft-Chef Steve Ballmer hat einmal eine schöne Analogie gezogen: Als "Baby" in den 80er Jahren war der Softwarekonzern bei allen beliebt, in den 90ern gefürchtet wegen des rüpelhaften Teenager-Verhaltens und nun reift das Unternehmen, das oft in der Kritik wegen seiner Marktmacht stand, zum Erwachsenen. Ein solcher Weg steht Google noch bevor: Anfangs von allen gemocht, macht sich der Konzern in der zweiten Dekade seines Bestehens zunehmend unbeliebt. Der Konzern darf aber nicht auf Kosten der Verbraucher reifen. Philosophie des Machbaren Mit dem Google-Dienst Buzz hat das Unternehmen gezeigt, dass technisch Machbares im Vordergrund steht, nicht die Privatsphäre der Kunden. Bei Street View ist es nicht anders. Sicher haben viele kein Problem damit, wenn ihr Haus über das Internet von außen betrachtet werden kann - viele stört das aber doch. Google misst solchen Bedenken zu wenig Aufmerksamkeit bei. Wer gegen Streetview ist, gilt in den Augen des Konzerns als Ewiggestriger. Viele Informationen sind aber zu bedeutsam, um sie einem einzigen Unternehmen zu überlassen. Die Rivalen schwächeln leider. Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass die Politik sich des Falls annimmt.
Neue Google-Dienste wie Street View und Buzz senden ein alarmierendes Signal: Der Suchkonzern nimmt die Nutzer und ihren Wunsch nach Privatsphäre nicht ernst.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/privatsphaere-ruecksichtsloses-google-1.24257
Privatsphäre - Rücksichtsloses Google
00/02/2010
Alltagstechnik mit Tücken: Hacker könnten die Signale von GPS-Satelliten fälschen - und damit nicht nur Autofahrer in die Irre führen, sondern auch Kriminellen Tür und Tor öffnen. Ein teuflischer Plan: Um an eine Exklusivstory von einem Gefecht zwischen amerikanischen und chinesischen Truppen zu gelangen, lässt ein skrupelloser Medienmogul über seine eigenen Satelliten und andere sündteure Ausrüstung die Signale von Navigationssatelliten manipulieren. Natürlich durchkreuzt Superagent James Bond in "Der Morgen stirbt nie" aus dem Jahr 1997 die Absichten des Bösewichts. Das Problem aber ist heute aktueller denn je: Schon für gut 100 Euro gibt es im Internet mittlerweile Geräte zu kaufen, die im Umkreis von mehreren Kilometern das von GPS-Satelliten ausgestrahlte Signal stören können, warnt ein britischer Experte. Besonders gefährlich wird es David Last zufolge, wenn das Satellitensignal nicht einfach gestört, sondern gezielt verfälscht wird. Bei einer Fachkonferenz, die vor kurzem am Nationalen Physikalischen Labor in Teddington stattfand, sagte der frühere Präsident des Royal Institute of Navigation, er schätze die Situation bei der Satellitennavigation so ein wie bei Computern, bevor die ersten Massenviren verbreitet wurden. Hätte man damals vor den Gefahren gewarnt, zitiert ihn der Sender BBC, "hätte man auch gesagt: Wen juckt das schon?" Navigationssatelliten sind im Prinzip fliegende Uhren, die aus einer Höhe von 20200 Kilometer mit einem sehr schwachen Signal ihre Position und die exakte Zeit zur Erde senden. Navigationsgeräte empfangen diese Daten und errechnen dann aus der Zeit, welche die Signale vom Satelliten bis zum Empfänger brauchen, und der Position der Satelliten ihre eigene Position. In zwei Jahren in kriminellen Händen? Die Technik ist längst Teil des Alltags geworden. Privatleute setzen GPS-Empfänger ein, um sich von A nach B lotsen zu lassen. In LKW-Flotten tragen die Geräte dazu bei, die Logistik zu optimieren. Die Geräte in Fahrzeugen zum Beispiel von Speditionen ermitteln nicht nur ihre Position, sondern melden sie per Funk auch an die Zentrale. Hier könnte - befürchten Experten - schon relativ bald eine ähnliche Entwicklung in Gang kommen wie im Internet. Zuerst waren es junge Technikfreaks, die Viren in die Welt setzten, um sich damit zu brüsten. Doch dann kamen Kriminelle, die die Techniken nutzten, um Kreditkarteninformationen oder Passwörter zu stehlen. Sie sind heute in Banden organisiert und beherrschen die Szene. Um aber zum Beispiel einer Geldtransportfirma vorzugaukeln, dass ihr per Satellit überwachtes Fahrzeug auf dem richtigen Weg ist, braucht es heute noch Geräte, die einige tausend Euro kosten und dazu eine Menge an Fachwissen. Mit geeigneter Ausrüstung ließen sich dann an Navigationsgeräte manipulierte Daten senden, sodass diese ihre Position falsch berechnen und ebenso falsch an die Zentrale übermitteln. Für die Spedition sähe es aus, als seien die Fahrzeuge auf der geplanten Route. In Wirklichkeit könnten Verbrecher samt den Millionen in einem Geldtransport längst über alle Berge sein. Noch würden ein solches Szenario nur echte Technikfreaks hinbekommen, sagt Experte Last. Er rechnet jedoch damit, dass das Wissen und die Technik dazu in ein bis zwei Jahren in den Händen von Kriminellen sein könnte.
Alltagstechnik mit Tücken: Hacker könnten die Signale von GPS-Satelliten fälschen - und damit nicht nur Autofahrer in die Irre führen, sondern auch Kriminellen Tür und Tor öffnen.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/gefaelschte-gps-signale-sie-haben-ihr-ziel-verfehlt-1.10709
Gefälschte GPS-Signale - Sie haben Ihr Ziel verfehlt
00/02/2010
Manipuliert Google seine Suchergebnisse, um Konkurrenten zu schaden? Die EU-Kommission prüft die Vorwürfe, die drei Firmen erhoben haben. Die Europäische Kommission prüft die Beschwerden von drei Unternehmen gegen den Betreiber der weltgrößten Internet-Suchmaschine Google wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht. Die Internet-Firmen aus Frankreich und Großbritannien werfen Google vor, sie im Ranking zu benachteiligen, weil sie eine Konkurrenz zu dem Marktführer darstellen. Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um eine französische Suchmaschine für Rechtshilfe, eine britische Preisvergleich-Suchmaschine und das zum Microsoft -Konzern gehörende Portal "Ciao from Bing", wie Google in seinem Blog mitteilte. Unfaire Behandlung? Google erklärte, es sei zuversichtlich, den Wettbewerbshütern nachweisen zu können, dass seine Geschäftspraktiken in Einklang mit dem europäischen Wettbewerbsrecht stünden. Obwohl alle Beschwerden leicht unterschiedlich seien, gehe es im Kern darum, ob Google seine Wettbewerber unfair behandele oder seinen Kunden Schaden zufüge, schrieb die Rechtsberaterin von Google, Julia Holtz, im Blog des Unternehmens. "Das ist nicht der Fall", versicherte sie. Google beherrscht mit einem Anteil von etwa 66 Prozent den Markt für Suchmaschinen weltweit.
Manipuliert Google seine Suchergebnisse, um Konkurrenten zu schaden? Die EU-Kommission prüft die Vorwürfe, die drei Firmen erhoben haben.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/microsoft-beschwerde-eu-ermittelt-gegen-google-1.14776
Microsoft-Beschwerde - EU ermittelt gegen Google
00/02/2010
Hat Google ein YouTube-Misshandlungsvideo nicht schnell genug gelöscht? Ein italienisches Gericht hat nun drei ranghohe Mitarbeiter des Konzerns verurteilt. Weil sie die Veröffentlichung eines Schlägervideos auf YouTube nicht verhindert haben, hat ein Gericht in Italien drei Google-Mitarbeiter zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft machte geltend, die Aufnahmen hätten auf einer Liste der meistgesehenen Filme gestanden und daher bemerkt werden müssen. Richter Oscar Magi sprach die drei deswegen der Verletzung der Privatsphäre des autistischen Opfers schuldig. Vom Vorwurf der Beleidigung wurden sie freigesprochen, ein vierter Google-Vertreter wurde komplett freigesprochen. Das in Kalifornien ansässige Unternehmen betrachtete das Verfahren nach eigenen Angaben als Angriff auf die Freiheiten des Internets, weil es den Seitenbetreibern eine unmögliche Aufgabe aufbürden würde: Sie müssten jeden Tag den gesamten hochgeladenen Inhalt auf Seiten wie YouTube überprüfen. Diskussion über Umgang mit dem Netz Die Staatsanwaltschaft argumentierte dagegen, die Meinungsfreiheit müsse gegen die Rechte Einzelner abgewogen werden. Auf dem Video aus dem Jahr 2006 war zu sehen, wie Jugendliche in Turin einen autistischen Schüler misshandeln. Beobachtet wurde der Prozess in Mailand vor allem von Befürwortern des Internets als einer offenen und sich selbst regulierenden Plattform. Bislang können Nutzer bei YouTube Videos hochladen, ohne dass deren Inhalt kontrolliert wird. Anstößiges Material wird erst von Usern selbst gemeldet. In der italienischen Politik gibt es bereits länger eine Diskussion über den Umgang mit dem Internet. Im vergangenen Jahr hatte ein christdemokratischer Senator ein Gesetz ins Gespräch gebracht, wonach italienische Internetanbieter innerhalb von 24 Stunden allen Nutzern im Land den Zugang zu Seiten wie Facebook sperren müssten, sollten dort kriminelle Aktivitäten verharmlost werden. Damals hatte eine Facebook-Gruppe dem Mafiapaten Bernardo Provenzano gehuldigt. Vor einigen Tagen hatte sich die Kotroverse verschärft, als eine Facebook-Gruppe, in der Kinder mit Down-Syndrom verunglimpft wurden, etwa 1700 Mitglieder fand. Die Polizei ermittelt gegen den Gründer der Gruppe. Wie schnell hat Google reagiert? Das Verfahren gegen die vier Google-Mitarbeiter fand in deren Abwesenheit und hinter verschlossenen Türen statt. Die Staatsanwaltschaft hatte für zwei von ihnen ein Jahr Gefängnis gefordert, für die beiden anderen sechs Monate Haft. Angestrengt wurde der Prozess von der Organisation Vivi Down, die sich für Menschen mit dem Down-Syndrom einsetzt. Vivi Down hatte die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, nachdem das Schlägervideo veröffentlicht wurde - kurz bevor Google YouTube übernommen hatte. Google Italien nahm die Aufnahmen schließlich aus dem Netz; strittig ist allerdings, wie schnell das Unternehmen auf Beschwerden reagiert hat, da das Video zwei Monate in der Kategorie "lustigste Videos" gelistet war und 5500 Aufrufe erzielte. Dank der Aufnahmen und der Kooperation Googles konnten die vier Jugendlichen, die den Schüler misshandelt hatten, schließlich identifiziert und verurteilt werden. Der Konzern hatte bereits im Vorfeld erklärt, eine Verurteilung seiner Mitarbeiter nicht zu akzeptieren und notfalls vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen. Zu den Verurteilten gehören Google-Chefjurist David Drummond und der frühere Finanzchef George Reyes.
Hat Google ein YouTube-Misshandlungsvideo nicht schnell genug gelöscht? Ein italienisches Gericht hat nun drei ranghohe Mitarbeiter des Konzerns verurteilt.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/italien-google-mitarbeiter-wegen-gewaltvideo-verurteilt-1.11664
Italien - Google-Mitarbeiter wegen Gewaltvideo verurteilt
00/02/2010
Saloppe Sprüche statt ernsthafter Diskussion: Im Petitionsausschuss zeigt sich, dass Abgeordnete die größte Petition in der Geschichte des Bundestages nicht ernst nehmen. Es war die größte Petition in der Geschichte des Bundestages, aber irgendwie wurde man das Gefühl nicht los, dass der Abgeordnete Thomas Feist (CDU) das Anliegen von 134.015 Deutschen nicht ganz ernst nahm. "Vielleicht sollten wir chatten", schlug der Leipziger Abgeordnete der Hauptpetentin Franziska Heine am Montag im Petitionsausschuss des Bundestages vor, als diese bei der Beantwortung einer Frage ins Stocken geriet. Seine Bemerkung gilt Beobachtern der Debatte als Beweis dafür, wie weit viele Politiker noch immer davon entfernt sind, sich auf Heines Argumente einzulassen. Geschweige denn, die digitale Welt, in der ihre Generation lebt, zu betreten. Die 31-Jährige setzt sich vehement gegen das Gesetz zur Sperrung von Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten ein. Und kämpft so für demokratische Werte. Das Gesetz ist vom Bundespräsidenten bereits unterschrieben, aber noch nicht in Kraft getreten. Die Bundesregierung hat angekündigt, dass das Gesetz nicht wie vorgesehen angewendet werden soll. Es sollen keine Netzsperren im Internet installiert werden. Damit folgt die Regierung bereits Heines Position, die für ein freies Netz ohne Hürden kämpft - aber auch ohne Kinderpornografie. Die wollen Heine und ihre Mitstreiter nämlich löschen lassen, statt sie hinter digitalen Sperren zu verbergen. Die Debatte um das Gesetz ist ein Lehrstück. Es handelt von Basisdemokratie im Internet und einem Generationenkonflikt zwischen alten Politikern und jungen Netzbewohnern. Furcht vor Aktionismus In der CDU/CSU-Fraktion rumort es bei der Anhörung: Ob Heine eigentlich versucht habe, während jener Zeit, in der das Gesetz geschrieben wurde, mit Politikern in Kontakt zu treten, fragt der Abgeordnete Siegfried Kauder. Er muss die vergangenen Monate schlafend verbracht haben: Keine basisdemokratische Bewegung hat dermaßen laut für ihre Sache gekämpft wie jene Gruppe, der Heine vorsteht. Alles ist im Internet belegt, Briefe an Abgeordnete sind veröffentlicht, Argumente gegen das Gesetz für jedermann gut einsehbar dokumentiert. Denn unter den Internetnutzern sind viele politisierte, kluge Denker, die sich für ihre Werte einsetzen. Sie mobilisieren im Netz über Blogs, Webseiten und Twitter Stimmen. Doch gerade diesen Aktionismus fürchten offenbar mache alteingesessenen Politiker. Denn er bedient sich einer digitalen Technik, die nicht jeder Abgeordnete versteht, deren Auswirkungen er aber an der Wahlurne und im Postfach zu spüren bekommt. Diese Diskrepanz verhärtet die Fronten. Die Jungen fühlen sich nicht ernst genommen. Sie erkennen, dass es vielen Abgeordneten auch am schieren Sachverstand fehlt, Fragen der digitalen Gesellschaft zu beantworten. So hat die Posse um das Netzsperrengesetz das Potential, die allgemeine Poltikverdrossenheit zu vergrößern. Denn im Netz schauen Tausende zu, wie ihre Forderungen im Bundestag von Abgeordneten nicht nur kaum verstanden, sondern auch noch mit saloppen Sprüchen bedacht werden. Lesen Sie hierzu Berichte in der Süddeutschen Zeitung.
Saloppe Sprüche statt ernsthafter Diskussion: Im Petitionsausschuss zeigt sich, dass Abgeordnete die größte Petition in der Geschichte des Bundestages nicht ernst nehmen.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/petition-gegen-netzsperren-134-000-deutsche-ignoriert-1.11999
Petition gegen Netzsperren - 134.000 Deutsche ignoriert
00/02/2010
Noch in diesem Jahr startet Google seine 360-Grad-Straßenansicht Street View in Deutschland. Zugeständnisse und ein Gutachten sollen Kritiker besänftigen, doch Fragen bleiben. Auf dieser Seite des Atlantiks ist alles anders. Während Google vor Produktpräsentationen in den USA meist mit wohlwollender Vorfreude rechnen kann, schlägt dem Internetkonzern in Europa bei neuen Diensten reichlich Skepsis entgegen. Noch bevor Google im Laufe dieses Jahres seinen Dienst Street View für Deutschland startet, steht das Unternehmen heftig in der Kritik. Street View zeigt bereits heute 360-Grad-Bilder fast aller Straßenzüge der USA und einiger europäischer Länder, durch die der Nutzer per Mausbewegung fahren kann. Hierzulande sind seit 2008 Google-Fahrzeuge mit integrierter 360-Grad-Kamera unterwegs, um Straße für Straße zu scannen. Die Panoramabilder werden mit Geodaten - also den genauen Längen- und Breitengraden - versehen und zu einem riesigen Städtepuzzle zusammengefügt. Die Nutzer sollen nicht mehr langweilige Stadtpläne vor sich haben, sondern einen realistischen Spaziergang durch Straßen machen können - mit Menschen, Autos und Gebäuden. Der Gedanke, dass bald jedes deutsche Haus samt Garten im Internet zu finden ist, stößt jedoch auf Ablehnung: Die Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) forderte Google jüngst auf, die Zustimmung jedes Hauseigentümers einzuholen, Gemeinden wie Ratingen möchten vom Unternehmen für seine Fotoreise durch die Stadt Geld. Google wies auf einer Pressekonferenz am Dienstag die Kritik zurück. "Es ist schwer, einem Unternehmen zu untersagen, einen Dienst zu launchen, wenn dieser legal ist", sagte Arnd Haller, Leiter der Rechtsabteilung bei Google Deutschland. Das Unternehmen mache automatisch aufgenommene Gesichter und Autokennzeichen vor der Veröffentlichung unkenntlich. Gutachten bestätigt Google Ein im Auftrag des Unternehmens erstelltes Gutachten des Instituts für Rechtsinformatik Hannover bestätigt die Konzernsicht: Demnach handele es sich bei den Aufnahmen von Gebäuden um Sachdaten, nicht um personenbezogene Daten. Weil das Unternehmen den Bürgern auf seiner Seite die Möglichkeit gebe, bereits vor Veröffentlichung einer Außenausnahme ihres Hauses Widerspruch einzulegen, tue das Unternehmen den Datenschutzgesetzen genüge, heißt es. Street View sei deshalb "datenschutzrechtlich unbedenklich". Kritiker sehen dies allerdings anders: So ist die Aufnahmekamera in einer Höhe von 2,50 Meter angebracht und kann damit beispielsweise Gärten fotografieren, die für die Sicht von Menschen von der Straße durch Mauern oder Pflanzen abgeschottet sind. Ein Finne verklagte Google jüngst, weil in Street View zu sehen war, wie er ohne Hose in seinem Garten saß. Das unkenntlich gemachte Gesicht half ihm dabei wenig, klagte er. Auch die Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes könnte Street View unterlaufen: Ab 1. April wird das sogenannte Geoscoring, also die Ermittlung der Kreditwürdigkeit eines Bürgers anhand seines Wohnortes, eingeschränkt. Demnach dürfen Anschriftendaten hierfür nicht mehr ausschließlich genutzt werden - die Auswertung von Bildern wie den Aufnahmen von Google Street View ist aber nicht geregelt. Bei der Ermittlung meiner Kreditwürdigkeit dürfte deshalb künftig auch eine Rolle spielen, welchen Eindruck die Straße, in der ich wohne, in Street View macht. Auf seiner Seite veröffentlicht Google, wo das Street-View-Auto in den nächsten Monaten Aufnahmen machen wird. Dies, so betonen die Google-Vertreter, sei weltweit einmalig. Es könnte zu wenig sein, um die kritischen Deutschen vom Segen des Dienstes zu überzeugen.
Noch in diesem Jahr startet Google seine 360-Grad-Straßenansicht Street View in Deutschland. Zugeständnisse und ein Gutachten sollen Kritiker besänftigen, doch Fragen bleiben.
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https://www.sueddeutsche.de/digital/google-street-view-nur-deutschland-meckert-1.8652
Nur Deutschland meckert
00/02/2010
US-Ermittler verraten den Medien immer mehr Details zum Hackerangriff auf Google: Es gibt demnach erste Verdächtige. Das Unternehmen verhandelt derweil wieder mit Peking. Die Suche nach dem Urheber der Hacker-Attacken auf Google und andere US-Firmen im Januar wird immer mehr zur öffentlichen Angelegenheit. Nachdem verschiedene Medien berichtet hatten, die Jiaotong-Universität in Schanghai sowie eine Schule in Lanxiang seien Ursprungsort der Attacken, sind die US-Behörden laut Financial Times nun dem Programmierer der Schadsoftware auf den Fersen. Demnach habe ein chinesischer Spezialist für Internetsicherheit den Teil des Programms entwickelt, mit dessen Hilfe Hacker eine Sicherheitslücke im Internet Explorer von Microsoft ausnutzten. Der unabhängige Programmierer habe unter anderem für die chinesische Regierung gearbeitet, sei aber nicht selbst an den Hackerangriffen beteiligt gewesen, hieß es in dem Bericht, der sich auf Aussagen von US-Ermittlern bezieht. Für die Attacke selbst könnte dem Wall Street Journal zufolge eine bekannte chinesische Hackergruppe verantwortlich sein. Die Zeitung beruft sich in ihrem Bericht ebenfalls auf Ermittlerkreise. "Es sind dieselben Leute, die hinter ziemlich vielen anderen Attacken stecken", zitiert das Blatt eine "mit der Angelegenheit vertraute Person". Ob die Gruppe mit der chinesischen Regierung zusammengearbeitet hätte, sei aber unklar. China dementiert, mit den Angriffen etwas zu tun zu haben. Auch die genannten Universitäten bestreiten jede Beteiligung an den Attacken. Rückkehr zur Gesprächen Google und Vertreter Pekings setzen indes ihre Gespräche über Hackerangriffe und Zensurbestimmungen in den kommenden Tagen fort. Wie das Wall Street Journal berichtet, werden die Unterredungen nach einer Unterbrechung im Zusammenhang mit den chinesischen Neujahrsfeiern in Kürze weitergehen. Google hatte im Januar damit gedroht, China wegen fortgesetzter Hackerangriffe und Internetzensur nicht mehr zu bedienen. Bislang bietet Google in China weiterhin nur zensierte Suchergebnisse an. Unternehmensvertreter hatten jedoch angekündigt, dass die Frage nach einer möglichen Einigung mit China "in Wochen, nicht Monaten" beantwortet werde.
US-Ermittler verraten den Medien immer mehr Details zum Hackerangriff auf Google: Es gibt demnach erste Verdächtige. Das Unternehmen verhandelt derweil wieder mit Peking.
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https://www.sueddeutsche.de/digital/google-und-china-den-hackern-auf-der-spur-1.9628
Google und China - Den Hackern auf der Spur
00/02/2010
Können wir uns unser Leben ohne Handy vorstellen? Glaubt man den Zahlen, dürfte dies für viele Menschen schwierig sein: Bereits 2008 gab es 4,1 Milliarden registrierte Mobiltelefone auf der Welt. Würden diese gleichmäßig verteilt, wären damit 60 Prozent der Weltbevölkerung mobil erreichbar. Doch es gibt Unterschiede: Während sich in einigen Gegenden der Welt Familien ein einziges Handy gemeinsam teilen und es wie einen Festnetzanschluss verwenden, gilt es anderswo als Zeichen von Wohlstand, möglichst viele Telefone mit sich herumzutragen. Hinzu kommt, dass ein Handy rund um den Globus ganz unterschiedlich genutzt wird. Wie, damit setzen sich nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Medien wie der Economist, dem viele Informationen in dieser Bildergalerie entstammen, auseinander. sueddeutsche.de zeigt, wie unterschiedlich die Handy-Kulturen weltweit sind. Foto: AP
In indischen Dörfern herumgereicht, in Frankreich gerne ausspioniert: Milliarden Menschen benutzen Handys, doch jede Kultur verwendet sie anders. In Bildern
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/handy-kultur-weltweit-mini-bank-und-scheidungsgrund-1.55708
Handy-Kultur weltweit - Mini-Bank und Scheidungsgrund
00/02/2010
In Hessen wird es vom Schuljahr 2011/12 an eine neue Schulform geben: die Mittelstufenschule. Wie andere Bundesländer auch sucht Hessen damit eine Antwort auf die Krise der Hauptschule. Bisher habe man die Potentiale einiger junger Menschen "nicht ausreichend gehoben", sagte Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Die Reform sei "eine entscheidende Richtungsveränderung, die auch politisch nicht nur leicht fällt". Mehr Praxisorientierung In der neuen Schule können die Klassen fünf bis sieben gemeinsam unterrichtet werden. Erst in der siebten Klasse gibt es ein "Kompetenzfeststellungsverfahren". Anschließend werden die Schüler dann spätestens aufgeteilt: in einen praxisorientierten Zweig, der zum Hauptschulabschluss führt, und in einen "mittleren" Zweig für den Realschulabschluss. Gymnasien und der Übergang nach der vierten Klasse bleiben davon unberührt. Der praktische Zweig in der neuen Schulform soll die Jugendlichen stärker als bisher auf eine Ausbildung vorbereiten. Sie sollen bereits von Berufsschullehrern unterrichtet werden und einige Zeit auch in beruflichen Schulen verbringen. In den dortigen Werkstätten könnten sie Berufe kennenlernen, sagte Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP). Im mittleren Zweig dagegen sollen die Schüler eine zweite Fremdsprache lernen, die für einen möglichen Übertritt aufs Gymnasium nötig ist. 58 Standorte, bei denen bereits eine Haupt- und Realschule unter einem Dach arbeiten, können sich in einem ersten Schritt bewerben, um freiwillig zur Mittelstufenschule zu werden. Kein neuer Schulstreit Im Laufe dieses Jahrzehnts werde es in Hessen wohl "eine Schullandschaft auf zwei Säulen geben", sagte Koch. Damit nähert sich Hessen der Struktur anderer Länder an, vor allem dem System des deutschen Pisa-Siegers Sachsen. Dort gibt es keine Hauptschulen, die Schüler werden auf einer Mittelschule bis Klasse sieben gemeinsam unterrichtet. In Teilen der hessischen CDU war die Abkehr von der Hauptschule umstritten. Es gebe dazu aber keine Alternative, sagte Koch: "Die traditionelle Gliederung konnte den Erwartungen von Schülern, Eltern und Lehrern nicht mehr voll entsprechen." Er wolle jedoch auch keinen neuen Schulstreit oder "zu viel Veränderungsangst" provozieren, sagte Koch. Gewerkschaftern und der Opposition gehen die Pläne allerdings nicht weit genug. "Hier wird offensichtlich nur das Türschild ausgewechselt", kritisierte der SPD-Politiker Gerhard Merz. Die überkommene Dreigliedrigkeit bleibe erhalten.
