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Urteilskopf 138 III 443 65. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Konkursamt Berner Jura-Seeland (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_741/2011 vom 13. Juni 2012 Regeste Art. 47 GebV SchKG ; Entgelt der Konkursverwaltung für anspruchsvolle Verfahren. Voraussetzungen zur Annahme eines anspruchsvollen Konkursverfahrens (E. 2). Sachverhalt ab Seite 443 BGE 138 III 443 S. 443 A. A.a Am 14. Oktober 2008 wurde über X. auf eigenen Antrag (nach Art. 191 SchKG ) vom Konkursrichter beim Gerichtskreis III Aarberg-Büren-Erlach der Konkurs eröffnet, welcher vom Konkursamt Seeland im summarischen Verfahren durchgeführt wird. A.b Mit Gesuch vom 7. Juni 2010 gelangte das Konkursamt an das Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, und ersuchte gestützt auf Art. 47 GebV SchKG um die Bewilligung eines Entgeltes für ein anspruchsvolles Verfahren. A.c Mit Entscheid vom 15. Juni 2010 genehmigte die Aufsichtsbehörde das beantragte Entgelt von Fr. 6'000.-. Die hiergegen von X. erhobene Beschwerde in Zivilsachen wurde mit Urteil 5A_524/2010 des Bundesgerichts vom 9. Februar 2011 gutgeheissen; der BGE 138 III 443 S. 444 angefochtene Entscheid wurde aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Aufsichtsbehörde zurückgewiesen. A.d Am 19. Juli 2010 gelangte X. an die Aufsichtsbehörde und beschwerte sich über die im Konkursprotokoll vom 2. Juni 2010 aufgeführten ordentlichen Konkurskosten im Umfang von Fr. 6'924.25. Die Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde mit Entscheid vom 5. Oktober 2011 ab (bundesgerichtliches Verfahren 5A_743/2011). B. Am 5. Oktober 2011 entschied die Aufsichtsbehörde (vgl. Lit. A.c) gestützt auf das ergänzte Gesuch des Konkursamtes vom 14. April 2011 und einer Stellungnahme der Schuldnerin erneut über die Bewilligung eines Entgeltes von Fr. 6'000.- nach Art. 47 GebV SchKG für ein anspruchsvolles Verfahren. Sie genehmigte das Gesuch des Konkursamtes. C. Mit Eingabe vom 24. Oktober 2011 (Postaufgabe) hat X. Beschwerde "nach Art. 19 SchKG " erhoben. Die Beschwerdeführerin verlangt im Wesentlichen, der Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 5. Oktober 2011 und die Genehmigung des Entgeltes nach Art. 47 GebV SchKG seien aufzuheben. Weiter ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Die Aufsichtsbehörde und das Konkursamt haben auf eine Stellungnahme verzichtet. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es auf sie eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt der Entscheid der Aufsichtsbehörde, mit welchem das Gesuch des Konkursamtes bewilligt wurde, für den Aufwand von 64 Stunden ein Entgelt im Umfang von Fr. 6'000.- gemäss Art. 47 der Gebührenverordnung vom 23. September 1996 zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV SchKG; SR 281.35) für anspruchsvolle Verfahren festzusetzen. Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen (wie bereits im kantonalen Verfahren) geltend, die Aufsichtsbehörde habe Recht verletzt, indem sie das Vorliegen eines "anspruchsvollen Verfahrens" angenommen habe. 2.1 Welche Gebühren und Auslagen im Konkursverfahren im Einzelfall zu belasten sind und wie sie zu bemessen sind, bestimmt BGE 138 III 443 S. 445 ausschliesslich der SchKG-Gebührentarif ( Art. 16 Abs. 1 SchKG ; Art. 1 Abs. 1 GebV SchKG ). Mit Beschwerde in Zivilsachen kann die gesetzwidrige Anwendung der GebV SchKG gerügt werden; darunter fällt auch die gesetzwidrige Ermessensbetätigung durch die Zwangsvollstreckungsorgane bzw. Aufsichtsbehörden. 2.1.1 Nach Art. 47 Abs. 1 GebV SchKG setzt die Aufsichtsbehörde für Verfahren, die besondere Abklärungen des Sachverhaltes oder von Rechtsfragen erfordern, das Entgelt für die amtliche und die ausseramtliche Konkursverwaltung fest; sie berücksichtigt dabei namentlich die Schwierigkeit und die Bedeutung der Sache, den Umfang der Bemühungen sowie den Zeitaufwand. 2.1.2 Die Annahme eines anspruchsvollen Verfahrens setzt voraus, dass besondere Sach- oder Rechtskenntnis erforderlich ist (vgl. BGE 108 III 68 E. 2 S. 69; BGE 120 III 97 E. 2 S. 99 f.). Es handelt sich um qualitative, nicht quantitative Kriterien (vgl. Marginalie zu Art. 47 GebV SchKG : "anspruchsvolle" Verfahren, procédures "complexes", procedure "complesse"; vgl. BGE 108 III 68 E. 2 S. 69; SCHOBER, in: Kommentar SchKG Gebührenverordnung, 2008, N. 7 zu Art. 47 GebV SchKG mit Hinw.). Ob ein Verfahren als anspruchsvoll betrachtet werden kann, ergibt sich in der Regel aufgrund einer Würdigung der Akten, Belege und Auskünfte der Beteiligten. Die Notwendigkeit besonderer Sachverhalts- oder Rechtsabklärungen ist hinreichend zu substantiieren. Der Aufsichtsbehörde steht dabei ein weiter Ermessensspielraum zu. Zu beachten hat sie, dass die GebV SchKG auf sozialen Überlegungen beruht und dass nicht unbegrenzt hohe Forderungen der Konkursmasse belastet werden dürfen (vgl. BGE 108 III 68 E. 2 S. 69 f.). 2.1.3 Das Bundesgericht greift ein, wenn die Vorinstanz ihr Ermessen überschritten bzw. missbraucht hat, namentlich wenn sie sachwidrige Gesichtspunkte berücksichtigt oder sachgemässe unberücksichtigt gelassen hat. Die blosse Unangemessenheit einer Entscheidung kann vor Bundesgericht nicht gerügt werden (vgl. BGE 134 III 323 E. 2 S. 324; Urteil 5A_142/2008 vom 3. November 2008 E. 5; vgl. betreffend Gebühren im Konkursverfahren im Besonderen BGE 108 III 68 E. 2 S. 69; BGE 130 III 611 E. 1.2 S. 615). 2.2 Die Aufsichtsbehörde hat das Konkursverfahren als "anspruchsvoll" im Sinne von Art. 47 GebV SchKG betrachtet, weil das "häufige Einwirken der Schuldnerin, ihrer Mutter und ihres Ex-Mannes" einen Zeitaufwand verursacht habe, der über das Normalmass BGE 138 III 443 S. 446 hinausgehe. Das "Misstrauen der Schuldnerin, ihrer Mutter und ihres Ex-Mannes" gegenüber dem Konkursamt, welches durch insgesamt 15 Beschwerden zum Ausdruck gekommen sei, habe das zügige und einfache Durchführen verhindert, insbesondere hätten die Vernehmlassungen an die Aufsichtsbehörde teilweise mehrere Stunden in Anspruch genommen. Zudem sei das Konkursamt veranlasst gewesen, "jeden Schritt seiner Tätigkeit besonders sorgfältig zu prüfen und zu kontrollieren". Der zeitlich umfangreiche Aufwand im Verfahren rechtfertige das Entgelt nach Art. 47 GebV SchKG. 2.2.1 Die Beschwerdeführerin wendet vorab ein, dass im summarischen Konkursverfahren zufolge "einfacher Verhältnisse" von vornherein kein Entgelt nach Art. 47 GebV SchKG möglich sei. Das Vorbringen geht fehl. Wenn gemäss Art. 231 Abs. 1 Ziff. SchKG wegen der "Einfachheit", d.h. der Übersichtlichkeit der Verhältnisse (vgl. LUSTENBERGER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 5 zu Art. 231 SchKG ; VOUILLOZ, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 4 zu Art. 231 SchKG : "clarté des relations juridiques et économiques") das summarische Konkursverfahren zur Anwendung kommt, so ist nicht ausgeschlossen, dass die Abklärung besonderer Sachverhalts- oder Rechtsfragen notwendig werden kann, welche als "anspruchsvoll" im Sinne von Art. 47 GebV SchKG gelten. Die Aufsichtsbehörde hat zu Recht angenommen, dass die Bewilligung des betreffenden Entgelts für das Konkursamt auch im summarischen Konkursverfahren möglich ist. 2.2.2 Vorliegend lassen sich dem angefochtenen Entscheid keine Anhaltspunkte entnehmen, wonach das umstrittene Konkursverfahren besondere Sach- oder Rechtskenntnisse erforderlich machen sollten. Die Aufsichtsbehörde sieht den Grund für ein anspruchsvolles Verfahren lediglich im Zeitaufwand, welcher die Interventionen der Schuldnerin und ihres Umfeldes dem Konkursamt verursacht haben. Ein Konkursverfahren wird indessen weder durch die blosse Anzahl der Verfahrensschritte noch den hierfür benötigten Zeitaufwand "anspruchsvoll" im Sinne von Art. 47 GebV SchKG (MARTIN, La surveillance en matière de poursuites et faillites [...], SJ 2008 II S. 190). Nichts anderes gilt für das Vorgehen des Konkursamtes, wegen "drohender Beschwerde" die Verfahrensschritte besonders sorgfältig zu prüfen und zu kontrollieren, oder für die grosse Anzahl von tatsächlich erhobenen SchKG-Beschwerden bzw. den damit verbundenen BGE 138 III 443 S. 447 Aufwand für Vernehmlassungen. Indem die Aufsichtsbehörde dennoch darauf abgestellt hat, wird übergangen, dass für nicht besonders tarifierte Schriftstücke - wie eine Beschwerdevernehmlassung - Gebühren nach Art. 9 Abs. 1 lit. a GebV SchKG, d.h. Fr. 8.- pro Seite erhoben werden können; damit sind die Bemühungen für die Abfassung abgegolten ( BGE 94 III 19 E. 4 S. 22; SCHOBER, a.a.O., N. 1 zu Art. 9 GebV SchKG ; STRAESSLE/KRAUSKOPF, Erläuterungen zum Gebührentarif zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 7. Juli 1971, 1972, S. 14) und kommt die soziale Überlegung der GebV SchKG zum Ausdruck (vgl. BGE 108 III 68 E. 2 S. 69). Gebühren für nicht besonders tarifierte Schriftstücke stehen nach dem angefochtenen Entscheid jedoch nicht zur Beurteilung, ebenso wenig Gebühren für andere nicht tarifierte Verrichtungen nach Art. 1 Abs. 2 GebV SchKG. Wenn hier die Aufsichtsbehörde aufgrund ihrer Feststellungen - Zeitaufwand durch Interventionen bzw. Beschwerden der Schuldnerin - zum Ergebnis gelangt ist, das Verfahren sei "anspruchsvoll" im Sinne von Art. 47 GebV SchKG, ist dies sachlich nicht haltbar und stellt eine Rechtsverletzung dar. 2.3 Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde in Zivilsachen begründet, soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Bewilligung eines Entgeltes nach Art. 47 GebV SchKG wendet. Nach dem angefochtenen Urteil sind in dem vom Konkursamt beanspruchten Entgelt für Stundenaufwand (Fr. 6'000.-) auch bestimmte Gebühren und Auslagen (wie für Kopien, Porti) im Umfang von Fr. 870.80 enthalten, welche bei der Bearbeitung der Beschwerden angefallen sind. Es besteht kein Anlass, diese Positionen in Frage zu stellen. Soweit die Beschwerdeführerin darauf überhaupt eingeht, genügt die Beschwerdeschrift den Begründungsanforderungen nicht ( Art. 42 Abs. 2 BGG ). 2.4 Schliesslich hat die Aufsichtsbehörde festgehalten, dass Fürsprecher Z. mit der Wahrung der rechtlichen Interessen der Konkursmasse beauftragt wurde. Zu Recht ist unbestritten, dass jener Aufwand nicht in die Kostenrechnung nach GebV SchKG gehört ( BGE 58 III 38 E. 2 S. 42 f.; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 17 zu Art. 262 SchKG ). Soweit die Beschwerdeführerin die Mandatierung des Rechtsvertreters kritisiert, wendet sie sich gegen eine Verwaltungshandlung des Konkursamtes (vgl. Art. 240 SchKG ; RUSSENBERGER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung BGE 138 III 443 S. 448 und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 12 zu Art. 240 SchKG ), was nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und nicht zu erörtern ist. Im Übrigen behauptet die Beschwerdeführerin selber nicht, dass in der Kostenrechnung des Konkursamtes die Honorarkosten des beigezogenen Rechtsanwaltes aufgeführt seien.
Urteilskopf
65. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Konkursamt Berner Jura-Seeland (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_741/2011 vom 13. Juni 2012
Regeste Art. 47 GebV SchKG ; Entgelt der Konkursverwaltung für anspruchsvolle Verfahren. Voraussetzungen zur Annahme eines anspruchsvollen Konkursverfahrens (E. 2).
Regeste
Art. 47 GebV SchKG ; Entgelt der Konkursverwaltung für anspruchsvolle Verfahren. Voraussetzungen zur Annahme eines anspruchsvollen Konkursverfahrens (E. 2).
Art. 47 GebV SchKG Voraussetzungen zur Annahme eines anspruchsvollen Konkursverfahrens (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 443
Sachverhalt ab Seite 443 BGE 138 III 443 S. 443
BGE 138 III 443 S. 443
A.
A. A.a Am 14. Oktober 2008 wurde über X. auf eigenen Antrag (nach Art. 191 SchKG ) vom Konkursrichter beim Gerichtskreis III Aarberg-Büren-Erlach der Konkurs eröffnet, welcher vom Konkursamt Seeland im summarischen Verfahren durchgeführt wird.
A.a Art. 191 SchKG A.b Mit Gesuch vom 7. Juni 2010 gelangte das Konkursamt an das Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, und ersuchte gestützt auf Art. 47 GebV SchKG um die Bewilligung eines Entgeltes für ein anspruchsvolles Verfahren.
A.b Art. 47 GebV SchKG A.c Mit Entscheid vom 15. Juni 2010 genehmigte die Aufsichtsbehörde das beantragte Entgelt von Fr. 6'000.-. Die hiergegen von X. erhobene Beschwerde in Zivilsachen wurde mit Urteil 5A_524/2010 des Bundesgerichts vom 9. Februar 2011 gutgeheissen; der BGE 138 III 443 S. 444 angefochtene Entscheid wurde aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Aufsichtsbehörde zurückgewiesen.
A.c BGE 138 III 443 S. 444
A.d Am 19. Juli 2010 gelangte X. an die Aufsichtsbehörde und beschwerte sich über die im Konkursprotokoll vom 2. Juni 2010 aufgeführten ordentlichen Konkurskosten im Umfang von Fr. 6'924.25. Die Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde mit Entscheid vom 5. Oktober 2011 ab (bundesgerichtliches Verfahren 5A_743/2011).
A.d B. Am 5. Oktober 2011 entschied die Aufsichtsbehörde (vgl. Lit. A.c) gestützt auf das ergänzte Gesuch des Konkursamtes vom 14. April 2011 und einer Stellungnahme der Schuldnerin erneut über die Bewilligung eines Entgeltes von Fr. 6'000.- nach Art. 47 GebV SchKG für ein anspruchsvolles Verfahren. Sie genehmigte das Gesuch des Konkursamtes.
B. Art. 47 GebV SchKG C. Mit Eingabe vom 24. Oktober 2011 (Postaufgabe) hat X. Beschwerde "nach Art. 19 SchKG " erhoben. Die Beschwerdeführerin verlangt im Wesentlichen, der Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 5. Oktober 2011 und die Genehmigung des Entgeltes nach Art. 47 GebV SchKG seien aufzuheben. Weiter ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
C. Art. 19 SchKG Art. 47 GebV SchKG Die Aufsichtsbehörde und das Konkursamt haben auf eine Stellungnahme verzichtet.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es auf sie eintritt.
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt der Entscheid der Aufsichtsbehörde, mit welchem das Gesuch des Konkursamtes bewilligt wurde, für den Aufwand von 64 Stunden ein Entgelt im Umfang von Fr. 6'000.- gemäss Art. 47 der Gebührenverordnung vom 23. September 1996 zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV SchKG; SR 281.35) für anspruchsvolle Verfahren festzusetzen. Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen (wie bereits im kantonalen Verfahren) geltend, die Aufsichtsbehörde habe Recht verletzt, indem sie das Vorliegen eines "anspruchsvollen Verfahrens" angenommen habe.
2. Art. 47 der Gebührenverordnung vom 23. September 1996 zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV SchKG; SR 281.35) 2.1 Welche Gebühren und Auslagen im Konkursverfahren im Einzelfall zu belasten sind und wie sie zu bemessen sind, bestimmt BGE 138 III 443 S. 445 ausschliesslich der SchKG-Gebührentarif ( Art. 16 Abs. 1 SchKG ; Art. 1 Abs. 1 GebV SchKG ). Mit Beschwerde in Zivilsachen kann die gesetzwidrige Anwendung der GebV SchKG gerügt werden; darunter fällt auch die gesetzwidrige Ermessensbetätigung durch die Zwangsvollstreckungsorgane bzw. Aufsichtsbehörden.
2.1 BGE 138 III 443 S. 445
Art. 16 Abs. 1 SchKG Art. 1 Abs. 1 GebV SchKG 2.1.1 Nach Art. 47 Abs. 1 GebV SchKG setzt die Aufsichtsbehörde für Verfahren, die besondere Abklärungen des Sachverhaltes oder von Rechtsfragen erfordern, das Entgelt für die amtliche und die ausseramtliche Konkursverwaltung fest; sie berücksichtigt dabei namentlich die Schwierigkeit und die Bedeutung der Sache, den Umfang der Bemühungen sowie den Zeitaufwand.
2.1.1 Art. 47 Abs. 1 GebV SchKG 2.1.2 Die Annahme eines anspruchsvollen Verfahrens setzt voraus, dass besondere Sach- oder Rechtskenntnis erforderlich ist (vgl. BGE 108 III 68 E. 2 S. 69; BGE 120 III 97 E. 2 S. 99 f.). Es handelt sich um qualitative, nicht quantitative Kriterien (vgl. Marginalie zu Art. 47 GebV SchKG : "anspruchsvolle" Verfahren, procédures "complexes", procedure "complesse"; vgl. BGE 108 III 68 E. 2 S. 69; SCHOBER, in: Kommentar SchKG Gebührenverordnung, 2008, N. 7 zu Art. 47 GebV SchKG mit Hinw.). Ob ein Verfahren als anspruchsvoll betrachtet werden kann, ergibt sich in der Regel aufgrund einer Würdigung der Akten, Belege und Auskünfte der Beteiligten. Die Notwendigkeit besonderer Sachverhalts- oder Rechtsabklärungen ist hinreichend zu substantiieren. Der Aufsichtsbehörde steht dabei ein weiter Ermessensspielraum zu. Zu beachten hat sie, dass die GebV SchKG auf sozialen Überlegungen beruht und dass nicht unbegrenzt hohe Forderungen der Konkursmasse belastet werden dürfen (vgl. BGE 108 III 68 E. 2 S. 69 f.).
2.1.2 Art. 47 GebV SchKG Art. 47 GebV SchKG 2.1.3 Das Bundesgericht greift ein, wenn die Vorinstanz ihr Ermessen überschritten bzw. missbraucht hat, namentlich wenn sie sachwidrige Gesichtspunkte berücksichtigt oder sachgemässe unberücksichtigt gelassen hat. Die blosse Unangemessenheit einer Entscheidung kann vor Bundesgericht nicht gerügt werden (vgl. BGE 134 III 323 E. 2 S. 324; Urteil 5A_142/2008 vom 3. November 2008 E. 5; vgl. betreffend Gebühren im Konkursverfahren im Besonderen BGE 108 III 68 E. 2 S. 69; BGE 130 III 611 E. 1.2 S. 615).
2.1.3 2.2 Die Aufsichtsbehörde hat das Konkursverfahren als "anspruchsvoll" im Sinne von Art. 47 GebV SchKG betrachtet, weil das "häufige Einwirken der Schuldnerin, ihrer Mutter und ihres Ex-Mannes" einen Zeitaufwand verursacht habe, der über das Normalmass BGE 138 III 443 S. 446 hinausgehe. Das "Misstrauen der Schuldnerin, ihrer Mutter und ihres Ex-Mannes" gegenüber dem Konkursamt, welches durch insgesamt 15 Beschwerden zum Ausdruck gekommen sei, habe das zügige und einfache Durchführen verhindert, insbesondere hätten die Vernehmlassungen an die Aufsichtsbehörde teilweise mehrere Stunden in Anspruch genommen. Zudem sei das Konkursamt veranlasst gewesen, "jeden Schritt seiner Tätigkeit besonders sorgfältig zu prüfen und zu kontrollieren". Der zeitlich umfangreiche Aufwand im Verfahren rechtfertige das Entgelt nach Art. 47 GebV SchKG.
2.2 Art. 47 GebV SchKG BGE 138 III 443 S. 446
Art. 47 GebV SchKG 2.2.1 Die Beschwerdeführerin wendet vorab ein, dass im summarischen Konkursverfahren zufolge "einfacher Verhältnisse" von vornherein kein Entgelt nach Art. 47 GebV SchKG möglich sei. Das Vorbringen geht fehl. Wenn gemäss Art. 231 Abs. 1 Ziff. SchKG wegen der "Einfachheit", d.h. der Übersichtlichkeit der Verhältnisse (vgl. LUSTENBERGER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 5 zu Art. 231 SchKG ; VOUILLOZ, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 4 zu Art. 231 SchKG : "clarté des relations juridiques et économiques") das summarische Konkursverfahren zur Anwendung kommt, so ist nicht ausgeschlossen, dass die Abklärung besonderer Sachverhalts- oder Rechtsfragen notwendig werden kann, welche als "anspruchsvoll" im Sinne von Art. 47 GebV SchKG gelten. Die Aufsichtsbehörde hat zu Recht angenommen, dass die Bewilligung des betreffenden Entgelts für das Konkursamt auch im summarischen Konkursverfahren möglich ist.
2.2.1 Art. 47 GebV SchKG Art. 231 SchKG Art. 231 SchKG Art. 47 GebV SchKG 2.2.2 Vorliegend lassen sich dem angefochtenen Entscheid keine Anhaltspunkte entnehmen, wonach das umstrittene Konkursverfahren besondere Sach- oder Rechtskenntnisse erforderlich machen sollten. Die Aufsichtsbehörde sieht den Grund für ein anspruchsvolles Verfahren lediglich im Zeitaufwand, welcher die Interventionen der Schuldnerin und ihres Umfeldes dem Konkursamt verursacht haben. Ein Konkursverfahren wird indessen weder durch die blosse Anzahl der Verfahrensschritte noch den hierfür benötigten Zeitaufwand "anspruchsvoll" im Sinne von Art. 47 GebV SchKG (MARTIN, La surveillance en matière de poursuites et faillites [...], SJ 2008 II S. 190). Nichts anderes gilt für das Vorgehen des Konkursamtes, wegen "drohender Beschwerde" die Verfahrensschritte besonders sorgfältig zu prüfen und zu kontrollieren, oder für die grosse Anzahl von tatsächlich erhobenen SchKG-Beschwerden bzw. den damit verbundenen BGE 138 III 443 S. 447 Aufwand für Vernehmlassungen. Indem die Aufsichtsbehörde dennoch darauf abgestellt hat, wird übergangen, dass für nicht besonders tarifierte Schriftstücke - wie eine Beschwerdevernehmlassung - Gebühren nach Art. 9 Abs. 1 lit. a GebV SchKG, d.h. Fr. 8.- pro Seite erhoben werden können; damit sind die Bemühungen für die Abfassung abgegolten ( BGE 94 III 19 E. 4 S. 22; SCHOBER, a.a.O., N. 1 zu Art. 9 GebV SchKG ; STRAESSLE/KRAUSKOPF, Erläuterungen zum Gebührentarif zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 7. Juli 1971, 1972, S. 14) und kommt die soziale Überlegung der GebV SchKG zum Ausdruck (vgl. BGE 108 III 68 E. 2 S. 69). Gebühren für nicht besonders tarifierte Schriftstücke stehen nach dem angefochtenen Entscheid jedoch nicht zur Beurteilung, ebenso wenig Gebühren für andere nicht tarifierte Verrichtungen nach Art. 1 Abs. 2 GebV SchKG. Wenn hier die Aufsichtsbehörde aufgrund ihrer Feststellungen - Zeitaufwand durch Interventionen bzw. Beschwerden der Schuldnerin - zum Ergebnis gelangt ist, das Verfahren sei "anspruchsvoll" im Sinne von Art. 47 GebV SchKG, ist dies sachlich nicht haltbar und stellt eine Rechtsverletzung dar.
2.2.2 Art. 47 GebV SchKG BGE 138 III 443 S. 447
Art. 9 Abs. 1 lit. a GebV SchKG Art. 9 GebV SchKG Art. 1 Abs. 2 GebV SchKG Art. 47 GebV SchKG 2.3 Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde in Zivilsachen begründet, soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Bewilligung eines Entgeltes nach Art. 47 GebV SchKG wendet. Nach dem angefochtenen Urteil sind in dem vom Konkursamt beanspruchten Entgelt für Stundenaufwand (Fr. 6'000.-) auch bestimmte Gebühren und Auslagen (wie für Kopien, Porti) im Umfang von Fr. 870.80 enthalten, welche bei der Bearbeitung der Beschwerden angefallen sind. Es besteht kein Anlass, diese Positionen in Frage zu stellen. Soweit die Beschwerdeführerin darauf überhaupt eingeht, genügt die Beschwerdeschrift den Begründungsanforderungen nicht ( Art. 42 Abs. 2 BGG ).
2.3 Art. 47 GebV SchKG Art. 42 Abs. 2 BGG 2.4 Schliesslich hat die Aufsichtsbehörde festgehalten, dass Fürsprecher Z. mit der Wahrung der rechtlichen Interessen der Konkursmasse beauftragt wurde. Zu Recht ist unbestritten, dass jener Aufwand nicht in die Kostenrechnung nach GebV SchKG gehört ( BGE 58 III 38 E. 2 S. 42 f.; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 17 zu Art. 262 SchKG ). Soweit die Beschwerdeführerin die Mandatierung des Rechtsvertreters kritisiert, wendet sie sich gegen eine Verwaltungshandlung des Konkursamtes (vgl. Art. 240 SchKG ; RUSSENBERGER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung BGE 138 III 443 S. 448 und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 12 zu Art. 240 SchKG ), was nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und nicht zu erörtern ist. Im Übrigen behauptet die Beschwerdeführerin selber nicht, dass in der Kostenrechnung des Konkursamtes die Honorarkosten des beigezogenen Rechtsanwaltes aufgeführt seien.
2.4 BGE 58 III 38 Art. 262 SchKG Art. 240 SchKG BGE 138 III 443 S. 448
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Urteilskopf 138 III 449 66. Estratto della sentenza della II Corte di diritto civile nella causa A. contro B. (ricorso in materia civile) 5D_76/2011 del 31 maggio 2012 Regeste Art. 517 Abs. 3 ZGB, Art. 394 ff. OR ; Vergütung des Willensvollstreckers. Frage der Bestimmungen, die auf eine Vereinbarung zwischen Erben und Willensvollstrecker über dessen Vergütung anwendbar sind (E. 4.2). Sachverhalt ab Seite 449 BGE 138 III 449 S. 449 A. A.a C. è deceduto il 21 novembre 2004. Con testamento pubblico del 22 giugno 1998 ha lasciato la porzione legittima alla figlia A. e la porzione disponibile al nipote D. e ha designato suo esecutore testamentario l'avv. B. Il 20 dicembre 2004 B. ha scritto ai due eredi. A proposito del suo compenso egli ha rilevato: "Vi informo che l'onorario verrà fatturato in base al dispendio orario a cui va aggiunto un onorario fisso pari al 5 o/oo degli attivi lordi della successione conformemente a quanto previsto dall'art. 46 TOA (Tariffa dell'Ordine degli avvocati del Canton Ticino). Per quanto concerne la tariffa oraria, quanto svolto dal sottoscritto verrà fatturato in ragione di fr. 350.- all'ora, mentre per quanto sarà svolto dalla mia collaboratrice avv. F., BGE 138 III 449 S. 450 l'onorario sarà di fr. 300.- all'ora". A. e D. hanno siglato la lettera del 20 dicembre 2004 "per visione e accettazione". Per l'opera svolta, B. ha emesso cinque note professionali, per un compenso in base al dispendio orario di complessivi fr. 89'030.- ed un compenso fisso di fr. 25'000.- (più spese, IVA ed esborsi). A.b Il 9 ottobre 2006 A. ha promosso causa davanti al Pretore del Distretto di Lugano, chiedendo di accertare che l'onorario esposto da B. eccede l'equo compenso spettante ad un esecutore testamentario, di ridurre tale onorario a complessivi fr. 45'000.- più spese ed IVA e di condannare B. a rimborsarle fr. 50'000.- oltre interessi sull'onorario che egli aveva già avuto modo di riscuotere. B. ha proposto la reiezione della petizione ed in via riconvenzionale ha postulato la condanna di A. al versamento di fr. 3'175.50 oltre interessi. Con decisione 27 ottobre 2008 il Pretore ha parzialmente accolto la petizione, condannando B. a versare ad A. fr. 25'000.- più IVA ed interessi (importo relativo al compenso fisso), e ha accolto la domanda riconvenzionale. B. Contro la decisione pretorile B. è insorto dinanzi alla I Camera civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino per ottenere la reiezione della petizione di A. Quest'ultima ha proposto di respingere l'appello e con appello adesivo ha postulato che la somma di fr. 25'000.- in suo favore fosse portata a fr. 50'000.- (o almeno fr. 40'000.-) oltre interessi. Con sentenza 11 marzo 2011 la Corte cantonale ha accolto l'appello principale e ha riformato la decisione pretorile, respingendo la petizione. Essa ha invece respinto l'appello adesivo, nella misura della sua ricevibilità. C. Con ricorso in materia civile 4 maggio 2011 A. è insorta al Tribunale federale chiedendo di riformare la sentenza cantonale nel senso che B. sia condannato a restituirle la somma di fr. 46'895.- oltre interessi. La ricorrente ritiene in sostanza che i criteri per calcolare il compenso dell'esecutore testamentario fissati nell'accordo da lei siglato in calce alla lettera del 20 dicembre 2004 non sarebbero conformi all' art. 517 cpv. 3 CC e che l'accordo non sarebbe pertanto vincolante. Con risposta 8 luglio 2011 B. ha proposto la reiezione del ricorso nella misura della sua ammissibilità. Il Tribunale federale ha respinto il ricorso nella misura della sua ammissibilità. (riassunto) BGE 138 III 449 S. 451 Erwägungen Dai considerandi: 4. 4.2.1 L' art. 517 cpv. 3 CC prevede che l'esecutore testamentario ha diritto ad un equo compenso per le sue prestazioni. Giusta la dottrina sviluppata in merito a tale norma, le modalità del compenso fissate dal de cuius nel testamento non sono vincolanti: se il compenso stabilito dal testatore non risulta equo, esso può essere rimesso in discussione dall'esecutore testamentario oppure dagli eredi dinanzi al giudice civile (KARRER/VOGT/LEU, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. II, 4 a ed. 2011, n. 28 ad art. 517 CC ; HANS RAINER KÜNZLE, Berner Kommentar, 2011, n. 388 ad art. 517-518 CC ; ANDREAS JERMANN, Honorar und Rechenschaftspflicht des Willensvollstreckers, TREX 2009 pag. 165; PAUL-HENRI STEINAUER, Le droit des successions, 2006, pag. 543 n. 1166a; ANDREAS FLÜCKIGER, Das Honorar des Willensvollstreckers, in Willensvollstreckung - Aktuelle Rechtsprobleme [2],2006, pag. 225). Qualora il de cuius non abbia lasciato indicazioni in merito al compenso, l'esecutore testamentario e gli eredi possono inoltre rivolgersi al giudice civile laddove non riescano ad accordarsi su di esso (STEINAUER, op. cit., pag. 543 n. 1166a; PETER BREITSCHMID, Behördliche Aufsicht über den Willensvollstrecker, in Willensvollstreckung, 2001, pag. 182; PETER TUOR, Berner Kommentar, 2 a ed. 1952, n. 11 ad art. 517 CC ). Contrariamente a quanto pretende la ricorrente, il presente caso costituisce tuttavia una fattispecie differente: gli eredi hanno infatti partecipato alla determinazione delle basi di calcolo del compenso, accettando la proposta dell'esecutore testamentario. 4.2.2 Il compenso dell'esecutore testamentario è un credito di diritto privato ( DTF 129 I 330 consid. 3.2; DTF 90 II 376 consid. 2; 78 II 123 consid. 1a). All'accordo stipulato tra gli eredi e l'esecutore testamentario in merito al compenso di quest'ultimo si applicano le disposizioni sul contratto di mandato (art. 394 segg. CO; v. DTF 101 II 47 consid. 2; DTF 90 II 376 consid. 2; 78 II 123 consid. 1a; KARRER/VOGT/LEU, op. cit., n. 12 ad art. 518 CC ; KÜNZLE, op. cit., n. 63 delle osservazioni preliminari agli art. 517-518 CC ; JERMANN, op. cit., pag. 164; FLÜCKIGER, op. cit., pag. 204; STEPHANIE HRUBESCH-MILLAUER, Probleme mit der Vergütung des Willensvollstreckers, AJP 2005 pag. 1214). Giusta l' art. 394 cpv. 3 CO una mercede è dovuta quando sia stipulata o voluta dall'uso. Per la fissazione dell'ammontare della mercede vige in linea di principio la libertà contrattuale BGE 138 III 449 S. 452 (WALTER FELLMANN, Berner Kommentar, 1992, n. 428 ad art. 394 CO ; JOSEF HOFSTETTER, Der Auftrag und die Geschäftsführung ohne Auftrag, in SPR vol. VII/6, 2000, pag. 79). Ne segue che gli eredi e l'esecutore testamentario sono in linea di principio liberi nel fissare l'ammontare della rimunerazione ed il giudice non può pertanto intervenire per verificare la conformità dell'accordo all' art. 517 cpv. 3 CC e fissare un "equo compenso". La censura della ricorrente si appalesa pertanto infondata. L'accordo sulla mercede può tuttavia essere invalidato segnatamente per vizi della volontà, violazione dei buoni costumi oppure lesione (FELLMANN, op. cit., n. 428 e 450 ad art. 394 CO ; HOFSTETTER, op. cit., pag. 79). Dagli accertamenti della Corte cantonale - rimasti incontestati - emerge che la ricorrente non ha invocato alcun vizio della volontà (art. 23 segg. CO) entro il termine legale: gli argomenti ricorsuali secondo i quali ella si sarebbe in realtà limitata ad accettare una tariffa che sembrava non negoziabile in virtù della qualifica professionale dell'esecutore testamentario e che la sua accettazione era riferita ad uno svolgimento completo del mandato da parte dell'opponente comprendente pure l'allestimento dell'accordo divisionale della successione (del quale si sono invece occupati gli avvocati degli eredi) risultano così in ogni modo manifestamente tardivi. In queste circostanze l'accordo siglato dalla ricorrente in calce alla lettera del 20 dicembre 2004 va ritenuto valido e vincolante. 4.2.3 Se la ricorrente non può contestare l'accordo del 20 dicembre 2004 concernente i criteri per calcolare il compenso dell'esecutore testamentario, ella potrebbe nondimeno censurare il dispendio di tempo esposto dall'opponente e la stima del valore degli attivi lordi successori (FELLMANN, op. cit., n. 449 e 451 ad art. 394 CO ). Tuttavia, nel suo rimedio al Tribunale federale la ricorrente non critica nemmeno più il dispendio di tempo e quo al valore degli attivi lordi successori si limita ad affermare in modo generico che la Corte cantonale non avrebbe tenuto conto né del valore effettivo della successione né dei debiti ipotecari, senza però prendere posizione sulla motivazione dei Giudici cantonali secondo la quale tale censura non era stata sufficientemente dimostrata in sede di appello, rendendo il gravame su questo punto inammissibile per carente motivazione.
Urteilskopf
66. Estratto della sentenza della II Corte di diritto civile nella causa A. contro B. (ricorso in materia civile)
5D_76/2011 del 31 maggio 2012
Regeste Art. 517 Abs. 3 ZGB, Art. 394 ff. OR ; Vergütung des Willensvollstreckers. Frage der Bestimmungen, die auf eine Vereinbarung zwischen Erben und Willensvollstrecker über dessen Vergütung anwendbar sind (E. 4.2).
Regeste
Art. 517 Abs. 3 ZGB, Art. 394 ff. OR ; Vergütung des Willensvollstreckers. Frage der Bestimmungen, die auf eine Vereinbarung zwischen Erben und Willensvollstrecker über dessen Vergütung anwendbar sind (E. 4.2).
Art. 517 Abs. 3 ZGB Art. 394 ff. OR Frage der Bestimmungen, die auf eine Vereinbarung zwischen Erben und Willensvollstrecker über dessen Vergütung anwendbar sind (E. 4.2).
Sachverhalt ab Seite 449
Sachverhalt ab Seite 449 BGE 138 III 449 S. 449
BGE 138 III 449 S. 449
A.
A. A.a C. è deceduto il 21 novembre 2004. Con testamento pubblico del 22 giugno 1998 ha lasciato la porzione legittima alla figlia A. e la porzione disponibile al nipote D. e ha designato suo esecutore testamentario l'avv. B.
A.a Il 20 dicembre 2004 B. ha scritto ai due eredi. A proposito del suo compenso egli ha rilevato: "Vi informo che l'onorario verrà fatturato in base al dispendio orario a cui va aggiunto un onorario fisso pari al 5 o/oo degli attivi lordi della successione conformemente a quanto previsto dall'art. 46 TOA (Tariffa dell'Ordine degli avvocati del Canton Ticino). Per quanto concerne la tariffa oraria, quanto svolto dal sottoscritto verrà fatturato in ragione di fr. 350.- all'ora, mentre per quanto sarà svolto dalla mia collaboratrice avv. F., BGE 138 III 449 S. 450 l'onorario sarà di fr. 300.- all'ora". A. e D. hanno siglato la lettera del 20 dicembre 2004 "per visione e accettazione". Per l'opera svolta, B. ha emesso cinque note professionali, per un compenso in base al dispendio orario di complessivi fr. 89'030.- ed un compenso fisso di fr. 25'000.- (più spese, IVA ed esborsi).
BGE 138 III 449 S. 450
A.b Il 9 ottobre 2006 A. ha promosso causa davanti al Pretore del Distretto di Lugano, chiedendo di accertare che l'onorario esposto da B. eccede l'equo compenso spettante ad un esecutore testamentario, di ridurre tale onorario a complessivi fr. 45'000.- più spese ed IVA e di condannare B. a rimborsarle fr. 50'000.- oltre interessi sull'onorario che egli aveva già avuto modo di riscuotere. B. ha proposto la reiezione della petizione ed in via riconvenzionale ha postulato la condanna di A. al versamento di fr. 3'175.50 oltre interessi.
A.b Con decisione 27 ottobre 2008 il Pretore ha parzialmente accolto la petizione, condannando B. a versare ad A. fr. 25'000.- più IVA ed interessi (importo relativo al compenso fisso), e ha accolto la domanda riconvenzionale.
B. Contro la decisione pretorile B. è insorto dinanzi alla I Camera civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino per ottenere la reiezione della petizione di A. Quest'ultima ha proposto di respingere l'appello e con appello adesivo ha postulato che la somma di fr. 25'000.- in suo favore fosse portata a fr. 50'000.- (o almeno fr. 40'000.-) oltre interessi.
B. Con sentenza 11 marzo 2011 la Corte cantonale ha accolto l'appello principale e ha riformato la decisione pretorile, respingendo la petizione. Essa ha invece respinto l'appello adesivo, nella misura della sua ricevibilità.
C. Con ricorso in materia civile 4 maggio 2011 A. è insorta al Tribunale federale chiedendo di riformare la sentenza cantonale nel senso che B. sia condannato a restituirle la somma di fr. 46'895.- oltre interessi. La ricorrente ritiene in sostanza che i criteri per calcolare il compenso dell'esecutore testamentario fissati nell'accordo da lei siglato in calce alla lettera del 20 dicembre 2004 non sarebbero conformi all' art. 517 cpv. 3 CC e che l'accordo non sarebbe pertanto vincolante. Con risposta 8 luglio 2011 B. ha proposto la reiezione del ricorso nella misura della sua ammissibilità. Il Tribunale federale ha respinto il ricorso nella misura della sua ammissibilità.
C. art. 517 cpv. 3 CC (riassunto) BGE 138 III 449 S. 451
BGE 138 III 449 S. 451
Erwägungen
Erwägungen Dai considerandi:
4.
4. 4.2.1 L' art. 517 cpv. 3 CC prevede che l'esecutore testamentario ha diritto ad un equo compenso per le sue prestazioni. Giusta la dottrina sviluppata in merito a tale norma, le modalità del compenso fissate dal de cuius nel testamento non sono vincolanti: se il compenso stabilito dal testatore non risulta equo, esso può essere rimesso in discussione dall'esecutore testamentario oppure dagli eredi dinanzi al giudice civile (KARRER/VOGT/LEU, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. II, 4 a ed. 2011, n. 28 ad art. 517 CC ; HANS RAINER KÜNZLE, Berner Kommentar, 2011, n. 388 ad art. 517-518 CC ; ANDREAS JERMANN, Honorar und Rechenschaftspflicht des Willensvollstreckers, TREX 2009 pag. 165; PAUL-HENRI STEINAUER, Le droit des successions, 2006, pag. 543 n. 1166a; ANDREAS FLÜCKIGER, Das Honorar des Willensvollstreckers, in Willensvollstreckung - Aktuelle Rechtsprobleme [2],2006, pag. 225). Qualora il de cuius non abbia lasciato indicazioni in merito al compenso, l'esecutore testamentario e gli eredi possono inoltre rivolgersi al giudice civile laddove non riescano ad accordarsi su di esso (STEINAUER, op. cit., pag. 543 n. 1166a; PETER BREITSCHMID, Behördliche Aufsicht über den Willensvollstrecker, in Willensvollstreckung, 2001, pag. 182; PETER TUOR, Berner Kommentar, 2 a ed. 1952, n. 11 ad art. 517 CC ).
4.2.1 art. 517 cpv. 3 CC art. 517 CC art. 517-518 CC art. 517 CC Contrariamente a quanto pretende la ricorrente, il presente caso costituisce tuttavia una fattispecie differente: gli eredi hanno infatti partecipato alla determinazione delle basi di calcolo del compenso, accettando la proposta dell'esecutore testamentario.
4.2.2 Il compenso dell'esecutore testamentario è un credito di diritto privato ( DTF 129 I 330 consid. 3.2; DTF 90 II 376 consid. 2; 78 II 123 consid. 1a). All'accordo stipulato tra gli eredi e l'esecutore testamentario in merito al compenso di quest'ultimo si applicano le disposizioni sul contratto di mandato (art. 394 segg. CO; v. DTF 101 II 47 consid. 2; DTF 90 II 376 consid. 2; 78 II 123 consid. 1a; KARRER/VOGT/LEU, op. cit., n. 12 ad art. 518 CC ; KÜNZLE, op. cit., n. 63 delle osservazioni preliminari agli art. 517-518 CC ; JERMANN, op. cit., pag. 164; FLÜCKIGER, op. cit., pag. 204; STEPHANIE HRUBESCH-MILLAUER, Probleme mit der Vergütung des Willensvollstreckers, AJP 2005 pag. 1214). Giusta l' art. 394 cpv. 3 CO una mercede è dovuta quando sia stipulata o voluta dall'uso. Per la fissazione dell'ammontare della mercede vige in linea di principio la libertà contrattuale BGE 138 III 449 S. 452 (WALTER FELLMANN, Berner Kommentar, 1992, n. 428 ad art. 394 CO ; JOSEF HOFSTETTER, Der Auftrag und die Geschäftsführung ohne Auftrag, in SPR vol. VII/6, 2000, pag. 79). Ne segue che gli eredi e l'esecutore testamentario sono in linea di principio liberi nel fissare l'ammontare della rimunerazione ed il giudice non può pertanto intervenire per verificare la conformità dell'accordo all' art. 517 cpv. 3 CC e fissare un "equo compenso". La censura della ricorrente si appalesa pertanto infondata.
4.2.2 78 II 123 78 II 123 art. 518 CC art. 517-518 CC art. 394 cpv. 3 CO BGE 138 III 449 S. 452
art. 394 CO art. 517 cpv. 3 CC L'accordo sulla mercede può tuttavia essere invalidato segnatamente per vizi della volontà, violazione dei buoni costumi oppure lesione (FELLMANN, op. cit., n. 428 e 450 ad art. 394 CO ; HOFSTETTER, op. cit., pag. 79). Dagli accertamenti della Corte cantonale - rimasti incontestati - emerge che la ricorrente non ha invocato alcun vizio della volontà (art. 23 segg. CO) entro il termine legale: gli argomenti ricorsuali secondo i quali ella si sarebbe in realtà limitata ad accettare una tariffa che sembrava non negoziabile in virtù della qualifica professionale dell'esecutore testamentario e che la sua accettazione era riferita ad uno svolgimento completo del mandato da parte dell'opponente comprendente pure l'allestimento dell'accordo divisionale della successione (del quale si sono invece occupati gli avvocati degli eredi) risultano così in ogni modo manifestamente tardivi. art. 394 CO In queste circostanze l'accordo siglato dalla ricorrente in calce alla lettera del 20 dicembre 2004 va ritenuto valido e vincolante.
4.2.3 Se la ricorrente non può contestare l'accordo del 20 dicembre 2004 concernente i criteri per calcolare il compenso dell'esecutore testamentario, ella potrebbe nondimeno censurare il dispendio di tempo esposto dall'opponente e la stima del valore degli attivi lordi successori (FELLMANN, op. cit., n. 449 e 451 ad art. 394 CO ). Tuttavia, nel suo rimedio al Tribunale federale la ricorrente non critica nemmeno più il dispendio di tempo e quo al valore degli attivi lordi successori si limita ad affermare in modo generico che la Corte cantonale non avrebbe tenuto conto né del valore effettivo della successione né dei debiti ipotecari, senza però prendere posizione sulla motivazione dei Giudici cantonali secondo la quale tale censura non era stata sufficientemente dimostrata in sede di appello, rendendo il gravame su questo punto inammissibile per carente motivazione.
4.2.3 art. 394 CO
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Urteilskopf 138 III 449 66. Estratto della sentenza della II Corte di diritto civile nella causa A. contro B. (ricorso in materia civile) 5D_76/2011 del 31 maggio 2012 Regeste Art. 517 Abs. 3 ZGB, Art. 394 ff. OR ; Vergütung des Willensvollstreckers. Frage der Bestimmungen, die auf eine Vereinbarung zwischen Erben und Willensvollstrecker über dessen Vergütung anwendbar sind (E. 4.2). Sachverhalt ab Seite 449 BGE 138 III 449 S. 449 A. A.a C. è deceduto il 21 novembre 2004. Con testamento pubblico del 22 giugno 1998 ha lasciato la porzione legittima alla figlia A. e la porzione disponibile al nipote D. e ha designato suo esecutore testamentario l'avv. B. Il 20 dicembre 2004 B. ha scritto ai due eredi. A proposito del suo compenso egli ha rilevato: "Vi informo che l'onorario verrà fatturato in base al dispendio orario a cui va aggiunto un onorario fisso pari al 5 o/oo degli attivi lordi della successione conformemente a quanto previsto dall'art. 46 TOA (Tariffa dell'Ordine degli avvocati del Canton Ticino). Per quanto concerne la tariffa oraria, quanto svolto dal sottoscritto verrà fatturato in ragione di fr. 350.- all'ora, mentre per quanto sarà svolto dalla mia collaboratrice avv. F., BGE 138 III 449 S. 450 l'onorario sarà di fr. 300.- all'ora". A. e D. hanno siglato la lettera del 20 dicembre 2004 "per visione e accettazione". Per l'opera svolta, B. ha emesso cinque note professionali, per un compenso in base al dispendio orario di complessivi fr. 89'030.- ed un compenso fisso di fr. 25'000.- (più spese, IVA ed esborsi). A.b Il 9 ottobre 2006 A. ha promosso causa davanti al Pretore del Distretto di Lugano, chiedendo di accertare che l'onorario esposto da B. eccede l'equo compenso spettante ad un esecutore testamentario, di ridurre tale onorario a complessivi fr. 45'000.- più spese ed IVA e di condannare B. a rimborsarle fr. 50'000.- oltre interessi sull'onorario che egli aveva già avuto modo di riscuotere. B. ha proposto la reiezione della petizione ed in via riconvenzionale ha postulato la condanna di A. al versamento di fr. 3'175.50 oltre interessi. Con decisione 27 ottobre 2008 il Pretore ha parzialmente accolto la petizione, condannando B. a versare ad A. fr. 25'000.- più IVA ed interessi (importo relativo al compenso fisso), e ha accolto la domanda riconvenzionale. B. Contro la decisione pretorile B. è insorto dinanzi alla I Camera civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino per ottenere la reiezione della petizione di A. Quest'ultima ha proposto di respingere l'appello e con appello adesivo ha postulato che la somma di fr. 25'000.- in suo favore fosse portata a fr. 50'000.- (o almeno fr. 40'000.-) oltre interessi. Con sentenza 11 marzo 2011 la Corte cantonale ha accolto l'appello principale e ha riformato la decisione pretorile, respingendo la petizione. Essa ha invece respinto l'appello adesivo, nella misura della sua ricevibilità. C. Con ricorso in materia civile 4 maggio 2011 A. è insorta al Tribunale federale chiedendo di riformare la sentenza cantonale nel senso che B. sia condannato a restituirle la somma di fr. 46'895.- oltre interessi. La ricorrente ritiene in sostanza che i criteri per calcolare il compenso dell'esecutore testamentario fissati nell'accordo da lei siglato in calce alla lettera del 20 dicembre 2004 non sarebbero conformi all' art. 517 cpv. 3 CC e che l'accordo non sarebbe pertanto vincolante. Con risposta 8 luglio 2011 B. ha proposto la reiezione del ricorso nella misura della sua ammissibilità. Il Tribunale federale ha respinto il ricorso nella misura della sua ammissibilità. (riassunto) BGE 138 III 449 S. 451 Erwägungen Dai considerandi: 4. 4.2.1 L' art. 517 cpv. 3 CC prevede che l'esecutore testamentario ha diritto ad un equo compenso per le sue prestazioni. Giusta la dottrina sviluppata in merito a tale norma, le modalità del compenso fissate dal de cuius nel testamento non sono vincolanti: se il compenso stabilito dal testatore non risulta equo, esso può essere rimesso in discussione dall'esecutore testamentario oppure dagli eredi dinanzi al giudice civile (KARRER/VOGT/LEU, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. II, 4 a ed. 2011, n. 28 ad art. 517 CC ; HANS RAINER KÜNZLE, Berner Kommentar, 2011, n. 388 ad art. 517-518 CC ; ANDREAS JERMANN, Honorar und Rechenschaftspflicht des Willensvollstreckers, TREX 2009 pag. 165; PAUL-HENRI STEINAUER, Le droit des successions, 2006, pag. 543 n. 1166a; ANDREAS FLÜCKIGER, Das Honorar des Willensvollstreckers, in Willensvollstreckung - Aktuelle Rechtsprobleme [2],2006, pag. 225). Qualora il de cuius non abbia lasciato indicazioni in merito al compenso, l'esecutore testamentario e gli eredi possono inoltre rivolgersi al giudice civile laddove non riescano ad accordarsi su di esso (STEINAUER, op. cit., pag. 543 n. 1166a; PETER BREITSCHMID, Behördliche Aufsicht über den Willensvollstrecker, in Willensvollstreckung, 2001, pag. 182; PETER TUOR, Berner Kommentar, 2 a ed. 1952, n. 11 ad art. 517 CC ). Contrariamente a quanto pretende la ricorrente, il presente caso costituisce tuttavia una fattispecie differente: gli eredi hanno infatti partecipato alla determinazione delle basi di calcolo del compenso, accettando la proposta dell'esecutore testamentario. 4.2.2 Il compenso dell'esecutore testamentario è un credito di diritto privato ( DTF 129 I 330 consid. 3.2; DTF 90 II 376 consid. 2; 78 II 123 consid. 1a). All'accordo stipulato tra gli eredi e l'esecutore testamentario in merito al compenso di quest'ultimo si applicano le disposizioni sul contratto di mandato (art. 394 segg. CO; v. DTF 101 II 47 consid. 2; DTF 90 II 376 consid. 2; 78 II 123 consid. 1a; KARRER/VOGT/LEU, op. cit., n. 12 ad art. 518 CC ; KÜNZLE, op. cit., n. 63 delle osservazioni preliminari agli art. 517-518 CC ; JERMANN, op. cit., pag. 164; FLÜCKIGER, op. cit., pag. 204; STEPHANIE HRUBESCH-MILLAUER, Probleme mit der Vergütung des Willensvollstreckers, AJP 2005 pag. 1214). Giusta l' art. 394 cpv. 3 CO una mercede è dovuta quando sia stipulata o voluta dall'uso. Per la fissazione dell'ammontare della mercede vige in linea di principio la libertà contrattuale BGE 138 III 449 S. 452 (WALTER FELLMANN, Berner Kommentar, 1992, n. 428 ad art. 394 CO ; JOSEF HOFSTETTER, Der Auftrag und die Geschäftsführung ohne Auftrag, in SPR vol. VII/6, 2000, pag. 79). Ne segue che gli eredi e l'esecutore testamentario sono in linea di principio liberi nel fissare l'ammontare della rimunerazione ed il giudice non può pertanto intervenire per verificare la conformità dell'accordo all' art. 517 cpv. 3 CC e fissare un "equo compenso". La censura della ricorrente si appalesa pertanto infondata. L'accordo sulla mercede può tuttavia essere invalidato segnatamente per vizi della volontà, violazione dei buoni costumi oppure lesione (FELLMANN, op. cit., n. 428 e 450 ad art. 394 CO ; HOFSTETTER, op. cit., pag. 79). Dagli accertamenti della Corte cantonale - rimasti incontestati - emerge che la ricorrente non ha invocato alcun vizio della volontà (art. 23 segg. CO) entro il termine legale: gli argomenti ricorsuali secondo i quali ella si sarebbe in realtà limitata ad accettare una tariffa che sembrava non negoziabile in virtù della qualifica professionale dell'esecutore testamentario e che la sua accettazione era riferita ad uno svolgimento completo del mandato da parte dell'opponente comprendente pure l'allestimento dell'accordo divisionale della successione (del quale si sono invece occupati gli avvocati degli eredi) risultano così in ogni modo manifestamente tardivi. In queste circostanze l'accordo siglato dalla ricorrente in calce alla lettera del 20 dicembre 2004 va ritenuto valido e vincolante. 4.2.3 Se la ricorrente non può contestare l'accordo del 20 dicembre 2004 concernente i criteri per calcolare il compenso dell'esecutore testamentario, ella potrebbe nondimeno censurare il dispendio di tempo esposto dall'opponente e la stima del valore degli attivi lordi successori (FELLMANN, op. cit., n. 449 e 451 ad art. 394 CO ). Tuttavia, nel suo rimedio al Tribunale federale la ricorrente non critica nemmeno più il dispendio di tempo e quo al valore degli attivi lordi successori si limita ad affermare in modo generico che la Corte cantonale non avrebbe tenuto conto né del valore effettivo della successione né dei debiti ipotecari, senza però prendere posizione sulla motivazione dei Giudici cantonali secondo la quale tale censura non era stata sufficientemente dimostrata in sede di appello, rendendo il gravame su questo punto inammissibile per carente motivazione.
Urteilskopf
66. Estratto della sentenza della II Corte di diritto civile nella causa A. contro B. (ricorso in materia civile)
5D_76/2011 del 31 maggio 2012
Regeste Art. 517 Abs. 3 ZGB, Art. 394 ff. OR ; Vergütung des Willensvollstreckers. Frage der Bestimmungen, die auf eine Vereinbarung zwischen Erben und Willensvollstrecker über dessen Vergütung anwendbar sind (E. 4.2).
Regeste
Art. 517 Abs. 3 ZGB, Art. 394 ff. OR ; Vergütung des Willensvollstreckers. Frage der Bestimmungen, die auf eine Vereinbarung zwischen Erben und Willensvollstrecker über dessen Vergütung anwendbar sind (E. 4.2).
Art. 517 Abs. 3 ZGB Art. 394 ff. OR Frage der Bestimmungen, die auf eine Vereinbarung zwischen Erben und Willensvollstrecker über dessen Vergütung anwendbar sind (E. 4.2).
Sachverhalt ab Seite 449
Sachverhalt ab Seite 449 BGE 138 III 449 S. 449
BGE 138 III 449 S. 449
A.
A. A.a C. è deceduto il 21 novembre 2004. Con testamento pubblico del 22 giugno 1998 ha lasciato la porzione legittima alla figlia A. e la porzione disponibile al nipote D. e ha designato suo esecutore testamentario l'avv. B.
A.a Il 20 dicembre 2004 B. ha scritto ai due eredi. A proposito del suo compenso egli ha rilevato: "Vi informo che l'onorario verrà fatturato in base al dispendio orario a cui va aggiunto un onorario fisso pari al 5 o/oo degli attivi lordi della successione conformemente a quanto previsto dall'art. 46 TOA (Tariffa dell'Ordine degli avvocati del Canton Ticino). Per quanto concerne la tariffa oraria, quanto svolto dal sottoscritto verrà fatturato in ragione di fr. 350.- all'ora, mentre per quanto sarà svolto dalla mia collaboratrice avv. F., BGE 138 III 449 S. 450 l'onorario sarà di fr. 300.- all'ora". A. e D. hanno siglato la lettera del 20 dicembre 2004 "per visione e accettazione". Per l'opera svolta, B. ha emesso cinque note professionali, per un compenso in base al dispendio orario di complessivi fr. 89'030.- ed un compenso fisso di fr. 25'000.- (più spese, IVA ed esborsi).
BGE 138 III 449 S. 450
A.b Il 9 ottobre 2006 A. ha promosso causa davanti al Pretore del Distretto di Lugano, chiedendo di accertare che l'onorario esposto da B. eccede l'equo compenso spettante ad un esecutore testamentario, di ridurre tale onorario a complessivi fr. 45'000.- più spese ed IVA e di condannare B. a rimborsarle fr. 50'000.- oltre interessi sull'onorario che egli aveva già avuto modo di riscuotere. B. ha proposto la reiezione della petizione ed in via riconvenzionale ha postulato la condanna di A. al versamento di fr. 3'175.50 oltre interessi.
A.b Con decisione 27 ottobre 2008 il Pretore ha parzialmente accolto la petizione, condannando B. a versare ad A. fr. 25'000.- più IVA ed interessi (importo relativo al compenso fisso), e ha accolto la domanda riconvenzionale.
B. Contro la decisione pretorile B. è insorto dinanzi alla I Camera civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino per ottenere la reiezione della petizione di A. Quest'ultima ha proposto di respingere l'appello e con appello adesivo ha postulato che la somma di fr. 25'000.- in suo favore fosse portata a fr. 50'000.- (o almeno fr. 40'000.-) oltre interessi.
B. Con sentenza 11 marzo 2011 la Corte cantonale ha accolto l'appello principale e ha riformato la decisione pretorile, respingendo la petizione. Essa ha invece respinto l'appello adesivo, nella misura della sua ricevibilità.
C. Con ricorso in materia civile 4 maggio 2011 A. è insorta al Tribunale federale chiedendo di riformare la sentenza cantonale nel senso che B. sia condannato a restituirle la somma di fr. 46'895.- oltre interessi. La ricorrente ritiene in sostanza che i criteri per calcolare il compenso dell'esecutore testamentario fissati nell'accordo da lei siglato in calce alla lettera del 20 dicembre 2004 non sarebbero conformi all' art. 517 cpv. 3 CC e che l'accordo non sarebbe pertanto vincolante. Con risposta 8 luglio 2011 B. ha proposto la reiezione del ricorso nella misura della sua ammissibilità. Il Tribunale federale ha respinto il ricorso nella misura della sua ammissibilità.
C. art. 517 cpv. 3 CC (riassunto) BGE 138 III 449 S. 451
BGE 138 III 449 S. 451
Erwägungen
Erwägungen Dai considerandi:
4.
4. 4.2.1 L' art. 517 cpv. 3 CC prevede che l'esecutore testamentario ha diritto ad un equo compenso per le sue prestazioni. Giusta la dottrina sviluppata in merito a tale norma, le modalità del compenso fissate dal de cuius nel testamento non sono vincolanti: se il compenso stabilito dal testatore non risulta equo, esso può essere rimesso in discussione dall'esecutore testamentario oppure dagli eredi dinanzi al giudice civile (KARRER/VOGT/LEU, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. II, 4 a ed. 2011, n. 28 ad art. 517 CC ; HANS RAINER KÜNZLE, Berner Kommentar, 2011, n. 388 ad art. 517-518 CC ; ANDREAS JERMANN, Honorar und Rechenschaftspflicht des Willensvollstreckers, TREX 2009 pag. 165; PAUL-HENRI STEINAUER, Le droit des successions, 2006, pag. 543 n. 1166a; ANDREAS FLÜCKIGER, Das Honorar des Willensvollstreckers, in Willensvollstreckung - Aktuelle Rechtsprobleme [2],2006, pag. 225). Qualora il de cuius non abbia lasciato indicazioni in merito al compenso, l'esecutore testamentario e gli eredi possono inoltre rivolgersi al giudice civile laddove non riescano ad accordarsi su di esso (STEINAUER, op. cit., pag. 543 n. 1166a; PETER BREITSCHMID, Behördliche Aufsicht über den Willensvollstrecker, in Willensvollstreckung, 2001, pag. 182; PETER TUOR, Berner Kommentar, 2 a ed. 1952, n. 11 ad art. 517 CC ).
4.2.1 art. 517 cpv. 3 CC art. 517 CC art. 517-518 CC art. 517 CC Contrariamente a quanto pretende la ricorrente, il presente caso costituisce tuttavia una fattispecie differente: gli eredi hanno infatti partecipato alla determinazione delle basi di calcolo del compenso, accettando la proposta dell'esecutore testamentario.
4.2.2 Il compenso dell'esecutore testamentario è un credito di diritto privato ( DTF 129 I 330 consid. 3.2; DTF 90 II 376 consid. 2; 78 II 123 consid. 1a). All'accordo stipulato tra gli eredi e l'esecutore testamentario in merito al compenso di quest'ultimo si applicano le disposizioni sul contratto di mandato (art. 394 segg. CO; v. DTF 101 II 47 consid. 2; DTF 90 II 376 consid. 2; 78 II 123 consid. 1a; KARRER/VOGT/LEU, op. cit., n. 12 ad art. 518 CC ; KÜNZLE, op. cit., n. 63 delle osservazioni preliminari agli art. 517-518 CC ; JERMANN, op. cit., pag. 164; FLÜCKIGER, op. cit., pag. 204; STEPHANIE HRUBESCH-MILLAUER, Probleme mit der Vergütung des Willensvollstreckers, AJP 2005 pag. 1214). Giusta l' art. 394 cpv. 3 CO una mercede è dovuta quando sia stipulata o voluta dall'uso. Per la fissazione dell'ammontare della mercede vige in linea di principio la libertà contrattuale BGE 138 III 449 S. 452 (WALTER FELLMANN, Berner Kommentar, 1992, n. 428 ad art. 394 CO ; JOSEF HOFSTETTER, Der Auftrag und die Geschäftsführung ohne Auftrag, in SPR vol. VII/6, 2000, pag. 79). Ne segue che gli eredi e l'esecutore testamentario sono in linea di principio liberi nel fissare l'ammontare della rimunerazione ed il giudice non può pertanto intervenire per verificare la conformità dell'accordo all' art. 517 cpv. 3 CC e fissare un "equo compenso". La censura della ricorrente si appalesa pertanto infondata.
4.2.2 78 II 123 78 II 123 art. 518 CC art. 517-518 CC art. 394 cpv. 3 CO BGE 138 III 449 S. 452
art. 394 CO art. 517 cpv. 3 CC L'accordo sulla mercede può tuttavia essere invalidato segnatamente per vizi della volontà, violazione dei buoni costumi oppure lesione (FELLMANN, op. cit., n. 428 e 450 ad art. 394 CO ; HOFSTETTER, op. cit., pag. 79). Dagli accertamenti della Corte cantonale - rimasti incontestati - emerge che la ricorrente non ha invocato alcun vizio della volontà (art. 23 segg. CO) entro il termine legale: gli argomenti ricorsuali secondo i quali ella si sarebbe in realtà limitata ad accettare una tariffa che sembrava non negoziabile in virtù della qualifica professionale dell'esecutore testamentario e che la sua accettazione era riferita ad uno svolgimento completo del mandato da parte dell'opponente comprendente pure l'allestimento dell'accordo divisionale della successione (del quale si sono invece occupati gli avvocati degli eredi) risultano così in ogni modo manifestamente tardivi. art. 394 CO In queste circostanze l'accordo siglato dalla ricorrente in calce alla lettera del 20 dicembre 2004 va ritenuto valido e vincolante.
4.2.3 Se la ricorrente non può contestare l'accordo del 20 dicembre 2004 concernente i criteri per calcolare il compenso dell'esecutore testamentario, ella potrebbe nondimeno censurare il dispendio di tempo esposto dall'opponente e la stima del valore degli attivi lordi successori (FELLMANN, op. cit., n. 449 e 451 ad art. 394 CO ). Tuttavia, nel suo rimedio al Tribunale federale la ricorrente non critica nemmeno più il dispendio di tempo e quo al valore degli attivi lordi successori si limita ad affermare in modo generico che la Corte cantonale non avrebbe tenuto conto né del valore effettivo della successione né dei debiti ipotecari, senza però prendere posizione sulla motivazione dei Giudici cantonali secondo la quale tale censura non era stata sufficientemente dimostrata in sede di appello, rendendo il gravame su questo punto inammissibile per carente motivazione.
4.2.3 art. 394 CO
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Urteilskopf 138 III 44 6. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. contre B. SA (recours constitutionnel subsidiaire) 5D_153/2011 du 21 novembre 2011 Regeste Art. 75 (und 114) BGG und Art. 265a Abs. 1 SchKG ; Einrede fehlenden neuen Vermögens. Zulässigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht gegen den im summarischen Verfahren ergangenen Entscheid über das Vorliegen neuen Vermögens (E. 1.3). Sachverhalt ab Seite 44 BGE 138 III 44 S. 44 A. La faillite de A., prononcée le 11 décembre 2006, a été close le 15 janvier 2008. B. Le 4 avril 2011, B. SA a fait notifier à A. un commandement de payer (...); le poursuivi a formé opposition totale et excipé de son non-retour à meilleure fortune. Le 8 avril 2011, l'Office des BGE 138 III 44 S. 45 poursuites de Genève a transmis l'opposition au Tribunal de première instance de Genève, conformément à l' art. 265 a al. 1 LP. (...) Statuant le 2 août 2011, le Tribunal a déclaré irrecevable l'exception de non-retour à meilleure fortune, dit que l'opposant est revenu à meilleure fortune à hauteur de 380 fr. par mois et arrêté les frais et dépens de la procédure. (...) Le Tribunal fédéral a rejeté le recours constitutionnel du poursuivi. (extrait) Erwägungen Extrait des considérants: 1. 1.3 En vertu de l' art. 265 a al. 1 LP - dans sa teneur en vigueur depuis le 1 er janvier 2011 (RO 2010 1739, 1849; FF 2006 6841, 7126) -, la décision prise en procédure sommaire sur le retour à meilleure fortune ( art. 251 let. d CPC; RS 272) n'est sujette à aucun recours (cantonal). Il s'agit là d'une norme spéciale qui déroge au principe de la double instance et à l'exigence d'un tribunal supérieur, posés à l' art. 75 al. 2 LTF ( ATF 134 III 524 consid. 1.4 [pour l'ancienne teneur de l'art. 265 a al. 1 in fine LP]; CHEVALIER, Die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht, 2009, n° 217; REETZ/THEILER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2010, n° 6 ad art. 309 CPC ; pour le recours à l'encontre du jugement de faillite de change [ art. 189 LP ], cf. arrêt 5A_268/2010 du 30 avril 2010 consid. 1.2, in Pra 2011 n° 10). En outre, le recourant ne dénonce pas une fausse application du droit des poursuites, mais une violation de son droit d'être entendu (cf. consid. 2 non publié), en sorte que le recours est ouvert du chef de l' art. 75 al. 1 LTF ( ATF 134 III 524 consid. 1.3; REETZ/THEILER, loc. cit.).
Urteilskopf
6. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. contre B. SA (recours constitutionnel subsidiaire)
5D_153/2011 du 21 novembre 2011
Regeste Art. 75 (und 114) BGG und Art. 265a Abs. 1 SchKG ; Einrede fehlenden neuen Vermögens. Zulässigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht gegen den im summarischen Verfahren ergangenen Entscheid über das Vorliegen neuen Vermögens (E. 1.3).
Regeste
Art. 75 (und 114) BGG und Art. 265a Abs. 1 SchKG ; Einrede fehlenden neuen Vermögens. Zulässigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht gegen den im summarischen Verfahren ergangenen Entscheid über das Vorliegen neuen Vermögens (E. 1.3).
Art. 265a Abs. 1 SchKG Zulässigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht gegen den im summarischen Verfahren ergangenen Entscheid über das Vorliegen neuen Vermögens (E. 1.3).
Sachverhalt ab Seite 44
Sachverhalt ab Seite 44 BGE 138 III 44 S. 44
BGE 138 III 44 S. 44
A. La faillite de A., prononcée le 11 décembre 2006, a été close le 15 janvier 2008.
A. B. Le 4 avril 2011, B. SA a fait notifier à A. un commandement de payer (...); le poursuivi a formé opposition totale et excipé de son non-retour à meilleure fortune. Le 8 avril 2011, l'Office des BGE 138 III 44 S. 45 poursuites de Genève a transmis l'opposition au Tribunal de première instance de Genève, conformément à l' art. 265 a al. 1 LP. (...)
B. BGE 138 III 44 S. 45
art. 265 a al. 1 LP Statuant le 2 août 2011, le Tribunal a déclaré irrecevable l'exception de non-retour à meilleure fortune, dit que l'opposant est revenu à meilleure fortune à hauteur de 380 fr. par mois et arrêté les frais et dépens de la procédure. (...)
Le Tribunal fédéral a rejeté le recours constitutionnel du poursuivi.
(extrait)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
1.
1. 1.3 En vertu de l' art. 265 a al. 1 LP - dans sa teneur en vigueur depuis le 1 er janvier 2011 (RO 2010 1739, 1849; FF 2006 6841, 7126) -, la décision prise en procédure sommaire sur le retour à meilleure fortune ( art. 251 let. d CPC; RS 272) n'est sujette à aucun recours (cantonal). Il s'agit là d'une norme spéciale qui déroge au principe de la double instance et à l'exigence d'un tribunal supérieur, posés à l' art. 75 al. 2 LTF ( ATF 134 III 524 consid. 1.4 [pour l'ancienne teneur de l'art. 265 a al. 1 in fine LP]; CHEVALIER, Die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht, 2009, n° 217; REETZ/THEILER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2010, n° 6 ad art. 309 CPC ; pour le recours à l'encontre du jugement de faillite de change [ art. 189 LP ], cf. arrêt 5A_268/2010 du 30 avril 2010 consid. 1.2, in Pra 2011 n° 10). En outre, le recourant ne dénonce pas une fausse application du droit des poursuites, mais une violation de son droit d'être entendu (cf. consid. 2 non publié), en sorte que le recours est ouvert du chef de l' art. 75 al. 1 LTF ( ATF 134 III 524 consid. 1.3; REETZ/THEILER, loc. cit.).
1.3 art. 265 a al. 1 LP art. 251 let art. 75 al. 2 LTF art. 309 CPC art. 189 LP art. 75 al. 1 LTF
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Urteilskopf 138 III 453 67. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Bank X. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_678/2011 vom 2. Mai 2012 Regeste Art. 121, Art. 492 Abs. 4, Art. 493 Abs. 2 und Art. 502 Abs. 2 OR ; Einreden des Bürgen, wenn der Hauptschuldner gegenüber dem Gläubiger auf die Verrechnung verzichtet hat. Art. 502 Abs. 2 OR, gemäss dem ein Verzicht des Hauptschuldners auf ihm zustehende Einreden dem Bürgen gegenüber nicht gilt, ist auf das Leistungsverweigerungsrecht des Bürgen gemäss Art. 121 OR analog anwendbar. Voraussetzungen, unter denen der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern kann, wenn der Hauptschuldner diesem gegenüber auf die Verrechnung verzichtet hat (E. 2.2). Art. 492 Abs. 4 OR hindert den Bürgen nicht daran, die Erfüllung einer Schuld sicherzustellen, bezüglich welcher der Hauptschuldner auf Einwendungen oder Einreden verzichtet hat. Ein Verrechnungsverzicht des Hauptschuldners unterliegt nicht dem Formerfordernis von Art. 493 Abs. 2 OR (E. 2.3). Erwägungen ab Seite 454 BGE 138 III 453 S. 454 Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Wie bereits vor dem Kantonsgericht bestritt der Beschwerdeführer vor der Vorinstanz nicht den Bestand der betriebenen Bürgschaftsforderung in der Höhe von insgesamt Fr. 2'183'805.55. Er machte jedoch geltend, die Beschwerdegegnerin habe durch ihr Geschäftsgebaren die Hauptschuldnerin geschädigt, weshalb er als Bürge die daraus resultierenden Schadenersatzansprüche verrechnungsweise geltend machen könne. Die Beschwerdegegnerin verwies demgegenüber darauf, dass die Hauptschuldnerin im Darlehensvertrag vom 13. Dezember 2004 auf die Verrechnung ausdrücklich verzichtet und der Beschwerdeführer den betreffenden Vertrag einerseits als Organ der Hauptschuldnerin und andererseits als Bürge unterzeichnet habe. Die Vorinstanz stellte fest, der Beschwerdeführer habe bei Abschluss der Bürgschaft vom Verrechnungsverzicht der Hauptschuldnerin gegenüber der Beschwerdegegnerin Kenntnis gehabt. Der Auffassung der Beschwerdegegnerin folgend, erwog sie, der Beschwerdeführer müsse sich als Bürge den entsprechenden Verzicht entgegenhalten lassen, und es sei ihm demzufolge nach sachgerechter Auslegung von Art. 502 Abs. 2 OR verwehrt, seine Bürgschaftsschuld gegenüber der Beschwerdegegnerin mit angeblichen Forderungen der Hauptschuldnerin gegenüber der Beschwerdegegnerin "zu verrechnen". Daraus schloss sie, die Verrechnungseinrede des Beschwerdeführers sei unzulässig. 2.2 Der Beschwerdeführer rügt zunächst, diese Auffassung verletze Art. 502 Abs. 2 und Art. 121 OR. 2.2.1 Durch den Bürgschaftsvertrag übernimmt der Bürge gegenüber dem Gläubiger die Pflicht, für die Erfüllung der Schuld eines Dritten, des Hauptschuldners, einzustehen ( Art. 492 Abs. 1 OR ). Die Bürgschaftsverpflichtung setzt den Bestand der sicherzustellenden Verpflichtung voraus. Sie ist dieser beigeordnet und hängt in Bestand und BGE 138 III 453 S. 455 Inhalt notwendigerweise von ihr ab; die Bürgschaft ist akzessorisch. Sie sichert die Zahlungsfähigkeit des Schuldners oder die Erfüllung eines Vertrages ( BGE 129 III 702 E. 2.1 S. 704; BGE 125 III 305 E. 2b S. 307; BGE 113 II 434 E. 2a; BGE 111 II 276 E. 2b S. 279). Entsprechend dem Grundsatz der Akzessorietät stehen dem Bürgen die Einreden des Hauptschuldners zu, die sich nicht auf dessen Zahlungsunfähigkeit stützen ( Art. 502 Abs. 1 OR ). Art. 502 Abs. 2 OR erweitert diesen Schutz, indem er den Bürgen ermächtigt, eine Einrede des Hauptschuldners auch geltend zu machen, wenn dieser darauf verzichtet hat. Gemäss Art. 121 OR kann der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, soweit dem Hauptschuldner das Recht zur Verrechnung zusteht. Diese Bestimmung schützt den Bürgen dann, wenn der Hauptschuldner die Verrechnung erklären könnte, dies aber nicht tut. Diesfalls fehlt es an der Gestaltungserklärung des Hauptschuldners für die Tilgung der Hauptschuld durch Verrechnung, und nach dem Akzessorietätsprinzip müsste auch der Bürge weiterhaften. Denn dieser kann nicht selbst eine Forderung des Hauptschuldners gegenüber dem Gläubiger zur Verrechnung bringen und damit den Untergang seiner Bürgschaftsschuld bewirken ( BGE 126 III 25 E. 3b). Hier greift Art. 121 OR, der dem Bürgen in derartigen Konstellationen eine aufschiebende Einrede gegen die Durchsetzung der Bürgschaftsschuld gewährt (AEPLI, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1991, N. 45 zu Art. 121 OR ; KILLIAS, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2007, N. 7 zu Art. 121 OR ; MÜLLER, Der Schutz des Bürgen im schweizerischen Privatrecht, 2010, S. 171 f.; OSER/SCHÖNENBERGER, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. 1945, N. 11 zu Art. 502 OR ; PETER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 1 f. zu Art. 121 OR ; SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2009, S. 508; SCYBOZ, Garantievertrag und Bürgschaft, in: Obligationenrecht, Besondere Vertragsverhältnisse, SPR Bd. VII/2, 1979, S. 384; vgl. auch ENGEL, Contrats de droit suisse, 2. Aufl. 2000, S. 651). Im Gegensatz zur Verrechnungserklärung des Hauptschuldners lässt die auf Art. 121 OR gestützte Einrede des Bürgen den Bestand von Haupt- und Bürgschaftsforderung unberührt (AEPLI, a.a.O., N. 45 zu Art. 121 OR ). 2.2.2 Bislang vom Bundesgericht noch nicht entschieden ist die Frage, welche Rechtsfolgen es für den Bürgen nach sich zieht, wenn der Hauptschuldner auf seinen Verrechnungsanspruch verzichtet und damit sein Recht verliert, durch Verrechnungserklärung die BGE 138 III 453 S. 456 Hauptforderung (im Umfang der Verrechnung) zum Untergang zu bringen. Namentlich fragt sich, ob in diesem Fall die Regelung von Art. 502 Abs. 2 OR Anwendung findet. In BGE 126 III 25 liess das Bundesgericht die Frage offen, ob der Bürge seine Leistung in analoger Anwendung von Art. 502 Abs. 2 und Art. 121 OR verweigern kann, wenn der Hauptschuldner, nach Abschluss des Bürgschaftsvertrags und ohne Zustimmung des Bürgen, auf eine Verrechnungsforderung verzichtet hat, da der Bürge im zu beurteilenden Fall dem Verzicht des Hauptschuldners zugestimmt hatte (E. 3b). Das Bundesgericht wies in diesem Entscheid aber immerhin auf die Lehrmeinung hin, gemäss der sich der Bürge gestützt auf Art. 502 Abs. 2 OR einen nach Abschluss der Bürgschaft und ohne seine Zustimmung ergangenen Verrechnungsverzicht nicht entgenhalten lassen müsse (AEPLI, a.a.O., N. 29 zu Art. 121 OR ; BECKER, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1941, N. 3 zu Art. 121 OR ; GIOVANOLI, in: Berner Kommentar, 2. Aufl. 1978, N. 5b zu Art. 502 OR ; PETER, a.a.O., N. 3 zu Art. 121 OR ; SCYBOZ, a.a.O., S. 384). Die entsprechende Auffassung machte sich vorliegend die Vorinstanz zu eigen. Die zitierte Lehrmeinung geht von der Prämisse aus, dass Art. 502 Abs. 2 OR - obwohl die Bestimmung den Verzicht des Hauptschuldners auf Einreden und nicht den Verzicht auf Gestaltungsrechte zum Gegenstand hat - auch auf den Fall von Art. 121 OR Anwendung findet. Für diese Ansicht bestehen denn auch gute Gründe, da Art. 121 OR die akzessorischen Einredemöglichkeiten gemäss Art. 502 Abs. 1 OR ergänzt und beide Normen den Bürgen schützen, indem sie ihm ein im Verhältnis zwischen Gläubiger und Hauptschuldner begründetes Leistungsverweigerungsrecht einräumen. Es rechtfertigt sich daher, Art. 502 Abs. 2 OR, der den Schutz des Bürgen im Falle eines Verzichts des Hauptschuldners auf eine ihm zustehende Einrede erweitert, auf den von Art. 121 OR erfassten Verrechnungstatbestand anzuwenden. Dem Bürgen verbleibt somit in analoger Anwendung von Art. 502 Abs. 2 OR die Einrede gemäss Art. 121 OR, auch wenn der Hauptschuldner auf das ihm zustehende Verrechnungsrecht verzichtet. Noch nicht beantwortet ist damit allerdings die Frage nach der inhaltlichen Tragweite von Art. 502 Abs. 2 OR. Diese Bestimmung beruht auf dem Grundgedanken, dass die Stellung des Bürgen nicht einseitig durch eine nachträgliche Vereinbarung zwischen dem Gläubiger und dem Hauptschuldner soll verschlechtert werden können (AEPLI, BGE 138 III 453 S. 457 a.a.O., N. 15 zu Art. 121 OR ; BECK, Das neue Bürgschaftsrecht, 1942, N. 44 zu Art. 502 OR ; GUHL UND ANDERE, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, S. 637 f. N. 55; KILLIAS, a.a.O., N. 4 zu Art. 121 OR ; MÜLLER, a.a.O., S. 170 f.; OSER/SCHÖNENBERGER, a.a.O., N. 26 zu Art. 502 OR ; PESTALOZZI, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 11 zu Art. 502 OR ; SCYBOZ, a.a.O., S. 385). Sie erfasst demnach nicht den hier zu beurteilenden Fall, dass der Hauptschuldner vor Abschluss der Bürgschaft und mit Zustimmung des Bürgen auf Einreden verzichtet hat. Daraus folgt, dass sich der Bürge jedenfalls dann nicht auf Art. 502 Abs. 2 OR berufen kann, wenn er die Bürgschaft im Wissen darum eingegangen ist, dass der Hauptschuldner gegenüber dem Gläubiger auf die Verrechnung verzichtet hat. Dieser Fall ist wertungsmässig ähnlich gelagert wie der in BGE 126 III 25 entschiedene. Verzichtet der Hauptschuldner demgegenüber nach Abschluss des Bürgschaftsvertrages und ohne Zustimmung des Bürgen auf die Verrechnung, so ist dem Bürgen mit der insofern einhelligen Lehre ein Leistungsverweigerungsrecht zuzugestehen (AEPLI, a.a.O., N. 29 zu Art. 121 OR ; BECKER, a.a.O., N. 3 zu Art. 121 OR ; GIOVANOLI, a.a.O., N. 5b zu Art. 502 OR ; JEANDIN, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2003, N. 2 zu Art. 121 OR ; MEIER, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2003, N. 11 zu Art. 502 OR ; PETER, a.a.O., N. 3 zu Art. 121 OR ; vgl. auch HONSELL, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, 9. Aufl. 2010, S. 418). 2.2.3 Vorliegend steht fest und bestreitet auch der Beschwerdeführer nicht, dass die Hauptschuldnerin im Darlehensvertrag vom 13. Dezember 2004 bezüglich der Darlehensforderung auf die Geltendmachung der Verrechnung verzichtete. Dieser Verzicht war auch ohne Weiteres zulässig, und zwar sowohl mit Bezug auf bestehende als auch betreffend zukünftige Verrechnungsforderungen ( Art. 126 OR ). Gemäss den bindenden Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz hatte der Beschwerdeführer als Bürge beim Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung Kenntnis von der erwähnten Verzichtsklausel. Nach dem eben Ausgeführten kann er sich somit nicht auf Art. 502 Abs. 2 OR berufen, um gestützt auf die Verrechnungsmöglichkeit, wie sie der Hauptschuldnerin ohne Verzicht zustehen würde, die Leistung zu verweigern. 2.3 Der Beschwerdeführer sieht durch die vorinstanzliche Rechtsauffassung, er könne der Bürgschaftsforderung der Beschwerdegegnerin die behaupteten Verrechnungsansprüche der BGE 138 III 453 S. 458 Hauptschuldnerin nicht entgegenhalten, weiter auch Art. 492 Abs. 4 und Art. 493 Abs. 2 OR verletzt. Er macht geltend, gemäss Art. 492 Abs. 4 OR könne der Bürge, abgesehen von den im Gesetz vorgesehenen Fällen, auf die ihm im Zwanzigsten Titel des Obligationenrechts eingeräumten Rechte nicht zum Voraus verzichten. Zu den entsprechenden Rechten zähle der Anspruch des Bürgen, nach Art. 502 Abs. 2 OR Einreden des Hauptschuldners geltend zu machen, auch wenn dieser darauf verzichtet habe. Ein vorgängiger Verzicht des Bürgen auf dieses Recht sei im Gesetz nicht vorgesehen und daher gemäss Art. 492 Abs. 4 OR nicht zulässig. Gehe man hingegen - so der Beschwerdeführer weiter - von der Möglichkeit eines entsprechenden vorgängigen Verzichts aus, müssten dafür jedenfalls die qualifizierten Formvorschriften gemäss Art. 493 Abs. 2 OR gelten. Ein formgültiger Verzicht auf das Verrechnungsrecht liege - im Gegensatz etwa zu dem in der Bürgschaftserklärung enthaltenen Verzicht des Beschwerdeführers auf das beneficium excussionis realis - nicht vor. 2.3.1 Die Hauptschuldnerin hat vorliegend wie gesehen nicht nach Abschluss der Bürgschaft und ohne Zustimmung des Beschwerdeführers auf ihre Verrechnungseinrede verzichtet. Damit liegt kein Fall von Art. 502 Abs. 2 OR vor (E. 2.2.2), und es hilft dem Beschwerdeführer somit von vornherein nicht weiter, wenn er sich auf die Unverzichtbarkeit des in dieser Bestimmung normierten Rechts des Bürgen beruft. 2.3.2 Soweit der Beschwerdeführer dagegen annimmt, der Verrechnungsverzicht der Hauptschuldnerin sei ihm gegenüber schon alleine gestützt auf Art. 121 OR in Verbindung mit Art. 492 Abs. 4 OR unwirksam, da Art. 121 OR eine unverzichtbare Einrede des Bürgschaftsrechts statuiere, verkennt er den Gehalt von Art. 492 Abs. 4 OR : Diese Bestimmung verbietet lediglich, dass der Bürge auf eigene Rechte, d.h. auf die seinem Schutze dienenden gesetzlichen Regeln, im Voraus verzichtet (vgl. BECK, a.a.O., N. 134 f. zu Art. 492 OR ; PESTALOZZI, a.a.O., N. 8 zu Art. 493 OR ). Mit anderen Worten untersagt sie ausschliesslich den Vorausverzicht des Bürgen selbst auf die ihm von Gesetzes wegen im Verhältnis zum Gläubiger und zum Hauptschuldner zustehenden Rechte. Der Bürge kann demnach zwar nicht im Voraus darauf verzichten, dem Gläubiger die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden und Einwendungen entgegenzusetzen. Diese Befugnis ergibt sich bereits aus der Akzessorietät der Bürgschaft, der es grundsätzlich widersprechen würde, wenn der BGE 138 III 453 S. 459 Bürge eine strengere Verpflichtung eingehen würde als der Hauptschuldner (vgl. BGE 129 III 702 E. 2.1 S. 704; BECK, a.a.O., N. 93 zu Art. 492 sowie N. 47 zu Art. 502 OR ; OSER/SCHÖNENBERGER, a.a.O., N. 33 zu Art. 502 OR ). Sie steht dem Bürgen jedenfalls aus eigenem Recht zu (SCYBOZ, a.a.O., S. 382), weshalb er gemäss Art. 492 Abs. 4 OR nicht von vornherein darauf verzichten kann (PESTALOZZI, a.a.O., N. 4 zu Art. 502 OR ; vgl. auch GIOVANOLI, a.a.O., N. 88 zu Art. 492 OR ; MÜLLER, a.a.O., S. 46). Art. 492 Abs. 4 OR hindert den Bürgen demgegenüber nicht daran, für die Erfüllung einer Schuld einzustehen, bezüglich welcher der Hauptschuldner in Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht auf Einwendungen oder Einreden verzichtet hat (anders wohl BECK, a.a.O., N. 47 zu Art. 502 OR ). Dieses Ergebnis ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Zwanzigste Titel des Obligationenrechts keine Regeln zum möglichen Inhalt der zu sichernden Hauptforderung respektive zu den Einwendungen und Einreden des Hauptschuldners enthält, sondern lediglich in Art. 492 Abs. 2 OR festhält, dass die Bürgschaft eine zu Recht bestehende Hauptschuld voraussetzt. Damit fehlt es an einer Bestimmung im Zwanzigsten Titel des Obligationenrechts, die es dem Hauptschuldner zum Schutz des Bürgen verbietet, im Rahmen des Hauptschuldverhältnisses auf Einreden und Einwendungen gegen die verbürgte Forderung zu verzichten, weil dadurch indirekt auch der Bürge betroffen wäre, oder die es dem Bürgen selbst untersagt, für eine mit einem solchen Verzicht belastete Schuld einzustehen. Dieses Verständnis steht denn auch im Einklang mit dem durch Art. 492 Abs. 4 OR verfolgten Zweck: Mit dieser Bestimmung, die auf die Revision des Bürgschaftsrechts von 1941 zurückgeht, sollte verhindert werden, dass Bürgen durch die Unterzeichnung von vorgedruckten Formularen auf ihre gesetzlichen Rechte verzichten und später von der Tragweite dieses Verzichts überrascht werden (Botschaft vom 20. Dezember 1939 zur Revision des Bürgschaftsrechts, BBl 1939 II 873 f.; vgl. auch BECK, a.a.O., N. 134 zu Art. 492 OR ). Mit anderen Worten wollte der Gesetzgeber mit dem Verbot des Vorausverzichts verhindern, dass der Bürge in der Bürgschaftsvereinbarung auf die zu seinem Schutz eingeräumten bürgschaftsrechtlichen Einreden verzichtet; es war hingegen nicht seine Absicht, den Inhalt und die Modalitäten der zu verbürgenden Hauptforderung festzulegen. Dies ist auch nachvollziehbar: Hätte der Gesetzgeber dem Bürgen nämlich verboten, für eine mit einem Einrede- oder Einwendungsverzicht belastete Schuld einzustehen, hätte er in Kauf nehmen müssen, dass mit der BGE 138 III 453 S. 460 Bürgschaft solche - vom dispositiven gesetzlichen Recht abweichende - schuldrechtliche Verpflichtungen in vielen Fällen nicht mehr hätten gesichert werden können. Es bleibt somit insofern beim Grundsatz, dass der Bürge für die Verpflichtung einsteht, so wie sie der Hauptschuldner eingegangen ist (vgl. E. 2.2.1). Ein Verrechnungsverzicht des Hauptschuldners wie der vorliegende, der das Schuldverhältnis zwischen diesem und dem Gläubiger betrifft, gilt demnach auch für den Bürgen. Ob die - das Verhältnis zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger betreffende - Einrede gemäss Art. 121 OR zu den gemäss Art. 492 Abs. 4 OR unverzichtbaren Rechten des Bürgen gehört, obwohl sie nicht im Zwanzigsten Titel des Obligationenrechts eingeräumt wird, braucht unter diesen Umständen nicht beurteilt zu werden (zu dieser Frage AEPLI, a.a.O., N. 10 zu Art. 121 OR ; BECKER, a.a.O., N. 3 zu Art. 121 OR ). Soweit die Argumentation des Beschwerdeführers auf der Prämisse aufbaut, dass er sich als Bürge nicht für eine durch einen Verrechnungsverzicht der Hauptschuldnerin erschwerte Hauptpflicht verbürgen konnte, kann ihr demnach nicht gefolgt werden. 2.3.3 Schliesslich finden auch die vom Beschwerdeführer geforderten qualifizierten Formerfordernisse für den Verrechnungsverzicht im Gesetz keine Stütze. Nachdem es sich beim Verrechnungsverzicht des Hauptschuldners wie gesehen nicht um einen von Art. 492 Abs. 4 OR erfassten Eingriff in die gesetzliche Bürgenstellung handelt, sondern um eine Eigenschaft des verbürgten (Haupt-) Schuldverhältnisses, kann auch aus dem Umstand, dass dieser Verzicht nicht in der Bürgschaftserklärung enthalten war, von vornherein nichts abgeleitet werden (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, a.a.O., N. 27 zu Art. 493 OR ; PESTALOZZI, a.a.O., N. 8 zu Art. 493 OR ). Das Gesetz enthält keine Regel, wonach sich die für die Bürgschaftserklärung geltende Formpflicht auch auf die inhaltlichen Eigenschaften der Hauptschuld bezieht (vgl. PESTALOZZI, a.a.O., N. 7 f. zu Art. 493 OR ). 2.4 Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz zutreffend erkannt, dass der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin keine Verrechnungsforderungen der Hauptschuldnerin entgegenhalten kann.