Hessen verlängert die gemeinsame Schulzeit bis zur siebten Klasse. Hauptschüler sollen profitieren - den Unterschied machen die Lehrer.
karriere
https://www.sueddeutsche.de/karriere/schulreform-in-hessen-berufsvorteil-fuer-hessens-schueler-1.14735
Schulreform in Hessen - Berufsvorteil für Hessens Schüler
00/02/2010
Nur keine Hemmungen: Beim "Chef-Dating" bringt die Arbeitsagentur Bewerber und Firmen im Schnellverfahren zusammen. Wie das funktioniert -und was Kandidaten beachten sollten. Eigentlich konnte sich Nadine Kupfer einigermaßen vorstellen, was sie an jenem Montagnachmittag erwarten würde. Trotzdem: "Es war eine komische Situation." Eine Tischreihe mit roten Decken, auf der einen Seite Herren in Anzügen, auf der anderen Seite junge Erwachsene wie sie, die lächelnd ihre Nervosität unterdrückten. Ein Glöckchen, das jedes Zwiegespräch nach zehn Minuten beendete. Was die 26-Jährige in Potsdam ausprobiert hat, klingt nach Speed-Dating. Das war es auch. Nur hat Nadine nicht den Mann fürs Leben gesucht, sondern einen Chef. Und es hat gefunkt. "Was in der Liebe funktioniert, muss auch bei der Jobsuche gehen" "Als erste Arbeitsagentur in Deutschland hat Potsdam im vergangenen Sommer zu einem solchen Bewerbungsverfahren eingeladen. "Wir dachten, was bei der Liebe funktioniert, müsste doch bei der Jobsuche auch gehen", sagt Sprecherin Isabel Wolling.Der Plan ist aufgegangen. Die Vertreter von 15 Unternehmen und 55 Kandidaten führten 178 Gespräche, 119 Bewerbungsmappen wechselten den Besitzer, zwölf der Aspiranten bekamen danach einen Arbeitsvertrag. Die Germanistin Nadine Kupfer, die auch nach 20 Bewerbungen keinen passenden Job im Public-Relations-Bereich gefunden hatte, saß zwei Wochen nach dem Dating in ihrem neuen Büro. Inzwischen haben auch die Arbeitsagenturen in Dortmund und Stuttgart zusammen mit Berlin-Brandenburg Chef-Speed-Dating angeboten, ebenso die Studenteninitiative Bonding auf ihrer Firmenkontaktmesse vor ein paar Wochen in München. Ganz neu sei das schnelle Bewerben allerdings nicht, sagt Wolfgang Bilger, Leiter des Personalmarketings bei Vattenfall Europe Business Services Berlin. Auch auf Karrieremessen spreche man an den Ständen der Unternehmen oft nur kurz mit den Bewerbern. Eine effiziente Methode, sagt er. "Ich muss nicht eine Stunde reden, um zu klären, ob jemand Chancen hat." Schnell ausgebucht Im Gegensatz zu den Messen sind die Datings der Arbeitsagenturen straffer organisiert. In Stuttgart wurden im November fast ausschließlich Ingenieure eingeladen, die offene Stellen in Berlin-Brandenburg besetzen sollten. Sie konnten sich die Jobangebote ansehen und sich für die Dates anmelden. "Bei manchen Unternehmen waren die Plätze sehr schnell ausgebucht, zum Beispiel bei Vattenfall", sagt Birgit Kirner von der Regionaldirektion Stuttgart. Wie erfolgreich die Aktion nun tatsächlich war, können die beteiligten Agenturen noch nicht abschätzen. Nur so viel: Unternehmer sollen schon nachgefragt haben, wann die nächsten Speed-Datings stattfinden. Ungwöhnliche Bewerber können punkten In Potsdam hat die Agentur anders als in Stuttgart junge Akademiker verschiedener Studienrichtungen eingeladen. Für die Germanistin Kupfer kamen drei der 15 Firmen als Arbeitgeber in Frage. Von den Angeboten der ersten beiden war sie nicht begeistert. Macht aber nichts, meint sie. "Da konnte ich üben und war dann bei meinem Favoriten nicht mehr so nervös." So gut das Treffen für Nadine Kupfer auch lief - ein gründliches Bewerbungsgespräch konnte es nicht ersetzen. Ihr späterer Chef lud sie anschließend zu einem weiteren Vorstellungstermin in die Firma ein. An die ungewohnte Bewerbungssituation hat sich Kupfer schnell gewöhnt, sagt sie. "Man ist sich ja nicht unsympathisch. Und man konnte sich aussuchen, zu welchem Unternehmen man geht und selbst gucken, ob die Chemie stimmt."Ein Vorteil, den auch die Arbeitsagenturen sehen. "Firmen haben es nicht in der Hand, mit wem sie sprechen", sagt Birgit Kirner aus Stuttgart. "So können Bewerber punkten, die die Unternehmen sonst vielleicht nie eingeladen hätten." Coaching per E-Mail Weil der Zeitdruck und die ungewohnte Form des Speed-Datings manche Arbeitslose möglicherweise abschrecken könnte, verschickte die Potsdamer Arbeitsagentur vorher eine E-Mail mit Hinweisen. Kupfer hat vor dem Dating zu Hause geübt. "Bei zehn Minuten insgesamt bleiben schließlich nur fünf Minuten, um seinen Werdegang runterzurattern", sagt sie. Wolfgang Bilger von Vattenfall glaubt jedoch, dass die meist jungen Bewerber mit der Geschwindigkeit gut umgehen können, schließlich seien sie aus dem Alltag kurze Konzentrationsphasen gewohnt. So effektiv diese Bewerbungsform für Erwachsene sein kann, für Jugendliche würde die Potsdamer Agentursprecherin Wolling sie nicht empfehlen: "Man braucht eine gefestigte Persönlichkeit, um sich so schnell zu verkaufen."
Nur keine Hemmungen: Beim "Chef-Dating" bringt die Arbeitsagentur Bewerber und Firmen im Schnellverfahren zusammen. Wie das funktioniert -und was Kandidaten beachten sollten.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/speed-dating-mit-dem-chef-in-zehn-minuten-zum-traumjob-1.5579
Speed-Dating mit dem Chef - In zehn Minuten zum Traumjob
00/02/2010
Ein Franchisenehmer von McDonalds filmte heimlich einen Kontrolleur des Unternehmens - um Manipulation aufzudecken. Der Fall geht jetzt erneut vor Gericht. Der Streit der Schnellimbiss-Kette McDonald's mit einem ihrer Franchisenehmer geht in die entscheidende Runde. Gegenstand des Verfahrens am Montag vor dem Münchner Oberlandesgericht ist ein kurioses Ereignis, das sich im vergangenen Sommer in einem fränkischen McDonald's-Restaurant abspielte: Dort griff einer der 260 deutschen Franchisenehmer des US-Konzerns zur Videokamera. Nicht etwa, um heimlich seine Angestellten zu filmen, sondern um den Besuch eines Kontrolleurs der Firma zu dokumentieren, der Untersuchungsergebnisse manipuliert haben soll. Vor dem Ruin Ein schwerer Vorwurf, denn die vermeintlich schlechten Prüfergebnisse hatten zur Folge, dass McDonald's von seinem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machte und der betroffene Subunternehmer nun vor dem Ruin steht. Was auf dem Amateurfilm im Detail zu sehen ist, weiß vermutlich kaum jemand. Bekannt ist lediglich, dass die Kamera auf den Kontrolleur und seine Prüftätigkeit gerichtet war. So steht es zumindest im Urteil des Landgerichts München I aus erster Instanz. Aufgabe des Kontrolleurs ist es, sicherzustellen, dass etwa der Boden sauber gewischt ist, die Burger gut durchgebraten sind und auch sonst alles im Sinne des Konzerns läuft. Das Video sollte dem Franchisenehmer zu Dokumentationszwecken dienen. McDonald's klagte dagegen - unter anderem, weil es die Persönlichkeitsrechte seiner Kontrolleure und der Gäste verletzt sah - und verlor. In der Urteilsbegründung heißt es: Der Eingriff sei durch die "schutzwürdigen Belange" des Franchisenehmers gerechtfertigt. McDonald's fechtet dieses Urteil nun an. Nicht ohne Reibereien Vor dem Oberlandesgericht geht es auch um das grundlegende Verhältnis von Franchisegebern zu ihren selbständigen Geschäftspartnern. Viele Fast-Food-Ketten, darunter auch Subway, Burger King oder KFC, werden als Franchisesysteme betrieben. Allein bei McDonald's Deutschland steuern die Subunternehmer 80 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Ein Milliardengeschäft, bei dem es nicht ohne Reibereien abgeht, denn jede Seite will möglichst viel verdienen. Das weiß auch Bernd-Rüdiger Faßbender, Präsident des DeutschenFranchiseNehmer Verbandes: "Probleme gibt es in allen Franchisesystemen. Bei Kontrollen kommt es immer wieder zu Missverständnissen und Kompetenzüberschreitungen. Weniger als zehn Prozent dieser Fälle sind jedoch von ernsthafter Natur." Es kann unfair zugehen Ein Ex-Kontrolleur von McDonald's, der anonym bleiben will, bestätigt, dass es bei Kontrollen unfair zugehen kann. Nach seinem Eindruck habe es manchmal offenbar Anweisungen von oben gegeben, schlechte Besuchsergebnisse zu liefern, sagte er der SZ. Besonders einfach sei dies etwa mit unangemeldeten Kontrollen am Montagmorgen, wenn das Geschäft noch nicht richtig angelaufen sei, oder am Samstagabend, wenn Hochbetrieb herrsche und leicht etwas schiefgehen könne. Ziel der Kontrollen sei es, ein Druckmittel gegen Franchisenehmer in die Hand zu bekommen. "Steht dieser erst einmal auf einer schwarzen Liste, kommt er dort nur schwer wieder runter", sagte er. Es gebe auch Fälle, in denen einzelne Kontrolleure aus eigenem Antrieb "über das Ziel hinausschießen". "Absurde Anschuldigungen" Ein Sprecher von McDonald's wies dies zurück: "Solche absurden Anschuldigungen kann nur eine Person erheben, die McDonald's schaden will. Es gibt weder eine schwarze Liste, noch werden Qualitätskontrollen dazu missbraucht, um Druck auf Franchisenehmer auszuüben." Faßbender vom Deutschen Franchise Nehmer Verband stellt klar, dass Kontrollen wichtig sind. "Sie dienen der Qualitätssicherung und dem einheitlichen Auftreten des Franchisesystems am Markt." Kritisch sieht er jedoch, dass die Prüfer in vielen Systemen zugleich als Berater für den Franchisenehmer fungieren. Eine Leistung, für die der Kontrollierte auch noch zahlen muss. Der Fall des Franchisenehmers aus Franken ist nur einer von mehreren, die vor deutschen Gerichten anhängig sind und in denen Subunternehmer gegen McDonald's klagen oder umgekehrt. In Frankfurt wurde kürzlich die Kündigung eines Subunternehmers wirksam. Der Konzern wirft ihm vor, Spendengelder der McDonald's-Stiftung unterschlagen zu haben. An der Strategie festhalten Einige der Selbständigen glauben, dass sie der Konzern aus dem Geschäft drängen will. Ein Vorwurf, den Deutschland-Chef Bane Knezevic zurückweist: "Wir mussten uns von einzelnen Franchisenehmern trennen, weil diese unseres Erachtens nach eklatant gegen ihre Verträge verstoßen haben und in einem Fall die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt." Die Zahl der Franchisenehmer solle aber konstant bleiben. "Außerdem wird die durchschnittliche Zahl der Restaurants pro Franchisenehmer steigen." An seiner Strategie wolle der Konzern festhalten. In diesem Jahr sollen 25 bis 30 neue Restaurants zu den bestehenden 1361 in Deutschland hinzukommen.
Ein Franchisenehmer von McDonalds filmte heimlich einen Kontrolleur des Unternehmens - um Manipulation aufzudecken. Der Fall geht jetzt erneut vor Gericht.
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McDonalds vor Gericht - Notwehr mit versteckter Kamera
00/02/2010
Um zu belegen, wie wichtig psychologische Kenntnisse im Wirtschaftsleben sind, verweist Bernd Glazinski gerne auf eine Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger. Danach scheitern Firmenübernahmen meist an sogenannten "weichen Faktoren", also Aspekten, die das Leben in einer Organisation zwar maßgeblich bestimmen, aber nicht einfach zu berechnen sind - wie Einstellungen, Werte und Gefühle. Warum diese Faktoren so oft unterschätzt werden, erklärt Glazinski, Professor an der Rheinischen Fachhochschule Köln, so: "Führungskräfte mit einer klassischen Ausbildung haben oft keine Kenntnisse in Psychologie, weil dieses Fach in den Lehrplänen selten auftaucht". Nur für qualifizierte Studenten Diesen Mangel will der Kölner Professor beseitigen. An dem von ihm gegründeten Cologne Research Center können sogenannte qualifizierte Studenten, also Studenten, die bereits ein abgeschlossenes Hochschulstudium vorweisen können, berufsbegleitend Wirtschaftspsychologie studieren. Nach vier Semestern winkt ein Master-Abschluss. Wer bei Glazinski und anderen Professoren, die sich das Cologne Research Center vor allem von den Universitäten Münster, Dortmund und Köln "ausleiht", studiert, ist meist Ende zwanzig bis Anfang vierzig Jahre alt und in der Personalabteilung eines Unternehmens beschäftigt. Auf dem Lehrplan stehen in erster Linie Themen aus den Fächern Arbeits- und Sozialpsychologie. Kostenlos ist der Studiengang nicht Dabei lernen die Studenten unter anderem, wie sich die Folgen einer Umstrukturierung für die Mitarbeiter abfedern lassen. Aber auch, wie Entlassungsgespräche einfühlsam und gleichzeitig effektiv geführt werden können. Kostenlos ist der Studiengang nicht: 10.500 Euro für vier Semester sind nötig. Mitunter übernimmt der Arbeitgeber die Studiengebühren; oft begleichen die Studenten den Betrag aber aus eigener Tasche. Für Glazinski, der auch an der Universität Bratislava lehrt, ist das Cologne Research Center "keine Geschäftsidee, mit der man reich wird." Vielmehr betrachtet er die Lehrtätigkeit als Ergänzung seines Kerngeschäfts - denn hauptberuflich kümmert sich Glazinski um die Beratung oder besser das Coaching von Führungskräften. Das ist ein umkämpfter Markt. Um Aufträge wetteifern große Beratungsunternehmen, Einzelkämpfer, ehemalige Führungskräfte, die ihre Erfahrungen zu Geld machen, und Expertenteams wie Glazinski mit seiner Firma Management System und Anwendungen (MSA), die ein Dutzend Mitarbeiter beschäftigt. Keine Schwäche mehr "Der Bedarf für Coaching wächst", sagt der lange schlaksige Mann. Denn die Aufgaben in den Unternehmen würden immer komplexer, und viele Manager, denen eine neue Aufgabe übertragen werde, seien den damit verbundenen Anforderungen am Anfang nicht in vollem Umfang gewachsen. Ihnen mangele es beispielsweise an Führungserfahrung oder ihr Auftreten sei verbesserungsfähig. Die Zeiten, in denen es jemandem als Schwäche ausgelegt wurde, wenn er sich coachen ließ, sind Glazinski zufolge vorbei. "Viele empfinden es als Auszeichnung, gecoacht zu werden, weil sie es ihrem Arbeitgeber offensichtlich wert sind, gefördert zu werden." Gleichwohl gebe es gelegentlich Anfragen für ein "Geheim-Coaching", was Glazinski jedoch ablehnt. "Wir schlüpfen drunter durch" Kunden hat der 42-Jährige in vielen Branchen, in der Automobilindustrie, der Telekommunikation, im Einzelhandel und bei Versicherungen. Darunter sind große Unternehmen, aber auch viele Mittelständler. Die Tatsache, dass die Kundschaft weit verzweigt ist, mache sein Team auch resistenter gegen Budgetkürzungen, meint der MSA-Chef. "Die Hälfte unseres Geschäfts entfällt auf so kleine Auftragsvolumen, dass wir bei vielen Sparmaßnahmen untendurch schlüpfen", sagt er.
Einfühlsame Entlassunggespräche und Motivationskünste: Der Hochschulprofessor und Coach Bernd Glazinski macht Psychologie für Führungskräfte zum Studienfach.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/psychologie-fuer-fuehrungskraefte-gefuehlstraining-fuer-chefs-1.22984
Psychologie für Führungskräfte - Gefühlstraining für Chefs
00/02/2010
Fast zwei Drittel der Arbeitnehmer könnten mehr leisten, wenn Sorgen und Stress sie nicht so sehr belasten würden. Das zeigt eine neue Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Beratungsunternehmens Fürstenberg-Institut. Auch die Meinungsforscher vom Gallup-Institut bescheinigen den deutschen Beschäftigten Jahr für Jahr mangelndes Engagement. Laut der jüngsten Studie sind nur 13 Prozent mit vollem Einsatz bei der Sache. Das Versagen der Führungskräfte Als Ursache wird angeführt, dass die Führungskräfte häufig versagen. Unter anderem, weil sie die Leistungen der Mitarbeiter nicht ausreichend anerkennen. "Fehlendes Lob ist ein sehr wichtiger Faktor für die Motivation, weil sie ihre emotionale Seite trifft", sagt der Motivationspsychologe Hugo Kehr von der Technischen Universität München. Dasselbe gilt für die Angst vor Jobverlust. Aber reichen diese Faktoren aus, um das Motivationsdesaster in deutschen Firmen zu erklären? Hugo Kehr hat das "Drei-Komponenten-Modell" entwickelt, um anschaulich zu machen, wie Motivation funktioniert. Sie hängt sowohl von emotionalen Aspekten ab, davon, wie gerne Menschen etwas tun, als auch davon, wie sehr sie von etwas überzeugt sind. Dazu kommen Fähigkeiten und Erfahrungen. Wenn Bauch, Kopf und Hand eine Schnittmenge bilden, sind Mitarbeiter mit Einsatz und Spaß bei der Sache. "Kopf" und "Hand" reichen nicht aus Häufig fehlt jedoch einer der drei Faktoren. Arbeitgeber setzen bei der Führung ihrer Mitarbeiter nur auf "Kopf" und "Hand". Defizite beim Faktor "Hand" lassen sich mit Schulungen ausgleichen. Was ein Mitarbeiter noch nicht weiß, wird ihm beigebracht. Auch wenn der Arbeitnehmer noch nicht überzeugt ist, gibt es Lösungen: Notfalls bekommt er mehr Anreize wie mehr Geld. Aber was ist, wenn der Bauch nicht mitspielt? "Dann heißt es: ,Das schaffen Sie schon' - wenn der Mitarbeiter überhaupt Bedenken äußert", sagt Kehr. Häufig sind ihm dann innere Blockaden nicht bewusst. "Viele Menschen kennen ihre Bauch-Motive nicht. Wir lernen nicht, darauf zu achten. Schon in der Schule heißt es: Mathe ist wichtig, und deshalb musst du es lernen." Die Folge: Viele stellen am Berufsanfang die Weichen falsch. Sie treffen Karriereentscheidungen, ohne in sich hineinzuhorchen: Passt das überhaupt zu mir? Menschen, die ihre Gefühle ignorieren, sind häufig in Motivationstiefs und erledigen Aufgaben ungern. Streben nach Macht Der Psychologe Oliver Schultheiss forscht an der Universität Erlangen unter anderem über unbewusste Motive. "Manche Menschen leben zwar in der Vorstellung, dass ihnen ein Ziel entspricht, in Wirklichkeit haben sie sich aber nur etwas zu eigen gemacht, was andere von ihnen erwarten", sagt er. Psychologen unterscheiden drei große Motive: das Streben nach Anschluss, nach Leistung und nach Macht. Wenn nun zum Beispiel ein Anschluss-Typ sich erfolgreich auf eine Führungsposition bewirbt, kann er in der Machtposition eines Chefs unzufriedener sein als zuvor - obwohl sein Ziel eigentlich erreicht ist. Lesen Sie auf der nächsten Seite, womit Unternehmen ihre Mitarbeiter motivieren.
Leichtfertig verspielen Unternehmen das Engagement ihrer Mitarbeiter. Dabei können sie einiges tun, um ihre Beschäftigten neu zu motivieren.
karriere
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Motivation von Mitarbeitern - Lob vom Chef - verzweifelt gesucht
00/02/2010
In der Hochschulpolitik gibt es eine gefährliche Unwucht. Begleitet vom Ruf nach "Exzellenz" sind mehrere Milliarden Euro in die Spitzenforschung geflossen. Die Lehre jedoch hat davon nur wenig profitiert. Zehntausende neue Studienplätze sind entstanden, aber bei diesem Ausbau ging es in erster Linie um Quantität, nicht um Qualität. Wenn sie wieder einmal in einem überfüllten und schlecht betreuten Seminar sitzen, können die Studenten bestenfalls darüber lachen, dass ihre Universität neuerdings eine Elite-Einrichtung sein will. Beklatscht, aber ignoriert Die Bundesregierung könnte nun das nötige Gegengewicht zur einseitigen Forschungsförderung schaffen. Ministerin Schavan stellt jährlich 200 Millionen Euro für eine "Qualitätsoffensive" in Aussicht. Mehr Professoren und Mentoren, eine stärkere Hochschuldidaktik: Der Wissenschaftsrat hat dazu schon vor zwei Jahren ein Konzept vorgelegt, das die Politiker zwar beklatscht, dann aber ignoriert haben. Die großen Proteste im vergangenen Herbst haben gezeigt, dass sich viele Studenten die schlechten Studienbedingungen nicht länger gefallen lassen. So ist Schavans Vorstoß auch ein Versuch, die Reform der Studiengänge mit den neuen Abschlüssen Bachelor und Master zu retten. Ob diese Rettung gelingt, hängt allerdings auch von den Bundesländern ab. Der Wissenschaftsrat rechnet in seinem Gutachten mit jährlich 1,1 Milliarden Euro, die für eine bessere Lehre nötig wären. Das Geld des Bundes kann da nur ein Anfang sein, es wirkt zugleich als Ansporn für die Finanzminister der Länder. Die Hochschulen warten nur darauf, dass Bund und Länder den alten Streit um Kompetenzen überwinden und ihnen mit gemeinsamer Kraft helfen.
Millionen werden in die Forschung gepumpt, während Studenten sich in überfüllte Hörsäle drängen. Mehr Geld soll es jetzt richten.
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Qualitätsoffensive für Unis - Darüber können Studenten nur lachen
00/02/2010
Wer hätte das gedacht? Mathe gehört zu den Lieblingsfächern der deutschen Schüler ab der fünften Klasse. Das hat eine repräsentative Forsa-Studie im Auftrag der Stiftung Rechnen in Hamburg ergeben, an der 1370 Schüler ab Klasse fünf teilgenommen haben. Sie wählten Mathematik bei der Frage nach den drei beliebtesten Unterrichtsfächern auf Platz zwei. Jeder Dritte (35 Prozent) sagt, dass ihm Mathe besonders viel Spaß macht. Nur Sport ist noch beliebter: Für jeden Zweiten (50 Prozent) ist es eines seiner Lieblingsfächer. Mädchen habe es nicht so mit Zahlen Mädchen sind von Mathe allerdings weit weniger angetan als Jungen. "Sie wählen es lediglich auf Rang sechs ihrer Lieblingsfächer, während es bei Jungen Rang zwei belegt", erläutert Michael Mandel von der Stiftung Rechnen. Von den befragten Schülerinnen sagt nur ein Viertel (25 Prozent), dass ihnen die Beschäftigung mit Formeln und Gleichungen besonders viel Spaß macht. Von den Jungen in weiterführenden Schulen finden das 44 Prozent. Auch viele Erwachsene denken offensichtlich gerne an ihren Mathematikunterricht in der Schule zurück: Das Fach belegt bei den Deutschen im Alter von 18 bis 65 Jahren Rang eins der populärsten Schulfächer. Danach folgen Sport, Geschichte und Erdkunde. Rechnen im Alltag Zwei Drittel (68 Prozent) der Erwachsenen in dieser Altersgruppe sagen außerdem, dass sie sich auch im Alltag gerne mit Rechenaufgaben beschäftigen. Allerdings können viele von ihnen auch verstehen, wenn es anderen nicht so geht: So glauben nur 11 Prozent, dass Mathematik ein Schulfach ist, das den meisten Spaß macht. Und lediglich 18 Prozent aus dieser Gruppe sind davon überzeugt, dass die meisten im Alltag Spaß am Rechnen haben. Für diese Angaben wurden zusätzlich zu den Schülern 1057 Personen zwischen 18 und 65 Jahren und 1029 Eltern mit schulpflichtigen Kindern befragt.