Urteilskopf
67. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Bank X. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_678/2011 vom 2. Mai 2012
Regeste Art. 121, Art. 492 Abs. 4, Art. 493 Abs. 2 und Art. 502 Abs. 2 OR ; Einreden des Bürgen, wenn der Hauptschuldner gegenüber dem Gläubiger auf die Verrechnung verzichtet hat. Art. 502 Abs. 2 OR, gemäss dem ein Verzicht des Hauptschuldners auf ihm zustehende Einreden dem Bürgen gegenüber nicht gilt, ist auf das Leistungsverweigerungsrecht des Bürgen gemäss Art. 121 OR analog anwendbar. Voraussetzungen, unter denen der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern kann, wenn der Hauptschuldner diesem gegenüber auf die Verrechnung verzichtet hat (E. 2.2). Art. 492 Abs. 4 OR hindert den Bürgen nicht daran, die Erfüllung einer Schuld sicherzustellen, bezüglich welcher der Hauptschuldner auf Einwendungen oder Einreden verzichtet hat. Ein Verrechnungsverzicht des Hauptschuldners unterliegt nicht dem Formerfordernis von Art. 493 Abs. 2 OR (E. 2.3).
Regeste
Art. 121, Art. 492 Abs. 4, Art. 493 Abs. 2 und Art. 502 Abs. 2 OR ; Einreden des Bürgen, wenn der Hauptschuldner gegenüber dem Gläubiger auf die Verrechnung verzichtet hat. Art. 502 Abs. 2 OR, gemäss dem ein Verzicht des Hauptschuldners auf ihm zustehende Einreden dem Bürgen gegenüber nicht gilt, ist auf das Leistungsverweigerungsrecht des Bürgen gemäss Art. 121 OR analog anwendbar. Voraussetzungen, unter denen der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern kann, wenn der Hauptschuldner diesem gegenüber auf die Verrechnung verzichtet hat (E. 2.2). Art. 492 Abs. 4 OR hindert den Bürgen nicht daran, die Erfüllung einer Schuld sicherzustellen, bezüglich welcher der Hauptschuldner auf Einwendungen oder Einreden verzichtet hat. Ein Verrechnungsverzicht des Hauptschuldners unterliegt nicht dem Formerfordernis von Art. 493 Abs. 2 OR (E. 2.3).
Art. 121, Art. 492 Abs. 4, Art. 493 Abs. 2 und Art. 502 Abs. 2 OR Art. 502 Abs. 2 OR, gemäss dem ein Verzicht des Hauptschuldners auf ihm zustehende Einreden dem Bürgen gegenüber nicht gilt, ist auf das Leistungsverweigerungsrecht des Bürgen gemäss Art. 121 OR analog anwendbar. Voraussetzungen, unter denen der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern kann, wenn der Hauptschuldner diesem gegenüber auf die Verrechnung verzichtet hat (E. 2.2).
Art. 502 Abs. 2 OR Art. 121 OR Art. 492 Abs. 4 OR hindert den Bürgen nicht daran, die Erfüllung einer Schuld sicherzustellen, bezüglich welcher der Hauptschuldner auf Einwendungen oder Einreden verzichtet hat. Ein Verrechnungsverzicht des Hauptschuldners unterliegt nicht dem Formerfordernis von Art. 493 Abs. 2 OR (E. 2.3).
Art. 492 Abs. 4 OR Art. 493 Abs. 2 OR Erwägungen ab Seite 454
Erwägungen ab Seite 454 BGE 138 III 453 S. 454
BGE 138 III 453 S. 454
Aus den Erwägungen:
2.
2. 2.1 Wie bereits vor dem Kantonsgericht bestritt der Beschwerdeführer vor der Vorinstanz nicht den Bestand der betriebenen Bürgschaftsforderung in der Höhe von insgesamt Fr. 2'183'805.55. Er machte jedoch geltend, die Beschwerdegegnerin habe durch ihr Geschäftsgebaren die Hauptschuldnerin geschädigt, weshalb er als Bürge die daraus resultierenden Schadenersatzansprüche verrechnungsweise geltend machen könne. Die Beschwerdegegnerin verwies demgegenüber darauf, dass die Hauptschuldnerin im Darlehensvertrag vom 13. Dezember 2004 auf die Verrechnung ausdrücklich verzichtet und der Beschwerdeführer den betreffenden Vertrag einerseits als Organ der Hauptschuldnerin und andererseits als Bürge unterzeichnet habe.
2.1 Die Vorinstanz stellte fest, der Beschwerdeführer habe bei Abschluss der Bürgschaft vom Verrechnungsverzicht der Hauptschuldnerin gegenüber der Beschwerdegegnerin Kenntnis gehabt. Der Auffassung der Beschwerdegegnerin folgend, erwog sie, der Beschwerdeführer müsse sich als Bürge den entsprechenden Verzicht entgegenhalten lassen, und es sei ihm demzufolge nach sachgerechter Auslegung von Art. 502 Abs. 2 OR verwehrt, seine Bürgschaftsschuld gegenüber der Beschwerdegegnerin mit angeblichen Forderungen der Hauptschuldnerin gegenüber der Beschwerdegegnerin "zu verrechnen". Daraus schloss sie, die Verrechnungseinrede des Beschwerdeführers sei unzulässig.
Art. 502 Abs. 2 OR 2.2 Der Beschwerdeführer rügt zunächst, diese Auffassung verletze Art. 502 Abs. 2 und Art. 121 OR.
2.2 Art. 502 Abs. 2 und Art. 121 OR 2.2.1 Durch den Bürgschaftsvertrag übernimmt der Bürge gegenüber dem Gläubiger die Pflicht, für die Erfüllung der Schuld eines Dritten, des Hauptschuldners, einzustehen ( Art. 492 Abs. 1 OR ). Die Bürgschaftsverpflichtung setzt den Bestand der sicherzustellenden Verpflichtung voraus. Sie ist dieser beigeordnet und hängt in Bestand und BGE 138 III 453 S. 455 Inhalt notwendigerweise von ihr ab; die Bürgschaft ist akzessorisch. Sie sichert die Zahlungsfähigkeit des Schuldners oder die Erfüllung eines Vertrages ( BGE 129 III 702 E. 2.1 S. 704; BGE 125 III 305 E. 2b S. 307; BGE 113 II 434 E. 2a; BGE 111 II 276 E. 2b S. 279).
2.2.1 Art. 492 Abs. 1 OR BGE 138 III 453 S. 455
Entsprechend dem Grundsatz der Akzessorietät stehen dem Bürgen die Einreden des Hauptschuldners zu, die sich nicht auf dessen Zahlungsunfähigkeit stützen ( Art. 502 Abs. 1 OR ). Art. 502 Abs. 2 OR erweitert diesen Schutz, indem er den Bürgen ermächtigt, eine Einrede des Hauptschuldners auch geltend zu machen, wenn dieser darauf verzichtet hat.
Art. 502 Abs. 1 OR Art. 502 Abs. 2 OR Gemäss Art. 121 OR kann der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, soweit dem Hauptschuldner das Recht zur Verrechnung zusteht. Diese Bestimmung schützt den Bürgen dann, wenn der Hauptschuldner die Verrechnung erklären könnte, dies aber nicht tut. Diesfalls fehlt es an der Gestaltungserklärung des Hauptschuldners für die Tilgung der Hauptschuld durch Verrechnung, und nach dem Akzessorietätsprinzip müsste auch der Bürge weiterhaften. Denn dieser kann nicht selbst eine Forderung des Hauptschuldners gegenüber dem Gläubiger zur Verrechnung bringen und damit den Untergang seiner Bürgschaftsschuld bewirken ( BGE 126 III 25 E. 3b). Hier greift Art. 121 OR, der dem Bürgen in derartigen Konstellationen eine aufschiebende Einrede gegen die Durchsetzung der Bürgschaftsschuld gewährt (AEPLI, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1991, N. 45 zu Art. 121 OR ; KILLIAS, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2007, N. 7 zu Art. 121 OR ; MÜLLER, Der Schutz des Bürgen im schweizerischen Privatrecht, 2010, S. 171 f.; OSER/SCHÖNENBERGER, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. 1945, N. 11 zu Art. 502 OR ; PETER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 1 f. zu Art. 121 OR ; SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2009, S. 508; SCYBOZ, Garantievertrag und Bürgschaft, in: Obligationenrecht, Besondere Vertragsverhältnisse, SPR Bd. VII/2, 1979, S. 384; vgl. auch ENGEL, Contrats de droit suisse, 2. Aufl. 2000, S. 651). Im Gegensatz zur Verrechnungserklärung des Hauptschuldners lässt die auf Art. 121 OR gestützte Einrede des Bürgen den Bestand von Haupt- und Bürgschaftsforderung unberührt (AEPLI, a.a.O., N. 45 zu Art. 121 OR ).
Art. 121 OR Art. 121 OR Art. 121 OR Art. 121 OR Art. 502 OR Art. 121 OR Art. 121 OR Art. 121 OR 2.2.2 Bislang vom Bundesgericht noch nicht entschieden ist die Frage, welche Rechtsfolgen es für den Bürgen nach sich zieht, wenn der Hauptschuldner auf seinen Verrechnungsanspruch verzichtet und damit sein Recht verliert, durch Verrechnungserklärung die BGE 138 III 453 S. 456 Hauptforderung (im Umfang der Verrechnung) zum Untergang zu bringen. Namentlich fragt sich, ob in diesem Fall die Regelung von Art. 502 Abs. 2 OR Anwendung findet.
2.2.2 BGE 138 III 453 S. 456
Art. 502 Abs. 2 OR In BGE 126 III 25 liess das Bundesgericht die Frage offen, ob der Bürge seine Leistung in analoger Anwendung von Art. 502 Abs. 2 und Art. 121 OR verweigern kann, wenn der Hauptschuldner, nach Abschluss des Bürgschaftsvertrags und ohne Zustimmung des Bürgen, auf eine Verrechnungsforderung verzichtet hat, da der Bürge im zu beurteilenden Fall dem Verzicht des Hauptschuldners zugestimmt hatte (E. 3b). Das Bundesgericht wies in diesem Entscheid aber immerhin auf die Lehrmeinung hin, gemäss der sich der Bürge gestützt auf Art. 502 Abs. 2 OR einen nach Abschluss der Bürgschaft und ohne seine Zustimmung ergangenen Verrechnungsverzicht nicht entgenhalten lassen müsse (AEPLI, a.a.O., N. 29 zu Art. 121 OR ; BECKER, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1941, N. 3 zu Art. 121 OR ; GIOVANOLI, in: Berner Kommentar, 2. Aufl. 1978, N. 5b zu Art. 502 OR ; PETER, a.a.O., N. 3 zu Art. 121 OR ; SCYBOZ, a.a.O., S. 384). Die entsprechende Auffassung machte sich vorliegend die Vorinstanz zu eigen.
Art. 502 Abs. 2 und Art. 121 OR Art. 502 Abs. 2 OR Art. 121 OR Art. 121 OR Art. 502 OR Art. 121 OR Die zitierte Lehrmeinung geht von der Prämisse aus, dass Art. 502 Abs. 2 OR - obwohl die Bestimmung den Verzicht des Hauptschuldners auf Einreden und nicht den Verzicht auf Gestaltungsrechte zum Gegenstand hat - auch auf den Fall von Art. 121 OR Anwendung findet. Für diese Ansicht bestehen denn auch gute Gründe, da Art. 121 OR die akzessorischen Einredemöglichkeiten gemäss Art. 502 Abs. 1 OR ergänzt und beide Normen den Bürgen schützen, indem sie ihm ein im Verhältnis zwischen Gläubiger und Hauptschuldner begründetes Leistungsverweigerungsrecht einräumen. Es rechtfertigt sich daher, Art. 502 Abs. 2 OR, der den Schutz des Bürgen im Falle eines Verzichts des Hauptschuldners auf eine ihm zustehende Einrede erweitert, auf den von Art. 121 OR erfassten Verrechnungstatbestand anzuwenden. Dem Bürgen verbleibt somit in analoger Anwendung von Art. 502 Abs. 2 OR die Einrede gemäss Art. 121 OR, auch wenn der Hauptschuldner auf das ihm zustehende Verrechnungsrecht verzichtet.
Art. 502 Abs. 2 OR Art. 121 OR Art. 121 OR Art. 502 Abs. 1 OR Art. 502 Abs. 2 OR Art. 121 OR Art. 502 Abs. 2 OR Art. 121 OR Noch nicht beantwortet ist damit allerdings die Frage nach der inhaltlichen Tragweite von Art. 502 Abs. 2 OR. Diese Bestimmung beruht auf dem Grundgedanken, dass die Stellung des Bürgen nicht einseitig durch eine nachträgliche Vereinbarung zwischen dem Gläubiger und dem Hauptschuldner soll verschlechtert werden können (AEPLI, BGE 138 III 453 S. 457 a.a.O., N. 15 zu Art. 121 OR ; BECK, Das neue Bürgschaftsrecht, 1942, N. 44 zu Art. 502 OR ; GUHL UND ANDERE, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, S. 637 f. N. 55; KILLIAS, a.a.O., N. 4 zu Art. 121 OR ; MÜLLER, a.a.O., S. 170 f.; OSER/SCHÖNENBERGER, a.a.O., N. 26 zu Art. 502 OR ; PESTALOZZI, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 11 zu Art. 502 OR ; SCYBOZ, a.a.O., S. 385). Sie erfasst demnach nicht den hier zu beurteilenden Fall, dass der Hauptschuldner vor Abschluss der Bürgschaft und mit Zustimmung des Bürgen auf Einreden verzichtet hat.
Art. 502 Abs. 2 OR BGE 138 III 453 S. 457
Art. 121 OR Art. 502 OR Art. 121 OR Art. 502 OR Art. 502 OR Daraus folgt, dass sich der Bürge jedenfalls dann nicht auf Art. 502 Abs. 2 OR berufen kann, wenn er die Bürgschaft im Wissen darum eingegangen ist, dass der Hauptschuldner gegenüber dem Gläubiger auf die Verrechnung verzichtet hat. Dieser Fall ist wertungsmässig ähnlich gelagert wie der in BGE 126 III 25 entschiedene. Verzichtet der Hauptschuldner demgegenüber nach Abschluss des Bürgschaftsvertrages und ohne Zustimmung des Bürgen auf die Verrechnung, so ist dem Bürgen mit der insofern einhelligen Lehre ein Leistungsverweigerungsrecht zuzugestehen (AEPLI, a.a.O., N. 29 zu Art. 121 OR ; BECKER, a.a.O., N. 3 zu Art. 121 OR ; GIOVANOLI, a.a.O., N. 5b zu Art. 502 OR ; JEANDIN, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2003, N. 2 zu Art. 121 OR ; MEIER, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2003, N. 11 zu Art. 502 OR ; PETER, a.a.O., N. 3 zu Art. 121 OR ; vgl. auch HONSELL, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, 9. Aufl. 2010, S. 418).
Art. 502 Abs. 2 OR Art. 121 OR Art. 121 OR Art. 502 OR Art. 121 OR Art. 502 OR Art. 121 OR 2.2.3 Vorliegend steht fest und bestreitet auch der Beschwerdeführer nicht, dass die Hauptschuldnerin im Darlehensvertrag vom 13. Dezember 2004 bezüglich der Darlehensforderung auf die Geltendmachung der Verrechnung verzichtete. Dieser Verzicht war auch ohne Weiteres zulässig, und zwar sowohl mit Bezug auf bestehende als auch betreffend zukünftige Verrechnungsforderungen ( Art. 126 OR ). Gemäss den bindenden Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz hatte der Beschwerdeführer als Bürge beim Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung Kenntnis von der erwähnten Verzichtsklausel. Nach dem eben Ausgeführten kann er sich somit nicht auf Art. 502 Abs. 2 OR berufen, um gestützt auf die Verrechnungsmöglichkeit, wie sie der Hauptschuldnerin ohne Verzicht zustehen würde, die Leistung zu verweigern.
2.2.3 Art. 126 OR Art. 502 Abs. 2 OR 2.3 Der Beschwerdeführer sieht durch die vorinstanzliche Rechtsauffassung, er könne der Bürgschaftsforderung der Beschwerdegegnerin die behaupteten Verrechnungsansprüche der BGE 138 III 453 S. 458 Hauptschuldnerin nicht entgegenhalten, weiter auch Art. 492 Abs. 4 und Art. 493 Abs. 2 OR verletzt. Er macht geltend, gemäss Art. 492 Abs. 4 OR könne der Bürge, abgesehen von den im Gesetz vorgesehenen Fällen, auf die ihm im Zwanzigsten Titel des Obligationenrechts eingeräumten Rechte nicht zum Voraus verzichten. Zu den entsprechenden Rechten zähle der Anspruch des Bürgen, nach Art. 502 Abs. 2 OR Einreden des Hauptschuldners geltend zu machen, auch wenn dieser darauf verzichtet habe. Ein vorgängiger Verzicht des Bürgen auf dieses Recht sei im Gesetz nicht vorgesehen und daher gemäss Art. 492 Abs. 4 OR nicht zulässig. Gehe man hingegen - so der Beschwerdeführer weiter - von der Möglichkeit eines entsprechenden vorgängigen Verzichts aus, müssten dafür jedenfalls die qualifizierten Formvorschriften gemäss Art. 493 Abs. 2 OR gelten. Ein formgültiger Verzicht auf das Verrechnungsrecht liege - im Gegensatz etwa zu dem in der Bürgschaftserklärung enthaltenen Verzicht des Beschwerdeführers auf das beneficium excussionis realis - nicht vor.
2.3 BGE 138 III 453 S. 458
Art. 492 Abs. 4 und Art. 493 Abs. 2 OR Art. 492 Abs. 4 OR Art. 502 Abs. 2 OR Art. 492 Abs. 4 OR Art. 493 Abs. 2 OR 2.3.1 Die Hauptschuldnerin hat vorliegend wie gesehen nicht nach Abschluss der Bürgschaft und ohne Zustimmung des Beschwerdeführers auf ihre Verrechnungseinrede verzichtet. Damit liegt kein Fall von Art. 502 Abs. 2 OR vor (E. 2.2.2), und es hilft dem Beschwerdeführer somit von vornherein nicht weiter, wenn er sich auf die Unverzichtbarkeit des in dieser Bestimmung normierten Rechts des Bürgen beruft.
2.3.1 Art. 502 Abs. 2 OR 2.3.2 Soweit der Beschwerdeführer dagegen annimmt, der Verrechnungsverzicht der Hauptschuldnerin sei ihm gegenüber schon alleine gestützt auf Art. 121 OR in Verbindung mit Art. 492 Abs. 4 OR unwirksam, da Art. 121 OR eine unverzichtbare Einrede des Bürgschaftsrechts statuiere, verkennt er den Gehalt von Art. 492 Abs. 4 OR :
2.3.2 Art. 121 OR Art. 492 Abs. 4 OR Art. 121 OR Art. 492 Abs. 4 OR Diese Bestimmung verbietet lediglich, dass der Bürge auf eigene Rechte, d.h. auf die seinem Schutze dienenden gesetzlichen Regeln, im Voraus verzichtet (vgl. BECK, a.a.O., N. 134 f. zu Art. 492 OR ; PESTALOZZI, a.a.O., N. 8 zu Art. 493 OR ). Mit anderen Worten untersagt sie ausschliesslich den Vorausverzicht des Bürgen selbst auf die ihm von Gesetzes wegen im Verhältnis zum Gläubiger und zum Hauptschuldner zustehenden Rechte. Der Bürge kann demnach zwar nicht im Voraus darauf verzichten, dem Gläubiger die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden und Einwendungen entgegenzusetzen. Diese Befugnis ergibt sich bereits aus der Akzessorietät der Bürgschaft, der es grundsätzlich widersprechen würde, wenn der BGE 138 III 453 S. 459 Bürge eine strengere Verpflichtung eingehen würde als der Hauptschuldner (vgl. BGE 129 III 702 E. 2.1 S. 704; BECK, a.a.O., N. 93 zu Art. 492 sowie N. 47 zu Art. 502 OR ; OSER/SCHÖNENBERGER, a.a.O., N. 33 zu Art. 502 OR ). Sie steht dem Bürgen jedenfalls aus eigenem Recht zu (SCYBOZ, a.a.O., S. 382), weshalb er gemäss Art. 492 Abs. 4 OR nicht von vornherein darauf verzichten kann (PESTALOZZI, a.a.O., N. 4 zu Art. 502 OR ; vgl. auch GIOVANOLI, a.a.O., N. 88 zu Art. 492 OR ; MÜLLER, a.a.O., S. 46). Art. 492 Abs. 4 OR hindert den Bürgen demgegenüber nicht daran, für die Erfüllung einer Schuld einzustehen, bezüglich welcher der Hauptschuldner in Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht auf Einwendungen oder Einreden verzichtet hat (anders wohl BECK, a.a.O., N. 47 zu Art. 502 OR ).
Art. 492 OR Art. 493 OR BGE 138 III 453 S. 459
Art. 502 OR Art. 502 OR Art. 492 Abs. 4 OR Art. 502 OR Art. 492 OR Art. 492 Abs. 4 OR Art. 502 OR Dieses Ergebnis ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Zwanzigste Titel des Obligationenrechts keine Regeln zum möglichen Inhalt der zu sichernden Hauptforderung respektive zu den Einwendungen und Einreden des Hauptschuldners enthält, sondern lediglich in Art. 492 Abs. 2 OR festhält, dass die Bürgschaft eine zu Recht bestehende Hauptschuld voraussetzt. Damit fehlt es an einer Bestimmung im Zwanzigsten Titel des Obligationenrechts, die es dem Hauptschuldner zum Schutz des Bürgen verbietet, im Rahmen des Hauptschuldverhältnisses auf Einreden und Einwendungen gegen die verbürgte Forderung zu verzichten, weil dadurch indirekt auch der Bürge betroffen wäre, oder die es dem Bürgen selbst untersagt, für eine mit einem solchen Verzicht belastete Schuld einzustehen. Dieses Verständnis steht denn auch im Einklang mit dem durch Art. 492 Abs. 4 OR verfolgten Zweck: Mit dieser Bestimmung, die auf die Revision des Bürgschaftsrechts von 1941 zurückgeht, sollte verhindert werden, dass Bürgen durch die Unterzeichnung von vorgedruckten Formularen auf ihre gesetzlichen Rechte verzichten und später von der Tragweite dieses Verzichts überrascht werden (Botschaft vom 20. Dezember 1939 zur Revision des Bürgschaftsrechts, BBl 1939 II 873 f.; vgl. auch BECK, a.a.O., N. 134 zu Art. 492 OR ). Mit anderen Worten wollte der Gesetzgeber mit dem Verbot des Vorausverzichts verhindern, dass der Bürge in der Bürgschaftsvereinbarung auf die zu seinem Schutz eingeräumten bürgschaftsrechtlichen Einreden verzichtet; es war hingegen nicht seine Absicht, den Inhalt und die Modalitäten der zu verbürgenden Hauptforderung festzulegen. Dies ist auch nachvollziehbar: Hätte der Gesetzgeber dem Bürgen nämlich verboten, für eine mit einem Einrede- oder Einwendungsverzicht belastete Schuld einzustehen, hätte er in Kauf nehmen müssen, dass mit der BGE 138 III 453 S. 460 Bürgschaft solche - vom dispositiven gesetzlichen Recht abweichende - schuldrechtliche Verpflichtungen in vielen Fällen nicht mehr hätten gesichert werden können.
Art. 492 Abs. 2 OR Art. 492 Abs. 4 OR Art. 492 OR BGE 138 III 453 S. 460
Es bleibt somit insofern beim Grundsatz, dass der Bürge für die Verpflichtung einsteht, so wie sie der Hauptschuldner eingegangen ist (vgl. E. 2.2.1). Ein Verrechnungsverzicht des Hauptschuldners wie der vorliegende, der das Schuldverhältnis zwischen diesem und dem Gläubiger betrifft, gilt demnach auch für den Bürgen. Ob die - das Verhältnis zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger betreffende - Einrede gemäss Art. 121 OR zu den gemäss Art. 492 Abs. 4 OR unverzichtbaren Rechten des Bürgen gehört, obwohl sie nicht im Zwanzigsten Titel des Obligationenrechts eingeräumt wird, braucht unter diesen Umständen nicht beurteilt zu werden (zu dieser Frage AEPLI, a.a.O., N. 10 zu Art. 121 OR ; BECKER, a.a.O., N. 3 zu Art. 121 OR ). Soweit die Argumentation des Beschwerdeführers auf der Prämisse aufbaut, dass er sich als Bürge nicht für eine durch einen Verrechnungsverzicht der Hauptschuldnerin erschwerte Hauptpflicht verbürgen konnte, kann ihr demnach nicht gefolgt werden.
Art. 121 OR Art. 492 Abs. 4 OR Art. 121 OR Art. 121 OR 2.3.3 Schliesslich finden auch die vom Beschwerdeführer geforderten qualifizierten Formerfordernisse für den Verrechnungsverzicht im Gesetz keine Stütze. Nachdem es sich beim Verrechnungsverzicht des Hauptschuldners wie gesehen nicht um einen von Art. 492 Abs. 4 OR erfassten Eingriff in die gesetzliche Bürgenstellung handelt, sondern um eine Eigenschaft des verbürgten (Haupt-) Schuldverhältnisses, kann auch aus dem Umstand, dass dieser Verzicht nicht in der Bürgschaftserklärung enthalten war, von vornherein nichts abgeleitet werden (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, a.a.O., N. 27 zu Art. 493 OR ; PESTALOZZI, a.a.O., N. 8 zu Art. 493 OR ). Das Gesetz enthält keine Regel, wonach sich die für die Bürgschaftserklärung geltende Formpflicht auch auf die inhaltlichen Eigenschaften der Hauptschuld bezieht (vgl. PESTALOZZI, a.a.O., N. 7 f. zu Art. 493 OR ).
2.3.3 Art. 492 Abs. 4 OR Art. 493 OR Art. 493 OR Art. 493 OR 2.4 Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz zutreffend erkannt, dass der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin keine Verrechnungsforderungen der Hauptschuldnerin entgegenhalten kann.
2.4
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Urteilskopf 138 III 461 68. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA et Y. SA contre Z. SA (recours en matière civile) 4A_139/2012 du 8 juin 2012 Regeste Art. 2, 4, 6 und 8 DesG; Prinzip der Hinterlegungspriorität, Nichtigkeitsgrund, Schutzumfang des zuerst hinterlegten (prioritären) Designs. Nichtig ist nach Art. 6 DesG die Eintragung eines Designs, das hinterlegt wurde, als eine erste Hinterlegung (eines Designs, das Priorität geniesst) bereits vollzogen worden war; dass das zuerst hinterlegte Design noch nicht eingetragen wurde, ist unerheblich (E. 2). Die Nichtigkeit der Eintragung, die sich aus Art. 6 DesG ergibt, erfasst sowohl mit dem zuerst hinterlegten identische Designs als auch ähnliche, die den gleichen Gesamteindruck erwecken (vgl. Art. 8 DesG ; E. 3). Sachverhalt ab Seite 461 BGE 138 III 461 S. 461 A. X. SA et Y. SA (ci-après: les demanderesses), sociétés soeurs actives dans le domaine de l'horlogerie, ont réalisé des inventions dans BGE 138 III 461 S. 462 le domaine du tourbillon. Certains de leurs mouvements intégrant ce dispositif mécanique sont logés dans un boîtier qui présente une protubérance de forme arrondie venant casser le cercle de la boîte. Le design de ce boîtier a fait l'objet d'un dépôt, par les demanderesses, auprès de l'Institut Fédéral de la Propriété Intellectuelle le 25 janvier 2005; il y a été enregistré le 8 mars 2005, puis a été publié le 31 mars 2005 (design suisse n o 1). A la fin de l'année 2008, les demanderesses ont constaté que la société Z. SA (ci-après: la défenderesse) lançait un modèle de montre présentant une boîte munie d'une protubérance. B. Devant la Cour civile du Tribunal cantonal neuchâtelois, les demanderesses, se fondant sur leur design, ont notamment conclu à ce qu'il soit ordonné à la défenderesse de cesser de mettre dans le commerce une montre dont le boîtier présente une protubérance (conclusion n o 1), de fournir le nom des fabricants de la boîte litigieuse (n o 2), ainsi que tous les documents utiles permettant de déterminer le chiffre d'affaires réalisé par la défenderesse (n o 3), à la condamnation de celle- ci à restituer le gain brut réalisé (n o 4) et à ce que la confiscation et la destruction du stock de montres en sa possession soient ordonnées (n o 5). La défenderesse, dans sa réponse et demande reconventionnelle, a notamment conclu au rejet de la demande et à ce que soit déclaré nul le design suisse n o 1. Elle est d'avis que son boîtier laisse une impression générale différente de celle du design des demanderesses. Invoquant une tierce antériorité, elle fait également valoir le principe de la priorité du dépôt; selon elle, le design suisse n o 2 de A. SA, déposé le 23 novembre 2004 (et enregistré le 8 février 2005, puis publié le 28 février 2005), est prioritaire sur celui des demanderesses, de sorte que celles-ci ne peuvent se prévaloir d'aucun droit. Par jugement sur moyen séparé du 9 février 2012, la Cour civile du Tribunal cantonal neuchâtelois a rejeté les conclusions n os 1 et 2 de la demande principale et, donnant suite à la demande reconventionnelle, constaté la nullité du design suisse n o 1. En substance, elle a admis que la nullité de l'enregistrement, invoquée par voie d'exception, pouvait être fondée sur l'art. 6 de la loi fédérale du 5 octobre 2001 sur la protection des designs (loi sur les designs, LDes; RS 232.12). Elle a expliqué que la priorité d'un dépôt antérieur valait aussi bien pour des designs identiques que pour des designs similaires qui créent la même impression d'ensemble. Elle a alors observé que le design BGE 138 III 461 S. 463 déposé par les demanderesses présentait les mêmes caractéristiques que le design déposé antérieurement par A. SA et conclu qu'en raison de cette (tierce) antériorité l'enregistrement des demanderesses était nul. C. Les demanderesses exercent un recours en matière civile au Tribunal fédéral. Elles concluent à l'annulation du jugement entrepris et au renvoi de la cause à la cour précédente. Les recourantes reprochent à celle-ci d'avoir fait une interprétation erronée de l' art. 6 LDes, accordant à cette disposition une portée trop large. L'intimée conclut au rejet du recours. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. 2.1 Aux termes de l' art. 9 al. 1 LDes, le droit à un design confère à son titulaire le droit d'interdire aux tiers l'utilisation du design à des fins industrielles. Par utilisation, on entend notamment la fabrication, l'entreposage, l'offre, la mise en circulation, l'importation, l'exportation, le transit et la possession à ces fins. Le droit prend naissance avec l'enregistrement du design dans le registre suisse ( art. 5 al. 1 LDes ), ou, si la Suisse est désignée, avec un enregistrement international effectué selon l'Arrangement de La Haye ( art. 29 LDes ). Outre l'enregistrement, la protection légale suppose que le design soit nouveau et original ( art. 2 al. 1 LDes ). Dès le dépôt de la demande d'enregistrement, le design est présumé nouveau et original ( art. 21 LDes ). 2.2 Sur la base de l' art. 33 LDes, celui qui y a un intérêt juridique peut agir en justice afin de faire constater qu'un design enregistré ne bénéficie pas de la protection légale. Ainsi, l'action peut être menée non seulement par le titulaire d'un design antérieur, mais par toute personne qui, en raison du design enregistré, pourrait être entravée dans sa liberté économique (cf. PETER HEINRICH, DesG/HMA, Kommentar, 2002, n o 33.79 ad art. 33 LDes ). Le demandeur peut notamment faire valoir, le cas échéant, que ce design n'est pas nouveau ou pas original; il lui incombe de prouver le défaut de nouveauté ou d'originalité. Il peut notamment présenter des objets au design identique et prouver que ces objets étaient commercialisés en Suisse déjà avant le dépôt de la demande d'enregistrement ( ATF 134 III 205 consid. 3 p. 208 et les références). BGE 138 III 461 S. 464 En l'occurrence, les recourantes intentent une action contre l'intimée dans le but qu'elle cesse son activité économique portant sur des montres dont le boîtier présente une protubérance. Il est ainsi patent que l'intimée dispose d'un intérêt juridique à faire déclarer nul le design des demanderesses, ce qui n'est d'ailleurs pas contesté. Il est de jurisprudence que l'action en nullité de l'enregistrement peut aussi être exercée par voie d'exception contre une action fondée sur le design litigieux et tendant à l'interdiction prévue par l' art. 9 al. 1 LDes ( ATF 134 III 205 consid. 3 p. 208; ATF 129 III 545 consid. 1 p. 548). En l'espèce, l'intimée a invoqué la nullité de l'enregistrement et la cour cantonale lui a donné raison. Les recourantes reprochent à cette dernière d'avoir retenu à tort la nullité de leur design (n o 1). 2.3 Lorsqu'un design entre en collision avec un design déposé antérieurement, celui-ci a le plus souvent déjà été enregistré dans le registre suisse. Le design antérieur est alors considéré comme divulgué au public (cf. art. 2 al. 2 et 3 LDes ; HEINRICH, op. cit., n o 2.14 ad art. 2 LDes, qui, n o 2.08 ad art. 2 LDes, souligne à juste titre que le critère de la divulgation s'applique aussi bien à l'al. 2 qu'à l'al. 3 de l' art. 2 LDes ; STUTZ/BEUTLER/KÜNZI, Designgesetz, 2006, n o 77 ss ad art. 2 LDes ); le design postérieur, qui ne remplit alors pas les conditions fixées à l' art. 2 LDes au moment de son dépôt, est exclu de la protection (cf. art. 4 let. b LDes ). La situation d'espèce est toutefois différente. Sa particularité tient au fait que le design n o 1 (dont les recourantes sont titulaires) a été déposé alors même que le design n o 2 (tierce antériorité invoquée par l'intimée), déposé antérieurement, n'avait pas encore été enregistré. Cette situation particulière implique nécessairement de réfléchir sur l'application de l' art. 6 LDes (cf. infra). Les recourantes considèrent que l' art. 4 LDes énumère les motifs d'exclusion de la protection de manière exhaustive. Elles sont d'avis qu'un design uniquement déposé mais pas encore enregistré ne peut pas être connu du public (cf. art. 2 LDes ) et que, sur la base de l' art. 4 let. b LDes, il ne peut donc pas entraîner la nullité d'un design déposé postérieurement dans l'ignorance du premier dépôt. Les recourantes soutiennent que l' art. 6 LDes doit être compris dans ce cadre. Selon elles, l'antériorité du droit découlant du premier dépôt ne peut ruiner la nouveauté (ou l'originalité) du second dépôt que si elle a pu être connue des milieux spécialisés du secteur concerné en Suisse ou si elle a été divulguée au public avant la date de dépôt du second BGE 138 III 461 S. 465 design. Autrement dit, l'enregistrement du premier design déposé n'ayant pas encore eu lieu, il ne peut être compris dans l'"état du design" et ce premier design n'est pas susceptible, de l'avis des recourantes, de causer la nullité du design déposé postérieurement. 2.4 On ne saurait suivre les recourantes lorsqu'elles tentent de se prévaloir du caractère exhaustif de l' art. 4 LDes pour donner à l' art. 6 LDes une portée s'inscrivant restrictivement dans le cadre de l' art. 4 let. b LDes. Cela reviendrait à ignorer le contenu de l' art. 6 LDes, disposition pourtant située au même niveau normatif que l' art. 4 LDes (cf. HEINRICH, op. cit., n o 4.02 ad art. 4 LDes ; SASKIA ESCHMANN, Rechtsschutz von Modedesign, 2005, p. 106 note de pied 506). Selon l' art. 6 LDes, le droit sur un design appartient à la personne qui a effectué le dépôt en premier. Le principe de la priorité du dépôt est ainsi clairement exprimé (cf. MICHAEL A. MEER, Das neue Designgesetz - ein Überblick, PJA 8/2002 p. 938). Le droit appartenant au premier déposant, il en résulte logiquement que le deuxième déposantne peut s'en prévaloir. Pour celui-ci, la protection du design est d'emblée exclue; on peut donc en déduire que l' art. 6 LDes crée un motif de nullité (MARKUS WANG, Designrecht, SIWR vol. VI, 2007, p. 140; HEINRICH, op. cit., n° 6.07 ad art. 6 LDes ; STUTZ/BEUTLER/KÜNZI, op. cit., n° 14 ad art. 6 LDes ; KAMEN TROLLER, Précis du droit suisse des biens immatériels, 2 e éd. 2006, p. 271, observe qu'à l' art. 4 LDes la nullité du dépôt a également été déduite du texte de la loi, celle-ci se limitant à énumérer des motifs d'exclusion; cf. également l'ordonnance de la Cour de justice de Genève du 28 juillet 1995, in SMI 1996 p. 378, qui parle d'un deuxième dépôt "dénué de valeur"). Ce motif de nullité est indépendant de l' art. 2 LDes et la divulgation (en l'occurrence l'enregistrement, cf. supra consid. 2.3) du design antérieur ne joue donc aucun rôle dans l'application de l' art. 6 LDes. On observe que cette dernière règle prend toute son importance dans l'hypothèse d'un dépôt suisse effectué avant la divulgation d'un design antérieur, mais après le dépôt de celui-ci, le premier déposant ne pouvant, dans cette hypothèse, pas invoquer l' art. 4 let. b LDes (cf. supra consid. 2.3; WANG, op. cit., p. 141). Certes, le Message du 16 février 2000 relatif à l'Acte de Genève de l'Arrangement de La Haye concernant l'enregistrement international des dessins et modèles industriels et à la loi fédérale sur la protection des designs indique, dans le commentaire relatif à l' art. 4 LDes, que la "P/LDes énumère de façon exhaustive les motifs d'exclusion" (FF 2000 2599 ch. 2.2.1.1; cf. également ATF 130 III 636 consid. 2.1.2 BGE 138 III 461 S. 466 p. 640). Cela signifie simplement que le juge ne peut se fonder sur d'autres motifs d'exclusion que ceux expressément prévus par la loi. Le caractère exhaustif de ces motifs ne saurait par contre se rapporter à la seule énumération de l' art. 4 LDes, le législateur ayant lui-même prévu, à l' art. 6 LDes, un motif d'exclusion supplémentaire par rapport à ceux inscrits à l' art. 4 LDes. Le simple fait que l' art. 4 LDes, qui contient les "motifs d'exclusion" de la protection (cf. note marginale), n'a pas fait l'objet d'une adaptation formelle au cours du processus législatif, pour y englober expressément le motif inscrit à l' art. 6 LDes (cf. HEINRICH, op. cit., n o 6.07 ad art. 6 LDes ), ne permet pas d'adhérer à la thèse défendue par les recourantes. Il s'agit là d'une simple question rédactionnelle; la volonté du législateur d'inscrire dans la loi un motif de nullité supplémentaire n'en demeure pas moins reconnaissable à la lecture de l' art. 6 LDes (STUTZ/BEUTLER/KÜNZI, op. cit., n o 14 ad art. 6 LDes et les références). 2.5 Les recourantes ajoutent qu'elles ne pourraient admettre que la divulgation du design antérieur ne joue aucun rôle dans l'application de l' art. 6 LDes que si la LDes prévoyait une dérogation expresse aux al. 2 et 3 de son art. 2. Elles en veulent pour preuve que le législateur, en matière de droit des brevets, a expressément indiqué qu'en ce qui concerne la nouveauté, l'état de la technique comprend également le contenu d'une demande antérieure, dont la date de dépôt est antérieure à la date de dépôt de la seconde demande, rendue accessible au public au plus tôt à la date du dépôt de la seconde demande (cf. art. 7 al. 3 LBI qui correspond pour l'essentiel à l'art. 7a de l'ancienne LBI en vigueur au moment de l'adoption de la LDes). La comparaison ne convainc pas puisqu'elle permet tout au plus de montrer que le législateur n'a pas utilisé la même technique législative lors de la rédaction de la LDes. Au cours des travaux préparatoires relatifs à la LDes, le législateur a en effet sciemment renoncé à reprendre dans cette loi une réglementation similaire à celle prévue à l'art. 7a aLBI, l'effet juridique visé (la nullité de l'enregistrement du design déposé postérieurement) pouvant aisément être déduit du seul texte de l' art. 6 LDes (cf. HEINRICH, op. cit., n° 6.07 ad art. 6 LDes ). 2.6 On peut encore observer qu'il n'existe aucune controverse doctrinale sur la portée ainsi définie de l' art. 6 LDes, les auteurs étant unanimes à ce sujet (WANG, op. cit., p. 140 s.; STUTZ/BEUTLER/KÜNZI, op. cit., n° 14 ad art. 6 LDes ; ANNETTE OBOLENSKY, in Designrecht - BGE 138 III 461 S. 467 Kommentar, Staub/Celli [éd.], 2003, n os 15 et 17 ad art. 6 LDes ; ESCHMANN, op. cit., p. 106 note de pied 506; HEINRICH, op. cit., n o 6.07 ad art. 6 LDes est du même avis, même si les explications qu'il donne, n os 2.33 et 2.14 ad art. 2 LDes, peuvent prêter à confusion). Plusieurs auteurs soulignent la nécessité d'adopter une telle interprétation en rappelant que, dans l'hypothèse d'un ajournement de la publication au sens de l' art. 26 LDes, il peut s'écouler jusqu'à trente mois entre le premier dépôt et sa publication (entre autres auteurs: HEINRICH, op. cit., n o 6.06 ad art. 6 LDes ). Dans cette hypothèse, le design est inscrit dans le registre (art. 25 al. 2 let. b de l'ordonnance du 8 mars 2002 sur la protection des designs [ordonnance sur les designs, ODes; RS 232.121]), mais cette inscription ne peut être consultée par le public ( art. 26 al. 1 ODes ); le design n'est donc pas encore divulgué au sens de l' art. 2 LDes. Les recourantes contestent l'argumentation fournie par ces auteurs, estimant que la particularité de l'ajournement ne justifie pas de retenir une priorité de droit "automatique", c'est-à-dire indépendante de la divulgation du design antérieur. Selon elles, il incombe au premier déposant qui demande l'ajournement de la publication de supporter le risque de ne pas pouvoir faire constater la nullité (pour défaut de nouveauté/d'originalité sur la base de l' art. 2 LDes ) d'un second dépôt intervenu avant la divulgation du premier dépôt. La critique des recourantes ne convainc pas à deux points de vue. Premièrement, même si la procédure d'enregistrement d'un design est relativement rapide (cf. ESCHMANN/THOUVENIN, Das revidierte Schweizer Designrecht, sic! 6/2002 p. 468), il peut quand même se passer - comme cela a été le cas en l'espèce - plusieurs semaines entre le moment du dépôt et celui de l'inscription dans le registre (qui vaut divulgation), en dehors de toute demande d'ajournement de la publication (cf. HEINRICH, op. cit., n o 6.06 ad art. 6 LDes ). On ne peut donc parler, comme le font les recourantes, d'un "risque inhérent à l'ajournement" que le premier déposant "prend sciemment" et qu'il doit alors supporter. Deuxièmement, même dans l'hypothèse d'une demande d'ajournement, on ne saurait faire supporter au premier déposant ce "risque inhérent". Cela serait contraire au système adopté par le législateur dans la LDes. Celui-ci a octroyé au déposant la possibilité de demander l'ajournement de la publication sans apporter aucune correction quant à l'effet (ordinaire) du dépôt (cf. art. 6 LDes ); il n'était en particulier BGE 138 III 461 S. 468 pas question de lier la demande d'ajournement à un éventuel report de la date de dépôt (pour un exemple de report explicitement prévu par le législateur, cf. art. 29 al. 2 LPM [RS 232.11]; cf. LUCAS DAVID, Lexikon des Immaterialgüterrechts, SIWR vol. I/3, 2005, p. 17). Dans son Message, le Conseil fédéral l'a d'ailleurs exprimé sans aucune ambiguïté puisqu'il indique, en parlant de l'ajournement, que les "designs non divulgués [déploient] néanmoins des effets juridiques" (FF 2000 2609 ch. 2.2.2.3 ). On ne saurait d'ailleurs pas non plus faire supporter au déposant ce "risque inhérent" en tirant argument de la protection de l'utilisateur de bonne foi qui peut être entravé par l'existence de designs non divulgués. Cela reviendrait à ignorer que le législateur a tenu compte des intérêts d'un tel utilisateur par un procédé différent, qui consiste à lui donner le droit de poursuivre son utilisation dans les conditions fixées à l' art. 12 LDes (cf. HEINRICH, op. cit., n o 26.03 ad art. 26 LDes ; TROLLER, op. cit., p. 195; VON BÜREN/MARBACH/DUCREY, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, 3 e éd. 2008, n. 536 ss p. 111 s.). 2.7 L'argument fondé sur l'absence d'intérêt public "important", soulevé par les recourantes, tombe à faux. L' art. 6 LDes a pour fonction d'éviter que le registre des designs contienne deux droits portant sur un design identique ou similaire (sur cette dernière notion, cf. infra consid. 3) (cf. STUTZ/BEUTLER/KÜNZI, op. cit., n o 13 ad art. 6 LDes ; OBOLENSKY, op. cit., n os 15 et 17 ad art. 6 LDes ). Le législateur a ainsi estimé qu'il était opportun de laisser la possibilité au premier déposant d'exclure de la protection, et donc du registre, le second design en procédant devant le juge civil (cf. OBOLENSKY, op. cit., n o 19 ad art. 6 LDes ). Il a laissé entendre que l'action du premier déposant permet alors d'augmenter "la sécurité juridique, puisque la réponse à la question de savoir qui est le titulaire d'un design doit en principe ressortir du registre" (FF 2000 2600 ch. 2.2.1.2). Le législateur a entrepris un choix et l'a concrétisé dans la LDes et la question, contrairement à ce que pensent les recourantes, n'est plus de savoir si le procédé choisi correspond à un "intérêt public important". Quant à la comparaison avec la LBI, elle fournit plutôt des arguments supplémentaires en défaveur de la thèse des recourantes. En effet, reconnaître celle-ci reviendrait à admettre des "droits dépendants sur le design", soit des droits (postérieurs) valablement inscrits dans le registre, mais dont l'utilisation implique la violation d'un droit antérieur (cf. HEINRICH, op. cit., n o 6.12 ad art. 6 LDes ), terminologie qui n'est BGE 138 III 461 S. 469 pas sans rappeler la notion d'"inventions dépendantes" utilisée en droit des brevets. Or, si le législateur a mis sur pied une réglementation adéquate pour ce dernier cas de figure à l' art. 36 LBI (RS 232.14), il n'a précisément rien prévu de tel en droit des designs (cf. HEINRICH, op. cit., n o 6.12 ad art. 6 LDes ). S'agissant enfin de l'argument tiré de l' art. 3 al. 3 LBI, il ne convainc pas. Le simple fait de faire référence à une norme du droit des brevets traitant de la priorité du dépôt n'apporte encore aucun argument décisif. Pour trancher le litige d'espèce, il est indispensable d'adopter une réflexion faisant intervenir, à côté de la question du dépôt, celle du champ de protection ( Schutzumfang ) du design (cf. infra consid. 3). A cet égard, il serait inapproprié de tirer des enseignements de la LBI, les dispositions concernées figurant dans cette loi se rapportant déjà à un objet de protection (cf. art. 1 LBI ) différent de celui visé par les règles contenues dans la LDes ( art. 1 LDes ) (cf. OBOLENSKY, op. cit., n o 7 ad art. 8 LDes ). Le premier grief soulevé par les recourantes se révèle infondé. 3. 3.1 Dans une argumentation subsidiaire, les recourantes soutiennent que le premier dépôt de A. SA ne peut avoir aucun effet sur leur propre dépôt (postérieur), celui-ci n'étant pas identique ou quasi identique à celui-là. Ils présupposent que la portée de l' art. 6 LDes doit être limitée aux designs identiques, à l'exclusion des designs similaires créant la même impression d'ensemble (ci-après: designs similaires). Les recourantes s'appuient sur l'avis d'un auteur de doctrine (HEINRICH, op. cit., n o 6.11 ad art. 6 LDes ) qui postule que la lettre de la loi ("droit sur un design") désigne un design et que, partant, l'exclusion ne peut viser qu'un design postérieur identique. La position de cet auteur reste toutefois isolée, la doctrine majoritaire professant que le premier déposant peut, sur la base de son dépôt prioritaire au sens de l' art. 6 LDes, exclure tout design identique ou similaire, soit tout design qui tombe dans son champ de protection (WANG, op. cit., p. 142; OBOLENSKY, op. cit., n os 15 et 17 ad art. 6 LDes ; STUTZ/BEUTLER/KÜNZI, op. cit., n o 13 ad art. 6 LDes ). 3.2 Le raisonnement adopté par les recourantes, sur la base d'une position doctrinale isolée, ne convainc pas. Il consiste en réalité à isoler un mot ( un design) de son contexte pour en tirer une conclusion BGE 138 III 461 S. 470 (portée de la priorité du premier dépôt limitée aux designs identiques) favorable à la thèse émise. Cette façon de procéder ne trouve aucune justification dans l'"interprétation littérale" prétendument entreprise par les recourantes. La recherche du sens littéral d'une règle suppose de confronter les mots composant un texte avec le sens de l'entier du texte (PAUL-HENRI STEINAUER, Le Titre préliminaire du Code civil, TDPS vol. II/1, 2009, p. 91 n. 271; cf. ERNST A. KRAMER, Juristische Methodenlehre, 3 e éd. 2010, p. 78 et la référence). Or, il est patent que, à l' art. 6 LDes, le législateur a simplement voulu indiquer que le premier déposant dispose d'un droit ("droit sur un design"). La portée de ce droit ne résulte par contre pas du sens littéral de l' art. 6 LDes ; elle doit être recherchée à l' art. 8 LDes ("Etendue de la protection"), disposition qui indique que la protection conférée par le "droit sur un design" s'étend aux designs similaires dégageant la même impression d'ensemble (cf. art. 8 LDes ; ATF 134 III 205 consid. 6 p. 210 ss; ATF 129 III 545 consid. 2 p. 548 ss; ROBERT M. STUTZ, Individualität, Originalität oder Eigenart? Schutzvoraussetzungen des Design, 2002, p. 239; NICOLAS MEYER, Der designrechtliche Schutz von Ersatzteilen, 2004, p. 162 et les auteurs cités). Dans ce contexte, la doctrine relève très justement qu'elle n'a identifié aucun motif qui obligerait à retenir que l'effet de l'exclusion - qui découle du dépôt du premier design - selon l' art. 6 LDes aurait une portée plus restreinte que le champ de protection (cf. art. 8 LDes ) de ce même design (WANG, op. cit., p. 142). Une conclusion contraire aurait d'ailleurs pour effet, non désirable, d'admettre que le design postérieur similaire est valablement né, alors même que toute utilisation future qui en serait faite violerait le design antérieur (cf. déjà consid. 2.7). Quant à la référence faite à l' art. 3 al. 3 LBI, elle appelle la même observation que celle émise en rapport avec le premier moyen soulevé par les recourantes (cf. supra consid. 2.7). Enfin, c'est à tort que les recourantes soutiennent encore que la défense des droits du titulaire, souci du législateur lors de l'adoption de la LDes, ne nécessite pas une protection plus large. Le titulaire d'un design antérieur déposé mais pas encore divulgué au moment du dépôt d'un second design similaire ne peut pas invoquer la nullité de celui-ci en se fondant sur l' art. 2 LDes (cf. supra consid. 2.4). Ce titulaire a donc bel et bien besoin de pouvoir invoquer l' art. 6 LDes, qui s'applique également aux designs similaires. BGE 138 III 461 S. 471 Ainsi, la nullité de l'enregistrement fondée sur l' art. 6 LDes vise aussi bien les designs identiques que les designs similaires dégageant la même impression d'ensemble (cf. art. 8 LDes ). Le moyen subsidiaire se révèle également infondé.
Urteilskopf
68. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA et Y. SA contre Z. SA (recours en matière civile)
4A_139/2012 du 8 juin 2012
Regeste Art. 2, 4, 6 und 8 DesG; Prinzip der Hinterlegungspriorität, Nichtigkeitsgrund, Schutzumfang des zuerst hinterlegten (prioritären) Designs. Nichtig ist nach Art. 6 DesG die Eintragung eines Designs, das hinterlegt wurde, als eine erste Hinterlegung (eines Designs, das Priorität geniesst) bereits vollzogen worden war; dass das zuerst hinterlegte Design noch nicht eingetragen wurde, ist unerheblich (E. 2). Die Nichtigkeit der Eintragung, die sich aus Art. 6 DesG ergibt, erfasst sowohl mit dem zuerst hinterlegten identische Designs als auch ähnliche, die den gleichen Gesamteindruck erwecken (vgl. Art. 8 DesG ; E. 3).
Regeste
Art. 2, 4, 6 und 8 DesG; Prinzip der Hinterlegungspriorität, Nichtigkeitsgrund, Schutzumfang des zuerst hinterlegten (prioritären) Designs. Nichtig ist nach Art. 6 DesG die Eintragung eines Designs, das hinterlegt wurde, als eine erste Hinterlegung (eines Designs, das Priorität geniesst) bereits vollzogen worden war; dass das zuerst hinterlegte Design noch nicht eingetragen wurde, ist unerheblich (E. 2). Die Nichtigkeit der Eintragung, die sich aus Art. 6 DesG ergibt, erfasst sowohl mit dem zuerst hinterlegten identische Designs als auch ähnliche, die den gleichen Gesamteindruck erwecken (vgl. Art. 8 DesG ; E. 3).
Nichtig ist nach Art. 6 DesG die Eintragung eines Designs, das hinterlegt wurde, als eine erste Hinterlegung (eines Designs, das Priorität geniesst) bereits vollzogen worden war; dass das zuerst hinterlegte Design noch nicht eingetragen wurde, ist unerheblich (E. 2).
Art. 6 DesG Die Nichtigkeit der Eintragung, die sich aus Art. 6 DesG ergibt, erfasst sowohl mit dem zuerst hinterlegten identische Designs als auch ähnliche, die den gleichen Gesamteindruck erwecken (vgl. Art. 8 DesG ; E. 3).
Art. 6 DesG Art. 8 DesG Sachverhalt ab Seite 461
Sachverhalt ab Seite 461 BGE 138 III 461 S. 461
BGE 138 III 461 S. 461
A. X. SA et Y. SA (ci-après: les demanderesses), sociétés soeurs actives dans le domaine de l'horlogerie, ont réalisé des inventions dans BGE 138 III 461 S. 462 le domaine du tourbillon. Certains de leurs mouvements intégrant ce dispositif mécanique sont logés dans un boîtier qui présente une protubérance de forme arrondie venant casser le cercle de la boîte. Le design de ce boîtier a fait l'objet d'un dépôt, par les demanderesses, auprès de l'Institut Fédéral de la Propriété Intellectuelle le 25 janvier 2005; il y a été enregistré le 8 mars 2005, puis a été publié le 31 mars 2005 (design suisse n o 1).
A. BGE 138 III 461 S. 462
A la fin de l'année 2008, les demanderesses ont constaté que la société Z. SA (ci-après: la défenderesse) lançait un modèle de montre présentant une boîte munie d'une protubérance.
B. Devant la Cour civile du Tribunal cantonal neuchâtelois, les demanderesses, se fondant sur leur design, ont notamment conclu à ce qu'il soit ordonné à la défenderesse de cesser de mettre dans le commerce une montre dont le boîtier présente une protubérance (conclusion n o 1), de fournir le nom des fabricants de la boîte litigieuse (n o 2), ainsi que tous les documents utiles permettant de déterminer le chiffre d'affaires réalisé par la défenderesse (n o 3), à la condamnation de celle- ci à restituer le gain brut réalisé (n o 4) et à ce que la confiscation et la destruction du stock de montres en sa possession soient ordonnées (n o 5).
B. La défenderesse, dans sa réponse et demande reconventionnelle, a notamment conclu au rejet de la demande et à ce que soit déclaré nul le design suisse n o 1. Elle est d'avis que son boîtier laisse une impression générale différente de celle du design des demanderesses. Invoquant une tierce antériorité, elle fait également valoir le principe de la priorité du dépôt; selon elle, le design suisse n o 2 de A. SA, déposé le 23 novembre 2004 (et enregistré le 8 février 2005, puis publié le 28 février 2005), est prioritaire sur celui des demanderesses, de sorte que celles-ci ne peuvent se prévaloir d'aucun droit.
Par jugement sur moyen séparé du 9 février 2012, la Cour civile du Tribunal cantonal neuchâtelois a rejeté les conclusions n os 1 et 2 de la demande principale et, donnant suite à la demande reconventionnelle, constaté la nullité du design suisse n o 1. En substance, elle a admis que la nullité de l'enregistrement, invoquée par voie d'exception, pouvait être fondée sur l'art. 6 de la loi fédérale du 5 octobre 2001 sur la protection des designs (loi sur les designs, LDes; RS 232.12). Elle a expliqué que la priorité d'un dépôt antérieur valait aussi bien pour des designs identiques que pour des designs similaires qui créent la même impression d'ensemble. Elle a alors observé que le design BGE 138 III 461 S. 463 déposé par les demanderesses présentait les mêmes caractéristiques que le design déposé antérieurement par A. SA et conclu qu'en raison de cette (tierce) antériorité l'enregistrement des demanderesses était nul.
BGE 138 III 461 S. 463
C. Les demanderesses exercent un recours en matière civile au Tribunal fédéral. Elles concluent à l'annulation du jugement entrepris et au renvoi de la cause à la cour précédente. Les recourantes reprochent à celle-ci d'avoir fait une interprétation erronée de l' art. 6 LDes, accordant à cette disposition une portée trop large.
C. art. 6 LDes L'intimée conclut au rejet du recours.
Le Tribunal fédéral a rejeté le recours.
(résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
2.
2. 2.1 Aux termes de l' art. 9 al. 1 LDes, le droit à un design confère à son titulaire le droit d'interdire aux tiers l'utilisation du design à des fins industrielles. Par utilisation, on entend notamment la fabrication, l'entreposage, l'offre, la mise en circulation, l'importation, l'exportation, le transit et la possession à ces fins. Le droit prend naissance avec l'enregistrement du design dans le registre suisse ( art. 5 al. 1 LDes ), ou, si la Suisse est désignée, avec un enregistrement international effectué selon l'Arrangement de La Haye ( art. 29 LDes ).
2.1 art. 9 al. 1 LDes art. 5 al. 1 LDes art. 29 LDes Outre l'enregistrement, la protection légale suppose que le design soit nouveau et original ( art. 2 al. 1 LDes ). Dès le dépôt de la demande d'enregistrement, le design est présumé nouveau et original ( art. 21 LDes ). art. 2 al. 1 LDes art. 21 LDes 2.2 Sur la base de l' art. 33 LDes, celui qui y a un intérêt juridique peut agir en justice afin de faire constater qu'un design enregistré ne bénéficie pas de la protection légale. Ainsi, l'action peut être menée non seulement par le titulaire d'un design antérieur, mais par toute personne qui, en raison du design enregistré, pourrait être entravée dans sa liberté économique (cf. PETER HEINRICH, DesG/HMA, Kommentar, 2002, n o 33.79 ad art. 33 LDes ).
2.2 art. 33 LDes art. 33 LDes Le demandeur peut notamment faire valoir, le cas échéant, que ce design n'est pas nouveau ou pas original; il lui incombe de prouver le défaut de nouveauté ou d'originalité. Il peut notamment présenter des objets au design identique et prouver que ces objets étaient commercialisés en Suisse déjà avant le dépôt de la demande d'enregistrement ( ATF 134 III 205 consid. 3 p. 208 et les références). BGE 138 III 461 S. 464
BGE 138 III 461 S. 464
En l'occurrence, les recourantes intentent une action contre l'intimée dans le but qu'elle cesse son activité économique portant sur des montres dont le boîtier présente une protubérance. Il est ainsi patent que l'intimée dispose d'un intérêt juridique à faire déclarer nul le design des demanderesses, ce qui n'est d'ailleurs pas contesté.
Il est de jurisprudence que l'action en nullité de l'enregistrement peut aussi être exercée par voie d'exception contre une action fondée sur le design litigieux et tendant à l'interdiction prévue par l' art. 9 al. 1 LDes ( ATF 134 III 205 consid. 3 p. 208; ATF 129 III 545 consid. 1 p. 548). art. 9 al. 1 LDes En l'espèce, l'intimée a invoqué la nullité de l'enregistrement et la cour cantonale lui a donné raison. Les recourantes reprochent à cette dernière d'avoir retenu à tort la nullité de leur design (n o 1).
2.3 Lorsqu'un design entre en collision avec un design déposé antérieurement, celui-ci a le plus souvent déjà été enregistré dans le registre suisse. Le design antérieur est alors considéré comme divulgué au public (cf. art. 2 al. 2 et 3 LDes ; HEINRICH, op. cit., n o 2.14 ad art. 2 LDes, qui, n o 2.08 ad art. 2 LDes, souligne à juste titre que le critère de la divulgation s'applique aussi bien à l'al. 2 qu'à l'al. 3 de l' art. 2 LDes ; STUTZ/BEUTLER/KÜNZI, Designgesetz, 2006, n o 77 ss ad art. 2 LDes ); le design postérieur, qui ne remplit alors pas les conditions fixées à l' art. 2 LDes au moment de son dépôt, est exclu de la protection (cf. art. 4 let. b LDes ).
2.3 art. 2 al. 2 et 3 LDes art. 2 LDes art. 2 LDes art. 2 LDes art. 2 LDes art. 2 LDes art. 4 let. b LDes La situation d'espèce est toutefois différente. Sa particularité tient au fait que le design n o 1 (dont les recourantes sont titulaires) a été déposé alors même que le design n o 2 (tierce antériorité invoquée par l'intimée), déposé antérieurement, n'avait pas encore été enregistré. Cette situation particulière implique nécessairement de réfléchir sur l'application de l' art. 6 LDes (cf. infra). art. 6 LDes Les recourantes considèrent que l' art. 4 LDes énumère les motifs d'exclusion de la protection de manière exhaustive. Elles sont d'avis qu'un design uniquement déposé mais pas encore enregistré ne peut pas être connu du public (cf. art. 2 LDes ) et que, sur la base de l' art. 4 let. b LDes, il ne peut donc pas entraîner la nullité d'un design déposé postérieurement dans l'ignorance du premier dépôt. Les recourantes soutiennent que l' art. 6 LDes doit être compris dans ce cadre. Selon elles, l'antériorité du droit découlant du premier dépôt ne peut ruiner la nouveauté (ou l'originalité) du second dépôt que si elle a pu être connue des milieux spécialisés du secteur concerné en Suisse ou si elle a été divulguée au public avant la date de dépôt du second BGE 138 III 461 S. 465 design. Autrement dit, l'enregistrement du premier design déposé n'ayant pas encore eu lieu, il ne peut être compris dans l'"état du design" et ce premier design n'est pas susceptible, de l'avis des recourantes, de causer la nullité du design déposé postérieurement. art. 4 LDes art. 2 LDes art. 4 let. b LDes art. 6 LDes BGE 138 III 461 S. 465
2.4 On ne saurait suivre les recourantes lorsqu'elles tentent de se prévaloir du caractère exhaustif de l' art. 4 LDes pour donner à l' art. 6 LDes une portée s'inscrivant restrictivement dans le cadre de l' art. 4 let. b LDes. Cela reviendrait à ignorer le contenu de l' art. 6 LDes, disposition pourtant située au même niveau normatif que l' art. 4 LDes (cf. HEINRICH, op. cit., n o 4.02 ad art. 4 LDes ; SASKIA ESCHMANN, Rechtsschutz von Modedesign, 2005, p. 106 note de pied 506).
2.4 art. 4 LDes art. 6 LDes art. 4 let. b LDes art. 6 LDes art. 4 LDes art. 4 LDes Selon l' art. 6 LDes, le droit sur un design appartient à la personne qui a effectué le dépôt en premier. Le principe de la priorité du dépôt est ainsi clairement exprimé (cf. MICHAEL A. MEER, Das neue Designgesetz - ein Überblick, PJA 8/2002 p. 938). Le droit appartenant au premier déposant, il en résulte logiquement que le deuxième déposantne peut s'en prévaloir. Pour celui-ci, la protection du design est d'emblée exclue; on peut donc en déduire que l' art. 6 LDes crée un motif de nullité (MARKUS WANG, Designrecht, SIWR vol. VI, 2007, p. 140; HEINRICH, op. cit., n° 6.07 ad art. 6 LDes ; STUTZ/BEUTLER/KÜNZI, op. cit., n° 14 ad art. 6 LDes ; KAMEN TROLLER, Précis du droit suisse des biens immatériels, 2 e éd. 2006, p. 271, observe qu'à l' art. 4 LDes la nullité du dépôt a également été déduite du texte de la loi, celle-ci se limitant à énumérer des motifs d'exclusion; cf. également l'ordonnance de la Cour de justice de Genève du 28 juillet 1995, in SMI 1996 p. 378, qui parle d'un deuxième dépôt "dénué de valeur"). art. 6 LDes art. 6 LDes art. 6 LDes art. 6 LDes art. 4 LDes Ce motif de nullité est indépendant de l' art. 2 LDes et la divulgation (en l'occurrence l'enregistrement, cf. supra consid. 2.3) du design antérieur ne joue donc aucun rôle dans l'application de l' art. 6 LDes. On observe que cette dernière règle prend toute son importance dans l'hypothèse d'un dépôt suisse effectué avant la divulgation d'un design antérieur, mais après le dépôt de celui-ci, le premier déposant ne pouvant, dans cette hypothèse, pas invoquer l' art. 4 let. b LDes (cf. supra consid. 2.3; WANG, op. cit., p. 141). art. 2 LDes art. 6 LDes art. 4 let. b LDes Certes, le Message du 16 février 2000 relatif à l'Acte de Genève de l'Arrangement de La Haye concernant l'enregistrement international des dessins et modèles industriels et à la loi fédérale sur la protection des designs indique, dans le commentaire relatif à l' art. 4 LDes, que la "P/LDes énumère de façon exhaustive les motifs d'exclusion" (FF 2000 2599 ch. 2.2.1.1; cf. également ATF 130 III 636 consid. 2.1.2 BGE 138 III 461 S. 466 p. 640). Cela signifie simplement que le juge ne peut se fonder sur d'autres motifs d'exclusion que ceux expressément prévus par la loi. Le caractère exhaustif de ces motifs ne saurait par contre se rapporter à la seule énumération de l' art. 4 LDes, le législateur ayant lui-même prévu, à l' art. 6 LDes, un motif d'exclusion supplémentaire par rapport à ceux inscrits à l' art. 4 LDes. art. 4 LDes BGE 138 III 461 S. 466
art. 4 LDes art. 6 LDes art. 4 LDes Le simple fait que l' art. 4 LDes, qui contient les "motifs d'exclusion" de la protection (cf. note marginale), n'a pas fait l'objet d'une adaptation formelle au cours du processus législatif, pour y englober expressément le motif inscrit à l' art. 6 LDes (cf. HEINRICH, op. cit., n o 6.07 ad art. 6 LDes ), ne permet pas d'adhérer à la thèse défendue par les recourantes. Il s'agit là d'une simple question rédactionnelle; la volonté du législateur d'inscrire dans la loi un motif de nullité supplémentaire n'en demeure pas moins reconnaissable à la lecture de l' art. 6 LDes (STUTZ/BEUTLER/KÜNZI, op. cit., n o 14 ad art. 6 LDes et les références). art. 4 LDes art. 6 LDes art. 6 LDes art. 6 LDes art. 6 LDes 2.5 Les recourantes ajoutent qu'elles ne pourraient admettre que la divulgation du design antérieur ne joue aucun rôle dans l'application de l' art. 6 LDes que si la LDes prévoyait une dérogation expresse aux al. 2 et 3 de son art. 2. Elles en veulent pour preuve que le législateur, en matière de droit des brevets, a expressément indiqué qu'en ce qui concerne la nouveauté, l'état de la technique comprend également le contenu d'une demande antérieure, dont la date de dépôt est antérieure à la date de dépôt de la seconde demande, rendue accessible au public au plus tôt à la date du dépôt de la seconde demande (cf. art. 7 al. 3 LBI qui correspond pour l'essentiel à l'art. 7a de l'ancienne LBI en vigueur au moment de l'adoption de la LDes).
2.5 art. 6 LDes art. 7 al. 3 LBI La comparaison ne convainc pas puisqu'elle permet tout au plus de montrer que le législateur n'a pas utilisé la même technique législative lors de la rédaction de la LDes. Au cours des travaux préparatoires relatifs à la LDes, le législateur a en effet sciemment renoncé à reprendre dans cette loi une réglementation similaire à celle prévue à l'art. 7a aLBI, l'effet juridique visé (la nullité de l'enregistrement du design déposé postérieurement) pouvant aisément être déduit du seul texte de l' art. 6 LDes (cf. HEINRICH, op. cit., n° 6.07 ad art. 6 LDes ). art. 6 LDes art. 6 LDes 2.6 On peut encore observer qu'il n'existe aucune controverse doctrinale sur la portée ainsi définie de l' art. 6 LDes, les auteurs étant unanimes à ce sujet (WANG, op. cit., p. 140 s.; STUTZ/BEUTLER/KÜNZI, op. cit., n° 14 ad art. 6 LDes ; ANNETTE OBOLENSKY, in Designrecht - BGE 138 III 461 S. 467 Kommentar, Staub/Celli [éd.], 2003, n os 15 et 17 ad art. 6 LDes ; ESCHMANN, op. cit., p. 106 note de pied 506; HEINRICH, op. cit., n o 6.07 ad art. 6 LDes est du même avis, même si les explications qu'il donne, n os 2.33 et 2.14 ad art. 2 LDes, peuvent prêter à confusion). Plusieurs auteurs soulignent la nécessité d'adopter une telle interprétation en rappelant que, dans l'hypothèse d'un ajournement de la publication au sens de l' art. 26 LDes, il peut s'écouler jusqu'à trente mois entre le premier dépôt et sa publication (entre autres auteurs: HEINRICH, op. cit., n o 6.06 ad art. 6 LDes ). Dans cette hypothèse, le design est inscrit dans le registre (art. 25 al. 2 let. b de l'ordonnance du 8 mars 2002 sur la protection des designs [ordonnance sur les designs, ODes; RS 232.121]), mais cette inscription ne peut être consultée par le public ( art. 26 al. 1 ODes ); le design n'est donc pas encore divulgué au sens de l' art. 2 LDes.
2.6 art. 6 LDes art. 6 LDes BGE 138 III 461 S. 467
art. 6 LDes art. 6 LDes art. 2 LDes art. 26 LDes art. 6 LDes art. 26 al. 1 ODes art. 2 LDes Les recourantes contestent l'argumentation fournie par ces auteurs, estimant que la particularité de l'ajournement ne justifie pas de retenir une priorité de droit "automatique", c'est-à-dire indépendante de la divulgation du design antérieur. Selon elles, il incombe au premier déposant qui demande l'ajournement de la publication de supporter le risque de ne pas pouvoir faire constater la nullité (pour défaut de nouveauté/d'originalité sur la base de l' art. 2 LDes ) d'un second dépôt intervenu avant la divulgation du premier dépôt. art. 2 LDes La critique des recourantes ne convainc pas à deux points de vue. Premièrement, même si la procédure d'enregistrement d'un design est relativement rapide (cf. ESCHMANN/THOUVENIN, Das revidierte Schweizer Designrecht, sic! 6/2002 p. 468), il peut quand même se passer - comme cela a été le cas en l'espèce - plusieurs semaines entre le moment du dépôt et celui de l'inscription dans le registre (qui vaut divulgation), en dehors de toute demande d'ajournement de la publication (cf. HEINRICH, op. cit., n o 6.06 ad art. 6 LDes ). On ne peut donc parler, comme le font les recourantes, d'un "risque inhérent à l'ajournement" que le premier déposant "prend sciemment" et qu'il doit alors supporter. art. 6 LDes Deuxièmement, même dans l'hypothèse d'une demande d'ajournement, on ne saurait faire supporter au premier déposant ce "risque inhérent". Cela serait contraire au système adopté par le législateur dans la LDes. Celui-ci a octroyé au déposant la possibilité de demander l'ajournement de la publication sans apporter aucune correction quant à l'effet (ordinaire) du dépôt (cf. art. 6 LDes ); il n'était en particulier BGE 138 III 461 S. 468 pas question de lier la demande d'ajournement à un éventuel report de la date de dépôt (pour un exemple de report explicitement prévu par le législateur, cf. art. 29 al. 2 LPM [RS 232.11]; cf. LUCAS DAVID, Lexikon des Immaterialgüterrechts, SIWR vol. I/3, 2005, p. 17). Dans son Message, le Conseil fédéral l'a d'ailleurs exprimé sans aucune ambiguïté puisqu'il indique, en parlant de l'ajournement, que les "designs non divulgués [déploient] néanmoins des effets juridiques" (FF 2000 2609 ch. 2.2.2.3 ). art. 6 LDes BGE 138 III 461 S. 468
art. 29 al. 2 LPM On ne saurait d'ailleurs pas non plus faire supporter au déposant ce "risque inhérent" en tirant argument de la protection de l'utilisateur de bonne foi qui peut être entravé par l'existence de designs non divulgués. Cela reviendrait à ignorer que le législateur a tenu compte des intérêts d'un tel utilisateur par un procédé différent, qui consiste à lui donner le droit de poursuivre son utilisation dans les conditions fixées à l' art. 12 LDes (cf. HEINRICH, op. cit., n o 26.03 ad art. 26 LDes ; TROLLER, op. cit., p. 195; VON BÜREN/MARBACH/DUCREY, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, 3 e éd. 2008, n. 536 ss p. 111 s.). art. 12 LDes art. 26 LDes 2.7 L'argument fondé sur l'absence d'intérêt public "important", soulevé par les recourantes, tombe à faux. L' art. 6 LDes a pour fonction d'éviter que le registre des designs contienne deux droits portant sur un design identique ou similaire (sur cette dernière notion, cf. infra consid. 3) (cf. STUTZ/BEUTLER/KÜNZI, op. cit., n o 13 ad art. 6 LDes ; OBOLENSKY, op. cit., n os 15 et 17 ad art. 6 LDes ). Le législateur a ainsi estimé qu'il était opportun de laisser la possibilité au premier déposant d'exclure de la protection, et donc du registre, le second design en procédant devant le juge civil (cf. OBOLENSKY, op. cit., n o 19 ad art. 6 LDes ). Il a laissé entendre que l'action du premier déposant permet alors d'augmenter "la sécurité juridique, puisque la réponse à la question de savoir qui est le titulaire d'un design doit en principe ressortir du registre" (FF 2000 2600 ch. 2.2.1.2). Le législateur a entrepris un choix et l'a concrétisé dans la LDes et la question, contrairement à ce que pensent les recourantes, n'est plus de savoir si le procédé choisi correspond à un "intérêt public important".
2.7 art. 6 LDes art. 6 LDes art. 6 LDes art. 6 LDes Quant à la comparaison avec la LBI, elle fournit plutôt des arguments supplémentaires en défaveur de la thèse des recourantes. En effet, reconnaître celle-ci reviendrait à admettre des "droits dépendants sur le design", soit des droits (postérieurs) valablement inscrits dans le registre, mais dont l'utilisation implique la violation d'un droit antérieur (cf. HEINRICH, op. cit., n o 6.12 ad art. 6 LDes ), terminologie qui n'est BGE 138 III 461 S. 469 pas sans rappeler la notion d'"inventions dépendantes" utilisée en droit des brevets. Or, si le législateur a mis sur pied une réglementation adéquate pour ce dernier cas de figure à l' art. 36 LBI (RS 232.14), il n'a précisément rien prévu de tel en droit des designs (cf. HEINRICH, op. cit., n o 6.12 ad art. 6 LDes ). art. 6 LDes BGE 138 III 461 S. 469
art. 36 LBI art. 6 LDes S'agissant enfin de l'argument tiré de l' art. 3 al. 3 LBI, il ne convainc pas. Le simple fait de faire référence à une norme du droit des brevets traitant de la priorité du dépôt n'apporte encore aucun argument décisif. Pour trancher le litige d'espèce, il est indispensable d'adopter une réflexion faisant intervenir, à côté de la question du dépôt, celle du champ de protection ( Schutzumfang ) du design (cf. infra consid. 3). A cet égard, il serait inapproprié de tirer des enseignements de la LBI, les dispositions concernées figurant dans cette loi se rapportant déjà à un objet de protection (cf. art. 1 LBI ) différent de celui visé par les règles contenues dans la LDes ( art. 1 LDes ) (cf. OBOLENSKY, op. cit., n o 7 ad art. 8 LDes ). art. 3 al. 3 LBI art. 1 LBI art. 1 LDes art. 8 LDes Le premier grief soulevé par les recourantes se révèle infondé.
3.
3. 3.1 Dans une argumentation subsidiaire, les recourantes soutiennent que le premier dépôt de A. SA ne peut avoir aucun effet sur leur propre dépôt (postérieur), celui-ci n'étant pas identique ou quasi identique à celui-là. Ils présupposent que la portée de l' art. 6 LDes doit être limitée aux designs identiques, à l'exclusion des designs similaires créant la même impression d'ensemble (ci-après: designs similaires).
3.1 art. 6 LDes Les recourantes s'appuient sur l'avis d'un auteur de doctrine (HEINRICH, op. cit., n o 6.11 ad art. 6 LDes ) qui postule que la lettre de la loi ("droit sur un design") désigne un design et que, partant, l'exclusion ne peut viser qu'un design postérieur identique. art. 6 LDes La position de cet auteur reste toutefois isolée, la doctrine majoritaire professant que le premier déposant peut, sur la base de son dépôt prioritaire au sens de l' art. 6 LDes, exclure tout design identique ou similaire, soit tout design qui tombe dans son champ de protection (WANG, op. cit., p. 142; OBOLENSKY, op. cit., n os 15 et 17 ad art. 6 LDes ; STUTZ/BEUTLER/KÜNZI, op. cit., n o 13 ad art. 6 LDes ). art. 6 LDes art. 6 LDes art. 6 LDes 3.2 Le raisonnement adopté par les recourantes, sur la base d'une position doctrinale isolée, ne convainc pas. Il consiste en réalité à isoler un mot ( un design) de son contexte pour en tirer une conclusion BGE 138 III 461 S. 470 (portée de la priorité du premier dépôt limitée aux designs identiques) favorable à la thèse émise. Cette façon de procéder ne trouve aucune justification dans l'"interprétation littérale" prétendument entreprise par les recourantes.