Wer hätte das gedacht? Mathe zählt zu den Lieblingsfächern deutscher Schüler - nur ein einziges Fach ist noch beliebter.
karriere
https://www.sueddeutsche.de/karriere/lieblingsfach-mathematik-was-sich-hasst-das-liebt-sich-1.17888
Lieblingsfach Mathematik - Was sich hasst, das liebt sich
00/02/2010
Klaus Wenzel, der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), hat schwere Vorwürfe gegen das Kultusministerium erhoben: Auf Druck der Behörde sollen Schüler des achtjährigen Gymnasiums besser benotet werden. "Mir wurde mitgeteilt, dass das Kultusministerium Schulleitern die versteckte Anweisung erteilt hat, man solle nachhelfen, dass G-8-Schüler nicht schlechter abschneiden als die Schüler auf dem G9", sagte Wenzel. Genauere Angaben wollte er nicht machen, um keine Kollegen zu belasten. Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) dementierte die Vorwürfe: "Ich kenne eine derartige Aussage meines Ministeriums nicht." Anlass für Wenzels Kritik war eine Erhebung, die Spaenle am Dienstag veröffentlichte: Danach schnitten die Elftklässler des G8 in den Halbjahreszeugnissen etwas besser ab als die Zwölftklässler des letzten G-9-Jahrgangs. Die Erhebung sollte die Befürchtung zerstreuen, der Leistungsdruck führe zu schlechteren Noten bei den G-8-Schülern. "Spaenle wollte die Öffentlichkeit beruhigen, doch jetzt wird der Sturm erst richtig losgehen", sagte Wenzel. Mündliche Noten aufgewertet Damit G-8-Schüler besser abschneiden, seien auch die mündlichen Noten aufgewertet worden, so Wenzel. Bei den G-8-Schülern wird die Gesamtnote zu gleichen Teilen aus mündlicher und schriftlicher Teilnote errechnet, bei den G-9-Schülern zählt die schriftliche Note weiterhin doppelt. Mündliche Noten fielen aber erfahrungsgemäß immer besser aus, deshalb seien die G-8-Schüler im Vorteil. Auch Josef Kraus, Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbands und Gymnasialdirektor in Vilsbiburg, kritisiert das Kultusministerium: "Das mutet schon ein bisschen planwirtschaftlich an", sagte er. "Und ich prognostiziere schon jetzt, dass die Abiturnoten der G-8-Schüler nächstes Jahr - beim ersten doppelten Abiturjahrgang - um drei Zehntel besser sein werden als bei den G-9-Schülern. Und die sagen jetzt auf einmal: Wir sind die Gelackmeierten." Minister Spaenle wies die Kritik an der Notenerhebung zurück: Die neue Gewichtung der mündlichen Noten sei notwendig, um die Chancengleichheit zwischen G8 und G9 zu wahren, da die Gesamtstruktur der Oberstufe stark verändert wurde. Und die mündlichen Leistungen würden im Vergleich zu früher objektiver bewertet, sagte er. Beispielsweise gebe es im neuen G8 viele kleine schriftliche Arbeiten, die in die Note einfließen würden.
Schwere Vorwürfe: Das bayerische Kultusministerium soll Lehrer angewiesen haben, Schüler des achtjährigen Gymnasiums besser zu benoten.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/bayerisches-abitur-kultusministerium-unter-verdacht-1.1727
Bayerisches Abitur - Kultusministerium unter Verdacht
00/02/2010
Viele Veröffentlichungen, wenig Substanz: Wer in der Wissenschaft erfolgreich sein will, muss künftig mehr vorweisen als eine lange Publikationsliste. Geld gibt es nur für Inhalt. "Beobachtungen einer Eule" heißt eine launige Kolumne aus anonymer Feder in Lab Times, einem englischsprachigen Service-Journal für wissenschaftliche und technische Mitarbeiter in den Lebenswissenschaften. Einmal berichtete darin diese Eule über eine Forschungskonferenz in Frankreich, auf der ihr ein Freund auf die Schulter tippte: "Kennst du den Typen da mit den mürrischen Augen? Wir nennen ihn Doktor Diarrhöe." Auf die Frage nach dem Grund spottete der Freund: "Er produziert einen Aufsatz pro Woche, aber die sind fast alle ohne jegliche Substanz. Du kannst jeden einzelnen davon in die Tonne kippen. Aber ich bin überrascht, dass du ihn nicht kennst: Er forscht genau in deinem Fachgebiet." Ergebnisse zählen Wenn sich ein Forscher etwa für eine Stelle bewirbt, schlussfolgert die Eule dann daraus, sollte er nach den drei oder vier hochwertigsten Publikationen gefragt werden und erklären, warum er diese zu den besten Beiträgen auf dem Gebiet zählt. Wenn dies Standard wäre, würden Forscher das Ziel haben, exzellente Ergebnisse zu produzieren statt so viel wie möglich - und Dr. Durchfall käme nicht in Frage. Trotz aller Weisheit der Eule: neu ist die Debatte nicht. Nur Einhalt vermochte dem Phänomen des Veröffenlichungswahns bislang niemand zu bieten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat nun eine Änderung im Procedere bei ihren Förderanträgen angekündigt und nennt diese einen "Paradigmenwechsel" - von der Quantität hin zu mehr Qualität. "Pflöcke gegen die Publikationsflut" wolle man einschlagen. Deutschlands zentrale Organisation für Forschungsförderung, bei der jährlich mehr als 20.000 Gesuche eingehen, beschränkt vom 1. Juli an die Publikationsangaben in Förderanträgen und Abschlussberichten. Der Professor zählt nicht Die Neuregelung beinhaltet, dass Wissenschaftler künftig statt beliebig vieler Veröffentlichungen nur noch wenige, besonders aussagekräftige als Referenz nennen dürfen. So soll die wachsende Bedeutung von Publikationsverzeichnissen, deren Opulenz sich viele Antragsteller auf die Fahnen schreiben, verringert werden. Zugleich sehen die Änderungen vor, dass die eigentliche Beschreibung des Forschungsprojekts mehr Gewicht erhält, unabhängig davon, ob der Antragssteller ein Professor mit Weltruhm ist oder ein eher kleines Licht in seinem Metier. Zur wichtigsten Grundlage für die Begutachtung soll also die Schilderung dessen werden, was der Antragsteller erreichen will, was er an eigener Vorarbeit geleistet oder im Falle einer Verlängerung etwa in einem existierenden DFG-Sonderforschungsbereich erreicht hat. Konsequenz aus Forschungsskandal "Es sind die Inhalte, auf die es uns bei der Bewertung und Förderung von Wissenschaft ankommt. Das wollen wir damit zeigen", sagte DFG-Präsident Matthias Kleiner am Dienstag bei der Präsentation der Kriterien in Berlin. Künftig dürfen bei den Anträgen dem Lebenslauf maximal fünf Veröffentlichungen beigefügt werden - jene fünf, die man selbst für die wichtigsten seiner Karriere hält. Bei den Publikationslisten mit direktem Bezug zum Projekt dürfen pro Förderjahr nur noch zwei Werke angeführt werden. Die Verbindung zu jüngsten Fällen von Fehlverhalten bei Anträgen zieht die DFG ungern; man habe so etwas schon seit Jahren geplant. Doch dass vor allem der im Mai 2009 publik gewordene Fälschungsskandal an der Universität Göttingen die Organisation aufgeschreckt hat, ist offenkundig: Wissenschaftler eines Sonderforschungsbereichs für Tropenwälder hatten bei ihren millionenschweren DFG-Anträgen Manuskripte angegeben, die teils noch ungedruckt bei Verlagen ruhten, oder gar Aufsätze für Fachmedien, von denen kein einziger Satz je zu Papier gebracht wurde. Insgesamt ging es um 54 Fälle. Daher sehen die neuen Regeln auch vor, dass Manuskripte, die nur zur Veröffentlichung eingereicht, aber noch nicht angenommen wurden, generell nicht mehr in DFG-Anträgen aufgeführt werden dürfen.
Viele Veröffentlichungen, wenig Substanz: Wer in der Wissenschaft erfolgreich sein will, muss künftig mehr vorweisen als eine lange Publikationsliste. Geld gibt es nur für Inhalt.
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Fördergelder in der Wissenschaft - Keine Chance für Dr. Durchfall
00/02/2010
Sicher haben es die Pädagogen der Harriton High School nur gut gemeint, als sie Laptops mit winzigen Kameras an ihre Schüler verteilten. Genauso wie es Eltern gut meinen, die ihren Nachwuchs in Strampelanzüge mit Textil-Elektroden und leitfähigen Garnen stecken, um jederzeit am Computerbildschirm über die Körperfunktionen ihres Neugeborenen informiert zu sein. GPS-Geräte an den Körpern etwas älterer Kinder schlagen Alarm, wenn der Nachwuchs unverhofft einen anderen Weg zur Schule nimmt. Kontrollierendes Plüschmännchen Am Nachmittag kann Mutti dann vom Büro aus überwachen, ob die Hausaufgaben tatsächlich schon gemacht worden sind. Sie bedient sich dafür der unauffällig in einem lustigen Plüschmännchen integrierten Kamera, welche live Bilder aus dem Kinderzimmer auf ihr Handy sendet. So ein Plüschmännchen wurde erst vor wenigen Tagen auf der Messe "E-world" in Essen als großartige IT-Neuerung vorgestellt. Natürlich funktioniert die Überwachung theoretisch auch mit einem internetfähigen Babyphon oder über die Webcam im Schul-Laptop. Ganz so, wie an der Harriton High. Dort, im US-Bundesstaat Pennsylvania, hat sich die stellvertretende Direktorin bestimmt nichts Böses dabei gedacht, als sie den Schüler Blake Robbins, 15, zu sich ins Zimmer bat. Die Lehrerin warf Blake "unangemessenes Verhalten" vor. Über eine von der Schule aus der Ferne aktivierte Laptop-Webcam habe sie nämlich erfahren, dass Blake mit Drogen handele, berichtete die Pädagogin. Bespitzelte Eltern Die Eltern des Schülers waren entsetzt. Weniger wegen des Drogenvorwurfs - bei den Tabletten in Blakes Zimmer soll es sich um harmlose Bonbons gehandelt haben. Vielmehr entsetzte seine Eltern die Bespitzelung durch das Lehrpersonal. Insgesamt 2300 Lern-Laptops hatte diese Schule - und noch eine andere - an Schüler verteilt. Da konnten die Lehrer noch so sehr darauf verweisen, sie hätten durch die Webcam-Fernsteuerung verschollene Laptops wieder aufspüren wollen. Auch seien in 14 Monaten lediglich 42 Mal Webcams heimlich aktiviert worden, betonten sie. Holly und Michael Robbins, die Eltern von Blake, beeindruckte das nicht. Sie verklagten die Schule. Auch das FBI und diverse Staatsanwälte ermitteln nun - schließlich hatte die Lehranstalt die Eltern über eine derartige technische Finesse zuvor nicht informiert. Knipser lauern überall US-Datenschützer sprechen von einem "unerhörten Fall von Verletzung der Privatsphäre." Der berühmte Satz des ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan, wonach der "David Microchip" auf Dauer den "Goliath Totalitarismus" besiegen werde, hatte in den Privatgemächern der Eltern von Harriton High eine unerwartete Wendung genommen. Ihr Leben war jetzt das Leben der anderen. Andererseits dürfte ein Vorfall wie der in Pennsylvania heutzutage niemanden wirklich überraschen. In fast jedem Handy steckt eine Kamera, für deren Bedienung man kein Stasispitzel sein muss. Besonders gelungene Bilder werden im Internet veröffentlicht oder an die Boulevardpresse verhökert. Auch Firmen stellen Fotos ihrer Mitarbeiter gerne mal ungefragt ins Intra- oder Internet, die Knipser vom Google-Street-View lauern sowieso an jeder Straßenecke. Klar: Von Ürümqui bis Teheran hat die Omnipräsenz digitaler Speichermedien auch ihr Gutes. Bedrohliches Eigenleben der Computer Dass aber Computer dabei manchmal ein Eigenleben entwickeln, das an den Rechner HAL in Stanley Kubricks "2001: Odyssee im Weltraum" erinnert, überrascht nicht. Selten ahnt man, ob sie dabei a) von Lehrern der Harriton High, b) von Michael Endes grauen Herren oder c) einem Zauberlehrling gesteuert werden. "Das ganze Leben ist ein Quiz", sang der Komödiant Hape Kerkeling vor 20Jahren, "und wir sind nur die Kandidaten". Heute wirbt der Computerspielehersteller Nitendo mit dem Spruch "Life's a game", das Leben ist ein Spiel. Komisch, dass das im Jahr 2010 so bedrohlich klingt.
In Pennsylvania haben Lehrer mit ferngesteuerten Webcams heimlich ihre Schüler ausspioniert. Und das ist nur der Anfang.
karriere
https://www.sueddeutsche.de/karriere/usa-kamera-in-schul-laptops-per-webcam-direkt-ins-kinderzimmer-1.20027
USA: Kamera in Schul-Laptops - Per Webcam direkt ins Kinderzimmer
00/02/2010
Mehr Qualität statt ständig steigende Quantität: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) will die Publikationsflut in der Wissenschaft eindämmen. Forscher dürfen künftig bei Förderanträgen im Lebenslauf nur noch maximal fünf Arbeiten angeben - ""eben jene fünf, die sie selbst für die wichtigsten ihrer gesamten wissenschaftlichen Arbeit halten", sagte DFG-Präsident Matthias Kleiner in Berlin. 20.000 Anträge auf Förderung Bei Publikationen mit direktem Bezug zum jeweiligen Forschungsprojekt dürfen künftig pro Förderjahr nur noch zwei Veröffentlichungen angeführt werden. Ein Wissenschaftler, der für drei Jahre Fördermittel beantragt, darf also bis zu sechs Veröffentlichungen nennen. Mit dem Motto "Qualität statt Quantität" wolle die DFG damit "Pflöcke gegen die Publikationsflut" einschlagen, sagte Kleiner. Die DFG ist in Deutschland der wichtigste Finanzierer der Hochschulforschung. Bei ihr gehen pro Jahr etwa 20.000 Anträge auf Förderung ein, von denen die Hälfte bewilligt wird. Mit der Begrenzung solle die immer größere Bedeutung von Publikationsverzeichnissen in der Wissenschaft verringert werden. Zugleich solle die eigentliche Beschreibung des Forschungsprojekts mehr Gewicht erhalten. "Damit wollen wir zeigen: Es sind die Inhalte, auf die es uns bei der Bewertung und Förderung von Wissenschaft ankommt", sagt Kleiner. Leider laute heute die erste Frage nicht mehr, was jemand erforscht, sondern wo und wie viel er publiziert habe. "Das übt einen außerordentlich starken Druck auf Wissenschaftler aus, möglichst viel zu publizieren."
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft will die wissenschaftliche Publikationsflut eindämmen. Geld fließt nur noch, wenn der Inhalt stimmt.
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Fördergelder in der Wissenschaft - Schluss mit dem Geschwalle
00/02/2010
Kollegen sind nicht immer die besten Freunde. Aber es kommt noch schlimmer: Jeder Fünfte hasst seine Bürogefährten. Männer äußern ihre Abneigung dabei anders als Frauen. Man verbringt den Großteil des Tages mit ihnen, geht mit ihnen mittagessen und Kaffee trinken, erzählt aus dem Privatleben - und kann sie doch nicht ausstehen. Das Verhältnis zu den Kollegen ist oft zwiespältig. Eine Umfrage in Großbritannien hat jetzt ergeben, dass sogar jeder fünfte Arbeitnehmer seine Kollegen haßt. Zwei Drittel der Befragten gaben zu, regelmäßig nach Feierabend über ihre Mitarbeiter zu lästern, wie die Online-Ausgabe der Daily Mail meldete. Zwanzig Minuten lästern täglich Frauen lästern dabei deutlich häufiger als Männer. Eine durchschnittliche weibliche Angestellte verbringt demnach zwanzig Minuten am Tag damit, sich via Email oder Kurznachrichten über Kollegen zu beschweren. Hauptgründe für das Lamentieren: Neid, oder das Gefühl, der Kollege bedrohe die eigene Position. Männer hingegen beschweren sich vor allem über Faulheit. Sind sie während der Arbeit gezwungen, Zeit mit den Kollegen zu verbringen, so treten viele Arbeitnehmer nach Feierabend die Flucht an. Ein Drittel der 2000 Befragten gab an, die Kollegen seien ihnen so unsympathisch, dass ein Kontakt in der Freizeit nie zustande gekommen wäre. Aber auch wenn gerne über Kollegen gelästert wird - die Schuld für schlechte Stimmung am Arbeitsplatz gibt die Mehrheit der Befragten dem Chef. Medienleute tratschen am meisten Und in welcher Branche wird am meisten geschimpft und gelästert? Die britische Umfrage sieht die Medienbranche an erster Stelle, gefolgt von der Buchhaltung, der IT-Branche und dem Verkauf.
Kollegen sind nicht immer die besten Freunde. Aber es kommt noch schlimmer: Jeder Fünfte hasst seine Bürogefährten. Männer äußern ihre Abneigung dabei anders als Frauen.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/beziehungen-am-arbeitsplatz-mein-kollege-das-hassobjekt-1.18240
Beziehungen am Arbeitsplatz - Mein Kollege, das Hassobjekt
00/02/2010
Entlassungen, Kurzarbeit und Einsparungen allerorten: Das schlägt aufs Gemüt. Wie man auch in beruflich schwierigen Zeiten einen klaren Kopf behält - und seinen Job dazu. Zehn Tipps in Bildern. Raus aus der Ohnmacht! Wer Angst um seinen Arbeitsplatz hat, fällt leicht in eine Angststarre. In ständiger Panik vor einer Entscheidung in der Chefetage wandelt der Angestellte als fremdbestimmter Roboter durch sein Leben, in dem ständigen Gefühl, Opfer der Umstände zu sein. Damit es gar nicht erst so weit kommt sollte er sich selbst bewusst machen, dass man trotz aller Einschränkungen noch immer die Verantwortung für sein eigenes Leben trägt. Auch wenn die äußeren Umstände uns noch so einschränken - wer aus der Opferrolle ausbricht, erkennt, dass er am Ende für sein Glück selbst verantwortlich ist, rät der Philosoph und Managementberater Reinhard Sprenger. Manchmal reicht demnach schon eine kleine Änderung des Blickwinkels, um die Dinge nicht mehr ganz so schwarz zu sehen. Wahlfreiheiten gibt es immer - wenn auch vielleicht in beschränktem Maße. Wer das erkennt, agiert freier. Einfach mal wieder den eigenen Ideen Raum geben und sie dem Chef beim nächsten Meeting vorschlagen. Vielleicht springt sogar ein neues Projekt dabei heraus. Foto: iStock
Entlassungen, Kurzarbeit und Einsparungen allerorten: Das schlägt aufs Gemüt. Wie man auch in beruflich schwierigen Zeiten einen klaren Kopf behält - und seinen Job dazu. Neun Tipps in Bildern.
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Arbeiten in der Krise - Raus aus der Psycho-Hölle
00/02/2010
Nachhilfe war gestern: An einer amerikanischen Schule werden alle 93 Lehrer entlassen - weil die Leistung der Schüler zu schwach ist. Nachhilfe-Marathon im Kampf gegen schlechte Noten? Der Schulbehörde im amerikanischen Bundesstaat Rhode Island ist das nicht genug. Sie sieht die Schuld an den schwachen Leistungen der Schüler bei den Lehrern - und entschied sich zu einer radikalen Maßnahme: Weil die Schüler der Central Falls High School schlechte Mathe-Noten nach Hause bringen, sollen zum Ende des Schuljahres alle 93 Lehrer entlassen werden, schreibt die Lokalzeitung The Providence Journal. Schlechteste Schule im Bundesstaat Die Central Falls High School gilt als eine der schlechtesten Schulen des Bundesstaats. Lediglich sieben Prozent der Schüler hätten im vergangenen Jahr ausreichende Mathematik-Kenntnisse vorweisen können. Nur 48 Prozent aller Schüler würden überhaupt einen Abschluss bekommen, heißt es in der Begründung der Schulbehörde. Der Beschluss der kollektiven Kündigung sorgte jetzt für Aufruhr unter Lehrern, Eltern und Schülern. Das Feuern der Lehrer sei "unmoralisch, illegal und ungerecht", hieß es von Vertretern der Gewerkschaft. "Meine Lehrer sind immer für mich da, sie fördern mich", wird Sheila Gomes, 17-jährige Schülerin an der Central Falls High School, in der New York Times zitiert. Mit Transparenten protestierten Jugendliche mit ihren Eltern gegen die Entlassungen. Auch die Lehrer selbst betonen immer wieder, an der Schule, die in einer ärmlichen Gegend liegt, sei man wie eine Familie. Lehrer verweigern Mehrarbeit Frances Gallo, Aufsichtsbeamtin der Schulbehörde, hat für dieses Argument nur wenig Verständnis: "Wenn Sie so eine enge Familie sind, wie können Sie es dann vertreten, dass Sie jedes Jahr mehr als die Hälfte Ihrer Familie verlieren?", entgegnete sie den Lehrern in Anspielung auf die hohe Schulabbrecherquote. Dass die Schulbehörde angesichts der schlechten Noten die Maßnahme des turnarounds - also der kompletten Lehrerauswechslung ergreift, wäre zu verhindern gewesen. Ursprünglich sollte ein Konzept des Wandels verwirklicht werden, das von den Lehrern verlangte, täglich 25 Minuten länger zu arbeiten, regelmäßig Nachhilfeunterricht am Nachmittag zu geben, einmal wöchentlich mit den Schülern zu Mittag zu essen und jeden Sommer zwei Wochen Fortbildung zu besuchen. Da für den Mehraufwand jedoch kein Cent mehr bezahlt werden sollte, weigerten sich die Lehrer, auf das Angebot einzugehen.
Nachhilfe war gestern: An einer amerikanischen Schule werden alle 93 Lehrer entlassen - weil die Leistung der Schüler zu schwach ist.
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https://www.sueddeutsche.de/bildung/schule-in-den-usa-lehrer-wegen-schlechter-noten-gefeuert-1.15875
Schule in den USA - Lehrer wegen schlechter Noten gefeuert
00/02/2010
Eruvanhippuzha Arripara , Südindien "Mein ganz persönliches Paradies liegt fernab aller Touristenstraßen im tropischen Regenwald Südindiens. Sein Name ist so unaussprechlich wie seine Schönheit: Am Eruvanhippuzha Arripara lasse ich die Beine im kristallklaren Wasser baumeln und genieße das zarte Kitzeln, wenn die bunten Tropenfische an den Härchen zupfen. Es erfüllt mich jeden Winter mit Ehrfurcht: Jahrmillionen hat es gedauert, mir diesen 'Swimmingpool' anzufertigen - sogar mit Wasserrutsche. Links wie rechts vom kleinen Wasserfall sieht der Elefantenfelsen aus wie ein Emmentaler. Hunderte von runden Löchern mit einem kugelrunden Stein am Grunde. Der mahlt sich in der Monsunzeit jedes Jahr einen Millimeter tiefer in den Felsen, wenn der große Regen seine Fluten aus den Bergen der Westghats hinunter schickt und das ganze Tal füllt. Doch jetzt im Februar ist es mein schönstes Idyll. Stundenlang kann ich im Schatten des alten Cashewnussbaum sitzen, Agamen, Paradiesvögel und bunte Schmetterlinge beobachten, die meine Sportschuhe so interessant finden." Foto: Bernd Symons
User schickten uns ihre Bilder vom Paradies - das überwiegend in der Nähe von Wasser liegen muss.
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https://www.sueddeutsche.de/reise/user-bilder-mein-paradies-schoener-geht-s-nicht-1.132294
User-Bilder: Mein Paradies - Schöner geht's nicht
00/02/2010
Die japanische Airline ANA bietet künftig Bordtoiletten nur für Frauen an. Weibliche Passagiere hatten in einer Umfrage diesen Wunsch geäußert - allerdings nicht aus hygienischen Gründen. Bei der Wahl einer Fluglinie entscheidet bei weiblichen Passagieren das Bauchgefühl. Zu diesem Schluss kam eine Umfrage der japanischen Airline ANA, in der Frauen als wichtigstes Kritierium die Desserts nannten und an zweiter Stelle die Toiletten an Bord. Die Airline nimmt die Wünsche ihrer Passagierinnen offenbar sehr ernst und reagiert: Ab 1. März wird es auf allen Lang- und Mittelstreckenflügen Toiletten geben, die ausschließlich von Frauen benutzt werden dürfen. "Viele Frauen gaben in der Umfrage an, dass sie sich unwohl und gehetzt fühlen, wenn sie auf Toilette sind und wissen, dass ein Mann vor der Tür wartet", sagte ein ANA-Sprecher. Dagegen sei das weitverbreitetes Vorurteil, dass Männer die Toilette nicht so sauber verlassen wie Frauen, nicht bestätigt worden. "Solche Kommentare gab es nicht", betonte der Sprecher. Die Entscheidung für eine Toilette nur für Frauen habe deshalb auch keine hygienischen Gründe, es gehe allein um das Wohlbefinden der Frauen an Bord. In Ausnahmefällen soll Männern allerdings auch weiterhin die Benutzung ermöglicht werden, zum Beispiel bei Flügen mit fast nur männlichen Passagieren. Ein Vorbild für die Einrichtung gibt es nicht: Er wisse von keiner anderen Fluggesellschaft, die über den Wolken reine Damentoiletten anbietet, sagte Martin Gaebges, der Generalsekretär des Airlineverbandes Barig.
Die japanische Airline ANA bietet künftig Bordtoiletten nur für Frauen an. Weibliche Passagiere hatten in einer Umfrage diesen Wunsch geäußert - allerdings nicht aus hygienischen Gründen.
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https://www.sueddeutsche.de/reise/bordtoiletten-der-ana-kein-zutritt-fuer-maenner-1.2606
"Bordtoiletten der ANA - ""Kein Zutritt für Männer"""
00/02/2010
Der geplante Pilotenstreik trifft die Lufthansa und ihre Passagiere hart: Die größte europäische Fluggesellschaft kann nach am Freitag veröffentlichten Planungen nur jeden dritten Flug bedienen. Statt täglich 1800 Flügen heben demnach jeweils nur rund 600 Flieger ab. Aufgerufen sind mehr als 4000 Kapitäne und Copiloten. Die Arbeitsniederlegungen sollen am Montag um null Uhr beginnen und bis Donnerstag um eine Minute vor Mitternacht dauern, wie die Pilotenvereinigung Cockpit (VC) mitteilte. Im Kern geht es der Gewerkschaft um die Sicherung der Arbeitsplätze der deutschen Piloten. Cockpit fürchtet, Jobs könnten verloren gehen, weil die Lufthansa künftig mehr Strecken von ihren Auslandstöchtern bedienen lässt, bei denen das Lohnniveau für den Konzern günstiger ist. Zu den Auslandstöchtern zählen unter anderem Swiss, Austrian Airlines (AUA) und British Midland (bmi). Im Gegenzug für eine Zusicherung zum Erhalt der deutschen Jobs ist VC eigenen Angaben zufolge zu Zugeständnissen bei den Gehaltsforderungen von bislang 6,4 Prozent bis hin zu einer Nullrunde bereit. Welche Rechte Passagiere bei einem Streik haben, lesen Sie auf den folgenden Seiten. Foto: Getty
Von Montag an streiken die Lufthansa-Piloten und ein Großteil der Flieger bleibt am Boden - die Rechte der betroffenen Passagiere im Überblick.
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https://www.sueddeutsche.de/reise/streik-bei-der-lufthansa-die-rechte-der-passagiere-1.56807
Streik bei der Lufthansa - Die Rechte der Passagiere
00/02/2010
Von ausgelassener Stimmung bis zu sorgenvollen Gesichtern - eine Bilderreise entlang dem Rückgrat Südostasiens. Alle großen Flüsse Südostasiens entspringen in der tibetischen Hochebene. Wobei die Quelle des Mekong nach wie vor nicht exakt lokalisiert ist; der Strom speist sich aus mehreren Zuflüssen in einer teils mehr als 5000 Meter hoch gelegenen Region. Das schafft Raum für Legenden wie jener poetischen aus China: Demnach hatte der Schneeberg drei Töchter, die Flüsse Mekong, Salween und Jangtse. Er hat ihnen geraten, im Osten nach einem Gemahl zu suchen. Gehört hat auf ihn nur Jangtse, auch Goldsandfluss geheißen. Die beiden Schwestern haben sich indessen in der Wildnis verloren. Foto: Lam Duc Hien
Von ausgelassener Stimmung bis zu sorgenvollen Gesichtern - eine Bilderreise entlang dem Rückgrat Südostasiens.
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https://www.sueddeutsche.de/reise/mekong-die-unfolgsame-tochter-des-schneebergs-1.62119
Mekong - Die unfolgsame Tochter des Schneebergs
00/02/2010
Die Piloten der Fluggesellschaft Lufthansa wollen von Montag an streiken. Bei einer Urabstimmung, zu der 4500 Piloten der Lufthansa, der Töchter Cargo und Germanwings aufgerufen waren, war eine große Mehrheit für den Arbeitskampf. Die Arbeitsniederlegungen bei den drei Gesellschaften sollen am Montag um null Uhr beginnen und bis Donnerstag um eine Minute vor Mitternacht dauern, wie die Pilotenvereinigung Cockpit (VC) mitteilte. "Wir arbeiten gerade aus, wie wir vielleicht doch Flüge durchführen können", sagte anschließend Lufthansa-Pressesprecherin Amélie Schwierholz. Im Kern geht es der Gewerkschaft um die Sicherung der Arbeitsplätze der deutschen Piloten. Cockpit fürchtet, Jobs könnten verloren gehen, weil die Lufthansa künftig mehr Strecken von ihren Auslandstöchtern bedienen lässt, bei denen das Lohnniveau für den Konzern günstiger ist. Zu den Auslandstöchtern zählen unter anderem Swiss, Austrian Airlines (AUA) und British Midland (bmi). Im Gegenzug für eine Zusicherung zum Erhalt der deutschen Jobs ist VC eigenen Angaben zufolge zu Zugeständnissen bei den Gehaltsforderungen von bislang 6,4 Prozent bis hin zu einer Nullrunde bereit. Welche Rechte Passagiere bei einem Streik haben, lesen Sie auf den folgenden Seiten. Foto: ddp
Stornieren oder Umsteigen: Von Montag an wollen die Piloten von Lufthansa und Germanwings vier Tage lang streiken - die Rechte der Passagiere im Überblick.
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https://www.sueddeutsche.de/reise/streik-bei-der-lufthansa-ueberblick-im-drohenden-chaos-1.57146
Streik bei der Lufthansa - Überblick im drohenden Chaos
00/02/2010
Ji Hai Ruan rackert für Deutschland. Vor einem halben Jahr hat der 37-Jährige seine Familie in der zentralchinesischen Provinz Hubei verlassen, um mit anderen Stahlarbeitern nach Shanghai zu ziehen. Er klopft sich den Staub von der Hose und lacht verlegen, gerade hat er die letzten Streben am deutschen Pavillon verschweißt. Herr Ji schreibt Geschichte: Er baut mit an der größten Expo aller Zeiten mit dem größten deutschen Pavillon aller Zeiten. Es soll die grünste Expo aller Zeiten werden mit den meisten Besuchern aller Zeiten. China kann vor Stolz kaum noch gehen. "Die Arbeit ist immer dieselbe", sagt Herr Ji und zuckt mit den Schultern. Klettern. Schweißen. Hämmern. "Nichts Besonderes." Man möchte ihn herzen für die Gelassenheit inmitten des Expo-Wahns. Bauarbeiter auf dem Expo-Gelände Foto: AFP
Im Mai beginnt die Expo in Shanghai. Sie soll die Stadt der Zukunft zeigen. Ein Besuch im Vorfeld gibt vor allem Aufschluss über die Gegenwart.
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https://www.sueddeutsche.de/reise/shanghai-vor-der-expo-stahl-trifft-bambus-1.70153
Shanghai vor der Expo - Stahl trifft Bambus
00/02/2010
Als der Bundespräsident zur Besichtigung kam, da war seine erste Assoziation: Castel del Monte. Wie die mittelalterliche Festung in Süditalien erschienen ihm die sechs Backsteintürme in der Lausitz, die früher einmal zur Klärung der Kokerei-Abwasser dienten und nun als "Biotürme" Industriedenkmal, Konzert- und Theaterort sowie Aussichtspunkt sind. Detailansicht öffnen (Foto: SZ-Grafik: Michael Mainka) Bevor es so weit kam, fanden die Einheimischen, weit bodenständiger als der Bundespräsident: "Hier hat's immer so gestunken." "Wir mussten da immer wieder aufs Neue kämpfen, damit der Schalter umgelegt wurde", sagt Rolf Kuhn. Er ist Chef der Internationalen Bauausstellung "Fürst Pückler Land" (IBA). Diese transformiert seit dem Jahr 2000 und noch bis 2010 die ehemalige Braunkohleregion der Lausitz in ein Seengebiet, das für Menschen, speziell für die urlaubende Sorte, wieder attraktiv sein soll. Ein Kernstück ist die Flutung der Braunkohlegruben mit Wasser, auf dass bis zum Jahr 2015 zehn größere, durch Kanäle verbundene Seen entstehen mit einer Gesamtfläche von 7000 Hektar. Insgesamt wird das Seengebiet, das zum Teil in Brandenburg und zum Teil in Sachsen liegt und von der staatlichen Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft saniert wird, einmal 14.000 Hektar haben, das ist etwas mehr als Starnberger See und Chiemsee zusammen. In der Lausitz ist die Krise nicht nur ein Wort Man ist hier in einer Region, in der Krise nicht nur ein Wort ist, das seit ein paar Monaten unentwegt aus Radio und Fernseher tönt. Nein, hier ist die Krise auch richtig zu spüren. Hier hat man die Landschaft bis in die 1990er Jahre mit riesigen Schaufelradbaggern umgewühlt, sodass es aussah wie auf einem anderen Planeten. Seit die Braunkohle erschöpft ist, wurden viele Menschen arbeitslos, es gab und gibt eine Abwanderung vor allem junger Menschen, weil sie hier keine Zukunft sehen. Ziel der ersten Phase des Strukturwandels musste es sein, das negative Bild aus den Köpfen zu bringen, vor allem aus denen der Einheimischen, sagt IBA-Geschäftsführer und Landschaftsarchitekt Rolf Kuhn. "Das ist uns weitgehend gelungen. Die Leute spüren, dass sie eine Chance haben und wieder stolz sein können auf etwas." 25 Projekte hat er mit seinen 15 Mitarbeitern angeschoben, geschätzte 20 Millionen Euro wurden investiert. Bergbaurelikte als Attraktionen Dazu zählt auch die Bewahrung und touristische Weiterverwendung von Bergbaurelikten wie etwa der Abraumförderbrücke F60 bei Lichterfelde, ein 500 Meter langes und bis zu 78 Meter hohes Ungetüm aus Stahl. Zunächst konnte sich niemand vorstellen, dass sich Touristen für so etwas interessieren. Mit langem Atem gelang es den Leuten von der IBA, die Menschen zu überzeugen, es wurde ein Erfolgsprojekt daraus. 70000zahlende Besucher kamen im vergangenen Jahr, um sich von ehemaligen Kumpels durch die Konstruktion führen zu lassen, unter anderem auch nachts, denn ein Künstler hat aus der Maschine eine Licht- und Klanginstallation gemacht. Alleinstellungsmerkmal - so nennen die Touristiker so etwas. Lesen Sie weiter, welche weiteren Schwerpunkt das Tourismuskonzept hat.
Wasser marsch! In der Lausitz entsteht aus Braunkohlegruben ein Seengebiet, das seine Geschichte nicht verleugnet.
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https://www.sueddeutsche.de/reise/in-der-lausitz-bluehende-wasserlandschaften-1.389691
In der Lausitz - Blühende Wasserlandschaften
00/02/2010
Nur einen Monat nach der Eröffnung des höchsten Wolkenkratzers der Welt ist die Aussichtsplattform des Burj Khalifa in Dubai geschlossen worden. Der Grund war zunächst nicht klar. Der Eigentümer, die Immobilienfirma Emaar Properties, sprach von einem "unerwartet hohen Besucherandrang". In einer kurzen Mitteilung war jedoch zugleich von Problemen mit der Elektrik die Rede, die behoben werden müssten. Nähere Einzelheiten wollte ein Emaar-Sprecher nicht nennen. Die Schließung der Aussichtsplattform kommt zu einem empfindlichen Zeitpunkt. Der Stadtstaat verzeichnet einen starken Rückgang des Tourismus, der rund ein Fünftel der Einnahmen Dubais ausmacht. Zugleich versucht das Emirat, sein Image als Finanzplatz und Investitionsstandort wieder aufzupolieren. Dubai hat sich hoch verschuldet. Das benachbarte Emirat Abu Dhabi kam Dubai Ende vergangenen Jahres mit Krediten in Höhe von insgesamt 25 Milliarden Dollar zu Hilfe. Die Staatsverschuldung Dubais wird auf über 80 Milliarden Dollar geschätzt, das entspricht etwa dem Bruttoinlandsprodukt. apn, Foto: AP
Das höchste Haus der Welt ist gerade mal einen Monat eröffnet, da schließt es schon wieder seine größte Attraktion - die Aussichtsplattform.
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https://www.sueddeutsche.de/reise/burj-khalifa-in-dubai-panne-im-hoechsten-wolkenkratzer-gesperrt-1.64977
Burj Khalifa in Dubai - Panne im höchsten Wolkenkratzer - gesperrt
00/02/2010
Den Rückzug in die Natur antreten, neue Lebensformen erproben, Gleichgesinnte um sich scharen - es gab viele Gründe, warum sich Maler, Schriftsteller, Musiker und andere Künstler ab Ende des 19. Jahrhunderts in der Provinz trafen, um Künstlerkolonien zu gründen. Noch heute pflegen die Orte ihr Andenken und sind geprägt vom Schaffen der Koloniegründer - eine Reise durch Künstlerorte in Deutschland und Europa. Worpswede, Niedersachsen Worps - wo? Es ist keine Schande, das niedersächsische Dorf Worpswede nicht auf den ersten Versuch orten zu können - wohl aber, es nicht zu besuchen. Fritz Mackensen war der erste einer Reihe von Malern, der das damals bettelarme, aber idyllisch gelegene Dorf inmitten des Teufelsmoors nordöstlich von Bremen für sich entdeckte. Begleitet von Studienkollegen wie Otto Modersohn und Hans am Ende entschloss er sich Ende der 1880er Jahre, dort eine Künstlerkolonie zu gründen. Maler, Bildhauer und Schriftsteller folgten ihnen in der Hoffnung, im Teufelsmoor ein Paradies zu finden, das sie den Lärm und die Hektik des Industriezeitalters vergessen ließ. Sie lebten wie in einer Kommune und abgeschottet von der Dorfbevölkerung. Landschaften, Menschen und Tiere waren die Hauptmotive ihrer Werke, bei den Malern spielte vor allem das Licht in all seinen unterschiedlichen Ausprägungen eine wichtige Rolle. Teufelsmoor bei Worpswede Foto: Nicole Kanning/www.worpswede.de
Dieses Licht! Diese Landschaft! Diese Stimmung! Berühmte Künstler hatten gute Gründe, sich in der Provinz zu treffen - die schönsten Orte zum Nachreisen in Deutschland und Europa.
reise
https://www.sueddeutsche.de/reise/reiseziel-kuenstlerort-urlaub-wie-gemalt-1.55925
Reiseziel Künstlerort - Urlaub wie gemalt
00/02/2010
Südafrika ist ein wunderschönes Reiseland, mit idyllischen Weingebieten, wilden Tieren und einer Landschaft, die den Urlauber besonders im Westteil nahe Kapstadt und der Garden Route alle paar Kilometer in ein anderes Land versetzt - mal erinnert die Umgebung an Frankreich, dann an Kroatien, dann wieder an Australien. Doch durch seine hohe Kriminalitätsrate produziert Südafrika auch viele negative Schlagzeilen und im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft ist die Nervosität besonders groß. Da trug es nicht gerade zur Beruhigung von potentiellen Urlaubern bei, als Bayern-München-Präsident Uli Hoeneß massive Zweifel an der Sicherheit im Lande äußerte - selbst wenn dies sofort von seinem Vorgänger im Amt, Franz Beckenbauer, und der Fifa scharf zurückgewiesen wurde. Natürlich lauern Gefahren in jedem Urlaubsland. Um sicher durch Südafrika zu kommen, kann es jedenfalls nicht schaden, sich an einige Regeln halten... Foto: ddp
Gelegenheit macht Diebe, und Armut kann die Hemmschwelle senken: Wie Touristen und Fußball-WM-Fans die Südafrikareise genießen und dabei auf der sicheren Seite sind.
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https://www.sueddeutsche.de/reise/urlaub-im-fussball-wm-land-sicher-durch-suedafrika-1.57123
Urlaub im Fußball-WM-Land - Sicher durch Südafrika
00/02/2010
Kanada hat eine Reihe kosmopolitischer Städte, die den Vergleich zu den USA nicht scheuen müssen. Einwohner von Toronto, Ottawa, Montréal und Québec geben zu Protokoll, was sie an ihren Städten lieben. Toronto May Yeung ist Krankenschwester in Toronto. Sie lebt am Ontariosee, seit sie als kleines Mädchen mit ihren Eltern aus Hongkong kam. Die allgegenwärtige Nadel "Den CN Tower, sagt mancher in Toronto, sehe man nur von einem einzigen Punkt in der Millionenstadt nicht - nämlich dann, wenn man selbst auf der Aussichtsplattform steht. 553 Meter ist diese markante Nadel hoch, die an vielen Stellen zwischen den Wolkenkratzern hervorlugt und die Skyline dieser wuseligen Millionenstadt dominiert. Die einen lieben dieses Gebäude, die anderen hassen es. So war es schon, seit der Bau 1976 fertiggestellt wurde. Gut 31 Jahre war der Turm das höchste nicht abgespannte Bauwerk der Welt - das finde ich äußerst eindrucksvoll. Erst 2007 wurde die Höhe überrundet - vom Burj Dubai, der kürzlich eröffnet wurde. Inzwischen gehört der Turm wohl zu den Symbolen Kanadas - jährlich fahren rund zwei Millionen Besucher auf die Aussichtsplattform oder gehen im Restaurant auf 351 Metern Höhe Essen. Spannend ist es auch, diese Stadt immer wieder von oben zu beobachten - denn in Toronto passiert viel. Sehr viel. Folgendes habe ich letztens gelesen: Toronto verfügt über mehr Schaufenster pro Einwohner als jede andere nordamerikanische Stadt. Nach New York und London bietet Toronto die größte Anzahl von Live-Bühnen und Theatern. "Tomato, Canada" In Toronto ist immer etwas los - auch wenn das nicht immer so war. Früher hatte die Stadt den Ruf, bieder, brav und langweilig zu sein. Ezra Pound, so heißt es, schrieb einst einen Brief an Ernest Hemingway, damals Reporter beim Toronto Star - und adressierte ihn nach "Tomato, Canada". Der Brief kam an. Die Stadt ändert sich ständig - und ich habe das Gefühl, sie wird immer größer. Besonders gut gefallen mir die ethnischen Viertel wie das Chinatown - obwohl es davon im Grunde genommen mehrere in der Stadt gibt. Das Ur-Chinatown und noch immer das größte ist das um die Dundas Street und die Spadina Avenue. Dort lebt mehr als eine halbe Million Chinesen - und wenn man einmal drin ist, hat man nicht mehr das Gefühl, in Kanadas größter Stadt zu sein - sondern tatsächlich irgendwo in China. In oder ganz in der Nähe Chinatown liegen zudem einige Berühmtheiten der Stadt: Das Ontario College of Art & Design, das Sharp Centre for Design, die Art Gallery of Ontario oder die Grange Modern Gallery. Und wenn der Trubel nervt? Dann ist man innerhalb kürzester Zeit an ganz abgelegenen Orten. Traumhaft zum Flanieren ist die Harborfront am Ontariosee - aber auch da kann der Bär steppen. Stiller geht es auf den Toronto Islands zu - sie sind der beste Ort, um die Skyline der Stadt am Ufer des Lake Ontario zu überblicken und zu bewundern. Autos gibt es hier nicht - dafür Strände und Parks."
Kanada hat eine Reihe kosmopolitischer Städte, die den Vergleich zu den USA nicht scheuen müssen. Einwohner von Toronto, Ottawa, Montréal und Québec geben zu Protokoll, was sie an ihren Städten lieben.
reise
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Kanada - Die Metropolen - Langweilig? No way!
00/02/2010
Der Babyspeck ist verschwunden. Optisch und technisch gestählt kommt der neue Cayenne aus dem Sportstudio - die zweite Auflage soll wieder Lust machen auf das Porsche-SUV. Auf den ersten Blick erscheint der neue Cayenne nachgeschärft wie durch eine gründliche Modellpflege. Auch wenn sich viele Kunden etwas mehr Veränderungen gewünscht hätten - beim Gesamtbild bleibt der Cayenne seiner Linie treu. Trotz optischer Ähnlichkeiten mit seinem Vorgänger wurde der Gelände-Porsche komplett neu entwickelt. Er ist drahtiger, sportlicher und hat das müde Breitmaul-Gesicht der ersten Generation abgelegt. Die mächtigen Lufteinlässe an der Front sind zwar noch immer nicht verschwunden, immerhin wirkt das Gesicht jetzt etwas harmonischer. Anfang kommender Woche fährt der Cayenne II auf die Bühne des Genfer Salons. Hier feiert der Bruder des jüngst vorgestellten VW Touareg seine Publikumspremiere. Ging es früher allein um Fahrleistungen und einem imposanten Auftritt, so geht es mittlerweile tiefgründiger zu. Brach der erste Cayenne das Tabu, dass ein Porsche immer ein Sportwagen ist und musste sich zur Mitte des Modellzyklus' von einem VW-Diesel angetrieben sehen, so legt das neue Modell mächtig nach. Erstmals ist ein Porsche-Serienmodell auch mit Hybridantrieb zu bekommen. Mit dem neu entwickelten Parallel-Hybrid will Porsche in den USA und Russland verlorene Käufer zurückholen und die SUV-Nachfrage im hauseigenen Luxussegment wieder ansteigen lassen.
Der Babyspeck ist verschwunden. Optisch und technisch gestählt kommt der neue Cayenne aus dem Sportstudio - die zweite Auflage soll wieder Lust machen auf das Porsche-SUV.
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Genf 2010: Porsche Cayenne - Muskelspiel
00/02/2010
In wirtschaftlich schweren Zeiten heißt es für Jedermann sparen - das hat sich sogar bis zu Rolls-Royce herumgesprochen. Deshalb gibt es den neuen Ghost bereits ab einer Viertel Million Euro. Im Vergleich zum übermächtigen Bruder, dem 5,84 Meter langen Königsmobil Rolls-Royce Phantom, ist der Ghost ein wahres Sparmobil. Mit einem Einstiegspreis von 253.470 Euro spart der wohl betuchte Kunde nicht nur bei der Anschaffung ein stattliches Sümmchen, sondern auch durch das Wegrationalisieren des Chauffeurs. Denn wohl zum ersten Mal in der bewegten Rolls-Royce-Geschichte wurde ein Konzernprodukt für Selbstfahrer konzipiert. Gerade deshalb hoffen die bayrischen Briten mit dem guten Geist mehr als gewohnt bei der Nobelkonkurrenz räubern zu können. Wer sich bisher gerne in einem Mercedes S 65 AMG oder einem Bentley Arnage vortrefflich gebettet sah, soll künftig durchaus zu Rolls-Royce schielen. Damit die Kunden in wirtschaftlich schweren Zeiten in Scharen kommen, hat sich der Ghost einen eindrucksvollen Automobil-Paten ins Entwicklungsbett geholt. Große Teile der Ghost-Technik stammen aus dem Hause BMW und sind im aktuellen 7er BMW verbaut. Selbstredend werden die Rolls-Royce-Verantwortlichen nicht müde, den geringen Teil der technischen Gemeinsamkeiten zu unterstreichen. Schließlich will ein Kunde, der mehr als 250.000 Euro für den durchlauchten Edel-Briten ausgibt, nicht mit einem schnöden Geschäftsführer in eine Schublade gesteckt werden, der sich von seinem 5er Touring mühsam in die imageträchtige 7er-Liga aufgeschwungen hat. Doch alle Dementis verpuffen und schließlich ist es keine Schande, sich mächtig bei einer der besten Limousinen der Welt bedient zu haben. Antrieb, Lenkung, Achtgang-Automatik, Fahrerassistenz- und Sicherheitssysteme kennt man bestens aus dem 760er BMW. Das aufgrund des britischen Klassenbewusstseins nochmals mächtig nachgelegt wurde, merkt man nicht nur an den unterschiedlichen Produktionszeiten. Während ein komplett ausstaffierter Edel-Bayer im Werk Dingolfing nach rund zwei Tagen fix und fertig von Band läuft, geht die Manufaktur im südbritischen Goodwood in rund drei Wochen deutlich betulicher zu Werke, ehe der Ghost im Glanze seines Edellackes unter freiem Himmel erstrahlt. Der Rolls-Royce Ghost ist mehr als eine imposante Erscheinung. Kein Gedanke daran, dass er am güldenen Thron des Prunkmodells Phantom kratzen würde - aber mit einem Maybach 57 S kann er es nicht nur wegen seines eindrucksvollen Designs allemal aufnehmen. "Es ist eine Limousine, die einen anderen Auftritt und einen jüngeren Esprit hat, als man es bisher von einem Rolls-Royce gewohnt war", erklärt Chefdesigner Ian Cameron. Das augenfälligste Merkmal, in dem sich der Bug der 5,4 Meter langen Luxuslimousine von den bulligen Fronten seiner Adelsgenossen unterscheidet, sind die unterschiedlich geformten Scheinwerfer und der Kühlergrill. "Wir haben den Stil des Grills weniger an einen traditionellen Säulentempel, sondern etwas mehr an den Lufteinlass eines Flugzeugtriebwerks angelehnt", malt Cameron weiter aus, "Einfachheit ist das am schwersten umzusetzende Designmerkmal."