3.2 BGE 138 III 461 S. 470
La recherche du sens littéral d'une règle suppose de confronter les mots composant un texte avec le sens de l'entier du texte (PAUL-HENRI STEINAUER, Le Titre préliminaire du Code civil, TDPS vol. II/1, 2009, p. 91 n. 271; cf. ERNST A. KRAMER, Juristische Methodenlehre, 3 e éd. 2010, p. 78 et la référence). Or, il est patent que, à l' art. 6 LDes, le législateur a simplement voulu indiquer que le premier déposant dispose d'un droit ("droit sur un design"). La portée de ce droit ne résulte par contre pas du sens littéral de l' art. 6 LDes ; elle doit être recherchée à l' art. 8 LDes ("Etendue de la protection"), disposition qui indique que la protection conférée par le "droit sur un design" s'étend aux designs similaires dégageant la même impression d'ensemble (cf. art. 8 LDes ; ATF 134 III 205 consid. 6 p. 210 ss; ATF 129 III 545 consid. 2 p. 548 ss; ROBERT M. STUTZ, Individualität, Originalität oder Eigenart? Schutzvoraussetzungen des Design, 2002, p. 239; NICOLAS MEYER, Der designrechtliche Schutz von Ersatzteilen, 2004, p. 162 et les auteurs cités). art. 6 LDes art. 6 LDes art. 8 LDes art. 8 LDes Dans ce contexte, la doctrine relève très justement qu'elle n'a identifié aucun motif qui obligerait à retenir que l'effet de l'exclusion - qui découle du dépôt du premier design - selon l' art. 6 LDes aurait une portée plus restreinte que le champ de protection (cf. art. 8 LDes ) de ce même design (WANG, op. cit., p. 142). Une conclusion contraire aurait d'ailleurs pour effet, non désirable, d'admettre que le design postérieur similaire est valablement né, alors même que toute utilisation future qui en serait faite violerait le design antérieur (cf. déjà consid. 2.7). art. 6 LDes art. 8 LDes Quant à la référence faite à l' art. 3 al. 3 LBI, elle appelle la même observation que celle émise en rapport avec le premier moyen soulevé par les recourantes (cf. supra consid. 2.7). art. 3 al. 3 LBI Enfin, c'est à tort que les recourantes soutiennent encore que la défense des droits du titulaire, souci du législateur lors de l'adoption de la LDes, ne nécessite pas une protection plus large. Le titulaire d'un design antérieur déposé mais pas encore divulgué au moment du dépôt d'un second design similaire ne peut pas invoquer la nullité de celui-ci en se fondant sur l' art. 2 LDes (cf. supra consid. 2.4). Ce titulaire a donc bel et bien besoin de pouvoir invoquer l' art. 6 LDes, qui s'applique également aux designs similaires. BGE 138 III 461 S. 471
art. 2 LDes art. 6 LDes BGE 138 III 461 S. 471
Ainsi, la nullité de l'enregistrement fondée sur l' art. 6 LDes vise aussi bien les designs identiques que les designs similaires dégageant la même impression d'ensemble (cf. art. 8 LDes ). art. 6 LDes art. 8 LDes Le moyen subsidiaire se révèle également infondé.
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Urteilskopf 138 III 46 7. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile) 4A_635/2011 du 10 janvier 2012 Regeste Gesuch um vorsorgliche Beweisführung; eigenständiges Verfahren; Zwischenentscheid ( Art. 93 Abs. 1 BGG ). Der das Gesuch um Anordnung eines Gutachtens im Rahmen eines eigenständigen Verfahrens gutheissende Entscheid ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG (E. 1.1), gegen den die sofortige Beschwerde im zu beurteilenden Fall nicht offensteht (E. 1.2). Erwägungen ab Seite 46 BGE 138 III 46 S. 46 Extrait des considérants: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis ( ATF 137 III 417 consid. 1 et les arrêts cités). 1.1 Les décisions portant sur l'administration de preuves à futur sont des mesures provisionnelles au sens de la LTF (cf. art. 98; ATF 133 III 638 consid. 2 p. 639). Une mesure provisionnelle donne lieu à une décision finale ( art. 90 LTF ) lorsqu'elle est rendue dans une procédure indépendante d'une procédure principale et qu'elle y met un terme ( ATF 134 I 83 consid. 3.1 p. 86; ATF 133 III 589 consid. 1 p. 590; cf. également ATF 137 III 324 consid. 1.1 p. 327). La décision rejetant une requête de preuve à futur dans le cadre d'une procédure indépendante met fin à cette procédure; il s'agit d'une décision finale au sens de l' art. 90 LTF (cf. MARK SCHWEIZER, Vorsorgliche Beweisabnahme nach schweizerischer Zivilprozessordnung und Patentgesetz, ZZZ 2010 p. 28). En revanche, la décision BGE 138 III 46 S. 47 admettant une requête de preuve à futur et ordonnant l'administration de la preuve ne termine pas nécessairement la procédure; celle-ci se poursuit jusqu'à ce que la preuve soit administrée (SCHWEIZER, op. cit., p. 30). Dans le cas d'une expertise hors procès, le juge devra peut-être, avant que la procédure ne prenne fin, nommer un autre expert, comme dans la présente espèce, ou transmettre à l'expert d'éventuelles questions complémentaires des parties, ou encore se prononcer sur une demande de révocation de l'expert (cf. arrêt 5A_435/2010 du 28 juillet 2010 consid. 1.1.1). Par conséquent, la décision admettant une requête d'expertise dans le cadre d'une procédure indépendante n'est pas une décision finale, mais une décision incidente au sens de l' art. 93 al. 1 LTF, c'est-à-dire une décision incidente notifiée séparément qui ne porte ni sur la compétence ni sur une demande de récusation (cf. art. 92 al. 1 LTF ). 1.2 Aux termes de l' art. 93 al. 1 LTF, le recours immédiat contre une telle décision n'est possible que si elle peut causer un préjudice irréparable (let. a) ou si l'admission du recours peut conduire immédiatement à une décision finale permettant d'éviter une procédure probatoire longue et coûteuse (let. b). Le préjudice irréparable dont il est question à l' art. 93 al. 1 let. a LTF doit être de nature juridique et ne pas pouvoir être réparé ultérieurement par une décision finale favorable au recourant ( ATF 137 V 314 consid. 2.2.1 p. 317 et les arrêts cités). Il appartient au recourant d'expliquer en quoi la décision entreprise remplit les conditions de l' art. 93 LTF, sauf si ce point découle manifestement de la décision attaquée ou de la nature de la cause ( ATF 134 II 137 consid. 1.3.3 p. 141; ATF 134 III 426 consid. 1.2 p. 429; ATF 133 III 629 consid. 2.4.2 p. 633). L'arrêt attaqué déclare irrecevable un appel du recourant contre la décision incidente admettant la requête d'expertise hors procès de l'intimée, de sorte que la procédure de preuve à futur continue en première instance. L'administration de la preuve, à savoir l'examen d'une moquette posée par le recourant, n'est manifestement pas susceptible de provoquer un préjudice juridique irréparable. Quant au prononcé accessoire sur les frais et dépens contenu dans une décision incidente, il n'est d'emblée pas de nature à causer un tel préjudice ( ATF 135 III 329 consid. 1.2 p. 331 ss). La condition posée par l' art. 93 al. 1 let. a LTF n'est pas réalisée en l'espèce. BGE 138 III 46 S. 48 La Cour d'appel a rendu un arrêt d'irrecevabilité et ne s'est pas prononcée sur le bien-fondé de la décision de première instance. Contre un tel arrêt, seules les conclusions du recours tendant à l'annulation et au renvoi sont admissibles, à l'exclusion des conclusions sur le fond, lesquelles supposent que l'autorité précédente soit entrée en matière (FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in Commentaire de la LTF, 2009, n° 17 ad art. 42 LTF p. 276). En effet, s'il annule un arrêt d'irrecevabilité, le Tribunal fédéral ne statue pas lui-même sur le fond, mais renvoie la cause à l'autorité d'appel afin que le justiciable ne soit pas privé d'un degré de juridiction (cf. arrêt 4A_330/2008 du 27 janvier 2010 consid. 2.1, non publié in ATF 136 III 102 ). Dans le cas présent, l'admission du recours ne pourrait dès lors pas conduire immédiatement à une décision finale. Au demeurant, le recourant ne démontre pas que l'administration de l'expertise ordonnée à titre de preuve à futur serait longue et coûteuse, sans qu'il soit manifeste que tel serait le cas. La condition posée à l' art. 93 al. 1 let. b LTF n'est pas non plus remplie dans le cas particulier. Il s'ensuit que l'arrêt attaqué ne peut pas faire l'objet d'un recours immédiat au Tribunal fédéral. Le recours est irrecevable.
Urteilskopf
7. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile)
4A_635/2011 du 10 janvier 2012
Regeste Gesuch um vorsorgliche Beweisführung; eigenständiges Verfahren; Zwischenentscheid ( Art. 93 Abs. 1 BGG ). Der das Gesuch um Anordnung eines Gutachtens im Rahmen eines eigenständigen Verfahrens gutheissende Entscheid ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG (E. 1.1), gegen den die sofortige Beschwerde im zu beurteilenden Fall nicht offensteht (E. 1.2).
Regeste
Gesuch um vorsorgliche Beweisführung; eigenständiges Verfahren; Zwischenentscheid ( Art. 93 Abs. 1 BGG ). Der das Gesuch um Anordnung eines Gutachtens im Rahmen eines eigenständigen Verfahrens gutheissende Entscheid ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG (E. 1.1), gegen den die sofortige Beschwerde im zu beurteilenden Fall nicht offensteht (E. 1.2).
Art. 93 Abs. 1 BGG Der das Gesuch um Anordnung eines Gutachtens im Rahmen eines eigenständigen Verfahrens gutheissende Entscheid ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG (E. 1.1), gegen den die sofortige Beschwerde im zu beurteilenden Fall nicht offensteht (E. 1.2).
Art. 93 Abs. 1 BGG Erwägungen ab Seite 46
Erwägungen ab Seite 46 BGE 138 III 46 S. 46
BGE 138 III 46 S. 46
Extrait des considérants:
1. Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis ( ATF 137 III 417 consid. 1 et les arrêts cités).
1. 1.1 Les décisions portant sur l'administration de preuves à futur sont des mesures provisionnelles au sens de la LTF (cf. art. 98; ATF 133 III 638 consid. 2 p. 639). Une mesure provisionnelle donne lieu à une décision finale ( art. 90 LTF ) lorsqu'elle est rendue dans une procédure indépendante d'une procédure principale et qu'elle y met un terme ( ATF 134 I 83 consid. 3.1 p. 86; ATF 133 III 589 consid. 1 p. 590; cf. également ATF 137 III 324 consid. 1.1 p. 327).
1.1 art. 90 LTF La décision rejetant une requête de preuve à futur dans le cadre d'une procédure indépendante met fin à cette procédure; il s'agit d'une décision finale au sens de l' art. 90 LTF (cf. MARK SCHWEIZER, Vorsorgliche Beweisabnahme nach schweizerischer Zivilprozessordnung und Patentgesetz, ZZZ 2010 p. 28). En revanche, la décision BGE 138 III 46 S. 47 admettant une requête de preuve à futur et ordonnant l'administration de la preuve ne termine pas nécessairement la procédure; celle-ci se poursuit jusqu'à ce que la preuve soit administrée (SCHWEIZER, op. cit., p. 30). Dans le cas d'une expertise hors procès, le juge devra peut-être, avant que la procédure ne prenne fin, nommer un autre expert, comme dans la présente espèce, ou transmettre à l'expert d'éventuelles questions complémentaires des parties, ou encore se prononcer sur une demande de révocation de l'expert (cf. arrêt 5A_435/2010 du 28 juillet 2010 consid. 1.1.1). Par conséquent, la décision admettant une requête d'expertise dans le cadre d'une procédure indépendante n'est pas une décision finale, mais une décision incidente au sens de l' art. 93 al. 1 LTF, c'est-à-dire une décision incidente notifiée séparément qui ne porte ni sur la compétence ni sur une demande de récusation (cf. art. 92 al. 1 LTF ). art. 90 LTF BGE 138 III 46 S. 47
art. 93 al. 1 LTF art. 92 al. 1 LTF 1.2 Aux termes de l' art. 93 al. 1 LTF, le recours immédiat contre une telle décision n'est possible que si elle peut causer un préjudice irréparable (let. a) ou si l'admission du recours peut conduire immédiatement à une décision finale permettant d'éviter une procédure probatoire longue et coûteuse (let. b). Le préjudice irréparable dont il est question à l' art. 93 al. 1 let. a LTF doit être de nature juridique et ne pas pouvoir être réparé ultérieurement par une décision finale favorable au recourant ( ATF 137 V 314 consid. 2.2.1 p. 317 et les arrêts cités). Il appartient au recourant d'expliquer en quoi la décision entreprise remplit les conditions de l' art. 93 LTF, sauf si ce point découle manifestement de la décision attaquée ou de la nature de la cause ( ATF 134 II 137 consid. 1.3.3 p. 141; ATF 134 III 426 consid. 1.2 p. 429; ATF 133 III 629 consid. 2.4.2 p. 633).
1.2 art. 93 al. 1 LTF art. 93 al. 1 let. a LTF art. 93 LTF L'arrêt attaqué déclare irrecevable un appel du recourant contre la décision incidente admettant la requête d'expertise hors procès de l'intimée, de sorte que la procédure de preuve à futur continue en première instance.
L'administration de la preuve, à savoir l'examen d'une moquette posée par le recourant, n'est manifestement pas susceptible de provoquer un préjudice juridique irréparable. Quant au prononcé accessoire sur les frais et dépens contenu dans une décision incidente, il n'est d'emblée pas de nature à causer un tel préjudice ( ATF 135 III 329 consid. 1.2 p. 331 ss). La condition posée par l' art. 93 al. 1 let. a LTF n'est pas réalisée en l'espèce. BGE 138 III 46 S. 48
art. 93 al. 1 let. a LTF BGE 138 III 46 S. 48
La Cour d'appel a rendu un arrêt d'irrecevabilité et ne s'est pas prononcée sur le bien-fondé de la décision de première instance. Contre un tel arrêt, seules les conclusions du recours tendant à l'annulation et au renvoi sont admissibles, à l'exclusion des conclusions sur le fond, lesquelles supposent que l'autorité précédente soit entrée en matière (FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in Commentaire de la LTF, 2009, n° 17 ad art. 42 LTF p. 276). En effet, s'il annule un arrêt d'irrecevabilité, le Tribunal fédéral ne statue pas lui-même sur le fond, mais renvoie la cause à l'autorité d'appel afin que le justiciable ne soit pas privé d'un degré de juridiction (cf. arrêt 4A_330/2008 du 27 janvier 2010 consid. 2.1, non publié in ATF 136 III 102 ). Dans le cas présent, l'admission du recours ne pourrait dès lors pas conduire immédiatement à une décision finale. Au demeurant, le recourant ne démontre pas que l'administration de l'expertise ordonnée à titre de preuve à futur serait longue et coûteuse, sans qu'il soit manifeste que tel serait le cas. La condition posée à l' art. 93 al. 1 let. b LTF n'est pas non plus remplie dans le cas particulier. art. 42 LTF art. 93 al. 1 let. b LTF Il s'ensuit que l'arrêt attaqué ne peut pas faire l'objet d'un recours immédiat au Tribunal fédéral. Le recours est irrecevable.
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Urteilskopf
69. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG und Y. AG gegen Z. AG und Mitb. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_66/2012 vom 29. Mai 2012
Regeste a Handelsgericht, Ausnahme vom Grundsatz der "double instance cantonale" ( Art. 75 Abs. 1 und 2 lit. b BGG ; Art. 6 ZPO ). Zulässigkeit der direkten Beschwerde gegen Entscheide eines Fachgerichts für handelsrechtliche Streitigkeiten (E. 1).
Regeste a
Handelsgericht, Ausnahme vom Grundsatz der "double instance cantonale" ( Art. 75 Abs. 1 und 2 lit. b BGG ; Art. 6 ZPO ). Zulässigkeit der direkten Beschwerde gegen Entscheide eines Fachgerichts für handelsrechtliche Streitigkeiten (E. 1).
Art. 75 Abs. 1 und 2 lit. b BGG Art. 6 ZPO Zulässigkeit der direkten Beschwerde gegen Entscheide eines Fachgerichts für handelsrechtliche Streitigkeiten (E. 1).
Regeste b Sachliche Zuständigkeit, Parteivereinbarung ( Art. 4 ff., 17 und 406 ZPO ); handelsrechtliche Streitigkeit ( Art. 6 Abs. 2 ZPO ); einfache Streitgenossenschaft ( Art. 71 ZPO ). Art. 17 und 406 ZPO beziehen sich nur auf Vereinbarungen über die örtliche, nicht jedoch auf solche über die sachliche Zuständigkeit (E. 3). Definitive Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts als handelsrechtliche Streitigkeit (E. 4). Die einfache passive Streitgenossenschaft setzt unter anderem die gleiche sachliche Zuständigkeit für alle eingeklagten Ansprüche voraus. Wäre für gewisse Beklagte das Handelsgericht, für andere das ordentliche Gericht zuständig, kann der Kanton eine einheitliche Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts für die einfache passive Streitgenossenschaft vorsehen (E. 5).
Regeste b
Sachliche Zuständigkeit, Parteivereinbarung ( Art. 4 ff., 17 und 406 ZPO ); handelsrechtliche Streitigkeit ( Art. 6 Abs. 2 ZPO ); einfache Streitgenossenschaft ( Art. 71 ZPO ). Art. 17 und 406 ZPO beziehen sich nur auf Vereinbarungen über die örtliche, nicht jedoch auf solche über die sachliche Zuständigkeit (E. 3). Definitive Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts als handelsrechtliche Streitigkeit (E. 4). Die einfache passive Streitgenossenschaft setzt unter anderem die gleiche sachliche Zuständigkeit für alle eingeklagten Ansprüche voraus. Wäre für gewisse Beklagte das Handelsgericht, für andere das ordentliche Gericht zuständig, kann der Kanton eine einheitliche Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts für die einfache passive Streitgenossenschaft vorsehen (E. 5).
Art. 4 ff., 17 und 406 ZPO Art. 6 Abs. 2 ZPO Art. 71 ZPO Art. 17 und 406 ZPO beziehen sich nur auf Vereinbarungen über die örtliche, nicht jedoch auf solche über die sachliche Zuständigkeit (E. 3).
Art. 17 und 406 ZPO Definitive Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts als handelsrechtliche Streitigkeit (E. 4). Die einfache passive Streitgenossenschaft setzt unter anderem die gleiche sachliche Zuständigkeit für alle eingeklagten Ansprüche voraus. Wäre für gewisse Beklagte das Handelsgericht, für andere das ordentliche Gericht zuständig, kann der Kanton eine einheitliche Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts für die einfache passive Streitgenossenschaft vorsehen (E. 5).
Regeste c Rechtshängigkeit, Rechtskraft, Fristwahrung ( Art. 63 Abs. 1 ZPO ). Die Regel von Art. 63 Abs. 1 ZPO gilt auch, wenn sich nach einem ersten Nichteintretensentscheid das als zweites angerufene Gericht ebenfalls unzuständig erklärt. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen die Verneinung der sachlichen Zuständigkeit durch das zweite Gericht besteht keine Bindung an den Nichteintretensentscheid des ersten Gerichts. Frage des Fristbeginns für die neue Einreichung der Eingabe offengelassen (E. 6).
Regeste c
Rechtshängigkeit, Rechtskraft, Fristwahrung ( Art. 63 Abs. 1 ZPO ). Die Regel von Art. 63 Abs. 1 ZPO gilt auch, wenn sich nach einem ersten Nichteintretensentscheid das als zweites angerufene Gericht ebenfalls unzuständig erklärt. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen die Verneinung der sachlichen Zuständigkeit durch das zweite Gericht besteht keine Bindung an den Nichteintretensentscheid des ersten Gerichts. Frage des Fristbeginns für die neue Einreichung der Eingabe offengelassen (E. 6).
Art. 63 Abs. 1 ZPO Die Regel von Art. 63 Abs. 1 ZPO gilt auch, wenn sich nach einem ersten Nichteintretensentscheid das als zweites angerufene Gericht ebenfalls unzuständig erklärt. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen die Verneinung der sachlichen Zuständigkeit durch das zweite Gericht besteht keine Bindung an den Nichteintretensentscheid des ersten Gerichts. Frage des Fristbeginns für die neue Einreichung der Eingabe offengelassen (E. 6).
Art. 63 Abs. 1 ZPO Regeste d Verteilung der Prozesskosten ( Art. 107 Abs. 2 ZPO ; Art. 66 Abs. 4 und Art. 68 Abs. 4 BGG ). Auferlegung von Prozesskosten an den Kanton (E. 7).
Regeste d
Verteilung der Prozesskosten ( Art. 107 Abs. 2 ZPO ; Art. 66 Abs. 4 und Art. 68 Abs. 4 BGG ). Auferlegung von Prozesskosten an den Kanton (E. 7).
Art. 107 Abs. 2 ZPO Art. 66 Abs. 4 und Art. 68 Abs. 4 BGG Auferlegung von Prozesskosten an den Kanton (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 473
Sachverhalt ab Seite 473 BGE 138 III 471 S. 473
BGE 138 III 471 S. 473
A. Die Z. AG als Bestellerin schloss am 22. März 2010 mit der X. AG und mit der Y. AG einen Werkvertrag, der namentlich folgende Klausel enthielt: "Gerichtsstand ist das Bezirksgericht Zürich". Die beiden Unternehmerinnen verpflichteten sich im Vertrag, für die Bestellerin Arbeiten auf einem Grundstück auszuführen, das im Miteigentum von A., der Pensionskasse Q., der Pensionskasse R., der Pensionskasse S. und der Personalvorsorgestiftung T. stand.
A. Infolge Divergenzen mit der Bestellerin über die Leistung von Akontozahlungen an den Werklohn erwirkten die Unternehmerinnen die provisorische Eintragung von Bauhandwerkerpfandrechten auf den Grundstücksanteilen der fünf Miteigentümer. Es wurde den Unternehmerinnen Frist gesetzt, um Klage auf Feststellung der Forderung als Pfandsumme und definitive Eintragung der Pfandrechte zu erheben.
B. Am 26. Mai 2011 reichten die Unternehmerinnen beim Bezirksgericht Zürich Klage gegen die Bestellerin und die fünf Drittpfandeigentümer ein; die Klägerinnen schlossen dahin, es sei die Bestellerin zu verurteilen, ihnen Fr. 560'000.- plus Verzugszins zu bezahlen, und es seien die fünf provisorischen Bauhandwerkerpfandrechte definitiv einzutragen.
B. Mit Urteil und Beschluss vom 22. August 2011 lehnte es das Bezirksgericht ab, auf die Forderungsklage gegen die Bestellerin (Beklagte 1) sowie auf die Klage auf definitive Eintragung gegen die vier Pensionskassen (Beklagte 3-6) einzutreten. Es setzte den beiden Klägerinnen sodann Frist zur Mitteilung an, ob sie an der Klage gegen den fünften Drittpfandeigentümer A. (Beklagter 2) festhielten oder diese zurückzögen, und stellte ansonsten eine Sistierung in Aussicht bis zur definitiven Erledigung der Hauptklage und der andern Prosequierungsklagen durch das Handelsgericht; die Klage gegen A. wurde in der Folge zurückgezogen.
Das Bezirksgericht hielt fest, die sachliche Zuständigkeit liege ausserhalb der Dispositionsfreiheit der Parteien; für die Prorogation eines sachlich unzuständigen Gerichts bleibe nach der neuen BGE 138 III 471 S. 474 eidgenössischen Zivilprozessordnung kein Raum. Für die Forderungsklage gegen die Bestellerin sei nach dem neuen Recht ausschliesslich das Handelsgericht zuständig; der unter dem alten Recht geschlossenen anderslautenden Prorogationsklausel komme keine Rechtswirkung mehr zu. Sodann seien die vier beklagten Pensionskassen institutionelle Anleger, weshalb die Klage auf Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts gegen sie ebenfalls zwingend in die Zuständigkeit des Handelsgerichts falle.
BGE 138 III 471 S. 474
C. Am 30. August 2011 reichten die Unternehmerinnen beim Handelsgericht Klage ein gegen die Bestellerin auf Bezahlung von Fr. 560'000.- plus Verzugszins und gegen die fünf Drittpfandeigentümer auf definitive Eintragung der Bauhandwerkerpfandrechte für Pfandsummen zwischen Fr. 67'200.- und Fr. 201'600.-. Die sechs Beklagten äusserten die Auffassung, das Bezirksgericht sei zuständig. Mit Beschluss vom 11. Dezember 2011 lehnte es das Handelsgericht unter Kosten- und Entschädigungsfolge ab, auf die Klage einzutreten.
C. Das Handelsgericht ging zunächst davon aus, dass die im Werkvertrag vereinbarte Gerichtsstandsklausel weiterhin gültig und das Handelsgericht folglich für die Forderungsklage gegen die Bestellerin sachlich nicht zuständig ist. Es folgerte, dass an sich das Bezirksgericht für die Klage gegen die Bestellerin sowie gegen die Drittpfandeigentümer A. und Pensionskasse S. (mangels Eintrags im Handelsregister) zuständig wäre und es selber für die Klage gegen die drei andern (im Handelsregister eingetragenen) Drittpfandeigentümer. Doch dränge es sich auf, für (einfache und notwendige) Streitgenossen von einer einheitlichen sachlichen Zuständigkeit auszugehen. Deshalb müsse die sachliche Zuständigkeit bei passiver einfacher (und wohl auch notwendiger) Streitgenossenschaft beim ordentlichen Bezirksgericht liegen, sobald für mindestens einen passiven Streitgenossen die sachliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts, nicht aber jene des Handelsgerichts gegeben ist.
D. BGE 138 III 471 S. 475
Das Bundesgericht erteilt der Beschwerde aufschiebende Wirkung. Es bestätigt den angefochtenen Beschluss vom 11. Dezember 2011, soweit die Zuständigkeit des Handelsgerichts verneint wird. Der angefochtene Beschluss wird dahin gehend geändert, dass die Gerichtskosten und die Parteientschädigung an die Beschwerdegegner dem Kanton Zürich auferlegt werden.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Erwägungen:
1. Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit bei ihm eingereichter Beschwerden von Amtes wegen ( Art. 29 Abs. 1 BGG ; BGE 137 III 417 E. 1 S. 417 mit Hinweisen).
1. Art. 29 Abs. 1 BGG 1.1 Die Beschwerde in Zivilsachen steht grundsätzlich nur gegen Entscheide offen, die von einem oberen kantonalen Gericht auf Rechtsmittel hin in zweiter Instanz gefällt werden (Grundsatz der "double instance cantonale"). Dieses Erfordernis der doppelten kantonalen Instanz gilt aber nicht ausnahmslos; so steht es den Kantonen namentlich offen, Fachgerichte für handelsrechtliche Streitigkeiten, sogenannte Handelsgerichte, als einzige kantonale Instanz einzusetzen (Art. 75 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b BGG; Art. 6 Abs. 1 ZPO [SR 272]).
1.1 Art. 6 Abs. 1 ZPO Was eine handelsrechtliche Streitigkeit in diesem Sinn ist, bestimmt allein das Bundesrecht. Eine Streitigkeit gilt als handelsrechtlich, wenn die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betroffen ist - womit die charakteristische Leistung im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit der Partei gemeint ist (ALEXANDER BRUNNER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 20 zu Art. 6 ZPO ) -, gegen den Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht offensteht und die Parteien im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen sind ( Art. 6 Abs. 2 ZPO ).
Art. 6 ZPO Art. 6 Abs. 2 ZPO Ist nur die beklagte Partei im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen, sind aber die übrigen Voraussetzungen erfüllt, hat die (im Handelsregister nicht eingetragene) klagende Partei die Wahl zwischen dem BGE 138 III 471 S. 476 Handelsgericht oder dem ordentlichen Gericht ( Art. 6 Abs. 3 ZPO ). Die Kantone können das Handelsgericht überdies zuständig erklären für Streitigkeiten, für die das Bundesrecht eine einzige kantonale Instanz vorschreibt (Art. 6 Abs. 4 lit. a i.V.m. Art. 5 Abs. 1 ZPO ), sowie für Streitigkeiten aus dem Recht der Handelsgesellschaften und Genossenschaften ( Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO ).
BGE 138 III 471 S. 476
Art. 6 Abs. 3 ZPO Art. 5 Abs. 1 ZPO Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO Der Kanton Zürich hat von der Möglichkeit, in diesem Rahmen ein Handelsgericht zu schaffen, Gebrauch gemacht. Er hat es zuständig erklärt sowohl für handelsrechtliche Streitigkeiten (im Sinn von Art. 6 Abs. 2 und 3 ZPO ) als auch für Streitigkeiten aus dem Recht der Handelsgesellschaften und Genossenschaften (im Sinn von Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO ), sofern deren Streitwert mindestens Fr. 30'000.- beträgt (§ 44 lit. b des Zürcher Gesetzes vom 10. Mai 2010 über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess [GOG/ZH; LS 211.1]), ferner - mit Ausnahme der Klagen gegen den Bund ( Art. 5 Abs. 1 lit. f ZPO ) - für Streitigkeiten, für die das Bundesrecht eine einzige kantonale Instanz vorschreibt (Art. 5 Abs. 1 lit. a-e und h ZPO; § 44 lit. a GOG/ZH; vgl. auch Art. 5 Abs. 1 lit. g ZPO i.V.m. § 45 lit. a GOG/ZH). Es ist somit ein Handelsgericht im Sinn des Bundesrechts ( Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG, Art. 6 Abs. 1 ZPO ), dessen Entscheide direkt an das Bundesgericht weitergezogen werden können.
Art. 6 Abs. 2 und 3 ZPO Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO Art. 5 Abs. 1 lit. f ZPO Art. 5 Abs. 1 lit. g ZPO Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG Art. 6 Abs. 1 ZPO 1.2 Der angefochtene Beschluss beendet das Verfahren vor dem Handelsgericht; der Streitwert liegt bei Fr. 560'000.-. Die formellen Voraussetzungen an eine Beschwerde sind erfüllt. Auf die vorliegende Beschwerde in Zivilsachen ist damit grundsätzlich einzutreten.
1.2 1.3 2. BGE 138 III 471 S. 477
Es ist im Folgenden zu prüfen, welche kantonale Instanz zur Beurteilung der einzelnen Klagebegehren je zuständig wäre und, falls es nicht dieselbe Instanz ist, ob eine Klagenhäufung möglich ist und gegebenenfalls mit welchen Folgen hinsichtlich der Zuständigkeit.
3. Die Beschwerdeführerinnen verlangen von der Bestellerin Fr. 560'000.- Werklohn aus dem am 22. März 2010 geschlossenen Werkvertrag.
3. 3.1 Die Beschwerdeführerinnen und die Bestellerin sind im Handelsregister eingetragen und im Baugewerbe tätig. Die Streitigkeit um die eingeklagte Forderung aus Werkvertrag ist damit offensichtlich handelsrechtlicher Natur; das ist im Übrigen unbestritten. Ein solches Klagebegehren fällt in die Zuständigkeit des Handelsgerichts ( Art. 6 Abs. 2 ZPO ).
3.1 Art. 6 Abs. 2 ZPO Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte (vgl. Art. 4 ff. ZPO ) ist der Disposition der Parteien entzogen (vgl. FABIENNE HOHL, Procédure civile, Bd. II, 2. Aufl. 2010, Rz. 130; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, Rz. 2.129). Diese können nicht vereinbaren, einen Streit einem andern als dem vom Gesetz bezeichneten staatlichen Gericht zu unterbreiten, es sei denn, das Gesetz sehe eine Wahlmöglichkeit vor, was für den vorliegenden Fall, in dem alle Parteien im Handelsregister eingetragen sind, nicht zutrifft (vgl. Art. 6 Abs. 3 ZPO ). Zwar können die Parteien gemäss Art. 17 ZPO Gerichtsstandsvereinbarungen schliessen ( élection de for, proroga di foro ); diese Bestimmung steht unter dem Titel "Örtliche Zuständigkeit" ( Art. 9 ff. ZPO ) und wurde wörtlich von Art. 9 Abs. 1 GestG (Bundesgesetz vom 24. März 2000 über den Gerichtsstand in Zivilsachen [AS 2000 2355]) übernommen (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7264 Ziff. 5.2.2 zu Art. 16 E-ZPO), welcher sich nur auf die örtliche Zuständigkeit bezog (vgl. Art. 1 Abs. 1 GestG ); Vereinbarungen über die sachliche Zuständigkeit der Gerichte lassen sich nicht darauf stützen (vgl. HAAS/SCHLUMPF, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 1 zu Art. 4 und N. 2 zu Art. 17 ZPO ; DOMINIK VOCK, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 5 zu Art. 4 ZPO ; RAINER WEY, in: Kommentar zur Schweizerischen BGE 138 III 471 S. 478 Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 7 zu Art. 4 ZPO ; THEODOR HÄRTSCH, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Stämpflis Handkommentar, 2010, N. 8 zu Art. 4 und N. 26 zu Art. 6ZPO; DANIEL FÜLLEMANN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 8 zu Art. 17 ZPO ; JACQUES HALDY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 2 zu Art. 17 ZPO ).
Art. 4 ff. ZPO Art. 6 Abs. 3 ZPO Art. 17 ZPO Art. 9 ff. ZPO Art. 9 Abs. 1 GestG Art. 1 Abs. 1 GestG Art. 17 ZPO Art. 4 ZPO BGE 138 III 471 S. 478
Art. 4 ZPO Art. 17 ZPO Art. 17 ZPO 3.2 Die Beschwerdeführerinnen und die Bestellerin haben im Werkvertrag vom 22. Mai 2010 vereinbart, Gerichtsstand sei das Bezirksgericht Zürich. Das Handelsgericht ist - wie auch das Bezirksgericht - der Auffassung, unter der Geltung des bei Vertragsabschluss noch anwendbaren kantonalen Prozessrechts sei es zulässig gewesen, die grundsätzlich gegebene Kompetenz des damaligen Handelsgerichts wegzubedingen; es hat demzufolge festgehalten, die Vertragsparteien hätten bei Vertragsabschluss rechtsgültig die sachliche Kompetenz des Bezirksgerichts begründet. Diesen auf kantonalem Recht fussenden Schluss stellen die Beschwerdeführerinnen nicht in Frage; sie erheben in diesem Zusammenhang insbesondere keine Rüge einer Verletzung des verfassungsmässigen Willkürverbots. Die Frage ist damit der Überprüfung durch das Bundesgericht entzogen ( Art. 95 und 106 Abs. 2 BGG ; BGE 133 III 462 E. 2.3 und 4.4.1).
3.2 Art. 95 und 106 Abs. 2 BGG 3.3 Das Handelsgericht ist der Auffassung, die unter dem alten Recht vereinbarte Wegbedingung seiner Kompetenz sei nach Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung weiterhin gültig. Es beruft sich auf Art. 406 ZPO, wonach sich die Gültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung nach dem Recht bestimmt, das zur Zeit ihres Abschlusses gegolten hat; es bezieht diese Regel nicht nur auf Vereinbarungen über die örtliche, sondern auch auf solche über die sachliche Zuständigkeit. Das Bezirksgericht war in Anlehnung an einen Entscheid des Zürcher Obergerichts anderer Auffassung. Die Beschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung von Art. 406 ZPO ; nach ihrem Dafürhalten bezieht sich diese Bestimmung ausschliesslich auf die örtliche Zuständigkeit.
3.3 Art. 406 ZPO Art. 406 ZPO Art. 406 ZPO hat nach dem klaren Willen des Gesetzgebers die zuvor geltende Regelung des Art. 39 GestG übernommen (BBl 2006 7407 Ziff. 5.26.2 zu Art. 403 E-ZPO); diese galt nur für Vereinbarungen über die örtliche Zuständigkeit ( Art. 1 Abs. 1 GestG ). Nichts deutet darauf hin, dass der Begriff Gerichtsstandsvereinbarung ( élection de for, proroga di foro ) in den Art. 406 und 17 ZPO BGE 138 III 471 S. 479 verschieden sein sollte und in Art. 406 ZPO einen über die gewöhnliche Bedeutung hinausgehenden Sinn hätte. Entgegen der Auffassung des Handelsgerichts erheischt das Bedürfnis der Parteien nach Vertragstreue, nach Vertrauen in die Rechtsordnung und nach Rechtssicherheit keine andere Auslegungvon Art. 406 ZPO ; denn es ist nicht ersichtlich,inwiefern dieses Bedürfnis der Parteien dadurch in Frage gestellt wäre, dass sie eine Klage vor jenem staatlichen Gericht einreichen müssen, das gemäss neuem Recht zuständig ist. Anders liegen die Dinge in Bezug auf Klagen, die noch unter dem alten Rechteingereicht worden sind und für welche das angerufene staatlicheGericht auch unter dem neuen Recht weiterhin zuständig bleibt ( Art. 404 ZPO ), sowie bei Schiedsvereinbarungen, durch welche ein Streit der staatlichen Gerichtsbarkeit entzogen wurde ( Art. 407 ZPO ); darum geht es vorliegend nicht.
Art. 406 ZPO Art. 39 GestG Art. 1 Abs. 1 GestG Art. 406 und 17 ZPO BGE 138 III 471 S. 479
Art. 406 ZPO Art. 406 ZPO Art. 404 ZPO Art. 407 ZPO 3.4 Die Rüge einer falschen Auslegung von Art. 406 ZPO ist begründet. Es ist somit festzuhalten, dass das Handelsgericht grundsätzlich zuständig wäre, die Klage der Beschwerdeführerinnen gegen die Bestellerin auf Bezahlung von Fr. 560'000.- zu beurteilen.
3.4 Art. 406 ZPO 4. Die Beschwerdeführerinnen beantragen sodann gegen die fünf Miteigentümer des Grundstücks, das sie im Rahmen der Erfüllung des Werkvertrags mit der Bestellerin überbaut haben, die definitive Eintragung von Bauhandwerkerpfandrechten.
4. Die Zuständigkeit des Handelsgerichts setzt voraus, dass die zu beurteilende Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betrifft ( Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO ). Bauarbeiten sind charakteristische Leistung eines Bauunternehmers, weshalb Streitigkeiten um den Werklohn des Bauunternehmers dessen geschäftliche Tätigkeit betreffen. Dasselbe muss auch in Bezug auf das Bauhandwerkerpfandrecht gelten, da dieses bloss eine akzessorische Sicherheit für den Werklohnanspruch ist; das Bauhandwerkerpfandrecht hängt eng mit der Werklohnforderung und damit mit der typischen geschäftlichen Tätigkeit des Bauunternehmers zusammen (RAINER SCHUMACHER, Das Bauhandwerkerpfandrecht, 3. Aufl., Ergänzungsband, 2011, Rz. 568 und 699; vgl. VOCK, a.a.O., N. 8 zu Art. 6 ZPO ; offengelassen in BGE 137 III 563 E. 3.4 S. 568). Es ist im Übrigen aus prozessökonomischen Überlegungen gerechtfertigt, die Zuständigkeit des gleichen Gerichts zur Beurteilung beider Ansprüche des Bauunternehmers gegen Besteller und Drittpfandeigentümer nicht ohne zwingenden Grund zu verunmöglichen. BGE 138 III 471 S. 480
Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO Art. 6 ZPO BGE 138 III 471 S. 480
Das Handelsgericht ist allerdings nur zuständig, wenn die beklagte Partei im Handelsregister eingetragen ist ( Art. 6 Abs. 2 lit. c und Abs. 3 ZPO ). Nach den nicht angefochtenen und damit für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen des Handelsgerichts ist das nur für die Pensionskasse Q., die Pensionskasse R. und die Personalvorsorgestiftung T. (Beklagte 3, 4 und 6) der Fall, nicht aber für A. (den Beklagten 2) und die Pensionskasse S. (Beklagte 5).
Art. 6 Abs. 2 lit. c und Abs. 3 ZPO 5. Das Handelsgericht ist damit an sich für die Klage gegen die Bestellerin und drei Drittpfandeigentümer zuständig, nicht aber für die Klagen gegen die zwei übrigen Drittpfandeigentümer.
5. 5.1 Die Klage gegen die Bestellerin auf Bezahlung des Werklohns und die Klagen gegen die Drittpfandeigentümer auf definitive Eintragung der Bauhandwerkerpfandrechte können getrennt eingereicht werden ( BGE 126 III 467 E. 3 S. 469 ff.), genauso wie die einzelnen Klagen auf definitive Eintragung der Teilpfandsummen (SCHUMACHER, a.a.O., Rz. 742). Es liegt somit keine notwendige passive Streitgenossenschaft vor.
5.1 Eine einfache passive Streitgenossenschaft setzt voraus, dass Rechte und Pflichten zu beurteilen sind, die auf gleichartigen Tatsachen oder Rechtsgründen beruhen ( Art. 71 Abs. 1 ZPO ); das ist vorliegend der Fall. Sodann muss für die einzelnen Klagen die gleiche Verfahrensart anwendbar sein ( Art. 71 Abs. 2 ZPO ); auch diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, da der Streitwert der einzelnen Klagen über Fr. 30'000.- liegt und folglich das ordentliche Verfahren für alle gilt (vgl. Art. 243 Abs. 1 ZPO ). Schliesslich muss die gleiche sachliche Zuständigkeit für alle eingeklagten Ansprüche gelten. Das setzt Art. 71 ZPO stillschweigend voraus; was für die Klagenhäufung gegen dieselbe Partei gilt (vgl. Art. 90 lit. a ZPO ), muss umso mehr für Klagen gegen eine einfache Streitgenossenschaft gelten (vgl. PETER RUGGLE, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 17 zu Art. 71 ZPO ; NICOLAS JEANDIN, in: CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 8 zu Art. 71 ZPO ; STAEHELIN/SCHWEIZER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 9 zu Art. 71 ZPO ; a.M. ISAAK MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2012, S. 62).
Art. 71 Abs. 1 ZPO Art. 71 Abs. 2 ZPO Art. 243 Abs. 1 ZPO Art. 71 ZPO Art. 90 lit. a ZPO Art. 71 ZPO Art. 71 ZPO Art. 71 ZPO Im Rahmen seiner Kompetenz zur Regelung der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte ( Art. 4 ZPO ) muss dem Kanton erlaubt sein, aus prozessökonomischen Gründen und zur Vermeidung BGE 138 III 471 S. 481 widersprüchlicher Urteile(vgl. BGE 129 III 80 E. 2.1) eine einheitliche sachliche Zuständigkeit für einfache passive Streitgenossenschaften vorzusehen. Wäre für gewisse Streitgenossen das Handelsgericht sachlich zuständig und für andere das ordentliche Gericht, kann er die Zuständigkeit zwar nicht gesamthaft dem Handelsgericht übertragen; denn dessen Zuständigkeit ist durch das Bundesrecht begrenzt und kann nicht auf weitere Fälle (insbesondere auf beklagte Personen, die nicht im Handelsregister eingetragen sind) ausgedehnt werden ( Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 ZPO ; a.M. ANNE-CATHERINE HAHN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Stämpflis Handkommentar, 2010, N. 7 zu Art. 71 ZPO ). Hingegen spricht nichts dagegen, die Zuständigkeit des Handelsgerichts für solche Fälle aufzuheben und das ordentliche Gericht für alle Klagen zuständig zu erklären (TANJA DOMEJ, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 71 ZPO ; vgl. auch MEIER, a.a.O., S. 62; a.M. wohl DAVID RÜETSCHI, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 42 zu Art. 6 ZPO ). Die Regelung der handelsgerichtlichen Zuständigkeit nach Art. 6 ZPO bezweckt nicht, in ihrem Anwendungsbereich die einfache Streitgenossenschaft ( Art. 71 ZPO ) zu verhindern. Es ist dem Kanton - dem es freisteht, die Handelsgerichtsbarkeit überhaupt einzuführen ( Art. 6 Abs. 1 ZPO ) - vielmehr zuzugestehen, mit seiner Regelung der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte zu ermöglichen, Streitgenossen vor dem gleichen Gericht einzuklagen.
Art. 4 ZPO BGE 138 III 471 S. 481
Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 ZPO Art. 71 ZPO Art. 71 ZPO Art. 6 ZPO Art. 6 ZPO Art. 71 ZPO Art. 6 Abs. 1 ZPO 5.2 Das Handelsgericht hat eine (stillschweigende) kantonale Regelung angenommen, nach welcher das Bezirksgericht sachlich zuständig ist, alle vorliegenden Klagen zu beurteilen. Die Beschwerdeführerinnen rügen keine Verletzung des verfassungsmässigen Willkürverbots bei der Auslegung des kantonalen Rechts, sodass die Frage der Überprüfung durch das Bundesgericht entzogen ist ( Art. 95 und 106 Abs. 2 BGG ; BGE 133 III 462 E. 2.3 und 4.4.1).
5.2 Art. 95 und 106 Abs. 2 BGG 6. Der Nichteintretensentscheid des Handelsgerichts ist damit im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Bezirksgericht hat sich zu Unrecht sachlich unzuständig erklärt.
6. Wird eine Eingabe, auf die mangels örtlicher oder sachlicher Zuständigkeit nicht eingetreten wurde, innert eines Monats seit dem Nichteintretensentscheid beim zuständigen Gericht neu eingereicht, so gilt als Zeitpunkt der Rechtshängigkeit das Datum der ersten Einreichung ( Art. 63 Abs. 1 ZPO ). Diese Regel gilt - Fälle von Rechtsmissbrauch vorbehalten - auch, wenn sich nach einem ersten BGE 138 III 471 S. 482 Nichteintretensentscheid das als zweites angerufene Gericht ebenfallsunzuständig erklärt (MARKUS MÜLLER-CHEN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 16 zu Art. 63 ZPO ; vgl. BGE 130 III 202 E. 3.3.2 S. 210 f., in demdie Frage offengelassen wurde, ob der Gläubiger ein zweites Mal den Schutz von Art. 139 OR beanspruchen kann).
Art. 63 Abs. 1 ZPO BGE 138 III 471 S. 482
Art. 63 ZPO Art. 139 OR Jede Person hat bei Rechtsstreitigkeiten einen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde ( Art. 29a BV ). Im vorliegenden Fall hat das sachlich zuständige Bezirksgericht seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint und die Beschwerdeführer dazu gebracht, vor dem unzuständigen Handelsgericht zu klagen, welches aber nicht verpflichtet werden kann, auf eine Klage einzutreten, zu deren Behandlung es nicht zuständig ist. Damit stünde kein Gericht zur Verfügung, um die Klage zu beurteilen. Einem Kläger kann kein Vorwurf gemacht werden, wenn er den Nichteintretensentscheid des ersten Gerichts nicht systematisch weiterzieht, um seinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Zugang zu einem Gericht zu sichern für den Fall, dass das vom ersten Gericht als zuständig erachtete zweite Gericht doch nicht zuständig wäre. Art. 63 ZPO ist verfassungsmässig auszulegen in dem Sinn, dass im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen die Verneinung der sachlichen Zuständigkeit durch das zweite Gericht eine Bindung an den Nichteintretensentscheid des ersten Gerichts nicht besteht, dass dem Entscheid des ersten Gerichts keine Rechtskraft zukommt (vgl. Art. 100 Abs. 5 BGG ; BGE 135 V 153 E. 1).
Art. 29a BV Art. 63 ZPO Art. 100 Abs. 5 BGG Es stellt sich sodann die Frage, ob die dreissigtägige Frist ab formeller Rechtskraft des Nichteintretensentscheids (MÜLLER-CHEN, a.a.O., N. 19 zu Art. 63 ZPO ; FRANÇOIS BOHNET, in: CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 21 ff. zu Art. 63 ZPO ; DOMINIK INFANGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 15 zu Art. 63 ZPO ; vgl. auch SUTTER-SOMM/HEDINGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 11 zu Art. 63 ZPO ) oder nicht vielmehr ab Zustellung des letzten, nicht angefochtenen oder nicht mehr anfechtbaren Entscheids (STEPHEN V. BERTI, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 13 zu Art. 63 ZPO ) läuft. Da der Nichteintretensentscheid des Handelsgerichts mit Beschwerde angefochten und dieser aufschiebende Wirkung erteilt wurde, kann die Frage mangels formeller Rechtskraft des angefochtenen Entscheids offengelassen werden und es braucht auch diejenige nach BGE 138 III 471 S. 483 der Rechtsnatur der Beschwerde in Zivilsachen nicht weiter vertieft zu werden. Die dreissigtägige Frist läuft damit ab Zustellung des vorliegenden Entscheids.
Art. 63 ZPO Art. 63 ZPO Art. 63 ZPO Art. 63 ZPO Art. 63 ZPO BGE 138 III 471 S. 483
Die Klage kann folglich wieder beim Bezirksgericht eingereicht werden. Beschwerdeführerinnen und Beschwerdegegner stimmen dem im Ergebnis zu für den Fall, dass das Handelsgericht nicht zuständig ist.
7. Das Verfahren vor Handelsgericht und die entsprechenden Gerichts- und Parteikosten von Fr. 11'000.- und Fr. 6'700.- sind die Folge des unzutreffenden Entscheids des Bezirksgerichts, den dieses von Amtes wegen gefällt hat. Die beklagten Parteien haben weder vor Bezirksgericht noch vor Handelsgericht unbegründete Anträge gestellt. Die Gerichts- und Parteikosten im kantonalen Verfahren sind somit nicht von den Parteien veranlasst worden. Es rechtfertigt sich folglich, sie dem Kanton aufzuerlegen ( Art. 107 Abs. 2 ZPO ).
Art. 107 Abs. 2 ZPO Infolge des negativen Kompetenzkonflikts waren die Beschwerdeführerinnen gezwungen, den Beschluss des Handelsgerichts vor Bundesgericht anzufechten; die Beschwerdegegner haben hier obsiegt. Der Kanton Zürich hat die beteiligten Parteien für das Verfahren vor Bundesgericht zu entschädigen (Art. 68 Abs. 4 i.V.m. Art. 66 Abs. 3 BGG ). Dagegen sind ihm keine Kosten aufzuerlegen ( Art. 66 Abs. 4 BGG ).
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Urteilskopf 138 III 483 70. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Z. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_209/2012 vom 28. Juni 2012 Regeste Art. 219, 223 und 253 ZPO ; Art. 84 Abs. 2 SchKG ; Stellungnahme zum Rechtsöffnungsbegehren, Säumnis. Bei versäumter Stellungnahme zum Rechtsöffnungsbegehren wird dem Betriebenen keine Nachfrist im Sinne von Art. 223 ZPO angesetzt (E. 3). Sachverhalt ab Seite 484 BGE 138 III 483 S. 484 A. A.a In der gegen die X. AG angehobenen Betreibung (Nr. x., Betreibungsamt Zug) stellte Z. am 13. Juli 2011 beim Kantonsgericht Zug das Gesuch um provisorische Rechtsöffnung. A.b Am 15. Juli 2011 forderte der Einzelrichter am Kantonsgericht die X. AG per Einschreiben auf, binnen sieben Tagen ab Empfang eine schriftliche Antwort zum Rechtsöffnungsgesuch einzureichen. Er teilte mit, dass (mit Hinweis auf Art. 145 Abs. 2 lit. b ZPO [SR 272]) die Frist während der Gerichtsferien nicht stillstehe, hingegen seien die Betreibungsferien (15. bis 31. Juli) gemäss Art. 56 Ziff. 2 SchKG zu berücksichtigen. Ohne fristgerechte Eingabe werde das Verfahren nach Art. 147 Abs. 2 ZPO ohne die versäumte Handlung fortgeführt. A.c Mit Eingabe vom 17. August 2011 reichte die X. AG die Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch ein. A.d Am 18. August 2011 wies der Einzelrichter die Stellungnahme der X. AG aus dem Recht. Zur Begründung hielt er fest, dass die Frist von sieben Tagen zur Einreichung der Stellungnahme am ersten Werktag nach Ablauf der Betreibungsferien (Sonntag, 31. Juli 2011) begonnen habe und die Eingabe vom 17. August 2011 (Poststempel) verspätet sei. B. B.a Am 23. August 2011 ersuchte die X. AG den Rechtsöffnungsrichter (mit Hinweis auf Art. 223 Abs. 1 i.V.m. Art. 219 ZPO ) um eine kurze Nachfrist zur Einreichung der Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch. Mit Entscheid vom 26. August 2011 wies der Einzelrichter das Gesuch um eine Nachfrist ab, weil dies im summarischen Verfahren nicht möglich sei, und erteilte die provisorische Rechtsöffnung. B.b Hiergegen gelangte die X. AG an das Obergericht des Kantons Zug und verlangte die Aufhebung des Rechtsöffnungsentscheides sowie die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur neuen Beurteilung. Mit Urteil vom 2. Februar 2012 wies das Obergericht die Beschwerde ab. BGE 138 III 483 S. 485 C. Die X. AG hat am 8. März 2012 Beschwerde in Zivilsachen erhoben. (...) Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Weigerung des Rechtsöffnungsrichters, der Beschwerdeführerin nach versäumter Frist zur Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch eine kurze Nachfrist anzusetzen. Die Beschwerdeführerin rügt im Wesentlichen eine Verletzung von Bundesrecht, weil ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme innert Nachfrist nicht gewährt worden sei. 3.1 Der Entscheid über die Rechtsöffnung ( Art. 80 ff. SchKG ) wird im summarischen Verfahren getroffen ( Art. 251 lit. a ZPO ). In diesem Verfahren sieht die ZPO keine Gerichtsferien vor ( Art. 145 Abs. 2 lit. b ZPO ). Die Bestimmungen des SchKG über die Betreibungsferien und den Rechtsstillstand bleiben vorbehalten ( Art. 145 Abs. 4 ZPO ). 3.1.1 Der Rechtsöffnungsentscheid wird vom Begriff der Betreibungshandlung gemäss Art. 56 SchKG erfasst ( BGE 115 III 91 E. 3a S. 93; BGE 121 III 88 E. 6c/aa S. 91; u.a. HOHL, Procédure civile, Bd. II, 2. Aufl. 2010, S. 186 Rz. 1010; STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 60 zu Art. 84 SchKG ). Dies hat das Bundesgericht im Urteil 5A_120/2012 vom 21. Juni 2012 E. 3.2 bestätigt. Die Frage, ob das Ansetzen von Fristen im Rechtsöffnungsverfahren ebenfalls als Betreibungshandlung gilt, wird im erwähnten Urteil (a.a.O.) offengelassen und in der Lehre unterschiedlich beantwortet ( bejahend BAUER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 29a zu Art. 56 SchKG ; STÜCHELI, Die Rechtsöffnung, 2000, S. 133/134, mit Hinweisen; kritisch GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et faillite, Bd. I, 1999, N. 31 zu Art. 56 SchKG ; TAPPY, in: Code de procédure civile commenté, 2011, N. 18 zu Art. 146 ZPO ). 3.1.2 Die Frage ist vorliegend nicht weiter zu erörtern. Selbst wenn die Wirkung der Verfügung, mit welcher der Rechtsöffnungsrichter der Schuldnerin nach Art. 84 Abs. 2 SchKG und Art. 253 ZPO am 15. Juli 2011 eine Frist von sieben Tagen zur schriftlichen Stellungnahme angesetzt hat, wegen der vom 15. bis 31. Juli 2011 BGE 138 III 483 S. 486 dauernden Betreibungsferien auf den nächstfolgenden Werktag aufgeschoben wäre (vgl. BAUER, a.a.O., N. 7a, 54 zu Art. 56 SchKG ), bliebe die Stellungnahme vom 17. August 2011 unbestrittenermassen verspätet. Streitpunkt ist denn auch einzig, ob die Regel über die "versäumte Klageantwort" auf die von der Beschwerdeführerin versäumte Stellungnahme anwendbar ist oder ob der Rechtsöffnungsrichter das summarische Verfahren bei versäumter Stellungnahme ohne Ansetzung einer Nachfrist weiterführen durfte. 3.2 Im ordentlichen Verfahren bestimmt Art. 223 Abs. 1 ZPO, dass das Gericht bei versäumter Klageantwort der beklagten Partei eine kurze Nachfrist ansetzt. Gemäss Art. 219 ZPO gelten die Bestimmungen des ordentlichen Verfahrens sinngemäss für sämtliche Verfahren, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Zu prüfen ist, ob Art. 223 Abs. 1 ZPO im summarischen Verfahren über den Rechtsöffnungsentscheid zur Anwendung kommt, m.a.W. bei versäumter Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch ( Art. 84 Abs. 2 SchKG und Art. 253 ZPO ) eine kurze Nachfrist anzusetzen ist. 3.2.1 In der Literatur ist umstritten, ob im summarischen Verfahren bei Säumnis der Gegenpartei eine Nachfrist zu gewähren ist. Ein Teil der Lehre befürwortet die analoge Anwendbarkeit von Art. 223 ZPO, u.a. mit dem Hinweis, dass nicht nur die Frist zur Stellungnahme, sondern auch die Nachfrist unter Umständen sehr kurz ausfallen können (vgl. PAHUD, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2011, N. 9 zu Art. 223 ZPO ; MAZAN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 16 zu Art. 253 ZPO ; im gleichen Sinn TREZZINI, in: Commentario al Codice di diretto processuale civile svizzero [CPC], Cocchi/ Trezzini/Bernasconi [Hrsg.], 2011, S. 1123 zu Art. 253 ZPO ). Nach anderer Auffassung verträgt sich das Einräumen einer Nachfrist nicht mit dem Grundsatz der Prozessbeschleunigung im summarischen Verfahren, zumal anders als im ordentlichen Verfahren kein eigentlicher Schriftenwechsel durchzuführen ist (vgl. KAUFMANN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2011, N. 21 zu Art. 253 ZPO ; FREI/WILLISEGGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 17 zu Art. 223 ZPO ; TAPPY, a.a.O., N. 26 zu Art. 223 ZPO ). Eine weitere Meinung setzt zur analogen Anwendung von Art. 223 ZPO voraus, dass die Dringlichkeit des Summarverfahrens der Ansetzung der Nachfrist nicht entgegensteht (MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 413). Die kantonale Praxis zur Frage, ob Art. 219 ZPO die BGE 138 III 483 S. 487 Bestimmung über die "versäumte Klageantwort" im summarischen Verfahren anwendbar macht, scheint ebenfalls in eine differenzierende Richtung zu gehen, wenn in familienrechtlichen Summarsachen die Nachfrist gemäss Art. 223 ZPO angesetzt wird, nicht aber bei den übrigen Summarsachen (vgl. Hinweis auf die Berner Praxis bei GASSER/MÜLLER/PIETSCH-KOJAN, Ein Jahr Schweizerische ZPO - ein Erfahrungsbericht, Anwaltsrevue 2012 S. 11 Fn. 13). 3.2.2 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 219 ZPO, weil die Bestimmung keinen Raum lasse, um Art. 223 ZPO im summarischen Verfahren nicht anzuwenden. Damit geht sie fehl. Was den Geltungsbereich der Bestimmungen des ordentlichen Verfahrens anbelangt, so werden diese für andere Verfahren lediglich "sinngemäss" anwendbar erklärt, d.h. "die Abweichungen können sich direkt aus dem Gesetz ergeben oder aber durch die Natur eines besonderen Verfahrens bedingt sein" (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7221, 7338 Ziff. 5.15). Wenn das Obergericht die Anwendbarkeit von Art. 223 ZPO im summarischen Verfahren mit Blick auf das Rechtsöffnungsverfahren geprüft hat, ist dies nicht zu beanstanden. 3.2.3 Das Obergericht hat die Nichtanwendung von Art. 223 ZPO im summarischen Verfahren für das Rechtsöffnungsverfahren damit begründet, dass der Rechtsöffnungsentscheid nicht in materielle Rechtskraft trete und es bei der provisorischen Rechtsöffnung im Wesentlichen um die Parteirollenverteilung mit Blick auf ein nachfolgendes ordentliches Verfahren gehe. Es ist richtig, dass der Rechtsöffnungsentscheid über den materiellen Bestand der Betreibungsforderung nichts aussagt (vgl. BGE 136 III 566 E. 3.3 S. 569; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 4. Aufl. 2005, S. 146 Rz. 742). Die Beschwerdeführerin wendet jedoch ein, dass die Folgen des Rechtsöffnungsentscheides nicht unerheblich seien. Dies trifft auf den Fall zu, in dem nach der provisorischen Rechtsöffnung keine Aberkennungsklage eingereicht wird, denn die Betreibung kann wie gestützt auf ein Zivilurteil fortgesetzt werden (vgl. Art. 88 SchKG ). Dies spricht für die Auffassung, dass im Verfahren der provisorischen Rechtsöffnung dieselben Verfahrensgarantien wie im ordentlichen Zivilverfahren gelten sollen (SCHWANDER, Zu den verschiedenen Funktionen der Rechtsöffnung, in: Schuldbetreibung und Konkurs im Wandel, Angst/Cometta/Gasser [Hrsg.], 2000, S. 382 f.), d.h. Art. 223 ZPO bei versäumter Stellungnahme anzuwenden ist. BGE 138 III 483 S. 488 3.2.4 Sodann hat die Vorinstanz die Nichtanwendung von Art. 223 ZPO im summarischen Verfahren für die Rechtsöffnung mit der gesetzlich gebotenen Prozessbeschleunigung begründet. Diese Überlegung ist ausschlaggebend. Gemäss Art. 84 Abs. 2 SchKG gibt der Rechtsöffnungsrichter dem Betriebenen sofort nach Eingang des Gesuchs Gelegenheit zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme und eröffnet danach innert fünf Tagen den Entscheid. Die Zeitvorgaben gründen auf der Überlegung, dass es der Schuldner nicht in der Hand haben sollte, durch Unterlassen oder Erheben des Rechtsvorschlages gleichzeitig betreibende Gläubiger zu bevorzugen bzw. zu benachteiligen. Dem Gläubiger sollte die Möglichkeit gegeben werden, innerhalb der dreissigtägigen Anschlussfrist ( Art. 110 SchKG ) den Rechtsvorschlag beseitigen zu lassen und zumindest provisorisch ( Art. 83 Abs. 1 SchKG ) an der Pfändung der anderen Gläubiger teilnehmen zu können (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 7. Dezember 1888 betreffend den [...] definitiven Entwurf des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs, BBl 1888 IV 1137, 1145 ff.; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 11, 33 zu Art. 84 SchKG ). Diesen Schutz zu gewähren, ist der Zweck des summarischen Rechtsöffnungsverfahrens (Botschaft SchKG, a.a.O., BBl 1888 IV 1146). Daran ändert nichts, dass die in Art. 84 Abs. 2 SchKG genannten Zeitvorgaben lediglich Ordnungsfristen darstellen (STAEHELIN, a.a.O., N. 45 zu Art. 84 SchKG ). Eine Möglichkeit des Schuldners, die Frist zur Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch zu versäumen und Nachfrist zu erhalten, widerstrebt dem Zweck, dem Gläubiger die Anschlussfrist gewährleisten zu wollen. Die im Gesetz vorgesehene Beschleunigung des Rechtsöffnungsverfahrens bedingt, die Rechte des Gesuchsgegners bei versäumter Stellungnahme enger zu fassen als im ordentlichen Zivilverfahren und daher Art. 223 ZPO in diesem summarischen Verfahren nicht anzuwenden. 3.2.5 Schliesslich steht zu Recht nicht in Frage, dass der Rechtsöffnungsrichter analog zu Art. 147 Abs. 3 ZPO bereits bei der Aufforderung zur Stellungnahme auf die Säumnisfolgen hinzuweisen (KAUFMANN, a.a.O.) und hier am 15. Juli 2011 hingewiesen hat. Anzufügen bleibt, dass einem Gesuchsgegner im Rechtsöffnungsverfahren offensteht, die Wiederherstellung der Frist zur Einreichung der Stellungnahme nach Art. 148 ZPO zu verlangen. 3.3 Nach dem Dargelegten stellt keine Rechtsverletzung dar, wenn das Obergericht angenommen hat, dass im summarischen Verfahren BGE 138 III 483 S. 489 zur Rechtsöffnung keine Nachfrist (nach Art. 223 ZPO ) anzusetzen ist, und bestätigt hat, dass die Erstinstanz nach versäumter Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch den Entscheid in der Sache treffen durfte. Andere Rügen gegen den Rechtsöffnungsentscheid sind nicht erhoben worden.
Urteilskopf
70. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Z. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_209/2012 vom 28. Juni 2012
Regeste Art. 219, 223 und 253 ZPO ; Art. 84 Abs. 2 SchKG ; Stellungnahme zum Rechtsöffnungsbegehren, Säumnis. Bei versäumter Stellungnahme zum Rechtsöffnungsbegehren wird dem Betriebenen keine Nachfrist im Sinne von Art. 223 ZPO angesetzt (E. 3).
Regeste
Art. 219, 223 und 253 ZPO ; Art. 84 Abs. 2 SchKG ; Stellungnahme zum Rechtsöffnungsbegehren, Säumnis. Bei versäumter Stellungnahme zum Rechtsöffnungsbegehren wird dem Betriebenen keine Nachfrist im Sinne von Art. 223 ZPO angesetzt (E. 3).
Art. 219, 223 und 253 ZPO Art. 84 Abs. 2 SchKG Bei versäumter Stellungnahme zum Rechtsöffnungsbegehren wird dem Betriebenen keine Nachfrist im Sinne von Art. 223 ZPO angesetzt (E. 3).
Art. 223 ZPO Sachverhalt ab Seite 484
Sachverhalt ab Seite 484 BGE 138 III 483 S. 484
BGE 138 III 483 S. 484
A.
A. A.a In der gegen die X. AG angehobenen Betreibung (Nr. x., Betreibungsamt Zug) stellte Z. am 13. Juli 2011 beim Kantonsgericht Zug das Gesuch um provisorische Rechtsöffnung.
A.a A.b Am 15. Juli 2011 forderte der Einzelrichter am Kantonsgericht die X. AG per Einschreiben auf, binnen sieben Tagen ab Empfang eine schriftliche Antwort zum Rechtsöffnungsgesuch einzureichen. Er teilte mit, dass (mit Hinweis auf Art. 145 Abs. 2 lit. b ZPO [SR 272]) die Frist während der Gerichtsferien nicht stillstehe, hingegen seien die Betreibungsferien (15. bis 31. Juli) gemäss Art. 56 Ziff. 2 SchKG zu berücksichtigen. Ohne fristgerechte Eingabe werde das Verfahren nach Art. 147 Abs. 2 ZPO ohne die versäumte Handlung fortgeführt.
A.b Art. 145 Abs. 2 lit. b ZPO Art. 56 Ziff. 2 SchKG Art. 147 Abs. 2 ZPO A.c Mit Eingabe vom 17. August 2011 reichte die X. AG die Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch ein.
A.c A.d Am 18. August 2011 wies der Einzelrichter die Stellungnahme der X. AG aus dem Recht. Zur Begründung hielt er fest, dass die Frist von sieben Tagen zur Einreichung der Stellungnahme am ersten Werktag nach Ablauf der Betreibungsferien (Sonntag, 31. Juli 2011) begonnen habe und die Eingabe vom 17. August 2011 (Poststempel) verspätet sei.
A.d B.
B. B.a Am 23. August 2011 ersuchte die X. AG den Rechtsöffnungsrichter (mit Hinweis auf Art. 223 Abs. 1 i.V.m. Art. 219 ZPO ) um eine kurze Nachfrist zur Einreichung der Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch. Mit Entscheid vom 26. August 2011 wies der Einzelrichter das Gesuch um eine Nachfrist ab, weil dies im summarischen Verfahren nicht möglich sei, und erteilte die provisorische Rechtsöffnung.
B.a Art. 219 ZPO B.b Hiergegen gelangte die X. AG an das Obergericht des Kantons Zug und verlangte die Aufhebung des Rechtsöffnungsentscheides sowie die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur neuen Beurteilung. Mit Urteil vom 2. Februar 2012 wies das Obergericht die Beschwerde ab. BGE 138 III 483 S. 485
B.b BGE 138 III 483 S. 485
C. Die X. AG hat am 8. März 2012 Beschwerde in Zivilsachen erhoben. (...)
C. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
(Auszug)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Weigerung des Rechtsöffnungsrichters, der Beschwerdeführerin nach versäumter Frist zur Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch eine kurze Nachfrist anzusetzen. Die Beschwerdeführerin rügt im Wesentlichen eine Verletzung von Bundesrecht, weil ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme innert Nachfrist nicht gewährt worden sei.
3. 3.1 Der Entscheid über die Rechtsöffnung ( Art. 80 ff. SchKG ) wird im summarischen Verfahren getroffen ( Art. 251 lit. a ZPO ). In diesem Verfahren sieht die ZPO keine Gerichtsferien vor ( Art. 145 Abs. 2 lit. b ZPO ). Die Bestimmungen des SchKG über die Betreibungsferien und den Rechtsstillstand bleiben vorbehalten ( Art. 145 Abs. 4 ZPO ).
3.1 Art. 80 ff. SchKG Art. 251 lit. a ZPO Art. 145 Abs. 2 lit. b ZPO Art. 145 Abs. 4 ZPO 3.1.1 Der Rechtsöffnungsentscheid wird vom Begriff der Betreibungshandlung gemäss Art. 56 SchKG erfasst ( BGE 115 III 91 E. 3a S. 93; BGE 121 III 88 E. 6c/aa S. 91; u.a. HOHL, Procédure civile, Bd. II, 2. Aufl. 2010, S. 186 Rz. 1010; STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 60 zu Art. 84 SchKG ). Dies hat das Bundesgericht im Urteil 5A_120/2012 vom 21. Juni 2012 E. 3.2 bestätigt. Die Frage, ob das Ansetzen von Fristen im Rechtsöffnungsverfahren ebenfalls als Betreibungshandlung gilt, wird im erwähnten Urteil (a.a.O.) offengelassen und in der Lehre unterschiedlich beantwortet ( bejahend BAUER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 29a zu Art. 56 SchKG ; STÜCHELI, Die Rechtsöffnung, 2000, S. 133/134, mit Hinweisen; kritisch GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et faillite, Bd. I, 1999, N. 31 zu Art. 56 SchKG ; TAPPY, in: Code de procédure civile commenté, 2011, N. 18 zu Art. 146 ZPO ).
3.1.1 Art. 56 SchKG Art. 84 SchKG Art. 56 SchKG Art. 56 SchKG Art. 146 ZPO 3.1.2 Die Frage ist vorliegend nicht weiter zu erörtern. Selbst wenn die Wirkung der Verfügung, mit welcher der Rechtsöffnungsrichter der Schuldnerin nach Art. 84 Abs. 2 SchKG und Art. 253 ZPO am 15. Juli 2011 eine Frist von sieben Tagen zur schriftlichen Stellungnahme angesetzt hat, wegen der vom 15. bis 31. Juli 2011 BGE 138 III 483 S. 486 dauernden Betreibungsferien auf den nächstfolgenden Werktag aufgeschoben wäre (vgl. BAUER, a.a.O., N. 7a, 54 zu Art. 56 SchKG ), bliebe die Stellungnahme vom 17. August 2011 unbestrittenermassen verspätet. Streitpunkt ist denn auch einzig, ob die Regel über die "versäumte Klageantwort" auf die von der Beschwerdeführerin versäumte Stellungnahme anwendbar ist oder ob der Rechtsöffnungsrichter das summarische Verfahren bei versäumter Stellungnahme ohne Ansetzung einer Nachfrist weiterführen durfte.
3.1.2 Art. 84 Abs. 2 SchKG Art. 253 ZPO BGE 138 III 483 S. 486
Art. 56 SchKG 3.2 Im ordentlichen Verfahren bestimmt Art. 223 Abs. 1 ZPO, dass das Gericht bei versäumter Klageantwort der beklagten Partei eine kurze Nachfrist ansetzt. Gemäss Art. 219 ZPO gelten die Bestimmungen des ordentlichen Verfahrens sinngemäss für sämtliche Verfahren, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Zu prüfen ist, ob Art. 223 Abs. 1 ZPO im summarischen Verfahren über den Rechtsöffnungsentscheid zur Anwendung kommt, m.a.W. bei versäumter Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch ( Art. 84 Abs. 2 SchKG und Art. 253 ZPO ) eine kurze Nachfrist anzusetzen ist.
3.2 Art. 223 Abs. 1 ZPO Art. 219 ZPO Art. 223 Abs. 1 ZPO Art. 84 Abs. 2 SchKG Art. 253 ZPO 3.2.1 In der Literatur ist umstritten, ob im summarischen Verfahren bei Säumnis der Gegenpartei eine Nachfrist zu gewähren ist. Ein Teil der Lehre befürwortet die analoge Anwendbarkeit von Art. 223 ZPO, u.a. mit dem Hinweis, dass nicht nur die Frist zur Stellungnahme, sondern auch die Nachfrist unter Umständen sehr kurz ausfallen können (vgl. PAHUD, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2011, N. 9 zu Art. 223 ZPO ; MAZAN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 16 zu Art. 253 ZPO ; im gleichen Sinn TREZZINI, in: Commentario al Codice di diretto processuale civile svizzero [CPC], Cocchi/ Trezzini/Bernasconi [Hrsg.], 2011, S. 1123 zu Art. 253 ZPO ). Nach anderer Auffassung verträgt sich das Einräumen einer Nachfrist nicht mit dem Grundsatz der Prozessbeschleunigung im summarischen Verfahren, zumal anders als im ordentlichen Verfahren kein eigentlicher Schriftenwechsel durchzuführen ist (vgl. KAUFMANN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2011, N. 21 zu Art. 253 ZPO ; FREI/WILLISEGGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 17 zu Art. 223 ZPO ; TAPPY, a.a.O., N. 26 zu Art. 223 ZPO ). Eine weitere Meinung setzt zur analogen Anwendung von Art. 223 ZPO voraus, dass die Dringlichkeit des Summarverfahrens der Ansetzung der Nachfrist nicht entgegensteht (MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 413). Die kantonale Praxis zur Frage, ob Art. 219 ZPO die BGE 138 III 483 S. 487 Bestimmung über die "versäumte Klageantwort" im summarischen Verfahren anwendbar macht, scheint ebenfalls in eine differenzierende Richtung zu gehen, wenn in familienrechtlichen Summarsachen die Nachfrist gemäss Art. 223 ZPO angesetzt wird, nicht aber bei den übrigen Summarsachen (vgl. Hinweis auf die Berner Praxis bei GASSER/MÜLLER/PIETSCH-KOJAN, Ein Jahr Schweizerische ZPO - ein Erfahrungsbericht, Anwaltsrevue 2012 S. 11 Fn. 13).
3.2.1 Art. 223 ZPO Art. 223 ZPO Art. 253 ZPO Art. 253 ZPO Art. 253 ZPO Art. 223 ZPO Art. 223 ZPO Art. 223 ZPO Art. 219 ZPO BGE 138 III 483 S. 487
Art. 223 ZPO 3.2.2 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 219 ZPO, weil die Bestimmung keinen Raum lasse, um Art. 223 ZPO im summarischen Verfahren nicht anzuwenden. Damit geht sie fehl. Was den Geltungsbereich der Bestimmungen des ordentlichen Verfahrens anbelangt, so werden diese für andere Verfahren lediglich "sinngemäss" anwendbar erklärt, d.h. "die Abweichungen können sich direkt aus dem Gesetz ergeben oder aber durch die Natur eines besonderen Verfahrens bedingt sein" (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7221, 7338 Ziff. 5.15). Wenn das Obergericht die Anwendbarkeit von Art. 223 ZPO im summarischen Verfahren mit Blick auf das Rechtsöffnungsverfahren geprüft hat, ist dies nicht zu beanstanden.
3.2.2 Art. 219 ZPO Art. 223 ZPO Art. 223 ZPO 3.2.3 Das Obergericht hat die Nichtanwendung von Art. 223 ZPO im summarischen Verfahren für das Rechtsöffnungsverfahren damit begründet, dass der Rechtsöffnungsentscheid nicht in materielle Rechtskraft trete und es bei der provisorischen Rechtsöffnung im Wesentlichen um die Parteirollenverteilung mit Blick auf ein nachfolgendes ordentliches Verfahren gehe. Es ist richtig, dass der Rechtsöffnungsentscheid über den materiellen Bestand der Betreibungsforderung nichts aussagt (vgl. BGE 136 III 566 E. 3.3 S. 569; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 4. Aufl. 2005, S. 146 Rz. 742). Die Beschwerdeführerin wendet jedoch ein, dass die Folgen des Rechtsöffnungsentscheides nicht unerheblich seien. Dies trifft auf den Fall zu, in dem nach der provisorischen Rechtsöffnung keine Aberkennungsklage eingereicht wird, denn die Betreibung kann wie gestützt auf ein Zivilurteil fortgesetzt werden (vgl. Art. 88 SchKG ). Dies spricht für die Auffassung, dass im Verfahren der provisorischen Rechtsöffnung dieselben Verfahrensgarantien wie im ordentlichen Zivilverfahren gelten sollen (SCHWANDER, Zu den verschiedenen Funktionen der Rechtsöffnung, in: Schuldbetreibung und Konkurs im Wandel, Angst/Cometta/Gasser [Hrsg.], 2000, S. 382 f.), d.h. Art. 223 ZPO bei versäumter Stellungnahme anzuwenden ist. BGE 138 III 483 S. 488
3.2.3 Art. 223 ZPO Art. 88 SchKG Art. 223 ZPO BGE 138 III 483 S. 488
3.2.4 Sodann hat die Vorinstanz die Nichtanwendung von Art. 223 ZPO im summarischen Verfahren für die Rechtsöffnung mit der gesetzlich gebotenen Prozessbeschleunigung begründet. Diese Überlegung ist ausschlaggebend. Gemäss Art. 84 Abs. 2 SchKG gibt der Rechtsöffnungsrichter dem Betriebenen sofort nach Eingang des Gesuchs Gelegenheit zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme und eröffnet danach innert fünf Tagen den Entscheid. Die Zeitvorgaben gründen auf der Überlegung, dass es der Schuldner nicht in der Hand haben sollte, durch Unterlassen oder Erheben des Rechtsvorschlages gleichzeitig betreibende Gläubiger zu bevorzugen bzw. zu benachteiligen. Dem Gläubiger sollte die Möglichkeit gegeben werden, innerhalb der dreissigtägigen Anschlussfrist ( Art. 110 SchKG ) den Rechtsvorschlag beseitigen zu lassen und zumindest provisorisch ( Art. 83 Abs. 1 SchKG ) an der Pfändung der anderen Gläubiger teilnehmen zu können (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 7. Dezember 1888 betreffend den [...] definitiven Entwurf des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs, BBl 1888 IV 1137, 1145 ff.; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 11, 33 zu Art. 84 SchKG ). Diesen Schutz zu gewähren, ist der Zweck des summarischen Rechtsöffnungsverfahrens (Botschaft SchKG, a.a.O., BBl 1888 IV 1146). Daran ändert nichts, dass die in Art. 84 Abs. 2 SchKG genannten Zeitvorgaben lediglich Ordnungsfristen darstellen (STAEHELIN, a.a.O., N. 45 zu Art. 84 SchKG ). Eine Möglichkeit des Schuldners, die Frist zur Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch zu versäumen und Nachfrist zu erhalten, widerstrebt dem Zweck, dem Gläubiger die Anschlussfrist gewährleisten zu wollen. Die im Gesetz vorgesehene Beschleunigung des Rechtsöffnungsverfahrens bedingt, die Rechte des Gesuchsgegners bei versäumter Stellungnahme enger zu fassen als im ordentlichen Zivilverfahren und daher Art. 223 ZPO in diesem summarischen Verfahren nicht anzuwenden.
3.2.4 Art. 223 ZPO Art. 84 Abs. 2 SchKG Art. 110 SchKG Art. 83 Abs. 1 SchKG Art. 84 SchKG Art. 84 Abs. 2 SchKG Art. 84 SchKG Art. 223 ZPO 3.2.5 Schliesslich steht zu Recht nicht in Frage, dass der Rechtsöffnungsrichter analog zu Art. 147 Abs. 3 ZPO bereits bei der Aufforderung zur Stellungnahme auf die Säumnisfolgen hinzuweisen (KAUFMANN, a.a.O.) und hier am 15. Juli 2011 hingewiesen hat. Anzufügen bleibt, dass einem Gesuchsgegner im Rechtsöffnungsverfahren offensteht, die Wiederherstellung der Frist zur Einreichung der Stellungnahme nach Art. 148 ZPO zu verlangen.
3.2.5 Art. 147 Abs. 3 ZPO Art. 148 ZPO 3.3 Nach dem Dargelegten stellt keine Rechtsverletzung dar, wenn das Obergericht angenommen hat, dass im summarischen Verfahren BGE 138 III 483 S. 489 zur Rechtsöffnung keine Nachfrist (nach Art. 223 ZPO ) anzusetzen ist, und bestätigt hat, dass die Erstinstanz nach versäumter Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch den Entscheid in der Sache treffen durfte. Andere Rügen gegen den Rechtsöffnungsentscheid sind nicht erhoben worden.