In wirtschaftlich schweren Zeiten heißt es für Jedermann sparen - das hat sich sogar bis zu Rolls-Royce herumgesprochen. Deshalb gibt es den neuen Ghost bereits ab einer Viertel Million Euro.
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https://www.sueddeutsche.de/auto/rolls-royce-ghost-geisterstunde-1.17461
Rolls-Royce Ghost - Geisterstunde
00/02/2010
Seit 2001 gibt es den Kleinen mit dem rustikalen Look. Mit der Neuauflage des Polo mussten die Kunden erst mal auf den CrossPolo verzichten. Jetzt reicht VW das kleine Spaßmobil nach. Auf dem Autosalon in Genf werden alle vier Varianten des Polo nebeneinander zu sehen sein: die Grundversion, die sparsame BlueMotion-Variante, der ebenfalls brandneue GTI und der in Genf debütierende CrossPolo. Der unterscheidet sich praktisch nur durch die um 15 Millimeter größere Bodenfreiheit und die silberfarbenden Dachreling von der Grundversion. Dazu kommen fünf Türen, eine robuste schwarze Kunststoffverkleidung im unteren Bereich der Stoßfänger, der Schweller und unter den Türen, schwarze Radlaufabdeckungen und 17-Zoll-Leichtmetallräder im 5-Speichen-Design mit Reifen der Größe 215/40. Was fehlt in der Liste? Eine im unteren Bereich anthrazit abgesetzte Frontschürze mit integrierten Nebelscheinwerfen, silbern lackierte Außenspiegelabdeckung und schwarz verblendete B- und C-Säulen. Auch im Innenraum kann sich der Kunde zahlreiche Kreuzchen für Extra-Ausstattungen sparen - einmal CrossPolo ankreuzen reicht. Dann gibt es die in der Höhe verstellbaren Sportsitze, eine asymmetrisch teilbare Rücksitzbank, Lederlenkrad und Mittelarmlehne mit Ablagefach. Innen wurde an Chrom-Applikationen nicht gespart. Die Pedalkappen sind in Alu-Optik gehalten. Ebenfalls serienmäßig im CrossPolo sind elektrisch einstell- und beheizbare Außenspiegel, elektrische Fensterheber, eine Multifunktionsanzeige inklusive Luftdrucküberwachung der Reifen und Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung. In die Rückenlehnen der Vordersitze ist der Schriftzug "CrossPolo" eingestickt. Ersatzlos gestrichen wurden im CrossPolo die zwei schwächsten Motorisierungen. Die sechs Motoren des CrossPolo leisten zwischen 51 kW/70 PS und 77 kW/105 PS. Den Einstieg bei den Benzinern markiert die 70-PS-Version mit 1,2 Litern Hubraum. In der nächsten Stufe folgt ein 1,4-Liter-Motor mit 63 kW/85 PS. Top-Benziner ist der neue 1.2 TSI mit 105 PS. Damit beschleunigt den CrossPolo in 9,9 Sekunden auf 100 km/h, erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 188 km/h und verbraucht im Schnitt aber 5,5 Liter Kraftstoff (128 g/km CO2). Diese Werte erreicht der VW nicht nur in Verbindung mit dem serienmäßigen 6-Gang-Getriebe, sondern auch optional mit dem 7-Gang-DSG, das optional ebenfalls für die 85 PS-Version erhältlich ist. Zu den leisesten Motoren ihrer Art gehören auch die drei TDI - alle serienmäßig mit Partikelfilter. Einheitlich mit 1,6 Liter Hubraum, stehen sie in den Leistungsstufen 55 kW/75 PS, 66 kW/90 PS und 77 kW/105 PS zur Verfügung. Alle drei Varianten brauchen im Schnitt 4,3 Liter Diesel auf 100 km. Die 90-PS-Version kann optional ebenfalls mit dem Doppelkupplungsgetriebe kombiniert werden. Alle Motoren erfüllen Euro-5. Gezeigt wird der neue CrossPolo auf dem Autosalon in Genf. Ab Anfang März startet dann der Vorverkauf und Ende Mai wird der CrossPolo in Deutschland zu den Volkswagen Händlern und ersten Kunden kommen. Direkt danach erfolgt die Markteinführung im übrigen Europa und in Japan. Das Vorgängermodell wurde in acht Jahren 3,3 Millionen Mal gebaut. Zwischen sechs und zehn Prozent davon liefen in der Variante CrossPolo oder Polo Fun vom Band.
Seit 2001 gibt es den Kleinen mit dem rustikalen Look. Mit der Neuauflage des Polo mussten die Kunden erst mal auf den CrossPolo verzichten. Jetzt reicht VW das kleine Spaßmobil nach.
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https://www.sueddeutsche.de/auto/genf-2010-vw-crosspolo-kreuzchen-gemacht-1.5214
Genf 2010: VW CrossPolo - Kreuzchen gemacht
00/02/2010
Die E-Klasse ist gerade einmal ein Jahr alt, da hat sie bereits einen scharfen Konkurrenten - aus dem eigenen Haus. Das Forschungsfahrzeug F 800 erträumt die Oberklasse von morgen. Forschungsfahrzeuge aus dem Hause Mercedes-Benz haben eine jahrzehntelange Tradition. Sie brachten Gurtsysteme, Knautschzonen und Innenraumkomfort. Ging es bei Ihnen bisher vorrangig darum, Zukunftstechnologien hoffähig und die Kunden hungrig auf Neues zu machen, so geht es beim F 800 Style um mehr. Denn Mercedes arbeitet mit Hochdruck an einem neuen Markengesicht, um sich gegenüber der starken Konkurrenz abzuheben und an das Image der guten alten Zeit anzuknüpfen. Damals überstrahlte der Mercedes-Stern die gesamte Konkurrenz, die kaum eine echte war. Doch längst haben sich die Zeiten geändert. Der Daimler-Konzern steht mächtig im Wind und musste zuletzt einen Milliardenverlust erklären. Die Vision des F 800 mit dem ebenso viel- wie nichtssagenden Namensannex "Style" soll wieder Lust auf die Marke Mercedes machen - in technischer wie optischer Hinsicht. "Unsere Forschungsfahrzeuge schauen gut zehn Jahre in die Zukunft", erklärt Mercedes-Chefdesigner Gordon Wagener und blickt zufrieden auf die Limousine von übermorgen, "derart markentypische Proportionen können nur von Mercedes kommen. Man beachte die lange Haube und das neue Markengesicht." Der F 800 Style sieht bulliger aus als man es von aktuellen Mercedes-Modellen kennt. Alle Linien des Vorderwagens fügen sich am Kühlergrill zusammen, der große Ähnlichkeit mit dem des legendären 300 SL Flügeltürers hat. Die Augen schauen so grimmig, als wollte der 4,74 Meter lange Visio-Benz die ganze Konkurrenz auf einmal verputzen. Studientypisch ist das Radsatz mächtig und der knackige Heck könnte auch vom neuen 6er BMW stammen. Mercedes will nach vorn und sich nicht weiter auf den Erfolgen von gestern und vorgestern ausruhen. Wenn am Design des F 800ers etwas stört, ist der optisch zu kurze Überhang am Heck. Hier erwartet der gemeine Mercedes-Kunde bisher deutlich mehr Eleganz. Derart knackig ist man eher in München unterwegs. Das selbstbewusste Design soll zeigen, wie es übermorgen um die Marke Mercedes bestellt ist, doch in erster Linie Lust auf die Technik machen. Denn kleine Autos allein werden auch in zehn Jahren nicht die Straßen bevölkern. Mercedes setzt bei allen Umweltbestrebungen insbesondere auf Limousinen der Ober- und Luxusklasse. "Unser Anspruch ist es, Verantwortung für die Umwelt mit praktischem Kundennutzen und automobiler Faszination in Einklang zu bringen", so Dr. Thomas Weber, Entwicklungs-Chef im Hause Daimler. Neue Sicherheitsdetails wie Ausweichassistent oder eine Presafe-Bremse, die nunmehr auch nach hinten schaut, sind zweitrangig. Alles schaut auf den Motor.
Die E-Klasse ist gerade einmal ein Jahr alt, da hat sie bereits einen scharfen Konkurrenten - aus dem eigenen Haus. Das Forschungsfahrzeug F 800 erträumt die Oberklasse von morgen.
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https://www.sueddeutsche.de/auto/mercedes-f-800-style-das-grosse-e-1.5475
Mercedes F 800 Style - Das große E
00/02/2010
Die Weltpremiere des neuen VW Touareg geriet zum atemlosen Schaulaufen der Promis und Entertainer. Nach zwei Stunden kam endlich das Auto. Die erste Sitzprobe und alle Infos zum SUV-Star aus Wolfsburg. Wenn Autohersteller ihre Neuheiten mit einer Riesen-Show präsentieren, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man will von Schwächen des Produktes ablenken - oder einfach aller Welt zeigen, dass man es sich leisten kann. Bei Volkswagen trifft eindeutig das letztere zu. Die Wolfsburger steuern ihren Konzern mit der Sicherheit eines alten Seebären durch das Krisen-Meer, in dem andere Hersteller zu versinken drohen. Es stimmt einfach alles: Produktpalette, Verkaufszahlen, Image. Und beim neuen Touareg kann man vor Walter de'Silvas Designmannschaft auch nur den Hut ziehen. Der Wagen sieht einfach gut aus.
Die Weltpremiere des neuen VW Touareg geriet zum atemlosen Schaulaufen der Promis und Entertainer. Nach zwei Stunden fuhr endlich das Auto vor - für die erste Sitzprobe.
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https://www.sueddeutsche.de/auto/weltpremiere-vw-touareg-laenger-leichter-niedriger-1.67473
Weltpremiere: VW Touareg - Länger, leichter, niedriger
00/02/2010
Audi steigt in die Luxusliga der Kleinwagen ein. Der neue A1 soll den Mini jagen und feiert auf dem Genfer Salon seine Premiere. Es ist soweit: Der seit Jahren erfolgreiche Mini hat seinen ersten echten Konkurrenten. Audi rundet seine stattliche Modellpalette nach unten ab und schickt ab Sommer seinen A1 ins Rennen um die Gunst der wirtschaftlich gut gestellten Kleinwagenkäufer, die den Lifestyle lieben und nicht auf den Cent schauen müssen. Der Erfolg des Mini hat Audi in den letzten Jahren viel Kopfzerbrechen bereitet. Unterhalb des A3 hatte man dem Brit-Bayern aus Oxford bisher nichts entgegenzusetzen. Doch damit ist ab sofort Schluss: Der Einsteiger mit den vier Ringen kommt im Sommer auf den Markt. Den Start macht der Dreitürer, der in den beiden Ausstattungsvarianten "Attraction" und "Ambition" erhältlich ist. Fünftürer und weitere - sicher auch offene - Versionen sollen folgen.
Audi steigt in die Luxusliga der Kleinwagen ein. Der neue A1 will den Mini jagen und feiert auf dem Genfer Autosalon seine Premiere. Erste Bilder, erste Fakten
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https://www.sueddeutsche.de/auto/genf-2010-audi-a1-die-jagd-ist-eroeffnet-1.70193
Genf 2010: Audi A1 - Die Jagd ist eröffnet
00/02/2010
Eine informelle Hierarchie gibt es in jedem Team, Russlands Armee aber ist noch immer eine geschlossene, von der Gesellschaft getrennte Institution. Rohe Schweineleber, Rollmöpse und Bier bis zum Erbrechen - viele Deutschen entdecken mit Entsetzen, was sich hinter den Mauern der Kasernenhöfe an Ritualen abspielt. Als Russe möchte man darüber erst einmal müde lächeln. Wie sagte Lenin 1918? "Das Militärwesen auf echte Weise kennenlernen!" Zahllose Verbrechen in der sowjetischen und später in der russischen Armee wurden unter diesem Motto begangen. Lenins Worte gelten noch heute, auch wenn der Führer des Weltproletariats längst demystifiziert ist. Russische Militärwissenschaftler nutzen den Spruch als Epigraph, Generäle bauen ihn gerne in ihre feierliche Reden ein, und Offiziere interpretieren ihn durchaus wörtlich im Umgang mit frischgebackenen Rekruten. Kniebeugen und Liegestützen, bis das Blut aus der Nase fließt, halbstündige Kommando-Ausführung "Stillgestanden!" und "echte" Kriegsübungen sind beim postsowjetischen Militär üblich, wobei die meisten Schikanen gar nicht von Offizieren ausgehen. Zumindest in der Nacht regieren in Kasernen die "Großväter", die altgedienten Soldaten. "Dedowschtschina", die Herrschaft der "Deds", der Großväter, ist in jedem modernen russischen Wörterbuch zu finden, man schreibt es längst ohne Anführungszeichen. "Nimm das Brecheisen und fege den Übungsplatz ab!" so beginnt ein typischer Dialog in der Kaserne. "Darf ich auch den Besen nehmen? Das ist schneller und sauberer." Antwort: "Ich will nicht schnell und sauber. Ich will, dass du fertig bist" Das erzählt man sich in Russland als Witz, und tatsächlich ist es witzig, weil viel zu harmlos angesichts der bitteren Realität. Die perversen Phantasien der Großväter reichen vom Putzen der Pissoirs mit Zahnbürsten bis Gruppengewalt im Alkoholrausch. Offiziellen Statistiken zufolge werden in Russland wegen "vorschriftswidriger Beziehungen" jährlich etwa tausend Soldaten verurteilt, mehr als hundert Rekruten bringen sich um. Trotzdem: Auch im Vergleich zur russischen Wirklichkeit erscheinen die jüngsten Skandale bei der Bundeswehr gar nicht lächerlich und keinesfalls harmlos. Die Situation ist alarmierend vor allem deshalb, weil offenbar nicht alle Fälle bekannt werden. Allerdings ist die deutsche Gesellschaft viel offener als die russische - solange alle politischen und sozialen Institutionen demokratisch funktionieren, besteht keine Gefahr. Die deutsche Dedowschtschina lässt sich noch kontrollieren. Was man von der russischen derzeit nicht sagen kann, weil grundlegende Strukturen es verhindern. Nach der Reform der Sowjetarmee im Jahr 1968, mit der sich der Wehrdienst um ein Jahr verkürzte, fühlten die altgedienten Soldaten sich düpiert und ließen ihre Wut an den Rekruten aus - ein Spiel, das sich bis heute fortsetzt und das sich dadurch verschärft, weil wegen Kadermangel sogar vorbestrafte junge Leute einberufen wurden und mit ihnen die Kriminalität in die Kasernen einzog. Offiziere fördern zudem die Dedowtschina, weil die "Großväter" sie entlasten. Eine informelle Hierarchie gibt es in jedem Team, Russlands Armee aber ist noch immer eine geschlossene, von der Gesellschaft getrennte Institution, die die Straffreiheit von Offizieren befördert. Solange das sich nicht ändert, bleibt der Wehrdienst in Russland - im Gegensatz zu Deutschland - eine gefährliche Herausforderung für junge Männer. An dieser Stelle schreiben Auslandskorrespondenten über Deutschland. Andrey Kobyakov arbeitet in der russischen Redaktion der Deutschen Welle in Bonn.
Eine informelle Hierarchie gibt es in jedem Team, Russlands Armee aber ist noch immer eine geschlossene, von der Gesellschaft getrennte Institution.
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https://www.sueddeutsche.de/service/mein-deutschland-der-wehrdienst-in-russland-1.15535
Mein Deutschland - Der Wehrdienst in Russland
00/02/2010
Deutsch ist wirklich eine großartige Sprache, gespickt mit aufregenden Wörtern, für die es keinen angemessenen Ersatz gibt. Endlich! Eine tragende Säule der deutschen Gesellschaft hat entschieden, dass es an der Zeit wäre, besser auf die deutsche Sprache zu achten. Schon der große Mark Twain stellte fest: "Jemand, der Deutsch nie gelernt hat, kann sich kein Bild davon machen, wie verblüffend diese Sprache ist." Ich kann Deutsch, und ich würde es auch gern anwenden. Doch in den letzten paar Jahren haben sich immer mehr englische Begriffe in den allgemeinen Sprachgebrauch eingeschlichen. Manchmal drängt sich mir der Verdacht auf, dass der Tag nicht fern ist, an dem ich hierzulande besser verstanden werde, wenn ich nur noch Englisch spreche. Deshalb bin ich dem Rentner dankbar, der im Alleingang die explosionsartige Ausbreitung englischer Begriffe im Sprachgebrauch der Deutschen Bahn stoppen will. Deutsch ist wirklich eine großartige Sprache, gespickt mit aufregenden Wörtern, für die es keinen angemessenen Ersatz gibt. Zum Beispiel Nacktschnecken, Fernweh oder Fremdschämen, um nur einige meiner Lieblingswörter zu nennen. Selbst an weit entfernten Orten wird deutlich, wie sehr die deutsche Sprache geschätzt wird. So teilte mir etwa in Kuwait ein hilfsbereiter Automechaniker mit, dass mein Wagen "kaputt" sei. Ein polnischer Freund überraschte mich damit, dass er seinen jährlichen "urlop" (Urlaub) antreten werde. Wie seltsam mag es da anmuten, dass Mitarbeiter der Bahn, einer Telefongesellschaft oder der Post Weltoffenheit demonstrieren wollen, indem sie englische Begriffe wie cancel, counter, rebooten, service point oder city to city call verwenden. Ich habe sogar Ärzte von einem stroke sprechen hören, anstelle von Schlaganfall. "Welchen Grund hat die Bahn, uns eine Sprache aufzuzwingen, die nicht die unsrige ist", schreibt der Rentner aus Bayern in seiner Petition an die Deutsche Bahn. Dem kann ich nichts hinzufügen. Möglicherweise ist dies der Anfang einer neuen Bewegung, der sich bald auch andere anschließen werden, von der Deutschen Telekom bis zu den Rednern im Bundestag. Dann ist endlich Schluss mit den flyers, hotlines, call a bikes. Equal goes it loose , wie einst der zweite deutsche Bundespräsident Heinrich Lübke unserer Königin entgegenrief. Gleich geht es los! An dieser Stelle schreiben Auslandskorrespondenten über Deutschland. Kate Connolly berichtet für den britischen Guardian aus Berlin.
Deutsch ist wirklich eine großartige Sprache, gespickt mit aufregenden Wörtern, für die es keinen angemessenen Ersatz gibt.
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Mein Deutschland - Die Bahn machts vor
00/02/2010
Kein Ende der Causa Kundus in Sicht: Weil das Verteidigungsministerium einen Termin mit den Opfer-Anwälten platzen ließ, wollen diese nun vor Gericht ziehen. Während noch über Guttenbergs politisches Geschick bei der Handhabung der Kundus-Affäre diskutiert wird, zieht bereits neues Ungemach für den deutschen Verteidigungsminister auf: Im Ringen um Entschädigungszahlungen an die Opferfamilien des von der Bundeswehr angeordneten Luftangriffs von Kundus drohen die Opfer-Anwälte nun mit Klagen. Auslöser war die Absage eines für Mittwoch geplanten Gesprächs des Verteidigungsministeriums mit den Bremer Rechtsanwälten Bernhard Docke und Karim Popal. Zuvor waren neue Forderungen mutmaßlicher Opfer gegen Deutschland laut geworden. "Keineswegs abgebrochen, nur verschoben" "Weitere Gespräche sind erst dann sinnvoll, wenn die Rechtsanwälte die Mandatslage geklärt haben", teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Dienstag in Berlin mit. Die Anwälte müssten nachweisen, wessen Interessen sie vertreten. Gegenüber dem Weser-Kurier erklärte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums, die Gespräche mit den beiden Anwälten seien "keineswegs abgebrochen, sondern nur verschoben". Das Ministerium habe "Interesse, mit allen Opfern zu einer einheitlichen Lösung zu kommen", berichtet die Zeitung. Die Anwälte sollten jedoch vorher "die Mandatslage aufklären", also nachweisen, wessen Interessen sie tatsächlich vertreten. Anwalt Docke betonte, bei einer "Lagefeststellung" Anfang Januar in Kundus habe das Verteidigungsministerium noch "keinen Zweifel daran gehegt, dass unsere Mandanten tatsächlich zivile Opfer sind". Nach eigenen Angaben vertreten Popal und Docke 456 Hinterbliebene von 137 zivilen Todesopfern des Luftangriffs. Spiegel Online berichtet, 30 afghanischen Familien hätten über die unabhängige Menschenrechtsorganisation AIHCR verlangt, direkt mit der Bundeswehr zu verhandeln, weil sie zum bisher in der Sache federführenden Anwalt Popal kein Vertrauen hätten. Da Popal nie in die betroffene Region gereist sei, gebe es Zweifel, ob seine Mandanten tatsächlich Angehörige der Opfer des von der Bundeswehr befohlenen Bombardements vom 4. September 2009 seien, schreibt das Nachrichtenmagazin. Docke und Popal widersprachen den Presseberichten, räumten aber ein, dass es über ihre Mandanten hinaus weitere Opferfamilien geben könnte: "Wir können nicht ausschließen, dass es weitere Opfer gibt und wir nehmen auch kein Opfervertretungsmonopol in Anspruch." Bis heute konnte nicht eindeutig geklärt werden, wie viele Menschen bei dem verheerenden Luftschlag von Kundus, der eigentlich einem von den Taliban gekaperten Tanklastzug galt, tatsächlich ums Leben kamen oder verletzt wurden. Die Bremer Anwälte kritisierten die Entscheidung des Ministeriums. "Damit verzögert sich die überfällige Entschädigungsregelung weiter auf unbestimmte Zeit", heißt es in einer Mitteilung. Es solle nun offensichtlich doch nicht die von Verteidigungsminister Guttenberg angekündigte schnelle, unbürokratische Hilfe geben, bemängelten die beiden Juristen. "Notgedrungen werden wir den Klageweg vorbereiten."
Kein Ende der Causa Kundus in Sicht: Weil das Verteidigungsministerium einen Termin mit den Opfer-Anwälten platzen ließ, wollen diese nun vor Gericht ziehen.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/kundus-affaere-opfer-anwaelte-drohen-mit-klage-1.11919
Opfer-Anwälte drohen mit Klage
00/03/2010
Zuerst Türkisch lernen: Premierminister Erdogan versucht, die Ausgewanderten weiter an die Türkei zu binden - und erschwert so deren Integration in Deutschland. Ein Deutscher mit türkischen Eltern bleibt immer ein Türke, selbst wenn er in Deutschland geboren ist und nie einen türkischen Pass besaß. So lautet die verquere Logik der türkischen Regierung, die derzeit wieder durchschimmert. Die versöhnlichen Töne von Angela Merkel und Premier Recep Tayyip Erdogan im Streit um türkische Schulen in Deutschland verdecken diesen Gegensatz nur. Erdogan versucht, die Ausgewanderten weiter an die Türkei zu binden - und erschwert so deren Integration. Auch Ankara ruft die Deutsch-Türken dazu auf, Deutsch zu lernen und sich zu integrieren. Solchen Sätzen folgt aber stets die große Einschränkung: Sie dürften keinesfalls ihre Kultur verlieren, sich assimilieren und womöglich Türkisch verlernen. Zunächst, sagt Erdogan, müssten auch die Einwanderer-Enkel Türkisch beherrschen. Das ist so unsinnig, als würde die Bundesregierung darauf beharren, dass deutsche Auswanderer in den USA ihren Kindern zuerst perfektes Deutsch statt Englisch beibringen. Entscheidend ist die Sprache der neuen Heimat. Nur so lassen sich die großen Integrationsdefizite wie schlechte Schulnoten und hohe Arbeitslosigkeit bei türkischen Zuwanderern beheben. Die meisten Deutsch-Türken haben sich ohnehin längst dazu entschlossen, in Deutschland zu bleiben, und hören immer weniger auf die nationalistischen Appelle aus Ankara. Sie entscheiden selbst, wohin sie sich orientieren. Dort sieht man die Türkischstämmigen aber als Lobbygruppe für die Türkei. Wer eingebürgert sei, solle doch eine Partei unterstützen, die für den EU-Beitritt der Türkei sei, heißt es. Hat diese ständige Vereinnahmung aber Erfolg,wird Integration nicht gelingen.
Zuerst Türkisch lernen: Premierminister Erdogan versucht, die Ausgewanderten weiter an die Türkei zu binden - und erschwert so deren Integration in Deutschland.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/debatte-um-integration-tuerkische-logik-1.24717
Debatte um Integration - Türkische Logik
00/03/2010
Berlusconi betont sein brüderliches Verhältnis zu Lega-Führer Bossi. Doch der "kleine Bruder" könnte dem großen gefährlich werden. Silvio Berlusconi sieht sich als Sieger der italienischen Regionalwahlen. Er gehe gestärkt in die drei Jahre bis zum Ende der Legislaturperiode, strahlte der Ministerpräsident. Auf den ersten Blick hat er recht. Die Mitte-rechts-Bündnisse mit seiner Partei Popolo della Libertà (PDL) gewannen in den 13 Regionen, in denen gewählt wurde, vier dazu und regieren damit in sechs. Dabei waren die Vorzeichen nicht günstig gewesen. Berlusconi und seine Regierung lagen Anfang März im Umfragetief. Korruptionsskandale, Ermittlungen gegen den Premier und ein Wirbel um PDL-Wahllisten trübten die Aussichten. Historisch niedrige Wahlbeteiligung Genauer betrachtet, ist das, was der PDL- und Regierungschef sich an die Brust heftet, aber kein strahlender persönlicher Erfolg. Es ist nun schwerer für ihn, sich auf die Mehrheit des Volkes zu berufen. Das liegt zum einen an der historisch niedrigen Wahlbeteiligung von 63,6 Prozent. Zum anderen hat die PDL für sich alleine in den 13 Regionen durchschnittlich nur 27 Prozent erzielt. Bei den Parlamentswahlen 2008 waren es landesweit 47 Prozent gewesen. Am ehesten kann sich Berlusconi den Sieg in Latium zugute halten, wo er - notgedrungen - massiv Wahlkampf machte. Dort geriet die Abstimmung zur Zitterpartie für ihn. Seine PDL hatte in der Provinz Rom Chaos ausgelöst, weil sie die Wahlunterlagen nicht ordnungsgemäß eingereicht hatte und ausgeschlossen wurde. Die Kandidatin musste mit ihrer persönlichen Liste antreten. Eine Folge ist, dass sich in Latium noch einmal vier Prozent mehr enthielten als im Landesschnitt. Relativ wenig Mühe kosteten die Siege in Kampanien und Kalabrien. Die Gegenkandidaten hatten kaum etwas geleistet und Ermittlungen am Hals. Bedeutender ist der Erfolg im Piemont, der dritten großen Wirtschaftsregion des Nordens, die Mitte-rechts nun regiert. Allerdings dank eines Spitzenkandidaten der Lega Nord, die ihr Ergebnis dort verdoppeln konnte. Die Lega ist auch der wahre Sieger dieser Regionalwahlen. Dem kleinen Koalitionspartner der PDL in der nationalen Regierung wachsen immer mehr Muskeln, im Regionsdurchschnitt erreichte er knapp 13 Prozent. Einen besonderen Triumph feierte die Partei in Venetien, ihrem Stammland, wo sie den Spitzenkandidaten stellte. 60 Prozent hat die rechte Bündnisliste dort, davon entfallen 35 Prozent auf die Lega. Um mehr als zehn Prozent hat sie die PDL übertroffen, die in keiner Region ein derart gutes Resultat erzielen konnte. Und die Lega marschiert weiter Richtung Landesmitte. Noch auf niedrigem Niveau, aber in der Toskana und in den Marken etwa hat sie sich verdreifacht respektive verachtfacht, auch wenn Mitte-links hier klar gewann. Der Erfolg der Lega dokumentiert ein weiteres Phänomen dieser Wahlen. Die großen Parteien stagnieren oder verlieren zumeist. Die hohe Wahlenthaltung scheint zu ihren Lasten zu gehen. Im Schnitt der Regionen entfielen 27 Prozent auf die PDL, 26 Prozent auf die Demokraten (PD), die größte Oppositionspartei. Kleinere Parteien stabilisierten sich oder legten zu, wie etwa "Italien der Werte" von Antonio di Pietro. Die neue Protestpartei des Politkabarettisten Beppe Grillo schaffte im Piemont aus dem Stand 3,6 Prozent. Die Bürger fühlen sich im Stich gelassen Die Rekordmarke bei den Enthaltungen entspringt offenbar nicht nur der Resignation, sondern auch dem Protest gegen die großen Parteien, die nach Ansicht vieler zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Die Bürger fühlen sich im Stich gelassen mit ihren wirtschaftlichen Problemen oder abgestoßen von den Skandalen der Etablierten. So konnte auch Lega-Führer Umberto Bossi punkten. Er ist kein Politiker, der ständig mit Prozessen und Ermittlungen zu kämpfen hat, und es ist ihm gelungen, bürgerliche und großstädtische Kreise zu erreichen. Die Lega hat ihre offizielle Tonart gemäßigt. Ihr Kandidat im Veneto ist als Typus weit entfernt von den militanten Schreihälsen, mit denen die Lega Nord einst anfing. Noch immer ist die Partei immigrantenfeindlich, noch immer strikt auf Law-and-order-Kurs, noch immer stellt sie den Norden über alles. Doch ihr altes Ziel "Padanien", die Abtrennung der reichen Nordregionen vom Rest Italiens, hat sie abgeschwächt, in eine Kampagne für Föderalismus. Die Lega hat sich zum Fürsprecher der kleinen Landwirte und Unternehmer des Nordens gemacht, die die Säule der Wirtschaft Italiens bilden. In der aktuellen Krise leiden sie. Die meisten haben keine Absicherung. Sie klagen, dass sie keine Kredite erhalten und zu viel Steuern zahlen. Sie spüren den Druck der Billiglohnländer und erleben, wie ausländische Unternehmer ihnen den Umsatz wegnehmen. Bossi, so erscheint es vielen, bietet da eine entschiedenere Politik an. Der PDL macht das gewachsene Gewicht der Lega vermutlich wenig Freude, auch wenn Bossi und Berlusconi sofort betonten, ihr brüderliches Verhältnis sei gestärkt. Bossi versicherte, das Wahlergebnis werde seine Rolle in der nationalen Politik nicht ändern, außerdem könne er sich mit Berlusconi am Tisch immer einigen. Schon vor der Wahl hatte Bossi Berlusconi den Spitzenkandidaten in Venetien abgetrotzt. Nun hat er noch mehr auf den Tisch zu legen. Und Bossi wäre nicht Bossi, wenn er das bei seinem Freund Silvio nicht ausspielte.
Berlusconi betont sein brüderliches Verhältnis zu Lega-Führer Bossi. Doch der "kleine Bruder" könnte dem großen gefährlich werden.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/regionalwahlen-in-italien-bruederchen-komm-tanz-mit-mir-1.1726
Regionalwahlen in Italien - Brüderchen, komm tanz mit mir!
00/03/2010
Sie kommen, um zu helfen - und können es oft nicht. Immer häufiger behindern aggressive Schaulustige die Rettungseinsätze von Feuerwehr und Sanitätern. Die Feuerwehrleute verstanden die Welt nicht mehr, als sie kurz vor 23 Uhr den Brandort erreichten. Vor dem Mietshaus im Hamburger Stadtteil Billstedt, in dem eine Küche Feuer gefangen hatte, trafen die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Billstedt-Horn trotz nächtlicher Stunde auf eine "große Ansammlung von Menschen, die hektisch das Geschehen kommentierte", notierte Feuerwehrmann Claudius Güther fürs spätere Protokoll. Beim aufgeregten Geschnattere der Schaulustigen blieb es nicht. Alsbald wurden die Rettungskräfte "von einer größer werdenden Anzahl Jugendlicher" behindert, die "in einer unverständlich aggressiven Art und Weise den Einsatzkräften entgegentraten". Der Feuerwehrnotruf verwandelte sich in einen brisanten Großeinsatz der Polizei: Zehn Streifenwagen waren nötig, um die Löscharbeiten sicherzustellen. "Wenn zu einem Küchenbrand zehn Funkstreifen ausrücken müssen, dann läuft etwas gehörig schief und ist nicht zu akzeptieren", sagt Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU). Die zunehmende Gewalt gegen Einsatzkräfte - ob Polizisten, Feuerwehrleute oder Sanitäter - beschäftigt auch die Politik. Ahlhaus, derzeit Vorsitzender der Innenministerkonferenz, hat eine Gesetzesänderung angeregt und dazu bereits beim Bundesinnenminister vorgesprochen. Paragraf 113 des Strafgesetzbuches, der den "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" regelt, reiche für willkürliche Angriffe vor allem auf Polizeibeamte nicht aus, sagt er. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann will ebenfalls eine Verschärfung. Notwendig wäre ein neues Gesetz, das "Angriffe auf Polizeibeamte stärker unter Strafe stellt als Körperverletzung", findet auch Christian Pfeiffer, Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Hannover. Seit Dienstag liegen Pfeiffers Institut die ersten Datensätze aus einer bundesweiten Erhebung zur Gewalt gegen Polizeibeamte vor. Eine erste Auswertung soll bis zur nächsten Innenministerkonferenz im Mai fertig sein. Pöbelnde Schaulustige Vielleicht sollte das Gesetz auch Feuerwehrleute und Sanitäter berücksichtigen. So berichtete die Hamburger Polizei vergangene Woche von einer nächtlichen Auseinandersetzung im Schanzenviertel. Diejenigen, die zuvor schon Polizeibeamte willkürlich angegriffen hätten, hätten später auch Sanitäter behindert, die einer verletzten Frau helfen wollten. Übergriffe auf Rettungskräfte finden sich in Polizeiarchiven vieler Städte. In Berlin ist der Fall eines neunjährigen Jungen protokolliert, der beim Überqueren einer Straße angefahren wurde. Zunächst begann nur einer aus dem Kreis der Schaulustigen, die herbeigerufenen Feuerwehrleute zu beschimpfen - nach und nach schlossen sich bis zu 30 Gaffer den Pöbeleien an, bis die Polizei kam. Erst Anfang des Monats wussten sich Sanitäter im baden-württembergischen Singen nicht anders zu helfen, als die Polizei zu rufen: Betrunkene Jugendliche wurden gegen die Helfer handgreiflich, die einen 19-Jährigen versorgen wollten. Gaffer gebe es schon immer, sagt Pfeiffer. "Neu ist aber die Aggressivität, mit der diese Leute ihr vermeintliches Recht durchsetzen, in der ersten Reihe stehen zu dürfen." Viele Faktoren spielten dabei eine Rolle, etwa die Solidarisierung von Randgruppen gegen Obrigkeiten oder die Ablehnung von Autoritäten generell. "Beamte im Einsatz", rät Pfeiffer daher, sollten sich "angewöhnen, dass sie nicht anordnen dürfen, weil autoritäres Verhalten nicht mehr akzeptiert wird".
Sie kommen, um zu helfen - und können es oft nicht. Immer häufiger behindern aggressive Schaulustige die Rettungseinsätze von Feuerwehr und Sanitätern.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/gewalt-gegen-helfer-polizei-schuetzt-feuerwehr-1.4721
Gewalt gegen Helfer - Polizei schützt Feuerwehr
00/03/2010
Bei Merkels Ankunft in der Türkei ist von Spannungen nichts mehr zu spüren - die Eintracht mit Erdogan ist so demonstrativ wie zuvor der Streit. Das lässt einen Verdacht aufkommen. Man kann nicht behaupten, dass die türkischen Gastgeber nicht alles gegeben hätten. Fast eine geschlagene Stunde lang tun sie sehr viel, um sich schön zu machen für Angela Merkel. Die Soldaten polieren wieder und wieder ihre Stiefel. Sie zupfen an ihren Mänteln, sie testen den Sitz ihrer Helme, rücken ihre Orden zurecht. Und dann zerren sie noch inständig am roten Teppich, bis wirklich nichts mehr krumm aussieht zur Begrüßung. Als die Kanzlerin in der kleinen Straße vor dem Sitz des türkischen Ministerpräsidenten eintrifft, bleibt ihr nichts anderes übrig als "merhaba asker" zu rufen. So heiter klingt dieses "Guten Tag, Soldaten", dass Merkel und Recep Tayyip Erdogan von da an gemeinsam lächeln. Was auf den ersten Blick wie ein Widerspruch zum Sturm der vergangenen Tage aussieht, passt in Wahrheit sehr gut zum Verhältnis zwischen Türken und Deutschen. Denn mit einer vergleichbaren Präzision hatten die Regierungschefs in den Tagen zuvor deutliche Worte gefunden, um dem anderen mal heftiger (Erdogan), mal ein wenig eleganter (Merkel) klar zu machen, wo die Grenzen liegen. Türkische Gymnasien in Deutschland, EU-Beitritt der Türkei, Sanktionen gegen Iran - immer klarer wurden die Distanzierungen. Der türkische Ministerpräsident hatte am Ende gar vom "Hass" der Deutschen gesprochen. Die Kanzlerin hatte dagegengehalten, sich hartleibig gezeigt in der Debatte um eine türkische EU-Mitgliedschaft - und sich fast ein bisschen gesonnt im Image der eisernen Lady. Bis zum Start der Reise war das für beide nützlich gewesen. Ohne großen Aufwand konnten sie den eigenen Anhängern Entschlossenheit demonstrieren. Manchmal ist es leicht, mit ein paar harschen außenpolitischen Tönen innenpolitisch zu punkten. Im nahenden Frühling von Ankara und Istanbul ist davon nicht mehr die Rede. Kaum ist die Kanzlerin auf türkischem Boden, weht ein wärmeres Lüftchen. Schon beim Anflug hieß es in der Delegation, das persönliche Verhältnis zwischen Merkel und Erdogan sei ausgezeichnet. Eine Botschaft, die sich bei ihrem Treffen und danach auch vor den Medien wie selbstverständlich bestätigt. Plötzlich sind es allein die Medien gewesen, die im Vorfeld für Aufregung und Zuspitzung gesorgt haben. Erdogan spricht plötzlich von großer Freude, die ihn beim Besuch der Kanzlerin befalle. Derlei sei so wichtig für die Beziehungen beider Länder. Die Kanzlerin ergänzt, auch sie freue sich sehr, immerhin handele es sich um besondere Beziehungen, die besonders gepflegt werden müssten. So friedlich geht es zu, dass beide dieses Gefühl sogleich durch ihre Kompromissbereitschaft unterstreichen möchten. Erdogan betont, dass sich die Türken in Deutschland natürlich auch integrieren müssten. Merkel erklärt, dass diese dabei selbstverständlich ihre kulturelle Identität behalten sollten. Mehr noch: Da Deutschland Schulen im Ausland habe, sei es nur richtig, wenn die Türkei Gleiches in Deutschland erhalte - jedenfalls solange sie nicht als Ausrede dienen, nur noch türkisch zu sprechen. Fast überschwänglich fügt die Kanzlerin an, die Menschen in der Türkei sollten wissen, "dass uns die türkischstämmigen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland herzlich willkommen" seien. Noch Stunden zuvor wären solche Klänge beiderseits undenkbar gewesen. Das allerdings verstärkt vor allem den Verdacht, dass da zwei ziemlich laut gestritten haben, um sich anschließend ziemlich demonstrativ zu versöhnen. Aus Merkels Delegation heißt es später, das türkische Temperament sei halt ein bisschen stürmisch. Tatsächlich aber hat Merkel sich sehr gern an diesem garstig-freundlichen Duett beteiligt. Deutlich wird, dass da zwei keineswegs in allen Fragen einer Meinung sind, aber begriffen haben, dass sie wichtige Ziele ohne den anderen nicht erreichen werden. Was für Merkel eine bessere Integration der Türken in Deutschland ist, ist für Erdogan die EU-Vollmitgliedschaft. Wer also das eine will, darf beim anderen nicht zu abweisend erscheinen. Wenig verwunderlich ist es deshalb, dass Merkel beim Thema EU-Beitritt ein wenig leiser auftritt. Sie erklärt erstmals öffentlich, dass die von der eigenen Partei so lautstark beförderte Idee einer privilegierten Partnerschaft in der Türkei leider sehr schlecht ankomme. Das heißt nicht, dass sie die Position schon geräumt hätte. Aber sie ahnt offenbar, dass es wenig bringen wird, an einer Idee festzuhalten, die der andere als Beleidigung auffasst und auf ewig ablehnen dürfte. So kommt es, dass atmosphärisch Fortschritte erzielt werden - und andere brisante Themen unter den Tisch fallen. Dass Deutschland trotz der gigantischen griechischen Haushaltsprobleme noch immer Waffen an Griechen und Türken verkauft, statt Verzicht zu üben, ist ein Thema, über das man viel reden könnte. Dass die Türkei womöglich froh ist über die taktischen Atomwaffen der USA auf türkischem Boden - auch darüber könnte mit Blick auf Irans Atomprogramm manches ausgetauscht werden. Stattdessen gibt es vor allem eines: Schweigen. Da trifft es sich wenigstens gut, dass Reisen auch diesmal bildet. Am zweiten Tag besucht Merkel staunend die Hagia Sofia. Und in der benachbarten Blauen Moschee lässt sie sich vom Mufti erklären, dass ein Imam doch wichtiger ist als ein Muezzin. Die Schüler der deutschen Schule dürfen ihrerseits erleben, wie Merkel bei ihrer Visite viel Zeit hat, um mit immer wieder anderen Schülern zu plauschen. Die einen fragt sie nach dem Schulweg (bei vielen gut eine Stunde), die nächsten nach Motiven für ihre Schulwahl (die Eltern), die dritten nach ihren Zukunftsplänen (ein Studium in Deutschland). In der Aula präsentiert sich die Kanzlerin gar als Moderatorin, die manches spitz kommentiert, aber verschont bleibt von schweren Fragen. Wie sagt es ein Junge nach einem Handschlag zum Abschied? "Sie hat mich berührt, sie hat mich berührt, da wasche ich mich nie wieder." Die Kanzlerin - ein Popstar? Nein, es ist nicht so, dass sie das zum Ende dieser Reise gestört hätte.
Bei Merkels Ankunft in der Türkei ist von Spannungen nichts mehr zu spüren - die Eintracht mit Erdogan ist so demonstrativ wie zuvor der Streit. Das lässt einen Verdacht aufkommen.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/tuerkeibesuch-der-kanzlerin-gemeinsam-laecheln-1.23803
Türkeibesuch der Kanzlerin - Gemeinsam lächeln
00/03/2010
Triumph bei den Regionalwahlen in Italien für die Lega Nord: Im Ausland ist ihr Bild von Populismus und Rassismus geprägt. Ihr Erfolg hat mehrere Gründe. "Il Sorpasso", das Überholmanöver, war vor fast einem halben Jahrhundert der Titel eines Erfolgsfilms von Dino Risi mit Vittorio Gassman und Jean-Louis Trintignant als Hauptdarstellern. Seit dem vergangenen Montagabend hat dieser Filmtitel wieder an politischer Aktualität gewonnen: Der Lega Nord ist das Überholmanöver gegenüber ihrem Verbündeten der Berlusconi-Partei "Popolo della Libertà" (PDL) in Venetien grandios geglückt. Hier erhielt Luca Zaia, der Kandidat der Lega Nord für den Regionalpräsidenten, glatte 60 Prozent der abgegebenen Stimmen. Und im Piemont (mit der Hauptstadt Turin) gewann überraschend - aber nur knapp - ebenfalls ein Kandidat der Lega den Wahlkampf gegen die bisherige Regionalpräsidentin Mercedes Bresso von "Mitte-links". Für den unbestrittenen Lega-Führer Umberto Bossi vollendet sich mit diesem deutlichen Wahlerfolg vom vergangenen Wochenende der lange Marsch seiner Partei, die in der ersten Republik (1946 - 1994, Anm. d. Red.) die jüngste Partei war und paradoxerweise die älteste der zweiten Republik geworden ist. Interne Kämpfe Unter dem Dialektnamen "Liga" war die Bewegung 1979 in Venetien mit dem Anspruch auf das Erbe der "Erlauchten Republik Venedig" entstanden. Mit armseligsten Mitteln und einer Handvoll Anhängern schaffte sie es zur allgemeinen Überraschung schon 1983, mit 4,5 Prozent der Stimmen und zwei Vertretern ins römische Parlament zu gelangen. Aber sie verspielte diesen Erfolg schnell wieder durch eine Reihe interner Kämpfe, die wiederholt zu Abspaltungen und vielen kleinen Autonomie-Bewegungen führten. In diesen Jahren begann auch in der Lombardei die Erfolgsgeschichte des Umberto Bossi, der sich an der Spitze der Lega 1987 ins Parlament wählen ließ. Er polterte oft ruppig und ohne jede Konzilianz für die Interessen seiner Klientele gegen Rom und den Zentralstaat. Seine Slogans waren immer eindeutig und für jedermann verständlich: "Ordnung und Föderalismus" oder "Der Norden zuerst". 1991 führte Bossi alle regionalen Lega-Gruppen des Nordens zur Lega Nord zusammen, und schon im Jahr darauf wuchs ihr Prozentanteil bei den Wahlen auf landesweit neun Prozent, mit zweistelligen Werten in der Lombardei, in Venetien und sogar in der Emilia-Romagna, der traditionellen "roten" Festung. Als die erste Republik unter den in Mailand enthüllten Korruptionsskandalen in Politik und Wirtschaft zusammenbrach ("Tangentopoli"), verbündete sich Bossi mit Berlusconi, und gewann in dieser Koalition die Wahl von 1994. Bossi trat in die Regierung ein, verließ sie aber wenige Monate später und provozierte damit ihren Sturz. Mit der Forderung, den Norden von Italien zu trennen, trat die Lega 1996 allein gegen alle an und kam damit auf gut vier Millionen Stimmen (mehr als zehn Prozent). Ihre Isolation durchbrach sie aber dann wieder in einer Allianz mit der damaligen Berlusconi-Partei "Forza Italia". Unaufhaltsamer Aufstieg Bei den Wahlen 2001 und zuletzt 2008 konnte die Lega ihre Positionen noch weiter ausbauen. Die Partei wurde so zu einem festen Bestandteil der Regierung mit Ministern in Schlüsselressorts, angefangen beim Innenministerium unter Roberto Maroni, dem vielleicht wichtigsten Vertrauten von Bossi. Bei diesem unaufhaltsamen Aufstieg der Lega spielte und spielt Venetien ein herausragende Rolle. Sowohl bei den Parlamentswahlen 2008 als auch bei den Europawahlen 2009 war Venetien schon die Region mit dem größten Anteil an Lega-Wählern. Mit einer starken Präsenz in der nationalen Regierung und einer robusten Verwurzelung in der Region gelang es Bossi, bei der Wahl für den Spitzenkandidaten des Mitte-rechts-Bündnisses seinen Gefolgsmann Luca Zaia (den amtierenden Landwirtschaftsminister) gegen den Berlusconi-Vertrauten und bisherigen Regionalpräsidenten Giancarlo Galan durchzusetzen. Die Partei von Bossi wird also mit dem triumphalen Ergebnis von Montag zum ersten Mal eine große Region des Nordens alleine und unangefochten regieren. Im Piemont sind die Kräfteverhältnisse weniger eindeutig zugunsten der Lega. Vor allem ist es der Lega gelungen, das Erbe der alten und heute vollkommen zerbröselten "Democrazia Cristiana" aufzusaugen, die Venetien jahrzehntelang als ihren Besitztum beherrschte. In der Industrie hat sie es geschafft, eine Art klassenübergreifenden Konsens von Unternehmern und Arbeitern zu formen. Wie ein Magnet hat die Lega in den vergangenen Jahren versucht den Unmut besonders der vielen kleineren und mittleren Unternehmen, einschließlich der dort beschäftigten Angestellten, gegen den "römischen Zentralstaat", gegen die Großunternehmen (wie etwa Fiat) und dann mit kruden populistischen Parolen gegen eine angebliche "Migrantenflut" zu kanalisieren. Die Lega ist im Wesentlichen ein Produkt des Wohlstandes, der nach dem Krieg in den Industriegebieten des Nordens erreicht wurde - aber gleichzeitig auch der schleichenden Angst in der Bevölkerung vor einem Ende der Boom-Periode. Mit diesen Politikinhalten ist die Lega kontinuierlich zu einem Sprachrohr des Nordens geworden, der sich von Rom im Stich gelassen fühlt, schikaniert vom Finanzamt und im Wettbewerbsnachteil mit seinen ausländischen Konkurrenten. Im Ausland dominiert ein Bild von der Lega, das geprägt ist von Rassismus und Intoleranz gegenüber Immigranten, von Sicherheitspolitik gegen Kriminalität, von starkem Populismus und antieuropäischem Ressentiment. Um den Wahlerfolg dieser Partei zu erklären, reicht diese Interpretation nicht (mehr) aus. Hauptvertreter einer föderalistischen Staatsreform In ihrer Programmatik verschmelzen wirtschaftsliberale Positionen mit lokal orientierten Momenten zu einem offensichtlich für viele attraktiven Politikmodell. Vor allem aber ist sie zu einem verlässlichen Hauptvertreter einer föderalistischen Staatsreform geworden. Konsequent hat sie sich seit Jahren in Rom für einen Steuerföderalismus eingesetzt, mit dem sie die Regionen des italienischen Nordens weiter vom industriell weniger entwickelten Süden absetzt. Obwohl Mitglied in der Mitte-rechts-Regierung von Silvio Berlusconi befindet sich die Lega heute mit den anderen Kräften dieses Bündnisses in einem stärkeren Konkurrenzkampf als mit der politischen Linken, die im Norden Italiens eine eher untergeordnete Rolle spielen. Bossi zielt explizit darauf ab, die Lega zur bestimmenden Partei Norditaliens zu machen. Und mit den Regionalwahlen vom vergangenen Wochenende ist ihm dieses auch fast schon flächendeckend gelungen. Mit Blick auf die Parlamentswahl 2013 könnten sich jetzt bei der Mitte-rechts-Mehrheit, die Italien regiert, ganz neue Szenarien eröffnen. Auf jeden Fall ist aber mit mehr Konflikten und weniger Konsens gerade im Regierungslager zu rechnen. Der Journalist Francesco Jori arbeitet für La Repubblica. Außerdem ist er Dozent für politische Kommunikation an der Universität Padua. 2009 erschien von ihm "Dalla Liga alla Lega" - zur Geschichte der Lega Nord.