3.3 BGE 138 III 483 S. 489
Art. 223 ZPO
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Urteilskopf 138 III 489 71. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.A. und A.B. gegen B.A. und Mitb. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_473/2011 vom 29. Mai 2012 Regeste Art. 19 und 95 IPRG ; Erbvertragsstatut und ausländisches Erbvertragsverbot. Massgebend für den Erbvertrag ist das Recht am Wohnsitz des Erblassers bzw. der Verfügenden zur Zeit des Vertragsabschlusses und nicht im Zeitpunkt des Todes (E. 3). Im zu beurteilenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass das brasilianische Erbvertragsverbot zwingend anzuwenden ist und damit den nach schweizerischem Recht gültig abgeschlossenen Erbvertrag als nichtig erscheinen lässt (E. 4). Sachverhalt ab Seite 490 BGE 138 III 489 S. 490 X. (Ehemann), Jahrgang 1918, und Y. (Ehefrau), Jahrgang 1923, heirateten 1958 in São Paolo, Brasilien. Ihre Ehe blieb kinderlos. Die Ehegatten X. und Y. liessen am 11. November 1992 an ihrem Wohnsitz in Appenzell einen Erbvertrag beurkunden, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben ihres ganzen Nachlasses einsetzten (Ziff. I). Jeder Ehegatte setzte für den Fall, dass er den anderen überleben sollte, die Geschwisterkinder und deren Nachkommen zu gleichen Teilen als Erben ein, d.h. zu einem Viertel die Kinder des Bruders A. von Y. sowie zu je einem Viertel die Kinder der beiden Schwestern B. und C. und des Bruders D. von X. (Ziff. II/2). Die Ehegatten erklärten, dass auf den Nachlass beider Ehegatten das schweizerische Recht anwendbar sein solle (Ziff. III des Erbvertrags). Am 10. Juni 2003 verstarb X. in Frankreich. Er war brasilianischer und deutscher Staatsangehöriger. Y. errichtete am 5. Januar 2005 in Paris, am 2. Februar 2005 in Paris und am 20. April 2005 in São Paolo letztwillige Verfügungen und setzte die beiden Kinder ihres Bruders A. als ihre universellen Rechts nachfolger ein. Sie schenkte ihnen am 1. Februar 2005 Liegenschaften in Paris und am 28. Oktober 2005 Liegenschaften in São Paolo. Am 19. November 2005 starb Y. (Erblasserin) in São Paolo. Sie war brasilianische Staatsangehörige. Mit Klage vom 8. Februar 2007 beantragten die Kinder der Geschwister B., C. und D. von X. (Beschwerdegegner), die letztwilligen Verfügungen und die Schenkungen der Erblasserin für ungültig zu erklären, eventualiter herabzusetzen, soweit dadurch der Erbvertrag zwischen der Erblasserin und ihrem vorverstorbenen Ehemann verletzt sei. Die Kinder des Bruders A. der Erblasserin (Beschwerdeführer) schlossen auf Abweisung der Klage. Das Bezirksgericht BGE 138 III 489 S. 491 Appenzell wies die Klage ab. Auf Berufung der Beschwerdegegner hin setzte das Kantonsgericht Appenzell Innerrhoden die letztwilligen Verfügungen der Erblasserin vom 5. Januar 2005, vom 2. Februar 2005 und vom 20. April 2005 herab, soweit dadurch die Erbenstellung der Beschwerdegegner zu insgesamt ¾ am in der Schweiz gelegenen Nachlass der Erblasserin verletzt ist. Die Beschwerdeführer beantragen dem Bundesgericht, die Klage der Beschwerdegegner abzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. (...) 2.3 Streitig und zu prüfen ist, welchem Recht der Erbvertrag der Ehegatten untersteht. Weil die Schweiz das Haager Übereinkommen vom 1. August 1989 über das auf die Erbfolge anzuwendende Recht (Convention du premier août 1989 sur la loi applicable aux successions à cause de mort) lediglich unterzeichnet, aber nicht ratifiziert hat, und weil zur vorliegenden Frage zwischen der Schweiz und Brasilien keine völkerrechtlichen Verträge bestehen, beurteilt sich das anzuwendende Recht nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht ( Art. 1 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 IPRG [SR 291]). Die kantonalen Gerichte haben schweizerisches Erbrechtfür anwendbar erklärt. Die Beschwerdeführer machen geltend, anwendbar sei nicht schweizerisches, sondern brasilianisches Recht. Danach bestehe ein absolutes Erbvertragsverbot, so dass die von der Erblasserin am 20. April 2005 in São Paolo errichtete letztwillige Verfügung gültig sei und sie gestützt darauf als Alleinerben zu gelten hätten. 3. Im Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrags am 11. November 1992 hatten die Erblasserin und ihr Ehemann den Wohnsitz in der Schweiz. Am 19. November 2005 starb die Erblasserin mit letztem Wohnsitz in Brasilien. Aus den Wohnsitzverhältnissen schliessen die Beschwerdeführer, nach Art. 95 IPRG sei zwar schweizerisches Recht anwendbar, doch werde diese Ausnahmebestimmung aufgrund der getrennten Zuständigkeit der für den Nachlass zuständigen Gerichte ( Art. 88 IPRG ) durch Art. 91 Abs. 1 IPRG verdrängt, so dass brasilianisches Recht anzuwenden sei. 3.1 Das auf "Erbverträge und gegenseitige Verfügungen von Todes wegen" (Marginalie) anwendbare Recht wird in Art. 95 IPRG BGE 138 III 489 S. 492 geregelt. Der Erbvertrag untersteht danach dem Recht am Wohnsitz des Erblassers zur Zeit des Vertragsabschlusses (Abs. 1). Unterstellt ein Erblasser im Vertrag den ganzen Nachlass seinem Heimatrecht, so tritt dieses an die Stelle des Wohnsitzrechts (Abs. 2). Gegenseitige Verfügungen von Todes wegen müssen dem Wohnsitzrecht jedes Verfügenden oder dem von ihnen gewählten gemeinsamen Heimat recht entsprechen (Abs. 3). Vorbehalten bleiben in Abs. 4 die Bestimmungen über die Form und die Verfügungsfähigkeit ( Art. 93 und 94 IPRG ). 3.2 Gemäss Art. 95 IPRG besteht keine freie, sondern eine nur beschränkte Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts des Erblassers (Abs. 2) bzw. des gemeinsamen Heimatrechts der Verfügenden (Abs. 3). Die weitergehende Regelung in Ziff. III des Erbvertrags zwischen der Erblasserin und ihrem Ehemann, wonach auf den Nachlass beider Ehegatten Schweizer Recht zur Anwendung kommen soll, hat deshalb keine Bedeutung und kann lediglich als Bestätigung dafür verstanden werden, dass die Verfügenden nicht die Anwendung des brasilianischen Rechts als ihr gemeinsames Heimatrecht vereinbart haben. Ob schweizerisches Recht anwendbar ist, beurteilt sich somit allein nach dem "Recht am Wohnsitz" bzw. dem "Wohnsitzrecht" im Sinne von Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG. 3.3 Massgebend für den Erbvertrag ist das Recht am Wohnsitz des Erblassers bzw. der Verfügenden zur Zeit des Vertragsabschlusses. 3.3.1 Die Regelung in Art. 95 IPRG weicht mit Bezug auf den Anknüpfungszeitpunkt vom Erbstatut ab, das sich grundsätzlich nach dem letzten Wohnsitz, d.h. nach dem Wohnsitz im Zeitpunkt des Todes einer Person richtet ( Art. 90 Abs. 1 und Art. 91 Abs. 1 IPRG ). Die Abweichung ist bewusst erfolgt. Aus Gründen der Verkehrssicherheit und im Interesse der Aufrechterhaltung der im Vertrag getroffenen Anordnungen soll ein späterer Wohnsitzwechsel ohne Einfluss auf die Rechtsanwendung bleiben (vgl. Botschaft vom 10. November 1982 zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht [IPR-Gesetz], BBl 1983 I 263, 391 Ziff. 264.1). 3.3.2 Die gesetzgeberische Absicht kommt zwar nur im Wortlaut von Art. 95 Abs. 1 IPRG ("am Wohnsitz des Erblassers zur Zeit des Vertragsabschlusses") unzweideutig zum Ausdruck, ist jedoch auch im Fall von Art. 95 Abs. 3 IPRG zu beachten. Das Gesetz unterscheidet in Abs. 1 den Erbvertrag, in dem bloss eine Partei als Erblasser auftritt ("des Erblassers"), und in Abs. 3 den Erbvertrag, der gegenseitige BGE 138 III 489 S. 493 Verfügungen von Todes wegen enthält und damit mehrere Erblasser umfasst ("jedes Verfügenden"; vgl. Botschaft, a.a.O., S. 392). Die Unterscheidung ändert indessen nichts an den in beiden Fällen gleichermassen bestehenden Bindungswirkungen des Erbvertrags, die durch den Wohnsitzwechsel des Erblassers oder auch nur eines der Verfügenden nicht hinfällig werden dürfen. Dass sich das anzuwendende Recht sowohl beim einseitigen Erbvertrag als auch beim zwei- oder mehrseitigen Erbvertrag nach dem Wohnsitz des bzw. jedes Erblassers im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses richtet, ist in der Lehre - soweit sie sich dazu äussert - anerkannt (vgl. GERARDO BROGGINI, Aspetti del nuovo diritto internazionale privato svizzero. Diritto matrimoniale e diritto successorio, in: Repertorio di giurisprudenza patria [Rep] 121/1988 S. 191 ff., 212; HEINI, in: Zürcher Kommentar, 2004, N. 3 und N. 9; DUTOIT, Droit international privé suisse, 4. Aufl. 2005, N. 4, und SCHNYDER/LIATOWITSCH, in: Basler Kommentar, 2. Aufl. 2007, N. 1 und 7, je zu Art. 95 IPRG ). 3.3.3 Im Zeitpunkt des Abschlusses ihres Erbvertrags hatten die Erblasserin und ihr Ehemann einen gemeinsamen Wohnsitz in der Schweiz, so dass gemäss Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG das schweizerische Recht anzuwenden ist. 3.4 Die gegenteilige Ansicht, die die Beschwerdeführer auf die von ihnen eingeholten Rechtsgutachten stützen, kann nicht geteilt werden. Sie weisen allerdings zutreffend darauf hin, dass hier die schweizerischen Gerichte gemäss Art. 88 Abs. 1 IPRG deshalb zuständig sind, weil die Erblasserin eine Brasilianerin mit letztem Wohnsitz in Brasilien war und weil die brasilianischen Behörden sich mit dem im Ausland - hier: in der Schweiz und in Frankreich - gelegenen Nachlassvermögen nicht befassen. Richtig ist auch, dass sich in diesem Fall einer Nachlassspaltung nach verschiedenen Lehrmeinungen das anwendbare Recht grundsätzlich nach Art. 91 Abs. 1 IPRG bestimmen soll, um dadurch - soweit als möglich - eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen (vgl. HEINI, a.a.O., N. 10, und SCHNYDER/LIATOWITSCH, a.a.O., N. 7, je zu Art. 88 IPRG ). Gegenüber dem Grundsatz in Art. 90 und 91 IPRG ("Letzter Wohnsitz") bleiben jedoch die Sonderanknüpfungen für die Form letztwilliger Verfügungen ( Art. 93 IPRG ), für die Verfügungsfähigkeit ( Art. 94 IPRG ) und für die Erbverträge und gegenseitigen Verfügungen von Todes wegen ( Art. 95 IPRG ) vorbehalten. Weshalb das allgemeine Erbstatut dem besonderen Erbvertragsstatut vorgehen soll, vermögen die Beschwerdeführer BGE 138 III 489 S. 494 nicht nachvollziehbar zu begründen. Gerade weil die Sonderanknüpfung gemäss Art. 95 IPRG eine Beeinträchtigung der erbvertraglichen Bindungswirkungen durch Wohnsitzwechsel zu verhindern bezweckt, muss sie dem Erbstatut vorgehen und auch im Fall einer Nachlassspaltung berücksichtigt werden, die ihrerseits auf einen Wechsel des Wohnsitzes in einen Staat mit entsprechender Zuständigkeitsregelung zurückzuführen ist. Das Erbvertragsstatut gemäss Art. 95 IPRG hat als Spezialvorschrift gegenüber den übrigen erbrechtlichen Kollisionsnormen zu gelten (zur ähnlichen Regelung in Deutschland: STAUDINGER/DÖRNER, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2007, N. 62 ff. zu Art. 26 EGBGB; vgl. zum Vorrang der spezielleren gegenüber der generelleren Vorschrift: FURRER/GIRSBERGER/SIEHR, Allgemeine Lehren, SPR Bd. XI/1: Internationales Privatrecht, 2008, § 5 N. 389 S. 131). 3.5 Insgesamt ist das Kantonsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass gemäss Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG das schweizerische Recht anwendbar ist. 4. Unter Hinweis auf das Erbvertragsverbot im brasilianischen Recht machen die Beschwerdeführer eine Sonderanknüpfung im Sinne von Art. 19 IPRG geltend. 4.1 Eine "Berücksichtigung zwingender Bestimmungen eines ausländischen Rechts" (Marginalie) lässt Art. 19 IPRG insofern zu, als anstelle des Rechts, das durch dieses Gesetz bezeichnet wird, die Bestimmung eines andern Rechts, die zwingend angewandt sein will, berücksichtigt werden kann, wenn nach schweizerischer Rechtsauffassung schützenswerte und offensichtlich überwiegende Interessen einer Partei es gebieten und der Sachverhalt mit jenem Recht einen engen Zusammenhang aufweist (Abs. 1). Ob eine solche Bestimmung zu berücksichtigen ist, beurteilt sich nach ihrem Zweck und den daraus sich ergebenden Folgen für eine nach schweizerischer Rechtsauffassung sachgerechte Entscheidung (Abs. 2). Die Berücksichtigung zwingender Bestimmungen eines ausländischen Rechts gestützt auf Art. 19 IPRG soll nach der Rechtsprechung die Ausnahme bleiben (vgl. BGE 136 III 392 E. 2.2 S. 395). Sie betrifft vor allem das internationale Wirtschaftsrecht, kann aber auch auf dem Gebiet des Erbrechts nicht ausgeschlossen werden (vgl. BUCHER, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, 2011, N. 4 zu Art. 19 IPRG ). BGE 138 III 489 S. 495 4.2 Das Kantonsgericht hat die drei Voraussetzungen gemäss Art. 19 Abs. 1 IPRG geprüft und als nicht erfüllt betrachtet. Es hat einerseits angenommen, es sei unklar, ob das brasilianische Erbvertragsverbot zwingend im internationalen Verhältnis anzuwenden sei, wenn die Vertragsparteien den Erbvertrag wie vorliegend an ihrem Wohnsitz in der Schweiz geschlossen hätten. Die Rechtsgutachter hätten festgehalten, dass der in der Schweiz abgeschlossene Erbvertrag die brasilianische Rechtsordnung nicht verletze und Erbverträge voraussichtlich mit ihrer Anerkennung in Brasilien rechnen könnten. Andererseits seien, so hat das Kantonsgericht dafürgehalten, keine schützenswerten und überwiegenden Interessen erkennbar, die die Nichtbeachtung des Erbvertrags zwingend erforderten. Schliesslich fehle dem vorliegenden Sachverhalt auch der enge Zusammenhang zum brasilianischen Recht. 4.3 Unter Hinweis auf die von ihnen bestellten Rechtsgutachten machen die Beschwerdeführer geltend, das Erbvertragsverbot sei nach brasilianischem Recht zwingend und ein Erbvertrag nach brasilianischer Rechtsauffassung ordre-public-widrig und damit nichtig. Entgegen ihrer Annahme ist es dem Bundesgericht versagt, die Anwendung des ausländischen Rechts in der vorliegend vermögensrechtlichen Angelegenheit frei zu überprüfen ( Art. 96 lit. b BGG ; vgl. BGE 131 III 418 E. 3.2.1 S. 425 f.; BGE 136 III 392 E. 2.3.1 S. 396). Zulässig ist hier lediglich die Rüge willkürlicher Anwendung des ausländischen Rechts ( Art. 9 BV i.V.m. Art. 95 lit. a BGG ; vgl. BGE 133 III 446 E. 3.1 S. 447/448; BGE 135 III 614 E. 4.1.3 S. 616). 4.4 Dass das brasilianische Recht ein Erbvertragsverbot kennt, steht unangefochten fest. Für dessen Berücksichtigung gemäss Art. 19 IPRG ist indessen entscheidend, ob das Erbvertragsverbot brasilianischen Rechts auch auf den zu beurteilenden Sachverhalt zwingend angewendet werden will. Ungeachtet der fehlenden Verfassungsrügen ( Art. 106 Abs. 2 BGG ; vgl. BGE 136 I 332 E. 2.1 S. 324) darf die Frage unter Willkürgesichtspunkten verneint werden. Das brasilianische Erbvertragsverbot zählt nach überwiegender Meinung nicht oder nicht mehr zum ordre public, soweit der Erbvertrag - wie hier - nach dem Recht am Ort des Vertragsabschlusses zulässig ist. Der Anwendungsbereich des ordre public im Erbrecht ist insoweit eingeschränkt (vgl. FERID/FIRSCHING/DÖRNER/HAUSMANN, Internationales Erbrecht, 9 Bde, 4. Aufl., Stand: Mai 2008, N. 48 und N. 103 für Brasilien). Der Befund entspricht offenbar einer allgemeinen BGE 138 III 489 S. 496 Tendenz, die für andere Staaten mit einem ausdrücklichen Erbvertragsverbot festgestellt wird (vgl. ANDREA BONOMI, Les pactes successoraux en droit international privé - Remarques comparatives à la lumière des droits français, italien, espagnol et suisse, in: Les pactes successoraux en droit comparé et en droit international privé, 2008, S. 11 ff., 23 ff.). 4.5 Aus den dargelegten Gründen kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Erbvertragsverbot nach brasilianischem Recht international zwingend anzuwenden ist. Seine Berücksichtigung gemäss Art. 19 IPRG fällt deshalb ausser Betracht. Es bleibt somit bei der Anwendbarkeit schweizerischen Rechts.
Urteilskopf
71. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.A. und A.B. gegen B.A. und Mitb. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_473/2011 vom 29. Mai 2012
Regeste Art. 19 und 95 IPRG ; Erbvertragsstatut und ausländisches Erbvertragsverbot. Massgebend für den Erbvertrag ist das Recht am Wohnsitz des Erblassers bzw. der Verfügenden zur Zeit des Vertragsabschlusses und nicht im Zeitpunkt des Todes (E. 3). Im zu beurteilenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass das brasilianische Erbvertragsverbot zwingend anzuwenden ist und damit den nach schweizerischem Recht gültig abgeschlossenen Erbvertrag als nichtig erscheinen lässt (E. 4).
Regeste
Art. 19 und 95 IPRG ; Erbvertragsstatut und ausländisches Erbvertragsverbot. Massgebend für den Erbvertrag ist das Recht am Wohnsitz des Erblassers bzw. der Verfügenden zur Zeit des Vertragsabschlusses und nicht im Zeitpunkt des Todes (E. 3). Im zu beurteilenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass das brasilianische Erbvertragsverbot zwingend anzuwenden ist und damit den nach schweizerischem Recht gültig abgeschlossenen Erbvertrag als nichtig erscheinen lässt (E. 4).
Art. 19 und 95 IPRG Massgebend für den Erbvertrag ist das Recht am Wohnsitz des Erblassers bzw. der Verfügenden zur Zeit des Vertragsabschlusses und nicht im Zeitpunkt des Todes (E. 3). Im zu beurteilenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass das brasilianische Erbvertragsverbot zwingend anzuwenden ist und damit den nach schweizerischem Recht gültig abgeschlossenen Erbvertrag als nichtig erscheinen lässt (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 490
Sachverhalt ab Seite 490 BGE 138 III 489 S. 490
BGE 138 III 489 S. 490
X. (Ehemann), Jahrgang 1918, und Y. (Ehefrau), Jahrgang 1923, heirateten 1958 in São Paolo, Brasilien. Ihre Ehe blieb kinderlos.
Die Ehegatten X. und Y. liessen am 11. November 1992 an ihrem Wohnsitz in Appenzell einen Erbvertrag beurkunden, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben ihres ganzen Nachlasses einsetzten (Ziff. I). Jeder Ehegatte setzte für den Fall, dass er den anderen überleben sollte, die Geschwisterkinder und deren Nachkommen zu gleichen Teilen als Erben ein, d.h. zu einem Viertel die Kinder des Bruders A. von Y. sowie zu je einem Viertel die Kinder der beiden Schwestern B. und C. und des Bruders D. von X. (Ziff. II/2). Die Ehegatten erklärten, dass auf den Nachlass beider Ehegatten das schweizerische Recht anwendbar sein solle (Ziff. III des Erbvertrags).
Am 10. Juni 2003 verstarb X. in Frankreich. Er war brasilianischer und deutscher Staatsangehöriger.
Y. errichtete am 5. Januar 2005 in Paris, am 2. Februar 2005 in Paris und am 20. April 2005 in São Paolo letztwillige Verfügungen und setzte die beiden Kinder ihres Bruders A. als ihre universellen Rechts nachfolger ein. Sie schenkte ihnen am 1. Februar 2005 Liegenschaften in Paris und am 28. Oktober 2005 Liegenschaften in São Paolo.
Am 19. November 2005 starb Y. (Erblasserin) in São Paolo. Sie war brasilianische Staatsangehörige.
Mit Klage vom 8. Februar 2007 beantragten die Kinder der Geschwister B., C. und D. von X. (Beschwerdegegner), die letztwilligen Verfügungen und die Schenkungen der Erblasserin für ungültig zu erklären, eventualiter herabzusetzen, soweit dadurch der Erbvertrag zwischen der Erblasserin und ihrem vorverstorbenen Ehemann verletzt sei. Die Kinder des Bruders A. der Erblasserin (Beschwerdeführer) schlossen auf Abweisung der Klage. Das Bezirksgericht BGE 138 III 489 S. 491 Appenzell wies die Klage ab. Auf Berufung der Beschwerdegegner hin setzte das Kantonsgericht Appenzell Innerrhoden die letztwilligen Verfügungen der Erblasserin vom 5. Januar 2005, vom 2. Februar 2005 und vom 20. April 2005 herab, soweit dadurch die Erbenstellung der Beschwerdegegner zu insgesamt ¾ am in der Schweiz gelegenen Nachlass der Erblasserin verletzt ist.
BGE 138 III 489 S. 491
Die Beschwerdeführer beantragen dem Bundesgericht, die Klage der Beschwerdegegner abzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. (...)
2. 2.3 Streitig und zu prüfen ist, welchem Recht der Erbvertrag der Ehegatten untersteht. Weil die Schweiz das Haager Übereinkommen vom 1. August 1989 über das auf die Erbfolge anzuwendende Recht (Convention du premier août 1989 sur la loi applicable aux successions à cause de mort) lediglich unterzeichnet, aber nicht ratifiziert hat, und weil zur vorliegenden Frage zwischen der Schweiz und Brasilien keine völkerrechtlichen Verträge bestehen, beurteilt sich das anzuwendende Recht nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht ( Art. 1 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 IPRG [SR 291]). Die kantonalen Gerichte haben schweizerisches Erbrechtfür anwendbar erklärt. Die Beschwerdeführer machen geltend, anwendbar sei nicht schweizerisches, sondern brasilianisches Recht. Danach bestehe ein absolutes Erbvertragsverbot, so dass die von der Erblasserin am 20. April 2005 in São Paolo errichtete letztwillige Verfügung gültig sei und sie gestützt darauf als Alleinerben zu gelten hätten.
2.3 Art. 1 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 IPRG 3. Im Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrags am 11. November 1992 hatten die Erblasserin und ihr Ehemann den Wohnsitz in der Schweiz. Am 19. November 2005 starb die Erblasserin mit letztem Wohnsitz in Brasilien. Aus den Wohnsitzverhältnissen schliessen die Beschwerdeführer, nach Art. 95 IPRG sei zwar schweizerisches Recht anwendbar, doch werde diese Ausnahmebestimmung aufgrund der getrennten Zuständigkeit der für den Nachlass zuständigen Gerichte ( Art. 88 IPRG ) durch Art. 91 Abs. 1 IPRG verdrängt, so dass brasilianisches Recht anzuwenden sei.
3. Art. 95 IPRG Art. 88 IPRG Art. 91 Abs. 1 IPRG 3.1 Das auf "Erbverträge und gegenseitige Verfügungen von Todes wegen" (Marginalie) anwendbare Recht wird in Art. 95 IPRG BGE 138 III 489 S. 492 geregelt. Der Erbvertrag untersteht danach dem Recht am Wohnsitz des Erblassers zur Zeit des Vertragsabschlusses (Abs. 1). Unterstellt ein Erblasser im Vertrag den ganzen Nachlass seinem Heimatrecht, so tritt dieses an die Stelle des Wohnsitzrechts (Abs. 2). Gegenseitige Verfügungen von Todes wegen müssen dem Wohnsitzrecht jedes Verfügenden oder dem von ihnen gewählten gemeinsamen Heimat recht entsprechen (Abs. 3). Vorbehalten bleiben in Abs. 4 die Bestimmungen über die Form und die Verfügungsfähigkeit ( Art. 93 und 94 IPRG ).
3.1 Art. 95 IPRG BGE 138 III 489 S. 492
Art. 93 und 94 IPRG 3.2 Gemäss Art. 95 IPRG besteht keine freie, sondern eine nur beschränkte Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts des Erblassers (Abs. 2) bzw. des gemeinsamen Heimatrechts der Verfügenden (Abs. 3). Die weitergehende Regelung in Ziff. III des Erbvertrags zwischen der Erblasserin und ihrem Ehemann, wonach auf den Nachlass beider Ehegatten Schweizer Recht zur Anwendung kommen soll, hat deshalb keine Bedeutung und kann lediglich als Bestätigung dafür verstanden werden, dass die Verfügenden nicht die Anwendung des brasilianischen Rechts als ihr gemeinsames Heimatrecht vereinbart haben. Ob schweizerisches Recht anwendbar ist, beurteilt sich somit allein nach dem "Recht am Wohnsitz" bzw. dem "Wohnsitzrecht" im Sinne von Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG.
3.2 Art. 95 IPRG Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG 3.3 Massgebend für den Erbvertrag ist das Recht am Wohnsitz des Erblassers bzw. der Verfügenden zur Zeit des Vertragsabschlusses.
3.3 3.3.1 Die Regelung in Art. 95 IPRG weicht mit Bezug auf den Anknüpfungszeitpunkt vom Erbstatut ab, das sich grundsätzlich nach dem letzten Wohnsitz, d.h. nach dem Wohnsitz im Zeitpunkt des Todes einer Person richtet ( Art. 90 Abs. 1 und Art. 91 Abs. 1 IPRG ). Die Abweichung ist bewusst erfolgt. Aus Gründen der Verkehrssicherheit und im Interesse der Aufrechterhaltung der im Vertrag getroffenen Anordnungen soll ein späterer Wohnsitzwechsel ohne Einfluss auf die Rechtsanwendung bleiben (vgl. Botschaft vom 10. November 1982 zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht [IPR-Gesetz], BBl 1983 I 263, 391 Ziff. 264.1).
3.3.1 Art. 95 IPRG Art. 90 Abs. 1 und Art. 91 Abs. 1 IPRG 3.3.2 Die gesetzgeberische Absicht kommt zwar nur im Wortlaut von Art. 95 Abs. 1 IPRG ("am Wohnsitz des Erblassers zur Zeit des Vertragsabschlusses") unzweideutig zum Ausdruck, ist jedoch auch im Fall von Art. 95 Abs. 3 IPRG zu beachten. Das Gesetz unterscheidet in Abs. 1 den Erbvertrag, in dem bloss eine Partei als Erblasser auftritt ("des Erblassers"), und in Abs. 3 den Erbvertrag, der gegenseitige BGE 138 III 489 S. 493 Verfügungen von Todes wegen enthält und damit mehrere Erblasser umfasst ("jedes Verfügenden"; vgl. Botschaft, a.a.O., S. 392). Die Unterscheidung ändert indessen nichts an den in beiden Fällen gleichermassen bestehenden Bindungswirkungen des Erbvertrags, die durch den Wohnsitzwechsel des Erblassers oder auch nur eines der Verfügenden nicht hinfällig werden dürfen. Dass sich das anzuwendende Recht sowohl beim einseitigen Erbvertrag als auch beim zwei- oder mehrseitigen Erbvertrag nach dem Wohnsitz des bzw. jedes Erblassers im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses richtet, ist in der Lehre - soweit sie sich dazu äussert - anerkannt (vgl. GERARDO BROGGINI, Aspetti del nuovo diritto internazionale privato svizzero. Diritto matrimoniale e diritto successorio, in: Repertorio di giurisprudenza patria [Rep] 121/1988 S. 191 ff., 212; HEINI, in: Zürcher Kommentar, 2004, N. 3 und N. 9; DUTOIT, Droit international privé suisse, 4. Aufl. 2005, N. 4, und SCHNYDER/LIATOWITSCH, in: Basler Kommentar, 2. Aufl. 2007, N. 1 und 7, je zu Art. 95 IPRG ).
3.3.2 Art. 95 Abs. 1 IPRG Art. 95 Abs. 3 IPRG BGE 138 III 489 S. 493
Art. 95 IPRG 3.3.3 Im Zeitpunkt des Abschlusses ihres Erbvertrags hatten die Erblasserin und ihr Ehemann einen gemeinsamen Wohnsitz in der Schweiz, so dass gemäss Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG das schweizerische Recht anzuwenden ist.
3.3.3 Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG 3.4 Die gegenteilige Ansicht, die die Beschwerdeführer auf die von ihnen eingeholten Rechtsgutachten stützen, kann nicht geteilt werden. Sie weisen allerdings zutreffend darauf hin, dass hier die schweizerischen Gerichte gemäss Art. 88 Abs. 1 IPRG deshalb zuständig sind, weil die Erblasserin eine Brasilianerin mit letztem Wohnsitz in Brasilien war und weil die brasilianischen Behörden sich mit dem im Ausland - hier: in der Schweiz und in Frankreich - gelegenen Nachlassvermögen nicht befassen. Richtig ist auch, dass sich in diesem Fall einer Nachlassspaltung nach verschiedenen Lehrmeinungen das anwendbare Recht grundsätzlich nach Art. 91 Abs. 1 IPRG bestimmen soll, um dadurch - soweit als möglich - eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen (vgl. HEINI, a.a.O., N. 10, und SCHNYDER/LIATOWITSCH, a.a.O., N. 7, je zu Art. 88 IPRG ). Gegenüber dem Grundsatz in Art. 90 und 91 IPRG ("Letzter Wohnsitz") bleiben jedoch die Sonderanknüpfungen für die Form letztwilliger Verfügungen ( Art. 93 IPRG ), für die Verfügungsfähigkeit ( Art. 94 IPRG ) und für die Erbverträge und gegenseitigen Verfügungen von Todes wegen ( Art. 95 IPRG ) vorbehalten. Weshalb das allgemeine Erbstatut dem besonderen Erbvertragsstatut vorgehen soll, vermögen die Beschwerdeführer BGE 138 III 489 S. 494 nicht nachvollziehbar zu begründen. Gerade weil die Sonderanknüpfung gemäss Art. 95 IPRG eine Beeinträchtigung der erbvertraglichen Bindungswirkungen durch Wohnsitzwechsel zu verhindern bezweckt, muss sie dem Erbstatut vorgehen und auch im Fall einer Nachlassspaltung berücksichtigt werden, die ihrerseits auf einen Wechsel des Wohnsitzes in einen Staat mit entsprechender Zuständigkeitsregelung zurückzuführen ist. Das Erbvertragsstatut gemäss Art. 95 IPRG hat als Spezialvorschrift gegenüber den übrigen erbrechtlichen Kollisionsnormen zu gelten (zur ähnlichen Regelung in Deutschland: STAUDINGER/DÖRNER, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2007, N. 62 ff. zu Art. 26 EGBGB; vgl. zum Vorrang der spezielleren gegenüber der generelleren Vorschrift: FURRER/GIRSBERGER/SIEHR, Allgemeine Lehren, SPR Bd. XI/1: Internationales Privatrecht, 2008, § 5 N. 389 S. 131).
3.4 Art. 88 Abs. 1 IPRG Art. 91 Abs. 1 IPRG Art. 88 IPRG Art. 90 und 91 IPRG Art. 93 IPRG Art. 94 IPRG Art. 95 IPRG BGE 138 III 489 S. 494
Art. 95 IPRG Art. 95 IPRG 3.5 Insgesamt ist das Kantonsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass gemäss Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG das schweizerische Recht anwendbar ist.
3.5 Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG 4. Unter Hinweis auf das Erbvertragsverbot im brasilianischen Recht machen die Beschwerdeführer eine Sonderanknüpfung im Sinne von Art. 19 IPRG geltend.
4. Art. 19 IPRG 4.1 Eine "Berücksichtigung zwingender Bestimmungen eines ausländischen Rechts" (Marginalie) lässt Art. 19 IPRG insofern zu, als anstelle des Rechts, das durch dieses Gesetz bezeichnet wird, die Bestimmung eines andern Rechts, die zwingend angewandt sein will, berücksichtigt werden kann, wenn nach schweizerischer Rechtsauffassung schützenswerte und offensichtlich überwiegende Interessen einer Partei es gebieten und der Sachverhalt mit jenem Recht einen engen Zusammenhang aufweist (Abs. 1). Ob eine solche Bestimmung zu berücksichtigen ist, beurteilt sich nach ihrem Zweck und den daraus sich ergebenden Folgen für eine nach schweizerischer Rechtsauffassung sachgerechte Entscheidung (Abs. 2). Die Berücksichtigung zwingender Bestimmungen eines ausländischen Rechts gestützt auf Art. 19 IPRG soll nach der Rechtsprechung die Ausnahme bleiben (vgl. BGE 136 III 392 E. 2.2 S. 395). Sie betrifft vor allem das internationale Wirtschaftsrecht, kann aber auch auf dem Gebiet des Erbrechts nicht ausgeschlossen werden (vgl. BUCHER, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, 2011, N. 4 zu Art. 19 IPRG ). BGE 138 III 489 S. 495
4.1 Art. 19 IPRG Art. 19 IPRG Art. 19 IPRG BGE 138 III 489 S. 495
4.2 Das Kantonsgericht hat die drei Voraussetzungen gemäss Art. 19 Abs. 1 IPRG geprüft und als nicht erfüllt betrachtet. Es hat einerseits angenommen, es sei unklar, ob das brasilianische Erbvertragsverbot zwingend im internationalen Verhältnis anzuwenden sei, wenn die Vertragsparteien den Erbvertrag wie vorliegend an ihrem Wohnsitz in der Schweiz geschlossen hätten. Die Rechtsgutachter hätten festgehalten, dass der in der Schweiz abgeschlossene Erbvertrag die brasilianische Rechtsordnung nicht verletze und Erbverträge voraussichtlich mit ihrer Anerkennung in Brasilien rechnen könnten. Andererseits seien, so hat das Kantonsgericht dafürgehalten, keine schützenswerten und überwiegenden Interessen erkennbar, die die Nichtbeachtung des Erbvertrags zwingend erforderten. Schliesslich fehle dem vorliegenden Sachverhalt auch der enge Zusammenhang zum brasilianischen Recht.
4.2 Art. 19 Abs. 1 IPRG 4.3 Unter Hinweis auf die von ihnen bestellten Rechtsgutachten machen die Beschwerdeführer geltend, das Erbvertragsverbot sei nach brasilianischem Recht zwingend und ein Erbvertrag nach brasilianischer Rechtsauffassung ordre-public-widrig und damit nichtig. Entgegen ihrer Annahme ist es dem Bundesgericht versagt, die Anwendung des ausländischen Rechts in der vorliegend vermögensrechtlichen Angelegenheit frei zu überprüfen ( Art. 96 lit. b BGG ; vgl. BGE 131 III 418 E. 3.2.1 S. 425 f.; BGE 136 III 392 E. 2.3.1 S. 396). Zulässig ist hier lediglich die Rüge willkürlicher Anwendung des ausländischen Rechts ( Art. 9 BV i.V.m. Art. 95 lit. a BGG ; vgl. BGE 133 III 446 E. 3.1 S. 447/448; BGE 135 III 614 E. 4.1.3 S. 616).
4.3 Art. 96 lit. b BGG Art. 9 BV Art. 95 lit. a BGG 4.4 Dass das brasilianische Recht ein Erbvertragsverbot kennt, steht unangefochten fest. Für dessen Berücksichtigung gemäss Art. 19 IPRG ist indessen entscheidend, ob das Erbvertragsverbot brasilianischen Rechts auch auf den zu beurteilenden Sachverhalt zwingend angewendet werden will. Ungeachtet der fehlenden Verfassungsrügen ( Art. 106 Abs. 2 BGG ; vgl. BGE 136 I 332 E. 2.1 S. 324) darf die Frage unter Willkürgesichtspunkten verneint werden. Das brasilianische Erbvertragsverbot zählt nach überwiegender Meinung nicht oder nicht mehr zum ordre public, soweit der Erbvertrag - wie hier - nach dem Recht am Ort des Vertragsabschlusses zulässig ist. Der Anwendungsbereich des ordre public im Erbrecht ist insoweit eingeschränkt (vgl. FERID/FIRSCHING/DÖRNER/HAUSMANN, Internationales Erbrecht, 9 Bde, 4. Aufl., Stand: Mai 2008, N. 48 und N. 103 für Brasilien). Der Befund entspricht offenbar einer allgemeinen BGE 138 III 489 S. 496 Tendenz, die für andere Staaten mit einem ausdrücklichen Erbvertragsverbot festgestellt wird (vgl. ANDREA BONOMI, Les pactes successoraux en droit international privé - Remarques comparatives à la lumière des droits français, italien, espagnol et suisse, in: Les pactes successoraux en droit comparé et en droit international privé, 2008, S. 11 ff., 23 ff.).
4.4 Art. 19 IPRG Art. 106 Abs. 2 BGG BGE 138 III 489 S. 496
4.5 Aus den dargelegten Gründen kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Erbvertragsverbot nach brasilianischem Recht international zwingend anzuwenden ist. Seine Berücksichtigung gemäss Art. 19 IPRG fällt deshalb ausser Betracht. Es bleibt somit bei der Anwendbarkeit schweizerischen Rechts.
4.5 Art. 19 IPRG
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Urteilskopf 138 III 497 72. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen YA. und Mitb. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_68/2012 vom 16. Mai 2012 Regeste Art. 578 ZGB ; Art. 285 ff. SchKG ; erbrechtliche und paulianische Anfechtungsklagen im Zusammenhang mit einem Erbverzichtsvertrag zugunsten der eigenen Nachkommen. Anfechtbar gemäss Art. 578 ZGB ist nur die Ausschlagung, nicht auch ein Erbverzichtsvertrag (E. 3). Frage des Rechtsmissbrauches (E. 4). Frage des Herabsetzungsanspruches (E. 5). Der Erbverzichtsvertrag zugunsten der eigenen Kinder ist weder Schenkung noch unentgeltliche Verfügung im Sinn von Art. 286 SchKG (E. 6). Ausführungen zur Absichtspauliana (E. 7). Sachverhalt ab Seite 498 BGE 138 III 497 S. 498 YA. (Beschwerdegegner 1) ist der Vater von YB. und YC. (Beschwerdegegner 2 und 3). Die X. AG (Beschwerdeführerin) gewährte dem Beschwerdegegner 1 im Jahr 1991 ein verzinsliches Darlehen über Fr. 1'300'000.-. Dieser leistete 1992 bis 1994 Abzahlungen. Am 7. Februar 2001 betrieb die Beschwerdeführerin den Beschwerdegegner 1. Auf dessen Rechtsvorschlag hin machte sie eine Teilforderung gerichtlich geltend, der ihr mit Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 6. Dezember 2005 zugesprochen wurde. Die gegen den Beschwerdegegner 1 eingeleitete Betreibung führte am 13. Februar 2007 zu einem definitiven Verlustschein. Am 18. Dezember 2002 schloss der Beschwerdegegner 1 mit seiner Mutter Z. einen Erbverzichtsvertrag, in welchem er zugunsten seiner beiden Söhne auf sein Erbe verzichtete. Am 2. Dezember 2007 verstarb Z. Sie hinterliess drei Kinder. Am 6. August 2008 klagte die X. AG beim Bezirksgericht gegen die Beschwerdegegner 1-3 mit dem Hauptbegehren, es seien die Zustimmung des Beschwerdegegners 1 zum Erbverzichtsvertrag sowie dieser Vertrag gemäss Art. 578 ZGB aufzuheben, eventualiter sei deren Anfechtbarkeit im Sinn von Art. 578 ZGB festzustellen, und es sei die amtliche Liquidation des Nachlasses anzuordnen; eventualiter verlangte sie, es seien die Beschwerdegegner unter solidarischer Haftbarkeit zu verpflichten, ihr Fr. 508'246.55 zu bezahlen, subeventualiter seien die Erbteile bzw. Zuwendungen an die Beschwerdegegner 2 und 3 im Sinn von Art. 522 ff. ZGB proportional auf jenen Bruchteil ihres Wertes herabzusetzen, der dem Beschwerdegegner 1 BGE 138 III 497 S. 499 einen Wertanteil von Fr. 508'246.55, maximal jedoch seinen vollen Pflichtteil von einem Viertel des Gesamtnachlasses verschaffe. Mit Urteilen vom 12. Januar 2010 bzw. 5. Dezember 2011 wiesen sowohl das Bezirksgericht als auch das Obergericht des Kantons Zürich die Klage ab. Gegen das obergerichtliche Urteil hat die X. AG am 23. Januar 2012 eine Beschwerde in Zivilsachen eingereicht, im Wesentlichen mit den Anträgen auf dessen Aufhebung und Zuspruch der vorgenannten Klagebegehren, eventualiter um Rückweisung der Sache an das Obergericht zur Neubeurteilung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Wie bereits im kantonalen Verfahren macht die Beschwerdeführerin auch vor Bundesgericht eine falsche Anwendung von Art. 578 ZGB (dazu E. 3) oder jedenfalls ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beschwerdegegners 1 geltend, indem dieser mit dem Erbverzichtsvertrag die Anfechtungsmöglichkeit des Gläubigers mit Bezug auf die Ausschlagung des Erbes habe umgehen wollen (dazu E. 4). Im Eventualstandpunkt beruft sich die Beschwerdeführerin auf die Bestimmungen über die Herabsetzungsklage gemäss Art. 522 ff. ZGB (dazu E. 5). Überdies macht sie weiterhin einen Anfechtungsanspruch im Sinn von Art. 286 oder 288 SchKG geltend (dazu E. 6 und 7). Hinsichtlich der obergerichtlichen Erwägung, wonach Art. 578 ZGB einen Ausgleich für die getäuschte Hoffnung der Gläubiger zum Zweck habe, nennt die Beschwerdeführerin verschiedene Beweismittel (u.a. Zeugeneinvernahmen) mit Bezug auf ihre angebliche Erwartung als Gläubigerin, dass der Beschwerdegegner 1 dereinst ein ansehnliches Vermögen erbe, und sie beruft sich dabei auf Art. 99 Abs. 1 BGG. Indes wird nicht dargetan, inwiefern die Voraussetzungen für ein nachträgliches Einreichen von Beweismitteln gegeben sein sollen; Gründe sind denn auch nicht ersichtlich, da die Beschwerdeführerin offensichtlich eine umfassende Auslegung mit Blick auf Sinn und Zweck des von ihr als verletzt angerufenen Art. 578 ZGB durch das Obergericht zu gewärtigen hatte. BGE 138 III 497 S. 500 Unzulässig ist ferner das Nachschieben von Sachverhaltselementen, die im angefochtenen Urteil nicht festgestellt sind, wie dies insbesondere in Rz. 92 ff. der Beschwerde geschieht. 3. Umstritten ist zunächst die Auslegung von Art. 578 ZGB, den die Beschwerdeführerin auch auf den Erbverzichtsvertrag angewandt wissen möchte. 3.1 Im Zusammenhang mit dieser Norm verneinte das Obergericht die Passivlegitimation der Beschwerdegegner 2 und 3. Die Beschwerdeführerin kritisiert dies. Die in der Literatur kontrovers diskutierte Frage (Passivlegitimation des ausschlagenden Erben: TUOR/PICENONI, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1964, N. 12 zu Art. 578 ZGB ; SCHWANDER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 7 zu Art. 578 ZGB ; HÄUPTLI, in: Erbrecht, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2011, N. 13 zu Art. 578 ZGB ; Passivlegitimation der Begünstigten: ESCHER, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1960, N. 10 zu Art. 578 ZGB ; PIOTET, Erbrecht, SPR Bd. IV/2, 1981, S. 645; GÜBELI, Gläubigerschutz im Erbrecht, 1999, S. 107) wurde bereits in BGE 55 II 18 E. 3 S. 19 dahingehend entschieden, dass die Klage ausschliesslich gegen den ausschlagenden Erben zu richten ist. Es besteht kein Anlass, auf diese Rechtsprechung zurückzukommen, und zwar auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass das Bundesgericht seinen Entscheid damit begründet hat, dass es sich bei der Ausschlagung um ein einseitig vorgenommenes Rechtsgeschäft handle: Vorliegend zielt die Beschwerdeführerin zwar auf den Erbverzichtsvertrag, der im Unterschied zur Ausschlagung kein einseitiges Rechtsgeschäft ist; indes waren die Beklagten 2 und 3 an diesem ebenso wenig beteiligt. Sodann ist die Rechtsfolge nicht, dass die Begünstigten die Vollstreckung ins betreffende Substrat zu dulden haben ( Art. 285 Abs. 1 und Art. 291 Abs. 1 SchKG ; BGE 135 III 265 E. 3 S. 268), sondern die amtliche Liquidation des Nachlasses ( Art. 578 Abs. 2 ZGB ). 3.2 In materieller Hinsicht befand das Obergericht, die Erbanwartschaft habe in keiner Weise als Sicherheit für das gewährte Darlehen gedient und die Beschwerdeführerin mache auch nicht geltend, sie habe darauf vertrauen dürfen, dass die Rückforderung des Darlehens dereinst aus dem fraglichen Erbe gedeckt werde. Genau darauf ziele aber Art. 578 ZGB, indem er die Ausschlagung in fraudem creditorum als anfechtbar erkläre. Es handle sich dabei um den Schutz der Gläubiger mit Bezug auf Vermögenswerte, die mit dem Erbgang BGE 138 III 497 S. 501 bereits an den ausschlagenden Erben übergegangen seien. Ein Schutz im Hinblick auf blosse Erbanwartschaften sei dagegen vom Gesetz nicht vorgesehen. Ebenso wenig bestehe Schutz gegen eine aus der Annahme einer Erbschaft erwachsende Benachteiligung der Erbengläubiger; der Gesetzgeber habe das in den Entwürfen zum ZGB diesbezüglich vorgesehene Mittel der amtlichen Liquidation abgelehnt mit der Begründung, dass es dem Schuldner freistehe, durch Eingehung neuer Verbindlichkeiten die Lage der Gläubiger zu verschlechtern. Diesem Tatbestand könne der (erbvertragliche) Verzicht auf Vermögenswerte oder das Nichteintreiben von Ansprüchen gleichgesetzt werden. Sodann sehe das Gesetz andere Schutzmöglichkeiten des Gläubigers vor (Art. 609 Abs. 1 sowie Art. 524 Abs. 1 und 2 ZGB ). Umgekehrt werde bei Art. 480 ZGB die Familie des Erblassers gegen eine Benachteiligung auf Kosten der Erbengläubiger geschützt. Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass die Gläubiger eines Erben vor dem Erbanfall keinen geschützten Anspruch auf das Vermögen des Erblassers hätten; einerseits stehe es diesem frei, sein Vermögen zu verbrauchen, und andererseits stehe es dem Schuldner frei, auf die Erbanwartschaft zu verzichten, weshalb ein Gläubiger grundsätzlich immer mit einer möglichen Verschlechterung des Haftungssubstrates rechnen müsse. 3.3 Die Beschwerdeführerin ist zusammengefasst der Meinung, dass es keinen Unterschied mache, ob der Erbe auf sein Erbe vertraglich verzichte oder ob er dieses ausschlage, weshalb die Anfechtungsmöglichkeit im Sinn von Art. 578 ZGB über den Gesetzeswortlaut hinaus in beiden Konstellationen greifen müsse, zumal die Willensäusserung des Beschwerdegegners 1 beim Erbverzichtsvertrag letztlich als antizipierte Ausschlagung interpretiert werden müsse. Es sei nicht plausibel, weshalb die in Art. 578 ZGB verpönte Gläubigerschädigung plötzlich zulässig sein soll, wenn sie in Form eines Erbverzichtsvertrages herbeigeführt werde, gehe es doch in beiden Konstellationen darum, dass die Vergrösserung des Vermögens verhindert werde. 3.4 Grundsätzlich haftet der Schuldner für eingegangene Verpflichtungen mit seinem gesamten persönlichen Vermögen. Bei ausbleibender Tilgung fälliger Schulden kann er vom Gläubiger betrieben und kann in sein Vermögen vollstreckt werden, wobei alle ihm gehörenden verkehrsfähigen Vermögenswerte pfändbar sind. Unpfändbar sind Anwartschaften oder Rechte mit ungewisser Entstehung und von ungewissem Umfang ( BGE 97 III 23 E. 2 S. 27; BGE 99 III 52 BGE 138 III 497 S. 502 E. 3 S. 55), wozu insbesondere auch die Erbanwartschaft gehört ( BGE 73 III 149 ). Pfändbar ist hingegen der Liquidationsanteil an einer angefallenen, aber noch nicht verteilten Erbschaft (vgl. BGE 130 III 652 ; BGE 135 III 179 ), weil dieser einen zurechenbaren Vermögenswert des Erben darstellt; die Abwicklung erfolgt hier nach der Verordnung vom 17. Januar 1923 über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen (VVAG; SR 281.41). Aus dem Gesagten ergibt sich, dass eine Erbanwartschaft des Schuldners für den Gläubiger keine gesicherte Kreditierungsbasis, sondern eine blosse Hoffnung auf zukünftigen Anfall von Vollstreckungssubstrat darstellt. Der Erblasser kann bis zum Todeszeitpunkt frei über sein Vermögen verfügen, so dass sich die Hoffnung des Gläubigers selbst bei einem Pflichtteilserben zerschlagen kann. Ebenso wenig hat er Möglichkeiten zur Beeinflussung der persönlichen Vermögenslage des Schuldners; so kann dieser über vorhandene Vermögenswerte verfügen oder seine Bonitätslage auch durch Eingehen weiterer Verpflichtungen verschlechtern. Will der Gläubiger in seinem Glauben auf vertragskonforme Erfüllung auf keinen Fall enttäuscht werden, muss er sich deshalb ausreichende persönliche oder dingliche Sicherheiten stellen lassen. Dies heisst aber nicht, dass der ungesicherte Gläubiger über keinerlei Mittel gegen den unredlich handelnden Schuldner verfügen würde; vielmehr hat der Gesetzgeber im Erb- wie auch im Zwangsvollstreckungsrecht verschiedene Behelfe zur Verfügung gestellt. Vorliegend interessiert Art. 578 Abs. 1 ZGB, welcher dem Gläubiger, der nicht anderweitig sichergestellt wird, eine Anfechtungsmöglichkeit gibt, wenn ein überschuldeter Erbe die Erbschaft mit dem Zweck ausgeschlagen hat, sie dem Gläubiger zu entziehen. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin lässt sich daraus aber keine Anfechtungsmöglichkeit mit Bezug auf einen Erbvertrag ableiten. Ein solches Ansinnen scheitert vorliegend bereits an der grammatikalischen Auslegung von Art. 578 ZGB, weil das Bundesgericht an einen klaren und unzweideutigen Gesetzeswortlaut gebunden ist, sofern dieser den wirklichen Sinn der Norm wiedergibt. Zwar sind Abweichungen von einem klaren Wortlaut zulässig oder sogar geboten, wenn triftige Gründe zur Annahme bestehen, dass dieser nicht dem wahren Sinn der Bestimmung entspricht; solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften BGE 138 III 497 S. 503 ergeben (systematische, teleologische, historische und rechtsvergleichende Auslegung, vgl. BGE 127 III 318 E. 2b S. 322 f.; BGE 130 III 76 E. 4 S. 82; BGE 133 III 257 E. 2.4 S. 265). Vorliegend ist indes aufgrund des vom Gesetzgeber bloss punktuell gewährten Gläubigerschutzes, angesichts der systematischen Einordnung der Regelung in den Bestimmungen über die Ausschlagung ( Art. 566-579 ZGB ) sowie vor dem Hintergrund der Materialien (vgl. namentlich die von EUGEN HUBER verfassten Erläuterungen zum Vorentwurf eines schweizerische Zivilgesetzbuches, Bd. I, 2. Aufl. 1914, S. 401, wo davon die Rede ist, dass nicht der Lehrmeinung zu folgen sei, wonach der im negativen Erbvertrag erklärte Erbverzicht als eine Verpflichtung zur Ausschlagung der Erbschaft oder als Verzicht auf die Geltendmachung der Herabsetzungs- und Erbschaftsklage aufzufassen sei, sondern dass das ZGB der Anschauung folge, wonach der Erbverzicht eine Aufhebung der Erbenqualität bedeute) nicht ersichtlich, inwiefern der klare Wortlaut der Norm nicht dem wirklichen Willen des Gesetzgebers entsprechen und Art. 578 ZGB auf etwas anderes als die Ausschlagung anwendbar sein soll. Insbesondere lässt sich solches auch nicht aus BGE 128 III 314 oder BGE 131 III 49 ableiten; diese Entscheide betreffen ganz andere Konstellationen und tragen nichts zur Auslegung von Art. 578 ZGB bei. Nach dem Gesagten kann der Beschwerdeführerin nicht durch Gesetzesauslegung im Sinn von Art. 1 Abs. 1 ZGB, sondern könnte ihr höchstens durch richterliche Lückenfüllung modo legislatoris im Sinn von Art. 1 Abs. 2 ZGB geholfen werden. Indes enthält die Beschwerde keine entsprechenden Ausführungen und das Bundesgericht prüft die Rechtsanwendung aufgrund von Art. 42 Abs. 2 BGG nur im Rahmen begründeter Vorbringen, was umso mehr für eine Lückenfüllung zu gelten hat, welche vor dem Hintergrund der Begründungspflicht nicht von Amtes wegen vorzunehmen wäre. Ohnehin dürfte aber keine Gesetzeslücke vorliegen, weil grundsätzlich der Kreditor das Kreditrisiko zu tragen hat und der Gesetzgeber dem Gläubiger nur punktuell Behelfe zur Verfügung stellen wollte (z.B. Art. 497, 524, 578, 579, 594, 609 ZGB sowie Art. 285 ff. SchKG ). Eine andere Frage ist, ob der Beschwerdegegner allenfalls das Institut des Erb(verzichts)vertrages missbraucht hat. Sie steht aber, obwohl in der Beschwerde damit vermengt (indem der Verzicht unzutreffend als "antizipierte Ausschlagung" charakterisiert wird), in keinem Zusammenhang mit der Auslegung bzw. Anwendung von Art. 578 ZGB und ist deshalb im Folgenden eigenständig zu prüfen. BGE 138 III 497 S. 504 4. Die Beschwerdeführerin begründet den Rechtsmissbrauch mit der tautologischen Begründung, der Erbverzichtsvertrag diene nicht dazu, die Erbschaft den Gläubigern des Erben zu entziehen, denn es gäbe Art. 578 ZGB nicht, wenn es ein vom Gesetzgeber toleriertes Ziel wäre, die Gläubiger des Erben auf diese Art um ihre Ansprüche zu bringen. Sie führt weiter an, dass der vom Beschwerdegegner 1 erklärte Erbverzicht zugunsten der eigenen Kinder gegen den Redlichkeitsstandard von Treu und Glauben verstosse und ihr Vertrauen verletzt habe; die bewusste Benachteiligung der Gläubiger müsse aber generell als rechtsmissbräuchlich qualifiziert werden. 4.1 Zunächst ist festzuhalten, dass das Eingehen eines Erbverzichtsvertrages im Grundsatz keinen Verstoss gegen Treu und Glauben im Zusammenhang mit der viele Jahre früher eingegangenen Darlehensverpflichtung bedeutet: Nach dem Gesagten trägt prinzipiell der Kreditor das Kreditrisiko und steht es dem Schuldner frei, seine Bonität durch das Eingehen weiterer Schulden, durch Erlass ihm zustehender Forderungen oder durch Verzicht auf prozessuale Durchsetzung derselben zu verschlechtern. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf den in BGE 125 III 257 E. 2a S. 259 angesprochenen "Redlichkeitsstandard" ist deshalb für die vorliegend zu beurteilende Fallkonstellation nicht topisch, zumal im Zusammenhang mit dem seinerzeitigen Eingehen des Darlehensvertrages und dem Jahre danach abgeschlossenen Erbverzichtsvertrag auch kein venire contra factum proprium ersichtlich ist. Davon könnte höchstens die Rede sein, wenn der Erbverzicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrages stünde oder darin vom Erbanfall als zukünftige Haftungsbasis die Rede wäre. Vorliegend steht vielmehr, wie die Beschwerdeführerin ebenfalls vorträgt, der im Sinn von Art. 2 Abs. 2 ZGB verpönte Rechtsmissbrauch im Vordergrund, und zwar in der Ausprägungsform des sog. Institutsmissbrauchs (dazu statt vieler: HONSELL, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 3. Aufl. 2006, N. 51 zu Art. 2 ZGB ). Nachfolgend zu prüfen ist mithin, ob der Beschwerdegegner 1 das Institut des Erbverzichtsvertrages in einer derart anderen als der ihm vom Gesetzgeber angedachten Form verwendet hat, dass von Rechtsmissbrauch im Sinn eines Institutsmissbrauchs ausgegangen werden muss. 4.2 Der Erbvertrag ist kein in sich geschlossenes Institut. Er kann höchst unterschiedliche Motive haben (namentlich auch steuerliche) und vielfältige Ausprägung erfahren, sowohl in der Form des BGE 138 III 497 S. 505 Erbeinsetzungs- ( Art. 494 ZGB ) als auch des Erbverzichtsvertrages ( Art. 495 ZGB ). Betroffen ist in der Regel nicht nur das Verhältnis zwischen Erblasser und erklärendem Vertragspartner, sondern auch dasjenige der Erben untereinander sowie dasjenige zwischen erklärendem Erben und dessen Umfeld. Dass diese einzelnen Rechtsbeziehungen in einem Spannungsfeld stehen und teilweise unbillige Folgen eintreten können, war dem Gesetzgeber durchaus bewusst, weshalb er im Zusammenhang mit den Erbverträgen ebenfalls punktuelle Korrekturmöglichkeiten vorgesehen hat (z.B. Art. 494 Abs. 3, Art. 514, 527, 535 f. und 626 Abs. 2 ZGB). Vorliegend wurde ein Erbverzichtsvertrag abgeschlossen. Dieser kann entgeltlich (sog. Erbauskauf) oder unentgeltlich erfolgen (statt vieler: BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 3 zu Art. 495 ZGB ). Sodann stellt Art. 495 Abs. 3 ZGB klar, dass der Erbverzichtsvertrag grundsätzlich auch gegenüber den Nachkommen des Verzichtenden wirkt, indes eine andere Parteivereinbarung möglich ist. Ermöglicht aber das Gesetz den unentgeltlichen Verzicht zugunsten der Nachkommen, so ist die vorliegende, von der Beschwerdeführerin als "Missbrauch" angesehene Situation geradezu im Gesetz bzw. im gesetzlich zugelassenen Handlungsspielraum angelegt. Insofern ist nicht zu sehen, inwiefern diesbezüglich von einer Zweckentfremdung des Institutes des Erbverzichtsvertrages gesprochen werden könnte, zumal der Verzicht auf eine Anwartschaft entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin nicht mit der Ausschlagung angefallener Vermögenswerte gleichgesetzt werden kann. So ist denn auch die Lehre, soweit sie sich zum Problem äussert, der Ansicht, dass im Zusammenhang mit Erbverzichtsverträgen kein Schutz der Gläubiger des verzichtenden Erben besteht, selbst wenn der Verzicht ohne Gegenleistung erfolgte (STEINAUER, Le droit des successions, 2006, Rz. 652; BREITSCHMID, op. cit., N. 1 zu Art. 497 ZGB ). 5. Im Eventualstandpunkt macht die Beschwerdeführerin einen Herabsetzungsanspruch gemäss Art. 522 ff. ZGB geltend. Indes gehen die auf Art. 524 ZGB gestützten Rechte des über Verlustscheine verfügenden Erbengläubigers nicht weiter als der Herabsetzungsanspruch, wie er im Rahmen von Art. 522 f. ZGB dem Erben selbst zugestanden hätte. Derjenige, der im Rahmen eines Erbvertrages auf sein Erbe verzichtet hat, wird aber gar nie Erbe, insbesondere auch nicht "Erbe" im Sinn von Art. 522 Abs. 1 ZGB, da mit dem Verzicht auf die Erbanwartschaft auch der Pflichtteilsschutz verloren BGE 138 III 497 S. 506 gegangen ist (BÜTTIKOFER, Der Erbverzicht nach schweizerischem ZGB [...], 1942, S. 88). Entsprechend kann auch sein Gläubiger nicht "Gläubiger des Erben" im Sinn von Art. 524 ZGB sein und kraft Legalzession in den Genuss der Herabsetzungsansprüche kommen. Einzig dem nicht verzichtenden Pflichtteilserben - und folglich dessen Gläubiger - könnte mit Bezug auf die vom Verzichtenden empfangene Gegenleistung ein Herabsetzungsanspruch zustehen (vgl. Art. 527 Ziff. 2 ZGB ). 6. Die Beschwerdeführerin macht eine Schenkungspauliana geltend, in welcher Hinsicht die doppelte Frist von Art. 286 Abs. 1 i.V.m. Art. 288a Ziff. 4 SchKG einerseits und von Art. 292 Ziff. 1 SchKG andererseits unbestrittenermassen eingehalten ist. Sodann können die paulianischen Anfechtungsklagen zusätzlich zu den erbrechtlichen Anfechtungsansprüchen geltend gemacht werden, wie bereits aus der Botschaft zum SchKG hervorgeht (dazu E. 6.3; vgl. sodann die Zusammenstellung der die Frage kontrovers behandelnden Literatur bei GÜBELI, a.a.O., S. 103 Fn. 3). 6.1 Die Anfechtungsklage richtet sich gegen die Personen, die mit dem Schuldner die anfechtbaren Rechtsgeschäfte abgeschlossen haben oder von ihm in anfechtbarer Weise begünstigt wurden. Pasivlegitimiert sind deshalb stets die tatsächlich begünstigten Personen, also diejenigen, denen die fraglichen Vermögenswerte aufgrund der anfechtbaren Rechtshandlung zugeflossen sind ( BGE 135 III 265 E. 3 S. 268). Demzufolge ist der Beschwerdegegner 1 vorliegend nicht passivlegitimiert. 6.2 In der Sache selbst hat das Obergericht erwogen, dass der Erbverzicht zugunsten der beiden Söhne keine Schenkung darstelle, weil diese nach der Legaldefinition von Art. 239 Abs. 1 OR "aus seinem Vermögen" erfolgen müsste, was beim Erbverzicht nicht der Fall sei. Sodann mache gemäss Art. 239 Abs. 2 OR keine Schenkung, wer auf ein Recht verzichte, bevor er es erworben habe, oder eine Erbschaft ausschlage; bewirke aber nicht einmal die Ausschlagung eine Schenkung, so könne dies umso weniger beim Erbverzicht der Fall sein. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt - die Erblasserin hätte die Beschwerdegegner 2 und 3 ebenso gut per Testament einsetzen können, statt dass der Beschwerdegegner 1 zu deren Gunsten verzichtet habe; aus diesem Grund habe dieser faktisch verfügt und stellte der Erbverzichtsvertrag eine Schenkung zugunsten seiner BGE 138 III 497 S. 507 beiden Söhne dar -, überzeugt nicht. Der Erbverzicht verhindert die zukünftige Entstehung des Erbrechts der verzichtenden Partei; er betrifft mithin nicht ein gegenwärtiges, sondern ein zukünftiges Recht (HRUBESCH-MILLAUER, Der Erbvertrag: Bindung und Sicherung des [letzten] Willens des Erblassers, 2008, Rz. 619). Er bewirkt daher als solcher keine Vermögensverschiebung, weshalb die Kriterien der Legaldefinition der Schenkung nicht erfüllt sind. 6.3 Zu prüfen ist weiter die Frage, ob der Erbverzicht zugunsten der beiden Söhne als "unentgeltliche Verfügung" im Sinn von Art. 286 SchKG anzusehen ist. Das Obergericht hat befunden, dass es bei Art. 285 ff. SchKG um die Entäusserung bereits zustehenden Haftungssubstrates gehe. Es sei dem Schuldner grundsätzlich möglich, den Erwerb neuen Vermögens zu unterlassen oder auf die Anfechtung einer Enterbung zu verzichten. Die geltende Rechtsordnung sehe in diesem Zusammenhang keinen Schutz der Gläubiger des präsumtiven Erben vor, soweit nicht der Anspruch des Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet worden sei ( Art. 609 ZGB ) oder die Erbschaft durch einen überschuldeten Erben mit dem Zweck ausgeschlagen werde, dass sie seinen Gläubigern entzogen bleibe ( Art. 578 ZGB ). Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass der Begriff der unentgeltlichen Verfügung wesentlich über denjenigen der Schenkung hinausgehe und nach dem Willen des Gesetzgebers insbesondere auch der Erbverzicht anfechtbar sei. Sie verweist dazu auf die Botschaft zum Entwurf für ein SchKG, wonach auch der Verzicht auf zustehende Ansprüche sowie "Erbschaftsentsagungen" unentgeltliche Verfügungen seien. Der Entwurf des SchKG sah in Art. 41 ff. verschiedene Bestimmungen über die Anfechtungsklage vor, wobei gemäss Art. 45 Abs. 1 "Schenkungen und anderweitige unentgeltliche Verfügungen" anfechtbar sein sollten (BBl 1886 II 92). Die Botschaft des Bundesrates hatte in diesem Zusammenhang nebst dem Verzicht auf zustehende Rechte auch "Erbschaftsentsagungen" als Beispiel für eine unentgeltliche Verfügung angeführt (BBl 1886 II 58). Damit war aber nicht der Erbverzicht, sondern die Ausschlagung der Erbschaft gemeint. Dies wird vollends klar aus der französischen Fassung der Botschaft, wo von "répudiations d'héritage" die Rede ist (FF 1886 II 55). Im Sinn des später erlassenen ZGB kann deshalb nur die "répudiation" gemäss Art. 566 ff. und nicht die "renonciation à BGE 138 III 497 S. 508 succession" im Sinn von Art. 495 Abs. 1 gemeint sein. In der Tat ist denn die Ausschlagung einer werthaltigen Erbschaft, nicht aber der Verzicht auf die Erbenstellung als unentgeltliche Verfügung im Sinn von Art. 286 SchKG anzusehen, wie die folgenden Ausführungen zeigen. Die Lehre ist sich nicht ganz einig darüber, ob die "unentgeltliche Verfügung" begrifflich wesentlich über die "Schenkung" hinausgehe oder ob einfach auch entsprechende einseitige Rechtsgeschäfte erfasst sein sollen. Für den vorliegend zu beurteilenden Fall ist aber nicht zu sehen, inwiefern dies eine Rolle spielen könnte; aus der Gesetzessystematik ergibt sich vielmehr, dass es bei beiden Spielarten um gläubigerschädigende Liberalität des Schuldners geht. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung fusst deshalb auf der Prämisse, dass eine unentgeltliche Verfügung im Sinn von Art. 286 ZGB vorliegt, wenn der Schuldner eine Leistung erbringt oder eine Verpflichtung eingeht, mithin eine Beschwerung seines Vermögens vollzieht, ohne dass er hierzu rechtlich verpflichtet wäre und ohne dass er hierfür eine Gegenleistung erhielte (ausführlich BGE 31 II 350 E. 3 S. 351 f.; sodann BGE 95 III 47 E. 2 S. 51 f.). Angesprochen ist damit die sog. Zuwendung, also die Rechtshandlung, durch welche jemand einem anderen einen Vorteil verschafft, der in einer Vergrösserung des Vermögens oder in der Abwendung einer drohenden Vermögensverminderung besteht (vgl. dazu VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. I, 1979, S. 198 ff.). Es geht bei Art. 286 SchKG mithin um Leistungen oder Verpflichtungen, die zu einer Verminderung der Aktiven oder der Vermehrung der Passiven führen (STAEHELIN, Die Anfechtungsklagen, BlSchK 1997 S. 83). Solche Vermögensdispositionen sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beispielsweise gegeben beim Eingehen einer Bürgschaft, weil die Regressforderung jedenfalls wirtschaftlich keine adäquate Gegenleistung darstellt ( BGE 31 II 350 E. 4 S. 352 f.), bei der Pfandbestellung für eine fremde Schuld ( BGE 49 III 27 ), bei der Zahlung oder Sicherstellung einer fremden Schuld ( BGE 95 III 47 ) sowie gegebenenfalls bei der unwiderruflichen Begünstigung eines Dritten aus einer Personenversicherung ( BGE 34 II 394 E. 5 S. 400; 64 III 85 E. 1 S. 88; vgl. auch Art. 82 VVG ). Der Verzicht auf die Erbenstellung ist keine solche Leistung oder Verpflichtung. Zwar lässt sich eine Literaturstelle ausfindig machen, wonach der Erbverzicht zugunsten Dritter eine unentgeltliche Verfügung im Sinn von Art. 286 SchKG darstelle (BÜTTIKOFER, a.a.O., BGE 138 III 497 S. 509 S. 141). Diese nicht weiter begründete Auffassung übergeht aber das Kernelement, dass der präsumtive Erbe beim Erbverzicht weder in rechtlicher noch in wirtschaftlicher Hinsicht über einen Vermögenswert disponiert, dies im Unterschied zur Ausschlagung, die in der Literatur zu Recht als Beispiel einer unentgeltlichen Verfügung aufgeführt wird (z.B. BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, 1911, S. 877; SCHÜPBACH, Droit et action révocatoires, 1997, N. 38 zu Art. 286 SchKG ). Die Ausschlagung einer (werthaltigen) Erbschaft bedeutet nämlich insofern eine unentgeltliche Verfügung zugunsten Dritter, als eine kraft Universalsukzession eo ipso angefallene Vermögensposition (vgl. Art. 560 Abs. 1 ZGB ) aufgegeben wird und bei den anderen Erben zu einem entsprechenden Vermögenszuwachs führt. Hier lässt sich ohne weiteres von einer Zuwendung sprechen, die jedenfalls wirtschaftlich aus dem Vermögen des Ausschlagenden erfolgt, und sie führt gleichzeitig gegenüber dem Gläubiger des ausschlagenden Erben zu einem im Sinn von Art. 285 Abs. 1 SchKG verpönten "Entzug von Vermögenswerten". Der Verzicht auf die Erbenstellung, selbst wenn er in Abweichung zur Vermutung von Art. 495 Abs. 3 ZGB zugunsten der Nachkommen erfolgt, bedeutet aber nicht nur juristisch keine Disposition über das eigene Vermögen (vgl. E. 3.3), sondern führt auch wirtschaftlich zu keiner Vermögensverschiebung vom Präsumtiverben zu seinen Nachkommen, da weder auf ein Aktivum verzichtet noch ein solches verschafft wird; die Grosskinder erhalten einzig ein Erbrecht und damit die Anwartschaft, dereinst direkt in das erblasserische Vermögen zu sukzedieren. 7. Die Beschwerdeführerin macht weiter eine Absichtspauliana geltend. Auch in dieser Hinsicht ist die doppelte Frist eingehalten, kann indes der Beschwerdegegner 1 nicht als passivlegitimiert angesehen werden. 7.1 Im angefochtenen Entscheid wurde festgehalten, dass die Absichtspauliana erst vor Obergericht geltend gemacht worden sei und es an einem rechtzeitig vorgebrachten Sachverhalt fehle, der auf eine Anwendung von Art. 288 SchKG schliessen lasse bzw. für eine entsprechende Prüfung überhaupt Anlass geben könnte, müsste doch die Schädigungs- bzw. Benachteiligungsabsicht des Schuldners für die Begünstigten erkennbar gewesen sein, und zwar zur Zeit der Vornahme der anfechtbaren Handlung. Solche Vorbringen seien vor erster Instanz nicht gemacht worden, und den entsprechenden obergerichtlichen Behauptungen stünden diejenigen der BGE 138 III 497 S. 510 Beschwerdegegner 2 und 3 gegenüber, dass sie am Erbverzicht nicht beteiligt gewesen seien und davon keine Kenntnis gehabt hätten. 7.2 Diesen Ausführungen versucht die Beschwerdeführerin zu begegnen mit dem Vorbringen, im Vater-Sohn-Verhältnis müsse eine natürliche Vermutung gelten, dass der Begünstigte die effektiv vorhandene schlechte Vermögenslage des Schuldners gekannt habe, zumal diese Vermutung im deutschen Recht für die Begünstigung naher Angehöriger im Gesetz sogar ausdrücklich geregelt sei. 7.3 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 288 SchKG ist in Würdigung sämtlicher Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls zu beurteilen, ob der Begünstigte die Schädigungsabsicht des Schuldners im Zeitpunkt der Vornahme der anfechtbaren Handlung wirklich erkannt hat oder bei pflichtgemässer Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass als natürliche Folge der angefochtenen Handlung möglicherweise eine Gläubigerschädigung eintritt. Hiermit wird aber keine unbeschränkte Erkundigungspflicht aufgestellt; nur wenn deutliche Anzeichen für eine Gläubigerbegünstigung bzw. -benachteiligung bestehen, darf vom Begünstigten eine sorgfältige Prüfung verlangt werden ( BGE 134 III 4 E. 4.2 S. 456; BGE 135 III 265 E. 2 S. 267). Indes gilt unter nahen Verwandten und Ehegatten eine natürliche Vermutung, dass der Begünstigte die wirklich vorhandene schlechte Vermögenslage des Schuldners kannte (vgl. BGE 40 III 293 E. 2 S. 298; Urteil 5A_747/2010 vom 23. Februar 2011 E. 4.3). Als Folge der Vermutung muss der Anfechtungsgläubiger lediglich den Abschluss eines Vertrages mit dem nahen Angehörigen beweisen (STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 20 zu Art. 288 SchKG ). Die in der vorstehend aufgeführten bundesgerichtlichen Rechtsprechung aufgestellte Vermutung bezog sich stets auf Rechtsgeschäfte, an denen der Begünstigte direkt beteiligt war und ihn deshalb der Vorwurf traf, dass er im Zusammenhang mit dem Abschluss des Rechtsgeschäftes jedenfalls nähere Erkundigungen hätte tätigen müssen. So ging es bei BGE 40 III 293 um eine Forderungszession, bei welcher der insolvente Schuldner seinem Bruder, mit dem er in engstem Verhältnis stand und detaillierte Korrespondenz führte, einen Titel abgetreten hatte, und beim Urteil 5A_747/2010 ging es um einen Schenkungsvertrag, mit welchem der bedrängte Schuldner zwei in seinem Alleineigentum stehende Liegenschaften BGE 138 III 497 S. 511 (Wohnhäuser mit Garagengebäuden) durch unentgeltliche Übertragung auf seine Ehefrau dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen suchte. Demgegenüber waren die Söhne vorliegend am angefochtenen Rechtsgeschäft, durch welches sie potenziell begünstigt wurden, gerade nicht beteiligt. Während sich bei Ehegatten aufgrund der tatsächlichen Lebensgemeinschaft und der ökonomischen Verbundenheit allenfalls der Standpunkt vertreten liesse, der Abschluss eines Erbverzichtsvertrages habe dem anderen Ehegatten trotz der Tatsache, dass er am betreffenden Geschäft nicht beteiligt war, ebenso wenig verborgen bleiben können wie die desolate Finanzlage, weil hierüber zwischen Ehegatten naturgemäss Gespräche geführt würden, lässt sich solches mit Bezug auf erwachsene Söhne nicht behaupten. Damit die vorerwähnte Vermutung im Vater-Sohn-Verhältnis auch mit Bezug auf Rechtsgeschäfte, an welchen diese nicht beteiligt waren, greifen könnte, müsste die Beschwerdeführerin zumindest konkrete Anhaltspunkte liefern, die Anlass zur Annahme geben könnten, dass die Begünstigten um die betreffenden Sachumstände wussten oder bei pflichtgemässer Sorgfalt hätten wissen müssen, denn grundsätzlich ist der Anfechtungsgläubiger für alle drei Tatbestandsmerkmale der Absichtspauliana beweispflichtig ( BGE 134 III 452 E. 2 S. 454; BGE 136 III 247 E. 3 S. 250; BGE 137 III 268 E. 3 und 4 S. 282). Solche Anhaltspunkte - wie sie im Übrigen auch bei BGE 40 III 293 und beim Urteil 5A_747/2010 vom Anfechtungsgläubiger geliefert worden waren - hat die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren nach den Feststellungen des Obergerichts nicht bzw. nicht rechtzeitig vorgebracht; zum Verhältnis zwischen Vater und Söhnen ist aus dem angefochtenen Urteil nicht das Geringste bekannt. Eine Verletzung von Art. 8 ZGB, wie die Beschwerdeführerin sie moniert, ist deshalb in der vorliegend zu beurteilenden Konstellation nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund der unbewiesenen Erkennbarkeit kann im Übrigen offenbleiben, ob die übrigen Tatbestandsmerkmale von Art. 288 SchKG erfüllt wären.
Urteilskopf
72. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen YA. und Mitb. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_68/2012 vom 16. Mai 2012
Regeste Art. 578 ZGB ; Art. 285 ff. SchKG ; erbrechtliche und paulianische Anfechtungsklagen im Zusammenhang mit einem Erbverzichtsvertrag zugunsten der eigenen Nachkommen. Anfechtbar gemäss Art. 578 ZGB ist nur die Ausschlagung, nicht auch ein Erbverzichtsvertrag (E. 3). Frage des Rechtsmissbrauches (E. 4). Frage des Herabsetzungsanspruches (E. 5). Der Erbverzichtsvertrag zugunsten der eigenen Kinder ist weder Schenkung noch unentgeltliche Verfügung im Sinn von Art. 286 SchKG (E. 6). Ausführungen zur Absichtspauliana (E. 7).
Regeste
Art. 578 ZGB ; Art. 285 ff. SchKG ; erbrechtliche und paulianische Anfechtungsklagen im Zusammenhang mit einem Erbverzichtsvertrag zugunsten der eigenen Nachkommen. Anfechtbar gemäss Art. 578 ZGB ist nur die Ausschlagung, nicht auch ein Erbverzichtsvertrag (E. 3). Frage des Rechtsmissbrauches (E. 4). Frage des Herabsetzungsanspruches (E. 5). Der Erbverzichtsvertrag zugunsten der eigenen Kinder ist weder Schenkung noch unentgeltliche Verfügung im Sinn von Art. 286 SchKG (E. 6). Ausführungen zur Absichtspauliana (E. 7).
Art. 578 ZGB Art. 285 ff. SchKG Anfechtbar gemäss Art. 578 ZGB ist nur die Ausschlagung, nicht auch ein Erbverzichtsvertrag (E. 3). Frage des Rechtsmissbrauches (E. 4). Frage des Herabsetzungsanspruches (E. 5). Der Erbverzichtsvertrag zugunsten der eigenen Kinder ist weder Schenkung noch unentgeltliche Verfügung im Sinn von Art. 286 SchKG (E. 6). Ausführungen zur Absichtspauliana (E. 7).
Art. 578 ZGB Art. 286 SchKG Sachverhalt ab Seite 498
Sachverhalt ab Seite 498 BGE 138 III 497 S. 498
BGE 138 III 497 S. 498
YA. (Beschwerdegegner 1) ist der Vater von YB. und YC. (Beschwerdegegner 2 und 3).
Die X. AG (Beschwerdeführerin) gewährte dem Beschwerdegegner 1 im Jahr 1991 ein verzinsliches Darlehen über Fr. 1'300'000.-. Dieser leistete 1992 bis 1994 Abzahlungen.
Am 7. Februar 2001 betrieb die Beschwerdeführerin den Beschwerdegegner 1. Auf dessen Rechtsvorschlag hin machte sie eine Teilforderung gerichtlich geltend, der ihr mit Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 6. Dezember 2005 zugesprochen wurde. Die gegen den Beschwerdegegner 1 eingeleitete Betreibung führte am 13. Februar 2007 zu einem definitiven Verlustschein.
Am 18. Dezember 2002 schloss der Beschwerdegegner 1 mit seiner Mutter Z. einen Erbverzichtsvertrag, in welchem er zugunsten seiner beiden Söhne auf sein Erbe verzichtete. Am 2. Dezember 2007 verstarb Z. Sie hinterliess drei Kinder.
Am 6. August 2008 klagte die X. AG beim Bezirksgericht gegen die Beschwerdegegner 1-3 mit dem Hauptbegehren, es seien die Zustimmung des Beschwerdegegners 1 zum Erbverzichtsvertrag sowie dieser Vertrag gemäss Art. 578 ZGB aufzuheben, eventualiter sei deren Anfechtbarkeit im Sinn von Art. 578 ZGB festzustellen, und es sei die amtliche Liquidation des Nachlasses anzuordnen; eventualiter verlangte sie, es seien die Beschwerdegegner unter solidarischer Haftbarkeit zu verpflichten, ihr Fr. 508'246.55 zu bezahlen, subeventualiter seien die Erbteile bzw. Zuwendungen an die Beschwerdegegner 2 und 3 im Sinn von Art. 522 ff. ZGB proportional auf jenen Bruchteil ihres Wertes herabzusetzen, der dem Beschwerdegegner 1 BGE 138 III 497 S. 499 einen Wertanteil von Fr. 508'246.55, maximal jedoch seinen vollen Pflichtteil von einem Viertel des Gesamtnachlasses verschaffe.
Art. 578 ZGB Art. 578 ZGB Art. 522 ff. ZGB BGE 138 III 497 S. 499
Mit Urteilen vom 12. Januar 2010 bzw. 5. Dezember 2011 wiesen sowohl das Bezirksgericht als auch das Obergericht des Kantons Zürich die Klage ab.
Gegen das obergerichtliche Urteil hat die X. AG am 23. Januar 2012 eine Beschwerde in Zivilsachen eingereicht, im Wesentlichen mit den Anträgen auf dessen Aufhebung und Zuspruch der vorgenannten Klagebegehren, eventualiter um Rückweisung der Sache an das Obergericht zur Neubeurteilung.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. Wie bereits im kantonalen Verfahren macht die Beschwerdeführerin auch vor Bundesgericht eine falsche Anwendung von Art. 578 ZGB (dazu E. 3) oder jedenfalls ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beschwerdegegners 1 geltend, indem dieser mit dem Erbverzichtsvertrag die Anfechtungsmöglichkeit des Gläubigers mit Bezug auf die Ausschlagung des Erbes habe umgehen wollen (dazu E. 4). Im Eventualstandpunkt beruft sich die Beschwerdeführerin auf die Bestimmungen über die Herabsetzungsklage gemäss Art. 522 ff. ZGB (dazu E. 5). Überdies macht sie weiterhin einen Anfechtungsanspruch im Sinn von Art. 286 oder 288 SchKG geltend (dazu E. 6 und 7).
2. Art. 578 ZGB Art. 522 ff. ZGB Art. 286 oder 288 SchKG Hinsichtlich der obergerichtlichen Erwägung, wonach Art. 578 ZGB einen Ausgleich für die getäuschte Hoffnung der Gläubiger zum Zweck habe, nennt die Beschwerdeführerin verschiedene Beweismittel (u.a. Zeugeneinvernahmen) mit Bezug auf ihre angebliche Erwartung als Gläubigerin, dass der Beschwerdegegner 1 dereinst ein ansehnliches Vermögen erbe, und sie beruft sich dabei auf Art. 99 Abs. 1 BGG. Indes wird nicht dargetan, inwiefern die Voraussetzungen für ein nachträgliches Einreichen von Beweismitteln gegeben sein sollen; Gründe sind denn auch nicht ersichtlich, da die Beschwerdeführerin offensichtlich eine umfassende Auslegung mit Blick auf Sinn und Zweck des von ihr als verletzt angerufenen Art. 578 ZGB durch das Obergericht zu gewärtigen hatte. BGE 138 III 497 S. 500
Art. 578 ZGB Art. 99 Abs. 1 BGG Art. 578 ZGB BGE 138 III 497 S. 500
Unzulässig ist ferner das Nachschieben von Sachverhaltselementen, die im angefochtenen Urteil nicht festgestellt sind, wie dies insbesondere in Rz. 92 ff. der Beschwerde geschieht.
3. Umstritten ist zunächst die Auslegung von Art. 578 ZGB, den die Beschwerdeführerin auch auf den Erbverzichtsvertrag angewandt wissen möchte.
3. Art. 578 ZGB 3.1 Im Zusammenhang mit dieser Norm verneinte das Obergericht die Passivlegitimation der Beschwerdegegner 2 und 3. Die Beschwerdeführerin kritisiert dies.
3.1 Die in der Literatur kontrovers diskutierte Frage (Passivlegitimation des ausschlagenden Erben: TUOR/PICENONI, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1964, N. 12 zu Art. 578 ZGB ; SCHWANDER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 7 zu Art. 578 ZGB ; HÄUPTLI, in: Erbrecht, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2011, N. 13 zu Art. 578 ZGB ; Passivlegitimation der Begünstigten: ESCHER, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1960, N. 10 zu Art. 578 ZGB ; PIOTET, Erbrecht, SPR Bd. IV/2, 1981, S. 645; GÜBELI, Gläubigerschutz im Erbrecht, 1999, S. 107) wurde bereits in BGE 55 II 18 E. 3 S. 19 dahingehend entschieden, dass die Klage ausschliesslich gegen den ausschlagenden Erben zu richten ist. Es besteht kein Anlass, auf diese Rechtsprechung zurückzukommen, und zwar auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass das Bundesgericht seinen Entscheid damit begründet hat, dass es sich bei der Ausschlagung um ein einseitig vorgenommenes Rechtsgeschäft handle: Vorliegend zielt die Beschwerdeführerin zwar auf den Erbverzichtsvertrag, der im Unterschied zur Ausschlagung kein einseitiges Rechtsgeschäft ist; indes waren die Beklagten 2 und 3 an diesem ebenso wenig beteiligt. Sodann ist die Rechtsfolge nicht, dass die Begünstigten die Vollstreckung ins betreffende Substrat zu dulden haben ( Art. 285 Abs. 1 und Art. 291 Abs. 1 SchKG ; BGE 135 III 265 E. 3 S. 268), sondern die amtliche Liquidation des Nachlasses ( Art. 578 Abs. 2 ZGB ).
Art. 578 ZGB Art. 578 ZGB Art. 578 ZGB Art. 578 ZGB BGE 55 II 18 Art. 285 Abs. 1 und Art. 291 Abs. 1 SchKG Art. 578 Abs. 2 ZGB 3.2 In materieller Hinsicht befand das Obergericht, die Erbanwartschaft habe in keiner Weise als Sicherheit für das gewährte Darlehen gedient und die Beschwerdeführerin mache auch nicht geltend, sie habe darauf vertrauen dürfen, dass die Rückforderung des Darlehens dereinst aus dem fraglichen Erbe gedeckt werde. Genau darauf ziele aber Art. 578 ZGB, indem er die Ausschlagung in fraudem creditorum als anfechtbar erkläre. Es handle sich dabei um den Schutz der Gläubiger mit Bezug auf Vermögenswerte, die mit dem Erbgang BGE 138 III 497 S. 501 bereits an den ausschlagenden Erben übergegangen seien. Ein Schutz im Hinblick auf blosse Erbanwartschaften sei dagegen vom Gesetz nicht vorgesehen. Ebenso wenig bestehe Schutz gegen eine aus der Annahme einer Erbschaft erwachsende Benachteiligung der Erbengläubiger; der Gesetzgeber habe das in den Entwürfen zum ZGB diesbezüglich vorgesehene Mittel der amtlichen Liquidation abgelehnt mit der Begründung, dass es dem Schuldner freistehe, durch Eingehung neuer Verbindlichkeiten die Lage der Gläubiger zu verschlechtern. Diesem Tatbestand könne der (erbvertragliche) Verzicht auf Vermögenswerte oder das Nichteintreiben von Ansprüchen gleichgesetzt werden. Sodann sehe das Gesetz andere Schutzmöglichkeiten des Gläubigers vor (Art. 609 Abs. 1 sowie Art. 524 Abs. 1 und 2 ZGB ). Umgekehrt werde bei Art. 480 ZGB die Familie des Erblassers gegen eine Benachteiligung auf Kosten der Erbengläubiger geschützt. Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass die Gläubiger eines Erben vor dem Erbanfall keinen geschützten Anspruch auf das Vermögen des Erblassers hätten; einerseits stehe es diesem frei, sein Vermögen zu verbrauchen, und andererseits stehe es dem Schuldner frei, auf die Erbanwartschaft zu verzichten, weshalb ein Gläubiger grundsätzlich immer mit einer möglichen Verschlechterung des Haftungssubstrates rechnen müsse.
3.2 Art. 578 ZGB BGE 138 III 497 S. 501
Art. 524 Abs. 1 und 2 ZGB Art. 480 ZGB 3.3 Die Beschwerdeführerin ist zusammengefasst der Meinung, dass es keinen Unterschied mache, ob der Erbe auf sein Erbe vertraglich verzichte oder ob er dieses ausschlage, weshalb die Anfechtungsmöglichkeit im Sinn von Art. 578 ZGB über den Gesetzeswortlaut hinaus in beiden Konstellationen greifen müsse, zumal die Willensäusserung des Beschwerdegegners 1 beim Erbverzichtsvertrag letztlich als antizipierte Ausschlagung interpretiert werden müsse. Es sei nicht plausibel, weshalb die in Art. 578 ZGB verpönte Gläubigerschädigung plötzlich zulässig sein soll, wenn sie in Form eines Erbverzichtsvertrages herbeigeführt werde, gehe es doch in beiden Konstellationen darum, dass die Vergrösserung des Vermögens verhindert werde.