Triumph bei den Regionalwahlen in Italien für die Lega Nord: Im Ausland ist ihr Bild von Populismus und Rassismus geprägt. Ihr Erfolg hat mehrere Gründe.
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Regionalwahlen in Italien: Lega Nord - Der Siegeszug der Populisten
00/03/2010
Silvio Berlusconi triumphiert: "Mir geht es blendend." Trotz Unregelmäßigkeiten vor den Regionalwahlen hat seine Partei unerwartet gute Ergebnisse erzielt. Bei den Regionalwahlen in Italien hat das konservative Lager von Ministerpräsident Silvio Berlusconi unerwartet stark abgeschnitten. "Sie wollten mich vertreiben, aber das italienische Volk hat sie vertrieben", sagte Berlusconi der italienischen Tageszeitung Repubblica. Berlusconi spielt damit auf die seiner Meinung nach bösen Gegenmächte an - kritische Medien und Oppositionspolitiker - die ihn und das italienische Volk zu Fall bringen wollten. Nach Auszählung beinahe aller Stimmen lag sein Mitte-Rechts-Bündnis in sechs der 13 zur Abstimmung stehenden Regionen vorn. Vier von ihnen konnte es dabei dem linken Lager abjagen. Die Opposition behielt zwar in sieben Regionen die Nase vorn, musste aber im reichen Norden herbe Niederlagen einstecken. Die Regionalwahlen vom Sonntag und Montag galten als wichtiger Stimmungstest für Berlusconis Regierung. Der 73-Jährige entging einer Schlappe wie sie der französische Präsident Nicolas Sarkozy vor etwa einer Woche hinnehmen musste. Am Abend vor der Verkündung des Wahlergebnisses gab sich Berlusconi siegessicher: "Mir geht es wie immer blendend." "Die Linke existiert im Norden nicht mehr" "Als klarer Gewinner ging Berlusconis Koalitionspartner Lega Nord aus der Abstimmung hervor. Die rechtspolulistische Partei von Umberto Bossi entschied Venetien und Piemont für sich. "Die Lega Nord ist ein treuer Bündnispartner, mit Bossi werden wir uns sicher einigen können", sagte der Ministerpräsident der Repubblica. In der Lombardei, dem industriellen Kernland Italiens, verringerte sie den Abstand auf Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PDL). "Die Linke existiert im Norden nicht mehr", erklärte Bossi. Erstmals in ihrer Geschichte wird die Lega Nord damit in zwei Regionen des Nordens den Regierungschef stellen. Sie dürfte damit auch in der Koalition in Rom ihren Forderungen künftig mehr Nachdruck verleihen. Rund 41 Millionen Italiener waren in 13 der 20 Regionen des Landes zur Abstimmung aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag mit lediglich 64 Prozent auf einem Rekordtief. Bei der letzten Regionalwahl im Jahr 2005 waren es noch 72 Prozent. Nach dem Debakel um die Registrierung von PDL-Kandidaten waren die Umfragewerte der Regierungspartei vor der Wahl eingebrochen. Die Wähler verunsicherte das unprofessionelle Vorgehen der Partei. Berlusconis Parteifreunde hatten in zwei Regionen ihre Wahlliste nicht fristgerecht eingereicht und wurden deshalb von der Abstimmung ausgeschlossen. Die Regierung versuchte daraufhin, ihnen die Teilnahme per Dekret doch noch zu ermöglichen, scheiterte damit aber am Obersten Verwaltungsgericht.
Silvio Berlusconi triumphiert: "Mir geht es blendend." Trotz Unregelmäßigkeiten vor den Regionalwahlen hat seine Partei unerwartet gute Ergebnisse erzielt.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/regionalwahlen-in-italien-sie-konnten-mich-nicht-vertreiben-1.24211
"Regionalwahlen in Italien - ""Sie konnten mich nicht vertreiben"""
00/03/2010
Auf den ersten Blick sieht es aus, als wäre ein großer Schritt in Richtung Abschaffung der Todesstrafe getan. Bei näherem Hinsehen folgt jedoch die Ernüchterung. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat die Statistik über die Todesstrafe im Jahr 2009 veröffentlicht. Und im Vergleich zu 2008 sind die Zahlen massiv gesunken. Waren es 2008 noch 2390 Menschen die hingerichtet wurden, werden für 2009 noch 714 vollstreckte Todesurteile angegeben. Dass so viel weniger Menschen hingerichtet wurden, liegt aber allein daran, dass AI für 2009 keine Zahlen aus der Volksrepublik China berücksichtigt, da hier keine zuverlässigen Angaben vorliegen. Die tatsächliche Anzahl der staatlichen Hinrichtungen dürfte also um einiges höher liegen. Außer China ahndeten 17 weitere Staaten im Jahr 2009 die unterschiedlichsten Straftaten mit der Todesstrafe. Oft werden Todesurteile auch als Mittel gegen politische Gegner eingesetzt. In der Todesstrafenstatistik finden sich neben totalitären Staaten wie Nordkorea auch westliche Demokratien und Urlaubsparadiese. Die Statistik in Bildern: Foto: dpa
Amnestie International veröffentlicht die Todesstrafenstatistik für das Jahr 2009. In 18 Staaten wurden 714 Menschen hingerichtet. Die Dunkelziffer liegt viel höher.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/amnesty-international-todesstrafenstatistik-toedliche-bilanz-1.14224
Amnesty International: Todesstrafenstatistik - Tödliche Bilanz
00/03/2010
Die Popularitätswerte des Guido Westerwelle sind so tief gesackt wie nie zuvor die eines Außenministers oder FDP-Vorsitzenden. Der Vizekanzler hält sich als innenpolitischer Angreifer für unentbehrlich. Dann aber hätte er nicht Außenminister werden dürfen. Diese Woche hat für Guido Westerwelle im kanadischen Gatineau begonnen, beim Gipfeltreffen der Außenminister der G-8-Staaten. Weit weg von Berlin, wo die vergangene Woche für den FDP-Chef am Boden der politischen Tatsachen zu Ende gegangen ist. Da waren seine Popularitätswerte so tief gesackt wie nie zuvor die eines Außenministers oder FDP-Vorsitzenden. Wenn es nun stimmt, dass die schwarz-gelbe Koalition verstanden hat, dass sie ihr Erscheinungsbild verbessern will, dann ist Westerwelle am richtigen Platz für einen Neuanfang. Dem FDP-Chef kann nur noch der Außenminister helfen. Auch wenn es weh tut: Zum besseren Verständnis dessen, was er falsch gemacht hat in den ersten Amtsmonaten, würde Westerwelle ein Blick darauf helfen, was seine Vorgänger richtig gemacht haben. Der Grüne Joschka Fischer ist angetreten in einer nicht unähnlichen Situation - ohne Regierungserfahrung im Bund, als Vertreter des kleineren Koalitionspartners und gegen das Misstrauen vieler. Fischer gelang die rasche Mutation zum Staatsmann. Iran und Israel: Chancen für Westerwelle, zu glänzen Er redete seiner Partei nicht nach dem Mund, sondern mutete ihr gleich zu Beginn mit der deutschen Beteiligung am Kosovo-Krieg viel zu. Frank-Walter Steinmeier hatte diese Probleme nicht. Aus dem toten Winkel der öffentlichen Wahrnehmung aber trat der einstige Kanzleramtschef als honoriger Außenpolitiker ins Bewusstsein der Bürger. Beide haben im Amt an Statur gewonnen. An Gelegenheiten, sich in der Diplomatie zu beweisen, fehlt es auch Westerwelle nicht: Im sich gefährlich zuspitzenden Nahost-Konflikt kommt Deutschland eine europäische Schlüsselstellung zu. Zum einen bringt Israel keinem anderen Land in der EU so viel Vertrauen entgegen. Zum anderen verfügen nur wenige Länder mit so guten Beziehungen zu Israel über so brauchbare Drähte in die arabische Welt. Auch beim beherrschenden internationalen Thema der kommenden Wochen, dem Konflikt um das iranische Atomprogramm, spielt Deutschland keine Nebenrolle. Es geht darum, die Russen für Sanktionen gegen Teheran bei der Stange zu halten und die Chinesen ins Boot zu holen. Dies ist, selbst wenn das in Berlin kaum wahrgenommen wird, auch eine Aufgabe für den deutschen Außenminister. Und nicht zuletzt in Europa muss Westerwelle Flagge zeigen, indem er deutsche Interessen wahrt beim Aufbau des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Es sind dies alles Aufgaben, welche die volle Aufmerksamkeit eines Außenministers erfordern. Er muss sie erledigen - nicht, weil dies einen Popularitätsgewinn verspricht, sondern deshalb, weil er einen Amtseid abgelegt hat. Wenn die Bürger den Eindruck gewinnen, dass Westerwelle diesen Eid ernst nimmt, werden sie auch ihn wieder ernster nehmen. Mag sein, dass der FDP-Chef sich in seiner Rolle als innenpolitischer Angreifer für unentbehrlich hält. Dann aber hätte er nicht Außenminister werden dürfen.
Die Popularitätswerte des Guido Westerwelle sind so tief gesackt wie nie zuvor die eines Außenministers oder FDP-Vorsitzenden. Der Vizekanzler hält sich als innenpolitischer Angreifer für unentbehrlich. Dann aber hätte er nicht Außenminister werden dürfen.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/westerwelle-in-der-krise-dem-fdp-chef-kann-nur-der-aussenminister-helfen-1.8905
Westerwelle in der Krise - Dem FDP-Chef kann nur der Außenminister helfen
00/03/2010
US-Außenministerin Hillary Clinton gibt sich optimistisch, dass die Regierung in Peking schärfere Sanktionen gegen Iran unterstützen wird. Kurzmeldungen im Überblick. US-Außenministerin Hillary Clinton erwartet, dass China seinen Widerstand gegen eine Verschärfung der UN-Sanktionen gegen Iran aufgeben wird. "Ich denke, wenn wir in den nächsten Wochen mit der schwierigen Arbeit an einer neuen Resolution des UN-Sicherheitsrats beginnen, wird China dabei sein und eigene Vorschläge beisteuern", sagte Clinton am Montag vor dem G-8-Außenministertreffen in Kanada in einem Fernsehinterview. Im Mittelpunkt des Treffens steht das iranische Atomprogramm. Die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland setzen sich bereits seit längerem für eine Verschärfung der Sanktionen gegen Teheran ein, sie benötigen dafür aber die Zustimmung der ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat, Russland und China. Moskau hat bereits Entgegenkommen signalisiert, mit Spannung wurden auf dem G-8-Treffen die Einlassungen des russischen Außenministers Sergej Lawrow zum Iran erwartet. China ist bei dem Treffen der führenden Industriestaaten und Russlands nicht vertreten. Die Außenminister der sieben führenden Industrieländer und Russlands (G 8) werden die internationale Gemeinschaft auffordern, mit "angemessenen und starken Schritten" auf das iranische Atomprogramm zu reagieren. Im Entwurf des Abschlussdokuments unterstreichen die G-8-Minister zugleich ihre anhaltende Bereitschaft zum Dialog mit Iran. Mangels einer Antwort aus Teheran auf Kompromissangebote müsse die Staatengemeinschaft jetzt "härtere Strafmaßnahmen vorbereiten", sagte Außenminister Guido Westerwelle am Montag vor dem Treffen der G-8-Außenminister in Kanada. Die internationale Gemeinschaft verdächtigt Iran, heimlich Atomwaffen zu bauen. Die Regierung in Teheran bestreitet dies, lässt aber auch die notwendige Transparenz ihres Atomprogramms vermissen. Der Westen dringt daher auf zusätzliche Sanktionen gegen Iran. Unions-Fraktionsvorsitzende Fuchs fordert Subventionskürzungen "nach dem Rasenmäherprinzip", die Verteidigung im el-Masri-Prozess beantragt die Vernehmung Merkels und mehrere Extremisten werden bei einem Luftangriff in Pakistan getötet : Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.
US-Außenministerin Hillary Clinton gibt sich optimistisch, dass die Regierung in Peking schärfere Sanktionen gegen Iran unterstützen wird. Kurzmeldungen im Überblick.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-clinton-zaehlt-auf-china-1.5886
Clinton zählt auf China
00/03/2010
Der FDP-nahe Universum-Verlag betreut die Webseiten der Liberalen und druckt Schulbücher. Er hat eine merkwürdige Art entwickelt, sich Aufträge zu beschaffen. Es ist ein Heft, dessen Titel sich wunderbar in den liberalen Wertekosmos einfügt: "Traumberuf Chef". Schließlich sind freies Unternehmertum und Marktwirtschaft Schlüsselbegriffe im Jargon der FDP. So wundert es nicht, dass die Liberalen im Thüringer Landtag am 16. März einen Antrag stellen, wie mit Hilfe dieses Heftes künftig Thüringer Schülerinnen und Schüler in die Geheimnisse des Kapitalismus eingeführt werden sollen. Die Landtagsfraktion fordert mit Drucksache 5/620 die schwarz-rote Landesregierung auf, das "Lehrmaterial 'Traumberuf Chef' in den Lehrplan der Thüringer Schulen zu integrieren". Die Fraktion verweist zudem stolz darauf, dass das Heft vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie "initiiert" worden sei. Dessen Chef ist seit vergangenem Herbst FDP-Mann Rainer Brüderle. Auch den Liberalen in Thüringen dürfte inzwischen aufgefallen sein, dass hinter dem Heft ein FDP-nahes Verlagskonglomerat steht. Der ursprünglich in Berlin gegründete Universum-Verlag residiert inzwischen in Wiesbaden, unterhält aber noch eine Berliner Repräsentanz und gehört zu 50 Prozent der FDP. Der Verlag hat sechs Tochterunternehmen sowie je eine Dependance in der Schweiz und in Polen. Im Jahr 2008 erwirtschaftete das Unternehmen mit seinen 80 Mitarbeitern knapp 11,5 Millionen Euro Umsatz. Viele Aufträge an den Verlag kommen direkt von der FDP. Wenn die Partei ihre Homepage oder das "Portal-Liberal" erneuert, dann übernimmt das der Universum-Verlag. Wenn die Liberalen neue Broschüren oder Infoblätter benötigen, dann druckt sie der Universum-Verlag. Auch die persönliche Homepage von FDP-Chef und Außenminister Guido Westerwelle wird von einer Tochter des Universum-Verlags betreut. Der Verlag druckt nicht nur, er steht auch redaktionell für die liberale Sache ein: So landet eine E-Mail, die sich an die Redaktion des gemeinsamen Internetportals von Bundespartei, FDP-Bundestagsfraktion und FDP-naher Friedrich-Naumann-Stiftung wendet, bei der "Universum Kommunikation und Medien AG", ansässig in der Reinhardtstraße 16 in Berlin-Mitte. Unter der Adresse Reinhardtstraße 14 firmiert die FDP-Parteizentrale im Thomas-Dehler-Haus. Die Wege in die Schaltzentrale der Macht sind kurz. Lesen Sie auf Seite 2, wie das Druckhaus mit den Institutionen im Bundesland Hessen verwoben ist.
Der FDP-nahe Universum-Verlag betreut die Webseiten der Liberalen und druckt Schulbücher. Er hat eine merkwürdige Art entwickelt, sich Aufträge zu beschaffen.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/das-firmengeflecht-der-fdp-liberales-bildungs-business-1.24461
Das Firmengeflecht der FDP - Liberales Bildungs-Business
00/03/2010
Der Fall "Hutaree" zeigt das explosive Potential radikaler US-Christen, mit dem auch die politische Rechte um Sarah Palin spielt. Die Männer tragen Camouflage, ihre khakifarbenen Rucksäcke sind schwer bepackt, alle sind mit automatischen Waffen ausgerüstet. In voller Montur robben sie über den Waldboden, hetzen mit gebeugtem Oberkörper über eine Lichtung, zünden Sprengsätze, feuern auf den imaginären Feind. Am Ende sieht man, wie eine blaue UN-Fahne verbrennt, dann hissen die Kämpfer ihre eigene Flagge: dunkelgrün-schwarzer Hintergrund, darauf ein kleines braunes Kreuz - die Fahne der Colonial Christian Republic (CCR). Das Ganze untermalt ein düsterer Song mit rhythmisch stampfenden Bässen. Das Video, abrufbar auf dem Internetportal Youtube, wirkt teilweise wie Werbung für die Armee. Das Land CCR existiert nicht, aber die Männer in Flecktarn sind keine Schauspieler: Sie gehören einer paramilitärischen christlichen Gruppe mit dem Namen "Hutaree" an; ein erfundener Name, der "christlicher Krieger" bedeuten soll. 350 Freunde bei MySpace Die Milizionäre haben mehrere solcher Videos ins Netz gestellt, mit denen sie Anhänger gewinnen und zum Kampf für ihre Sache mobilisieren wollen. Fans haben die rabiaten Christen offenbar: Rund 350 Freunde soll die MySpace-Seite von Huteree verzeichnen. Was die selbsternannten Gotteskrieger im Sinn haben, lassen die Vorwürfe erahnen, die nun die Detroiter Staatsanwaltschaft gegen neun Angehörige der Hutaree erhoben hat: Sie sollen einen Mord an einem Polizisten geplant haben. Und später, bei dessen Beisetzung, Bomben zünden und so einen "Aufstand gegen die Regierung" anzetteln wollen. Unter den Angeklagten sind auch der 45-jährige Chef der Miliz, David Brian Stone, seine Frau und seine beiden Söhne. Auf ihrer Homepage machen die Hutaree bereitwillig Angaben zu ihren Ansichten und ihrem Ziel, eine neue Weltordnung zu schaffen. Die Gruppe zeigt ihr Wappen und ihre Flagge, gewährt Einblick in ihr Rangordnungssystem und versucht, mit ihrer Doktrin und ihren Kampfvideos "jene zu erreichen, die das Wort Gottes verloren haben". Warten auf die Endzeitschlachten Über alledem steht das Motto "Preparing for the end time battles to keep the testimony of Jesus Christ alive", sie bereiten sich also vor "auf die Endzeitschlachten, um das Zeugnis Jesu Christi aufrechtzuerhalten". Die Doktrin der paramilitärischen Truppe, die sich für den Weltuntergang rüstet, ist gespickt mit Bibelzitaten, kaum ein Satz, in dem nicht das Wort christlich oder der Name Jesus vorkommt. Doch die Verschwörungstheorien haben nichts mit christlichen Tugenden zu tun: "Wir glauben, dass eines Tages (...) der Antichrist kommt." Den gelte es zu bekämpfen und zu vertreiben. Laut Chip Berlet vom Forschungsinstitut Political Research Associates gehen sie Verschwörungstheorien der Gruppe noch weiter: Die Hutaree haben seiner Meinung nach Angst vor einem die ganze Welt umfassenden Regime. Auch Europa sei eine Bedrohung, zeitweise vermuteten die Hutaree sogar im damaligen Hohen Repräsentanten der EU-Außenpolitik, Javier Solana, den Antichrist. Hutaree hat den satanischen Feind im eigenen Land ausgemacht, genauer: Er sitzt im Weißen Haus und heißt Barack Obama. In der US-Regierung sähen Stone und seine Leute den Antichrist, den es zu vernichten gelte, sagte Michael Barkun, Extremismusexperte der Syracuse University im Bundestaat New York, der Detroit Free Press. "Es begann als christliche Sache" Alle Christen müssten sich auf den Kampf vorbereiten, schreibt die Gruppe beschwörend auf ihrer Homepage, so habe es Christus - er wird als "Top General" bezeichnet - angeordnet. "Eines Tags werden die Hutaree ihren Feind erkennen und, so Gott will, auf dem Schlachtfeld treffen." Donna Stone, die Exfrau des Hutaree-Chefs Brian Stone, hat sich inzwischen zu der Causa zu Wort gemeldet. Sie versucht zu erklären, wie die Gruppierung immer radikaler wurde: "Es begann als christliche Sache", zitiert sie der Christian Science Monitor. "Du gehst zur Kirche. Du betest. Du kümmerst dich um deine Familie." Irgendwann habe David Stone aufgerüstet: von Handfeuerwaffen zu "big guns", großen Waffen; und dauernd habe er vom Jüngsten Tag gesprochen, so wie er in der Bibel beschrieben wird. Das alles wurde Gattin Donna zu viel, die Ehe scheiterte. Milizenführer Stone nahm sich des gemeinsamen Sohnes Joshua an und zog ihn mit in seine Welt aus Waffen und Weltuntergang - nun wurden alle festgenommen.
Der Fall "Hutaree" zeigt das explosive Potential radikaler US-Christen, mit dem auch die politische Rechte um Sarah Palin spielt.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/usa-vereitelter-anschlag-der-goettliche-krieg-der-hutaree-1.7055
USA: Vereitelter Anschlag - Der göttliche Krieg der Hutaree
00/03/2010
Wie vor einem halben Jahr SPD-Kanzlerkandidtat Steinmeier will nun CSU-Chef Seehofer die Republik mit einem "Deutschland-Plan" retten. Allerdings scheint dieser alles andere als ausgereift zu sein. Vier Millionen neue Jobs, ein massiver Ausbau erneuerbarer Energien und eine große Bildungsoffensive: Ein ambitionierter Ansatz, eine Art "Überwahlprogramm" sollte den glücklos agierenden Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier aus der Defensive bringen, die vergrätzen Wähler zurück in die Arme der Sozialdemokratie treiben und die SPD vor dem Absturz bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr retten. Unbescheiden firmierte das 67 Seiten lange Werk unter dem Titel "Deutschland-Plan". Der Name suggeriert, der Planer habe eine Lösung für die gesammelten Probleme der Nation. Doch große Ziele scheitern leicht an der Wirklichkeit. Frank-Walter Steinmeier ist 2009 jedenfalls nicht Kanzler geworden. Kein halbes Jahr ist vergangen, seit Steinmeier seinen Wunderplan präsentiert hat, da steht schon der nächste "Deutschland-Plan" an: CSU-Chef Horst Seehofer sieht offenbar die Notwendigkeit, sich, seine Partei und die ganze Regierung zu retten. "Wir brauchen jetzt eine Gesamtlösung, einen 'Deutschland-Plan' für die kommenden Jahre," sagt Bayerns Ministerpräsident im Gespräch mit dem Magazin Stern. Seehofers "Deutschland-Plan" ist weniger ambitioniert, als der von Steinemeier. Genau genommen ist es nicht einmal ein Plan, sondern bestenfalls die Idee für einen Plan. Konkret ist Seehofer vor allen Dingen wenn es darum geht, was nicht mehr geht: "Ich will keine abstrakte Diskussionen mehr über Wirtschafts- und Sozialpolitik!", sagt er etwa. Und er fordert, dass sich die Koalition von der Idee verabschiedet, Steuersenkungen um jeden Preis zu beschließen. Man müsse alles nebeneinander legen - "Steuern, Bildungsinvestitionen, die Zuschüsse zur Sozialversicherung und die Schuldenbremse" - und dann politisch darüber entscheiden, mit welcher Priorität und in welchem Umfang die jeweiligen Dinge in Angriff genommen werden. Die Koalition in Berlin soll aus dem Holperstart und den drastisch gesunkenen Zustimmungswerten in der Bevölkerung ihre Lehren ziehen, fordert Seehofer. Für Schwarz-Gelb sieht er "eine historische Chance, die so schnell nicht wieder kommen wird." Wenn die Koalition diese Chance verspiele, sei das "ein Konjunkturprogramm für alle politischen Kräfte links von uns", so Seehofer. Diese "historische Chance" will Seehofer nun also offenbar mit einem "Deutschland-Plan" wahren. Vielleicht würde zunächst schon ein "Koalitions-Plan" weiterhelfen.
Wie vor einem halben Jahr SPD-Kanzlerkandidtat Steinmeier will nun CSU-Chef Seehofer die Republik mit einem "Deutschland-Plan" retten. Allerdings scheint dieser alles andere als ausgereift zu sein.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/deutschland-plan-seehofer-steinmeiert-1.24019
"""Deutschland-Plan"" - Seehofer steinmeiert"
00/03/2010
"Zusammen rein, zusammen raus": Verteidigungsminister Theodor zu Guttenberg erwägt in Absprache mit den Nato-Partnern einen Truppenabzug aus dem Kosovo. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat bei seinem Besuch im Kosovo eine weitere Reduzierung des deutschen Kontigents an der Nato-Truppe KFOR noch in diesem Jahr nicht ausgeschlossen. Nach Gesprächen mit Präsident Fatmir Sejdiu und Premierminister Hashim Thaci mahnte er jedoch, diese Entscheidung "nicht über Nacht zu treffen, sondern innerhalb der Nato eng abzustimmen". Guttenberg sagte: "Es gilt: Wir sind zusammen rein, wir gehen zusammen raus." Die Entscheidung über die Reduzierung der Nato-Truppen insgesamt könne auch "die Perspektive einer Reduzierung unserer eigenen Truppen eröffnen". Auftrag "fast erfüllt" Die Bundeswehr hat derzeit mehr als 1500 Soldaten im Kosovo stationiert, der seit zwei Jahren unabhängig von Serbien ist. Insgesamt unterhält die Nato ein Kontingent von 9000 Soldaten dort. Nach Auffassung des deutschen KFOR-Kommandanten Markus Bentler ist der Auftrag der Nato im Kosovo "fast erfüllt". Es gebe keine Bedrohung mehr von außen, allerdings sei ein Wiederaufflammen der Gewalt nicht auszuschließen. Guttenbergs Forderung nach einem abgestimmten Vorgehen ist als indirekte Kritik an Frankreich zu verstehen. Paris hatte jüngst im Alleingang angekündigt, seine Truppen bis Ende des Jahres abzuziehen. Damit könnte ein Sicherheitsvakuum entstehen. Frankreich hat das Kommando im besonders sicherheitsgefährdeten Norden des Kosovo. In der geteilten Stadt Mitrovica an der Grenze zu Serbien kam es im März 2004 zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Serben und Albanern, die sich auf den ganzen Kosovo ausgeweitet hatten und viele Opfer forderten. Entscheidung über Unabhängigkeit des Kosovos im Herbst erwartet Für den Herbst wird eine Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs über die völkerrechtlich umstrittene Unabhängigkeit des Kosovo erwartet. Der Verteidigungsminister sagte, die deutsche Position zur Unabhängigkeit des Kosovo sei "klar, artikuliert und fest." Sie werde auch durch die Entscheidung des Gerichtshofes "zunächst" nicht beeinträchtigt. Deutschland hat mit den USA und einer Mehrheit der EU-Staaten die frühere serbische Provinz anerkannt. Guttenberg lobte die Bemühungen des Kosovo, sich der Europäischen Union anzunähern. Zugleich sagte er: "Es gibt eine klare Ansage der EU, dass Pristina seine Hausaufgaben zu machen hat." Der Minister sagte der Regierung weitere Unterstützung Deutschlands beim Aufbau eigener Sicherheitskräfte zu. Ziel müsse es sein, einen "Sicherheitsanker" zu schaffen. Premierminister Taci sicherte dem deutschen Verteidigungsminister zu, dass die kosovarischen Sicherheitskräfte demokratisch und multi-ethnisch organisiert sein würden.
"Zusammen rein, zusammen raus": Verteidigungsminister Theodor zu Guttenberg erwägt in Absprache mit den Nato-Partnern einen Truppenabzug aus dem Kosovo.
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"Bundeswehreinsatz im Kosovo - Auftrag ""fast erfüllt"""
00/03/2010
Die rechtsgerichtete Lega-Nord und die Partei Popolo della Libertà (PDL) von Regierungschef Silvio Berlusconi haben bei den Wahlen in 13 der 20 Regionen Italiens einen überraschenden Erfolg erzielt. Das zeichnete sich am Montag nach Schließung der Abstimmungslokale ab. Hochrechnungen zufolge nahm die Rechte der Linken mindestens die beiden südlichen Regionen Kalabrien und Kampanien ab. Bisher hatte die Rechte in nur zwei der 13 Wahlregionen regiert. Insgesamt aber dominieren Mitte-links-Bündnisse weiter in der Mehrzahl der Regionen. Die Wahlbeteiligung war sehr niedrig. "Diese Ergebnisse stärken die Regierung", sagte Verteidigungsminister Ignazio La Russa: "Berlusconi hat gezeigt, dass er immer gewinnt, wenn es ein Referendum für oder gegen ihn gibt." In mehreren Regionen, darunter Piemont und Latium, zeichnete sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen beiden Lagern ab. In den Mitte-links-Bündnissen ist die Demokratische Partei (Partito Democratico, PD) führend, in den Mitte-rechts-Gruppierungen sind es Berlusconis PDL und die Lega Nord. Nach ersten Hochrechnungen lag im Piemont der Lega-Kandidat Roberto Cota vor der Amtsinhaberin Mercedes Bresso. Sollte sich sein Sieg bestätigen, würden die drei großen Regionen, in denen sich die Wirtschaft des Landes konzentriert, alle von Mitte-rechts regiert. Die Lega Nord würde dabei zwei von drei Regierungschefs stellen. Ein Regierungswechsel steht auch in Kampanien im Süden bevor. Dort lag das Mitte-rechts-Bündnis nach vorläufigen Zahlen fast 14 Prozent vor Mitte-links. Wie erwartet, ändert sich auch die Mehrheit in Kalabrien, wo der PDL-Spitzenkandidat klar führte. In Latium lagen die Spitzenkandidaten von links und rechts am späten Abend fast gleichauf, während sich in Ligurien andeutete, dass die Mitte-links-Mehrheit bleibt. Einen deutlichen Sieg hat ein Politiker der Lega Nord in Venetien erzielt. Luca Zaia, Agrarminister in der nationalen Regierung in Rom, hat nach vorläufigen Ergebnissen 62 Prozent der Stimmen errungen. Die Lega hatte in Venetien durchgesetzt, dass der seit 15 Jahren regierende Giancarlo Galan von der PDL die Kandidatur Zaia überlassen musste. Es sieht zudem so aus, als habe die Lega Nord mit ihren Stimmen in Venetien erstmals PDL überholt. Sie ist in der Regierung in Rom der kleinere Koalitionspartner. Die Wahlbeteiligung sank um 7,8 Prozent. Zahlen des Innenministeriums zufolge wählten nur 64,2 Prozent der 41 Millionen Berechtigten, 2005 waren es 72 Prozent gewesen. Wahlforscher werteten die deutlich gestiegene Zahl der Enthaltungen als Zeichen der Entfremdung der Bürger von der Politik. Unter den Nichtwählern sind nicht nur solche, die sich nicht für Politik interessieren, sondern offenbar in wachsender Zahl auch Bürger, die aus Protest nicht wählen. Sie haben einen Wahlkampf erlebt, in dem nicht ihre großen wirtschaftlichen Sorgen im Zentrum standen. Einen deutlichen Vertrauensverlust für Berlusconi und seine Regierung ergab schon Anfang März eine Meinungsumfrage. In Latium fiel die Beteiligung um zwölf auf 60,77 Prozent. Dies dürfte die Reaktion darauf sein, dass in der Provinz Rom die Liste der PDL nicht zur Wahl zugelassen worden war. Berlusconis Partei hatte die Unterlagen unvollständig und erst nach Ablauf der Frist eingereicht. Seine Versuche, per Dekret oder vor Gericht die Listen nachträglich für gültig erklären lassen, blieben erfolglos.
Berlusconis Mitte-rechts-Lager entgeht der Wahl-Schlappe - und gewinnt ersten Prognosen zufolge sogar Regionen hinzu.
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Regionalwahlen in Italien - Überraschungserfolg für Berlusconi
00/03/2010
Die Kanzlerin besucht nach vier Jahren erstmals die Türkei. Auch wegen dieses Desinteresses kommt es zu unnötigen Debatten. Merkel sollte mehr mit Premier Erdogan reden - statt über ihn. Die beiden haben noch einmal die Kurve gekriegt. Die Bundeskanzlerin schenkte dem türkischen Premier eine weiße Friedenstaube aus Ton. Und der betonte gleich mehrmals vor der Presse das "große Glück", das er empfinde ob des Besuches aus Deutschland. Die beiden sollten sich öfter treffen. Im Ernst. 2006 war Merkel das letzte Mal in der Türkei, ein Desinteresse, das von türkischer Seite leicht als Geringschätzung ausgelegt wird. Und wo nicht miteinander geredet wird, wird umso mehr übereinander geredet. Dann vor allem mit Blick aufs heimische Publikum. Der Streit um türkische Schulen in Deutschland war das beste Beispiel, wie leicht so ein Gefecht über Bande außer Kontrolle geraten kann. Natürlich ist Premier Tayyip Erdogan ein Meister der unglücklichen Formulierung, manchmal liegt auch ein unglücklicher Gedanke zugrunde. Aber wie die deutsche Debatte sich zu immer neuen Höhen der Entrüstung emporschraubte, das hatte hysterische Züge. Merkel besucht Ankara, auf der Agenda stehen der Griff Irans nach der Atombombe, die Energieversorgung Deutschlands und die Zukunft Europas - und es wird über nichts anderes debattiert als über türkische Gymnasien? Am Montag sah es dann so aus, als habe der Streit mindestens zur Hälfte auf einem Missverständnis beruht. Ein Grund zum Aufatmen ist das nicht. Es hat sich wieder einmal gezeigt: Das Erregungspotential ist hoch, die Atmosphäre leicht zu vergiften. Gerade für Deutschland mit seinen drei Millionen türkischstämmigen Bürgern steht viel auf dem Spiel. Merkel sollte öfter mit Erdogan reden. Eine Friedenstaube abliefern, reicht da nicht. Auch in der Türkei ist Tontaubenschießen ein beliebter Sport.
Die Kanzlerin besucht nach vier Jahren erstmals die Türkei. Auch wegen dieses Desinteresses kommt es zu unnötigen Debatten. Merkel sollte mehr mit Premier Erdogan reden - statt über ihn.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/merkel-und-die-tuerkei-ausser-kontrolle-1.18455
Merkel und die Türkei - Außer Kontrolle
00/03/2010
Die Spur der Anschläge von Moskau führt in den Kaukasus. Es ist eine Region, in der die Justiz nichts gegen folternde Polizisten unternimmt - und in der die Bevölkerung die Scharia als Fortschritt sieht. Sie waren der verstörendste Anblick bei der Geiselnahme im Moskauer Musical-Theater Nord Ost vor acht Jahren. Ihre Taten widersprechen allen kaukasischen Geschlechtertraditionen: Selbstmordattentäterinnen, sogenannte Schwarze Witwen, die Väter und Brüder rächen, die manchmal aber auch von den Kämpfern in die Schlacht geschickt werden, verkörperten wie niemand sonst eine Gewalt, die aus Verzweiflung geboren wird. Auch die Anschläge am Montagmorgen in der Moskauer Metro sollen von Frauen verübt worden sein. Die Attentäterinnen selbst sind tot. Gesucht werden nun zwei Frauen mit "slawischem" Aussehen, die die Täterinnen auf ihrem letzten Weg begleitet haben sollen. Dennoch sprechen die Behörden von einer "kaukasischen" Spur. Wie erkennt man den Feind? Dies ist eine der Schlüsselfragen in einem Konflikt, der auch nach 15 Jahren einer Lösung nicht nähergekommen ist. Wie kann es passieren, dass Alexander Tichomirow, geboren im buddhistischen Ulan-Ude, nach dem Übertritt zum Islam, einer Blitzausbildung in Kairo und der Pilgerfahrt nach Mekka unter dem Namen "Said Burjatskij" zu einem der führenden Ideolo-gen des islamistischen Untergrunds im Kaukasus werden konnte? Als er Anfang März umgebracht wurde, fanden die russischen Beamten unter den Trümmern zwei Pässe und sein Notebook. Burjatskij alias Tichomirow war einer der populärsten Hassprediger der Region. Gestellt wurde er im inguschetischen Ekaschewo. "Sie leben mit uns und unter uns" Dort hatte er monatelang gelebt, von dort hatte er möglicherweise den Anschlag auf den Schnellzug Newskij Express im Novem-ber geplant. Dabei liegt Ekaschewo nicht nur wenige Kilometer vom Palast des inguschetischen Präsidenten Junus-Bek Jewkurow entfernt, sondern auch in der Nähe der FSB-Zentrale. In einigen dieser Videobotschaften sieht man ihn unter freiem Himmel, die Zeitung Nowaja Gaseta berichtet aber auch von einem Clip, der ihn im Sessel zeigt. Spielende Kinder laufen durchs Bild. Die Islamisten sind kein Fremdkörper in den kaukasischen Gesellschaften, sie werden versorgt und finanziert, wenn auch oft durch ganz unislamische Schutzgelderpressungen. "Sie leben mit uns und unter uns", hat eine Beamtin in Inguschetien gesagt. In einer Region, in der die Justiz Beamte, die den Haushalt ganzer Ministerien unterschlagen haben, nur zu winzigsten Geldstrafen verurteilt, in der folternde Polizisten so gut wie nie zur Verantwortung gezogen werden, erscheint selbst die Scharia als Fortschritt. Hier empfehlen sich die Untergrundkämpfer als Rächer, als Richter und Henker. Und dass nur die allerwenigsten Dagestaner oder Tschetschenen wirklich von jenem Gottesstaat träumen, wie ihn sich die bärtigen Männer um Doku Umarow wünschen, ändert daran nichts. Viele Indizien sprechen dafür, dass die Tugendterroristen sich als gewöhnliche Killer anheuern lassen, um für Auftraggeber in Politik oder Wirtschaft ganz andere Ziele zu verfolgen. Aber auch das ändert nichts an der heimlichen Sympathie vieler Menschen im Kaukasus. Schon heute sprechen informelle Scharia-Gerichte in den islamischen Republiken Recht. Bereits jetzt heißt es in Tschetschenien, die Kämpfer kontrollierten ganze Dörfer. Die Dschihadisten haben den Kaukasus schon jetzt verändert. In Inguschetien wagt es kaum noch ein Geschäft, Alkohol zu verkaufen, nachdem die Gotteskrieger Läden beschossen und Händler umgebracht haben. Seriöse Aussagen darüber, wie viele Kämpfer tatsächlich in den Wäldern le-ben, gibt es nicht. Regelmäßig melden russische Behörden Triumphe wie den Tod Said Burjatskijs oder hochrangiger "Amire". Und doch nimmt die Gewalt zu. Russland agiert in diesem Kampf weitgehend unbehelligt. Den tschetschenischen Unabhängigkeitskämpfern brachte zumindest ein Teil der westlichen Öffentlichkeit Verständnis entgegen. In den Tschetschenienkriegen musste sich der Kreml oft Kritik wegen der Gewalt gegenüber Zivilisten anhören. Die Dschihadisten um den Kleinkriminellen Doku Umarow aber haben mehr mit al-Qaida gemeinsam als mit dem kaukasischen Freiheitshelden Imam Schamil. Niemand in Europa oder Washington hat ein Interesse daran, dass diese Männer ihrem Ziel auch nur einen Fußbreit näherkommen.
Die Spur der Anschläge von Moskau führt in den Kaukasus. Es ist eine Region, in der die Justiz nichts gegen folternde Polizisten unternimmt - und in der die Bevölkerung die Scharia als Fortschritt sieht.
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Kaukasus: Russlands Problemregion - Richter und Henker
00/03/2010
Die Täterinnen sind identifiziert - nun fahnden die Behörden fieberhaft nach den Drahtziehern des Anschlags auf die Moskauer Metro. Tschetscheniens Republikchef Kadyrow will sie jagen und "wie Ratten" vergiften. Nach dem Doppelanschlag auf die Moskauer U-Bahn fahnden die russischen Behörden nach den Drahtziehern des Anschlags. Während sich die Ermittlungen am Dienstag auf Rebellen aus dem Nordkaukasus konzentrierten, schloss Russlands Außenminister Sergej Lawrow auch eine Beteiligung des Terrornetzwerks al-Qaida nicht aus. Bisher hat sich niemand zu der Tat bekannt. Der Chef des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, Alexander Bortnikow, machte Rebellen aus den Konfliktgebieten im Nordkaukasus verantwortlich. Dort geht die russische Regierung hart gegen Separatisten vor. Nach Einschätzung des US-Unternehmens IntelCenter, das auf die Beobachtung islamistischer Webseiten spezialisiert ist, deutet vieles darauf hin, dass die Gruppierung Kaukasus-Emirat des tschetschenischen Rebellenchefs Doku Umarow hinter dem Doppelanschlag steckt. "Wie Ratten vergiften" Der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow drohte mutmaßlichen Rebellen aus dem Nordkaukasus mit scharfen Worten. Die Terroristen müssten "gejagt, in ihren Höhlen aufgespürt und wie Ratten vergiftet" werden, schrieb Kadyrow am Dienstag in der russischen Zeitung Iswestija. "Sie müssen vernichtet und zerstört werden." Der Kampf gegen die Terroristen müsse mit härtesten Maßnahmen geführt werden, sie könnten nicht nur durch "Überredung und Bildungsmaßnahmen" besiegt werden, erklärte der moskautreue Republikpräsident. International wurden die Anschläge mit mindestens 39 Toten und mehr als 60 Verletzten scharf verurteilt. Die russische Nachrichtenagentur Interfax meldete, der Geheimdienst FSB habe die Identität der beiden Selbstmordattentäterinnen festgestellt, die sich am Montagmorgen im Berufsverkehr in den U-Bahn-Stationen Lubjanka und Park Kultury in die Luft gesprengt hatten. Außerdem seien mit Hilfe von Überwachungskameras zwei mutmaßliche Helferinnen identifiziert worden, die die Täterinnen begleitet haben sollen. Die Frauen und ein möglicher dritten Helfer würden gesucht. Erst vor wenigen Wochen hatte Rebellenführer Umarow angedroht, den "Krieg in die Städte zu tragen". Er hatte auch die Verantwortung für den Anschlag auf den Schnellzug von Moskau nach St. Petersburg übernommen, bei dem im vergangenen November 26 Menschen getötet worden waren. Außenminister Lawrow brachte hingegen eine Verbindung der Täter zu islamistischen Terroristen aus dem afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet ins Spiel. Dort würden mehrere Anschläge geplant, die dann nicht nur in Afghanistan, sondern auch in anderen Ländern ausgeführt würden, sagte Lawrow. "Manchmal reichen diese Planungen bis in den russischen Kaukasus." Die unzugängliche Bergregion zwischen Afghanistan und Pakistan gilt als bedeutendstes Rückzugsgebiet islamistischer Terroristen. Geheimdienste vermuten hier auch Al-Qaida-Führer Osama bin Laden. Die Außenminister der G-8-Staaten verurteilten die Selbstmordanschläge von Moskau scharf. Zum Auftakt ihres zweitägigen Treffens im kanadischen Gatineau prangerten die Chefdiplomaten der sieben führenden Industriestaaten und Russlands am Montag die "feigen Attentate" an. Zugleich riefen sie dazu auf, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. US-Präsident Barack Obama bot seinem russischen Kollegen Dmitrij Medwedjew telefonisch die Zusammenarbeit beim Vorgehen gegen die Drahtzieher an. Obama habe in dem Telefonat die Bereitschaft der USA bekundet, "mit Russland zusammenzuarbeiten, um die Verantwortlichen für diese Taten zur Rechenschaft zu ziehen", erklärte sein Büro in Washington. US-Außenministerin Hillary Clinton sagte, die Terroristen seien der "gemeinsame Feind" aller Länder. Präsident Medwedjew hatte am Montagabend Blumen für die Opfer der Anschläge an einem der betroffenen Moskauer U-Bahnhöfe niedergelegt. Er habe keinen Zweifel, dass die Hintermänner "gefunden und vernichtet" würden, erklärte er an der U-Bahn-Station Lubjanka. Der Moskauer Bürgermeister Jurij Luschkow ordnete für Dienstag einen Trauertag in der Millionenmetropole an. Die russische Hauptstadt ist seit den neunziger Jahren immer wieder von tödlichen Anschlägen erschüttert worden.
Die Täterinnen sind identifiziert - nun fahnden die Behörden fieberhaft nach den Drahtziehern des Anschlags auf die Moskauer Metro. Tschetscheniens Republikchef Kadyrow will sie jagen und "wie Ratten" vergiften.
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Terror in Moskau - Jagd auf die Hintermänner
00/03/2010
Hinter den Anschlägen in Moskau werden Frauen aus dem Kaukasus vermutet - und sie wollen mehr als nur ein freies Tschetschenien. Die Angst ist nach Moskau zurückgekehrt. Einige wenige Jahre konnte sich Russland der Illusion hingeben, dass sich die Hauptstadt würde schützen lassen vor dem Terror. Aber im November starben fast 30 Menschen bei einem Anschlag auf einen Schnellzug zwischen Moskau und Sankt Petersburg. Nun sind am Montagmorgen zur Rushhour zwei Bomben in der Moskauer Metro explodiert. Es waren Selbstmordanschläge, sagen die Behörden, die Täter wahrscheinlich Frauen aus dem Kaukasus. Die Schwarzen Witwen sind wieder da. Warum jetzt? Warum so? Wie mit jedem Anschlag auf weiche Ziele, auf Züge, Märkte, Schwimmbäder, wollten die Täter auch diesmal den größtmöglichen Schrecken in den Alltag tragen. Kein Moskauer, der nicht irgendwann Metro fährt. Aber die Botschaft ist subtiler, die Tat perfider. Die Station Park Kultury, wo eine der Bomben explodierte, liegt unter dem Gorki-Park, Stalins Freizeit-Oase für die werktätigen Massen mit Karussells und Luftballons. Oberhalb der Haltestelle Lubjanka wiederum steht die Zentrale des Geheimdienstes, des FSB. Damit rückt eine Institution in den Mittelpunkt, die nicht nur einer der größten Profiteure des Konflikts ist, sondern auch eine Quelle der Gewalt im Kaukasus. Tag für Tag rücken in Inguschetien und Dagestan Geheimdienstler zu bestens vergüteten Spezialoperationen gegen Untergrundkämpfer aus; dabei verschwinden Unschuldige, werden Geständnisse mit Folter erpresst, Häuser geplündert, Menschenrechtler bedroht - der Hass wächst. Zu lange auf Härte gesetzt In dieser Gegend sei es geradezu ein Grund zur Freude, wenn die Söhne nur verhaftet würden und nicht gleich umgebracht, sagt die Mutter eines entführten Studenten. Mehr noch: Die Logistik für den Transport von Waffen, Sprengstoff oder Gefangenen wie der ermordeten Menschenrechtlerin Natalja Estemirowa ist ohne Komplizen in den Sicherheitsorganen kaum denkbar. Wenn also Präsident Dmitrij Medwedjew den Kaukasus Russlands schlimmstes innenpolitisches Problem nennt, wenn er von "beispielloser" Korruption, Gewalt und Clanwirtschaft spricht, dann ist das auch die Folge einer Politik, die zu lange auf Härte gesetzt hat. Dabei sollte alles anders werden. Seit einiger Zeit verspricht der Kreml mehr Flexibilität und weniger Grausamkeit, Investitionen statt Spezialoperationen. Deshalb hat Medwedjew den inguschetischen Präsidenten Junus-Bek Jewkurow eingesetzt, der den Opferfamilien kondoliert, Blutrachefehden beilegt und eine Amnestie für jene Männer "im Wald" anbietet, die keine schweren Verbrechen begangen haben. Ähnlich hat sich der soeben ernannte Präsident von Dagestan geäußert, Magomedsalam Magomedow. Und Medwedjews neuer Beauftragter für den Kaukasus, Alexander Chloponin, weiß zwar noch wenig über den ethnischen Proporz von Avaren und Lesginern, Kabardinern und Balkaren, oder über die hochkomplexe Hierarchie kaukasischer Loyalitäten zu Familie, Sippe, Volk. Aber er war Manager in der sibirischen Rohstoff-Branche, auch nichts für zarte Gemüter. Nun will er im Kaukasus den Tourismus und die Landwirtschaft fördern und das Investitionsklima verbessern. Nach Jahren, in denen der Kreml die Erosion seines Einflusses im Kaukasus, die kulturelle Entfremdung und die Gewalt stoisch hingenommen hat, ist diese vorsichtige Wende nicht nur ein Eingeständnis, dass die bisherige Politik gescheitert ist, sondern auch ein konstruktiverer Ansatz. Zweifel an einem schnellen Erfolg dieser Strategie aber gibt es nicht erst seit Montag. Im vergangenen Jahr wurde ausgerechnet der Hoffnungsträger der Region, Inguschetiens Präsident Junus-Bek Jewkurow, in seinem Auto von einem Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt und schwer verletzt. Die Zahl der Todesopfer und Entführungen in der winzigen Republik übersteigt alles Bisherige. In Grosny im benachbarten Tschetschenien, wo Präsident Ramsan Kadyrow mit quasi-stalinistischen Methoden herrscht, tauchten jüngst sogar Selbstmordattentäter auf Fahrrädern auf. Ziel der Kämpfer ist das Kalifat Denn der bewaffnete Untergrund besteht längst nicht mehr aus säkularen Separatisten, die ein freies Tschetschenien erkämpfen wollen. Seit drei Jahren ist das erklärte Ziel der Kämpfer das Kalifat, ein Gottesstaat vom Kaspischen bis zum Schwarzen Meer. Und der Weg dorthin ist der Dschihad. Die zivile Wiedereingliederung ehemaliger Kämpfer, ein wirtschaftlicher Aufbau, eine Zukunft für junge Männer, die derzeit nur in der Moschee wirklich gebraucht werden, das alles ist schwer genug zu leisten. Denn eine Wirtschaft im klassischen Sinn als Zusammenspiel von Produktion, Handel und Dienstleistung gibt es nach Ansicht von Experten im Kaukasus gar nicht mehr. Ohne Subventionen aus Moskau würden die Republiken an Russlands Südflanke keine Woche überleben. Doch selbst wenn es zu einer wirtschaftlichen Erholung käme, wäre nicht garantiert, dass sich die Attraktivität der Gotteskrieger dadurch neutralisieren ließe. Wie so viele andere Anschläge zuvor dürften auch die Anschläge vom Montag vollständig kaum aufgeklärt werden. Eines aber ist unübersehbar: Die wichtigsten Spieler sind an einer Lösung des Kaukasus-Konfliktes nicht interessiert.
Hinter den Anschlägen in Moskau werden Frauen aus dem Kaukasus vermutet - und sie wollen mehr als nur ein freies Tschetschenien.
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Terror in Moskau - Die Rückkehr der Schwarzen Witwen
00/03/2010