3.3 Art. 578 ZGB Art. 578 ZGB 3.4 Grundsätzlich haftet der Schuldner für eingegangene Verpflichtungen mit seinem gesamten persönlichen Vermögen. Bei ausbleibender Tilgung fälliger Schulden kann er vom Gläubiger betrieben und kann in sein Vermögen vollstreckt werden, wobei alle ihm gehörenden verkehrsfähigen Vermögenswerte pfändbar sind. Unpfändbar sind Anwartschaften oder Rechte mit ungewisser Entstehung und von ungewissem Umfang ( BGE 97 III 23 E. 2 S. 27; BGE 99 III 52 BGE 138 III 497 S. 502 E. 3 S. 55), wozu insbesondere auch die Erbanwartschaft gehört ( BGE 73 III 149 ). Pfändbar ist hingegen der Liquidationsanteil an einer angefallenen, aber noch nicht verteilten Erbschaft (vgl. BGE 130 III 652 ; BGE 135 III 179 ), weil dieser einen zurechenbaren Vermögenswert des Erben darstellt; die Abwicklung erfolgt hier nach der Verordnung vom 17. Januar 1923 über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen (VVAG; SR 281.41).
3.4 BGE 138 III 497 S. 502
BGE 73 III 149 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass eine Erbanwartschaft des Schuldners für den Gläubiger keine gesicherte Kreditierungsbasis, sondern eine blosse Hoffnung auf zukünftigen Anfall von Vollstreckungssubstrat darstellt. Der Erblasser kann bis zum Todeszeitpunkt frei über sein Vermögen verfügen, so dass sich die Hoffnung des Gläubigers selbst bei einem Pflichtteilserben zerschlagen kann. Ebenso wenig hat er Möglichkeiten zur Beeinflussung der persönlichen Vermögenslage des Schuldners; so kann dieser über vorhandene Vermögenswerte verfügen oder seine Bonitätslage auch durch Eingehen weiterer Verpflichtungen verschlechtern. Will der Gläubiger in seinem Glauben auf vertragskonforme Erfüllung auf keinen Fall enttäuscht werden, muss er sich deshalb ausreichende persönliche oder dingliche Sicherheiten stellen lassen.
Dies heisst aber nicht, dass der ungesicherte Gläubiger über keinerlei Mittel gegen den unredlich handelnden Schuldner verfügen würde; vielmehr hat der Gesetzgeber im Erb- wie auch im Zwangsvollstreckungsrecht verschiedene Behelfe zur Verfügung gestellt. Vorliegend interessiert Art. 578 Abs. 1 ZGB, welcher dem Gläubiger, der nicht anderweitig sichergestellt wird, eine Anfechtungsmöglichkeit gibt, wenn ein überschuldeter Erbe die Erbschaft mit dem Zweck ausgeschlagen hat, sie dem Gläubiger zu entziehen. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin lässt sich daraus aber keine Anfechtungsmöglichkeit mit Bezug auf einen Erbvertrag ableiten.
Art. 578 Abs. 1 ZGB Ein solches Ansinnen scheitert vorliegend bereits an der grammatikalischen Auslegung von Art. 578 ZGB, weil das Bundesgericht an einen klaren und unzweideutigen Gesetzeswortlaut gebunden ist, sofern dieser den wirklichen Sinn der Norm wiedergibt. Zwar sind Abweichungen von einem klaren Wortlaut zulässig oder sogar geboten, wenn triftige Gründe zur Annahme bestehen, dass dieser nicht dem wahren Sinn der Bestimmung entspricht; solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften BGE 138 III 497 S. 503 ergeben (systematische, teleologische, historische und rechtsvergleichende Auslegung, vgl. BGE 127 III 318 E. 2b S. 322 f.; BGE 130 III 76 E. 4 S. 82; BGE 133 III 257 E. 2.4 S. 265). Vorliegend ist indes aufgrund des vom Gesetzgeber bloss punktuell gewährten Gläubigerschutzes, angesichts der systematischen Einordnung der Regelung in den Bestimmungen über die Ausschlagung ( Art. 566-579 ZGB ) sowie vor dem Hintergrund der Materialien (vgl. namentlich die von EUGEN HUBER verfassten Erläuterungen zum Vorentwurf eines schweizerische Zivilgesetzbuches, Bd. I, 2. Aufl. 1914, S. 401, wo davon die Rede ist, dass nicht der Lehrmeinung zu folgen sei, wonach der im negativen Erbvertrag erklärte Erbverzicht als eine Verpflichtung zur Ausschlagung der Erbschaft oder als Verzicht auf die Geltendmachung der Herabsetzungs- und Erbschaftsklage aufzufassen sei, sondern dass das ZGB der Anschauung folge, wonach der Erbverzicht eine Aufhebung der Erbenqualität bedeute) nicht ersichtlich, inwiefern der klare Wortlaut der Norm nicht dem wirklichen Willen des Gesetzgebers entsprechen und Art. 578 ZGB auf etwas anderes als die Ausschlagung anwendbar sein soll. Insbesondere lässt sich solches auch nicht aus BGE 128 III 314 oder BGE 131 III 49 ableiten; diese Entscheide betreffen ganz andere Konstellationen und tragen nichts zur Auslegung von Art. 578 ZGB bei.
Art. 578 ZGB BGE 138 III 497 S. 503
Art. 566-579 ZGB Art. 578 ZGB Art. 578 ZGB Nach dem Gesagten kann der Beschwerdeführerin nicht durch Gesetzesauslegung im Sinn von Art. 1 Abs. 1 ZGB, sondern könnte ihr höchstens durch richterliche Lückenfüllung modo legislatoris im Sinn von Art. 1 Abs. 2 ZGB geholfen werden. Indes enthält die Beschwerde keine entsprechenden Ausführungen und das Bundesgericht prüft die Rechtsanwendung aufgrund von Art. 42 Abs. 2 BGG nur im Rahmen begründeter Vorbringen, was umso mehr für eine Lückenfüllung zu gelten hat, welche vor dem Hintergrund der Begründungspflicht nicht von Amtes wegen vorzunehmen wäre. Ohnehin dürfte aber keine Gesetzeslücke vorliegen, weil grundsätzlich der Kreditor das Kreditrisiko zu tragen hat und der Gesetzgeber dem Gläubiger nur punktuell Behelfe zur Verfügung stellen wollte (z.B. Art. 497, 524, 578, 579, 594, 609 ZGB sowie Art. 285 ff. SchKG ).
Art. 1 Abs. 1 ZGB Art. 1 Abs. 2 ZGB Art. 42 Abs. 2 BGG Art. 285 ff. SchKG Eine andere Frage ist, ob der Beschwerdegegner allenfalls das Institut des Erb(verzichts)vertrages missbraucht hat. Sie steht aber, obwohl in der Beschwerde damit vermengt (indem der Verzicht unzutreffend als "antizipierte Ausschlagung" charakterisiert wird), in keinem Zusammenhang mit der Auslegung bzw. Anwendung von Art. 578 ZGB und ist deshalb im Folgenden eigenständig zu prüfen. BGE 138 III 497 S. 504
Art. 578 ZGB BGE 138 III 497 S. 504
4. Die Beschwerdeführerin begründet den Rechtsmissbrauch mit der tautologischen Begründung, der Erbverzichtsvertrag diene nicht dazu, die Erbschaft den Gläubigern des Erben zu entziehen, denn es gäbe Art. 578 ZGB nicht, wenn es ein vom Gesetzgeber toleriertes Ziel wäre, die Gläubiger des Erben auf diese Art um ihre Ansprüche zu bringen. Sie führt weiter an, dass der vom Beschwerdegegner 1 erklärte Erbverzicht zugunsten der eigenen Kinder gegen den Redlichkeitsstandard von Treu und Glauben verstosse und ihr Vertrauen verletzt habe; die bewusste Benachteiligung der Gläubiger müsse aber generell als rechtsmissbräuchlich qualifiziert werden.
4. Art. 578 ZGB 4.1 Zunächst ist festzuhalten, dass das Eingehen eines Erbverzichtsvertrages im Grundsatz keinen Verstoss gegen Treu und Glauben im Zusammenhang mit der viele Jahre früher eingegangenen Darlehensverpflichtung bedeutet: Nach dem Gesagten trägt prinzipiell der Kreditor das Kreditrisiko und steht es dem Schuldner frei, seine Bonität durch das Eingehen weiterer Schulden, durch Erlass ihm zustehender Forderungen oder durch Verzicht auf prozessuale Durchsetzung derselben zu verschlechtern. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf den in BGE 125 III 257 E. 2a S. 259 angesprochenen "Redlichkeitsstandard" ist deshalb für die vorliegend zu beurteilende Fallkonstellation nicht topisch, zumal im Zusammenhang mit dem seinerzeitigen Eingehen des Darlehensvertrages und dem Jahre danach abgeschlossenen Erbverzichtsvertrag auch kein venire contra factum proprium ersichtlich ist. Davon könnte höchstens die Rede sein, wenn der Erbverzicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrages stünde oder darin vom Erbanfall als zukünftige Haftungsbasis die Rede wäre.
4.1 Vorliegend steht vielmehr, wie die Beschwerdeführerin ebenfalls vorträgt, der im Sinn von Art. 2 Abs. 2 ZGB verpönte Rechtsmissbrauch im Vordergrund, und zwar in der Ausprägungsform des sog. Institutsmissbrauchs (dazu statt vieler: HONSELL, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 3. Aufl. 2006, N. 51 zu Art. 2 ZGB ). Nachfolgend zu prüfen ist mithin, ob der Beschwerdegegner 1 das Institut des Erbverzichtsvertrages in einer derart anderen als der ihm vom Gesetzgeber angedachten Form verwendet hat, dass von Rechtsmissbrauch im Sinn eines Institutsmissbrauchs ausgegangen werden muss.
Art. 2 Abs. 2 ZGB Art. 2 ZGB 4.2 Der Erbvertrag ist kein in sich geschlossenes Institut. Er kann höchst unterschiedliche Motive haben (namentlich auch steuerliche) und vielfältige Ausprägung erfahren, sowohl in der Form des BGE 138 III 497 S. 505 Erbeinsetzungs- ( Art. 494 ZGB ) als auch des Erbverzichtsvertrages ( Art. 495 ZGB ). Betroffen ist in der Regel nicht nur das Verhältnis zwischen Erblasser und erklärendem Vertragspartner, sondern auch dasjenige der Erben untereinander sowie dasjenige zwischen erklärendem Erben und dessen Umfeld. Dass diese einzelnen Rechtsbeziehungen in einem Spannungsfeld stehen und teilweise unbillige Folgen eintreten können, war dem Gesetzgeber durchaus bewusst, weshalb er im Zusammenhang mit den Erbverträgen ebenfalls punktuelle Korrekturmöglichkeiten vorgesehen hat (z.B. Art. 494 Abs. 3, Art. 514, 527, 535 f. und 626 Abs. 2 ZGB).
4.2 BGE 138 III 497 S. 505
Art. 494 ZGB Art. 495 ZGB Vorliegend wurde ein Erbverzichtsvertrag abgeschlossen. Dieser kann entgeltlich (sog. Erbauskauf) oder unentgeltlich erfolgen (statt vieler: BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 3 zu Art. 495 ZGB ). Sodann stellt Art. 495 Abs. 3 ZGB klar, dass der Erbverzichtsvertrag grundsätzlich auch gegenüber den Nachkommen des Verzichtenden wirkt, indes eine andere Parteivereinbarung möglich ist. Ermöglicht aber das Gesetz den unentgeltlichen Verzicht zugunsten der Nachkommen, so ist die vorliegende, von der Beschwerdeführerin als "Missbrauch" angesehene Situation geradezu im Gesetz bzw. im gesetzlich zugelassenen Handlungsspielraum angelegt. Insofern ist nicht zu sehen, inwiefern diesbezüglich von einer Zweckentfremdung des Institutes des Erbverzichtsvertrages gesprochen werden könnte, zumal der Verzicht auf eine Anwartschaft entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin nicht mit der Ausschlagung angefallener Vermögenswerte gleichgesetzt werden kann. So ist denn auch die Lehre, soweit sie sich zum Problem äussert, der Ansicht, dass im Zusammenhang mit Erbverzichtsverträgen kein Schutz der Gläubiger des verzichtenden Erben besteht, selbst wenn der Verzicht ohne Gegenleistung erfolgte (STEINAUER, Le droit des successions, 2006, Rz. 652; BREITSCHMID, op. cit., N. 1 zu Art. 497 ZGB ).
Art. 495 ZGB Art. 495 Abs. 3 ZGB Art. 497 ZGB 5. Im Eventualstandpunkt macht die Beschwerdeführerin einen Herabsetzungsanspruch gemäss Art. 522 ff. ZGB geltend. Indes gehen die auf Art. 524 ZGB gestützten Rechte des über Verlustscheine verfügenden Erbengläubigers nicht weiter als der Herabsetzungsanspruch, wie er im Rahmen von Art. 522 f. ZGB dem Erben selbst zugestanden hätte. Derjenige, der im Rahmen eines Erbvertrages auf sein Erbe verzichtet hat, wird aber gar nie Erbe, insbesondere auch nicht "Erbe" im Sinn von Art. 522 Abs. 1 ZGB, da mit dem Verzicht auf die Erbanwartschaft auch der Pflichtteilsschutz verloren BGE 138 III 497 S. 506 gegangen ist (BÜTTIKOFER, Der Erbverzicht nach schweizerischem ZGB [...], 1942, S. 88). Entsprechend kann auch sein Gläubiger nicht "Gläubiger des Erben" im Sinn von Art. 524 ZGB sein und kraft Legalzession in den Genuss der Herabsetzungsansprüche kommen. Einzig dem nicht verzichtenden Pflichtteilserben - und folglich dessen Gläubiger - könnte mit Bezug auf die vom Verzichtenden empfangene Gegenleistung ein Herabsetzungsanspruch zustehen (vgl. Art. 527 Ziff. 2 ZGB ).
5. Art. 522 ff. ZGB Art. 524 ZGB Art. 522 Abs. 1 ZGB BGE 138 III 497 S. 506
Art. 524 ZGB Art. 527 Ziff. 2 ZGB 6. Die Beschwerdeführerin macht eine Schenkungspauliana geltend, in welcher Hinsicht die doppelte Frist von Art. 286 Abs. 1 i.V.m. Art. 288a Ziff. 4 SchKG einerseits und von Art. 292 Ziff. 1 SchKG andererseits unbestrittenermassen eingehalten ist. Sodann können die paulianischen Anfechtungsklagen zusätzlich zu den erbrechtlichen Anfechtungsansprüchen geltend gemacht werden, wie bereits aus der Botschaft zum SchKG hervorgeht (dazu E. 6.3; vgl. sodann die Zusammenstellung der die Frage kontrovers behandelnden Literatur bei GÜBELI, a.a.O., S. 103 Fn. 3).
6. Art. 288a Ziff. 4 SchKG Art. 292 Ziff. 1 SchKG 6.1 Die Anfechtungsklage richtet sich gegen die Personen, die mit dem Schuldner die anfechtbaren Rechtsgeschäfte abgeschlossen haben oder von ihm in anfechtbarer Weise begünstigt wurden. Pasivlegitimiert sind deshalb stets die tatsächlich begünstigten Personen, also diejenigen, denen die fraglichen Vermögenswerte aufgrund der anfechtbaren Rechtshandlung zugeflossen sind ( BGE 135 III 265 E. 3 S. 268). Demzufolge ist der Beschwerdegegner 1 vorliegend nicht passivlegitimiert.
6.1 6.2 In der Sache selbst hat das Obergericht erwogen, dass der Erbverzicht zugunsten der beiden Söhne keine Schenkung darstelle, weil diese nach der Legaldefinition von Art. 239 Abs. 1 OR "aus seinem Vermögen" erfolgen müsste, was beim Erbverzicht nicht der Fall sei. Sodann mache gemäss Art. 239 Abs. 2 OR keine Schenkung, wer auf ein Recht verzichte, bevor er es erworben habe, oder eine Erbschaft ausschlage; bewirke aber nicht einmal die Ausschlagung eine Schenkung, so könne dies umso weniger beim Erbverzicht der Fall sein.
6.2 Art. 239 Abs. 1 OR Art. 239 Abs. 2 OR Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt - die Erblasserin hätte die Beschwerdegegner 2 und 3 ebenso gut per Testament einsetzen können, statt dass der Beschwerdegegner 1 zu deren Gunsten verzichtet habe; aus diesem Grund habe dieser faktisch verfügt und stellte der Erbverzichtsvertrag eine Schenkung zugunsten seiner BGE 138 III 497 S. 507 beiden Söhne dar -, überzeugt nicht. Der Erbverzicht verhindert die zukünftige Entstehung des Erbrechts der verzichtenden Partei; er betrifft mithin nicht ein gegenwärtiges, sondern ein zukünftiges Recht (HRUBESCH-MILLAUER, Der Erbvertrag: Bindung und Sicherung des [letzten] Willens des Erblassers, 2008, Rz. 619). Er bewirkt daher als solcher keine Vermögensverschiebung, weshalb die Kriterien der Legaldefinition der Schenkung nicht erfüllt sind.
BGE 138 III 497 S. 507
6.3 Zu prüfen ist weiter die Frage, ob der Erbverzicht zugunsten der beiden Söhne als "unentgeltliche Verfügung" im Sinn von Art. 286 SchKG anzusehen ist.
6.3 Art. 286 SchKG Das Obergericht hat befunden, dass es bei Art. 285 ff. SchKG um die Entäusserung bereits zustehenden Haftungssubstrates gehe. Es sei dem Schuldner grundsätzlich möglich, den Erwerb neuen Vermögens zu unterlassen oder auf die Anfechtung einer Enterbung zu verzichten. Die geltende Rechtsordnung sehe in diesem Zusammenhang keinen Schutz der Gläubiger des präsumtiven Erben vor, soweit nicht der Anspruch des Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet worden sei ( Art. 609 ZGB ) oder die Erbschaft durch einen überschuldeten Erben mit dem Zweck ausgeschlagen werde, dass sie seinen Gläubigern entzogen bleibe ( Art. 578 ZGB ).
Art. 285 ff. SchKG Art. 609 ZGB Art. 578 ZGB Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass der Begriff der unentgeltlichen Verfügung wesentlich über denjenigen der Schenkung hinausgehe und nach dem Willen des Gesetzgebers insbesondere auch der Erbverzicht anfechtbar sei. Sie verweist dazu auf die Botschaft zum Entwurf für ein SchKG, wonach auch der Verzicht auf zustehende Ansprüche sowie "Erbschaftsentsagungen" unentgeltliche Verfügungen seien.
Der Entwurf des SchKG sah in Art. 41 ff. verschiedene Bestimmungen über die Anfechtungsklage vor, wobei gemäss Art. 45 Abs. 1 "Schenkungen und anderweitige unentgeltliche Verfügungen" anfechtbar sein sollten (BBl 1886 II 92). Die Botschaft des Bundesrates hatte in diesem Zusammenhang nebst dem Verzicht auf zustehende Rechte auch "Erbschaftsentsagungen" als Beispiel für eine unentgeltliche Verfügung angeführt (BBl 1886 II 58). Damit war aber nicht der Erbverzicht, sondern die Ausschlagung der Erbschaft gemeint. Dies wird vollends klar aus der französischen Fassung der Botschaft, wo von "répudiations d'héritage" die Rede ist (FF 1886 II 55). Im Sinn des später erlassenen ZGB kann deshalb nur die "répudiation" gemäss Art. 566 ff. und nicht die "renonciation à BGE 138 III 497 S. 508 succession" im Sinn von Art. 495 Abs. 1 gemeint sein. In der Tat ist denn die Ausschlagung einer werthaltigen Erbschaft, nicht aber der Verzicht auf die Erbenstellung als unentgeltliche Verfügung im Sinn von Art. 286 SchKG anzusehen, wie die folgenden Ausführungen zeigen.
BGE 138 III 497 S. 508
Art. 286 SchKG Die Lehre ist sich nicht ganz einig darüber, ob die "unentgeltliche Verfügung" begrifflich wesentlich über die "Schenkung" hinausgehe oder ob einfach auch entsprechende einseitige Rechtsgeschäfte erfasst sein sollen. Für den vorliegend zu beurteilenden Fall ist aber nicht zu sehen, inwiefern dies eine Rolle spielen könnte; aus der Gesetzessystematik ergibt sich vielmehr, dass es bei beiden Spielarten um gläubigerschädigende Liberalität des Schuldners geht. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung fusst deshalb auf der Prämisse, dass eine unentgeltliche Verfügung im Sinn von Art. 286 ZGB vorliegt, wenn der Schuldner eine Leistung erbringt oder eine Verpflichtung eingeht, mithin eine Beschwerung seines Vermögens vollzieht, ohne dass er hierzu rechtlich verpflichtet wäre und ohne dass er hierfür eine Gegenleistung erhielte (ausführlich BGE 31 II 350 E. 3 S. 351 f.; sodann BGE 95 III 47 E. 2 S. 51 f.). Angesprochen ist damit die sog. Zuwendung, also die Rechtshandlung, durch welche jemand einem anderen einen Vorteil verschafft, der in einer Vergrösserung des Vermögens oder in der Abwendung einer drohenden Vermögensverminderung besteht (vgl. dazu VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. I, 1979, S. 198 ff.). Es geht bei Art. 286 SchKG mithin um Leistungen oder Verpflichtungen, die zu einer Verminderung der Aktiven oder der Vermehrung der Passiven führen (STAEHELIN, Die Anfechtungsklagen, BlSchK 1997 S. 83). Solche Vermögensdispositionen sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beispielsweise gegeben beim Eingehen einer Bürgschaft, weil die Regressforderung jedenfalls wirtschaftlich keine adäquate Gegenleistung darstellt ( BGE 31 II 350 E. 4 S. 352 f.), bei der Pfandbestellung für eine fremde Schuld ( BGE 49 III 27 ), bei der Zahlung oder Sicherstellung einer fremden Schuld ( BGE 95 III 47 ) sowie gegebenenfalls bei der unwiderruflichen Begünstigung eines Dritten aus einer Personenversicherung ( BGE 34 II 394 E. 5 S. 400; 64 III 85 E. 1 S. 88; vgl. auch Art. 82 VVG ).
Art. 286 ZGB BGE 31 II 350 Art. 286 SchKG BGE 31 II 350 BGE 49 III 27 BGE 34 II 394 64 III 85 Art. 82 VVG Der Verzicht auf die Erbenstellung ist keine solche Leistung oder Verpflichtung. Zwar lässt sich eine Literaturstelle ausfindig machen, wonach der Erbverzicht zugunsten Dritter eine unentgeltliche Verfügung im Sinn von Art. 286 SchKG darstelle (BÜTTIKOFER, a.a.O., BGE 138 III 497 S. 509 S. 141). Diese nicht weiter begründete Auffassung übergeht aber das Kernelement, dass der präsumtive Erbe beim Erbverzicht weder in rechtlicher noch in wirtschaftlicher Hinsicht über einen Vermögenswert disponiert, dies im Unterschied zur Ausschlagung, die in der Literatur zu Recht als Beispiel einer unentgeltlichen Verfügung aufgeführt wird (z.B. BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, 1911, S. 877; SCHÜPBACH, Droit et action révocatoires, 1997, N. 38 zu Art. 286 SchKG ). Die Ausschlagung einer (werthaltigen) Erbschaft bedeutet nämlich insofern eine unentgeltliche Verfügung zugunsten Dritter, als eine kraft Universalsukzession eo ipso angefallene Vermögensposition (vgl. Art. 560 Abs. 1 ZGB ) aufgegeben wird und bei den anderen Erben zu einem entsprechenden Vermögenszuwachs führt. Hier lässt sich ohne weiteres von einer Zuwendung sprechen, die jedenfalls wirtschaftlich aus dem Vermögen des Ausschlagenden erfolgt, und sie führt gleichzeitig gegenüber dem Gläubiger des ausschlagenden Erben zu einem im Sinn von Art. 285 Abs. 1 SchKG verpönten "Entzug von Vermögenswerten". Der Verzicht auf die Erbenstellung, selbst wenn er in Abweichung zur Vermutung von Art. 495 Abs. 3 ZGB zugunsten der Nachkommen erfolgt, bedeutet aber nicht nur juristisch keine Disposition über das eigene Vermögen (vgl. E. 3.3), sondern führt auch wirtschaftlich zu keiner Vermögensverschiebung vom Präsumtiverben zu seinen Nachkommen, da weder auf ein Aktivum verzichtet noch ein solches verschafft wird; die Grosskinder erhalten einzig ein Erbrecht und damit die Anwartschaft, dereinst direkt in das erblasserische Vermögen zu sukzedieren.
Art. 286 SchKG BGE 138 III 497 S. 509
Art. 286 SchKG Art. 560 Abs. 1 ZGB Art. 285 Abs. 1 SchKG Art. 495 Abs. 3 ZGB 7. Die Beschwerdeführerin macht weiter eine Absichtspauliana geltend. Auch in dieser Hinsicht ist die doppelte Frist eingehalten, kann indes der Beschwerdegegner 1 nicht als passivlegitimiert angesehen werden.
7. 7.1 Im angefochtenen Entscheid wurde festgehalten, dass die Absichtspauliana erst vor Obergericht geltend gemacht worden sei und es an einem rechtzeitig vorgebrachten Sachverhalt fehle, der auf eine Anwendung von Art. 288 SchKG schliessen lasse bzw. für eine entsprechende Prüfung überhaupt Anlass geben könnte, müsste doch die Schädigungs- bzw. Benachteiligungsabsicht des Schuldners für die Begünstigten erkennbar gewesen sein, und zwar zur Zeit der Vornahme der anfechtbaren Handlung. Solche Vorbringen seien vor erster Instanz nicht gemacht worden, und den entsprechenden obergerichtlichen Behauptungen stünden diejenigen der BGE 138 III 497 S. 510 Beschwerdegegner 2 und 3 gegenüber, dass sie am Erbverzicht nicht beteiligt gewesen seien und davon keine Kenntnis gehabt hätten.
7.1 Art. 288 SchKG BGE 138 III 497 S. 510
7.2 Diesen Ausführungen versucht die Beschwerdeführerin zu begegnen mit dem Vorbringen, im Vater-Sohn-Verhältnis müsse eine natürliche Vermutung gelten, dass der Begünstigte die effektiv vorhandene schlechte Vermögenslage des Schuldners gekannt habe, zumal diese Vermutung im deutschen Recht für die Begünstigung naher Angehöriger im Gesetz sogar ausdrücklich geregelt sei.
7.2 7.3 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 288 SchKG ist in Würdigung sämtlicher Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls zu beurteilen, ob der Begünstigte die Schädigungsabsicht des Schuldners im Zeitpunkt der Vornahme der anfechtbaren Handlung wirklich erkannt hat oder bei pflichtgemässer Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass als natürliche Folge der angefochtenen Handlung möglicherweise eine Gläubigerschädigung eintritt. Hiermit wird aber keine unbeschränkte Erkundigungspflicht aufgestellt; nur wenn deutliche Anzeichen für eine Gläubigerbegünstigung bzw. -benachteiligung bestehen, darf vom Begünstigten eine sorgfältige Prüfung verlangt werden ( BGE 134 III 4 E. 4.2 S. 456; BGE 135 III 265 E. 2 S. 267). Indes gilt unter nahen Verwandten und Ehegatten eine natürliche Vermutung, dass der Begünstigte die wirklich vorhandene schlechte Vermögenslage des Schuldners kannte (vgl. BGE 40 III 293 E. 2 S. 298; Urteil 5A_747/2010 vom 23. Februar 2011 E. 4.3). Als Folge der Vermutung muss der Anfechtungsgläubiger lediglich den Abschluss eines Vertrages mit dem nahen Angehörigen beweisen (STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 20 zu Art. 288 SchKG ).
7.3 Art. 288 SchKG BGE 40 III 293 Art. 288 SchKG Die in der vorstehend aufgeführten bundesgerichtlichen Rechtsprechung aufgestellte Vermutung bezog sich stets auf Rechtsgeschäfte, an denen der Begünstigte direkt beteiligt war und ihn deshalb der Vorwurf traf, dass er im Zusammenhang mit dem Abschluss des Rechtsgeschäftes jedenfalls nähere Erkundigungen hätte tätigen müssen. So ging es bei BGE 40 III 293 um eine Forderungszession, bei welcher der insolvente Schuldner seinem Bruder, mit dem er in engstem Verhältnis stand und detaillierte Korrespondenz führte, einen Titel abgetreten hatte, und beim Urteil 5A_747/2010 ging es um einen Schenkungsvertrag, mit welchem der bedrängte Schuldner zwei in seinem Alleineigentum stehende Liegenschaften BGE 138 III 497 S. 511 (Wohnhäuser mit Garagengebäuden) durch unentgeltliche Übertragung auf seine Ehefrau dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen suchte. Demgegenüber waren die Söhne vorliegend am angefochtenen Rechtsgeschäft, durch welches sie potenziell begünstigt wurden, gerade nicht beteiligt. Während sich bei Ehegatten aufgrund der tatsächlichen Lebensgemeinschaft und der ökonomischen Verbundenheit allenfalls der Standpunkt vertreten liesse, der Abschluss eines Erbverzichtsvertrages habe dem anderen Ehegatten trotz der Tatsache, dass er am betreffenden Geschäft nicht beteiligt war, ebenso wenig verborgen bleiben können wie die desolate Finanzlage, weil hierüber zwischen Ehegatten naturgemäss Gespräche geführt würden, lässt sich solches mit Bezug auf erwachsene Söhne nicht behaupten. Damit die vorerwähnte Vermutung im Vater-Sohn-Verhältnis auch mit Bezug auf Rechtsgeschäfte, an welchen diese nicht beteiligt waren, greifen könnte, müsste die Beschwerdeführerin zumindest konkrete Anhaltspunkte liefern, die Anlass zur Annahme geben könnten, dass die Begünstigten um die betreffenden Sachumstände wussten oder bei pflichtgemässer Sorgfalt hätten wissen müssen, denn grundsätzlich ist der Anfechtungsgläubiger für alle drei Tatbestandsmerkmale der Absichtspauliana beweispflichtig ( BGE 134 III 452 E. 2 S. 454; BGE 136 III 247 E. 3 S. 250; BGE 137 III 268 E. 3 und 4 S. 282). Solche Anhaltspunkte - wie sie im Übrigen auch bei BGE 40 III 293 und beim Urteil 5A_747/2010 vom Anfechtungsgläubiger geliefert worden waren - hat die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren nach den Feststellungen des Obergerichts nicht bzw. nicht rechtzeitig vorgebracht; zum Verhältnis zwischen Vater und Söhnen ist aus dem angefochtenen Urteil nicht das Geringste bekannt.
BGE 40 III 293 BGE 138 III 497 S. 511
BGE 40 III 293 Eine Verletzung von Art. 8 ZGB, wie die Beschwerdeführerin sie moniert, ist deshalb in der vorliegend zu beurteilenden Konstellation nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund der unbewiesenen Erkennbarkeit kann im Übrigen offenbleiben, ob die übrigen Tatbestandsmerkmale von Art. 288 SchKG erfüllt wären.
Art. 8 ZGB Art. 288 SchKG
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Urteilskopf 138 III 49 8. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. SA et A. contre B. SA (recours en matière civile) 5A_349/2011 du 25 janvier 2012 Regeste Art. 6 Abs. 1, Art. 679 und 684 ZGB ; Verhältnis zwischen den Bestimmungen des schweizerischen Privatrechts über den Schutz vor Immissionen und dem kantonalen öffentlichen Baurecht. Eine durch rechtskräftigen Entscheid einer Verwaltungsbehörde bewilligte Baute verursacht in der Regel keine übermässigen Immissionen im Sinn von Art. 684 ZGB ; Ausnahmen (E. 4). Sachverhalt ab Seite 50 BGE 138 III 49 S. 50 A. A.a B. SA est propriétaire de la parcelle n° 2166 de la commune de C. A. et X. SA sont copropriétaires, pour moitié chacune, de la parcelle voisine n° 2276. Sur ces deux parcelles étaient édifiés des bâtiments à toits plats: le bâtiment sis sur la parcelle n° 2166 était (et est toujours) d'un seul niveau, tandis que celui sis sur la parcelle n° 2276, construit en escalier, en comportait plusieurs. Le plan localisé de quartier n° 28415 du 16 mai 1995 (ci-après: PLQ 1995) autorise, sur environ la moitié de la parcelle n° 2166, une surélévation du bâtiment jusqu'à quatre niveaux. Ce même plan autorise, sur environ la moitié de la parcelle n° 2276, une surélévation du bâtiment jusqu'à trois niveaux. Les toits plats des deux bâtiments voisins étaient adossés l'un à l'autre. Celui de l'immeuble appartenant à B. SA est pourvu de lucarnes à jours zénithaux. Etant donné qu'avant toute surélévation déjà, le bâtiment de A. et X. SA était plus haut que celui sis sur la parcelle voisine, un mur aveugle de 2 m 50 se trouvait le long de la limite de propriété du premier immeuble, à une distance de 3 m 20 des lucarnes du toit plat voisin. A une date non précisée, l'architecte mandaté par A. et X. SA a interpellé l'actionnaire unique de B. SA en vue de lui proposer de s'associer à un projet de surélévation des immeubles. Celui-ci a décliné la proposition, en précisant qu'il était toutefois vendeur de sa parcelle, ce qui avait suscité l'intérêt des copropriétaires, sans toutefois qu'une transaction ne se concrétise par la suite. A.b Le 6 juillet 2007, le Département genevois des constructions, des technologies et de l'information (ci-après: DCTI) a autorisé A. et X. SA à surélever de deux étages leur immeuble, afin d'y créer notamment six appartements. B. SA ne s'est pas opposée à l'octroi de cette autorisation, contrairement à quatre autres personnes, qui ont toutefois retiré leur opposition avant la mi-novembre 2007. L'autorisation de construire est alors entrée en force. A.c Les travaux de surélévation du bâtiment ont débuté le 15 mai 2008. Par courrier du 27 mai 2008, renouvelé le 29 mai 2008, B. SA BGE 138 III 49 S. 51 a formellement interdit à ses voisines d'utiliser sa parcelle pour les besoins de leur chantier avant le versement de 100'000 fr. de sûretés. En outre, par lettre recommandée du 6 juin 2008, B. SA a avisé le DCTI que l'autorisation de construire en cause était viciée en ce sens qu'elle avait permis à tort la création de fenêtres en limite de propriété. Elle a requis la révocation de cette autorisation. Le 1 er juillet 2008, le DCTI a répondu à B. SA que l'autorisation de construire était conforme au plan localisé de quartier, ainsi qu'à toutes les autres dispositions légales et réglementaires, qu'en outre, elle était en force, de sorte qu'il ne donnerait aucune suite à sa dénonciation. A.d Les parties sont en litige au sujet des seize fenêtres du 1 er, 2 e et 3 e étage de la façade nord-ouest du bâtiment, qui ont été nouvellement créées lors de la surélévation de ce dernier. Ces fenêtres ont été pratiquées en limite de propriété, certaines dans le mur précédemment aveugle, en face des lucarnes du toit voisin. Comme les façades des deux bâtiments forment un angle à 90°, la fenêtre oscillo-battante du 1 er étage, située à l'extrême gauche (côté est) du bâtiment nouvellement surélevé, se différencie des quinze autres en ce sens qu'elle a été créée à l'endroit précis où les façades contiguës des immeubles sont censées s'adosser l'une à l'autre une fois surélevées, selon l'implantation prévue par le PLQ 1995; ce dernier permet en effet la surélévation en limite des deux bâtiments. Les seize nouvelles fenêtres suscitent différentes contestations de la part de B. SA. En substance, celle-ci estime qu'elle devra reculer toute future surélévation de son bâtiment de façon à respecter la distance de 4 m que lui imposerait la loi genevoise du 14 avril 1988 sur les constructions et les installations diverses (LCI/GE; RSG L 5 05). C'est pourquoi, elle invoque principalement des pertes de surface, soit 40 m 2 de surface habitable et 72 m 2 de terrasse. Elle prétend également que les locataires voisins peuvent maintenant se promener sur son toit plat depuis le bâtiment surélevé, qu'une colonne de fenêtres du 1 er au 3 e étage ne respectent pas les règles sur les vues droites croisées, ce qui restreint également les possibilités d'habitation, et, enfin, que les fenêtres litigieuses donnant sur le toit plat de son immeuble, sous lequel est aménagée une halle d'exposition, lui causent une perte d'intimité, les locataires du bâtiment surélevé pouvant apercevoir ses activités à travers les lucarnes à jours zénithaux. B. B.a Le 11 juin 2008, B. SA a déposé devant le Tribunal de première instance de Genève une requête de mesures provisionnelles tendant BGE 138 III 49 S. 52 à faire suspendre les travaux de construction. A l'appui de cette requête, elle a fait valoir que le projet de surélévation de l'immeuble voisin contrevenait aux règles de construction relatives aux jours et vues sur le fonds d'autrui (...). Statuant le 30 juillet 2008, l'autorité saisie a rejeté la requête. B.b Par arrêt du 17 octobre 2008, la Cour de justice du canton de Genève a admis le recours formé par B. SA, annulé l'ordonnance précitée et fait interdiction à A. et X. SA de poursuivre leurs travaux de construction sur la parcelle n° 2166 jusqu'à droit connu sur le fond. B.c A. et X. SA ont formé un recours en matière civile, concluant au rejet de la requête de mesures provisionnelles. Par arrêt du 10 juin 2009 (arrêt 5A_791/2008), le Tribunal fédéral a rejeté le recours. (...) C. C.a Le 19 décembre 2008, B. SA a ouvert action devant le Tribunal de première instance de Genève, en validation des mesures provisionnelles. A. et X. SA ont conclu au rejet de la demande. (...) Par jugement du 8 septembre 2010, le tribunal a débouté B. SA de ses conclusions. C.b Par arrêt du 15 avril 2011, la Cour de justice du canton de Genève a admis le recours formé par B. SA contre le jugement précité. Elle a, notamment, ordonné aux intimées de murer la fenêtre oscillo-battante située à l'extrême gauche de la façade nord-ouest du bâtiment D 504, érigé sur leur parcelle n° 2776, dans un délai de 90 jours dès l'entrée en force de l'arrêt (ch. 1) et ordonné aux intimées de pourvoir les quinze ouvertures pratiquées dans la façade de leur bâtiment lors de la surélévation de jours fixes opaques et translucides, dans un délai de 90 jours dès l'entrée en force de l'arrêt (ch. 2). (...) Par arrêt du 25 janvier 2012, le Tribunal fédéral a partiellement admis le recours en matière civile formé par A. et X. SA. (extrait) Erwägungen Extrait des considérants: 4. Les recourantes se plaignent tout d'abord de la violation des art. 8, 679, 684, 686 CC ainsi que d'arbitraire dans l'application du droit cantonal et l'appréciation des preuves. Elles reprochent à l'autorité cantonale d'avoir retenu que la surélévation de leur bâtiment entraîne des immissions excessives aux dépens de l'intimée, bien que cette construction ait été autorisée par décision administrative. BGE 138 III 49 S. 53 4.1 Pour juger si la construction litigieuse constituait une atteinte excessive pour le voisin, au sens de l' art. 684 CC, la cour cantonale s'est employée à examiner la conformité de celle-ci au droit public cantonal des constructions. Elle a alors constaté qu'en principe, les vues droites devaient se trouver à une distance de 4 m de la limite de propriété (cf. art. 45, 48 al. 2 LCI/GE). Toutefois, il pouvait être dérogé à cette règle, soit par un plan localisé de quartier, soit par une servitude inscrite au registre foncier (cf. art. 45 al. 3, 46 al. 1 LCI/ GE). En l'espèce, les recourantes avaient créé des vues droites dans la façade nord-ouest de leur bâtiment, en limite de propriété. Or, leur fonds n'était au bénéfice d'aucune servitude qui aurait permis cette dérogation à la distance réglementaire; par ailleurs elles n'étaient pas parvenues à démontrer qu'une telle dérogation résultait de l'autorisation de construire ou du PLQ 1995. S'agissant de ce dernier instrument, la cour a précisé que, contrairement à ce que soutenaient les recourantes, on ne pouvait admettre qu'il dérogeait implicitement aux règles sur les distances, sous prétexte qu'il ne contenait pas de pointillés imposant des façades sans jours. En effet, selon elle, l'art. 45 al. 3 LCI/GE se référait expressément aux dispositions des règlements de quartier et des plans localisés de quartier ( art. 4 al. 1 let. d de la loi générale du 29 juin 1957 sur les zones de développement [LGZD/GE; RSG L 1 35], et 16 du règlement d'application du 20 décembre 1978 de la loi générale sur les zones de développement [RGZD2/GE; RSG L 1 35.04]). En conséquence, la cour cantonale a retenu que les fenêtres créées lors de la surélévation du bâtiment n'étaient pas conformes au droit public cantonal des constructions et qu'elles constituaient dès lors également une immission excessive au sens de l' art. 684 CC. 4.2 A cette motivation, les recourantes opposent, en substance, qu'une construction autorisée par une décision administrative entrée en force ne peut pas entraîner d'immission au sens de l' art. 684 CC. Par ailleurs, le juge civil étant, sauf nullité absolue, lié par les décisions administratives entrées en force, la cour cantonale n'est pas en droit de revoir la légalité de l'autorisation de construire qui leur a été accordée. Les recourantes prétendent également que l'autorité cantonale a retenu à tort qu'elles n'ont pas démontré que le PLQ 1995 déroge à la LCI/GE sur les distances des vues droites. A cet égard, elles se fondent notamment sur un courrier du DCTI, du 1 er juillet 2008, qui confirme la conformité de leur construction au PLQ 1995 et à toutes les autres règles du droit de la construction, ainsi que sur un BGE 138 III 49 S. 54 autre PLQ, dont les légendes indiquent spécifiquement par le signe "X-----X" les façades qui doivent rester borgnes. En revanche, les recourantes ne contestent pas les désagréments que l'intimée invoque. En particulier, elles admettent que la fenêtre oscillo-battante située à l'extrême gauche du 1 er étage, se trouve sur une portion de mur qui serait mitoyen si les surélévations de leurs bâtiments se faisaient conformément au PLQ 1995. 4.3 L'intimée soutient que le juge civil peut toujours vérifier si une construction est conforme au droit civil, même si elle a fait l'objet d'une autorisation administrative. En l'espèce, ses droits de nature civile n'ayant pas été pris en considération dans cette décision, cet acte ne peut lui porter aucun préjudice. En outre, elle relève que les recourantes ne démontrent pas que la cour aurait retenu de manière arbitraire qu'elles n'ont pas prouvé que le PLQ 1995 prévoit une dérogation aux distances les autorisant à ouvrir des baies en limite de propriété, une telle exception ne pouvant se déduire implicitement du plan. Cela vaut d'autant plus qu'un PLQ ne fait que définir les grandes lignes de l'aménagement du quartier, sans pour autant contenir de détails; il ne peut ainsi déroger aux prescriptions ordinaires que de manière expresse. L'intimée relève ensuite que, comme l'a admis la cour cantonale, le bâtiment des recourantes comporte des fenêtres non conformes au droit public cantonal des constructions, quatre d'entre elles la restreignant dans ses possibilités de surélever son bâtiment, ce qui constitue un excès au sens de l' art. 684 CC. L'affirmation des recourantes selon lesquelles "le premier annoncé est le premier servi" est au demeurant totalement en contradiction avec les buts de l'aménagement du territoire. 4.4 4.4.1 Selon l' art. 684 CC, le propriétaire est tenu, dans l'exercice de son droit, de s'abstenir de tout excès au détriment de la propriété du voisin (al. 1); sont interdits en particulier les émissions de fumée ou de suie, les émanations incommodantes, les bruits, les trépidations qui ont un effet dommageable et qui excèdent les limites de la tolérance que se doivent les voisins eu égard à l'usage local, à la situation et à la nature des immeubles (al. 2). Sont concernées par cette disposition non seulement les immissions dites positives, mais également les immissions dites négatives, telles que la privation de lumière et l'ombrage ( ATF 126 III 452 consid. 2; arrêt 5A_415/2008 du 12 mars 2009 consid. 3.1, in ZBGR 91/2010 BGE 138 III 49 S. 55 p. 156). Le propriétaire victime d'immissions peut agir en cessation ou prévention du trouble ainsi qu'en réparation du dommage ( art. 679 CC ). 4.4.2 L' art. 686 CC constitue une réserve proprement dite en faveur des cantons, ceux-ci étant habilités à réglementer l'ensemble du droit privé des constructions. Cependant, dans ce domaine, les cantons ont édicté presque exclusivement des règles de droit public, en vertu de la compétence que leur réserve l' art. 6 al. 1 CC. L'adoption de ce type de règles est admissible à la triple condition que le législateur fédéral n'ait pas entendu réglementer la matière de façon exhaustive, que ces règles soient justifiées par un intérêt public pertinent et qu'elles n'éludent pas le droit civil fédéral, ni n'en contredisent le sens et l'esprit. Dans ces limites, le droit public cantonal des constructions dispose d'une force expansive et détermine de plus en plus, au moyen de règlements des constructions et de plans des zones, les immissions qui sont admissibles eu égard à la situation des immeubles et à l'usage local. Assurément, les plans de zones et les règlements des constructions ne déterminent pas obligatoirement la situation des immeubles et l'usage local au sens de l' art. 684 CC. Cependant, le droit public des constructions constitue, d'une part, un indice de l'usage local et, d'autre part, il doit être pris en compte dans l'application de l' art. 684 CC dans la mesure où l'unité de l'ordre juridique interdit que le droit privé et le droit public coexistent sans aucun rapport entre eux. Dans ce sens, l' art. 6 al. 1 CC n'exprime pas seulement une réserve improprement dite en faveur des cantons, mais il impose aussi une harmonisation des règles du droit civil fédéral et du droit public cantonal. Cette extension du droit public des constructions a certes tendance à empiéter sur la protection contre les immissions garantie par le droit privé. Elle se justifie néanmoins dans la mesure où l'on a affaire à des plans de zones et des règlements des constructions détaillés, instruments qui satisfont aux objectifs supérieurs de l'aménagement du territoire, notamment au principe de la planification rationnelle de l'ensemble du territoire réservé à l'habitat. En conséquence, lorsqu'un projet de construction correspond aux normes déterminantes du droit public sur la distance entre les constructions, qui ont été promulguées dans le cadre d'un règlement des constructions et des zones détaillé, conforme aux buts et aux principes de la planification définis par le droit de l'aménagement du territoire, il n'y a en règle générale pas d'immissions excessives au sens de l' art. 684 CC ( ATF 132 III 49 consid. 2.2; ATF 129 III 161 consid. 2.6 in fine). BGE 138 III 49 S. 56 4.4.3 Lorsque les immissions proviennent d'une construction autorisée par décision administrative, le juge civil saisi d'une action fondée sur les art. 679/684 CC ne doit pas examiner la validité de cette décision, ni substituer sa propre appréciation à celle de l'autorité administrative. Il ne peut statuer en effet à titre préjudiciel sur des questions de droit public que si l'autorité compétente ne s'est pas déjà prononcée à ce sujet ( ATF 137 III 8 consid. 3.3.1 et les références citées). Le juge civil est lié par la décision administrative rendue par l'autorité compétente, à moins que cette décision ne soit absolument nulle ( ATF 108 II 456 consid. 2; arrêts 5A_136/2009 du 19 novembre 2009 consid. 4.2, in RNRF 92/2011 p. 168 et SJ 2010 I p. 321; 5A_265/2009 du 17 novembre 2009 consid. 4.2, non publié in ATF 136 III 60 ). Or, dès qu'une décision administrative n'est plus susceptible de recours, l'application du régime qu'elle établit est censée conforme à l'ordre juridique, même si, en réalité, cette décision est viciée. Une décision est nulle, c'est-à-dire absolument inefficace, que si le vice qui l'affecte est particulièrement grave, s'il est manifeste ou du moins facilement décelable et si, de surcroît, la sécurité du droit n'est pas sérieusement mise en danger par la constatation de cette nullité. Des vices de fond d'une décision n'entraînent qu'exceptionnellement sa nullité. Entrent avant tout en considération comme motifs de nullité l'incompétence fonctionnelle et matérielle de l'autorité appelée à statuer, ainsi qu'une erreur manifeste de procédure ( ATF 132 II 21 consid. 3.1 et les arrêts cités). Ainsi, en règle générale, un acte administratif illégal est simplement annulable dès lors que la plupart des décisions viciées le sont par leur contenu. Reconnaître la nullité autrement que dans des cas tout à fait exceptionnels conduirait à une trop grande insécurité; par ailleurs, le développement de la juridiction administrative offrant aux administrés suffisamment de possibilités de contrôle sur le contenu des décisions, on peut attendre d'eux qu'ils fassent preuve de diligence et réagissent en temps utile (arrêt 9C_333/2007 du 24 juillet 2008 consid. 2.1 et les arrêts cités, in SVR 2009 AHV 1 1). Il résulte de ce qui précède qu'en matière de constructions, la force expansive du droit public cantonal, d'une part, et les restrictions mises au pouvoir d'examen du juge civil qui, sauf nullité, ne peut revoir les décisions administratives entrées en force, d'autre part, rendent pratiquement sans objet la protection de droit civil contre les immissions de l' art. 684 CC. BGE 138 III 49 S. 57 4.4.4 Néanmoins, même lorsqu'une construction est définitivement autorisée par le droit administratif, l'application de l' art. 684 CC n'est pas totalement exclue (arrêt 5A_285/2011 du 14 novembre 2011 consid. 3.2). En effet, les règles de droit formel ou matériel décrétées par le droit public cantonal peuvent se révéler insuffisantes pour protéger les voisins de manière adéquate. Dans de telles situations, la protection accordée par le droit civil fédéral conserve sa valeur comme garantie minimale. Le Tribunal fédéral n'a pas renoncé à cette protection dans ses précédents arrêts. En effet, il en ressort que les règlements sur les zones et les constructions ne fixent pas obligatoirement la situation des immeubles et l'usage local au sens de l' art. 684 CC, mais constituent uniquement un indice à cet égard. Pour cette raison, c'est "en règle générale" ("in der Regel") seulement que le droit public cantonal des constructions ne laisse plus place à l'application de l' art. 684 CC (cf. supra consid. 4.4.2; ATF 132 III 49 consid. 2.2; ATF 129 III 161 consid. 2.6; cf. aussi, arrêt 5A_285/2011 du 14 novembre 2011 consid. 3.2). En résumé, outre le cas où la décision administrative est nulle, le juge civil peut faire interdire ou modifier une construction, même autorisée par décision administrative, si les immissions que cette construction cause sont si graves que la protection minimale fondée sur l' art. 684 CC ne serait sinon plus garantie. 4.4.5 Pour délimiter les immissions qui sont admissibles de celles qui sont inadmissibles, c'est-à-dire excessives, l'intensité de l'atteinte est déterminante. Cette intensité doit être appréciée selon des critères objectifs. Statuant selon les règles du droit et de l'équité, le juge doit procéder à une pesée des intérêts en présence, en se référant à la sensibilité d'une personne raisonnable qui se trouverait dans la même situation. Ce faisant, il doit garder à l'esprit que l' art. 684 CC, en tant que norme du droit du voisinage, doit servir en premier lieu à établir un équilibre entre les intérêts divergents des voisins. Le Tribunal fédéral revoit en principe librement de telles décisions d'appréciation; il s'impose cependant une certaine retenue et n'intervient que si le juge cantonal a fait un usage erroné de son pouvoir d'appréciation, c'est-à-dire s'il s'est écarté sans motifs de principes admis par la doctrine et la jurisprudence, s'il a pris en considération des éléments qui n'auraient dû jouer aucun rôle ou si, au contraire, il a omis de prendre en considération des circonstances juridiquement pertinentes. Doivent en outre être annulées et corrigées les décisions BGE 138 III 49 S. 58 d'appréciation qui aboutissent à un résultat manifestement inéquitable ou à une injustice choquante ( ATF 132 III 49 consid. 2.1). 4.5 4.5.1 En l'espèce, les recourantes ont obtenu l'autorisation de construire deux étages supplémentaires à leur bâtiment, comprenant l'ouverture de seize fenêtres en limite de propriété. L'intimée n'a pas formé opposition à ce projet, alors que, ayant été directement contactée par les recourantes, elle devait s'attendre à ce que la construction de logements soit prochainement réalisée. Elle s'est contentée de demander la révocation de l'autorisation de construire, révocation qui a été refusée par l'autorité compétente le 1 er juillet 2008, laquelle a précisé que cette décision, entrée en force, était conforme au plan localisé de quartier, ainsi qu'à toutes les autres dispositions légales et réglementaires. L'intimée a également renoncé à recourir contre cette décision. L'ouverture de vues droites en limite de propriété en vertu du PLQ 1995 est donc censée être conforme à l'ordre juridique. Par ailleurs, même si l'on admettait que le PLQ 1995 ne contient aucune disposition dérogatoire sur les distances, cette autorisation ne pourrait être considérée comme viciée au point qu'il faille la qualifier de nulle. Au demeurant, l'intimée n'a elle-même jamais invoqué la nullité de la décision et la cour cantonale n'a pas constaté un tel vice. Partant, étant liée par l'autorisation de construire qui autorise l'ouverture de fenêtres en limite de propriété, c'est en violation du droit fédéral que l'autorité cantonale a réexaminé la conformité du projet litigieux au droit public cantonal et substitué ainsi sa propre appréciation à celle de l'autorité administrative compétente. 4.5.2 Il reste toutefois à examiner si, bien que la construction litigieuse ait été autorisée par décision administrative valable et entrée en force, l' art. 684 CC doit s'appliquer pour garantir une protection minimale de droit civil fédéral. A cet égard, il est incontesté que la fenêtre oscillo-battante située à l'extrême gauche du bâtiment se trouve à l'endroit précis où les deux bâtiments surélevés sont censés s'adosser l'un à l'autre conformément au PLQ 1995; elle restreint les possibilités de l'intimée de surélever son bâtiment sur une largeur de 2 m 50. L'immission causée par cette fenêtre est intolérable du point de vue du droit civil. Partant, en vertu de l' art. 684 CC, le chiffre 1 de l'arrêt attaqué, qui ordonne de murer la fenêtre oscillo-battante située à l'extrême gauche de la façade nord-ouest du bâtiment, doit être maintenu. BGE 138 III 49 S. 59 En revanche, les quinze autres fenêtres litigieuses n'entraînent pas d'atteinte à ce point grave que le droit civil fédéral doive intervenir pour garantir une protection minimale. En effet, tout d'abord, au vu de l'interprétation qu'a faite l'autorité administrative du PLQ 1995, autorisant le propriétaire à construire et à ouvrir des vues droites en limite de propriété, interprétation que le DCTI a du reste confirmée dans son courrier du 1 er juillet 2008, rien ne permet d'affirmer que l'intimée ne pourra pas en faire de même ou qu'elle verra les possibilités d'habitation de son immeuble réduites. Ensuite, la perte d'intimité que l'intimée invoque n'apparaît pas intolérable; en particulier, celle-ci peut elle-même poser des verres opaques sur ses lucarnes si elle ne souhaite pas être observée et entamer toute procédure qui lui semblerait utile pour empêcher que des voisins viennent se promener sur son toit. Partant, le chiffre 2 de l'arrêt attaqué, qui ordonne de pourvoir les quinze autres fenêtres litigieuses de jours fixes opaques et translucides, doit être annulé.
Urteilskopf
8. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. SA et A. contre B. SA (recours en matière civile)
5A_349/2011 du 25 janvier 2012
Regeste Art. 6 Abs. 1, Art. 679 und 684 ZGB ; Verhältnis zwischen den Bestimmungen des schweizerischen Privatrechts über den Schutz vor Immissionen und dem kantonalen öffentlichen Baurecht. Eine durch rechtskräftigen Entscheid einer Verwaltungsbehörde bewilligte Baute verursacht in der Regel keine übermässigen Immissionen im Sinn von Art. 684 ZGB ; Ausnahmen (E. 4).
Regeste
Art. 6 Abs. 1, Art. 679 und 684 ZGB ; Verhältnis zwischen den Bestimmungen des schweizerischen Privatrechts über den Schutz vor Immissionen und dem kantonalen öffentlichen Baurecht. Eine durch rechtskräftigen Entscheid einer Verwaltungsbehörde bewilligte Baute verursacht in der Regel keine übermässigen Immissionen im Sinn von Art. 684 ZGB ; Ausnahmen (E. 4).
Art. 679 und 684 ZGB Eine durch rechtskräftigen Entscheid einer Verwaltungsbehörde bewilligte Baute verursacht in der Regel keine übermässigen Immissionen im Sinn von Art. 684 ZGB ; Ausnahmen (E. 4).
Art. 684 ZGB Sachverhalt ab Seite 50
Sachverhalt ab Seite 50 BGE 138 III 49 S. 50
BGE 138 III 49 S. 50
A.
A. A.a B. SA est propriétaire de la parcelle n° 2166 de la commune de C. A. et X. SA sont copropriétaires, pour moitié chacune, de la parcelle voisine n° 2276. Sur ces deux parcelles étaient édifiés des bâtiments à toits plats: le bâtiment sis sur la parcelle n° 2166 était (et est toujours) d'un seul niveau, tandis que celui sis sur la parcelle n° 2276, construit en escalier, en comportait plusieurs.
A.a Le plan localisé de quartier n° 28415 du 16 mai 1995 (ci-après: PLQ 1995) autorise, sur environ la moitié de la parcelle n° 2166, une surélévation du bâtiment jusqu'à quatre niveaux. Ce même plan autorise, sur environ la moitié de la parcelle n° 2276, une surélévation du bâtiment jusqu'à trois niveaux.
Les toits plats des deux bâtiments voisins étaient adossés l'un à l'autre. Celui de l'immeuble appartenant à B. SA est pourvu de lucarnes à jours zénithaux. Etant donné qu'avant toute surélévation déjà, le bâtiment de A. et X. SA était plus haut que celui sis sur la parcelle voisine, un mur aveugle de 2 m 50 se trouvait le long de la limite de propriété du premier immeuble, à une distance de 3 m 20 des lucarnes du toit plat voisin.
A une date non précisée, l'architecte mandaté par A. et X. SA a interpellé l'actionnaire unique de B. SA en vue de lui proposer de s'associer à un projet de surélévation des immeubles. Celui-ci a décliné la proposition, en précisant qu'il était toutefois vendeur de sa parcelle, ce qui avait suscité l'intérêt des copropriétaires, sans toutefois qu'une transaction ne se concrétise par la suite.
A.b Le 6 juillet 2007, le Département genevois des constructions, des technologies et de l'information (ci-après: DCTI) a autorisé A. et X. SA à surélever de deux étages leur immeuble, afin d'y créer notamment six appartements. B. SA ne s'est pas opposée à l'octroi de cette autorisation, contrairement à quatre autres personnes, qui ont toutefois retiré leur opposition avant la mi-novembre 2007. L'autorisation de construire est alors entrée en force.
A.b A.c Les travaux de surélévation du bâtiment ont débuté le 15 mai 2008. Par courrier du 27 mai 2008, renouvelé le 29 mai 2008, B. SA BGE 138 III 49 S. 51 a formellement interdit à ses voisines d'utiliser sa parcelle pour les besoins de leur chantier avant le versement de 100'000 fr. de sûretés. En outre, par lettre recommandée du 6 juin 2008, B. SA a avisé le DCTI que l'autorisation de construire en cause était viciée en ce sens qu'elle avait permis à tort la création de fenêtres en limite de propriété. Elle a requis la révocation de cette autorisation. Le 1 er juillet 2008, le DCTI a répondu à B. SA que l'autorisation de construire était conforme au plan localisé de quartier, ainsi qu'à toutes les autres dispositions légales et réglementaires, qu'en outre, elle était en force, de sorte qu'il ne donnerait aucune suite à sa dénonciation.
A.c BGE 138 III 49 S. 51
A.d Les parties sont en litige au sujet des seize fenêtres du 1 er, 2 e et 3 e étage de la façade nord-ouest du bâtiment, qui ont été nouvellement créées lors de la surélévation de ce dernier. Ces fenêtres ont été pratiquées en limite de propriété, certaines dans le mur précédemment aveugle, en face des lucarnes du toit voisin.
A.d Comme les façades des deux bâtiments forment un angle à 90°, la fenêtre oscillo-battante du 1 er étage, située à l'extrême gauche (côté est) du bâtiment nouvellement surélevé, se différencie des quinze autres en ce sens qu'elle a été créée à l'endroit précis où les façades contiguës des immeubles sont censées s'adosser l'une à l'autre une fois surélevées, selon l'implantation prévue par le PLQ 1995; ce dernier permet en effet la surélévation en limite des deux bâtiments.
Les seize nouvelles fenêtres suscitent différentes contestations de la part de B. SA. En substance, celle-ci estime qu'elle devra reculer toute future surélévation de son bâtiment de façon à respecter la distance de 4 m que lui imposerait la loi genevoise du 14 avril 1988 sur les constructions et les installations diverses (LCI/GE; RSG L 5 05). C'est pourquoi, elle invoque principalement des pertes de surface, soit 40 m 2 de surface habitable et 72 m 2 de terrasse. Elle prétend également que les locataires voisins peuvent maintenant se promener sur son toit plat depuis le bâtiment surélevé, qu'une colonne de fenêtres du 1 er au 3 e étage ne respectent pas les règles sur les vues droites croisées, ce qui restreint également les possibilités d'habitation, et, enfin, que les fenêtres litigieuses donnant sur le toit plat de son immeuble, sous lequel est aménagée une halle d'exposition, lui causent une perte d'intimité, les locataires du bâtiment surélevé pouvant apercevoir ses activités à travers les lucarnes à jours zénithaux.
B.
B. B.a Le 11 juin 2008, B. SA a déposé devant le Tribunal de première instance de Genève une requête de mesures provisionnelles tendant BGE 138 III 49 S. 52 à faire suspendre les travaux de construction. A l'appui de cette requête, elle a fait valoir que le projet de surélévation de l'immeuble voisin contrevenait aux règles de construction relatives aux jours et vues sur le fonds d'autrui (...). Statuant le 30 juillet 2008, l'autorité saisie a rejeté la requête.
B.a BGE 138 III 49 S. 52
B.b Par arrêt du 17 octobre 2008, la Cour de justice du canton de Genève a admis le recours formé par B. SA, annulé l'ordonnance précitée et fait interdiction à A. et X. SA de poursuivre leurs travaux de construction sur la parcelle n° 2166 jusqu'à droit connu sur le fond.
B.b B.c A. et X. SA ont formé un recours en matière civile, concluant au rejet de la requête de mesures provisionnelles. Par arrêt du 10 juin 2009 (arrêt 5A_791/2008), le Tribunal fédéral a rejeté le recours. (...)
B.c C.
C. C.a Le 19 décembre 2008, B. SA a ouvert action devant le Tribunal de première instance de Genève, en validation des mesures provisionnelles. A. et X. SA ont conclu au rejet de la demande. (...) Par jugement du 8 septembre 2010, le tribunal a débouté B. SA de ses conclusions.
C.a C.b Par arrêt du 15 avril 2011, la Cour de justice du canton de Genève a admis le recours formé par B. SA contre le jugement précité. Elle a, notamment, ordonné aux intimées de murer la fenêtre oscillo-battante située à l'extrême gauche de la façade nord-ouest du bâtiment D 504, érigé sur leur parcelle n° 2776, dans un délai de 90 jours dès l'entrée en force de l'arrêt (ch. 1) et ordonné aux intimées de pourvoir les quinze ouvertures pratiquées dans la façade de leur bâtiment lors de la surélévation de jours fixes opaques et translucides, dans un délai de 90 jours dès l'entrée en force de l'arrêt (ch. 2). (...)
C.b Par arrêt du 25 janvier 2012, le Tribunal fédéral a partiellement admis le recours en matière civile formé par A. et X. SA.
(extrait)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
4. Les recourantes se plaignent tout d'abord de la violation des art. 8, 679, 684, 686 CC ainsi que d'arbitraire dans l'application du droit cantonal et l'appréciation des preuves. Elles reprochent à l'autorité cantonale d'avoir retenu que la surélévation de leur bâtiment entraîne des immissions excessives aux dépens de l'intimée, bien que cette construction ait été autorisée par décision administrative. BGE 138 III 49 S. 53
4. BGE 138 III 49 S. 53
4.1 Pour juger si la construction litigieuse constituait une atteinte excessive pour le voisin, au sens de l' art. 684 CC, la cour cantonale s'est employée à examiner la conformité de celle-ci au droit public cantonal des constructions. Elle a alors constaté qu'en principe, les vues droites devaient se trouver à une distance de 4 m de la limite de propriété (cf. art. 45, 48 al. 2 LCI/GE). Toutefois, il pouvait être dérogé à cette règle, soit par un plan localisé de quartier, soit par une servitude inscrite au registre foncier (cf. art. 45 al. 3, 46 al. 1 LCI/ GE). En l'espèce, les recourantes avaient créé des vues droites dans la façade nord-ouest de leur bâtiment, en limite de propriété. Or, leur fonds n'était au bénéfice d'aucune servitude qui aurait permis cette dérogation à la distance réglementaire; par ailleurs elles n'étaient pas parvenues à démontrer qu'une telle dérogation résultait de l'autorisation de construire ou du PLQ 1995. S'agissant de ce dernier instrument, la cour a précisé que, contrairement à ce que soutenaient les recourantes, on ne pouvait admettre qu'il dérogeait implicitement aux règles sur les distances, sous prétexte qu'il ne contenait pas de pointillés imposant des façades sans jours. En effet, selon elle, l'art. 45 al. 3 LCI/GE se référait expressément aux dispositions des règlements de quartier et des plans localisés de quartier ( art. 4 al. 1 let. d de la loi générale du 29 juin 1957 sur les zones de développement [LGZD/GE; RSG L 1 35], et 16 du règlement d'application du 20 décembre 1978 de la loi générale sur les zones de développement [RGZD2/GE; RSG L 1 35.04]). En conséquence, la cour cantonale a retenu que les fenêtres créées lors de la surélévation du bâtiment n'étaient pas conformes au droit public cantonal des constructions et qu'elles constituaient dès lors également une immission excessive au sens de l' art. 684 CC.
4.1 art. 684 CC art. 4 al. 1 let art. 684 CC 4.2 A cette motivation, les recourantes opposent, en substance, qu'une construction autorisée par une décision administrative entrée en force ne peut pas entraîner d'immission au sens de l' art. 684 CC. Par ailleurs, le juge civil étant, sauf nullité absolue, lié par les décisions administratives entrées en force, la cour cantonale n'est pas en droit de revoir la légalité de l'autorisation de construire qui leur a été accordée. Les recourantes prétendent également que l'autorité cantonale a retenu à tort qu'elles n'ont pas démontré que le PLQ 1995 déroge à la LCI/GE sur les distances des vues droites. A cet égard, elles se fondent notamment sur un courrier du DCTI, du 1 er juillet 2008, qui confirme la conformité de leur construction au PLQ 1995 et à toutes les autres règles du droit de la construction, ainsi que sur un BGE 138 III 49 S. 54 autre PLQ, dont les légendes indiquent spécifiquement par le signe "X-----X" les façades qui doivent rester borgnes.
4.2 art. 684 CC BGE 138 III 49 S. 54
En revanche, les recourantes ne contestent pas les désagréments que l'intimée invoque. En particulier, elles admettent que la fenêtre oscillo-battante située à l'extrême gauche du 1 er étage, se trouve sur une portion de mur qui serait mitoyen si les surélévations de leurs bâtiments se faisaient conformément au PLQ 1995.
4.3 L'intimée soutient que le juge civil peut toujours vérifier si une construction est conforme au droit civil, même si elle a fait l'objet d'une autorisation administrative. En l'espèce, ses droits de nature civile n'ayant pas été pris en considération dans cette décision, cet acte ne peut lui porter aucun préjudice. En outre, elle relève que les recourantes ne démontrent pas que la cour aurait retenu de manière arbitraire qu'elles n'ont pas prouvé que le PLQ 1995 prévoit une dérogation aux distances les autorisant à ouvrir des baies en limite de propriété, une telle exception ne pouvant se déduire implicitement du plan. Cela vaut d'autant plus qu'un PLQ ne fait que définir les grandes lignes de l'aménagement du quartier, sans pour autant contenir de détails; il ne peut ainsi déroger aux prescriptions ordinaires que de manière expresse. L'intimée relève ensuite que, comme l'a admis la cour cantonale, le bâtiment des recourantes comporte des fenêtres non conformes au droit public cantonal des constructions, quatre d'entre elles la restreignant dans ses possibilités de surélever son bâtiment, ce qui constitue un excès au sens de l' art. 684 CC. L'affirmation des recourantes selon lesquelles "le premier annoncé est le premier servi" est au demeurant totalement en contradiction avec les buts de l'aménagement du territoire.
4.3 art. 684 CC 4.4
4.4 4.4.1 Selon l' art. 684 CC, le propriétaire est tenu, dans l'exercice de son droit, de s'abstenir de tout excès au détriment de la propriété du voisin (al. 1); sont interdits en particulier les émissions de fumée ou de suie, les émanations incommodantes, les bruits, les trépidations qui ont un effet dommageable et qui excèdent les limites de la tolérance que se doivent les voisins eu égard à l'usage local, à la situation et à la nature des immeubles (al. 2).
4.4.1 art. 684 CC Sont concernées par cette disposition non seulement les immissions dites positives, mais également les immissions dites négatives, telles que la privation de lumière et l'ombrage ( ATF 126 III 452 consid. 2; arrêt 5A_415/2008 du 12 mars 2009 consid. 3.1, in ZBGR 91/2010 BGE 138 III 49 S. 55 p. 156). Le propriétaire victime d'immissions peut agir en cessation ou prévention du trouble ainsi qu'en réparation du dommage ( art. 679 CC ).
BGE 138 III 49 S. 55
art. 679 CC 4.4.2 L' art. 686 CC constitue une réserve proprement dite en faveur des cantons, ceux-ci étant habilités à réglementer l'ensemble du droit privé des constructions. Cependant, dans ce domaine, les cantons ont édicté presque exclusivement des règles de droit public, en vertu de la compétence que leur réserve l' art. 6 al. 1 CC. L'adoption de ce type de règles est admissible à la triple condition que le législateur fédéral n'ait pas entendu réglementer la matière de façon exhaustive, que ces règles soient justifiées par un intérêt public pertinent et qu'elles n'éludent pas le droit civil fédéral, ni n'en contredisent le sens et l'esprit. Dans ces limites, le droit public cantonal des constructions dispose d'une force expansive et détermine de plus en plus, au moyen de règlements des constructions et de plans des zones, les immissions qui sont admissibles eu égard à la situation des immeubles et à l'usage local. Assurément, les plans de zones et les règlements des constructions ne déterminent pas obligatoirement la situation des immeubles et l'usage local au sens de l' art. 684 CC. Cependant, le droit public des constructions constitue, d'une part, un indice de l'usage local et, d'autre part, il doit être pris en compte dans l'application de l' art. 684 CC dans la mesure où l'unité de l'ordre juridique interdit que le droit privé et le droit public coexistent sans aucun rapport entre eux. Dans ce sens, l' art. 6 al. 1 CC n'exprime pas seulement une réserve improprement dite en faveur des cantons, mais il impose aussi une harmonisation des règles du droit civil fédéral et du droit public cantonal. Cette extension du droit public des constructions a certes tendance à empiéter sur la protection contre les immissions garantie par le droit privé. Elle se justifie néanmoins dans la mesure où l'on a affaire à des plans de zones et des règlements des constructions détaillés, instruments qui satisfont aux objectifs supérieurs de l'aménagement du territoire, notamment au principe de la planification rationnelle de l'ensemble du territoire réservé à l'habitat. En conséquence, lorsqu'un projet de construction correspond aux normes déterminantes du droit public sur la distance entre les constructions, qui ont été promulguées dans le cadre d'un règlement des constructions et des zones détaillé, conforme aux buts et aux principes de la planification définis par le droit de l'aménagement du territoire, il n'y a en règle générale pas d'immissions excessives au sens de l' art. 684 CC ( ATF 132 III 49 consid. 2.2; ATF 129 III 161 consid. 2.6 in fine). BGE 138 III 49 S. 56
4.4.2 art. 686 CC art. 6 al. 1 CC art. 684 CC art. 684 CC art. 6 al. 1 CC art. 684 CC BGE 138 III 49 S. 56
4.4.3 Lorsque les immissions proviennent d'une construction autorisée par décision administrative, le juge civil saisi d'une action fondée sur les art. 679/684 CC ne doit pas examiner la validité de cette décision, ni substituer sa propre appréciation à celle de l'autorité administrative. Il ne peut statuer en effet à titre préjudiciel sur des questions de droit public que si l'autorité compétente ne s'est pas déjà prononcée à ce sujet ( ATF 137 III 8 consid. 3.3.1 et les références citées). Le juge civil est lié par la décision administrative rendue par l'autorité compétente, à moins que cette décision ne soit absolument nulle ( ATF 108 II 456 consid. 2; arrêts 5A_136/2009 du 19 novembre 2009 consid. 4.2, in RNRF 92/2011 p. 168 et SJ 2010 I p. 321; 5A_265/2009 du 17 novembre 2009 consid. 4.2, non publié in ATF 136 III 60 ).
4.4.3 Or, dès qu'une décision administrative n'est plus susceptible de recours, l'application du régime qu'elle établit est censée conforme à l'ordre juridique, même si, en réalité, cette décision est viciée. Une décision est nulle, c'est-à-dire absolument inefficace, que si le vice qui l'affecte est particulièrement grave, s'il est manifeste ou du moins facilement décelable et si, de surcroît, la sécurité du droit n'est pas sérieusement mise en danger par la constatation de cette nullité. Des vices de fond d'une décision n'entraînent qu'exceptionnellement sa nullité. Entrent avant tout en considération comme motifs de nullité l'incompétence fonctionnelle et matérielle de l'autorité appelée à statuer, ainsi qu'une erreur manifeste de procédure ( ATF 132 II 21 consid. 3.1 et les arrêts cités). Ainsi, en règle générale, un acte administratif illégal est simplement annulable dès lors que la plupart des décisions viciées le sont par leur contenu. Reconnaître la nullité autrement que dans des cas tout à fait exceptionnels conduirait à une trop grande insécurité; par ailleurs, le développement de la juridiction administrative offrant aux administrés suffisamment de possibilités de contrôle sur le contenu des décisions, on peut attendre d'eux qu'ils fassent preuve de diligence et réagissent en temps utile (arrêt 9C_333/2007 du 24 juillet 2008 consid. 2.1 et les arrêts cités, in SVR 2009 AHV 1 1).
Il résulte de ce qui précède qu'en matière de constructions, la force expansive du droit public cantonal, d'une part, et les restrictions mises au pouvoir d'examen du juge civil qui, sauf nullité, ne peut revoir les décisions administratives entrées en force, d'autre part, rendent pratiquement sans objet la protection de droit civil contre les immissions de l' art. 684 CC. BGE 138 III 49 S. 57
art. 684 CC BGE 138 III 49 S. 57
4.4.4 Néanmoins, même lorsqu'une construction est définitivement autorisée par le droit administratif, l'application de l' art. 684 CC n'est pas totalement exclue (arrêt 5A_285/2011 du 14 novembre 2011 consid. 3.2). En effet, les règles de droit formel ou matériel décrétées par le droit public cantonal peuvent se révéler insuffisantes pour protéger les voisins de manière adéquate. Dans de telles situations, la protection accordée par le droit civil fédéral conserve sa valeur comme garantie minimale. Le Tribunal fédéral n'a pas renoncé à cette protection dans ses précédents arrêts. En effet, il en ressort que les règlements sur les zones et les constructions ne fixent pas obligatoirement la situation des immeubles et l'usage local au sens de l' art. 684 CC, mais constituent uniquement un indice à cet égard. Pour cette raison, c'est "en règle générale" ("in der Regel") seulement que le droit public cantonal des constructions ne laisse plus place à l'application de l' art. 684 CC (cf. supra consid. 4.4.2; ATF 132 III 49 consid. 2.2; ATF 129 III 161 consid. 2.6; cf. aussi, arrêt 5A_285/2011 du 14 novembre 2011 consid. 3.2).
4.4.4 art. 684 CC art. 684 CC art. 684 CC En résumé, outre le cas où la décision administrative est nulle, le juge civil peut faire interdire ou modifier une construction, même autorisée par décision administrative, si les immissions que cette construction cause sont si graves que la protection minimale fondée sur l' art. 684 CC ne serait sinon plus garantie. art. 684 CC 4.4.5 Pour délimiter les immissions qui sont admissibles de celles qui sont inadmissibles, c'est-à-dire excessives, l'intensité de l'atteinte est déterminante. Cette intensité doit être appréciée selon des critères objectifs. Statuant selon les règles du droit et de l'équité, le juge doit procéder à une pesée des intérêts en présence, en se référant à la sensibilité d'une personne raisonnable qui se trouverait dans la même situation. Ce faisant, il doit garder à l'esprit que l' art. 684 CC, en tant que norme du droit du voisinage, doit servir en premier lieu à établir un équilibre entre les intérêts divergents des voisins. Le Tribunal fédéral revoit en principe librement de telles décisions d'appréciation; il s'impose cependant une certaine retenue et n'intervient que si le juge cantonal a fait un usage erroné de son pouvoir d'appréciation, c'est-à-dire s'il s'est écarté sans motifs de principes admis par la doctrine et la jurisprudence, s'il a pris en considération des éléments qui n'auraient dû jouer aucun rôle ou si, au contraire, il a omis de prendre en considération des circonstances juridiquement pertinentes. Doivent en outre être annulées et corrigées les décisions BGE 138 III 49 S. 58 d'appréciation qui aboutissent à un résultat manifestement inéquitable ou à une injustice choquante ( ATF 132 III 49 consid. 2.1).
4.4.5 art. 684 CC BGE 138 III 49 S. 58
4.5
4.5 4.5.1 En l'espèce, les recourantes ont obtenu l'autorisation de construire deux étages supplémentaires à leur bâtiment, comprenant l'ouverture de seize fenêtres en limite de propriété. L'intimée n'a pas formé opposition à ce projet, alors que, ayant été directement contactée par les recourantes, elle devait s'attendre à ce que la construction de logements soit prochainement réalisée. Elle s'est contentée de demander la révocation de l'autorisation de construire, révocation qui a été refusée par l'autorité compétente le 1 er juillet 2008, laquelle a précisé que cette décision, entrée en force, était conforme au plan localisé de quartier, ainsi qu'à toutes les autres dispositions légales et réglementaires. L'intimée a également renoncé à recourir contre cette décision. L'ouverture de vues droites en limite de propriété en vertu du PLQ 1995 est donc censée être conforme à l'ordre juridique. Par ailleurs, même si l'on admettait que le PLQ 1995 ne contient aucune disposition dérogatoire sur les distances, cette autorisation ne pourrait être considérée comme viciée au point qu'il faille la qualifier de nulle. Au demeurant, l'intimée n'a elle-même jamais invoqué la nullité de la décision et la cour cantonale n'a pas constaté un tel vice. Partant, étant liée par l'autorisation de construire qui autorise l'ouverture de fenêtres en limite de propriété, c'est en violation du droit fédéral que l'autorité cantonale a réexaminé la conformité du projet litigieux au droit public cantonal et substitué ainsi sa propre appréciation à celle de l'autorité administrative compétente.
4.5.1 4.5.2 Il reste toutefois à examiner si, bien que la construction litigieuse ait été autorisée par décision administrative valable et entrée en force, l' art. 684 CC doit s'appliquer pour garantir une protection minimale de droit civil fédéral.
4.5.2 art. 684 CC A cet égard, il est incontesté que la fenêtre oscillo-battante située à l'extrême gauche du bâtiment se trouve à l'endroit précis où les deux bâtiments surélevés sont censés s'adosser l'un à l'autre conformément au PLQ 1995; elle restreint les possibilités de l'intimée de surélever son bâtiment sur une largeur de 2 m 50. L'immission causée par cette fenêtre est intolérable du point de vue du droit civil. Partant, en vertu de l' art. 684 CC, le chiffre 1 de l'arrêt attaqué, qui ordonne de murer la fenêtre oscillo-battante située à l'extrême gauche de la façade nord-ouest du bâtiment, doit être maintenu. BGE 138 III 49 S. 59
art. 684 CC BGE 138 III 49 S. 59
En revanche, les quinze autres fenêtres litigieuses n'entraînent pas d'atteinte à ce point grave que le droit civil fédéral doive intervenir pour garantir une protection minimale. En effet, tout d'abord, au vu de l'interprétation qu'a faite l'autorité administrative du PLQ 1995, autorisant le propriétaire à construire et à ouvrir des vues droites en limite de propriété, interprétation que le DCTI a du reste confirmée dans son courrier du 1 er juillet 2008, rien ne permet d'affirmer que l'intimée ne pourra pas en faire de même ou qu'elle verra les possibilités d'habitation de son immeuble réduites. Ensuite, la perte d'intimité que l'intimée invoque n'apparaît pas intolérable; en particulier, celle-ci peut elle-même poser des verres opaques sur ses lucarnes si elle ne souhaite pas être observée et entamer toute procédure qui lui semblerait utile pour empêcher que des voisins viennent se promener sur son toit. Partant, le chiffre 2 de l'arrêt attaqué, qui ordonne de pourvoir les quinze autres fenêtres litigieuses de jours fixes opaques et translucides, doit être annulé.
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Urteilskopf 138 III 512 73. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen K. AG und Mitb. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_155/2012 vom 29. Mai 2012 Regeste Art. 972 ZGB ; Grunddienstbarkeit; Klage des berechtigten Eigentümers gegen Miteigentümer des belasteten Grundstücks; Passivlegitimation. Ist im Zeitpunkt der Klageeinreichung das Eigentum eines Käufers im Tagebuch eingeschrieben, im Hauptbuch aber noch nicht eingetragen, hat sich die Klage des dienstbarkeitsberechtigten Eigentümers gegen den im Tagebuch eingeschriebenen Käufer eines Miteigentumsanteils am dienstbarkeitsbelasteten Grundstück zu richten (E. 2-4). Sachverhalt ab Seite 512 BGE 138 III 512 S. 512 Zugunsten des Grundstücks Nr. 3419 und zulasten der Grundstücke Nrn. 2355, 3099, 4658 und 5820 ist im Grundbuch eine Dienstbarkeit mit dem Stichwort "Bau- und Anpflanzungsverbot" eingetragen. Das belastete Grundstück Nr. 2355 wurde gleichwohl mit drei Häusern (A, B und C) überbaut und daran am 31. Juli 2008 BGE 138 III 512 S. 513 Stockwerkeigentum begründet mit neun Wohneinheiten (Nr. 2355-2 bis 2355-10) und einer - in 22 Miteigentumsanteile aufgeteilten - Autoeinstellhalle (Nr. 2355-1). X. (Beschwerdeführer) ist Miteigentümer zur Hälfte des berechtigten Grundstücks Nr. 3419. Er erhob am 5. Januar 2010 eine Klage mit den Hauptbegehren, es sei festzustellen, dass auf dem Grundstück Nr. 2355 im Aussichtsbereich H. ein totales Bau- und Anpflanzungsverbot zugunsten des Grundstücks Nr. 3419 besteht, und es sei das Haus A abzureissen und der rechtmässige Zustand wiederherzustellen. Der Beschwerdeführer richtete die Klage gegen die K. AG, gegen L., M., N. und O. sowie gegen die Stockwerkeigentümergemeinschaft der Liegenschaft P. (Beschwerdegegner 1-6). Die kantonalen Gerichte wiesen die Klage mangels Passivlegitimation ab. Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht, die Passivlegitimation der Beschwerdegegner 1-6 zu bejahen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Ausgangslage zeigt sich wie folgt: 2.1 Der Beschwerdeführer hat seine Klage am 5. Januar 2010 ohne vorgängigen Aussöhnungsversuch eingereicht. Für das ganze erstinstanzliche Verfahren hat damit das bisherige kantonale Prozessrecht gegolten. Da der erstinstanzliche Entscheid vom 28. Februar 2011 den Parteien je am 2. März 2011 eröffnet wurde, waren für das Rechtsmittelverfahren hingegen die Bestimmungen der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) massgebend ( Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO ). Soweit es um prozessuale Fragen des erstinstanzlichen Verfahrens gegangen ist, hatte das Obergericht als Berufungsinstanz die richtige Anwendung des bisherigen kantonalen Verfahrensrechts zu prüfen (vgl. BGE 138 I 1 E. 2.1 S. 3). 2.2 Bereits vor Obergericht ist unstreitig geblieben, dass sich die Klage des Beschwerdeführers gegen alle Stockwerkeigentümer und damit alle Miteigentümer des dienstbarkeitsbelasteten Grundstücks Nr. 2355 als notwendige Streitgenossen richten muss und dass für die Eigentumsverhältnisse auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung am 5. Januar 2010 abzustellen ist. Die Passivlegitimation der BGE 138 III 512 S. 514 Beschwerdegegnerin 6 hat der Beschwerdeführer bereits vor Obergericht nicht mehr geltend gemacht. Auf diese Fragen kommt der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht mehr zurück, so dass sich darauf einzugehen erübrigt (vgl. BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400; BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584). 2.3 In tatsächlicher Hinsicht sind die kantonalen Gerichte davon ausgegangen, dass die Beschwerdegegnerin 1 die Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 an die einfache Gesellschaft U. und V. verkauft hat. Der Eigentumsübergang ist am 25. November 2009 erfolgt und mit diesem Datum vor dem 13. Dezember 2009 und damit vor der Klageeinreichung am 5. Januar 2010 in das Tagebuch des Grundbuchs eingeschrieben worden. Das Datum der Einschreibung in das Tagebuch findet sich in der Eintragung in das Hauptbuch des Grundbuchs wieder, die in einem späteren unbekannten Zeitpunkt nach der Klageeinreichung am 5. Januar 2010 vorgenommen wurde. Die Tatsachenfeststellungen sind für das Bundesgericht verbindlich ( Art. 105 Abs. 1 BGG ), erhebt doch der Beschwerdeführer dagegen keine begründeten Sachverhaltsrügen ( Art. 97 Abs. 1 BGG ). Er stimmt vielmehr der Sachdarstellung zu, dass die Klageeinreichung nach Anmeldung des besagten Kaufvertrags, aber vor dessen Eintragung im Grundbuch erfolgt ist. 2.4 Aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Ausgangslage haben die kantonalen Gerichte die Passivlegitimation der Beschwerdegegner verneint. Sie sind davon ausgegangen, im Zeitpunkt der Klageeinreichung am 5. Januar 2010 sei die Beschwerdegegnerin 1 mit Bezug auf die Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 nicht mehr verfügungsberechtigt gewesen. Der Beschwerdeführer hätte deshalb seine Klage gegen die am 5. Januar 2010 bereits im Tagebuch des Grundbuchs eingeschriebenen Ehegatten U. und V. als Eigentümer der Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 richten müssen, was er aber nicht getan habe. Fehle es damit am Einbezug auch nur eines der notwendigen Streitgenossen, sei die Klage mangels Passivlegitimation abzuweisen. 3. Die Streitfrage lautet dahingehend, wer als Eigentümer der Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 im Zeitpunkt der Klageeinreichung als passivlegitimiert zu gelten hat, die im Hauptbuch noch eingetragene Veräussererin und eingeklagte Beschwerdegegnerin 1 oder die bereits im Tagebuch eingeschriebenen Käufer, aber mit der Klage nicht ins Recht gefassten Ehegatten U. und V. BGE 138 III 512 S. 515 3.1 Zum Erwerb des Grundeigentums bedarf es gemäss Art. 656 Abs. 1 ZGB der Eintragung in das Grundbuch. Die Eintragungen erfolgen aufgrund einer schriftlichen Erklärung des Eigentümers des Grundstücks, auf das sich die Verfügung bezieht ( Art. 963 Abs. 1 ZGB ). Die Anmeldungen zur Eintragung in das Grundbuch werden nach ihrer zeitlichen Reihenfolge ohne Aufschub in das Tagebuch eingeschrieben ( Art. 948 Abs. 1 ZGB ), und die Eintragungen im Hauptbuch erfolgen wiederum in der Reihenfolge, in der die Anmeldungen angebracht worden sind ( Art. 967 Abs. 1 ZGB ). Die dinglichen Rechte entstehen und erhalten ihren Rang und ihr Datum durch die Eintragung in das Hauptbuch ( Art. 972 Abs. 1 ZGB ). Ihre Wirkung wird auf den Zeitpunkt der Einschreibung in das Tagebuch zurückbezogen, vorausgesetzt, dass die gesetzlichen Ausweise der Anmeldung beigefügt oder bei den vorläufigen Eintragungen nachträglich rechtzeitig beigebracht werden ( Art. 972 Abs. 2 ZGB ). 3.2 Die Grundbuchanmeldung im Sinne von Art. 963 Abs. 1 ZGB hat nicht bloss die Bedeutung eines formellen Antrags an den Grundbuchverwalter, die Änderung einer Eintragung vorzunehmen. Sie stellt vielmehr die materielle Verfügung über das Eigentum dar (vgl. BGE 109 II 99 E. 3 S. 101; BGE 137 III 293 E. 5.3 S. 302). Die Grundbuchanmeldung gilt demnach als Willenserklärung des Eigentümers, die den Grundbuchverwalter zur Vornahme der im Grundbuch erforderlichen Änderung veranlasst, wobei mit der Eintragung im Hauptbuch schliesslich der Eigentumswechsel herbeigeführt wird. Mit der Anmeldung hat der Veräusserer seinen auf die Übertragung des Eigentums abzielenden Geschäftswillen bekundet und damit all das vorgekehrt, was es seinerseits zur Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung aus dem Grundgeschäft bedarf. Der weitere Verlauf des Eintragungsverfahrens, welches mit der Einschreibung im Tagebuch beginnt und mit der Eintragung im Hauptbuch zum Abschluss gelangt, bleibt seinem Einfluss entzogen. Bereits mit der Einschreibung im Tagebuch hat der Veräusserer im Hinblick auf die Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung seine Rechtsstellung als Eigentümer aufgegeben (vgl. BGE 115 II 221 E. 5a S. 229 f.). 3.3 Der Einwand des Beschwerdeführers ist berechtigt, dass die dinglichen Rechte kraft Gesetzes durch die Eintragung in das Hauptbuch entstehen ( Art. 972 Abs. 1 ZGB ), auch wenn ihre Wirkung auf die Einschreibung in das Tagebuch zurückbezogen wird ( Art. 972 Abs. 2 ZGB ). Die Rechtsprechung anerkennt, dass der Veräusserer so lange Eigentümer ist, und zwar grundsätzlich mit allen daraus BGE 138 III 512 S. 516 abzuleitenden Rechten, bis die Eintragung im Hauptbuch vollzogen wird (vgl. BGE 115 II 221 E. 4a S. 226/227). Mit der Wendung "grundsätzlich" ist gemeint, dass der Veräusserer zwar Eigentümer bleibt, aber überhaupt nicht mehr verfügen kann, sobald seine Anmeldung des Eigentumsübergangs an den Erwerber in das Tagebuch eingeschrieben ist. Die Rechtsstellung des Erwerbers vor der Eintragung des Eigentumsübergangs in das Hauptbuch wiederum wird verstärkt, sobald die Eintragungsanmeldung in das Tagebuch eingeschrieben ist. Er besitzt eine dingliche Anwartschaft auf das Eigentum, die aber trotzdem nicht der Entstehung des dinglichen Rechts gleichkommt (vgl. DESCHENAUX, Das Grundbuch, in: Sachenrecht, SPR Bd. V/3, 1. Teilbd., 1988, § 15/B/I/3b S. 285, und 2. Teilbd., 1989, § 29/IV/1a S. 610; JÜRG SCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 35 zu Art. 972 ZGB ; vgl. zum Begriff: STEINAUER, Les droits réels, 4. Aufl. 2007, N. 57 S. 50, mit Hinweisen). 3.4 Welche Folgen sich aus diesem Schwebezustand zwischen der Einschreibung in das Tagebuch und der Eintragung in das Hauptbuch für die Beteiligten ergeben, hat die Rechtsprechung fallbezogen und dabei vor allem unter dem Blickwinkel der Rechtssicherheit beurteilt: 3.4.1 Die Eintragung des Pfandrechts des Verkäufers, der Miterben oder Gemeinder muss gemäss Art. 838 ZGB spätestens drei Monate nach der Übertragung des Eigentums erfolgen. Unter "Übertragung des Eigentums" versteht die Rechtsprechung im Falle eines Kaufvertrags nicht die Eintragung des Erwerbers in das Hauptbuch, sondern die Einschreibung in das Tagebuch. Begründet wird dieser Fristbeginn zum einen damit, dass die Anmeldung der Eigentumsübertragung beim Grundbuchamt die rechtsgeschäftliche Verfügung des Verkäufers darstellt und der Eigentumsübergang auf den Tag des Eingangs der Anmeldung wirksam werden soll. Zum andern sprechen praktische Gründe für die Lösung, zumal die Eintragung in das Hauptbuch den Parteien nicht bekannt gegeben wird, in der Regel - im Gegensatz zur Einschreibung in das Tagebuch - kein eigenes Datum erhält und damit letztlich ein Vorgang ist, der nach aussen nicht in Erscheinung tritt (vgl. BGE 74 II 230 E. 3 S. 231 ff.). 3.4.2 Aus den nämlichen Überlegungen der Praktikabilität gilt im Mietrecht, dass der Erwerber der Mietsache den Mietvertrag kündigen kann, sobald die Eigentumsübertragung in das Tagebuch des BGE 138 III 512 S. 517 Grundbuchs eingeschrieben ist. Für die Lösung spricht zur Hauptsache, dass sicheren Aufschluss über das Datum des Vermieterwechsels nach Veräusserung der Mietsache nur die Einschreibung in das Tagebuch geben kann, während die Eintragung in das Hauptbuch erst später und als bloss interner Vorgang in einem den Parteien unbekannten Zeitpunkt erfolgt. Während dieses Schwebezustands darf den Beteiligten aber nicht unklar bleiben, wann der neue Eigentümer das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen kann. Dass die Grundbuchanmeldung allenfalls abgewiesen wird und der Eigentumswechsel nicht stattfindet, ist ein Ausnahmefall, der eine abweichende Lösung nicht rechtfertigt (vgl. BGE 118 II 119 E. 3a S. 120 ff., betreffend Art. 259 Abs. 2 OR in der Fassung von 1911 [AS 27 317, 396 f. und BS 2 199, 251], heute: Art. 261 OR ). 3.4.3 Die Klage des Materialeigentümers auf angemessene Entschädigung im Sinne von Art. 672 ZGB hat sich gegen den Grundeigentümer und im Falle einer zwischenzeitlich erfolgten Veräusserung gegen den im Tagebuch eingeschriebenen Erwerber zu richten und nicht gegen den im Hauptbuch noch eingetragenen Verkäufer, der nicht mehr als passivlegitimiert gelten kann. Die Gründe dafür sind die bereits genannten (Urteil C 531/84 vom 1. Februar 1985 E. 4, in Bestätigung des kantonalen Entscheids, in: SJ 107/1985 S. 398 f.). 3.5 Die beispielhaft aufgezählten Fälle lassen folgende allgemeinen Schlüsse zu: 3.5.1 Die Grundbuchanmeldung und die damit verbundene Einschreibung des Eigentumsübergangs in das Tagebuch beinhalten die materiell-rechtliche Verfügung. Ab diesem Zeitpunkt ist der Veräusserer nicht mehr verfügungsberechtigt. Das Verfügungsrecht des Erwerbers entsteht gemäss Art. 972 ZGB zwar erst mit der Eintragung in das Hauptbuch (Abs. 1), aber rückwirkend auf den Zeitpunkt der Einschreibung in das Tagebuch (Abs. 2). Die "Bedeutung der Eintragung" (Marginalie zu Art. 972-974 ZGB ) in das Hauptbuch gemäss Art. 972 Abs. 1 ZGB besteht somit im Wesentlichen darin, dass ein gutgläubiger Dritter sich auf die Datierung im Hauptbuch verlassen kann, auch wenn sie unrichtig sein, d.h. vom Datum der entsprechenden Einschreibung in das Tagebuch abweichen sollte (vgl. BGE 74 II 230 E. 3 S. 232; DESCHENAUX, a.a.O., Teilbd. 2, § 29/IV/2a S. 612; SCHMID, a.a.O., N. 30 zu Art. 972 ZGB ; STEINAUER, a.a.O., N. 897a S. 314). BGE 138 III 512 S. 518 3.5.2 Rechtssicherheit über das Datum des Eigentumswechsels kann ausschliesslich die Einschreibung in das Tagebuch verschaffen. Über diesen Zeitpunkt darf im Zivilprozess keine Ungewissheit bestehen. Eine Veräusserung vor Einleitung des Prozesses bewirkt, dass der Kläger nicht berechtigt ist, den eingeklagten Anspruch im eigenen Namen zu erheben, oder dass der Beklagte nicht die Person ist, gegen die der eingeklagte Anspruch erhoben werden darf, so dass es im einen wie im anderen Fall zu einer Beurteilung des eingeklagten Anspruchs nicht kommen kann (vgl. BGE 114 II 345 E. 3a S. 346; BGE 116 II 253 E. 3 S. 257). Vorbehalten bleibt ein sog. schlichter oder gewillkürter Parteiwechsel, den die Prozessordnungen indessen entweder nicht kennen oder nur mit Zustimmung der Gegenpartei zulassen (vgl. BGE 118 Ia 129 E. 2 S. 130). Eine Veräusserung nach Eintritt der Rechtshängigkeit bewirkt nach allgemeinen Grundsätzen zwar ebenfalls den Verlust der Sachlegitimation, schliesst aber die Beurteilung des eingeklagten Anspruchs nicht aus, wenn und soweit die sog. Einzelrechtsnachfolge im Prozess geregelt ist (vgl. zu den Möglichkeiten: Urteil 5A_91/2009 vom 5. Mai 2009 E. 2 und 3, in: SZZP 2009 S. 355 ff.). Eine Veräusserung vor oder nach Prozessbeginn hat somit unterschiedliche Folgen für die Beurteilung des eingeklagten Anspruchs und muss deshalb zeitlich eindeutig bestimmbar sein. Sicheren Aufschluss über das Datum der Veräusserung gibt die Einschreibung in das Tagebuch, hingegen nicht die Eintragung in das Hauptbuch. 3.5.3 Gegenüber einem Abstellen auf den Zeitpunkt der Einschreibung in das Tagebuch verbleibt der Einwand, dass eine Grundbuchanmeldung auch abgewiesen werden kann. Dabei handelt es sich indessen um Ausnahmefälle, zumal die kantonale Grundbuchpraxis übertriebenen Formalismus vermeidet und den Entscheid zur Ergänzung von Belegen formlos aufschieben kann (vgl. DESCHENAUX, a.a.O., Teilbd. 1, § 25/V/2 S. 533 ff.; SCHMID, a.a.O., N. 18 zu Art. 966 ZGB ; STEINAUER, a.a.O., N. 856e S. 302 f., mit Hinweisen). Richtig ist auch, dass die zeitliche Rückbeziehung der Eintragung in das Hauptbuch auf die Einschreibung in das Tagebuch zur Folge haben kann, dass sich ein Auszug aus dem Hauptbuch ( Art. 967 Abs. 2 ZGB ) im Nachhinein als unvollständig erweist, falls im Zeitpunkt seiner Ausfertigung ein Tagebucheintrag noch nicht im Hauptbuch vollzogen ist. Der Gefahr beugen Vorschriften der Grundbuchbuchverordnung vom 23. September 2011 (GBV; SR 211.432.1) vor. Danach wird im Papiergrundbuch auf dem Hauptbuchblatt darauf hingewiesen, wenn BGE 138 III 512 S. 519 eine Eintragung in das Tagebuch hängig ist ( Art. 82 GBV und Art. 26 Abs. 3 der aGBV vom 2. Februar 1910 in der Fassung von 1988 [AS 1987 II 1600, 1602]. Auszüge aus dem Hauptbuch enthalten dann einen Hinweis auf die Anmeldungen, die im Tagebuch eingeschrieben, aber noch nicht im Hauptbuch eingetragen sind ( Art. 31 Abs. 4 lit. e GBV und Art. 105 Abs. 4 der aGBV vom 2. Februar 1910 in der Fassung von 1988 [AS 1987 II 1600, 1609 f.]; vgl. Urteil 5C.232/2003 vom 2. März 2004 E. 2.2, in: ZBGR 86/2005 S. 42). 4. Von der einzelfallbezogenen Rechtsprechung im vorliegenden Fall abzuweichen, besteht kein Anlass. 4.1 Der Beschwerdeführer hat nicht nur auf Feststellung seiner Dienstbarkeitsberechtigung geklagt, sondern weitergehend beantragt, das Haus A abzureissen und den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen. Wer sich als Eigentümer ein derartiges Begehren entgegenhalten lassen muss, folgt aus der Einschreibung in das Tagebuch, soweit im Zeitpunkt der Klageeinreichung ein Eigentumswechsel beim Grundbuchamt angemeldet, die Eintragung in das Hauptbuch aber zufälligerweise noch nicht vollzogen ist. 4.2 Der Beschwerdeführer hat seine Klage am 5. Januar 2010 gegen die Beschwerdegegnerin 1 als Eigentümerin - unter anderem - der Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 eingereicht, obwohl er im Zeitpunkt der Ausarbeitung der Klageschrift aufgrund eines über einen Notar bezogenen Grundbuchauszugs wusste, dass der Eigentumsübergang an die Ehegatten U. und V. im Tagebuch eingeschrieben war. Es ist zwar richtig, dass einem Grundbuchauszug der öffentliche Glaube des Grundbuchs nicht zukommt, doch hätte der Hinweis auf den im Tagebuch eingeschriebenen Eigentumswechsel den Beschwerdeführer veranlassen müssen, Abklärungen im Grundbuch selbst vorzunehmen (vgl. Urteil 5C.232/2003 vom 2. März 2004 E. 2.2, in: ZBGR 86/2005 S. 42). Daran ändert das Eigentümerverzeichnis nichts, das der Beschwerdeführer beim zuständigen Grundbuchamt eingeholt haben will und aus dem sich keine hängigen Tagebuchgeschäfte ergeben sollen. Das Eigentümerverzeichnis entfaltet keine Rechtswirkungen und nimmt am öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht teil (vgl. DESCHENAUX, a.a.O., Teilbd. 1, § 5/III/1a S. 66, und Teilbd. 2, § 38/B/AA/I/1 S. 767; SCHMID, a.a.O., N. 7 zu Art. 973 ZGB ; STEINAUER, a.a.O., N. 934a S. 325 f.). 4.3 Der Beschwerdeführer hat die Ehegatten U. und V. als Eigentümer der Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 und damit zwei der eine BGE 138 III 512 S. 520 notwendige Streitgenossenschaft bildenden Eigentümer der Liegenschaft Nr. 2355 nicht in den Prozess einbezogen. Das hier vor Regionalgericht noch massgebende bernische Zivilprozessrecht (vgl. E. 2.1 hiervor) kennt den sog. schlichten oder gewillkürten Parteiwechsel nicht (vgl. BGE 118 Ia 129 E. 2b S. 131). Nicht von Anfang an als Partei am Verfahren beteiligte notwendige Streitgenossen können zudem weder später beitreten noch beigeladen werden. Die Klage aber, die nicht gegen alle notwendigen Streitgenossen gerichtet wird, durfte wegen fehlender Passivlegitimation abgewiesen werden (vgl. LEUCH/MARBACH/KELLERHALS/STERCHI, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl. 2000, N. 1d zu Art. 36 ZPO /BE; JOLIDON, Procédure civile bernoise, 1986, S. 76 f. Ziff. 521.3; allgemein: BGE 137 III 455 E. 3.5 S. 459).
Urteilskopf
73. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen K. AG und Mitb. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_155/2012 vom 29. Mai 2012
Regeste Art. 972 ZGB ; Grunddienstbarkeit; Klage des berechtigten Eigentümers gegen Miteigentümer des belasteten Grundstücks; Passivlegitimation. Ist im Zeitpunkt der Klageeinreichung das Eigentum eines Käufers im Tagebuch eingeschrieben, im Hauptbuch aber noch nicht eingetragen, hat sich die Klage des dienstbarkeitsberechtigten Eigentümers gegen den im Tagebuch eingeschriebenen Käufer eines Miteigentumsanteils am dienstbarkeitsbelasteten Grundstück zu richten (E. 2-4).
Regeste
Art. 972 ZGB ; Grunddienstbarkeit; Klage des berechtigten Eigentümers gegen Miteigentümer des belasteten Grundstücks; Passivlegitimation. Ist im Zeitpunkt der Klageeinreichung das Eigentum eines Käufers im Tagebuch eingeschrieben, im Hauptbuch aber noch nicht eingetragen, hat sich die Klage des dienstbarkeitsberechtigten Eigentümers gegen den im Tagebuch eingeschriebenen Käufer eines Miteigentumsanteils am dienstbarkeitsbelasteten Grundstück zu richten (E. 2-4).
Art. 972 ZGB Ist im Zeitpunkt der Klageeinreichung das Eigentum eines Käufers im Tagebuch eingeschrieben, im Hauptbuch aber noch nicht eingetragen, hat sich die Klage des dienstbarkeitsberechtigten Eigentümers gegen den im Tagebuch eingeschriebenen Käufer eines Miteigentumsanteils am dienstbarkeitsbelasteten Grundstück zu richten (E. 2-4).
Sachverhalt ab Seite 512
Sachverhalt ab Seite 512 BGE 138 III 512 S. 512
BGE 138 III 512 S. 512
Zugunsten des Grundstücks Nr. 3419 und zulasten der Grundstücke Nrn. 2355, 3099, 4658 und 5820 ist im Grundbuch eine Dienstbarkeit mit dem Stichwort "Bau- und Anpflanzungsverbot" eingetragen. Das belastete Grundstück Nr. 2355 wurde gleichwohl mit drei Häusern (A, B und C) überbaut und daran am 31. Juli 2008 BGE 138 III 512 S. 513 Stockwerkeigentum begründet mit neun Wohneinheiten (Nr. 2355-2 bis 2355-10) und einer - in 22 Miteigentumsanteile aufgeteilten - Autoeinstellhalle (Nr. 2355-1).
BGE 138 III 512 S. 513
X. (Beschwerdeführer) ist Miteigentümer zur Hälfte des berechtigten Grundstücks Nr. 3419. Er erhob am 5. Januar 2010 eine Klage mit den Hauptbegehren, es sei festzustellen, dass auf dem Grundstück Nr. 2355 im Aussichtsbereich H. ein totales Bau- und Anpflanzungsverbot zugunsten des Grundstücks Nr. 3419 besteht, und es sei das Haus A abzureissen und der rechtmässige Zustand wiederherzustellen. Der Beschwerdeführer richtete die Klage gegen die K. AG, gegen L., M., N. und O. sowie gegen die Stockwerkeigentümergemeinschaft der Liegenschaft P. (Beschwerdegegner 1-6). Die kantonalen Gerichte wiesen die Klage mangels Passivlegitimation ab.
Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht, die Passivlegitimation der Beschwerdegegner 1-6 zu bejahen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. Die Ausgangslage zeigt sich wie folgt:
2. 2.1 Der Beschwerdeführer hat seine Klage am 5. Januar 2010 ohne vorgängigen Aussöhnungsversuch eingereicht. Für das ganze erstinstanzliche Verfahren hat damit das bisherige kantonale Prozessrecht gegolten. Da der erstinstanzliche Entscheid vom 28. Februar 2011 den Parteien je am 2. März 2011 eröffnet wurde, waren für das Rechtsmittelverfahren hingegen die Bestimmungen der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) massgebend ( Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO ). Soweit es um prozessuale Fragen des erstinstanzlichen Verfahrens gegangen ist, hatte das Obergericht als Berufungsinstanz die richtige Anwendung des bisherigen kantonalen Verfahrensrechts zu prüfen (vgl. BGE 138 I 1 E. 2.1 S. 3).
2.1 Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO 2.2 Bereits vor Obergericht ist unstreitig geblieben, dass sich die Klage des Beschwerdeführers gegen alle Stockwerkeigentümer und damit alle Miteigentümer des dienstbarkeitsbelasteten Grundstücks Nr. 2355 als notwendige Streitgenossen richten muss und dass für die Eigentumsverhältnisse auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung am 5. Januar 2010 abzustellen ist. Die Passivlegitimation der BGE 138 III 512 S. 514 Beschwerdegegnerin 6 hat der Beschwerdeführer bereits vor Obergericht nicht mehr geltend gemacht. Auf diese Fragen kommt der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht mehr zurück, so dass sich darauf einzugehen erübrigt (vgl. BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400; BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584).
2.2 BGE 138 III 512 S. 514
2.3 In tatsächlicher Hinsicht sind die kantonalen Gerichte davon ausgegangen, dass die Beschwerdegegnerin 1 die Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 an die einfache Gesellschaft U. und V. verkauft hat. Der Eigentumsübergang ist am 25. November 2009 erfolgt und mit diesem Datum vor dem 13. Dezember 2009 und damit vor der Klageeinreichung am 5. Januar 2010 in das Tagebuch des Grundbuchs eingeschrieben worden. Das Datum der Einschreibung in das Tagebuch findet sich in der Eintragung in das Hauptbuch des Grundbuchs wieder, die in einem späteren unbekannten Zeitpunkt nach der Klageeinreichung am 5. Januar 2010 vorgenommen wurde. Die Tatsachenfeststellungen sind für das Bundesgericht verbindlich ( Art. 105 Abs. 1 BGG ), erhebt doch der Beschwerdeführer dagegen keine begründeten Sachverhaltsrügen ( Art. 97 Abs. 1 BGG ). Er stimmt vielmehr der Sachdarstellung zu, dass die Klageeinreichung nach Anmeldung des besagten Kaufvertrags, aber vor dessen Eintragung im Grundbuch erfolgt ist.
2.3 Art. 105 Abs. 1 BGG Art. 97 Abs. 1 BGG 2.4 Aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Ausgangslage haben die kantonalen Gerichte die Passivlegitimation der Beschwerdegegner verneint. Sie sind davon ausgegangen, im Zeitpunkt der Klageeinreichung am 5. Januar 2010 sei die Beschwerdegegnerin 1 mit Bezug auf die Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 nicht mehr verfügungsberechtigt gewesen. Der Beschwerdeführer hätte deshalb seine Klage gegen die am 5. Januar 2010 bereits im Tagebuch des Grundbuchs eingeschriebenen Ehegatten U. und V. als Eigentümer der Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 richten müssen, was er aber nicht getan habe. Fehle es damit am Einbezug auch nur eines der notwendigen Streitgenossen, sei die Klage mangels Passivlegitimation abzuweisen.
2.4 3. Die Streitfrage lautet dahingehend, wer als Eigentümer der Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 im Zeitpunkt der Klageeinreichung als passivlegitimiert zu gelten hat, die im Hauptbuch noch eingetragene Veräussererin und eingeklagte Beschwerdegegnerin 1 oder die bereits im Tagebuch eingeschriebenen Käufer, aber mit der Klage nicht ins Recht gefassten Ehegatten U. und V. BGE 138 III 512 S. 515
3. BGE 138 III 512 S. 515
3.1 Zum Erwerb des Grundeigentums bedarf es gemäss Art. 656 Abs. 1 ZGB der Eintragung in das Grundbuch. Die Eintragungen erfolgen aufgrund einer schriftlichen Erklärung des Eigentümers des Grundstücks, auf das sich die Verfügung bezieht ( Art. 963 Abs. 1 ZGB ). Die Anmeldungen zur Eintragung in das Grundbuch werden nach ihrer zeitlichen Reihenfolge ohne Aufschub in das Tagebuch eingeschrieben ( Art. 948 Abs. 1 ZGB ), und die Eintragungen im Hauptbuch erfolgen wiederum in der Reihenfolge, in der die Anmeldungen angebracht worden sind ( Art. 967 Abs. 1 ZGB ). Die dinglichen Rechte entstehen und erhalten ihren Rang und ihr Datum durch die Eintragung in das Hauptbuch ( Art. 972 Abs. 1 ZGB ). Ihre Wirkung wird auf den Zeitpunkt der Einschreibung in das Tagebuch zurückbezogen, vorausgesetzt, dass die gesetzlichen Ausweise der Anmeldung beigefügt oder bei den vorläufigen Eintragungen nachträglich rechtzeitig beigebracht werden ( Art. 972 Abs. 2 ZGB ).
3.1 Art. 656 Abs. 1 ZGB Art. 963 Abs. 1 ZGB Art. 948 Abs. 1 ZGB Art. 967 Abs. 1 ZGB Art. 972 Abs. 1 ZGB Art. 972 Abs. 2 ZGB 3.2 Die Grundbuchanmeldung im Sinne von Art. 963 Abs. 1 ZGB hat nicht bloss die Bedeutung eines formellen Antrags an den Grundbuchverwalter, die Änderung einer Eintragung vorzunehmen. Sie stellt vielmehr die materielle Verfügung über das Eigentum dar (vgl. BGE 109 II 99 E. 3 S. 101; BGE 137 III 293 E. 5.3 S. 302). Die Grundbuchanmeldung gilt demnach als Willenserklärung des Eigentümers, die den Grundbuchverwalter zur Vornahme der im Grundbuch erforderlichen Änderung veranlasst, wobei mit der Eintragung im Hauptbuch schliesslich der Eigentumswechsel herbeigeführt wird. Mit der Anmeldung hat der Veräusserer seinen auf die Übertragung des Eigentums abzielenden Geschäftswillen bekundet und damit all das vorgekehrt, was es seinerseits zur Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung aus dem Grundgeschäft bedarf. Der weitere Verlauf des Eintragungsverfahrens, welches mit der Einschreibung im Tagebuch beginnt und mit der Eintragung im Hauptbuch zum Abschluss gelangt, bleibt seinem Einfluss entzogen. Bereits mit der Einschreibung im Tagebuch hat der Veräusserer im Hinblick auf die Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung seine Rechtsstellung als Eigentümer aufgegeben (vgl. BGE 115 II 221 E. 5a S. 229 f.).
3.2 Art. 963 Abs. 1 ZGB 3.3 Der Einwand des Beschwerdeführers ist berechtigt, dass die dinglichen Rechte kraft Gesetzes durch die Eintragung in das Hauptbuch entstehen ( Art. 972 Abs. 1 ZGB ), auch wenn ihre Wirkung auf die Einschreibung in das Tagebuch zurückbezogen wird ( Art. 972 Abs. 2 ZGB ). Die Rechtsprechung anerkennt, dass der Veräusserer so lange Eigentümer ist, und zwar grundsätzlich mit allen daraus BGE 138 III 512 S. 516 abzuleitenden Rechten, bis die Eintragung im Hauptbuch vollzogen wird (vgl. BGE 115 II 221 E. 4a S. 226/227). Mit der Wendung "grundsätzlich" ist gemeint, dass der Veräusserer zwar Eigentümer bleibt, aber überhaupt nicht mehr verfügen kann, sobald seine Anmeldung des Eigentumsübergangs an den Erwerber in das Tagebuch eingeschrieben ist. Die Rechtsstellung des Erwerbers vor der Eintragung des Eigentumsübergangs in das Hauptbuch wiederum wird verstärkt, sobald die Eintragungsanmeldung in das Tagebuch eingeschrieben ist. Er besitzt eine dingliche Anwartschaft auf das Eigentum, die aber trotzdem nicht der Entstehung des dinglichen Rechts gleichkommt (vgl. DESCHENAUX, Das Grundbuch, in: Sachenrecht, SPR Bd. V/3, 1. Teilbd., 1988, § 15/B/I/3b S. 285, und 2. Teilbd., 1989, § 29/IV/1a S. 610; JÜRG SCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 35 zu Art. 972 ZGB ; vgl. zum Begriff: STEINAUER, Les droits réels, 4. Aufl. 2007, N. 57 S. 50, mit Hinweisen).
3.3 Art. 972 Abs. 1 ZGB Art. 972 Abs. 2 ZGB BGE 138 III 512 S. 516
Art. 972 ZGB 3.4 Welche Folgen sich aus diesem Schwebezustand zwischen der Einschreibung in das Tagebuch und der Eintragung in das Hauptbuch für die Beteiligten ergeben, hat die Rechtsprechung fallbezogen und dabei vor allem unter dem Blickwinkel der Rechtssicherheit beurteilt:
3.4 3.4.1 Die Eintragung des Pfandrechts des Verkäufers, der Miterben oder Gemeinder muss gemäss Art. 838 ZGB spätestens drei Monate nach der Übertragung des Eigentums erfolgen. Unter "Übertragung des Eigentums" versteht die Rechtsprechung im Falle eines Kaufvertrags nicht die Eintragung des Erwerbers in das Hauptbuch, sondern die Einschreibung in das Tagebuch. Begründet wird dieser Fristbeginn zum einen damit, dass die Anmeldung der Eigentumsübertragung beim Grundbuchamt die rechtsgeschäftliche Verfügung des Verkäufers darstellt und der Eigentumsübergang auf den Tag des Eingangs der Anmeldung wirksam werden soll. Zum andern sprechen praktische Gründe für die Lösung, zumal die Eintragung in das Hauptbuch den Parteien nicht bekannt gegeben wird, in der Regel - im Gegensatz zur Einschreibung in das Tagebuch - kein eigenes Datum erhält und damit letztlich ein Vorgang ist, der nach aussen nicht in Erscheinung tritt (vgl. BGE 74 II 230 E. 3 S. 231 ff.).
3.4.1 Art. 838 ZGB BGE 74 II 230 3.4.2 Aus den nämlichen Überlegungen der Praktikabilität gilt im Mietrecht, dass der Erwerber der Mietsache den Mietvertrag kündigen kann, sobald die Eigentumsübertragung in das Tagebuch des BGE 138 III 512 S. 517 Grundbuchs eingeschrieben ist. Für die Lösung spricht zur Hauptsache, dass sicheren Aufschluss über das Datum des Vermieterwechsels nach Veräusserung der Mietsache nur die Einschreibung in das Tagebuch geben kann, während die Eintragung in das Hauptbuch erst später und als bloss interner Vorgang in einem den Parteien unbekannten Zeitpunkt erfolgt. Während dieses Schwebezustands darf den Beteiligten aber nicht unklar bleiben, wann der neue Eigentümer das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen kann. Dass die Grundbuchanmeldung allenfalls abgewiesen wird und der Eigentumswechsel nicht stattfindet, ist ein Ausnahmefall, der eine abweichende Lösung nicht rechtfertigt (vgl. BGE 118 II 119 E. 3a S. 120 ff., betreffend Art. 259 Abs. 2 OR in der Fassung von 1911 [AS 27 317, 396 f. und BS 2 199, 251], heute: Art. 261 OR ).
3.4.2 BGE 138 III 512 S. 517
Art. 259 Abs. 2 OR Art. 261 OR 3.4.3 Die Klage des Materialeigentümers auf angemessene Entschädigung im Sinne von Art. 672 ZGB hat sich gegen den Grundeigentümer und im Falle einer zwischenzeitlich erfolgten Veräusserung gegen den im Tagebuch eingeschriebenen Erwerber zu richten und nicht gegen den im Hauptbuch noch eingetragenen Verkäufer, der nicht mehr als passivlegitimiert gelten kann. Die Gründe dafür sind die bereits genannten (Urteil C 531/84 vom 1. Februar 1985 E. 4, in Bestätigung des kantonalen Entscheids, in: SJ 107/1985 S. 398 f.).
3.4.3 Art. 672 ZGB 3.5 Die beispielhaft aufgezählten Fälle lassen folgende allgemeinen Schlüsse zu:
3.5 3.5.1 Die Grundbuchanmeldung und die damit verbundene Einschreibung des Eigentumsübergangs in das Tagebuch beinhalten die materiell-rechtliche Verfügung. Ab diesem Zeitpunkt ist der Veräusserer nicht mehr verfügungsberechtigt. Das Verfügungsrecht des Erwerbers entsteht gemäss Art. 972 ZGB zwar erst mit der Eintragung in das Hauptbuch (Abs. 1), aber rückwirkend auf den Zeitpunkt der Einschreibung in das Tagebuch (Abs. 2). Die "Bedeutung der Eintragung" (Marginalie zu Art. 972-974 ZGB ) in das Hauptbuch gemäss Art. 972 Abs. 1 ZGB besteht somit im Wesentlichen darin, dass ein gutgläubiger Dritter sich auf die Datierung im Hauptbuch verlassen kann, auch wenn sie unrichtig sein, d.h. vom Datum der entsprechenden Einschreibung in das Tagebuch abweichen sollte (vgl. BGE 74 II 230 E. 3 S. 232; DESCHENAUX, a.a.O., Teilbd. 2, § 29/IV/2a S. 612; SCHMID, a.a.O., N. 30 zu Art. 972 ZGB ; STEINAUER, a.a.O., N. 897a S. 314). BGE 138 III 512 S. 518
3.5.1 Art. 972 ZGB Art. 972-974 ZGB Art. 972 Abs. 1 ZGB BGE 74 II 230 Art. 972 ZGB BGE 138 III 512 S. 518
3.5.2 Rechtssicherheit über das Datum des Eigentumswechsels kann ausschliesslich die Einschreibung in das Tagebuch verschaffen. Über diesen Zeitpunkt darf im Zivilprozess keine Ungewissheit bestehen. Eine Veräusserung vor Einleitung des Prozesses bewirkt, dass der Kläger nicht berechtigt ist, den eingeklagten Anspruch im eigenen Namen zu erheben, oder dass der Beklagte nicht die Person ist, gegen die der eingeklagte Anspruch erhoben werden darf, so dass es im einen wie im anderen Fall zu einer Beurteilung des eingeklagten Anspruchs nicht kommen kann (vgl. BGE 114 II 345 E. 3a S. 346; BGE 116 II 253 E. 3 S. 257). Vorbehalten bleibt ein sog. schlichter oder gewillkürter Parteiwechsel, den die Prozessordnungen indessen entweder nicht kennen oder nur mit Zustimmung der Gegenpartei zulassen (vgl. BGE 118 Ia 129 E. 2 S. 130). Eine Veräusserung nach Eintritt der Rechtshängigkeit bewirkt nach allgemeinen Grundsätzen zwar ebenfalls den Verlust der Sachlegitimation, schliesst aber die Beurteilung des eingeklagten Anspruchs nicht aus, wenn und soweit die sog. Einzelrechtsnachfolge im Prozess geregelt ist (vgl. zu den Möglichkeiten: Urteil 5A_91/2009 vom 5. Mai 2009 E. 2 und 3, in: SZZP 2009 S. 355 ff.). Eine Veräusserung vor oder nach Prozessbeginn hat somit unterschiedliche Folgen für die Beurteilung des eingeklagten Anspruchs und muss deshalb zeitlich eindeutig bestimmbar sein. Sicheren Aufschluss über das Datum der Veräusserung gibt die Einschreibung in das Tagebuch, hingegen nicht die Eintragung in das Hauptbuch.
3.5.2 3.5.3 Gegenüber einem Abstellen auf den Zeitpunkt der Einschreibung in das Tagebuch verbleibt der Einwand, dass eine Grundbuchanmeldung auch abgewiesen werden kann. Dabei handelt es sich indessen um Ausnahmefälle, zumal die kantonale Grundbuchpraxis übertriebenen Formalismus vermeidet und den Entscheid zur Ergänzung von Belegen formlos aufschieben kann (vgl. DESCHENAUX, a.a.O., Teilbd. 1, § 25/V/2 S. 533 ff.; SCHMID, a.a.O., N. 18 zu Art. 966 ZGB ; STEINAUER, a.a.O., N. 856e S. 302 f., mit Hinweisen). Richtig ist auch, dass die zeitliche Rückbeziehung der Eintragung in das Hauptbuch auf die Einschreibung in das Tagebuch zur Folge haben kann, dass sich ein Auszug aus dem Hauptbuch ( Art. 967 Abs. 2 ZGB ) im Nachhinein als unvollständig erweist, falls im Zeitpunkt seiner Ausfertigung ein Tagebucheintrag noch nicht im Hauptbuch vollzogen ist. Der Gefahr beugen Vorschriften der Grundbuchbuchverordnung vom 23. September 2011 (GBV; SR 211.432.1) vor. Danach wird im Papiergrundbuch auf dem Hauptbuchblatt darauf hingewiesen, wenn BGE 138 III 512 S. 519 eine Eintragung in das Tagebuch hängig ist ( Art. 82 GBV und Art. 26 Abs. 3 der aGBV vom 2. Februar 1910 in der Fassung von 1988 [AS 1987 II 1600, 1602]. Auszüge aus dem Hauptbuch enthalten dann einen Hinweis auf die Anmeldungen, die im Tagebuch eingeschrieben, aber noch nicht im Hauptbuch eingetragen sind ( Art. 31 Abs. 4 lit. e GBV und Art. 105 Abs. 4 der aGBV vom 2. Februar 1910 in der Fassung von 1988 [AS 1987 II 1600, 1609 f.]; vgl. Urteil 5C.232/2003 vom 2. März 2004 E. 2.2, in: ZBGR 86/2005 S. 42).
3.5.3 Art. 966 ZGB Art. 967 Abs. 2 ZGB BGE 138 III 512 S. 519
Art. 82 GBV Art. 31 Abs. 4 lit. e GBV 4. Von der einzelfallbezogenen Rechtsprechung im vorliegenden Fall abzuweichen, besteht kein Anlass.
4. 4.1 Der Beschwerdeführer hat nicht nur auf Feststellung seiner Dienstbarkeitsberechtigung geklagt, sondern weitergehend beantragt, das Haus A abzureissen und den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen. Wer sich als Eigentümer ein derartiges Begehren entgegenhalten lassen muss, folgt aus der Einschreibung in das Tagebuch, soweit im Zeitpunkt der Klageeinreichung ein Eigentumswechsel beim Grundbuchamt angemeldet, die Eintragung in das Hauptbuch aber zufälligerweise noch nicht vollzogen ist.
4.1 4.2 Der Beschwerdeführer hat seine Klage am 5. Januar 2010 gegen die Beschwerdegegnerin 1 als Eigentümerin - unter anderem - der Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 eingereicht, obwohl er im Zeitpunkt der Ausarbeitung der Klageschrift aufgrund eines über einen Notar bezogenen Grundbuchauszugs wusste, dass der Eigentumsübergang an die Ehegatten U. und V. im Tagebuch eingeschrieben war. Es ist zwar richtig, dass einem Grundbuchauszug der öffentliche Glaube des Grundbuchs nicht zukommt, doch hätte der Hinweis auf den im Tagebuch eingeschriebenen Eigentumswechsel den Beschwerdeführer veranlassen müssen, Abklärungen im Grundbuch selbst vorzunehmen (vgl. Urteil 5C.232/2003 vom 2. März 2004 E. 2.2, in: ZBGR 86/2005 S. 42). Daran ändert das Eigentümerverzeichnis nichts, das der Beschwerdeführer beim zuständigen Grundbuchamt eingeholt haben will und aus dem sich keine hängigen Tagebuchgeschäfte ergeben sollen. Das Eigentümerverzeichnis entfaltet keine Rechtswirkungen und nimmt am öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht teil (vgl. DESCHENAUX, a.a.O., Teilbd. 1, § 5/III/1a S. 66, und Teilbd. 2, § 38/B/AA/I/1 S. 767; SCHMID, a.a.O., N. 7 zu Art. 973 ZGB ; STEINAUER, a.a.O., N. 934a S. 325 f.).
4.2 Art. 973 ZGB 4.3 Der Beschwerdeführer hat die Ehegatten U. und V. als Eigentümer der Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 und damit zwei der eine BGE 138 III 512 S. 520 notwendige Streitgenossenschaft bildenden Eigentümer der Liegenschaft Nr. 2355 nicht in den Prozess einbezogen. Das hier vor Regionalgericht noch massgebende bernische Zivilprozessrecht (vgl. E. 2.1 hiervor) kennt den sog. schlichten oder gewillkürten Parteiwechsel nicht (vgl. BGE 118 Ia 129 E. 2b S. 131). Nicht von Anfang an als Partei am Verfahren beteiligte notwendige Streitgenossen können zudem weder später beitreten noch beigeladen werden. Die Klage aber, die nicht gegen alle notwendigen Streitgenossen gerichtet wird, durfte wegen fehlender Passivlegitimation abgewiesen werden (vgl. LEUCH/MARBACH/KELLERHALS/STERCHI, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl. 2000, N. 1d zu Art. 36 ZPO /BE; JOLIDON, Procédure civile bernoise, 1986, S. 76 f. Ziff. 521.3; allgemein: BGE 137 III 455 E. 3.5 S. 459).
4.3 BGE 138 III 512 S. 520
Art. 36 ZPO
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Urteilskopf
74. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. SA gegen Z. LLC (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_754/2011 vom 2. Juli 2012
Regeste Art. IV Abs. 2 NYÜ; Erfordernis der Übersetzung des ausländischen Schiedsspruchs im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckung. Die Formerfordernisse gemäss Art. IV NYÜ sind nicht streng zu handhaben und eine zu formalistische Anwendung dieser Bestimmung ist zu vermeiden. Nach heutigen Verhältnissen kann davon ausgegangen werden, dass die Gerichte bei Schiedssprüchen in englischer Sprache in der Regel nicht auf eine Übersetzung angewiesen sind (E. 4 und 5).
Regeste
Art. IV Abs. 2 NYÜ; Erfordernis der Übersetzung des ausländischen Schiedsspruchs im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckung. Die Formerfordernisse gemäss Art. IV NYÜ sind nicht streng zu handhaben und eine zu formalistische Anwendung dieser Bestimmung ist zu vermeiden. Nach heutigen Verhältnissen kann davon ausgegangen werden, dass die Gerichte bei Schiedssprüchen in englischer Sprache in der Regel nicht auf eine Übersetzung angewiesen sind (E. 4 und 5).
Die Formerfordernisse gemäss Art. IV NYÜ sind nicht streng zu handhaben und eine zu formalistische Anwendung dieser Bestimmung ist zu vermeiden. Nach heutigen Verhältnissen kann davon ausgegangen werden, dass die Gerichte bei Schiedssprüchen in englischer Sprache in der Regel nicht auf eine Übersetzung angewiesen sind (E. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 521
Sachverhalt ab Seite 521 BGE 138 III 520 S. 521
BGE 138 III 520 S. 521
A. Am 28. Oktober 2010 leitete die Z. LLC (mit Sitz in den USA) für eine Forderung von Fr. 4'014'624.88 nebst Zins und Zinseszins gegen die X. SA (mit Sitz in der Schweiz) die Betreibung ein. Als Grund der Forderung gab sie das "ICC Schiedsurteil (...) vom 3. November 2009" an (ICC-Einzelschiedsgericht mit Sitz in London; Schweizer Recht als anwendbares Recht; Englisch als Verfahrenssprache). Gegen den Zahlungsbefehl vom 2. November 2010 erhob die X. SA am 11. November 2010 Rechtsvorschlag.
A. B.
B. B.a Am 1. Dezember 2010 ersuchte die Z. LLC das Bezirksgericht Höfe um definitive Rechtsöffnung für Fr. 4'014'624.88 nebst Zins und Zinseszins. Das Rechtsöffnungsgesuch versah sie insbesondere mit beglaubigten Kopien des von ihr und der X. SA abgeschlossenen Alleinvertriebs- und Lizenzvertrags mit der Schiedsklausel vom 17. Mai 2002, des Schiedsspruchs vom 3. November 2009 und des einzelschiedsrichterlichen Entscheids vom 8. Januar 2010 über das Gesuch der X. SA um Auslegung des Schiedsspruchs. Ebenso legte sie eine beglaubigte Übersetzung des Dispositivs des Schiedsspruchs vom 3. November 2009 bei. Zusammen mit ihrer Replik vom 28. Januar 2011 reichte die Z. LLC zudem eine Übersetzung des Abschnitts "V. Costs" des Schiedsspruchs vom 3. November 2009 und des einzelschiedsrichterlichen Entscheids vom 8. Januar 2010 über das Auslegungsgesuch nach.
B.a B.b Mit Verfügung vom 13. April 2011 (und Berichtigung vom 19. April 2011) erteilte das Bezirksgericht der Z. LLC für den Betrag von "Fr. 3'984'690.94 plus Fr. 205'713.89 sowie für Zins und Zinseszins auf Fr. 4'190'404.84 zu 5 % p.a. ab 29. Oktober 2010" die definitive Rechtsöffnung. Im Übrigen wies es das Rechtsöffnungsgesuch ab.
B.b C. Eine von der X. SA am 28. April 2011 erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Schwyz mit Beschluss vom 10. Oktober 2011 ab, soweit es darauf eintrat. BGE 138 III 520 S. 522
C. BGE 138 III 520 S. 522
D. Dem Bundesgericht beantragt die X. SA (nachfolgend Beschwerdeführerin) in ihrer Beschwerde in Zivilsachen vom 25. Oktober 2011, der kantonsgerichtliche Beschluss sei aufzuheben und das Gesuch der Z. LLC (nachfolgend Beschwerdegegnerin) um definitive Rechtsöffnung abzuweisen. Das Kantonsgericht und die Beschwerdegegnerin beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
D. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
4.
4. 4.1 Gestützt auf Art. IV Abs. 1 des Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (SR 0.277.12; nachfolgend: NYÜ) hat die Gläubigerin dem Rechtsöffnungsrichter den Schiedsspruch (gehörig beglaubigte Urschrift oder Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäss beglaubigt ist) und die Schiedsvereinbarung (Urschrift oder Abschrift, deren Übereinstimmung mit der Urschrift ordnungsgemäss beglaubigt ist) vorzulegen.
4.1 Ist der Schiedsspruch oder die Vereinbarung nicht in einer amtlichen Sprache des Landes abgefasst, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, so hat die Partei, die seine Anerkennung und Vollstreckung nachsucht, eine Übersetzung der erwähnten Urkunden in diese Sprache beizubringen. Die Übersetzung muss von einem amtlichen oder beeidigten Übersetzer oder von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter beglaubigt sein (Art. IV Abs. 2 NYÜ). Die authentischen (Art. XVI NYÜ) Fassungen des NYÜ in französischer und englischer Sprache lauten insoweit "aura à produire une traduction" und "shall produce a translation".
4.2 Im angefochtenen Entscheid hat das Kantonsgericht mit Blick auf das Erfordernis der Übersetzung nach Art. IV Abs. 2 NYÜ festgestellt, die Beschwerdegegnerin habe im Rechtsöffnungsverfahren einzig eine beglaubigte deutsche Übersetzung des Dispositivs des englischen Schiedsspruchs eingereicht. Weiter habe sie eine nicht beglaubigte deutsche Übersetzung des Teils "V. Costs" des englischen Schiedsspruchs und des englischen Auslegungsentscheids vom 8. Januar 2010 vorgelegt. BGE 138 III 520 S. 523
4.2 BGE 138 III 520 S. 523
Das Kantonsgericht hat ausgeführt, das Fehlen einer Übersetzung der englischen Schiedsvereinbarung sei von der Beschwerdeführerin nicht beanstandet worden, weshalb sich insoweit weitere Bemerkungen erübrigten. Was die fehlende Übersetzung des ganzen Schiedsspruchs betreffe, habe zwar die Beschwerdeführerin von Anfang an eine Übersetzung verlangt. Jedoch verfüge das Kantonsgericht über ausreichende Englischkenntnisse, weshalb auf eine Übersetzung des restlichen Schiedsspruchs (neben der vorhandenen und beglaubigten Dispositivübersetzung) aus prozessökonomischen Gründen verzichtet werden könne, zumal in Bezug auf die strittige Kosten- und Entschädigungsregelung (Teil "V. Costs" sowie Auslegungsentscheid vom 8. Januar 2010) eine Übersetzung - wenn auch nicht beglaubigt - vorliege.
4.3 Die Beschwerdeführerin beanstandet nicht, dass das Kantonsgericht die nicht beglaubigten Übersetzungen des Teils "V. Costs" des Schiedsspruchs und des Auslegungsentscheids vom 8. Januar 2010 berücksichtigt hat (vgl. dazu Urteil 5P.174/1993 vom 22. Juni 1993 E. 5; sodann zu ähnlichen Konstellationen unter Art. IV Abs. 1 NYÜ Urteile 5A_427/2011 vom 10. Oktober 2011 E. 5, in: SJ 2012 I S. 81; 4A_124/2010 vom 4. Oktober 2010 E. 4.2; 5P.201/1994 vom 9. Januar 1995 E. 3, in: ASA Bulletin 2001 S. 294). Vielmehr macht sie eine Verletzung von Art. IV Abs. 2 NYÜ geltend, da diese Bestimmung eindeutig und zwingend sei und auch dann eingehalten werden müsse, wenn das Gericht der englischen Sprache mächtig sei. Die Prüfung des Einwands der Verletzung des schweizerischen ordre public (Art. V Abs. 2 lit. b NYÜ) setze eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Schiedsspruch voraus, weshalb eine umfassende Übersetzung desselben notwendig sei. Aufgrund des Fehlens der Übersetzung des gesamten Schiedsspruchs hätte damit nicht auf das Rechtsöffnungsgesuch eingetreten werden dürfen und das Kantonsgericht habe nicht nur Art. IV Abs. 2 NYÜ verletzt, sondern sei auch in Willkür ( Art. 9 BV ) verfallen.
4.3 Art. 9 BV 5.
5. 5.1 Zur Frage, ob Art. IV Abs. 2 NYÜ zwingend zu verstehen ist und damit in jedem Fall (ausnahmslos) eine Übersetzung des ganzen englischen Schiedsspruchs einzureichen ist, hat sich das Bundesgericht noch nicht geäussert.
5.1 5.2 In der Lehre spricht sich ein Teil (ausdrücklich oder jedenfalls ohne auf Ausnahmen hinzuweisen) für den zwingenden Charakter BGE 138 III 520 S. 524 von Art. IV Abs. 2 NYÜ aus (BUCHER, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, N. 11 zu Art. 194 IPRG ; BERGER/KELLERHALS, International and domestic arbitration in Switzerland, 2. Aufl. 2010, N. 1881; KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, Arbitrage international, 2. Aufl. 2010, N. 871; JOSI, Die Anerkennung und Vollstreckung der Schiedssprüche in der Schweiz, 2005, S. 198, wonach eine Übersetzung in die Amtssprache am Vollstreckungsort nötig sei; SCHWAB/WALTER, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. 2005, S. 475; FOUCHARD/GAILLARD/GOLDMAN, On international commercial arbitration, 1999, N. 1675 S. 971; SCHLOSSER, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Bd. I, 1975, N. 806 S. 757). Teilweise wird die Frage als strittig offengelassen (POUDRET/BESSON, Comparative law of international arbitration, 2. Aufl. 2007, N. 951).
5.2 BGE 138 III 520 S. 524
Art. 194 IPRG Nach einem anderen Teil der Lehre kann das Gericht die um Anerkennung und Vollstreckung nachsuchende Partei von der Einreichung einer Übersetzung des Schiedsspruchs dispensieren (STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 95 zu Art. 80 SchKG ; KRONKE/NACIMIENTO/OTTO/PORT, Recognition and enforcement of foreign arbitral awards, 2010, S. 194; CZERNICH, New Yorker Schiedsübereinkommen, 2008, S. 38, wonach eine Übersetzung des ganzen Spruchs - und nicht nur des Dispositivs - erst dann verlangt werden könne, wenn Verweigerungsgründe nach Art. V NYÜ geltend gemacht werden; VAN DEN BERG, The New York Arbitration Convention of 1958 - Towards a Uniform Judicial Interpretation, 1981, S. 250 und 259, wonach eine Übersetzung nur eingereicht werden müsse, wenn es das Gericht als nötig erachtet oder dies die andere Partei - mit einem berechtigten Interesse - verlangt).
Art. 80 SchKG 5.3 Auch die Praxis handhabt das Erfordernis der Übersetzung gemäss Art. IV Abs. 2 NYÜ unterschiedlich.
5.3 Einerseits wird eine Übersetzung ausnahmslos und zwingend verlangt. So hat beispielsweise der oberste Gerichtshof von Österreich entschieden, es sei eine Übersetzung des ganzen Schiedsspruchs erforderlich (Urteil des OGH 3Ob211/05h vom 26. April 2006, abrufbar unter http://www.ris.bka.gv.at/jus [besucht am 12. Juni 2012] und auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 2007 S. 259 ff.). BGE 138 III 520 S. 525
BGE 138 III 520 S. 525
Andererseits wurde bei englischen Schiedssprüchen wiederholt auf eine Übersetzung verzichtet, weil das Gericht nach eigener Darstellung der englischen Sprache genügend mächtig war, um umfassende Kenntnis des Inhalts des englischen Schiedsspruchs zu erhalten (Urteil des Voorzieningenrechters Rechtbank Amsterdam vom 18. Juni 2009, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 2009 S. 718; Urteil der Arrondissementsrechtbank Zutphen vom 11. November 1998, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 1999 S. 725 [betreffend fehlender Übersetzung der Schiedsvereinbarung]; Urteil des Präsidenten der Rechtbank Amsterdam vom 12. Juli 1984, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 1985 S. 488). Ein norwegisches Gericht wies zudem darauf hin, eine Übersetzung sei teuer und könne Widersprüche zum Originalwortlaut schaffen (Urteil des Vollstreckungsgerichts Vardø vom 10. Juli 2002, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 2003 S. 824). Ein deutsches Gericht verwarf den Einwand einer Partei, wonach eine Übersetzung fehle, mit dem Hinweis, sie habe sowohl den Vertrag auf Englisch abgeschlossen als auch das Schiedsverfahren auf Englisch durchgeführt, weshalb es unnötig sei, nun eine Übersetzung zu fordern (Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 14. März 2006, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 2009 S. 496).
Die Schweiz hat im Rahmen einer im Jahr 1995 von der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) geschaffenen und ständig nachgeführten Sammlung zur Umsetzung des NYÜ erklärt, sofern die Dokumente nach Art. IV Abs. 2 NYÜ nicht in einer der Amtssprachen abgefasst seien, müsse grundsätzlich eine englische Übersetzung eingereicht werden; in der Praxis sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass das Gericht auch andere Sprachen akzeptiere (vgl. http://www.uncitral.org/uncitral/en/uncitral_texts/arbitration/NYConvention_implementation.html [besucht am 12. Juni 2012]).
5.4
5.4 5.4.1 Das NYÜ ist nach Art. 31-33 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (VRK; SR 0.111) auszulegen (VAN DEN BERG, a.a.O., S. 3 ff.; ICCA's guide to the interpretation of the 1958 New York Convention, 2011, S. 12 ff. [nachfolgend ICCA's guide; abrufbar unter http://www.arbitration-icca.org/publications/NYC_Guide.html, besucht am 12. Juni 2012]; BGE 138 III 520 S. 526 allgemein zur Auslegung auch PATOCCHI/JERMINI, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 20 zu Art. 194 IPRG ). Nach Art. 31 Abs. 1 VRK ist ein Staatsvertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks auszulegen (vgl. dazu BGE 122 II 234 E. 4c S. 238).
5.4.1 BGE 138 III 520 S. 526
Art. 194 IPRG Art. 31 Abs. 1 VRK 5.4.2 Mit Bezug auf die Materialien zum NYÜ ( Art. 32 VRK ) ergeben sich keine klaren Hinweise (vgl. KRONKE/NACIMIENTO/OTTO/PORT, a.a.O., S. 146 ff. und insbesondere S. 194; VAN DEN BERG, a.a.O., S. 258 mit Hinweisen) und auch die Botschaft des Bundesrats vom 18. September 1964 betreffend die Genehmigung des NYÜ (BBl 1964 II 605 ff.) äussert sich im Übrigen zur vorliegenden Frage nicht.
5.4.2 Art. 32 VRK 5.4.3 Der Zweck des NYÜ ist es, die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche zu erleichtern, weshalb das Übereinkommen vollstreckungsfreundlich auszulegen ist. Die Gerichte haben einen pragmatischen, flexiblen und nicht formalistischen Ansatz anzuwenden (ICCA's guide, a.a.O., S. 14 f. und 71). Art. IV Abs. 2 NYÜ bezweckt, den Schiedsspruch in eine dem Gericht des Vollstreckungsstaats verständliche Fassung zu bringen, um über die Verweigerungsgründe gemäss Art. V NYÜ befinden zu können (BERGER/KELLERHALS, a.a.O., N. 1881; JOSI, a.a.O., S. 198).
5.4.3 5.4.4 Die Formerfordernisse gemäss Art. IV NYÜ sind nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht streng zu handhaben und eine zu formalistische Anwendung dieser Bestimmung ist zu vermeiden (vgl. die in E. 4.3 oben zitierten Urteile; vgl. auch GEISINGER, Implementing the New York Convention in Switzerland, Journal of international arbitration 2008 S. 694 ff.; PATOCCHI/JERMINI, a.a.O., N. 53 zu Art. 194 IPRG ; JOSI, a.a.O., S. 199; PAULSSON, The New York Convention in international practice - Problems of assimilation, in: The New York Convention of 1958, ASA Special Series No. 9, 1996, S. 105 ff.; PATOCCHI, The 1958 New York Convention - The Swiss Practice, in: The New York Convention of 1958, ASA Special Series No. 9, 1996, N. 14 S. 162 f.).
5.4.4 Art. 194 IPRG 5.5 Auch im vorliegenden Fall drängt sich eine grosszügige Auslegung von Art. IV Abs. 2 NYÜ auf. Es erschiene als rein formalistisch, neben der vorhandenen Übersetzung des Dispositivs und des Teils "V. Costs" auch noch eine Übersetzung des restlichen Schiedsspruchs zu verlangen, zumal gerade die Kostenverlegung strittig war BGE 138 III 520 S. 527 (und Grundlage für den zu prüfenden Verweigerungsgrund nach Art. V NYÜ bildete). Nach heutigen Verhältnissen kann davon ausgegangen werden, dass die Gerichte bei englischen Schiedssprüchen in der Regel nicht auf eine Übersetzung angewiesen sind und so der Zweck von Art. IV Abs. 2 NYÜ genauso gut erreicht wird (vgl. zum zeitlichen Element auch VAN DEN BERG, a.a.O., S. 258; allgemein zu den Englischkenntnissen der schweizerischen Gerichte HUNZIKER-BLUM, Beweisurkunden in der Amtssprache, in Landessprachen und in Fremdsprachen im Zivilprozess, SZZP 2009 S. 203 ff.).
5.5 BGE 138 III 520 S. 527
Ein flexibles, pragmatisches und nicht formalistisches Verständnis von Art. IV Abs. 2 NYÜ führt demnach im vorliegend zu beurteilenden Fall zum Ergebnis, dass die von der Beschwerdegegnerin eingereichte Teilübersetzung ausreichend ist.
Eine engere Interpretation im Sinne der Beschwerdeführerin würde dem allgemein anerkennungs- und vollstreckungsfreundlichen Geist und Ziel des Abkommens entgegenstehen (vgl. auch Urteil 4A_124/2010 vom 4. Oktober 2010 E. 3.1). Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren zu Recht nicht geltend machte, sie sei zur Wahrung ihrer Rechte auf eine Übersetzung des ganzen Schiedsspruchs angewiesen.
Die Rüge der Verletzung von Art. IV Abs. 2 NYÜ (und von Art. 9 BV ) erweist sich demnach als unbegründet. Bei diesem Ergebnis kann offengelassen werden, ob allenfalls bereits gestützt auf Art. VII Abs. 1 NYÜ eine Übersetzung entbehrlich gewesen wäre (vgl. zur deutschen Praxis das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. September 2003, auszugsweise in: SchiedsVZ 2003 S. 282; SCHWAB/WALTER, a.a.O., S. 268 und 475).
Art. 9 BV
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Urteilskopf 138 III 528 75. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Z. und Betreibungsamt Oberland (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_288/2012 vom 13. Juli 2012 Regeste Art. 279 Abs. 1 und Art. 280 Ziff. 1 SchKG ; Arrestprosequierung durch Betreibung. Konnte der Zahlungsbefehl nicht zugestellt werden und hat sich der Gläubiger gegen die betreffende Mitteilung nicht gewehrt, wurde nie eine Betreibung hängig und fällt der Arrest mangels erfolgreicher Prosequierung dahin (E. 4). Sachverhalt ab Seite 528 BGE 138 III 528 S. 528 A. Die X. AG stellte gegen Z. für eine Forderung von Fr. 26'500.25 nebst Zins zu 5 % seit 17. September 2010 insgesamt viermal ein Betreibungsbegehren beim Betreibungsamt Oberland, Dienststelle Obersimmental-Saanen, sowie beim Betreibungsamt Genf an die Adressen "Chalet A." bzw. "B." und "C.". In keiner dieser Betreibungen konnte dem Schuldner je ein Zahlungsbefehl zugestellt werden. BGE 138 III 528 S. 529 Am 11. Juli 2011 erwirkte die Gläubigerin gegen den Schuldner für die nämliche Forderung gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG einen Arrestbefehl mit der Liegenschaft "A." als Arrestgegenstand. Der Schuldner erhob im Zuge der vom Betreibungsamt Berner Oberland, Dienststelle Obersimmental-Saanen, ausgestellten Arresturkunde, welche der Gläubigerin am 2. August 2011 und dem Schuldner am 12. August 2011 zugestellt wurde, am 22. August 2011 eine Arresteinsprache, welche das Regionalgericht Oberland mit Entscheid von 11. November 2011 abwies. B. Auf ein entsprechendes Begehren des Schuldners vom 22. November 2011 hin stellte das Betreibungsamt Oberland, Dienststelle Obersimmental-Saanen, mit Verfügung vom 9. Dezember 2011 fest, dass der Arrest nicht fristgerecht prosequiert und deshalb dahingefallen sei. Dagegen erhob die Gläubigerin am 23. Dezember 2011 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Bern als Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen. Im Rahmen der Vernehmlassung teilte das Betreibungsamt mit, dass es auf die angefochtene Verfügung zurückkomme. Mit Verfügung vom 9. Januar 2012 hob es diese auf und mit Verfügung vom 10. Januar 2012 liess es den Schuldner wissen, dass auf sein Begehren um Aufhebung des Arrestes nicht eingetreten werden könne. Gegen diese beiden Verfügungen erhob der Schuldner am 20. Januar 2012 seinerseits eine Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde. Mit Entscheid vom 2. April 2012 vereinigte diese die beiden Beschwerdeverfahren, wies die Beschwerde der Gläubigerin ab und hob den Arrest in Gutheissung der Beschwerde des Schuldners auf. C. Gegen diesen Entscheid hat die X. AG am 20. April 2012 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben, mit welcher sie dessen Aufhebung und die Bestätigung des Arrestbefehls vom 11. Juli 2011, eventualiter die Rückweisung der Sache an die kantonale Aufsichtsbehörde verlangt. Am 7. Mai 2012 wurde der Beschwerde in dem Sinn die aufschiebende Wirkung erteilt, dass der Arrest für die Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens aufrechterhalten bleibe. In der Sache selbst wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Der Arrest ist entweder durch Betreibung oder durch Klage zu prosequieren, wobei die Betreibung oder Klage bereits vor der BGE 138 III 528 S. 530 Bewilligung des Arrestes eingeleitet worden sein kann oder aber innert 10 Tagen nach Zustellung der Arresturkunde zu erfolgen hat (vgl. Art. 279 Abs. 1 SchKG ). Vorliegend beruft sich die Beschwerdeführerin einerseits darauf, Betreibungen eingeleitet zu haben (dazu E. 4.1), und andererseits geht es darum, ob sie nach dem Arrest rechtzeitig Klage angehoben bzw. das Schlichtungsverfahren eingeleitet hat (dazu E. 4.2). 4.1 Mit "Einleiten der Betreibung" im Sinn von Art. 279 Abs. 1 SchKG ist gemeint, dass der Gläubiger spätestens 10 Tage ab Erhalt der Arresturkunde das Betreibungsbegehren stellen muss (AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8. Aufl. 2008, § 51 Rz. 52). Damit hat er die ihm obliegende Handlung vollbracht, und im Übrigen lässt sich der Zahlungsbefehl oftmals erst erhebliche Zeit später zustellen. Im Unterschied zur Verjährungsunterbrechung hat aber die Gläubigerin vorliegend mit der Einleitung von Betreibungen keineswegs alles getan, was für die Rechtswahrung notwendig war. Der Erfolg der Arrestprosequierung hängt davon ab, dass auch alle weiteren Verfahrensschritte jeweils innerhalb der 10-tägigen Frist vorgenommen werden (vgl. Art. 279 Abs. 2 und 3 SchKG ). Kann der Zahlungsbefehl aber nicht zugestellt werden, kommt es gar nie zu einer hängigen Betreibung (vgl. Art. 38 Abs. 2 SchKG ), welche in einen rechtskräftigen Zahlungsbefehl münden kann, auf dessen Grundlage das Fortsetzungsbegehren gestellt und alsdann im Rahmen der Pfändung auf die Arrestgegenstände zugegriffen werden kann. Mangels einer prosequierbaren Betreibung fällt der Arrest deshalb dahin, wenn der Zahlungsbefehl nicht zugestellt werden kann und der Gläubiger dagegen nichts unternimmt. In diesem Zusammenhang hat die Aufsichtsbehörde bemerkt, dass die Gläubigerin jedenfalls nach der zweiten erfolglosen Betreibung nicht einfach davon ausgehen durfte, alles Nötige veranlasst zu haben, sondern dass sie weitere Abklärungen zur Adresse des Schuldners hätte vornehmen und auch auf weiteren Nachforschungen seitens der Betreibungsämter insistieren und diesbezüglich allenfalls eine betreibungsrechtliche Beschwerde erheben müssen, um zu einer erfolgreichen Zustellung des Zahlungsbefehls zu gelangen. 4.2 Aufgrund der relevanten Daten, wie sie sich aus den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Entscheides ergeben, wurde der Arrest auch mit dem Gesuch um Einleitung des Schlichtungsverfahrens nicht erfolgreich prosequiert: Am 2. August BGE 138 III 528 S. 531 2011 wurde der Gläubigerin die Arresturkunde zugestellt, was die 10-tägige Prosequierungsfrist gemäss Art. 279 Abs. 1 SchKG auslöste. Zwar läuft die Frist während des Arresteinspracheverfahrens nicht ( Art. 278 Abs. 5 SchKG ). Indes erhob der Schuldner, dem die Arresturkunde zu einem späteren Zeitpunkt zugestellt worden war, erst am 22. August 2011 Arresteinsprache, also zu einem Zeitpunkt als die 10-tägige Prosequierungsfrist für die Gläubigerin bereits abgelaufen war. Sie konnte deshalb durch das am 17. November 2011 und damit an sich weniger als 10 Tage nach dem am 11. November 2011 ergangenen Arresteinspracheentscheid gestellte Gesuch um Einleitung des Schlichtungsverfahrens nicht mehr gewahrt werden. 4.3 Wurde der Arrest weder durch Betreibung noch durch Klage erfolgreich prosequiert, so ist er dahingefallen ( Art. 280 Ziff. 1 SchKG ). Statt den ex lege erfolgten Dahinfall festzustellen (vgl. BGE 106 III 92 E. 1 S. 93 f.), spricht der angefochtene Entscheid im Dispositiv von "Aufhebung" des Arrestes. Für den Ausgang des Verfahrens vor Bundesgericht bleibt dies aber ohne Belang, da die Beschwerdeführerin mit ihrem Standpunkt nicht durchdringt und ihre Beschwerde deshalb abzuweisen ist.
Urteilskopf
75. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Z. und Betreibungsamt Oberland (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_288/2012 vom 13. Juli 2012
Regeste Art. 279 Abs. 1 und Art. 280 Ziff. 1 SchKG ; Arrestprosequierung durch Betreibung. Konnte der Zahlungsbefehl nicht zugestellt werden und hat sich der Gläubiger gegen die betreffende Mitteilung nicht gewehrt, wurde nie eine Betreibung hängig und fällt der Arrest mangels erfolgreicher Prosequierung dahin (E. 4).
Regeste
Art. 279 Abs. 1 und Art. 280 Ziff. 1 SchKG ; Arrestprosequierung durch Betreibung. Konnte der Zahlungsbefehl nicht zugestellt werden und hat sich der Gläubiger gegen die betreffende Mitteilung nicht gewehrt, wurde nie eine Betreibung hängig und fällt der Arrest mangels erfolgreicher Prosequierung dahin (E. 4).
Art. 279 Abs. 1 und Art. 280 Ziff. 1 SchKG Konnte der Zahlungsbefehl nicht zugestellt werden und hat sich der Gläubiger gegen die betreffende Mitteilung nicht gewehrt, wurde nie eine Betreibung hängig und fällt der Arrest mangels erfolgreicher Prosequierung dahin (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 528
Sachverhalt ab Seite 528 BGE 138 III 528 S. 528
BGE 138 III 528 S. 528
A. Die X. AG stellte gegen Z. für eine Forderung von Fr. 26'500.25 nebst Zins zu 5 % seit 17. September 2010 insgesamt viermal ein Betreibungsbegehren beim Betreibungsamt Oberland, Dienststelle Obersimmental-Saanen, sowie beim Betreibungsamt Genf an die Adressen "Chalet A." bzw. "B." und "C.". In keiner dieser Betreibungen konnte dem Schuldner je ein Zahlungsbefehl zugestellt werden. BGE 138 III 528 S. 529
A. BGE 138 III 528 S. 529
Am 11. Juli 2011 erwirkte die Gläubigerin gegen den Schuldner für die nämliche Forderung gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG einen Arrestbefehl mit der Liegenschaft "A." als Arrestgegenstand. Der Schuldner erhob im Zuge der vom Betreibungsamt Berner Oberland, Dienststelle Obersimmental-Saanen, ausgestellten Arresturkunde, welche der Gläubigerin am 2. August 2011 und dem Schuldner am 12. August 2011 zugestellt wurde, am 22. August 2011 eine Arresteinsprache, welche das Regionalgericht Oberland mit Entscheid von 11. November 2011 abwies.
Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG B. Auf ein entsprechendes Begehren des Schuldners vom 22. November 2011 hin stellte das Betreibungsamt Oberland, Dienststelle Obersimmental-Saanen, mit Verfügung vom 9. Dezember 2011 fest, dass der Arrest nicht fristgerecht prosequiert und deshalb dahingefallen sei. Dagegen erhob die Gläubigerin am 23. Dezember 2011 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Bern als Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen.
B. Im Rahmen der Vernehmlassung teilte das Betreibungsamt mit, dass es auf die angefochtene Verfügung zurückkomme. Mit Verfügung vom 9. Januar 2012 hob es diese auf und mit Verfügung vom 10. Januar 2012 liess es den Schuldner wissen, dass auf sein Begehren um Aufhebung des Arrestes nicht eingetreten werden könne.
Gegen diese beiden Verfügungen erhob der Schuldner am 20. Januar 2012 seinerseits eine Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde. Mit Entscheid vom 2. April 2012 vereinigte diese die beiden Beschwerdeverfahren, wies die Beschwerde der Gläubigerin ab und hob den Arrest in Gutheissung der Beschwerde des Schuldners auf.
C. Gegen diesen Entscheid hat die X. AG am 20. April 2012 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben, mit welcher sie dessen Aufhebung und die Bestätigung des Arrestbefehls vom 11. Juli 2011, eventualiter die Rückweisung der Sache an die kantonale Aufsichtsbehörde verlangt. Am 7. Mai 2012 wurde der Beschwerde in dem Sinn die aufschiebende Wirkung erteilt, dass der Arrest für die Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens aufrechterhalten bleibe. In der Sache selbst wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
C. Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
4. Der Arrest ist entweder durch Betreibung oder durch Klage zu prosequieren, wobei die Betreibung oder Klage bereits vor der BGE 138 III 528 S. 530 Bewilligung des Arrestes eingeleitet worden sein kann oder aber innert 10 Tagen nach Zustellung der Arresturkunde zu erfolgen hat (vgl. Art. 279 Abs. 1 SchKG ). Vorliegend beruft sich die Beschwerdeführerin einerseits darauf, Betreibungen eingeleitet zu haben (dazu E. 4.1), und andererseits geht es darum, ob sie nach dem Arrest rechtzeitig Klage angehoben bzw. das Schlichtungsverfahren eingeleitet hat (dazu E. 4.2).
4. BGE 138 III 528 S. 530
Art. 279 Abs. 1 SchKG 4.1 Mit "Einleiten der Betreibung" im Sinn von Art. 279 Abs. 1 SchKG ist gemeint, dass der Gläubiger spätestens 10 Tage ab Erhalt der Arresturkunde das Betreibungsbegehren stellen muss (AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8. Aufl. 2008, § 51 Rz. 52). Damit hat er die ihm obliegende Handlung vollbracht, und im Übrigen lässt sich der Zahlungsbefehl oftmals erst erhebliche Zeit später zustellen. Im Unterschied zur Verjährungsunterbrechung hat aber die Gläubigerin vorliegend mit der Einleitung von Betreibungen keineswegs alles getan, was für die Rechtswahrung notwendig war. Der Erfolg der Arrestprosequierung hängt davon ab, dass auch alle weiteren Verfahrensschritte jeweils innerhalb der 10-tägigen Frist vorgenommen werden (vgl. Art. 279 Abs. 2 und 3 SchKG ). Kann der Zahlungsbefehl aber nicht zugestellt werden, kommt es gar nie zu einer hängigen Betreibung (vgl. Art. 38 Abs. 2 SchKG ), welche in einen rechtskräftigen Zahlungsbefehl münden kann, auf dessen Grundlage das Fortsetzungsbegehren gestellt und alsdann im Rahmen der Pfändung auf die Arrestgegenstände zugegriffen werden kann. Mangels einer prosequierbaren Betreibung fällt der Arrest deshalb dahin, wenn der Zahlungsbefehl nicht zugestellt werden kann und der Gläubiger dagegen nichts unternimmt. In diesem Zusammenhang hat die Aufsichtsbehörde bemerkt, dass die Gläubigerin jedenfalls nach der zweiten erfolglosen Betreibung nicht einfach davon ausgehen durfte, alles Nötige veranlasst zu haben, sondern dass sie weitere Abklärungen zur Adresse des Schuldners hätte vornehmen und auch auf weiteren Nachforschungen seitens der Betreibungsämter insistieren und diesbezüglich allenfalls eine betreibungsrechtliche Beschwerde erheben müssen, um zu einer erfolgreichen Zustellung des Zahlungsbefehls zu gelangen.
4.1 Art. 279 Abs. 1 SchKG Art. 279 Abs. 2 und 3 SchKG Art. 38 Abs. 2 SchKG 4.2 Aufgrund der relevanten Daten, wie sie sich aus den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Entscheides ergeben, wurde der Arrest auch mit dem Gesuch um Einleitung des Schlichtungsverfahrens nicht erfolgreich prosequiert: Am 2. August BGE 138 III 528 S. 531 2011 wurde der Gläubigerin die Arresturkunde zugestellt, was die 10-tägige Prosequierungsfrist gemäss Art. 279 Abs. 1 SchKG auslöste. Zwar läuft die Frist während des Arresteinspracheverfahrens nicht ( Art. 278 Abs. 5 SchKG ). Indes erhob der Schuldner, dem die Arresturkunde zu einem späteren Zeitpunkt zugestellt worden war, erst am 22. August 2011 Arresteinsprache, also zu einem Zeitpunkt als die 10-tägige Prosequierungsfrist für die Gläubigerin bereits abgelaufen war. Sie konnte deshalb durch das am 17. November 2011 und damit an sich weniger als 10 Tage nach dem am 11. November 2011 ergangenen Arresteinspracheentscheid gestellte Gesuch um Einleitung des Schlichtungsverfahrens nicht mehr gewahrt werden.
4.2 BGE 138 III 528 S. 531
Art. 279 Abs. 1 SchKG Art. 278 Abs. 5 SchKG 4.3 Wurde der Arrest weder durch Betreibung noch durch Klage erfolgreich prosequiert, so ist er dahingefallen ( Art. 280 Ziff. 1 SchKG ). Statt den ex lege erfolgten Dahinfall festzustellen (vgl. BGE 106 III 92 E. 1 S. 93 f.), spricht der angefochtene Entscheid im Dispositiv von "Aufhebung" des Arrestes. Für den Ausgang des Verfahrens vor Bundesgericht bleibt dies aber ohne Belang, da die Beschwerdeführerin mit ihrem Standpunkt nicht durchdringt und ihre Beschwerde deshalb abzuweisen ist.
4.3 Art. 280 Ziff. 1 SchKG
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Urteilskopf 138 III 532 76. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_123/2012 vom 28. Juni 2012 Regeste Vereinbarung über die Nebenfolgen der Scheidung; Einreichung der Vereinbarung beim Bundesgericht im Beschwerdeverfahren nach Art. 72 ff. BGG. Zur Genehmigung der Scheidungsvereinbarung durch das Bundesgericht (E. 1). Durchführung im konkreten Fall (E. 3 und 5). Sachverhalt ab Seite 532 BGE 138 III 532 S. 532 A. Das Bezirksgericht Schwyz (Einzelrichter) schied die Ehe von X. (Beschwerdeführer) und Y. (Beschwerdegegnerin) und regelte die Nebenfolgen der Scheidung. Auf Berufung des Beschwerdeführers bestätigte das Kantonsgericht Schwyz das bezirksgerichtliche Urteil hinsichtlich der angefochtenen güterrechtlichen Auseinandersetzung. B. Der Beschwerdeführer gelangte mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht und erneuerte seine Anträge bezüglich der güterrechtlichen Auseinandersetzung. Nach Einreichung der Beschwerde beantragte er dem Bundesgericht neu, die beigelegte BGE 138 III 532 S. 533 Scheidungsvereinbarung der Parteien gerichtlich zu genehmigen und die Beschwerde infolge Vergleichs als gegenstandslos von der Kontrolle abzuschreiben, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten und von der Zusprechung einer Parteientschädigung abzusehen. Die von den Parteien selbst verfasste und unterzeichnete "Vereinbarung zwischen Y. und X." hat, soweit hier wesentlich, folgenden Wortlaut: "Y. und X. haben sich wie folgt geeinigt: X. zieht die Beschwerde beim Bundesgericht innert 3 Tage, nach Unterzeichnung dieses Vertrages zurück und trägt die Verfahrenskosten. (...) Y. überschreibt Ihre Hälfte des gemeinsamen Hauses an X. Der Verkaufspreis ist derart anzusetzen, dass mit dem Verkaufspreis die Uebernahme der hälftigen auf dem Haus lastenden Schulden (Fr. 305'000) und der WEF-Vorbezug von Fr. 94'770.45 bzw. deren Rückzahlung an die Pensionskasse (Ziff. 5 Urteil des Einzelrichters Schwyz) gedeckt bzw. getilgt sind. Sämtliche mit der Ueberschreibung verbundenen Kosten wie Grundbuch- und Notariatsgebühren, Grundstückgewinnsteuern, usw. übernimmt X. Gemäss dem Urteil des Bezirksgerichtes Schwyz ist das Totale BVG in der Höhe von insgesamt Fr. 173'289.30 von der PK von X. an die PK von Y. zu überweisen. X. übernimmt im internen Verhältnis die gesamte Schuld gegenüber der Hypothekarbank und ist bemüht, dass die Bank Y. aus der Schuld entlässt. Bei der Ueberschreibung hat X. eine entsprechende Bestätigung der Bank vorzuweisen. X. übernimmt alle mit der Liegenschaft verbunden Kosten bzw. Forderungen. Die Ueberschreibung erfolgt bis Ende April 2012." C. Auf Anordnung des Instruktionsrichters der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts reichte der Beschwerdeführer die Bestätigung seiner Pensionskasse über die Durchführbarkeit der getroffenen Regelung und die Teilbarkeit seiner während der Ehe erworbenen Austrittsleistung ein. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Vereinbarung zu genehmigen, von einer Auferlegung der Kosten abzusehen, eventuell die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen, und auf die Zusprechung einer Parteientschädigung zu verzichten. D. Die Angelegenheit wurde an der Sitzung der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 28. Juni 2012 öffentlich beraten und das Urteil anschliessend an die Beratung und Abstimmung mündlich eröffnet. (Zusammenfassung) BGE 138 III 532 S. 534 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht neu, die Scheidungskonvention der Parteien vom 29. März 2012 gerichtlich zu genehmigen und die Beschwerde infolge Vergleichs als gegenstandslos von der Kontrolle abzuschreiben. Die Beschwerdegegnerin schliesst sich dem Antrag an. 1.1 Unter Herrschaft des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 1943 (OG; BS 3 531) hat das Bundesgericht im Verfahren der eidgenössischen Berufung neu eingereichte Vereinbarungen der Ehegatten über die Scheidungsfolgen geprüft und gerichtlich genehmigt, und zwar unabhängig davon, ob eine Vereinbarung die der freien Verfügung der Ehegatten unterliegenden vermögensrechtlichen Fragen betraf (z.B. Beschlüsse 5C.28/2001 und 5C.34/2001 vom 28. Mai 2002 [Güterrecht]; Urteile 5C.41/1993 vom 13. April 1993 [Güterrecht]; 5C.165/1993 vom 26. Oktober 1993 [nachehelicher Unterhalt]; Beschluss 5C.252/1991 vom 20. Mai 1992 [nachehelicher Unterhalt]) oder sich auch auf die von der Offizialmaxime beherrschten Kinderbelange bezog (z.B. Urteile 5C.183/2002 vom 24. Februar 2003; 5C.112/1990 vom 7. September 1990). Wo die Ehegatten nach Erhebung der eidgenössischen Berufung eine Vereinbarung über die Scheidungsfolgen geschlossen, aber einem kantonalen Sachgericht zur Genehmigung eingereicht haben, hat das Bundesgericht das Verfahren praxisgemäss sistiert und nach Vorliegen der Genehmigung als erledigt abgeschrieben (z.B. Verfügung 5C.252/1995 vom 8. März 1996). Den jeweiligen Berufungsantrag, die neu eingereichte Vereinbarung über die Scheidungsfolgen gerichtlich zu genehmigen und das Verfahren abzuschreiben, hat das Bundesgericht als prozessualen Antrag behandelt und nicht als neues, im Verfahren der eidgenössischen Berufung unzulässiges Begehren ( Art. 55 Abs. 1 lit. b OG ; allgemein: MESSMER/IMBODEN, Die Eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, 1992, S. 152/153 bei/in Anm. 15 mit Hinweisen). Anträge, die das Rechtsmittelverfahren betreffen, müssen notwendigerweise im Rechtsmittelverfahren gestellt werden können, auch wenn sie neu sind (vgl. GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 489 in Anm. 45). 1.2 An der bisherigen Praxis ist nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173. 110) grundsätzlich festzuhalten, so dass gerichtliche Vergleiche in der Regel weiterhin dem Bundesgericht zur Genehmigung BGE 138 III 532 S. 535 unterbreitet werden können, verbunden mit dem Antrag, das Verfahren durch Vergleich erledigt abzuschreiben. Zum einen sind Nova, die das Prozessrechtsverhältnis betreffen, weder neue Tatsachen und Beweismittel ( Art. 99 Abs. 1 BGG ) noch neue Begehren ( Art. 99 Abs. 2 BGG ) und vor Bundesgericht deshalb voraussetzungslos zulässig (vgl. LORENZ MEYER, Wege zum Bundesgericht - Übersicht und Stolpersteine, ZBJV 146/2010 S. 797 ff., S. 880 Ziff. 6.5.5 mit Hinweisen). Zum anderen unterscheidet sich die Beschwerde in Zivilsachen in diesem Punkt nicht von der bisherigen eidgenössischen Berufung, so dass sich eine Änderung der Rechtsprechung auch deswegen nicht aufdrängt. 1.3 Allerdings ist bezüglich der Vereinbarungen über die Scheidungsfolgen eine Präzisierung angebracht. Reichen die Parteien dem Bundesgericht einen gerichtlichen Vergleich ein, kann das Bundesgericht das Verfahren zufolge Vergleichs als gegenstandslos abschreiben, soweit der Vergleich das Verfahren auch tatsächlich erledigt ( Art. 73 BZP [SR 273] i.V.m. Art. 71 BGG ; vgl. Art. 32 Abs. 2 BGG ). Das Bundesgericht prüft den eingereichten Vergleich insoweit auf Vollständigkeit und Klarheit (vgl. Urteil 5A_828/2010 vom 28. März 2011 E. 4.1). Diese Prüfung kann aufgrund der Akten und der Parteieingaben erfolgen. Die Vereinbarung über die Scheidungsfolgen ist kein Vergleich in diesem Sinn. Sie bedarf zu ihrer Gültigkeit der gerichtlichen Genehmigung. Die erteilte Genehmigung bewirkt, dass die Vereinbarung über die Scheidungsfolgen ihren vertraglichen Charakter verliert und vollständiger Bestandteil des Urteils wird (vgl. BGE 105 II 166 E. 1 S. 168 f.; BGE 119 II 297 E. 3b S. 301). Die Vereinbarung über die Scheidungsfolgen ist nicht nur auf ihre Vollständigkeit und Klarheit zu prüfen, sondern zusätzlich auf ihre rechtliche Zulässigkeit und ihre sachliche Angemessenheit, wobei die Prüfung der Angemessenheit beschränkt ist, soweit lediglich die vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen zwischen den Ehegatten infrage stehen (vgl. BGE 102 II 65 E. 2 S. 68; BGE 99 II 359 E. 3c S. 362). In der Regel kann das Bundesgericht die Genehmigungsvoraussetzungen aufgrund der Akten und der Parteieingaben selbstständig prüfen. In diesem Fall rechtfertigt es sich, das Verfahren wie bisher unmittelbar vor Bundesgericht abzuschliessen. Wie es sich verhält, wenn die Prüfung der Vereinbarung über die Scheidungsfolgen erschwert oder ausgeschlossen ist, was namentlich in Kinderbelangen der Fall sein kann, braucht hier nicht geklärt zu werden. (...) BGE 138 III 532 S. 536 3. Mit der güterrechtlichen Auseinandersetzung verbunden ist die Regelung der Ansprüche aus beruflicher Vorsorge. Der Anspruch der Beschwerdegegnerin beläuft sich gemäss den bezirksgerichtlichen Feststellungen auf Fr. 173'289.30. Eine Überweisung der Austrittsleistung in dieser Höhe war nicht durchführbar, weil der Beschwerdeführer am 30. April 2002 einen Vorbezug für den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum im Betrag von Fr. 194'885.- getätigt hatte und weil sich die Parteien im Rahmen der Scheidung nicht auf einen Verkauf der in ihrem hälftigen Miteigentum stehenden Liegenschaft einigen konnten. Die Parteien haben sich vor Bundesgericht darauf geeinigt, dass der Beschwerdeführer die Miteigentumshälfte der Beschwerdegegnerin übernimmt und deren Anspruch aus beruflicher Vorsorge im Betrag von Fr. 173'289.30 durch Überweisung der Austrittsleistung in dieser Höhe erfüllt (vgl. Art. 280 Abs. 1 lit. a ZPO ). Die Vorsorgeeinrichtung des Beschwerdeführers hat die Durchführbarkeit der vereinbarten Regelung bestätigt (vgl. Art. 280 Abs. 1 lit. b ZPO ). Die Vereinbarung kann in diesem Punkt genehmigt werden (vgl. Art. 280 Abs. 1 lit. c ZPO ). Sie ist von Amtes wegen mit den entsprechenden Anweisungen an die Vorsorgeeinrichtung des Beschwerdeführers zu ergänzen und den betroffenen Vorsorgeeinrichtungen beider Parteien mitzuteilen (vgl. Art. 280 Abs. 2 ZPO ). Da die erwähnte Übernahme der Miteigentumshälfte mit der vereinbarten Regelung der beruflichen Vorsorge ein Ganzes bildet, ist sie förmlich im Urteilsdispositiv aufzuführen, obgleich sie gemäss Abtretungsvertrag vom 2. Mai 2012 bereits erfolgt ist. (...) 5. Die Scheidungsvereinbarung kann mit den erwähnten Ergänzungen genehmigt und in das Urteilsdispositiv aufgenommen werden. Die übereinstimmenden Anträge der Parteien sind deshalb gutzuheissen und die kantonal geregelten Scheidungsfolgen abzuändern. Das Beschwerdeverfahren ist damit in formeller Hinsicht durch den Vergleich und dessen Genehmigung erledigt. Der Beschwerdeführer hat sich bereit erklärt, die Verfahrenskosten zu übernehmen. Die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Erhebung von Gerichtskosten sind nicht erfüllt (vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG ). Eine Parteientschädigung ist vereinbarungsgemäss nicht zuzusprechen.
Urteilskopf
76. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_123/2012 vom 28. Juni 2012
Regeste Vereinbarung über die Nebenfolgen der Scheidung; Einreichung der Vereinbarung beim Bundesgericht im Beschwerdeverfahren nach Art. 72 ff. BGG. Zur Genehmigung der Scheidungsvereinbarung durch das Bundesgericht (E. 1). Durchführung im konkreten Fall (E. 3 und 5).
Regeste
Vereinbarung über die Nebenfolgen der Scheidung; Einreichung der Vereinbarung beim Bundesgericht im Beschwerdeverfahren nach Art. 72 ff. BGG. Zur Genehmigung der Scheidungsvereinbarung durch das Bundesgericht (E. 1). Durchführung im konkreten Fall (E. 3 und 5).
Art. 72 ff. BGG Zur Genehmigung der Scheidungsvereinbarung durch das Bundesgericht (E. 1). Durchführung im konkreten Fall (E. 3 und 5).
Sachverhalt ab Seite 532
Sachverhalt ab Seite 532 BGE 138 III 532 S. 532
BGE 138 III 532 S. 532
A. Das Bezirksgericht Schwyz (Einzelrichter) schied die Ehe von X. (Beschwerdeführer) und Y. (Beschwerdegegnerin) und regelte die Nebenfolgen der Scheidung. Auf Berufung des Beschwerdeführers bestätigte das Kantonsgericht Schwyz das bezirksgerichtliche Urteil hinsichtlich der angefochtenen güterrechtlichen Auseinandersetzung.
A. B. Der Beschwerdeführer gelangte mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht und erneuerte seine Anträge bezüglich der güterrechtlichen Auseinandersetzung. Nach Einreichung der Beschwerde beantragte er dem Bundesgericht neu, die beigelegte BGE 138 III 532 S. 533 Scheidungsvereinbarung der Parteien gerichtlich zu genehmigen und die Beschwerde infolge Vergleichs als gegenstandslos von der Kontrolle abzuschreiben, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten und von der Zusprechung einer Parteientschädigung abzusehen. Die von den Parteien selbst verfasste und unterzeichnete "Vereinbarung zwischen Y. und X." hat, soweit hier wesentlich, folgenden Wortlaut:
B. BGE 138 III 532 S. 533
"Y. und X. haben sich wie folgt geeinigt:
X. zieht die Beschwerde beim Bundesgericht innert 3 Tage, nach Unterzeichnung dieses Vertrages zurück und trägt die Verfahrenskosten.
(...)
Y. überschreibt Ihre Hälfte des gemeinsamen Hauses an X. Der Verkaufspreis ist derart anzusetzen, dass mit dem Verkaufspreis die Uebernahme der hälftigen auf dem Haus lastenden Schulden (Fr. 305'000) und der WEF-Vorbezug von Fr. 94'770.45 bzw. deren Rückzahlung an die Pensionskasse (Ziff. 5 Urteil des Einzelrichters Schwyz) gedeckt bzw. getilgt sind. Sämtliche mit der Ueberschreibung verbundenen Kosten wie Grundbuch- und Notariatsgebühren, Grundstückgewinnsteuern, usw. übernimmt X.
Gemäss dem Urteil des Bezirksgerichtes Schwyz ist das Totale BVG in der Höhe von insgesamt Fr. 173'289.30 von der PK von X. an die PK von Y. zu überweisen.
X. übernimmt im internen Verhältnis die gesamte Schuld gegenüber der Hypothekarbank und ist bemüht, dass die Bank Y. aus der Schuld entlässt. Bei der Ueberschreibung hat X. eine entsprechende Bestätigung der Bank vorzuweisen. X. übernimmt alle mit der Liegenschaft verbunden Kosten bzw. Forderungen.
Die Ueberschreibung erfolgt bis Ende April 2012."
C. Auf Anordnung des Instruktionsrichters der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts reichte der Beschwerdeführer die Bestätigung seiner Pensionskasse über die Durchführbarkeit der getroffenen Regelung und die Teilbarkeit seiner während der Ehe erworbenen Austrittsleistung ein. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Vereinbarung zu genehmigen, von einer Auferlegung der Kosten abzusehen, eventuell die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen, und auf die Zusprechung einer Parteientschädigung zu verzichten.
C. D. Die Angelegenheit wurde an der Sitzung der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 28. Juni 2012 öffentlich beraten und das Urteil anschliessend an die Beratung und Abstimmung mündlich eröffnet.
D. (Zusammenfassung) BGE 138 III 532 S. 534
BGE 138 III 532 S. 534
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht neu, die Scheidungskonvention der Parteien vom 29. März 2012 gerichtlich zu genehmigen und die Beschwerde infolge Vergleichs als gegenstandslos von der Kontrolle abzuschreiben. Die Beschwerdegegnerin schliesst sich dem Antrag an.
1. 1.1 Unter Herrschaft des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 1943 (OG; BS 3 531) hat das Bundesgericht im Verfahren der eidgenössischen Berufung neu eingereichte Vereinbarungen der Ehegatten über die Scheidungsfolgen geprüft und gerichtlich genehmigt, und zwar unabhängig davon, ob eine Vereinbarung die der freien Verfügung der Ehegatten unterliegenden vermögensrechtlichen Fragen betraf (z.B. Beschlüsse 5C.28/2001 und 5C.34/2001 vom 28. Mai 2002 [Güterrecht]; Urteile 5C.41/1993 vom 13. April 1993 [Güterrecht]; 5C.165/1993 vom 26. Oktober 1993 [nachehelicher Unterhalt]; Beschluss 5C.252/1991 vom 20. Mai 1992 [nachehelicher Unterhalt]) oder sich auch auf die von der Offizialmaxime beherrschten Kinderbelange bezog (z.B. Urteile 5C.183/2002 vom 24. Februar 2003; 5C.112/1990 vom 7. September 1990). Wo die Ehegatten nach Erhebung der eidgenössischen Berufung eine Vereinbarung über die Scheidungsfolgen geschlossen, aber einem kantonalen Sachgericht zur Genehmigung eingereicht haben, hat das Bundesgericht das Verfahren praxisgemäss sistiert und nach Vorliegen der Genehmigung als erledigt abgeschrieben (z.B. Verfügung 5C.252/1995 vom 8. März 1996). Den jeweiligen Berufungsantrag, die neu eingereichte Vereinbarung über die Scheidungsfolgen gerichtlich zu genehmigen und das Verfahren abzuschreiben, hat das Bundesgericht als prozessualen Antrag behandelt und nicht als neues, im Verfahren der eidgenössischen Berufung unzulässiges Begehren ( Art. 55 Abs. 1 lit. b OG ; allgemein: MESSMER/IMBODEN, Die Eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, 1992, S. 152/153 bei/in Anm. 15 mit Hinweisen). Anträge, die das Rechtsmittelverfahren betreffen, müssen notwendigerweise im Rechtsmittelverfahren gestellt werden können, auch wenn sie neu sind (vgl. GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 489 in Anm. 45).
1.1 Art. 55 Abs. 1 lit. b OG 1.2 An der bisherigen Praxis ist nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173. 110) grundsätzlich festzuhalten, so dass gerichtliche Vergleiche in der Regel weiterhin dem Bundesgericht zur Genehmigung BGE 138 III 532 S. 535 unterbreitet werden können, verbunden mit dem Antrag, das Verfahren durch Vergleich erledigt abzuschreiben. Zum einen sind Nova, die das Prozessrechtsverhältnis betreffen, weder neue Tatsachen und Beweismittel ( Art. 99 Abs. 1 BGG ) noch neue Begehren ( Art. 99 Abs. 2 BGG ) und vor Bundesgericht deshalb voraussetzungslos zulässig (vgl. LORENZ MEYER, Wege zum Bundesgericht - Übersicht und Stolpersteine, ZBJV 146/2010 S. 797 ff., S. 880 Ziff. 6.5.5 mit Hinweisen). Zum anderen unterscheidet sich die Beschwerde in Zivilsachen in diesem Punkt nicht von der bisherigen eidgenössischen Berufung, so dass sich eine Änderung der Rechtsprechung auch deswegen nicht aufdrängt.
1.2 BGE 138 III 532 S. 535
Art. 99 Abs. 1 BGG Art. 99 Abs. 2 BGG 1.3 Allerdings ist bezüglich der Vereinbarungen über die Scheidungsfolgen eine Präzisierung angebracht. Reichen die Parteien dem Bundesgericht einen gerichtlichen Vergleich ein, kann das Bundesgericht das Verfahren zufolge Vergleichs als gegenstandslos abschreiben, soweit der Vergleich das Verfahren auch tatsächlich erledigt ( Art. 73 BZP [SR 273] i.V.m. Art. 71 BGG ; vgl. Art. 32 Abs. 2 BGG ). Das Bundesgericht prüft den eingereichten Vergleich insoweit auf Vollständigkeit und Klarheit (vgl. Urteil 5A_828/2010 vom 28. März 2011 E. 4.1). Diese Prüfung kann aufgrund der Akten und der Parteieingaben erfolgen. Die Vereinbarung über die Scheidungsfolgen ist kein Vergleich in diesem Sinn. Sie bedarf zu ihrer Gültigkeit der gerichtlichen Genehmigung. Die erteilte Genehmigung bewirkt, dass die Vereinbarung über die Scheidungsfolgen ihren vertraglichen Charakter verliert und vollständiger Bestandteil des Urteils wird (vgl. BGE 105 II 166 E. 1 S. 168 f.; BGE 119 II 297 E. 3b S. 301). Die Vereinbarung über die Scheidungsfolgen ist nicht nur auf ihre Vollständigkeit und Klarheit zu prüfen, sondern zusätzlich auf ihre rechtliche Zulässigkeit und ihre sachliche Angemessenheit, wobei die Prüfung der Angemessenheit beschränkt ist, soweit lediglich die vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen zwischen den Ehegatten infrage stehen (vgl. BGE 102 II 65 E. 2 S. 68; BGE 99 II 359 E. 3c S. 362). In der Regel kann das Bundesgericht die Genehmigungsvoraussetzungen aufgrund der Akten und der Parteieingaben selbstständig prüfen. In diesem Fall rechtfertigt es sich, das Verfahren wie bisher unmittelbar vor Bundesgericht abzuschliessen. Wie es sich verhält, wenn die Prüfung der Vereinbarung über die Scheidungsfolgen erschwert oder ausgeschlossen ist, was namentlich in Kinderbelangen der Fall sein kann, braucht hier nicht geklärt zu werden.
1.3 Art. 73 BZP Art. 71 BGG Art. 32 Abs. 2 BGG (...)
BGE 138 III 532 S. 536
BGE 138 III 532 S. 536
3. Mit der güterrechtlichen Auseinandersetzung verbunden ist die Regelung der Ansprüche aus beruflicher Vorsorge. Der Anspruch der Beschwerdegegnerin beläuft sich gemäss den bezirksgerichtlichen Feststellungen auf Fr. 173'289.30. Eine Überweisung der Austrittsleistung in dieser Höhe war nicht durchführbar, weil der Beschwerdeführer am 30. April 2002 einen Vorbezug für den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum im Betrag von Fr. 194'885.- getätigt hatte und weil sich die Parteien im Rahmen der Scheidung nicht auf einen Verkauf der in ihrem hälftigen Miteigentum stehenden Liegenschaft einigen konnten. Die Parteien haben sich vor Bundesgericht darauf geeinigt, dass der Beschwerdeführer die Miteigentumshälfte der Beschwerdegegnerin übernimmt und deren Anspruch aus beruflicher Vorsorge im Betrag von Fr. 173'289.30 durch Überweisung der Austrittsleistung in dieser Höhe erfüllt (vgl. Art. 280 Abs. 1 lit. a ZPO ). Die Vorsorgeeinrichtung des Beschwerdeführers hat die Durchführbarkeit der vereinbarten Regelung bestätigt (vgl. Art. 280 Abs. 1 lit. b ZPO ). Die Vereinbarung kann in diesem Punkt genehmigt werden (vgl. Art. 280 Abs. 1 lit. c ZPO ). Sie ist von Amtes wegen mit den entsprechenden Anweisungen an die Vorsorgeeinrichtung des Beschwerdeführers zu ergänzen und den betroffenen Vorsorgeeinrichtungen beider Parteien mitzuteilen (vgl. Art. 280 Abs. 2 ZPO ). Da die erwähnte Übernahme der Miteigentumshälfte mit der vereinbarten Regelung der beruflichen Vorsorge ein Ganzes bildet, ist sie förmlich im Urteilsdispositiv aufzuführen, obgleich sie gemäss Abtretungsvertrag vom 2. Mai 2012 bereits erfolgt ist.
3. Art. 280 Abs. 1 lit. a ZPO Art. 280 Abs. 1 lit. b ZPO Art. 280 Abs. 1 lit. c ZPO Art. 280 Abs. 2 ZPO (...)
5. Die Scheidungsvereinbarung kann mit den erwähnten Ergänzungen genehmigt und in das Urteilsdispositiv aufgenommen werden. Die übereinstimmenden Anträge der Parteien sind deshalb gutzuheissen und die kantonal geregelten Scheidungsfolgen abzuändern. Das Beschwerdeverfahren ist damit in formeller Hinsicht durch den Vergleich und dessen Genehmigung erledigt. Der Beschwerdeführer hat sich bereit erklärt, die Verfahrenskosten zu übernehmen. Die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Erhebung von Gerichtskosten sind nicht erfüllt (vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG ). Eine Parteientschädigung ist vereinbarungsgemäss nicht zuzusprechen.
5. Art. 66 Abs. 1 BGG
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Urteilskopf 138 III 537 77. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause dame A. contre B. et C. (recours en matière civile) 5A_434/2011 du 31 mai 2012 Regeste Art. 260a ZGB, Art. 76 Abs. 1 BGG ; Klage auf Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung: Beschwerderecht an das Bundesgericht; Passivlegitimation. In einem Verfahren auf Anfechtung der Anerkennung der Vaterschaft ist die Mutter vor Bundesgericht beschwerdeberechtigt (E. 1). Im Verfahren auf Anfechtung der Anerkennung der Vaterschaft kommt der Mutter keine Parteirolle zu, weshalb sie unter diesem Titel nicht berechtigt ist, Berufung zu führen (E. 2.2.1). Sie kann sich als Nebenintervenientin am Verfahren beteiligen und alle Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen und Rechtsmittel einlegen, soweit diese Handlungen mit denjenigen der unterstützten Partei übereinstimmen (E. 2.2.2). Sachverhalt ab Seite 537 BGE 138 III 537 S. 537 A. Le 23 juillet 1994, dame A. a donné naissance à un garçon, prénommé B. que C. a reconnu devant l'officier d'état civil le 4 août suivant. Dame A. et C. se sont mariés le 5 mai 1995. Par jugement du 27 mai 2008, confirmé par arrêt de la Cour de justice du 16 octobre 2009, le Tribunal de première instance de Genève a prononcé leur divorce. BGE 138 III 537 S. 538 B. Le 3 octobre 2008, C. a formé une action en désaveu de paternité. La mère et l'enfant, représenté par son curateur, se sont opposés à la demande. Par jugement du 3 décembre 2009, le Tribunal de première instance de Genève a constaté la non-paternité de C. Il a examiné la demande au regard des dispositions sur la contestation de la reconnaissance de paternité, dès lors que le demandeur avait reconnu l'enfant après sa naissance. Le 28 mai 2010, sur appel de la mère, la Chambre civile de la Cour de justice a annulé ce jugement et rejeté l'action "en désaveu de paternité, respectivement en contestation de la reconnaissance de paternité", pour le motif qu'elle était périmée. S'agissant plus particulièrement de la recevabilité de l'appel, elle a reconnu à la mère la qualité pour recourir, quand bien même, selon la doctrine, celle-là ne peut participer à l'action en contestation qu'en tant qu'intervenante. Elle a jugé, sous l'angle de l'interdiction du formalisme excessif, qu'il fallait, en l'espèce, considérer l'intéressée comme une partie, dès lors que celle-ci avait été traitée comme telle en première instance, et, partant, lui reconnaître la qualité pour appeler du jugement. Le 13 décembre 2010, le Tribunal fédéral a admis le recours en matière civile interjeté par le père contre cet arrêt, a annulé ce dernier et a renvoyé la cause pour examen des conditions de la demande en contestation de la reconnaissance de paternité. Il a jugé en bref que, les conditions d'une restitution du délai pour ouvrir action étaient réalisées en l'espèce ( ATF 136 III 593 consid. 6). Il n'a en revanche pas examiné plus avant les considérations de l'autorité cantonale reconnaissant à la mère la qualité pour recourir, dès lors que cette question ressortissant au droit cantonal de procédure n'avait fait l'objet d'aucun grief motivé (arrêt 5A_492/2010 du 13 décembre 2010 consid. 4, non publié aux ATF 136 III 593 ). C. Statuant sur renvoi le 20 mai 2011, la Chambre civile de la Cour de justice a confirmé le jugement de première instance du 3 décembre 2009 constatant la non-paternité de C. S'agissant de la recevabilité de l'appel de la mère sous l'angle de la qualité pour recourir, elle a renvoyé aux considérations de son premier arrêt, motif pris que celles-là n'avaient pas été critiquées devant le Tribunal fédéral. Au fond, elle a jugé que les conditions de la demande étaient remplies à satisfaction de droit. BGE 138 III 537 S. 539 D. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours en matière civile de la mère qui tendait, principalement, au rejet de l'action du père et, subsidiairement, au renvoi pour nouvelle décision. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 1. 1.1 En l'espèce, l'arrêt litigieux confirme un jugement de première instance admettant l'action en contestation de la reconnaissance de paternité introduite par le père. Il s'agit d'une contestation civile ( art. 72 al. 1 LTF ) de nature non pécuniaire. Le recours, dirigé contre une décision finale ( art. 90 LTF ) rendue - sur renvoi - par l'autorité cantonale de dernière instance ( art. 75 al. 1 LTF ), a par ailleurs été interjeté en temps utile ( art. 100 al. 1 LTF ). 1.2 Selon l' art. 76 al. 1 LTF, a qualité pour former un recours en matière civile quiconque a pris part à la procédure devant l'autorité précédente ou a été privé de la possibilité de le faire (let. a) et est particulièrement touché par la décision attaquée et a un intérêt digne de protection à son annulation ou sa modification (let. b, dans sa teneur en vigueur depuis le 1 er janvier 2011 [RO 2010 1739], l'arrêt attaqué ayant été rendu après cette date, cf. art. 132 al. 1 LTF ). Il incombe au recourant d'alléguer les faits qu'il considère comme propres à fonder sa qualité pour recourir au Tribunal fédéral selon l' art. 76 LTF, lorsqu'ils ne ressortent pas à l'évidence de la décision attaquée ou du dossier de la cause ( ATF 133 II 353 consid. 1 p. 356). 1.2.1 Il ne fait aucun doute que la première condition prise de la participation à la procédure devant l'autorité précédente est remplie en l'espèce. 1.2.2 Il faut aussi admettre que la seconde condition est réalisée, ne serait-ce que d'un point de vue économique (intérêt de la mère à ne pas assumer seule l'entretien de l'enfant). L'intérêt digne de protection consiste en effet en l'utilité pratique que l'admission du recours apporterait au recourant en lui évitant de subir un préjudice de nature économique, idéale, matérielle ou autre que la décision attaquée lui occasionnerait ( ATF 133 II 400 consid. 2.2 p. 404, ATF 131 II 409 consid. 1.3 p. 413; ATF 131 II 361 consid. 1.2 p. 365, ATF 131 II 587 consid. 2.1 p. 588, 649 consid. 3.1 p. 651; ATF 131 V 298 consid. 3 p. 300). 2. 2.1 Renvoyant aux considérations (cf. supra, let. B) de son premier prononcé - que le Tribunal fédéral n'avait pas examinées plus avant BGE 138 III 537 S. 540 dans son arrêt de renvoi, faute d'un grief motivé du père sur ce point (5A_492/2010 du 13 décembre 2010 consid. 4, non publié aux ATF 136 III 593 ) -, la Cour de justice a considéré la mère comme une partie, quand bien même celle-là n'était censée participer à la procédure que comme intervenante, et a ainsi admis sa qualité pour appeler du jugement de première instance. Elle a ensuite examiné les conditions de l'action en contestation de la reconnaissance de paternité, qu'elle a considérées comme remplies en l'espèce. Cela étant, elle a rejeté l'appel de la mère et confirmé le jugement de première instance qui constatait la non-paternité. 2.2 Cette issue peut être confirmée par substitution de motifs ( ATF 133 III 545 consid. 2.2 p. 550). 2.2.1 La qualité pour appeler - question qui relevait de la procédure cantonale avant l'entrée en vigueur du Code de procédure civile - ayant été admise, la Cour de justice devait, conformément à l'arrêt de renvoi, examiner les conditions de la demande en contestation de la reconnaissance de paternité. Dans ce cadre, se posaient les questions - qui sont examinées d'office (cf. ATF 110 V 347 consid. 1 p. 348; arrêt 9C_14/2010 du 21 mai 2010 consid. 3.1 et les références) - de la qualité pour agir (ou légitimation active) et pour défendre (ou légitimation passive), qui appartiennent aux conditions matérielles de la prétention litigieuse, lesquelles se déterminent selon le droit au fond et dont le défaut conduit au rejet de l'action ( ATF 125 III 82 consid. 1a p. 83/84; ATF 123 III 60 consid. 3a p. 63; cf. arrêts 5A_713/2011 du 2 février 2012 consid. 4.1; 5A_641/2011 du 23 février 2012 consid. 5.1; 9C_14/2010 précité). Or, dans l'action en contestation de la reconnaissance de paternité, si la mère a la qualité pour agir (ou légitimation active) par la loi ( art. 260a al. 1 CC ), elle ne dispose pas de la qualité pour défendre (ou légitimation passive). L'enfant qui conteste la reconnaissance agit contre l'auteur de celle-ci, alors que ce dernier agit contre l'enfant. Ainsi, alors même que, en dépit du fait qu'elle est étrangère au rapport de droit en cause, elle peut, par la loi, agir en son propre nom comme partie (FABIENNE HOHL, Procédure civile, vol. I, 2001, n os 440 et 441; cf. ATF 116 II 253 consid. 3 p. 257; cf. arrêt 5A_641/2011 du 23 février 2011 consid. 5.1), la mère n'est pas admise à défendre à l'action en tant que partie ni, par conséquent, à recourir à ce titre. Il importe peu que, sous l'angle de la qualité pour appeler selon le droit cantonal, la Cour de justice ait admis la qualité de partie pour des motifs tenant à BGE 138 III 537 S. 541 l'interdiction du formalisme excessif (cf. supra, let. B et consid. 2.1). Comme il a été dit, la qualité pour agir et pour défendre appartiennent aux conditions matérielles de la prétention litigieuse, lesquelles se déterminent selon le droit au fond. 2.2.2 Certes, selon la doctrine, la mère peut participer à la procédure en tant qu'intervenante accessoire (OLIVIER GUILLOD, in Commentaire romand, Code civil, 2010, n o 9 ad art. 260a CC et les auteurs cités à la note 18; INGEBORG SCHWENZER, in Commentaire bâlois, Zivilgesetzbuch, vol. I, 3 e éd. 2006, n o 8 ad art. 260a CC ; MEIER/STETTLER, Droit de la filiation, 4 e éd. 2009, n o 126, p. 67; MARTIN STETTLER, Le droit suisse de la filiation, TDPS, vol. III/2/1, 1987, p. 214, let. B et p. 215, let. C), soit pour soutenir les conclusions de la partie qu'elle assiste (sur la notion d'intervention accessoire: FABIENNE HOHL, op. cit., n os 558 et 562; cf. sous l'empire du CPC [RS272]: JACQUES HALDY, in Code de procédure civile commenté, 2011, n° 2 ad art. 74 et 76 CPC ). Si, à ce titre, elle peut faire valoir tous les moyens d'attaque et de défense ainsi qu'interjeter recours, il faut toutefois que ses actes soient compatibles avec ceux de la partie qu'elle soutient (HOHL, op. cit., n o 577; cf. sous l'empire du CPC: HALDY, op. cit., n o 4 ad art. 76 CPC ). Elle ne peut ainsi recourir si la partie principale s'oppose au recours ou acquiesce au jugement (HOHL, op. cit., n o 578). Or, sous cet angle, l'appel de la mère était aussi voué à l'échec. Force est en effet de constater que l'enfant, qui était représenté par un curateur, n'a lui-même pas fait recours contre l'admission de l'action en contestation de la reconnaissance de paternité par le Tribunal de première instance, tout comme il n'a d'ailleurs pas recouru devant la Cour de céans contre l'arrêt de la Cour de justice qui confirme ce jugement.
Urteilskopf
77. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause dame A. contre B. et C. (recours en matière civile)
5A_434/2011 du 31 mai 2012
Regeste Art. 260a ZGB, Art. 76 Abs. 1 BGG ; Klage auf Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung: Beschwerderecht an das Bundesgericht; Passivlegitimation. In einem Verfahren auf Anfechtung der Anerkennung der Vaterschaft ist die Mutter vor Bundesgericht beschwerdeberechtigt (E. 1). Im Verfahren auf Anfechtung der Anerkennung der Vaterschaft kommt der Mutter keine Parteirolle zu, weshalb sie unter diesem Titel nicht berechtigt ist, Berufung zu führen (E. 2.2.1). Sie kann sich als Nebenintervenientin am Verfahren beteiligen und alle Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen und Rechtsmittel einlegen, soweit diese Handlungen mit denjenigen der unterstützten Partei übereinstimmen (E. 2.2.2).
Regeste
Art. 260a ZGB, Art. 76 Abs. 1 BGG ; Klage auf Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung: Beschwerderecht an das Bundesgericht; Passivlegitimation. In einem Verfahren auf Anfechtung der Anerkennung der Vaterschaft ist die Mutter vor Bundesgericht beschwerdeberechtigt (E. 1). Im Verfahren auf Anfechtung der Anerkennung der Vaterschaft kommt der Mutter keine Parteirolle zu, weshalb sie unter diesem Titel nicht berechtigt ist, Berufung zu führen (E. 2.2.1). Sie kann sich als Nebenintervenientin am Verfahren beteiligen und alle Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen und Rechtsmittel einlegen, soweit diese Handlungen mit denjenigen der unterstützten Partei übereinstimmen (E. 2.2.2).
Art. 260a ZGB Art. 76 Abs. 1 BGG In einem Verfahren auf Anfechtung der Anerkennung der Vaterschaft ist die Mutter vor Bundesgericht beschwerdeberechtigt (E. 1).
Im Verfahren auf Anfechtung der Anerkennung der Vaterschaft kommt der Mutter keine Parteirolle zu, weshalb sie unter diesem Titel nicht berechtigt ist, Berufung zu führen (E. 2.2.1). Sie kann sich als Nebenintervenientin am Verfahren beteiligen und alle Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen und Rechtsmittel einlegen, soweit diese Handlungen mit denjenigen der unterstützten Partei übereinstimmen (E. 2.2.2).
Sachverhalt ab Seite 537
Sachverhalt ab Seite 537 BGE 138 III 537 S. 537
BGE 138 III 537 S. 537
A. Le 23 juillet 1994, dame A. a donné naissance à un garçon, prénommé B. que C. a reconnu devant l'officier d'état civil le 4 août suivant.
A. Dame A. et C. se sont mariés le 5 mai 1995. Par jugement du 27 mai 2008, confirmé par arrêt de la Cour de justice du 16 octobre 2009, le Tribunal de première instance de Genève a prononcé leur divorce. BGE 138 III 537 S. 538
BGE 138 III 537 S. 538
B. Le 3 octobre 2008, C. a formé une action en désaveu de paternité. La mère et l'enfant, représenté par son curateur, se sont opposés à la demande.
B. Par jugement du 3 décembre 2009, le Tribunal de première instance de Genève a constaté la non-paternité de C. Il a examiné la demande au regard des dispositions sur la contestation de la reconnaissance de paternité, dès lors que le demandeur avait reconnu l'enfant après sa naissance.
Le 28 mai 2010, sur appel de la mère, la Chambre civile de la Cour de justice a annulé ce jugement et rejeté l'action "en désaveu de paternité, respectivement en contestation de la reconnaissance de paternité", pour le motif qu'elle était périmée. S'agissant plus particulièrement de la recevabilité de l'appel, elle a reconnu à la mère la qualité pour recourir, quand bien même, selon la doctrine, celle-là ne peut participer à l'action en contestation qu'en tant qu'intervenante. Elle a jugé, sous l'angle de l'interdiction du formalisme excessif, qu'il fallait, en l'espèce, considérer l'intéressée comme une partie, dès lors que celle-ci avait été traitée comme telle en première instance, et, partant, lui reconnaître la qualité pour appeler du jugement.
Le 13 décembre 2010, le Tribunal fédéral a admis le recours en matière civile interjeté par le père contre cet arrêt, a annulé ce dernier et a renvoyé la cause pour examen des conditions de la demande en contestation de la reconnaissance de paternité. Il a jugé en bref que, les conditions d'une restitution du délai pour ouvrir action étaient réalisées en l'espèce ( ATF 136 III 593 consid. 6). Il n'a en revanche pas examiné plus avant les considérations de l'autorité cantonale reconnaissant à la mère la qualité pour recourir, dès lors que cette question ressortissant au droit cantonal de procédure n'avait fait l'objet d'aucun grief motivé (arrêt 5A_492/2010 du 13 décembre 2010 consid. 4, non publié aux ATF 136 III 593 ).
C. Statuant sur renvoi le 20 mai 2011, la Chambre civile de la Cour de justice a confirmé le jugement de première instance du 3 décembre 2009 constatant la non-paternité de C. S'agissant de la recevabilité de l'appel de la mère sous l'angle de la qualité pour recourir, elle a renvoyé aux considérations de son premier arrêt, motif pris que celles-là n'avaient pas été critiquées devant le Tribunal fédéral. Au fond, elle a jugé que les conditions de la demande étaient remplies à satisfaction de droit. BGE 138 III 537 S. 539
C. BGE 138 III 537 S. 539
D. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours en matière civile de la mère qui tendait, principalement, au rejet de l'action du père et, subsidiairement, au renvoi pour nouvelle décision.
D. (résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
1.
1. 1.1 En l'espèce, l'arrêt litigieux confirme un jugement de première instance admettant l'action en contestation de la reconnaissance de paternité introduite par le père. Il s'agit d'une contestation civile ( art. 72 al. 1 LTF ) de nature non pécuniaire. Le recours, dirigé contre une décision finale ( art. 90 LTF ) rendue - sur renvoi - par l'autorité cantonale de dernière instance ( art. 75 al. 1 LTF ), a par ailleurs été interjeté en temps utile ( art. 100 al. 1 LTF ).
1.1 art. 72 al. 1 LTF art. 90 LTF art. 75 al. 1 LTF art. 100 al. 1 LTF 1.2 Selon l' art. 76 al. 1 LTF, a qualité pour former un recours en matière civile quiconque a pris part à la procédure devant l'autorité précédente ou a été privé de la possibilité de le faire (let. a) et est particulièrement touché par la décision attaquée et a un intérêt digne de protection à son annulation ou sa modification (let. b, dans sa teneur en vigueur depuis le 1 er janvier 2011 [RO 2010 1739], l'arrêt attaqué ayant été rendu après cette date, cf. art. 132 al. 1 LTF ). Il incombe au recourant d'alléguer les faits qu'il considère comme propres à fonder sa qualité pour recourir au Tribunal fédéral selon l' art. 76 LTF, lorsqu'ils ne ressortent pas à l'évidence de la décision attaquée ou du dossier de la cause ( ATF 133 II 353 consid. 1 p. 356).
1.2 art. 76 al. 1 LTF art. 132 al. 1 LTF art. 76 LTF 1.2.1 Il ne fait aucun doute que la première condition prise de la participation à la procédure devant l'autorité précédente est remplie en l'espèce.
1.2.1 1.2.2 Il faut aussi admettre que la seconde condition est réalisée, ne serait-ce que d'un point de vue économique (intérêt de la mère à ne pas assumer seule l'entretien de l'enfant). L'intérêt digne de protection consiste en effet en l'utilité pratique que l'admission du recours apporterait au recourant en lui évitant de subir un préjudice de nature économique, idéale, matérielle ou autre que la décision attaquée lui occasionnerait ( ATF 133 II 400 consid. 2.2 p. 404, ATF 131 II 409 consid. 1.3 p. 413; ATF 131 II 361 consid. 1.2 p. 365, ATF 131 II 587 consid. 2.1 p. 588, 649 consid. 3.1 p. 651; ATF 131 V 298 consid. 3 p. 300).
1.2.2 2.
2. 2.1 Renvoyant aux considérations (cf. supra, let. B) de son premier prononcé - que le Tribunal fédéral n'avait pas examinées plus avant BGE 138 III 537 S. 540 dans son arrêt de renvoi, faute d'un grief motivé du père sur ce point (5A_492/2010 du 13 décembre 2010 consid. 4, non publié aux ATF 136 III 593 ) -, la Cour de justice a considéré la mère comme une partie, quand bien même celle-là n'était censée participer à la procédure que comme intervenante, et a ainsi admis sa qualité pour appeler du jugement de première instance. Elle a ensuite examiné les conditions de l'action en contestation de la reconnaissance de paternité, qu'elle a considérées comme remplies en l'espèce. Cela étant, elle a rejeté l'appel de la mère et confirmé le jugement de première instance qui constatait la non-paternité.
2.1 BGE 138 III 537 S. 540
2.2 Cette issue peut être confirmée par substitution de motifs ( ATF 133 III 545 consid. 2.2 p. 550).
2.2 2.2.1 La qualité pour appeler - question qui relevait de la procédure cantonale avant l'entrée en vigueur du Code de procédure civile - ayant été admise, la Cour de justice devait, conformément à l'arrêt de renvoi, examiner les conditions de la demande en contestation de la reconnaissance de paternité. Dans ce cadre, se posaient les questions - qui sont examinées d'office (cf. ATF 110 V 347 consid. 1 p. 348; arrêt 9C_14/2010 du 21 mai 2010 consid. 3.1 et les références) - de la qualité pour agir (ou légitimation active) et pour défendre (ou légitimation passive), qui appartiennent aux conditions matérielles de la prétention litigieuse, lesquelles se déterminent selon le droit au fond et dont le défaut conduit au rejet de l'action ( ATF 125 III 82 consid. 1a p. 83/84; ATF 123 III 60 consid. 3a p. 63; cf. arrêts 5A_713/2011 du 2 février 2012 consid. 4.1; 5A_641/2011 du 23 février 2012 consid. 5.1; 9C_14/2010 précité).
2.2.1 Or, dans l'action en contestation de la reconnaissance de paternité, si la mère a la qualité pour agir (ou légitimation active) par la loi ( art. 260a al. 1 CC ), elle ne dispose pas de la qualité pour défendre (ou légitimation passive). L'enfant qui conteste la reconnaissance agit contre l'auteur de celle-ci, alors que ce dernier agit contre l'enfant. Ainsi, alors même que, en dépit du fait qu'elle est étrangère au rapport de droit en cause, elle peut, par la loi, agir en son propre nom comme partie (FABIENNE HOHL, Procédure civile, vol. I, 2001, n os 440 et 441; cf. ATF 116 II 253 consid. 3 p. 257; cf. arrêt 5A_641/2011 du 23 février 2011 consid. 5.1), la mère n'est pas admise à défendre à l'action en tant que partie ni, par conséquent, à recourir à ce titre. Il importe peu que, sous l'angle de la qualité pour appeler selon le droit cantonal, la Cour de justice ait admis la qualité de partie pour des motifs tenant à BGE 138 III 537 S. 541 l'interdiction du formalisme excessif (cf. supra, let. B et consid. 2.1). Comme il a été dit, la qualité pour agir et pour défendre appartiennent aux conditions matérielles de la prétention litigieuse, lesquelles se déterminent selon le droit au fond. art. 260a al. 1 CC BGE 138 III 537 S. 541
2.2.2 Certes, selon la doctrine, la mère peut participer à la procédure en tant qu'intervenante accessoire (OLIVIER GUILLOD, in Commentaire romand, Code civil, 2010, n o 9 ad art. 260a CC et les auteurs cités à la note 18; INGEBORG SCHWENZER, in Commentaire bâlois, Zivilgesetzbuch, vol. I, 3 e éd. 2006, n o 8 ad art. 260a CC ; MEIER/STETTLER, Droit de la filiation, 4 e éd. 2009, n o 126, p. 67; MARTIN STETTLER, Le droit suisse de la filiation, TDPS, vol. III/2/1, 1987, p. 214, let. B et p. 215, let. C), soit pour soutenir les conclusions de la partie qu'elle assiste (sur la notion d'intervention accessoire: FABIENNE HOHL, op. cit., n os 558 et 562; cf. sous l'empire du CPC [RS272]: JACQUES HALDY, in Code de procédure civile commenté, 2011, n° 2 ad art. 74 et 76 CPC ). Si, à ce titre, elle peut faire valoir tous les moyens d'attaque et de défense ainsi qu'interjeter recours, il faut toutefois que ses actes soient compatibles avec ceux de la partie qu'elle soutient (HOHL, op. cit., n o 577; cf. sous l'empire du CPC: HALDY, op. cit., n o 4 ad art. 76 CPC ). Elle ne peut ainsi recourir si la partie principale s'oppose au recours ou acquiesce au jugement (HOHL, op. cit., n o 578). Or, sous cet angle, l'appel de la mère était aussi voué à l'échec. Force est en effet de constater que l'enfant, qui était représenté par un curateur, n'a lui-même pas fait recours contre l'admission de l'action en contestation de la reconnaissance de paternité par le Tribunal de première instance, tout comme il n'a d'ailleurs pas recouru devant la Cour de céans contre l'arrêt de la Cour de justice qui confirme ce jugement.
2.2.2 art. 260a CC art. 260a CC art. 74 et 76 CPC art. 76 CPC
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Urteilskopf 138 III 542 78. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile) 4A_105/2012 du 28 juin 2012 Regeste Revisionsgesuch gegen einen Schiedsspruch ( Art. 396 ff. ZPO ); Weiterzug. Der Entscheid, mit dem das obere kantonale Gericht ein Revisionsgesuch gegen einen Schiedsspruch abweist, ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG, gegen den die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht zulässig ist (E. 1.1). Erwägungen ab Seite 542 BGE 138 III 542 S. 542 Extrait des considérants: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office la recevabilité des recours qui lui sont soumis ( ATF 135 III 329 consid. 1 p. 331). 1.1 L'arrêt déféré émane d'un tribunal supérieur compétent pour statuer sur les demandes en révision des sentences arbitrales (cf. art. 396 al. 1 CPC [RS 272] en relation avec l' art. 356 al. 1 let. a CPC ). La requête est en l'occurrence rejetée. Avec la doctrine, il faut admettre qu'il s'agit d'une décision finale au sens de l' art. 90 LTF, susceptible d'un recours en matière civile pour autant que les autres conditions de recevabilité soient réalisées (cf. notamment PHILIPPE SCHWEIZER, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n os 19 s. ad art. 396 CPC et n° 6 ad art. 332 CPC ; KRAMER/FRIEDMANN, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2011, n° 8 ad art. 399 CPC ; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar,2010, n° 2 ad art. 399 CPC et n° 3 ad art. 332 CPC ; JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Présentation critique du projet de réglementation de l'arbitrage interne [art. 351 à 397 P-CPC], in Le Projet de Code de procédure civile fédérale, 2008, p. 256; STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2008, p. 541 n° 67). Le code de procédure ne BGE 138 III 542 S. 543 prévoit pas que la décision du tribunal cantonal statuant sur la demande en révision soit définitive, contrairement à ce qui prévaut lorsque le tribunal cantonal statue sur un recours "ordinaire" contre la sentence arbitrale ( art. 390 al. 2 2 e phrase CPC; MICHAEL MRÁZ, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, n° 12 ad art. 399 CPC ). 1.2 La révision au sens des art. 396 ss CPC est un moyen de droit extraordinaire, de nature cassatoire: en cas d'admission de la requête, le tribunal cantonal doit annuler la sentence arbitrale et renvoyer la cause au tribunal arbitral ( art. 399 al. 1 CPC ). Il faut admettre qu'à l'instar de l'autorité précédente, le Tribunal fédéral n'a pas de compétence réformatoire. Les conclusions cassatoires du présent recours sont dès lors recevables. 1.3 L'intimé plaide l'irrecevabilité du recours au motif qu'il serait procédurier, ou insuffisamment motivé. 1.3.1 Un recours est procédurier ou abusif, au sens de l' art. 42 al. 7 LTF, lorsqu'il est introduit par pur esprit de chicane, qu'il ne poursuit pas la défense d'intérêts légitimes, mais d'autres buts tels qu'un effet dilatoire ou la volonté de tracasser son adversaire. Le caractère abusif ou procédurier peut notamment découler de la multiplication des procédures, de la disproportion évidente entre l'enjeu et les procédés mis en oeuvre, ou de la terminologie utilisée (cf. ATF 118 IV 291 consid. 2a et ATF 118 II 87 consid. 4, rendus sous l'ancienne OJ [RS 3 521]; LAURENT MERZ, in Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2 e éd. 2011, n° 113 ad art. 42 LTF ; FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in Commentaire de la LTF, 2009, n os 66 s. ad art. 42 LTF ; YVES DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, 2008, n os 106 s. p. 455 s.). La notion même de recours procédurier ou abusif implique l'existence d'un cas choquant (BERNARD CORBOZ, in Commentaire de la LTF, 2009, n° 29 ad art. 108 LTF ; cf. aussi DONZALLAZ, op. cit., n° 4378 p. 1579). Un tel cas de figure n'est pas réalisé en l'espèce. L'intimé relève tout au plus que la sentence arbitrale de 2006 a clos un litige ayant débuté en 1989, que la demande de révision a été déposée "in extremis" le dernier jour de la cinquième année après que la sentence fut devenue définitive et exécutoire, et que le volet pénal de l'affaire arrive enfin "à bout touchant" avec la mise en accusation du recourant. Toutefois, ni l'arrêt ni la sentence ne font ressortir que le recourant aurait eu un comportement chicanier ou abusif dans la procédure d'arbitrage, ou dans les procédures pénales initiées par chacune des parties. BGE 138 III 542 S. 544 Par ailleurs, le droit de déposer une demande de révision se périme par dix ans dès l'entrée en force de la sentence ( art. 397 al. 2 CPC ). L'ancien Concordat intercantonal sur l'arbitrage prévoyait certes à son art. 42 un délai absolu de cinq ans. Quoi qu'il en soit, quand bien même le recourant, par prudence, aurait veillé à sauvegarder le délai plus sévère de l'ancien droit nonobstant la lettre claire de l' art. 405 al. 2 CPC, l'on ne saurait, en l'absence d'autres éléments, qualifier sa démarche d'abusive du seul fait que la requête a été déposée juste avant l'expiration du délai de l'ancien droit. 1.3.2 Quant à la motivation du recours, elle n'est pas entachée d'insuffisance manifeste au sens de l' art. 108 al. 1 let. b LTF. Le recourant indique clairement quelle disposition de droit fédéral a selon lui été mal appliquée et expose les motifs qui justifieraient une telle conclusion. La question de la pertinence des arguments invoqués ne saurait être confondue avec celle des exigences de motivation. 1.3.3 Le moyen de l'intimé se révèle infondé.
Urteilskopf
78. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile)
4A_105/2012 du 28 juin 2012
Regeste Revisionsgesuch gegen einen Schiedsspruch ( Art. 396 ff. ZPO ); Weiterzug. Der Entscheid, mit dem das obere kantonale Gericht ein Revisionsgesuch gegen einen Schiedsspruch abweist, ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG, gegen den die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht zulässig ist (E. 1.1).
Regeste
Revisionsgesuch gegen einen Schiedsspruch ( Art. 396 ff. ZPO ); Weiterzug. Der Entscheid, mit dem das obere kantonale Gericht ein Revisionsgesuch gegen einen Schiedsspruch abweist, ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG, gegen den die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht zulässig ist (E. 1.1).
Art. 396 ff. ZPO Der Entscheid, mit dem das obere kantonale Gericht ein Revisionsgesuch gegen einen Schiedsspruch abweist, ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG, gegen den die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht zulässig ist (E. 1.1).
Art. 90 BGG Erwägungen ab Seite 542
Erwägungen ab Seite 542 BGE 138 III 542 S. 542
BGE 138 III 542 S. 542
Extrait des considérants:
1. Le Tribunal fédéral examine d'office la recevabilité des recours qui lui sont soumis ( ATF 135 III 329 consid. 1 p. 331).
1. 1.1 L'arrêt déféré émane d'un tribunal supérieur compétent pour statuer sur les demandes en révision des sentences arbitrales (cf. art. 396 al. 1 CPC [RS 272] en relation avec l' art. 356 al. 1 let. a CPC ). La requête est en l'occurrence rejetée. Avec la doctrine, il faut admettre qu'il s'agit d'une décision finale au sens de l' art. 90 LTF, susceptible d'un recours en matière civile pour autant que les autres conditions de recevabilité soient réalisées (cf. notamment PHILIPPE SCHWEIZER, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n os 19 s. ad art. 396 CPC et n° 6 ad art. 332 CPC ; KRAMER/FRIEDMANN, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2011, n° 8 ad art. 399 CPC ; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar,2010, n° 2 ad art. 399 CPC et n° 3 ad art. 332 CPC ; JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Présentation critique du projet de réglementation de l'arbitrage interne [art. 351 à 397 P-CPC], in Le Projet de Code de procédure civile fédérale, 2008, p. 256; STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2008, p. 541 n° 67). Le code de procédure ne BGE 138 III 542 S. 543 prévoit pas que la décision du tribunal cantonal statuant sur la demande en révision soit définitive, contrairement à ce qui prévaut lorsque le tribunal cantonal statue sur un recours "ordinaire" contre la sentence arbitrale ( art. 390 al. 2 2 e phrase CPC; MICHAEL MRÁZ, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, n° 12 ad art. 399 CPC ).
1.1 art. 396 al. 1 CPC art. 356 al. 1 let. a CPC art. 90 LTF art. 396 CPC art. 332 CPC art. 399 CPC art. 399 CPC art. 332 CPC BGE 138 III 542 S. 543
art. 390 al. 2 2 art. 399 CPC 1.2 La révision au sens des art. 396 ss CPC est un moyen de droit extraordinaire, de nature cassatoire: en cas d'admission de la requête, le tribunal cantonal doit annuler la sentence arbitrale et renvoyer la cause au tribunal arbitral ( art. 399 al. 1 CPC ). Il faut admettre qu'à l'instar de l'autorité précédente, le Tribunal fédéral n'a pas de compétence réformatoire. Les conclusions cassatoires du présent recours sont dès lors recevables.
1.2 art. 396 ss CPC art. 399 al. 1 CPC 1.3 L'intimé plaide l'irrecevabilité du recours au motif qu'il serait procédurier, ou insuffisamment motivé.
1.3 1.3.1 Un recours est procédurier ou abusif, au sens de l' art. 42 al. 7 LTF, lorsqu'il est introduit par pur esprit de chicane, qu'il ne poursuit pas la défense d'intérêts légitimes, mais d'autres buts tels qu'un effet dilatoire ou la volonté de tracasser son adversaire. Le caractère abusif ou procédurier peut notamment découler de la multiplication des procédures, de la disproportion évidente entre l'enjeu et les procédés mis en oeuvre, ou de la terminologie utilisée (cf. ATF 118 IV 291 consid. 2a et ATF 118 II 87 consid. 4, rendus sous l'ancienne OJ [RS 3 521]; LAURENT MERZ, in Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2 e éd. 2011, n° 113 ad art. 42 LTF ; FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in Commentaire de la LTF, 2009, n os 66 s. ad art. 42 LTF ; YVES DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, 2008, n os 106 s. p. 455 s.). La notion même de recours procédurier ou abusif implique l'existence d'un cas choquant (BERNARD CORBOZ, in Commentaire de la LTF, 2009, n° 29 ad art. 108 LTF ; cf. aussi DONZALLAZ, op. cit., n° 4378 p. 1579).
1.3.1 art. 42 al. 7 LTF art. 42 LTF art. 42 LTF art. 108 LTF Un tel cas de figure n'est pas réalisé en l'espèce. L'intimé relève tout au plus que la sentence arbitrale de 2006 a clos un litige ayant débuté en 1989, que la demande de révision a été déposée "in extremis" le dernier jour de la cinquième année après que la sentence fut devenue définitive et exécutoire, et que le volet pénal de l'affaire arrive enfin "à bout touchant" avec la mise en accusation du recourant. Toutefois, ni l'arrêt ni la sentence ne font ressortir que le recourant aurait eu un comportement chicanier ou abusif dans la procédure d'arbitrage, ou dans les procédures pénales initiées par chacune des parties. BGE 138 III 542 S. 544 Par ailleurs, le droit de déposer une demande de révision se périme par dix ans dès l'entrée en force de la sentence ( art. 397 al. 2 CPC ). L'ancien Concordat intercantonal sur l'arbitrage prévoyait certes à son art. 42 un délai absolu de cinq ans. Quoi qu'il en soit, quand bien même le recourant, par prudence, aurait veillé à sauvegarder le délai plus sévère de l'ancien droit nonobstant la lettre claire de l' art. 405 al. 2 CPC, l'on ne saurait, en l'absence d'autres éléments, qualifier sa démarche d'abusive du seul fait que la requête a été déposée juste avant l'expiration du délai de l'ancien droit.
BGE 138 III 542 S. 544
art. 397 al. 2 CPC art. 405 al. 2 CPC 1.3.2 Quant à la motivation du recours, elle n'est pas entachée d'insuffisance manifeste au sens de l' art. 108 al. 1 let. b LTF. Le recourant indique clairement quelle disposition de droit fédéral a selon lui été mal appliquée et expose les motifs qui justifieraient une telle conclusion. La question de la pertinence des arguments invoqués ne saurait être confondue avec celle des exigences de motivation.
1.3.2 art. 108 al. 1 let. b LTF 1.3.3 Le moyen de l'intimé se révèle infondé.
1.3.3
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Urteilskopf 138 III 545 79. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A.X. et B.X. contre C. (recours en matière civile) 5A_184/2012 du 6 juillet 2012 Regeste Art. 580 Abs. 2 und Art. 567 Abs. 2 ZGB ; Frist für das Gesuch um ein öffentliches Inventar. Beginn der Frist für das Gesuch um ein öffentliches Inventar, wenn die Kinder des Erblassers durch Verfügungen von Todes wegen auf den Pflichtteil gesetzt wurden (E. 2). Sachverhalt ab Seite 546 BGE 138 III 545 S. 546 A. D.X. est décédé le 28 août 2011 à La Chaux-de-Fonds en laissant pour héritiers légaux son épouse E.X. et ses deux fils issus d'une première union, A.X. et B.X. Par testament olographe du 7 février 1994, le défunt a pris des dispositions pour cause de mort par lesquelles il a réduit ses deux fils à leur réserve légale. Ce testament a été ouvert par la notaire dépositaire, Me C., le 25 octobre 2011 et communiqué aux fils du défunt par lettres recommandées du même jour. B. B.a Le 16 novembre 2011, A.X. et B.X. ont requis la notaire dépositaire d'ordonner le bénéfice d'inventaire de la succession et de prendre toutes les mesures conservatoires nécessaires. La notaire dépositaire a rejeté cette requête par décision du 18 novembre 2011 pour le motif qu'elle était tardive. B.b Statuant sur appel des intéressés, la cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Neuchâtel l'a rejeté par arrêt du 1 er février 2012. (...) Par arrêt du 6 juillet 2012, le Tribunal fédéral a rejeté le recours en matière civile formé par A.X. et B.X contre cet arrêt. (extrait) Erwägungen Extrait des considérants: 2. Les recourants prétendent en substance que le délai pour requérir le bénéfice d'inventaire n'a commencé à courir que depuis l'ouverture du testament de leur père. 2.1 Aux termes de l' art. 580 al. 1 CC, l'héritier qui a la faculté de répudier peut réclamer le bénéfice d'inventaire. Il doit présenter sa requête à l'autorité compétente dans le délai d'un mois, les formes à observer étant celles de la répudiation ( art. 580 al. 2 CC ). La brièveté du délai est justifiée par le fait que le bénéfice d'inventaire n'implique aucun risque pour le requérant ainsi que par l'intérêt des créanciers du défunt à ne pas rester trop longtemps dans l'incertitude quant à l'acceptation ou la répudiation de la succession (arrêt 5P.155/2001 du 24 juillet 2001 consid. 2b). Le point de départ et le calcul du délai sont soumis aux règles applicables au délai de répudiation (arrêt 5P.155/2001 du 24 juillet 2001 consid. 2b/aa; STEINAUER, Le droit des successions, 2006, n. 1014a; BGE 138 III 545 S. 547 WISSMANN, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. I, 4 e éd. 2011, n° 9 ad art. 580 CC ; ENGLER, in Erbrecht, Praxiskommentar, Abt/Weibel [éd.], 2007, n° 10 ad art. 580 CC ;TUOR/PICENONI, Berner Kommentar, 2 e éd. 1964, n° 11 ad art. 580 CC ). Selon l' art. 567 al. 2 CC, le délai pour répudier court, pour les héritiers légaux, dès le jour où ils ont connaissance du décès, à moins qu'ils ne prouvent n'avoir connu que plus tard leur qualité d'héritiers; pour les institués, dès le jour où ils ont été prévenus officiellement de la disposition faite en leur faveur. Selon la jurisprudence cantonale et la doctrine, si un héritier légal est institué héritier dans une plus large mesure que ne le prévoit la loi, le délai pour demander le bénéfice d'inventaire ne commence à courir qu'à partir du jour où cette disposition testamentaire lui a été officiellement communiquée puisqu'il devra répondre dans cette même mesure des dettes de la succession (arrêt du Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg du 1 er septembre 2003, in Revue fribourgeoise de jurisprudence [RFJ] 2003 p. 37; arrêt de la Chambre des recours du canton de Zurich du 25 février 1914, in ZR 85/1914 p. 204 s.; décision du Département de la justice du canton de Saint-Gall du 18 juillet 1932, in RNRF 20/1939 p. 281 s.;WISSMANN, op. cit., n° 9 ad art. 580 CC ; TUOR/PICENONI, op. cit., n° 11 ad art. 580 CC ; KAUFMANN, Die Errichtung des öffentlichen Inventars im Erbrecht, 1959, p. 57). 2.2 La cour cantonale a estimé que, dès lors que les droits successoraux des recourants ont été restreints par les dispositions testamentaires du défunt, qui les a réduits à leur réserve, leur responsabilité quant aux dettes de la succession était également restreinte. Elle en a déduit que le délai pour requérir le bénéfice d'inventaire commençait à courir pour les recourants, héritiers légaux du de cujus, dès la connaissance du décès de leur père et que, en conséquence, leur requête était tardive. 2.3 Les recourants font valoir qu'ils sont héritiers institués de sorte qu'ils peuvent requérir le bénéfice d'inventaire dans un délai d'un mois dès la communication officielle des dispositions pour cause de mort. Se référant à la jurisprudence cantonale et la doctrine citées par la cour cantonale dans ses considérants, ils invoquent que si celles-ci décrivent la situation d'un héritier légal dont les droits ont été élargis par testament pour admettre que le délai ne court que dès la communication officielle des dispositions pour cause de mort, elles n'excluent pas qu'il en irait de même en cas de réduction de la quote-part, distinction qui ne ressortirait pas non plus de l' art. 567 al. 2 CC. BGE 138 III 545 S. 548 2.4 Les recourants sont les enfants du défunt; ils sont donc les héritiers légaux réservataires de celui-ci ( art. 470 al. 1 CC ). En conséquence, ils avaient pleinement connaissance, au décès de leur père, aussi bien de leur vocation successorale que du fait que celle-ci était, hormis les cas plutôt exceptionnels d'exhérédation ( art. 477 CC ), protégée dans la mesure de leur réserve héréditaire. Aussi, la communication officielle des dispositions pour cause de mort, qui les réduit à leur réserve, ne modifie en rien leur situation au regard du but que vise le bénéfice d'inventaire, à savoir leur permettre d'obtenir une vue claire de l'état de la succession avant de se déterminer - c'est-à-dire accepter purement et simplement la succession, la répudier, demander la liquidation officielle ou accepter la succession sous bénéfice d'inventaire - et de limiter leur responsabilité pour les dettes successorales (KAUFMANN, op. cit., p. 57 s.; décision du Département de la justice du canton de Saint-Gall du 18 juillet 1932, op. cit., p. 281 s.). Dans ces circonstances, il n'existe aucun motif pour que le délai pour requérir une telle mesure ne commence à courir qu'à la communication officielle des dispositions pour cause de mort. Le recours doit donc être rejeté sur ce point.
Urteilskopf
79. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A.X. et B.X. contre C. (recours en matière civile)
5A_184/2012 du 6 juillet 2012
Regeste Art. 580 Abs. 2 und Art. 567 Abs. 2 ZGB ; Frist für das Gesuch um ein öffentliches Inventar. Beginn der Frist für das Gesuch um ein öffentliches Inventar, wenn die Kinder des Erblassers durch Verfügungen von Todes wegen auf den Pflichtteil gesetzt wurden (E. 2).
Regeste
Art. 580 Abs. 2 und Art. 567 Abs. 2 ZGB ; Frist für das Gesuch um ein öffentliches Inventar. Beginn der Frist für das Gesuch um ein öffentliches Inventar, wenn die Kinder des Erblassers durch Verfügungen von Todes wegen auf den Pflichtteil gesetzt wurden (E. 2).
Art. 580 Abs. 2 und Art. 567 Abs. 2 ZGB Beginn der Frist für das Gesuch um ein öffentliches Inventar, wenn die Kinder des Erblassers durch Verfügungen von Todes wegen auf den Pflichtteil gesetzt wurden (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 546
Sachverhalt ab Seite 546 BGE 138 III 545 S. 546
BGE 138 III 545 S. 546
A. D.X. est décédé le 28 août 2011 à La Chaux-de-Fonds en laissant pour héritiers légaux son épouse E.X. et ses deux fils issus d'une première union, A.X. et B.X.
A. Par testament olographe du 7 février 1994, le défunt a pris des dispositions pour cause de mort par lesquelles il a réduit ses deux fils à leur réserve légale. Ce testament a été ouvert par la notaire dépositaire, Me C., le 25 octobre 2011 et communiqué aux fils du défunt par lettres recommandées du même jour.
B.
B. B.a Le 16 novembre 2011, A.X. et B.X. ont requis la notaire dépositaire d'ordonner le bénéfice d'inventaire de la succession et de prendre toutes les mesures conservatoires nécessaires. La notaire dépositaire a rejeté cette requête par décision du 18 novembre 2011 pour le motif qu'elle était tardive.
B.a B.b Statuant sur appel des intéressés, la cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Neuchâtel l'a rejeté par arrêt du 1 er février 2012.
B.b (...)
Par arrêt du 6 juillet 2012, le Tribunal fédéral a rejeté le recours en matière civile formé par A.X. et B.X contre cet arrêt.
(extrait)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
2. Les recourants prétendent en substance que le délai pour requérir le bénéfice d'inventaire n'a commencé à courir que depuis l'ouverture du testament de leur père.
2. 2.1 Aux termes de l' art. 580 al. 1 CC, l'héritier qui a la faculté de répudier peut réclamer le bénéfice d'inventaire. Il doit présenter sa requête à l'autorité compétente dans le délai d'un mois, les formes à observer étant celles de la répudiation ( art. 580 al. 2 CC ). La brièveté du délai est justifiée par le fait que le bénéfice d'inventaire n'implique aucun risque pour le requérant ainsi que par l'intérêt des créanciers du défunt à ne pas rester trop longtemps dans l'incertitude quant à l'acceptation ou la répudiation de la succession (arrêt 5P.155/2001 du 24 juillet 2001 consid. 2b).
2.1 art. 580 al. 1 CC art. 580 al. 2 CC Le point de départ et le calcul du délai sont soumis aux règles applicables au délai de répudiation (arrêt 5P.155/2001 du 24 juillet 2001 consid. 2b/aa; STEINAUER, Le droit des successions, 2006, n. 1014a; BGE 138 III 545 S. 547 WISSMANN, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. I, 4 e éd. 2011, n° 9 ad art. 580 CC ; ENGLER, in Erbrecht, Praxiskommentar, Abt/Weibel [éd.], 2007, n° 10 ad art. 580 CC ;TUOR/PICENONI, Berner Kommentar, 2 e éd. 1964, n° 11 ad art. 580 CC ). Selon l' art. 567 al. 2 CC, le délai pour répudier court, pour les héritiers légaux, dès le jour où ils ont connaissance du décès, à moins qu'ils ne prouvent n'avoir connu que plus tard leur qualité d'héritiers; pour les institués, dès le jour où ils ont été prévenus officiellement de la disposition faite en leur faveur. Selon la jurisprudence cantonale et la doctrine, si un héritier légal est institué héritier dans une plus large mesure que ne le prévoit la loi, le délai pour demander le bénéfice d'inventaire ne commence à courir qu'à partir du jour où cette disposition testamentaire lui a été officiellement communiquée puisqu'il devra répondre dans cette même mesure des dettes de la succession (arrêt du Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg du 1 er septembre 2003, in Revue fribourgeoise de jurisprudence [RFJ] 2003 p. 37; arrêt de la Chambre des recours du canton de Zurich du 25 février 1914, in ZR 85/1914 p. 204 s.; décision du Département de la justice du canton de Saint-Gall du 18 juillet 1932, in RNRF 20/1939 p. 281 s.;WISSMANN, op. cit., n° 9 ad art. 580 CC ; TUOR/PICENONI, op. cit., n° 11 ad art. 580 CC ; KAUFMANN, Die Errichtung des öffentlichen Inventars im Erbrecht, 1959, p. 57).
BGE 138 III 545 S. 547
art. 580 CC art. 580 CC art. 580 CC art. 567 al. 2 CC art. 580 CC art. 580 CC 2.2 La cour cantonale a estimé que, dès lors que les droits successoraux des recourants ont été restreints par les dispositions testamentaires du défunt, qui les a réduits à leur réserve, leur responsabilité quant aux dettes de la succession était également restreinte. Elle en a déduit que le délai pour requérir le bénéfice d'inventaire commençait à courir pour les recourants, héritiers légaux du de cujus, dès la connaissance du décès de leur père et que, en conséquence, leur requête était tardive.
2.2 2.3 Les recourants font valoir qu'ils sont héritiers institués de sorte qu'ils peuvent requérir le bénéfice d'inventaire dans un délai d'un mois dès la communication officielle des dispositions pour cause de mort. Se référant à la jurisprudence cantonale et la doctrine citées par la cour cantonale dans ses considérants, ils invoquent que si celles-ci décrivent la situation d'un héritier légal dont les droits ont été élargis par testament pour admettre que le délai ne court que dès la communication officielle des dispositions pour cause de mort, elles n'excluent pas qu'il en irait de même en cas de réduction de la quote-part, distinction qui ne ressortirait pas non plus de l' art. 567 al. 2 CC. BGE 138 III 545 S. 548
2.3 art. 567 al. 2 CC BGE 138 III 545 S. 548
2.4 Les recourants sont les enfants du défunt; ils sont donc les héritiers légaux réservataires de celui-ci ( art. 470 al. 1 CC ). En conséquence, ils avaient pleinement connaissance, au décès de leur père, aussi bien de leur vocation successorale que du fait que celle-ci était, hormis les cas plutôt exceptionnels d'exhérédation ( art. 477 CC ), protégée dans la mesure de leur réserve héréditaire. Aussi, la communication officielle des dispositions pour cause de mort, qui les réduit à leur réserve, ne modifie en rien leur situation au regard du but que vise le bénéfice d'inventaire, à savoir leur permettre d'obtenir une vue claire de l'état de la succession avant de se déterminer - c'est-à-dire accepter purement et simplement la succession, la répudier, demander la liquidation officielle ou accepter la succession sous bénéfice d'inventaire - et de limiter leur responsabilité pour les dettes successorales (KAUFMANN, op. cit., p. 57 s.; décision du Département de la justice du canton de Saint-Gall du 18 juillet 1932, op. cit., p. 281 s.). Dans ces circonstances, il n'existe aucun motif pour que le délai pour requérir une telle mesure ne commence à courir qu'à la communication officielle des dispositions pour cause de mort. Le recours doit donc être rejeté sur ce point.
2.4 art. 470 al. 1 CC art. 477 CC
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Urteilskopf 138 III 548 80. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Erbengemeinschaft des W. gegen Ausgleichskasse Schwyz (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_928/2011 vom 9. Juli 2012 Regeste Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG und Art. 17 Abs. 5 ELV ; Art. 4 ff. des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB); Verzichtsvermögen. Ob der Verkauf einer Liegenschaft (bestehend u.a. aus Wiesland mit Wohnhaus und einem Kleingebäude, Acker, Wiese, Weide, Hoch- und Flachmoor einschliesslich weiterer verpachteter Parzellen mit Acker-, Wies- und Weidland) an ein erbberechtigtes Kind zum Ertragswert einen Vermögensverzicht darstellt, hängt in erster Linie davon ab, ob es sich dabei um ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne des bäuerlichen Bodenrechts handelt (E. 7). Sachverhalt ab Seite 549 BGE 138 III 548 S. 549 A. W. bezog ab 1. August 2007, seine Ehefrau S. ab 1. Februar 2008, Ergänzungsleistungen (EL) zur Altersrente der AHV. Mit Verfügung vom 1. Januar 2011 setzte die Ausgleichskasse Schwyz (nachfolgend: Ausgleichskasse) die Ergänzungsleistungen für 2011 auf monatlich Fr. 2'922.- und Fr. 3'121.- fest. Bei der Berechnung des Anspruchs berücksichtigte sie einnahmenseitig u.a. jeweils Fr. 66'663.- "Übriges Vermögen Schenkung". Mit Eingaben vom 13. und 19. Januar 2011 erhob G., der jüngere Sohn der beiden EL-Bezüger, Einsprache und beantragte, die 2007 von seinem Vater erworbene Liegenschaft sei zum Ertragswert (Fr. 216'217.-) und nicht zum Vermögenswert (Fr. 320'507.-) anzurechnen. Im Februar 2011 verstarb W. Mit Verfügung vom 8. März 2011 setzte die Ausgleichskasse die Ergänzungsleistung für S. ab 1. März 2011 neu auf monatlich Fr. 2'894.- fest, dies unter Anrechnung von Fr. 133'326.- "ÜbrigesVermögen Schenkung". Mit Einspracheentscheid vom 14. Juli 2011 bestätigte sie gegenüber der Erbengemeinschaft W. sel. die Verfügung vom 1. Januar 2011. B. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde der Erbengemeinschaft des W. sel. und von S. hob das Verwaltungsgericht des Kantons BGE 138 III 548 S. 550 Schwyz die Verfügung vom 8. März 2011 auf und wies die Sache an die Ausgleichskasse zurück, damit sie nach Vornahme ergänzender Abklärungen im Sinne der Erwägungen über den EL-Anspruch der Ehefrau des Verstorbenen ab dem 1. März 2011 neu verfüge. Im Übrigen wies es das Rechtsmittel ab (Entscheid vom 27. Oktober 2011). C. Die Erbengemeinschaft des W. sel. und S. führen gemeinsam Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, Gerichtsentscheid und Einspracheentscheid seien dahingehend abzuändern, dass überhaupt kein Verzichtsvermögen angerechnet werden dürfe und die Sache sei zur entsprechenden Neufestsetzung der Ergänzungsleistungen für den Verstorbenen und seine Ehefrau, eventualiter zu ergänzenden Abklärungen an die Ausgleichskasse zurückzuweisen. Das kantonale Gericht und die Ausgleichskasse verzichten auf eine Stellungnahme. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat sich nicht vernehmen lassen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 7. Die Vorinstanz ist ohne Weiterungen davon ausgegangen, bei dem vom verstorbenen EL-Bezüger mit Kaufvertrag vom 31. Oktober 2007 entäusserten Grundstück Y., bestehend u.a. aus Wiesland mit Wohnhaus und einem Kleingebäude, Acker, Wiese, Weide, Hoch- und Flachmoor einschliesslich weiterer Parzellen mit Acker-, Wies- und Weidland, handle es sich um ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11). 7.1 7.1.1 Nach Art. 4 BGBB gelten für Grundstücke, die für sich allein oder zusammen mit andern Grundstücken ein landwirtschaftliches Gewerbe bilden, die besonderen Bestimmungen dieses Gesetzes über die landwirtschaftlichen Gewerbe (Abs. 1). Die Bestimmungen über landwirtschaftliche Gewerbe gelten nicht für landwirtschaftliche Grundstücke, die: a. zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gemäss Artikel 8 gehören; b. (...; Abs. 3). Laut Art. 8 BGBB finden die Bestimmungen über die einzelnen landwirtschaftlichen Grundstücke auf ein landwirtschaftliches Gewerbe Anwendung, wenn es: a. seit mehr als sechs Jahren rechtmässig ganz oder weitgehend BGE 138 III 548 S. 551 parzellenweise verpachtet ist und diese Verpachtung im Sinne von Artikel 31 Absatz 2 Buchstaben e und f des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1985 über die landwirtschaftliche Pacht (LPG; SR 221.213.2) weder vorübergehenden Charakter hat noch aus persönlichen Gründen erfolgt ist; b. unabhängig von seiner Grösse wegen einer ungünstigen Betriebsstruktur nicht mehr erhaltungswürdig ist. Ein Grundstück gilt als landwirtschaftlich, das für die landwirtschaftliche oder gartenbauliche Nutzung geeignet ist ( Art. 6 Abs. 1 BGBB ). 7.1.2 Gemäss Art. 7 BGBB gilt als landwirtschaftliches Gewerbe eine Gesamtheit von landwirtschaftlichen Grundstücken, Bauten und Anlagen, die als Grundlage der landwirtschaftlichen Produktion dient und zu deren Bewirtschaftung, wenn sie landesüblich ist, mindestens eine Standardarbeitskraft nötig ist. Der Bundesrat legt die Faktoren und die Werte für die Berechnung einer Standardarbeitskraft in Abstimmung mit dem Landwirtschaftsrecht fest (Abs. 1; vgl. Art. 2a der Verordnung vom 4. Oktober 1993 über das bäuerliche Bodenrecht [VBB; SR 211.412.110] ). Bei der Beurteilung, ob ein landwirtschaftliches Gewerbe vorliegt, sind diejenigen Grundstücke zu berücksichtigen, die diesem Gesetz unterstellt sind (Art. 2 [Allgemeiner Geltungsbereich]; Abs. 3). Die Verpachtung einzelner Parzellen eines landwirtschaftlichen Gewerbes für sich allein betrachtet ändert nichts an dieser Eigenschaft (EDUARD HOFER, in: Das bäuerliche Bodenrecht, Kommentar zum Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht vom 4. Oktober 1991, 2. Aufl. 2011, N. 37f zu Art. 7 BGBB ; vgl. BGE 111 II 487 E. 3a S. 492). Die Kantone können landwirtschaftliche Betriebe, welche die Voraussetzungen nach Artikel 7 hinsichtlich der Standardarbeitskräfte nicht erfüllen, den Bestimmungen über die landwirtschaftlichen Gewerbe unterstellen; die minimale Betriebsgrösse ist dabei in einem Bruchteil einer Standardarbeitskraft festzulegen und darf 0,75 Standardarbeitskräfte nicht unterschreiten ( Art. 5 lit. a BGBB ). Nach § 22 Abs. 2 des schwyzerischen Gesetzes vom 26. November 2003 über die Landwirtschaft (SRSZ 312.100) sind landwirtschaftliche Betriebe im Berggebiet gemäss Art. 1 Abs. 3 der Verordnung vom 7. Dezember 1998 über den landwirtschaftlichen Produktionskataster und die Ausscheidung von Zonen (Landwirtschaftliche Zonen-Verordnung; SR 912.1) den Bestimmungen über die landwirtschaftlichen Gewerbe unterstellt, sofern für ihre Bewirtschaftung mindestens 0,75 Standardarbeitskräfte (SAK) nötig sind ( Art. 5 lit. a BGBB ). Das Berggebiet im Sinne von Art. 1 Abs. 3 der Landwirtschaftliche Zonen-Verordnung umfasst die Bergzonen I-IV. BGE 138 III 548 S. 552 7.2 Vorliegend fragt sich, ob es sich beim Gegenstand des Kaufvertrages vom 31. Oktober 2007 (Grundstück Y. und sechs weitere Parzellen mit Acker-, Wies- und Weidland) überhaupt um ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 Abs. 1 BGBB oder um einen vom Kanton gestützt auf Art. 5 lit. a BGBB den diesbezüglichen Gesetzesbestimmungen unterstellten landwirtschaftlichen Betrieb nach § 22 Abs. 2 des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes handelt, oder ob ein unter Art. 8 BGBB fallender Sachverhalt gegeben ist. Davon hängt entscheidend ab, ob im Zusammenhang mit der Veräusserung des gesamten landwirtschaftlichen Grundeigentums des verstorbenen EL-Bezügers (Ziff. 13 des Kaufvertrages vom 31. Oktober 2007) ein Vermögensverzichtstatbestand im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG (SR 831.30) und Art. 17 Abs. 5 ELV (SR 831.301) gegeben ist: 7.2.1 Nach Art. 42 BGBB haben, wenn ein landwirtschaftliches Gewerbe veräussert wird, die nachgenannten Verwandten des Veräusserers ein Vorkaufsrecht in folgender Rangordnung, wenn sie es selber bewirtschaften wollen und dafür geeignet erscheinen: 1. jeder Nachkomme; 2. (...; Abs. 1). Wird ein landwirtschaftliches Grundstück veräussert, so hat jeder Nachkomme des Veräusserers ein Vorkaufsrecht daran, wenn er Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist oder wirtschaftlich über ein solches verfügt und das Grundstück im ortsüblichen Bewirtschaftungsbereich dieses Gewerbes liegt (Abs. 2). Gemäss Art. 44 BGBB können die Berechtigten das Vorkaufsrecht an einem landwirtschaftlichen Gewerbe zum Ertragswert und an einem landwirtschaftlichen Grundstück zum doppelten Ertragswert geltend machen. Ebenfalls hat der Pächter unter bestimmten Bedingungen ein Vorkaufsrecht, wenn ein landwirtschaftliches Gewerbe oder ein landwirtschaftliches Grundstück veräussert wird. Das Vorkaufsrecht der Verwandten geht indessen vor ( Art. 47 BGBB ). Selbstbewirtschafter ist, wer den Boden selber bearbeitet und, wenn es sich um ein landwirtschaftliches Gewerbe handelt, dieses zudem persönlich leitet. Für die Selbstbewirtschaftung geeignet ist, wer die Fähigkeiten besitzt, die nach landesüblicher Vorstellung notwendig sind, um den landwirtschaftlichen Boden selber zu bearbeiten und ein landwirtschaftliches Gewerbe zu leiten ( Art. 9 Abs. 1 und 2 BGBB ). Den Boden im Sinne dieser Bestimmung selber bearbeiten bedeutet, die im Betrieb anfallenden Arbeiten auf dem Feld, im Stall, auf dem Hof (inkl. Administrativarbeiten) und im Zusammenhang mit der Vermarktung der Produkte zu einem wesentlichen Teil selber verrichten (ZBGR 87/2006 S. 273, 5A.20/2004 E. 3.2; BGE 115 II 181 BGE 138 III 548 S. 553 E. 2a S. 183 ff.). Die bearbeitete Fläche muss nicht notwendigerweise ein landwirtschaftliches Gewerbe sein (BRUNO BEELER, Bäuerliches Erbrecht gemäss dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht [BGBB] vom 4. Oktober 1991, 1998, S. 112 f.). Es kann auch ein für die landwirtschaftliche Nutzung geeignetes, landwirtschaftliches Grundstück im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BGBB sein (PAUL RICHLI, Landwirtschaftliches Gewerbe und Selbstbewirtschaftung - zwei zentrale Begriffe des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht, AJP 1993 S. 1067). Auch wer eine landwirtschaftliche Tätigkeit als Freizeitbeschäftigung ausübt, kann - entgegen der Ansicht der Vorinstanz - als Selbstbewirtschafter gelten (Urteil 2C_855/2008 vom 11. Dezember 2009 E. 2.1). 7.2.2 Wird ein landwirtschaftliches Gewerbe verpachtet, bleibt das Vorkaufsrecht der Nachkommen bestehen, auch wenn sie es insofern nicht selber bewirtschaften können, als sie den Boden nicht im Sinne von Art. 9 BGBB selber bearbeiten können. Sie müssen jedoch dafür geeignet erscheinen. Dies ergibt sich zwingend aus der Rangordnung, wonach das Vorkaufsrecht der Verwandten demjenigen des Pächters vorgeht ( Art. 47 Abs. 3 BGBB ). Andernfalls könnte dieses Privileg durch Verpachtung des landwirtschaftlichen Gewerbes oder landwirtschaftlicher Grundstücke ausgehebelt werden. Umgekehrt wird die Rechtsposition des Pächters dadurch geschützt, dass bei Veräusserung des Pachtgegenstandes der Erwerber in den Pachtvertrag eintritt ( Art. 14 LPG "Kauf bricht Pacht nicht"; BGE 124 III 37 E. 2 S. 39). Gleiches muss umso mehr gelten, wenn nur ein Teil des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens verpachtet ist, der Erwerber den nicht verpachteten Teil selbst bewirtschaftet und er dazu geeignet ist. Auch in einem solchen Fall muss der Nachkomme gestützt auf Art. 44 BGBB das Vorkaufsrecht am landwirtschaftlichen Gewerbe zum Ertragswert geltend machen können. 7.2.3 Vorliegend steht fest, dass auf dem vom verstorbenen EL-Bezüger mit Kaufvertrag vom 31. Oktober 2007 u.a. veräusserten Grundstück Y., umfassend eine Fläche von 19'383 m² (= 1,9383 ha), zwei Pachtverträge lasteten, wobei gemäss Angaben der Beschwerdeführerinnen das seit (...) verpachtete Land 1,8 ha misst. Unter der Annahme, dass das Kaufobjekt ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 Abs. 1 BGBB oder ein vom Kanton gestützt auf Art. 5 lit. a BGBB den diesbezüglichen Gesetzesbestimmungen unterstellter landwirtschaftlicher Betrieb nach § 22 Abs. 2 des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes war, hatte der Käufer Anspruch auf BGE 138 III 548 S. 554 Übernahme zum Ertragswert und damit zu einem tieferen Wert als der Verkehrswert nach Art. 17 Abs. 5 Satz 2 ELV. Ist dagegen von einem landwirtschaftlichen Gewerbe auszugehen, auf das nach Art. 8 BGBB die Bestimmungen über die einzelnen landwirtschaftlichen Grundstücke anzuwenden sind (HOFER, a.a.O., N. 2 f. zu Art. 8 BGBB ; Urteil 2C_ 200/2009 vom 14. September 2009 E. 2.1), hatte der Sohn des verstorbenen EL-Bezügers und Erwerber kein gesetzliches Vorkaufsrecht. Ein solches setzte voraus, dass er Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist oder wirtschaftlich über ein solches verfügt und das Grundstück im ortsüblichen Bewirtschaftungsbereich dieses Gewerbes liegt ( Art. 42 Abs. 2 BGBB ), was nach Lage der Akten nicht zutrifft. Damit hatte er aber auch keinen Anspruch auf Übernahme zum (doppelten) Ertragswert und damit allenfalls zu einem tieferen Wert als der Verkehrswert nach Art. 17 Abs. 5 Satz 2 ELV. Es liegt bzw. läge insoweit eine (gemischte) Schenkung vor, woran der vereinbarte Gewinnanspruch nach Art. 41 Abs. 1 BGBB nichts ändert (FELIX SCHÖBI, Bäuerliches Bodenrecht. Eine Annäherung in drei Aufsätzen, 1994, S. 70). Der noch unter dem alten Recht ergangene BGE 120 V 10, auf den sich die Beschwerdeführerinnen in diesem Zusammenhang berufen, ist überholt. 7.3 Nach dem Gesagten kann nicht abschliessend beurteilt werden, ob im Zusammenhang mit der Veräusserung des gesamten landwirtschaftlichen Grundeigentums des verstorbenen EL-Bezügers (Ziff. 13 des Kaufvertrages vom 31. Oktober 2007) ein Vermögensverzichtstatbestand im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG und Art. 17 Abs. 5 ELV gegeben ist. Die Ausgleichskasse wird die notwendigen Abklärungen (vorab Qualifizierung des Kaufgegenstandes, allenfalls - in einem zweiten Schritt - des zuweisungsberechtigten Erben) vorzunehmen haben und danach die Ergänzungsleistung neu festsetzen (...).
Urteilskopf
80. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Erbengemeinschaft des W. gegen Ausgleichskasse Schwyz (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_928/2011 vom 9. Juli 2012
Regeste Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG und Art. 17 Abs. 5 ELV ; Art. 4 ff. des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB); Verzichtsvermögen. Ob der Verkauf einer Liegenschaft (bestehend u.a. aus Wiesland mit Wohnhaus und einem Kleingebäude, Acker, Wiese, Weide, Hoch- und Flachmoor einschliesslich weiterer verpachteter Parzellen mit Acker-, Wies- und Weidland) an ein erbberechtigtes Kind zum Ertragswert einen Vermögensverzicht darstellt, hängt in erster Linie davon ab, ob es sich dabei um ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne des bäuerlichen Bodenrechts handelt (E. 7).
Regeste
Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG und Art. 17 Abs. 5 ELV ; Art. 4 ff. des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB); Verzichtsvermögen. Ob der Verkauf einer Liegenschaft (bestehend u.a. aus Wiesland mit Wohnhaus und einem Kleingebäude, Acker, Wiese, Weide, Hoch- und Flachmoor einschliesslich weiterer verpachteter Parzellen mit Acker-, Wies- und Weidland) an ein erbberechtigtes Kind zum Ertragswert einen Vermögensverzicht darstellt, hängt in erster Linie davon ab, ob es sich dabei um ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne des bäuerlichen Bodenrechts handelt (E. 7).
Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG Art. 17 Abs. 5 ELV Ob der Verkauf einer Liegenschaft (bestehend u.a. aus Wiesland mit Wohnhaus und einem Kleingebäude, Acker, Wiese, Weide, Hoch- und Flachmoor einschliesslich weiterer verpachteter Parzellen mit Acker-, Wies- und Weidland) an ein erbberechtigtes Kind zum Ertragswert einen Vermögensverzicht darstellt, hängt in erster Linie davon ab, ob es sich dabei um ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne des bäuerlichen Bodenrechts handelt (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 549
Sachverhalt ab Seite 549 BGE 138 III 548 S. 549
BGE 138 III 548 S. 549
A. W. bezog ab 1. August 2007, seine Ehefrau S. ab 1. Februar 2008, Ergänzungsleistungen (EL) zur Altersrente der AHV. Mit Verfügung vom 1. Januar 2011 setzte die Ausgleichskasse Schwyz (nachfolgend: Ausgleichskasse) die Ergänzungsleistungen für 2011 auf monatlich Fr. 2'922.- und Fr. 3'121.- fest. Bei der Berechnung des Anspruchs berücksichtigte sie einnahmenseitig u.a. jeweils Fr. 66'663.- "Übriges Vermögen Schenkung". Mit Eingaben vom 13. und 19. Januar 2011 erhob G., der jüngere Sohn der beiden EL-Bezüger, Einsprache und beantragte, die 2007 von seinem Vater erworbene Liegenschaft sei zum Ertragswert (Fr. 216'217.-) und nicht zum Vermögenswert (Fr. 320'507.-) anzurechnen. Im Februar 2011 verstarb W. Mit Verfügung vom 8. März 2011 setzte die Ausgleichskasse die Ergänzungsleistung für S. ab 1. März 2011 neu auf monatlich Fr. 2'894.- fest, dies unter Anrechnung von Fr. 133'326.- "ÜbrigesVermögen Schenkung". Mit Einspracheentscheid vom 14. Juli 2011 bestätigte sie gegenüber der Erbengemeinschaft W. sel. die Verfügung vom 1. Januar 2011.
A. B. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde der Erbengemeinschaft des W. sel. und von S. hob das Verwaltungsgericht des Kantons BGE 138 III 548 S. 550 Schwyz die Verfügung vom 8. März 2011 auf und wies die Sache an die Ausgleichskasse zurück, damit sie nach Vornahme ergänzender Abklärungen im Sinne der Erwägungen über den EL-Anspruch der Ehefrau des Verstorbenen ab dem 1. März 2011 neu verfüge. Im Übrigen wies es das Rechtsmittel ab (Entscheid vom 27. Oktober 2011).
B. BGE 138 III 548 S. 550
C. Die Erbengemeinschaft des W. sel. und S. führen gemeinsam Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, Gerichtsentscheid und Einspracheentscheid seien dahingehend abzuändern, dass überhaupt kein Verzichtsvermögen angerechnet werden dürfe und die Sache sei zur entsprechenden Neufestsetzung der Ergänzungsleistungen für den Verstorbenen und seine Ehefrau, eventualiter zu ergänzenden Abklärungen an die Ausgleichskasse zurückzuweisen.
C. Das kantonale Gericht und die Ausgleichskasse verzichten auf eine Stellungnahme. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat sich nicht vernehmen lassen.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
7. Die Vorinstanz ist ohne Weiterungen davon ausgegangen, bei dem vom verstorbenen EL-Bezüger mit Kaufvertrag vom 31. Oktober 2007 entäusserten Grundstück Y., bestehend u.a. aus Wiesland mit Wohnhaus und einem Kleingebäude, Acker, Wiese, Weide, Hoch- und Flachmoor einschliesslich weiterer Parzellen mit Acker-, Wies- und Weidland, handle es sich um ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11).
7. 7.1
7.1 7.1.1 Nach Art. 4 BGBB gelten für Grundstücke, die für sich allein oder zusammen mit andern Grundstücken ein landwirtschaftliches Gewerbe bilden, die besonderen Bestimmungen dieses Gesetzes über die landwirtschaftlichen Gewerbe (Abs. 1). Die Bestimmungen über landwirtschaftliche Gewerbe gelten nicht für landwirtschaftliche Grundstücke, die: a. zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gemäss Artikel 8 gehören; b. (...; Abs. 3). Laut Art. 8 BGBB finden die Bestimmungen über die einzelnen landwirtschaftlichen Grundstücke auf ein landwirtschaftliches Gewerbe Anwendung, wenn es: a. seit mehr als sechs Jahren rechtmässig ganz oder weitgehend BGE 138 III 548 S. 551 parzellenweise verpachtet ist und diese Verpachtung im Sinne von Artikel 31 Absatz 2 Buchstaben e und f des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1985 über die landwirtschaftliche Pacht (LPG; SR 221.213.2) weder vorübergehenden Charakter hat noch aus persönlichen Gründen erfolgt ist; b. unabhängig von seiner Grösse wegen einer ungünstigen Betriebsstruktur nicht mehr erhaltungswürdig ist. Ein Grundstück gilt als landwirtschaftlich, das für die landwirtschaftliche oder gartenbauliche Nutzung geeignet ist ( Art. 6 Abs. 1 BGBB ).
7.1.1 Art. 4 BGBB Art. 8 BGBB BGE 138 III 548 S. 551
Art. 6 Abs. 1 BGBB 7.1.2 Gemäss Art. 7 BGBB gilt als landwirtschaftliches Gewerbe eine Gesamtheit von landwirtschaftlichen Grundstücken, Bauten und Anlagen, die als Grundlage der landwirtschaftlichen Produktion dient und zu deren Bewirtschaftung, wenn sie landesüblich ist, mindestens eine Standardarbeitskraft nötig ist. Der Bundesrat legt die Faktoren und die Werte für die Berechnung einer Standardarbeitskraft in Abstimmung mit dem Landwirtschaftsrecht fest (Abs. 1; vgl. Art. 2a der Verordnung vom 4. Oktober 1993 über das bäuerliche Bodenrecht [VBB; SR 211.412.110] ). Bei der Beurteilung, ob ein landwirtschaftliches Gewerbe vorliegt, sind diejenigen Grundstücke zu berücksichtigen, die diesem Gesetz unterstellt sind (Art. 2 [Allgemeiner Geltungsbereich]; Abs. 3). Die Verpachtung einzelner Parzellen eines landwirtschaftlichen Gewerbes für sich allein betrachtet ändert nichts an dieser Eigenschaft (EDUARD HOFER, in: Das bäuerliche Bodenrecht, Kommentar zum Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht vom 4. Oktober 1991, 2. Aufl. 2011, N. 37f zu Art. 7 BGBB ; vgl. BGE 111 II 487 E. 3a S. 492).
7.1.2 Art. 7 BGBB Art. 2a der Verordnung vom 4. Oktober 1993 über das bäuerliche Bodenrecht [VBB; SR 211.412.110] Art. 7 BGBB Die Kantone können landwirtschaftliche Betriebe, welche die Voraussetzungen nach Artikel 7 hinsichtlich der Standardarbeitskräfte nicht erfüllen, den Bestimmungen über die landwirtschaftlichen Gewerbe unterstellen; die minimale Betriebsgrösse ist dabei in einem Bruchteil einer Standardarbeitskraft festzulegen und darf 0,75 Standardarbeitskräfte nicht unterschreiten ( Art. 5 lit. a BGBB ). Nach § 22 Abs. 2 des schwyzerischen Gesetzes vom 26. November 2003 über die Landwirtschaft (SRSZ 312.100) sind landwirtschaftliche Betriebe im Berggebiet gemäss Art. 1 Abs. 3 der Verordnung vom 7. Dezember 1998 über den landwirtschaftlichen Produktionskataster und die Ausscheidung von Zonen (Landwirtschaftliche Zonen-Verordnung; SR 912.1) den Bestimmungen über die landwirtschaftlichen Gewerbe unterstellt, sofern für ihre Bewirtschaftung mindestens 0,75 Standardarbeitskräfte (SAK) nötig sind ( Art. 5 lit. a BGBB ). Das Berggebiet im Sinne von Art. 1 Abs. 3 der Landwirtschaftliche Zonen-Verordnung umfasst die Bergzonen I-IV. BGE 138 III 548 S. 552
Art. 5 lit. a BGBB Art. 5 lit. a BGBB BGE 138 III 548 S. 552
7.2 Vorliegend fragt sich, ob es sich beim Gegenstand des Kaufvertrages vom 31. Oktober 2007 (Grundstück Y. und sechs weitere Parzellen mit Acker-, Wies- und Weidland) überhaupt um ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 Abs. 1 BGBB oder um einen vom Kanton gestützt auf Art. 5 lit. a BGBB den diesbezüglichen Gesetzesbestimmungen unterstellten landwirtschaftlichen Betrieb nach § 22 Abs. 2 des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes handelt, oder ob ein unter Art. 8 BGBB fallender Sachverhalt gegeben ist. Davon hängt entscheidend ab, ob im Zusammenhang mit der Veräusserung des gesamten landwirtschaftlichen Grundeigentums des verstorbenen EL-Bezügers (Ziff. 13 des Kaufvertrages vom 31. Oktober 2007) ein Vermögensverzichtstatbestand im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG (SR 831.30) und Art. 17 Abs. 5 ELV (SR 831.301) gegeben ist:
7.2 Art. 7 Abs. 1 BGBB Art. 5 lit. a BGBB Art. 8 BGBB Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG Art. 17 Abs. 5 ELV 7.2.1 Nach Art. 42 BGBB haben, wenn ein landwirtschaftliches Gewerbe veräussert wird, die nachgenannten Verwandten des Veräusserers ein Vorkaufsrecht in folgender Rangordnung, wenn sie es selber bewirtschaften wollen und dafür geeignet erscheinen: 1. jeder Nachkomme; 2. (...; Abs. 1). Wird ein landwirtschaftliches Grundstück veräussert, so hat jeder Nachkomme des Veräusserers ein Vorkaufsrecht daran, wenn er Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist oder wirtschaftlich über ein solches verfügt und das Grundstück im ortsüblichen Bewirtschaftungsbereich dieses Gewerbes liegt (Abs. 2). Gemäss Art. 44 BGBB können die Berechtigten das Vorkaufsrecht an einem landwirtschaftlichen Gewerbe zum Ertragswert und an einem landwirtschaftlichen Grundstück zum doppelten Ertragswert geltend machen. Ebenfalls hat der Pächter unter bestimmten Bedingungen ein Vorkaufsrecht, wenn ein landwirtschaftliches Gewerbe oder ein landwirtschaftliches Grundstück veräussert wird. Das Vorkaufsrecht der Verwandten geht indessen vor ( Art. 47 BGBB ).
7.2.1 Art. 42 BGBB Art. 44 BGBB Art. 47 BGBB Selbstbewirtschafter ist, wer den Boden selber bearbeitet und, wenn es sich um ein landwirtschaftliches Gewerbe handelt, dieses zudem persönlich leitet. Für die Selbstbewirtschaftung geeignet ist, wer die Fähigkeiten besitzt, die nach landesüblicher Vorstellung notwendig sind, um den landwirtschaftlichen Boden selber zu bearbeiten und ein landwirtschaftliches Gewerbe zu leiten ( Art. 9 Abs. 1 und 2 BGBB ). Den Boden im Sinne dieser Bestimmung selber bearbeiten bedeutet, die im Betrieb anfallenden Arbeiten auf dem Feld, im Stall, auf dem Hof (inkl. Administrativarbeiten) und im Zusammenhang mit der Vermarktung der Produkte zu einem wesentlichen Teil selber verrichten (ZBGR 87/2006 S. 273, 5A.20/2004 E. 3.2; BGE 115 II 181 BGE 138 III 548 S. 553 E. 2a S. 183 ff.). Die bearbeitete Fläche muss nicht notwendigerweise ein landwirtschaftliches Gewerbe sein (BRUNO BEELER, Bäuerliches Erbrecht gemäss dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht [BGBB] vom 4. Oktober 1991, 1998, S. 112 f.). Es kann auch ein für die landwirtschaftliche Nutzung geeignetes, landwirtschaftliches Grundstück im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BGBB sein (PAUL RICHLI, Landwirtschaftliches Gewerbe und Selbstbewirtschaftung - zwei zentrale Begriffe des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht, AJP 1993 S. 1067). Auch wer eine landwirtschaftliche Tätigkeit als Freizeitbeschäftigung ausübt, kann - entgegen der Ansicht der Vorinstanz - als Selbstbewirtschafter gelten (Urteil 2C_855/2008 vom 11. Dezember 2009 E. 2.1).
Art. 9 Abs. 1 und 2 BGBB BGE 138 III 548 S. 553
Art. 6 Abs. 1 BGBB 7.2.2 Wird ein landwirtschaftliches Gewerbe verpachtet, bleibt das Vorkaufsrecht der Nachkommen bestehen, auch wenn sie es insofern nicht selber bewirtschaften können, als sie den Boden nicht im Sinne von Art. 9 BGBB selber bearbeiten können. Sie müssen jedoch dafür geeignet erscheinen. Dies ergibt sich zwingend aus der Rangordnung, wonach das Vorkaufsrecht der Verwandten demjenigen des Pächters vorgeht ( Art. 47 Abs. 3 BGBB ). Andernfalls könnte dieses Privileg durch Verpachtung des landwirtschaftlichen Gewerbes oder landwirtschaftlicher Grundstücke ausgehebelt werden. Umgekehrt wird die Rechtsposition des Pächters dadurch geschützt, dass bei Veräusserung des Pachtgegenstandes der Erwerber in den Pachtvertrag eintritt ( Art. 14 LPG "Kauf bricht Pacht nicht"; BGE 124 III 37 E. 2 S. 39). Gleiches muss umso mehr gelten, wenn nur ein Teil des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens verpachtet ist, der Erwerber den nicht verpachteten Teil selbst bewirtschaftet und er dazu geeignet ist. Auch in einem solchen Fall muss der Nachkomme gestützt auf Art. 44 BGBB das Vorkaufsrecht am landwirtschaftlichen Gewerbe zum Ertragswert geltend machen können.
7.2.2 Art. 9 BGBB Art. 47 Abs. 3 BGBB Art. 14 LPG Art. 44 BGBB 7.2.3 Vorliegend steht fest, dass auf dem vom verstorbenen EL-Bezüger mit Kaufvertrag vom 31. Oktober 2007 u.a. veräusserten Grundstück Y., umfassend eine Fläche von 19'383 m² (= 1,9383 ha), zwei Pachtverträge lasteten, wobei gemäss Angaben der Beschwerdeführerinnen das seit (...) verpachtete Land 1,8 ha misst. Unter der Annahme, dass das Kaufobjekt ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 Abs. 1 BGBB oder ein vom Kanton gestützt auf Art. 5 lit. a BGBB den diesbezüglichen Gesetzesbestimmungen unterstellter landwirtschaftlicher Betrieb nach § 22 Abs. 2 des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes war, hatte der Käufer Anspruch auf BGE 138 III 548 S. 554 Übernahme zum Ertragswert und damit zu einem tieferen Wert als der Verkehrswert nach Art. 17 Abs. 5 Satz 2 ELV. Ist dagegen von einem landwirtschaftlichen Gewerbe auszugehen, auf das nach Art. 8 BGBB die Bestimmungen über die einzelnen landwirtschaftlichen Grundstücke anzuwenden sind (HOFER, a.a.O., N. 2 f. zu Art. 8 BGBB ; Urteil 2C_ 200/2009 vom 14. September 2009 E. 2.1), hatte der Sohn des verstorbenen EL-Bezügers und Erwerber kein gesetzliches Vorkaufsrecht. Ein solches setzte voraus, dass er Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist oder wirtschaftlich über ein solches verfügt und das Grundstück im ortsüblichen Bewirtschaftungsbereich dieses Gewerbes liegt ( Art. 42 Abs. 2 BGBB ), was nach Lage der Akten nicht zutrifft. Damit hatte er aber auch keinen Anspruch auf Übernahme zum (doppelten) Ertragswert und damit allenfalls zu einem tieferen Wert als der Verkehrswert nach Art. 17 Abs. 5 Satz 2 ELV. Es liegt bzw. läge insoweit eine (gemischte) Schenkung vor, woran der vereinbarte Gewinnanspruch nach Art. 41 Abs. 1 BGBB nichts ändert (FELIX SCHÖBI, Bäuerliches Bodenrecht. Eine Annäherung in drei Aufsätzen, 1994, S. 70). Der noch unter dem alten Recht ergangene BGE 120 V 10, auf den sich die Beschwerdeführerinnen in diesem Zusammenhang berufen, ist überholt.
7.2.3 Art. 7 Abs. 1 BGBB Art. 5 lit. a BGBB BGE 138 III 548 S. 554
Art. 17 Abs. 5 Satz 2 ELV Art. 8 BGBB Art. 8 BGBB Art. 42 Abs. 2 BGBB Art. 17 Abs. 5 Satz 2 ELV Art. 41 Abs. 1 BGBB 7.3 Nach dem Gesagten kann nicht abschliessend beurteilt werden, ob im Zusammenhang mit der Veräusserung des gesamten landwirtschaftlichen Grundeigentums des verstorbenen EL-Bezügers (Ziff. 13 des Kaufvertrages vom 31. Oktober 2007) ein Vermögensverzichtstatbestand im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG und Art. 17 Abs. 5 ELV gegeben ist. Die Ausgleichskasse wird die notwendigen Abklärungen (vorab Qualifizierung des Kaufgegenstandes, allenfalls - in einem zweiten Schritt - des zuweisungsberechtigten Erben) vorzunehmen haben und danach die Ergänzungsleistung neu festsetzen (...).
7.3 Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG Art. 17 Abs. 5 ELV
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Urteilskopf 138 III 555 81. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA contre A., B. et Z. SA (recours en matière civile) 4A_152/2012 du 3 août 2012 Regeste a Gesuch um vorsorgliche Beweisführung ( Art. 158 ZPO ); Zwischenentscheid über die Zuständigkeit zur Anordnung einer solchen Massnahme. Der Beschwerdeweg folgt bei einer solchen Entscheidung demjenigen der Hauptsache. Es können einzig die in Art. 98 BGG vorgesehenen Rügen, d.h. die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, erhoben werden (E. 1). Regeste b Gerichtsstand für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen ( Art. 13 ZPO ). Diese Bestimmung sieht nach ihrem klaren Wortlaut zwei alternative Gerichtsstände vor: den einen am Gerichtsstand der Hauptsache und den anderen am Ort der Vollstreckung der beantragten Massnahme. Es ist nicht willkürlich, daraus zu schliessen, dass der Gerichtsstand des Vollstreckungsorts nicht auf Fälle der Dringlichkeit beschränkt ist. Aus den Materialien geht hervor, dass der Gesetzgeber auf die Einführung einer solchen Einschränkung bei Art. 33 GestG, dem Art. 13 ZPO entspricht, verzichtet hatte (E. 2). Sachverhalt ab Seite 556 BGE 138 III 555 S. 556 A. Des maîtres d'oeuvre ont confié à un entrepreneur des travaux de charpente et de menuiserie sur le chalet qu'ils construisaient dans le district d'Aigle (canton de Vaud). Le contrat contenait une clause de prorogation de for à Lausanne. Après la réception de l'ouvrage, les maîtres ont constaté un problème d'écartement des joints sous la toiture. Ils ont adressé un avis de défaut à l'entrepreneur. B. Le 29 juillet 2011, les maîtres ont déposé une requête de preuve à futur devant le Juge de paix du district d'Aigle. Le juge a déclaré la requête irrecevable au motif qu'il était incompétent ratione loci. Par arrêt du 23 janvier 2012, le Juge délégué de la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal vaudois a admis l'appel formé par les maîtres et reconnu la compétence du juge de paix saisi. L'autorité d'appel a considéré qu'au regard de l' art. 13 CPC (RS 272), le tribunal du lieu d'exécution des mesures provisionnelles est compétent nonobstant une élection de for concernant l'action principale. La valeur litigieuse a été jugée supérieure à 30'000 fr. C. L'entrepreneur (ci-après: la recourante) a interjeté un recours en matière civile au Tribunal fédéral, en concluant principalement à ce que la requête de preuve à futur soit déclarée irrecevable. Par arrêt du 3 août 2012, le Tribunal fédéral a rejeté le recours dans la mesure où il était recevable. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 1. L'arrêt attaqué est une décision incidente sur la compétence, susceptible d'un recours immédiat ( art. 92 LTF ). La voie de recours est la même que pour la cause au fond ( ATF 133 III 645 consid. 2.2 p. 648); il n'y a pas de motif de mettre en doute la valeur litigieuse estimée par l'autorité précédente (cf. art. 112 al. 1 let. d LTF; ATF 136 III 60 consid. 1.1.1 p. 62 i.f.), si bien que la voie du recours en matière civile est ouverte (cf. art. 74 al. 1 let. b LTF ). Toutefois, les décisions portant sur l'administration de preuves à futur sont des mesures provisionnelles au sens de la LTF ( ATF 138 III 46 consid. 1.1; cf. art. 158 BGE 138 III 555 S. 557 al. 2 CPC ); seule la violation de droits constitutionnels peut être invoquée, y compris lorsque le recours vise une décision sur la compétence de prendre de telles mesures ( art. 98 LTF ; cf. arrêt 4A_146/2010 du 2 juin 2010 consid. 2, in sic! 6/2011 p. 390). 2. La recourante se plaint d'une violation de l'interdiction constitutionnelle de l'arbitraire lors de l'application de l' art. 13 CPC. A teneur de cette disposition, est impérativement compétent pour ordonner des mesures provisionnelles le tribunal compétent pour statuer sur l'action principale (let. a) ou le tribunal du lieu où la mesure doit être exécutée (let. b). 2.1 De l'avis de la recourante, l'alternative prévue à l' art. 13 let. b CPC ne serait offerte qu'en cas d'urgence. Cette disposition serait reprise de l' art. 33 LFors (ancienne loi fédérale du 24 mars 2000 sur les fors en matière civile; RO 2000 2087), qui aurait déjà imposé une telle limitation. La recourante se fonde en outre sur un arrêt rendu en 1999 dans une cause à caractère international, où la cour de céans avait souligné qu'une prorogation de for ne doit pas être vidée de sa portée et qu'en conséquence, la partie ayant souscrit une telle clause ne peut pas choisir de requérir des mesures provisionnelles au for de l'exécution, sauf quand le tribunal du lieu en question est le seul à pouvoir prendre à temps les mesures nécessaires ( ATF 125 III 451 consid. 3a p. 454). 2.2 Le texte de l' art. 13 CPC ne prévoit aucune limitation en ce sens que le for du lieu d'exécution ne serait ouvert qu'en cas d'urgence (cf. art. 13 let. b CPC ). A s'en tenir au texte non équivoque de la loi, ce for est alternatif avec celui de l'action principale. Cela suffit en soi pour exclure tout arbitraire de la part de l'autorité cantonale, qui n'a pas subordonné à des restrictions le choix du for du lieu d'exécution. L' art. 13 CPC correspond certes à l' art. 33 LFors (Message du 28 juin 2006 relatif au code de procédure civile suisse, FF 2006 6879 ch. 5.2.2 ad art. 12). Le projet pour cette dernière disposition (art. 34 du projet) prévoyait qu'avant la litispendance, était compétent pour ordonner des mesures provisionnelles "un tribunal du lieu dans lequel est donnée la compétence pour connaître de la demande principale et en plus, en cas d'urgence, un tribunal du lieu dans lequel la mesure devra être exécutée" (Message du 18 novembre 1998 concernant la loi fédérale sur les fors en matière civile, FF 1999 2647 ad art. 34). Mais le texte du projet a été modifié devant le Conseil des États; la limitation au cas d'urgence pour le for du lieu d'exécution a été supprimée. Lors des débats, la rapporteuse Christiane Brunner a fait la déclaration suivante: "Nous avons donc introduit un for alternatif, et non plus BGE 138 III 555 S. 558 subsidiaire, au tribunal du lieu dans lequel la mesure doit être exécutée" (BO 1999 CE 895). On ne saurait dès lors soutenir que sous le régime de l' art. 33 LFors, le for au lieu d'exécution ne s'appliquait manifestement qu'en cas d'urgence (cf. KELLERHALS/GÜNGERICH, in Gerichtsstandsgesetz, 2001, n° 13 ad art. 33 LFors ; MARCEL DIETRICH, Vorsorgliche Massnahmen nach Gerichtsstandsgesetz, in Das Gerichtsstandsgesetz, 2001, p. 137 s.). Enfin, le for du lieu d'exécution de la mesure est impératif ( art. 13 CPC ), si bien que les parties ne peuvent pas y déroger ( art. 9 al. 2 CPC ); il en allait de même sous le régime de l'ancien droit ( art. 2 et 33 LFors, RO 2000 2080 et 2087). L'arrêt de 1999 cité par la recourante a été rendu avant l'entrée en vigueur de la LFors, et dans une cause à caractère international; il n'est pas pertinent en l'espèce. Il s'ensuit que le grief d'application arbitraire de l' art. 13 CPC est infondé.
Urteilskopf
81. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA contre A., B. et Z. SA (recours en matière civile)
4A_152/2012 du 3 août 2012
Regeste a Gesuch um vorsorgliche Beweisführung ( Art. 158 ZPO ); Zwischenentscheid über die Zuständigkeit zur Anordnung einer solchen Massnahme. Der Beschwerdeweg folgt bei einer solchen Entscheidung demjenigen der Hauptsache. Es können einzig die in Art. 98 BGG vorgesehenen Rügen, d.h. die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, erhoben werden (E. 1).
Regeste a
Gesuch um vorsorgliche Beweisführung ( Art. 158 ZPO ); Zwischenentscheid über die Zuständigkeit zur Anordnung einer solchen Massnahme. Der Beschwerdeweg folgt bei einer solchen Entscheidung demjenigen der Hauptsache. Es können einzig die in Art. 98 BGG vorgesehenen Rügen, d.h. die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, erhoben werden (E. 1).
Art. 158 ZPO Der Beschwerdeweg folgt bei einer solchen Entscheidung demjenigen der Hauptsache. Es können einzig die in Art. 98 BGG vorgesehenen Rügen, d.h. die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, erhoben werden (E. 1).
Art. 98 BGG Regeste b Gerichtsstand für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen ( Art. 13 ZPO ). Diese Bestimmung sieht nach ihrem klaren Wortlaut zwei alternative Gerichtsstände vor: den einen am Gerichtsstand der Hauptsache und den anderen am Ort der Vollstreckung der beantragten Massnahme. Es ist nicht willkürlich, daraus zu schliessen, dass der Gerichtsstand des Vollstreckungsorts nicht auf Fälle der Dringlichkeit beschränkt ist. Aus den Materialien geht hervor, dass der Gesetzgeber auf die Einführung einer solchen Einschränkung bei Art. 33 GestG, dem Art. 13 ZPO entspricht, verzichtet hatte (E. 2).
Regeste b
Gerichtsstand für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen ( Art. 13 ZPO ). Diese Bestimmung sieht nach ihrem klaren Wortlaut zwei alternative Gerichtsstände vor: den einen am Gerichtsstand der Hauptsache und den anderen am Ort der Vollstreckung der beantragten Massnahme. Es ist nicht willkürlich, daraus zu schliessen, dass der Gerichtsstand des Vollstreckungsorts nicht auf Fälle der Dringlichkeit beschränkt ist. Aus den Materialien geht hervor, dass der Gesetzgeber auf die Einführung einer solchen Einschränkung bei Art. 33 GestG, dem Art. 13 ZPO entspricht, verzichtet hatte (E. 2).
Art. 13 ZPO Diese Bestimmung sieht nach ihrem klaren Wortlaut zwei alternative Gerichtsstände vor: den einen am Gerichtsstand der Hauptsache und den anderen am Ort der Vollstreckung der beantragten Massnahme. Es ist nicht willkürlich, daraus zu schliessen, dass der Gerichtsstand des Vollstreckungsorts nicht auf Fälle der Dringlichkeit beschränkt ist. Aus den Materialien geht hervor, dass der Gesetzgeber auf die Einführung einer solchen Einschränkung bei Art. 33 GestG, dem Art. 13 ZPO entspricht, verzichtet hatte (E. 2).
Art. 33 GestG Art. 13 ZPO Sachverhalt ab Seite 556
Sachverhalt ab Seite 556 BGE 138 III 555 S. 556
BGE 138 III 555 S. 556
A. Des maîtres d'oeuvre ont confié à un entrepreneur des travaux de charpente et de menuiserie sur le chalet qu'ils construisaient dans le district d'Aigle (canton de Vaud). Le contrat contenait une clause de prorogation de for à Lausanne. Après la réception de l'ouvrage, les maîtres ont constaté un problème d'écartement des joints sous la toiture. Ils ont adressé un avis de défaut à l'entrepreneur.
A. B. Le 29 juillet 2011, les maîtres ont déposé une requête de preuve à futur devant le Juge de paix du district d'Aigle. Le juge a déclaré la requête irrecevable au motif qu'il était incompétent ratione loci.
B. Par arrêt du 23 janvier 2012, le Juge délégué de la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal vaudois a admis l'appel formé par les maîtres et reconnu la compétence du juge de paix saisi. L'autorité d'appel a considéré qu'au regard de l' art. 13 CPC (RS 272), le tribunal du lieu d'exécution des mesures provisionnelles est compétent nonobstant une élection de for concernant l'action principale. La valeur litigieuse a été jugée supérieure à 30'000 fr. art. 13 CPC C. L'entrepreneur (ci-après: la recourante) a interjeté un recours en matière civile au Tribunal fédéral, en concluant principalement à ce que la requête de preuve à futur soit déclarée irrecevable.
C. Par arrêt du 3 août 2012, le Tribunal fédéral a rejeté le recours dans la mesure où il était recevable.
(résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
1. L'arrêt attaqué est une décision incidente sur la compétence, susceptible d'un recours immédiat ( art. 92 LTF ). La voie de recours est la même que pour la cause au fond ( ATF 133 III 645 consid. 2.2 p. 648); il n'y a pas de motif de mettre en doute la valeur litigieuse estimée par l'autorité précédente (cf. art. 112 al. 1 let. d LTF; ATF 136 III 60 consid. 1.1.1 p. 62 i.f.), si bien que la voie du recours en matière civile est ouverte (cf. art. 74 al. 1 let. b LTF ). Toutefois, les décisions portant sur l'administration de preuves à futur sont des mesures provisionnelles au sens de la LTF ( ATF 138 III 46 consid. 1.1; cf. art. 158 BGE 138 III 555 S. 557 al. 2 CPC ); seule la violation de droits constitutionnels peut être invoquée, y compris lorsque le recours vise une décision sur la compétence de prendre de telles mesures ( art. 98 LTF ; cf. arrêt 4A_146/2010 du 2 juin 2010 consid. 2, in sic! 6/2011 p. 390).
1. art. 92 LTF art. 112 al. 1 let art. 74 al. 1 let. b LTF art. 158 BGE 138 III 555 S. 557 al. 2 CPC BGE 138 III 555 S. 557
art. 98 LTF 2. La recourante se plaint d'une violation de l'interdiction constitutionnelle de l'arbitraire lors de l'application de l' art. 13 CPC. A teneur de cette disposition, est impérativement compétent pour ordonner des mesures provisionnelles le tribunal compétent pour statuer sur l'action principale (let. a) ou le tribunal du lieu où la mesure doit être exécutée (let. b).
2. art. 13 CPC 2.1 De l'avis de la recourante, l'alternative prévue à l' art. 13 let. b CPC ne serait offerte qu'en cas d'urgence. Cette disposition serait reprise de l' art. 33 LFors (ancienne loi fédérale du 24 mars 2000 sur les fors en matière civile; RO 2000 2087), qui aurait déjà imposé une telle limitation. La recourante se fonde en outre sur un arrêt rendu en 1999 dans une cause à caractère international, où la cour de céans avait souligné qu'une prorogation de for ne doit pas être vidée de sa portée et qu'en conséquence, la partie ayant souscrit une telle clause ne peut pas choisir de requérir des mesures provisionnelles au for de l'exécution, sauf quand le tribunal du lieu en question est le seul à pouvoir prendre à temps les mesures nécessaires ( ATF 125 III 451 consid. 3a p. 454).
2.1 art. 13 let. b CPC art. 33 LFors 2.2 Le texte de l' art. 13 CPC ne prévoit aucune limitation en ce sens que le for du lieu d'exécution ne serait ouvert qu'en cas d'urgence (cf. art. 13 let. b CPC ). A s'en tenir au texte non équivoque de la loi, ce for est alternatif avec celui de l'action principale. Cela suffit en soi pour exclure tout arbitraire de la part de l'autorité cantonale, qui n'a pas subordonné à des restrictions le choix du for du lieu d'exécution.
2.2 art. 13 CPC art. 13 let. b CPC L' art. 13 CPC correspond certes à l' art. 33 LFors (Message du 28 juin 2006 relatif au code de procédure civile suisse, FF 2006 6879 ch. 5.2.2 ad art. 12). Le projet pour cette dernière disposition (art. 34 du projet) prévoyait qu'avant la litispendance, était compétent pour ordonner des mesures provisionnelles "un tribunal du lieu dans lequel est donnée la compétence pour connaître de la demande principale et en plus, en cas d'urgence, un tribunal du lieu dans lequel la mesure devra être exécutée" (Message du 18 novembre 1998 concernant la loi fédérale sur les fors en matière civile, FF 1999 2647 ad art. 34). Mais le texte du projet a été modifié devant le Conseil des États; la limitation au cas d'urgence pour le for du lieu d'exécution a été supprimée. Lors des débats, la rapporteuse Christiane Brunner a fait la déclaration suivante: "Nous avons donc introduit un for alternatif, et non plus BGE 138 III 555 S. 558 subsidiaire, au tribunal du lieu dans lequel la mesure doit être exécutée" (BO 1999 CE 895). On ne saurait dès lors soutenir que sous le régime de l' art. 33 LFors, le for au lieu d'exécution ne s'appliquait manifestement qu'en cas d'urgence (cf. KELLERHALS/GÜNGERICH, in Gerichtsstandsgesetz, 2001, n° 13 ad art. 33 LFors ; MARCEL DIETRICH, Vorsorgliche Massnahmen nach Gerichtsstandsgesetz, in Das Gerichtsstandsgesetz, 2001, p. 137 s.). art. 13 CPC art. 33 LFors BGE 138 III 555 S. 558
art. 33 LFors art. 33 LFors Enfin, le for du lieu d'exécution de la mesure est impératif ( art. 13 CPC ), si bien que les parties ne peuvent pas y déroger ( art. 9 al. 2 CPC ); il en allait de même sous le régime de l'ancien droit ( art. 2 et 33 LFors, RO 2000 2080 et 2087). L'arrêt de 1999 cité par la recourante a été rendu avant l'entrée en vigueur de la LFors, et dans une cause à caractère international; il n'est pas pertinent en l'espèce. art. 13 CPC art. 9 al. 2 CPC art. 2 et 33 LFors Il s'ensuit que le grief d'application arbitraire de l' art. 13 CPC est infondé. art. 13 CPC
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Urteilskopf
82. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. Versicherung AG gegen A. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_184/2012 vom 18. September 2012
Regeste Art. 92 BGG, Art. 7, 197 und 198 lit. f ZPO ; Zwischenentscheid über die funktionelle Zuständigkeit; Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung; Schlichtungsverfahren. Bei Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung, für welche die Kantone eine einzige kantonale Instanz nach Art. 7 ZPO bezeichnet haben, ist kein vorgängiges Schlichtungsverfahren durchzuführen (E. 4).
Regeste
Art. 92 BGG, Art. 7, 197 und 198 lit. f ZPO ; Zwischenentscheid über die funktionelle Zuständigkeit; Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung; Schlichtungsverfahren. Bei Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung, für welche die Kantone eine einzige kantonale Instanz nach Art. 7 ZPO bezeichnet haben, ist kein vorgängiges Schlichtungsverfahren durchzuführen (E. 4).
Art. 92 BGG Art. 7, 197 und 198 lit. f ZPO Bei Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung, für welche die Kantone eine einzige kantonale Instanz nach Art. 7 ZPO bezeichnet haben, ist kein vorgängiges Schlichtungsverfahren durchzuführen (E. 4).
Art. 7 ZPO Erwägungen ab Seite 559
Erwägungen ab Seite 559 BGE 138 III 558 S. 559
BGE 138 III 558 S. 559
Aus den Erwägungen:
1.
1. 1.3 Gegen selbstständig eröffnete Zwischenentscheide über die Zuständigkeit ist gemäss Art. 92 Abs. 1 BGG die Beschwerde zulässig; diese können später nicht mehr angefochten werden ( Art. 92 Abs. 2 BGG ). Diese Bestimmung beruht auf Gründen der Verfahrensökonomie, da es sich um Fragen handelt, die unmittelbar entschieden werden müssen, ohne den Ausgang der Hauptsache abzuwarten. Anfechtbar sind Entscheide, welche sich auf die örtliche, sachliche oder auch auf die funktionelle Zuständigkeit beziehen ( BGE 133 IV 288 E. 2.1 S. 290). Die funktionelle Zuständigkeit betrifft die Aufteilung der Rechtspflegeinstanzen in ein und demselben Rechtsstreit auf verschiedene Organe; der Zuständigkeitsbegriff umfasst insofern alle bundesrechtlichen Verfahrensbestimmungen, welche die Zulässigkeit eines Rechtsweges oder die Zuständigkeit eines Rechtspflegeorgans zum Gegenstand haben ( BGE 123 III 67 E. 1a S. 68 f.).
1.3 Art. 92 Abs. 1 BGG Art. 92 Abs. 2 BGG Mit dem Entscheid, auf die Klage einzutreten, hat die Vorinstanz ihre funktionelle Zuständigkeit bejaht und damit endgültig entschieden, dass kein vorgängiges Schlichtungsverfahren vor einer Schlichtungsbehörde durchzuführen sei. Der angefochtene Entscheid stellt einen nach Art. 92 BGG anfechtbaren Zwischenentscheid dar.
Art. 92 BGG (...)
2. Die Vorinstanz erwog, dass bei Verfahren betreffend Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung - wozu auch Streitigkeiten aus Krankentaggeldversicherungen nach VVG (SR 221.229.1) gehören - vor der Klageeinleitung beim Sozialversicherungsgericht als einzige kantonale Instanz im Sinne von Art. 7 ZPO (SR 272) kein vorgängiges Schlichtungsverfahren durchzuführen sei. Sie begründete dies damit, dass bei Streitigkeiten nach VVG das bisherige (kantonale) Verfahren beibehalten werde, welches keine Schlichtung vorsehe und eine solche überdies auch bei direkter Anwendbarkeit der ZPO entfallen würde.
2. Art. 7 ZPO Die Beschwerdeführerin macht in verschiedener Hinsicht eine Bundesrechtsverletzung geltend und bringt vor, dass sich das Verfahren, auch wenn das kantonale Recht eine einzige Instanz im Sinne von Art. 7 ZPO vorsehe, ausschliesslich nach den Bestimmungen der ZPO richte. Art. 7 ZPO sei im Ausnahmekatalog von Art. 198 ZPO nicht erfasst, womit es dem tatsächlichen Willen des Gesetzgebers entspreche, eine vorgängige Schlichtung durchzuführen. BGE 138 III 558 S. 560
Art. 7 ZPO Art. 7 ZPO Art. 198 ZPO BGE 138 III 558 S. 560
3.
3. 3.1 Gemäss Art. 7 ZPO können die Kantone ein Gericht bezeichnen, welches als einzige kantonale Instanz für Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung nach dem Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) zuständig ist.
3.1 Art. 7 ZPO Vor Inkrafttreten der ZPO bestand keine bundesrechtliche Regelung der sachlichen Zuständigkeit für die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche aus Zusatzversicherungen. Die Kantone konnten gestützt auf ihre Organisationshoheit entweder die Zivil- oder die Versicherungsgerichte für die Beurteilung dieser Ansprüche für zuständig erklären. Die bundesrätliche Botschaft schlug im Zusammenhang mit einem hängigen parlamentarischen Vorstoss vor, den Kantonen diese Organisationsfreiheit auch weiterhin zu belassen, da ihnen gemäss Art. 4 ZPO die Regelung der sachlichen Zuständigkeit obliege (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7221 ff., insb. 7247 f. Ziff. 3.4.3).
Art. 4 ZPO Den Kantonen wurde folglich mit Art. 7 ZPO mit Bezug auf die Zuständigkeit der Gerichte erlaubt, ihr bisheriges System beizubehalten, und zwar unabhängig davon, ob sie die Streitigkeiten aus den Zusatzversicherungen den Zivilgerichten oder den kantonalen Versicherungsgerichten zugewiesen haben ( BGE 138 III 2 E. 1.2.2 S. 5 mit Hinweisen; vgl. auch HAAS/SCHLUMPF, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 3 zu Art. 7 ZPO ; THEODOR HÄRTSCH, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 2 zu Art. 7 ZPO ; DAVID RÜETSCHI, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 10 zu Art. 7 ZPO ; HANS-JAKOB MOSIMANN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner und andere [Hrsg.], Kommentar, 2011, N. 9 zu Art. 7 ZPO ). Es ist somit dem kantonalen Gesetzgeber überlassen, zu entscheiden, welche Gerichtsinstanz, allenfalls als einzige kantonale Instanz, diese Streitigkeiten beurteilen soll.
Art. 7 ZPO Art. 7 ZPO Art. 7 ZPO Art. 7 ZPO Art. 7 ZPO 3.2 Daran ändert jedoch nichts, dass der betreffende Anspruch aus der Zusatzversicherung - gleichgültig welche Gerichtsinstanz darüber entscheidet - ein zivilrechtlicher bleibt. Dies entspricht der konstanten bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung privatrechtlicher Natur sind ( BGE 133 III 439 E. 2.1 S. 442 mit Hinweisen). BGE 138 III 558 S. 561 Nach Art. 1 lit. a ZPO unterliegen streitige Zivilsachen dem Geltungsbereich der ZPO. Dies hat zur Folge, dass die ZPO für Streitigkeiten aus der Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung (auch vor den Versicherungsgerichten) die massgebliche Verfahrensordnung bildet (RÜETSCHI, a.a.O., N. 15 zu Art. 7 ZPO ; HÄRTSCH, a.a.O., N. 7 zu Art. 7 ZPO ; DOMINIK VOCK, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 3 zu Art. 7 ZPO ; gegenteilige Meinung vgl. UELI SPITZ, Eidgenössische ZPO und Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung, Jusletter vom 20. Dezember 2010 Rz. 14 ff.).
3.2 BGE 138 III 558 S. 561
Art. 1 lit. a ZPO Art. 7 ZPO Art. 7 ZPO Art. 7 ZPO Diese Ansicht wird mit Blick in die vertraulichen Dokumente der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates im Zusammenhang mit der Ausarbeitung von Art. 7 ZPO (vormals Art. 6a) bestätigt. Der Rechtskommission standen drei Modelle zur Verfügung, wie die ZPO angepasst werden könnte bzw. wie die Streitigkeiten aus sozialer Krankenversicherung und aus Zusatzversicherung verfahrensmässig zu koordinieren sind. Diese Modelle unterschieden sich insbesondere bezüglich der Zuständigkeit der Gerichte und der anwendbaren Verfahrensordnung. Das zweite Modell, welches in der Folge von der Rechtskommission des National- und Ständerates angenommen wurde, sah ausdrücklich vor, dass die Kantone zur Beurteilung von Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen eine einzige Instanz vorsehen können, die aber je nach Anspruch zwei verschiedene Verfahrensordnungen anwenden muss; Streitigkeiten aus der Grundversicherung bleiben dem ATSG (Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [SR 830.1]) unterstellt, jene aus der Zusatzversicherung werden nach der ZPO beurteilt. Es stellt sich daher die Frage, ob ein Schlichtungsversuch nach Art. 197 ZPO für Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung erforderlich ist, obwohl das entsprechende Verfahren dem sozialversicherungsrechtlichen Verfahren sehr ähnlich ist (vgl. Botschaft ZPO, BBl 2006 7221 ff., insb. 7248 Ziff. 3.4.3).
Art. 7 ZPO Art. 197 ZPO 4. Grundsätzlich geht jedem Entscheidverfahren ein Schlichtungsverfahren vor einer Schlichtungsbehörde voraus ( Art. 197 ZPO ). Die ZPO sieht jedoch in Art. 198 zahlreiche Ausnahmen vor, bei welchen ein Schlichtungsverfahren entfällt und demnach das Verfahren direkt beim zuständigen Gericht einzuleiten ist. So entfällt das Schlichtungsverfahren gemäss Art. 198 lit. f ZPO bei Streitigkeiten, für die nach Art. 5 und 6 ZPO eine einzige kantonale Instanz zuständig ist. Art. 7 ZPO, welcher neben Art. 5 und 6 ZPO ebenfalls eine BGE 138 III 558 S. 562 einzige kantonale Instanz vorsieht, wird im Ausnahmekatalog von Art. 198 ZPO jedoch nicht aufgeführt.
4. Art. 197 ZPO Art. 198 lit. f ZPO Art. 5 und 6 ZPO Art. 7 ZPO Art. 5 und 6 ZPO BGE 138 III 558 S. 562
Art. 198 ZPO 4.1 Nach der Rechtsprechung darf die Auslegung vom klaren Wortlaut eines Rechtssatzes nur dann abweichen, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass er nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche triftigen Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte, aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift und aus dem Zusammenhang mit anderen Gesetzesbestimmungen ergeben. Entscheidend ist danach nicht der vordergründig klare Wortlaut einer Norm, sondern der wahre Rechtssinn, welcher durch die anerkannten Regeln der Auslegung zu ermitteln ist ( BGE 131 II 217 E. 2.3 S. 221 f.; vgl. auch BGE 135 II 195 E. 6.2 S. 198 f.; je mit Hinweisen). Aus der Entstehungsgeschichte einer Norm können sich derart triftige Gründe namentlich dann ergeben, wenn sich erweist, dass der Gesetzgeber eine Rechtsfrage nicht behandelt, sondern übersehen hat (vgl. analog zur Lückenfüllung BGE 135 III 385 E. 2.1 S. 386).
4.1 4.2 In der Lehre sind die Meinungen geteilt, ob bei Streitigkeiten nach Art. 7 ZPO ein vorgängiges Schlichtungsverfahren durchzuführen ist. Ein Teil der Autoren vertritt meist ohne Begründung die Meinung, es folge e contrario aus Art. 198 lit. f ZPO, dass für Verfahren nach Art. 7 ZPO zwingend ein Schlichtungsverfahren durchzuführen sei, unabhängig davon, ob die Zivil- oder die Versicherungsgerichte für die Beurteilung der privatrechtlichen Streitsache sachlich zuständig seien (RÜETSCHI, a.a.O., N. 16 zu Art. 7 ZPO ; MARTIN FREY, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie[Hrsg.], 2010, N. 9 zu Art. 198 ZPO ; FRANÇOIS BOHNET, in: Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 23 zu Art. 198 ZPO ; FRANÇOIS CHAIX, La procédure ordinaire, in: Le Code de procédure civile, Aspects choisis, 2011, S. 68 Fn. 9). Andere Autoren erachten den Ausnahmekatalog von Art. 198 ZPO als abschliessend, ohne jedoch ausdrücklich auf die Problematik von Art. 7 ZPO einzugehen (GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, N. 1 zu Art. 198 ZPO ; DOMINIK INFANGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 1 zu Art. 198 ZPO ; GLOOR/UMBRICHT LUKAS, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 1 zu Art. 198 ZPO ). Demgegenüber vertritt UELI SPITZ mit eingehender Begründung die Meinung, es sei ein offensichtliches Versehen, dass Art. 7 in Art. 198 lit. f ZPO nicht an gleicher Stelle wie Art. 5 und 6 ZPO aufgeführt sei; ein BGE 138 III 558 S. 563 vorgängiges Schlichtungsverfahren habe auch bei Streitigkeiten nach Art. 7 ZPO zu entfallen (UELI SPITZ, a.a.O., Rz. 20).
4.2 Art. 7 ZPO Art. 198 lit. f ZPO Art. 7 ZPO Art. 7 ZPO Art. 198 ZPO Art. 198 ZPO Art. 198 ZPO Art. 7 ZPO Art. 198 ZPO Art. 198 ZPO Art. 198 ZPO Art. 198 lit. f ZPO Art. 5 und 6 ZPO BGE 138 III 558 S. 563
Art. 7 ZPO 4.3 Der Entwurf des Bundesrates zur ZPO sah in Art. 195 lit. f vor, dass Streitigkeiten, die das einzige kantonale Gericht im Sinne von Art. 5 E-ZPO zu beurteilen hat, vom Grundsatz einer vorgängigen Schlichtung ausgenommen seien, da das notwendige Fachwissen bei einer nichtspezialisierten Schlichtungsbehörde nicht vorausgesetzt werden könne. Demgegenüber sah der Entwurf jedoch ausdrücklich vor, dass bei handelsrechtlichen und prorogierten Streitigkeiten im Sinne von Art. 6 und 7 E-ZPO (heute Art. 6 und 8 ZPO ) ein Schlichtungsversuch vorauszugehen habe (Botschaft ZPO, BBl 2006 7221 ff., insb. 7329).
4.3 Art. 6 und 8 ZPO In der parlamentarischen Beratung des Ständerats vom 14. Juni 2007 wurde alsdann beantragt, auch die handelsrechtlichen Streitigkeiten nach Art. 6 E-ZPO von einem vorgängigen Schlichtungsverfahren auszunehmen, da auch diese - wie die Streitigkeiten nach Art. 5 E-ZPO - einerseits ein Spezialwissen erfordern und andererseits gegebenenfalls nur durch eine kantonale Instanz zu entscheiden seien (AB 2007 S 519). In der Folge wurde die Anpassung von Art. 197 lit. f (damals Art. 195 lit. f) auch vom Nationalrat beschlossen. Es wurde ausgeführt, dass eine unterschiedliche Behandlung von Art. 5 und 6 kaum gerechtfertigt sei. Bei diesen Streitigkeiten sei es sinnvoll, wenn direkt der urteilende Fachrichter und nicht zuerst noch ein Friedensrichter einen Vergleichsvorschlag im Rahmen eines Schlichtungsversuches unterbreite, da das notwendige Fachwissen von einer nichtspezialisierten Schlichtungsbehörde nicht vorausgesetzt werden könne (AB 2008 N 947 ff.).
4.4 Eine Diskussion über die Aufnahme von Art. 7 ZPO in den Ausnahmekatalog von Art. 198 ZPO fand im Parlament jedoch nicht statt. Dies hat daran gelegen, dass zum damaligen Zeitpunkt der heutige Art. 7 ZPO im Entwurf noch gar nicht enthalten war, sondern erst anlässlich der ständerätlichen Beratung vom 14. Juni 2007 angeregt wurde (AB 2007 S 500 f.). In der Folge hat die Rechtskommission des Nationalrates einen neuen Art. 7 ZPO (damals Art. 6a ZPO ) vorgeschlagen, welcher sodann diskussionslos ins Gesetz aufgenommen wurde (AB 2008 N 644; AB 2008 S 725). Es wurde dabei offenbar übersehen, dass die Argumente, welche zur Aufnahme der handelsrechtlichen Streitigkeiten nach Art. 6 ZPO in den Ausnahmekatalog von Art. 198 ZPO geführt haben, auch für den inzwischen neu eingeführten Art. 7 ZPO gesprochen hätten. BGE 138 III 558 S. 564
4.4 Art. 7 ZPO Art. 198 ZPO Art. 7 ZPO Art. 7 ZPO Art. 6a ZPO Art. 6 ZPO Art. 198 ZPO Art. 7 ZPO BGE 138 III 558 S. 564
Es liegen damit keine Anhaltspunkte für ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers vor.
4.5 Es ist nicht ersichtlich, weshalb für die von den Kantonen als einzige Instanz eingesetzten (Sozial-)Versicherungsgerichte nicht die gleiche Ausnahmeregelung in Bezug auf ein vorgängiges Schlichtungsverfahren gelten sollte wie für Art. 5 und 6 ZPO. Bei Streitigkeiten betreffend Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung handelt es sich ebenfalls um eine Spezialmaterie, die ein besonderes Fachwissen erfordert. Ein solches kann von einer nichtspezialisierten Schlichtungsbehörde nicht vorausgesetzt werden, was eine unterschiedliche Behandlung von Art. 5, 6 und 7 ZPO nicht rechtfertigt. Überdies widerspricht ein vorgängiges Schlichtungsverfahren für Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen vor einer einzigen kantonalen Instanz dem Willen des Gesetzgebers, die Verfahren für die Zusatzversicherung und die Verfahren für die Grundversicherung zu koordinieren, was für den Erlass von Art. 7 ZPO ausschlaggebend war (vgl. Botschaft ZPO, BBl 2006 7221 ff., insb. 7247 f. Ziff. 3.4.3). Hinzu kommt, dass der Schlichtungsbehörde nach Art. 212 ZPO bis zu einem Streitwert von Fr. 2'000.- selbstständige Entscheidkompetenz zukommt, womit für geringfügige Streitigkeiten ein doppelter kantonaler Instanzenzug gegeben wäre ( Art. 319 ff. ZPO ), was Sinn und Zweck von Art. 7 ZPO widerspricht.
4.5 Art. 5 und 6 ZPO Art. 5, 6 und 7 ZPO Art. 7 ZPO Art. 212 ZPO Art. 319 ff. ZPO Art. 7 ZPO Daraus folgt, dass es ein offensichtliches Versehen des Gesetzgebers war, Art. 7 ZPO nicht gleich wie Art. 5 und 6 ZPO in Art. 198 lit. f ZPO zu erwähnen.
Art. 7 ZPO Art. 5 und 6 ZPO Art. 198 lit. f ZPO 4.6 Somit ergibt sich, dass auch für Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung, für welche die Kantone eine einzige kantonale Instanz nach Art. 7 ZPO bezeichnet haben, kein vorgängiges Schlichtungsverfahren durchzuführen ist, und die Klage demnach direkt beim Gericht anhängig gemacht werden kann.
4.6 Art. 7 ZPO
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Urteilskopf 138 III 565 83. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. M. gegen V. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_303/2012 vom 30. August 2012 Regeste Berufung gegen Entscheide über die Zuteilung der Obhut über die Kinder im Rahmen von Eheschutzmassnahmen bzw. vorsorglicher Massnahmen für die Dauer des Scheidungsverfahrens; Aufschub der Vollstreckung des angefochtenen erstinstanzlichen Entscheids ( Art. 315 Abs. 5 ZPO ). Grundsätze für die Behandlung des Gesuchs um Aufschub der Vollstreckung eines die Obhut regelnden erstinstanzlichen Massnahmeentscheides (E. 4.3). Sachverhalt ab Seite 565 BGE 138 III 565 S. 565 A. M. (Mutter) und V. (Vater) sind die Eltern von T. (26. Dezember 2005) und S. (4. Mai 2007). Während der Ehe wurden die Kinder zur Hauptsache vom Vater betreut. Die Mutter verliess zusammen mit den beiden Kindern die eheliche Wohnung und reichte später beim Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Uster ein Begehren um Erlass von Eheschutzmassnahmen und Anordnung vorsorglicher Massnahmen ein. Die angerufene Instanz stellte die beiden Kinder für die Dauer des Getrenntlebens unter die Obhut des Vaters. B. Die Mutter gelangte gegen diesen Entscheid mit Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich mit dem Begehren um Zuteilung der Obhut über die Kinder. Des Weiteren ersuchte sie darum, der Berufung aufschiebende Wirkung zu erteilen, soweit ihr diese nicht von BGE 138 III 565 S. 566 Gesetzes wegen zukomme. Dieses Gesuch wies der Präsident des Obergerichts mit Verfügung vom 26. März 2012 ab. C. Die Mutter (Beschwerdeführerin) hat beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie beantragt, die Verfügung vom 26. März 2012 aufzuheben und das Obergericht anzuweisen, ihrer Berufung gegen das erstinstanzliche Massnahmenurteil aufschiebende Wirkung zu gewähren. V. (Beschwerdegegner) schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 4.3 Die Beschwerdeführerin macht des Weiteren geltend, die Vorinstanz habe entgegen dem Wortlaut von Art. 315 Abs. 5 ZPO (SR 272) nicht abgeklärt, ob ihr bzw. dem Kind ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil drohe, wenn die Kinder der Obhut des Beschwerdegegners anvertraut werden. Sie habe in der Berufungsschrift ausführlich erklärt, dass das Wohl der Kinder beim Beschwerdegegner gefährdet sei. Die Auslegung der Bestimmung durch die Vorinstanz sei willkürlich; überdies sei das Ermessen willkürlich ausgeübt worden. 4.3.1 Gemäss Art. 315 Abs. 4 lit. b ZPO hat die Berufung gegen vorsorgliche Massnahmen keine aufschiebende Wirkung. Indes kann die Vollstreckung vorsorglicher Massnahmen ausnahmsweise aufgeschoben werden, wenn der betroffenen Partei ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht ( Art. 315 Abs. 5 ZPO ). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat die Rechtsmittelinstanz der Berufung gegen den erstinstanzlichen Entscheid nur in Ausnahmefällen aufschiebende Wirkung zu gewähren. Sie verfügt jedoch über einen grossen Ermessensspielraum, der es ihr erlaubt, den Umständen des konkreten Falles Rechnung zu tragen ( BGE 137 III 475 E. 4.1 S. 478). 4.3.2 Davon ausgehend, dass bei Fragen der Obhut kurzfristige oder häufige Veränderungen das Wohl des Kindes zu beeinträchtigen vermögen, hat sich das mit einem Gesuch um Aufschub der Vollstreckung eines die Obhut regelnden vorsorglichen Massnahmenentscheids befasste Gericht ( Art. 315 Abs. 5 ZPO ) von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen: Verbleibt das Kind gestützt auf das erstinstanzliche Urteil bei jenem Elternteil, der sich unmittelbar vor dem Eintritt der Umstände, die BGE 138 III 565 S. 567 Anlass zum Massnahmeverfahren gegeben haben, hauptsächlich um das Kind gekümmert hat, ist der Berufung des anderen Elternteils die aufschiebende Wirkung in der Regel zu verweigern. Vorbehalten bleiben wichtige Gründe, namentlich wenn die Vollstreckung des erstinstanzlichen Entscheids das Kindeswohl unmittelbar gefährdet, was vom Gesuchsteller darzutun ist, und der Entscheid als solcher offensichtlich unhaltbar erscheint. Anders verhält es sich, wenn der erstinstanzliche Massnahmerichter in Abweichung der bisherigen hauptsächlichen Betreuung des Kindes durch einen Elternteil die Obhut dem andern zuweist. Bei dieser Ausgangslage gebietet im Zweifel das Wohl des Kindes, den bisherigen Zustand aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen und das Kind vorerst bei der bisherigen Hauptbezugsperson zu belassen. Daher ist dem Gesuch um aufschiebende Wirkung der Berufung desjenigen Elternteils, der bisher Hauptbezugsperson war, in der Regel stattzugeben. Hingegen soll der Vollzug des erstinstanzlichen Urteils nicht aufgeschoben werden, wenn die Berufung von vornherein als unzulässig oder in der Sache selbst als offensichtlich unbegründet erscheint (vgl. dazu Urteil 5A_194/2012 vom 8. Mai 2012 E. 5.1.3); demgegenüber würde nicht genügen, die aufschiebende Wirkung mit der Begründung zu verweigern, der angefochtene Entscheid erscheine nicht unhaltbar. 4.3.3 Wie sich aus den Feststellungen des angefochtenen Entscheids ergibt, hat sich der Beschwerdegegner vor der Trennung zur Hauptsache um die Betreuung der Kinder gekümmert, während die Beschwerdeführerin einer ausserhäuslichen Tätigkeit nachgegangen ist. Die Beschwerdeführerin hat am 19. September 2011 die eheliche Wohnung zusammen mit den Kindern verlassen und im Oktober 2011 ein Massnahmeverfahren eingeleitet. Mithin hat der erstinstanzliche Massnahmerichter die Obhut der vor der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes in der Ehe geübten Rollenteilung entsprechend dem Beschwerdegegner zugewiesen. Gründe, weshalb der erstinstanzliche Entscheid offensichtlich unhaltbar erscheinen musste, hat die Beschwerdeführerin nicht darzutun vermocht; blosse und zudem erstmals vor der Berufungsinstanz vorgetragene und nicht weiter dokumentierte Behauptungen hinsichtlich der Gefährdung des Kindeswohls genügen nicht, um von den soeben aufgezeigten Grundsätzen abzuweichen. Daher erweist sich die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung im vorliegenden Fall jedenfalls im Ergebnis nicht als willkürlich; eine Verletzung von Art. 9 BV liegt nicht vor.
Urteilskopf
83. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. M. gegen V. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_303/2012 vom 30. August 2012
Regeste Berufung gegen Entscheide über die Zuteilung der Obhut über die Kinder im Rahmen von Eheschutzmassnahmen bzw. vorsorglicher Massnahmen für die Dauer des Scheidungsverfahrens; Aufschub der Vollstreckung des angefochtenen erstinstanzlichen Entscheids ( Art. 315 Abs. 5 ZPO ). Grundsätze für die Behandlung des Gesuchs um Aufschub der Vollstreckung eines die Obhut regelnden erstinstanzlichen Massnahmeentscheides (E. 4.3).
Regeste
Berufung gegen Entscheide über die Zuteilung der Obhut über die Kinder im Rahmen von Eheschutzmassnahmen bzw. vorsorglicher Massnahmen für die Dauer des Scheidungsverfahrens; Aufschub der Vollstreckung des angefochtenen erstinstanzlichen Entscheids ( Art. 315 Abs. 5 ZPO ). Grundsätze für die Behandlung des Gesuchs um Aufschub der Vollstreckung eines die Obhut regelnden erstinstanzlichen Massnahmeentscheides (E. 4.3).
Art. 315 Abs. 5 ZPO Grundsätze für die Behandlung des Gesuchs um Aufschub der Vollstreckung eines die Obhut regelnden erstinstanzlichen Massnahmeentscheides (E. 4.3).
Sachverhalt ab Seite 565
Sachverhalt ab Seite 565 BGE 138 III 565 S. 565
BGE 138 III 565 S. 565
A. M. (Mutter) und V. (Vater) sind die Eltern von T. (26. Dezember 2005) und S. (4. Mai 2007). Während der Ehe wurden die Kinder zur Hauptsache vom Vater betreut. Die Mutter verliess zusammen mit den beiden Kindern die eheliche Wohnung und reichte später beim Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Uster ein Begehren um Erlass von Eheschutzmassnahmen und Anordnung vorsorglicher Massnahmen ein. Die angerufene Instanz stellte die beiden Kinder für die Dauer des Getrenntlebens unter die Obhut des Vaters.
A. B. Die Mutter gelangte gegen diesen Entscheid mit Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich mit dem Begehren um Zuteilung der Obhut über die Kinder. Des Weiteren ersuchte sie darum, der Berufung aufschiebende Wirkung zu erteilen, soweit ihr diese nicht von BGE 138 III 565 S. 566 Gesetzes wegen zukomme. Dieses Gesuch wies der Präsident des Obergerichts mit Verfügung vom 26. März 2012 ab.
B. BGE 138 III 565 S. 566
C. Die Mutter (Beschwerdeführerin) hat beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie beantragt, die Verfügung vom 26. März 2012 aufzuheben und das Obergericht anzuweisen, ihrer Berufung gegen das erstinstanzliche Massnahmenurteil aufschiebende Wirkung zu gewähren. V. (Beschwerdegegner) schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
C. (Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
4.3 Die Beschwerdeführerin macht des Weiteren geltend, die Vorinstanz habe entgegen dem Wortlaut von Art. 315 Abs. 5 ZPO (SR 272) nicht abgeklärt, ob ihr bzw. dem Kind ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil drohe, wenn die Kinder der Obhut des Beschwerdegegners anvertraut werden. Sie habe in der Berufungsschrift ausführlich erklärt, dass das Wohl der Kinder beim Beschwerdegegner gefährdet sei. Die Auslegung der Bestimmung durch die Vorinstanz sei willkürlich; überdies sei das Ermessen willkürlich ausgeübt worden.
4.3 Art. 315 Abs. 5 ZPO 4.3.1 Gemäss Art. 315 Abs. 4 lit. b ZPO hat die Berufung gegen vorsorgliche Massnahmen keine aufschiebende Wirkung. Indes kann die Vollstreckung vorsorglicher Massnahmen ausnahmsweise aufgeschoben werden, wenn der betroffenen Partei ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht ( Art. 315 Abs. 5 ZPO ). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat die Rechtsmittelinstanz der Berufung gegen den erstinstanzlichen Entscheid nur in Ausnahmefällen aufschiebende Wirkung zu gewähren. Sie verfügt jedoch über einen grossen Ermessensspielraum, der es ihr erlaubt, den Umständen des konkreten Falles Rechnung zu tragen ( BGE 137 III 475 E. 4.1 S. 478).
4.3.1 Art. 315 Abs. 4 lit. b ZPO Art. 315 Abs. 5 ZPO 4.3.2 Davon ausgehend, dass bei Fragen der Obhut kurzfristige oder häufige Veränderungen das Wohl des Kindes zu beeinträchtigen vermögen, hat sich das mit einem Gesuch um Aufschub der Vollstreckung eines die Obhut regelnden vorsorglichen Massnahmenentscheids befasste Gericht ( Art. 315 Abs. 5 ZPO ) von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
4.3.2 Art. 315 Abs. 5 ZPO Verbleibt das Kind gestützt auf das erstinstanzliche Urteil bei jenem Elternteil, der sich unmittelbar vor dem Eintritt der Umstände, die BGE 138 III 565 S. 567 Anlass zum Massnahmeverfahren gegeben haben, hauptsächlich um das Kind gekümmert hat, ist der Berufung des anderen Elternteils die aufschiebende Wirkung in der Regel zu verweigern. Vorbehalten bleiben wichtige Gründe, namentlich wenn die Vollstreckung des erstinstanzlichen Entscheids das Kindeswohl unmittelbar gefährdet, was vom Gesuchsteller darzutun ist, und der Entscheid als solcher offensichtlich unhaltbar erscheint.
BGE 138 III 565 S. 567
Anders verhält es sich, wenn der erstinstanzliche Massnahmerichter in Abweichung der bisherigen hauptsächlichen Betreuung des Kindes durch einen Elternteil die Obhut dem andern zuweist. Bei dieser Ausgangslage gebietet im Zweifel das Wohl des Kindes, den bisherigen Zustand aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen und das Kind vorerst bei der bisherigen Hauptbezugsperson zu belassen. Daher ist dem Gesuch um aufschiebende Wirkung der Berufung desjenigen Elternteils, der bisher Hauptbezugsperson war, in der Regel stattzugeben. Hingegen soll der Vollzug des erstinstanzlichen Urteils nicht aufgeschoben werden, wenn die Berufung von vornherein als unzulässig oder in der Sache selbst als offensichtlich unbegründet erscheint (vgl. dazu Urteil 5A_194/2012 vom 8. Mai 2012 E. 5.1.3); demgegenüber würde nicht genügen, die aufschiebende Wirkung mit der Begründung zu verweigern, der angefochtene Entscheid erscheine nicht unhaltbar.
4.3.3 Wie sich aus den Feststellungen des angefochtenen Entscheids ergibt, hat sich der Beschwerdegegner vor der Trennung zur Hauptsache um die Betreuung der Kinder gekümmert, während die Beschwerdeführerin einer ausserhäuslichen Tätigkeit nachgegangen ist. Die Beschwerdeführerin hat am 19. September 2011 die eheliche Wohnung zusammen mit den Kindern verlassen und im Oktober 2011 ein Massnahmeverfahren eingeleitet. Mithin hat der erstinstanzliche Massnahmerichter die Obhut der vor der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes in der Ehe geübten Rollenteilung entsprechend dem Beschwerdegegner zugewiesen. Gründe, weshalb der erstinstanzliche Entscheid offensichtlich unhaltbar erscheinen musste, hat die Beschwerdeführerin nicht darzutun vermocht; blosse und zudem erstmals vor der Berufungsinstanz vorgetragene und nicht weiter dokumentierte Behauptungen hinsichtlich der Gefährdung des Kindeswohls genügen nicht, um von den soeben aufgezeigten Grundsätzen abzuweichen. Daher erweist sich die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung im vorliegenden Fall jedenfalls im Ergebnis nicht als willkürlich; eine Verletzung von Art. 9 BV liegt nicht vor.
4.3.3 Art. 9 BV
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Urteilskopf 138 III 568 84. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. contre B. (recours en matière civile) 5A_206/2012 du 9 août 2012 Regeste Art. 312 ZPO (analoge Anwendung); Anforderungen an die Zustellung der Anschlussberufung. Die Rechtsmittelinstanz muss die Anschlussberufung dem Hauptberufungskläger zustellen, ihm Gelegenheit geben, sich innert einer Frist von dreissig Tagen ab Empfang dazu zu äussern, und ihn auf die Säumnisfolgen aufmerksam machen (E. 3). Sachverhalt ab Seite 568 BGE 138 III 568 S. 568 A. B., née en 1990, est la fille de A., née en 1961, et de C., né en 1961, de nationalité espagnole. Le père, qui a reconnu sa paternité, est retourné en Espagne en 1991, cessant depuis lors de contribuer à l'entretien de B. B. Par jugement du 1 er mars 2011, le Président du Tribunal civil de la Sarine a astreint A. à subvenir à l'entretien de B. par le versement d'une contribution alimentaire de 500 francs, allocations de formation en sus, du 1 er septembre 2009 au 31 juillet 2010, par le paiement des allocations de formation du 1 er août 2010 au 31 juillet 2011, et par le versement d'une contribution alimentaire de 500 fr., allocations de formation en sus, dès le 1 er septembre 2011 jusqu'à l'achèvement de la formation musicale de B., pour autant que dite formation soit achevée dans les délais normaux. Statuant le 15 novembre 2011 sur appel de A. et appel joint de B., la I re Cour d'appel civil du Tribunal cantonal du canton de Fribourg a partiellement admis le premier et admis le second. BGE 138 III 568 S. 569 C. Par arrêt du 9 août 2012, le Tribunal fédéral a admis le recours en matière civile déposé par A., annulé la décision entreprise et renvoyé la cause au Tribunal cantonal. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 3. 3.1 L'autorité cantonale doit, à réception d'un appel joint, appliquer l' art. 312 CPC (RS 272) par analogie (parmi plusieurs: NICOLAS JEANDIN, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 7 ad art. 313 CPC ; IVO W. HUNGERBÜHLER, in Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner et al. [éd.], 2011, n° 19 ad art. 313 CPC ; REETZ/HILBER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm et al. [éd.], 2010, n° 40 ad art. 313 CPC ). L'application analogique de cette disposition - qui concerne la notification de l'appel à l'intimé ainsi que le droit de réponse de ce dernier - se justifie dès lors que l'appel joint constitue lui-même un appel, formé par la partie intimée contre l'appelant principal. Celui-ci est ainsi en droit de se déterminer sur cette écriture ainsi que le lui garantit son droit d'être entendu ( art. 53 al. 1 CPC ; HUNGERBÜHLER, op. cit., n° 19 ad art. 313 CPC ; ALEXANDRE BRUNNER, in ZPO, Kurzkommentar, Paul Oberhammer [éd.], 2010, n° 3 ad art. 313 CPC ). Aux termes de l' art. 312 al. 1 CPC, l'instance d'appel doit notifier l'appel à la partie adverse pour qu'elle se détermine par écrit, sauf si l'appel est manifestement irrecevable ou infondé ("Die Rechtsmittelinstanz stellt die Berufung der Gegenpartei zur schriftlichen Stellungnahme zu"; "L'autorità giudiziaria superiore notifica l'appello alla controparte invitandola a presentare per scritto le proprie osservazioni"). Après un examen préliminaire, l'instance d'appel doit ainsi inviter l'intéressé à se déterminer (cf. version italienne du texte légal; HUNGERBÜHLER, op. cit., n° 12 ad art. 312 CPC ; KARL SPÜHLER, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, n° 1 ad art. 312 CPC ), en le rendant attentif aux conséquences d'un défaut ( art. 147 al. 3 CPC ; DENIS TAPPY, in Code de procédure civile commenté, 2011, n° 16 ad art. 147 CPC ). L'intimé dispose d'un délai de 30 jours pour ce faire ( art. 312 al. 2 CPC ), délai courant dès la réception du mémoire notifié par l'instance d'appel (JEANDIN, op. cit., n° 3 ad art. 312 CPC ; BENEDIKT SEILER, Die Berufung nach der Schweizerischen Zivilprozessordung, 2011, n. 1120). L'application analogique de l' art. 312 CPC à l'appel joint implique ainsi que l'instance d'appel doit notifier celui-ci à l'appelant principal BGE 138 III 568 S. 570 en invitant ce dernier à se déterminer ( art. 312 al. 1 CPC appliqué par analogie), ce dans un délai de trente jours dès sa réception par l'intéressé ( art. 312 al. 2 CPC appliqué par analogie), avec indication des conséquences d'un défaut ( art. 147 al. 3 CPC ). 3.2 En l'espèce, la cour cantonale a transmis la réponse de l'intimée à la recourante par pli simple, comme en atteste le tampon de transmission figurant sur l'écriture litigieuse, sans toutefois l'inviter à se déterminer sur celle-ci, dont elle estimait pourtant qu'elle contenait un appel joint. Or, vu les principes sus-exposés et sauf à violer l' art. 312 CPC, la juridiction se devait d'impartir à l'intéressée un délai de 30 jours pour présenter ses observations sur le mémoire déposé par l'intimée, avec indication des conséquences d'un défaut. On ne saurait au demeurant reprocher à la recourante de ne pas avoir réagi de sa propre initiative en temps utile dans la mesure où, l'autorité d'appel l'admet elle-même, les conditions de recevabilité de l'appel joint étaient douteuses. Pour ces motifs, le recours doit être admis et l'arrêt entrepris doit être annulé, sans qu'il soit nécessaire d'examiner les griefs additionnels invoqués par la recourante.
Urteilskopf
84. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. contre B. (recours en matière civile)
5A_206/2012 du 9 août 2012
Regeste Art. 312 ZPO (analoge Anwendung); Anforderungen an die Zustellung der Anschlussberufung. Die Rechtsmittelinstanz muss die Anschlussberufung dem Hauptberufungskläger zustellen, ihm Gelegenheit geben, sich innert einer Frist von dreissig Tagen ab Empfang dazu zu äussern, und ihn auf die Säumnisfolgen aufmerksam machen (E. 3).
Regeste
Art. 312 ZPO (analoge Anwendung); Anforderungen an die Zustellung der Anschlussberufung. Die Rechtsmittelinstanz muss die Anschlussberufung dem Hauptberufungskläger zustellen, ihm Gelegenheit geben, sich innert einer Frist von dreissig Tagen ab Empfang dazu zu äussern, und ihn auf die Säumnisfolgen aufmerksam machen (E. 3).
Art. 312 ZPO Die Rechtsmittelinstanz muss die Anschlussberufung dem Hauptberufungskläger zustellen, ihm Gelegenheit geben, sich innert einer Frist von dreissig Tagen ab Empfang dazu zu äussern, und ihn auf die Säumnisfolgen aufmerksam machen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 568
Sachverhalt ab Seite 568 BGE 138 III 568 S. 568
BGE 138 III 568 S. 568
A. B., née en 1990, est la fille de A., née en 1961, et de C., né en 1961, de nationalité espagnole.
A. Le père, qui a reconnu sa paternité, est retourné en Espagne en 1991, cessant depuis lors de contribuer à l'entretien de B.
B. Par jugement du 1 er mars 2011, le Président du Tribunal civil de la Sarine a astreint A. à subvenir à l'entretien de B. par le versement d'une contribution alimentaire de 500 francs, allocations de formation en sus, du 1 er septembre 2009 au 31 juillet 2010, par le paiement des allocations de formation du 1 er août 2010 au 31 juillet 2011, et par le versement d'une contribution alimentaire de 500 fr., allocations de formation en sus, dès le 1 er septembre 2011 jusqu'à l'achèvement de la formation musicale de B., pour autant que dite formation soit achevée dans les délais normaux.
B. Statuant le 15 novembre 2011 sur appel de A. et appel joint de B., la I re Cour d'appel civil du Tribunal cantonal du canton de Fribourg a partiellement admis le premier et admis le second. BGE 138 III 568 S. 569
BGE 138 III 568 S. 569
C. Par arrêt du 9 août 2012, le Tribunal fédéral a admis le recours en matière civile déposé par A., annulé la décision entreprise et renvoyé la cause au Tribunal cantonal.
C. (résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
3.
3. 3.1 L'autorité cantonale doit, à réception d'un appel joint, appliquer l' art. 312 CPC (RS 272) par analogie (parmi plusieurs: NICOLAS JEANDIN, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 7 ad art. 313 CPC ; IVO W. HUNGERBÜHLER, in Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner et al. [éd.], 2011, n° 19 ad art. 313 CPC ; REETZ/HILBER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm et al. [éd.], 2010, n° 40 ad art. 313 CPC ). L'application analogique de cette disposition - qui concerne la notification de l'appel à l'intimé ainsi que le droit de réponse de ce dernier - se justifie dès lors que l'appel joint constitue lui-même un appel, formé par la partie intimée contre l'appelant principal. Celui-ci est ainsi en droit de se déterminer sur cette écriture ainsi que le lui garantit son droit d'être entendu ( art. 53 al. 1 CPC ; HUNGERBÜHLER, op. cit., n° 19 ad art. 313 CPC ; ALEXANDRE BRUNNER, in ZPO, Kurzkommentar, Paul Oberhammer [éd.], 2010, n° 3 ad art. 313 CPC ).
3.1 art. 312 CPC art. 313 CPC art. 313 CPC art. 313 CPC art. 53 al. 1 CPC art. 313 CPC art. 313 CPC Aux termes de l' art. 312 al. 1 CPC, l'instance d'appel doit notifier l'appel à la partie adverse pour qu'elle se détermine par écrit, sauf si l'appel est manifestement irrecevable ou infondé ("Die Rechtsmittelinstanz stellt die Berufung der Gegenpartei zur schriftlichen Stellungnahme zu"; "L'autorità giudiziaria superiore notifica l'appello alla controparte invitandola a presentare per scritto le proprie osservazioni"). Après un examen préliminaire, l'instance d'appel doit ainsi inviter l'intéressé à se déterminer (cf. version italienne du texte légal; HUNGERBÜHLER, op. cit., n° 12 ad art. 312 CPC ; KARL SPÜHLER, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, n° 1 ad art. 312 CPC ), en le rendant attentif aux conséquences d'un défaut ( art. 147 al. 3 CPC ; DENIS TAPPY, in Code de procédure civile commenté, 2011, n° 16 ad art. 147 CPC ). L'intimé dispose d'un délai de 30 jours pour ce faire ( art. 312 al. 2 CPC ), délai courant dès la réception du mémoire notifié par l'instance d'appel (JEANDIN, op. cit., n° 3 ad art. 312 CPC ; BENEDIKT SEILER, Die Berufung nach der Schweizerischen Zivilprozessordung, 2011, n. 1120). art. 312 al. 1 CPC art. 312 CPC art. 312 CPC art. 147 al. 3 CPC art. 147 CPC art. 312 al. 2 CPC art. 312 CPC L'application analogique de l' art. 312 CPC à l'appel joint implique ainsi que l'instance d'appel doit notifier celui-ci à l'appelant principal BGE 138 III 568 S. 570 en invitant ce dernier à se déterminer ( art. 312 al. 1 CPC appliqué par analogie), ce dans un délai de trente jours dès sa réception par l'intéressé ( art. 312 al. 2 CPC appliqué par analogie), avec indication des conséquences d'un défaut ( art. 147 al. 3 CPC ). art. 312 CPC BGE 138 III 568 S. 570
art. 312 al. 1 CPC art. 312 al. 2 CPC art. 147 al. 3 CPC 3.2 En l'espèce, la cour cantonale a transmis la réponse de l'intimée à la recourante par pli simple, comme en atteste le tampon de transmission figurant sur l'écriture litigieuse, sans toutefois l'inviter à se déterminer sur celle-ci, dont elle estimait pourtant qu'elle contenait un appel joint. Or, vu les principes sus-exposés et sauf à violer l' art. 312 CPC, la juridiction se devait d'impartir à l'intéressée un délai de 30 jours pour présenter ses observations sur le mémoire déposé par l'intimée, avec indication des conséquences d'un défaut. On ne saurait au demeurant reprocher à la recourante de ne pas avoir réagi de sa propre initiative en temps utile dans la mesure où, l'autorité d'appel l'admet elle-même, les conditions de recevabilité de l'appel joint étaient douteuses.
3.2 art. 312 CPC Pour ces motifs, le recours doit être admis et l'arrêt entrepris doit être annulé, sans qu'il soit nécessaire d'examiner les griefs additionnels invoqués par la recourante.
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Urteilskopf 138 III 570 85. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause dame X. contre dame Y. (recours en matière civile) 5A_423/2011 du 15 mai 2012 Regeste Art. 1 Abs. 2 Ziff. 1 und Art. 21 aLugÜ (= Art. 1 Ziff. 2 lit. a und Art. 27 revLugÜ), Art. 8 des Übereinkommens vom 3. Januar 1933 zwischen der Schweiz und Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und Art. 9 IPRG ; internationale Rechtshängigkeit auf dem Gebiet des Erbrechts. Anwendbares Konventionsrecht (E. 2). Verhältnis zwischen Forumswahl und Rechtshängigkeit (E. 3). Bedingungen der Rechtshängigkeit im Sinn von Art. 8 des italienisch-schweizerischen Übereinkommens, interpretiert vor dem Hintergrund der Rechtsprechung bezüglich des Lugano-Übereinkommens (E. 4). Konsequenz der Zulassung der Rechtshängigkeit gemäss Art. 8 des italienisch-schweizerischen Übereinkommens (E. 6). Sachverhalt ab Seite 571 BGE 138 III 570 S. 571 A. X., ressortissant italien domicilié en Italie, est décédé le 24 janvier 2003 à Turin (Italie); il a laissé pour seules héritières son épouse, dame X., et sa fille, dame Y. B. Des différends étant apparus quant au règlement de la succession, des négociations ont été menées afin de trouver un arrangement. Le 18 février 2004, les prénommées ont conclu un accord transactionnel "pour mettre définitivement un terme à ce litige", lequel prévoit en substance le transfert à dame Y., en pleine propriété, de divers actifs (art. I et II) et la "conclusion d'un pacte successoral" avant le 6 mars 2004 (art. IV), les parties reconnaissant "n'avoir plus aucun droit, directement ou indirectement, dans la succession de [X.], et n'avoir aucune prétention à élever pour quelque motif que ce soit l'une envers l'autre ni à l'égard de quiconque, directement ou de toute autre manière" (art. VIII); cette convention "est exclusivement soumise au droit suisse" et prévoit, en cas de litige au sujet de sa conclusion, de sa validité, de son exécution ou de son interprétation, "la compétence exclusive du Tribunal de première instance de la République et Canton de Genève" (art. XIV). Cette transaction a été exécutée. Convaincue que des avoirs ou des libéralités lui avaient été dissimulés lors de la conclusion de l'accord précité, dame Y. a saisi, le 28 mai 2007, le Tribunal de Turin (Italie) d'une demande dirigée à l'encontre de A., B. et C. - tous proches collaborateurs de feu X., chargés de la gestion de ses affaires - ainsi que de dame X.; en bref, elle a conclu: BGE 138 III 570 S. 572 - à titre préliminaire, à ce qu'il soit ordonné à A., B. et C. de rendre compte de leur gestion des biens ayant appartenu au de cujus; - à titre préjudiciel, à la constatation de la nullité, de l'annulabilité ou de l'inefficacité des accords passés entre les héritières après l'ouverture de la succession; - à titre principal, à la constatation de sa qualité d'héritière à l'égard de tous les biens concernés par la reddition de comptes; - à titre principal éventuel, à la condamnation des gérants à réparer le préjudice éventuellement causé dans le cadre de leur gestion; - à titre principal, à la dissolution de la communauté héréditaire moyennant attribution de la propriété individuelle, avec obligation de restituer à la succession, des biens qui font partie de la masse successorale, après estimation de la valeur vénale des biens à partager; - à titre subsidiaire, en cas d'impossibilité de partager certains biens, à l'estimation, à la vente, ainsi qu'au partage de leur produit entre les héritières. Dame X. a excipé de l'incompétence des tribunaux italiens. Par arrêt du 7 octobre 2008, la Cour de cassation italienne a rejeté cette exception; elle a considéré que les conclusions principales tendaient à la pétition d'hérédité et à la dissolution de la communauté héréditaire, de sorte que les juridictions italiennes étaient compétentes en vertu de l'art. 50 de la loi italienne sur le droit international privé; le chef de conclusions relatif à la validité de l'accord du 18 février 2004 ne modifie pas la nature du litige, qui demeure successoral et, partant, est soustrait au champ d'application de la Convention de Lugano. Statuant sur le fond le 17 mars 2010, le Tribunal de Turin a débouté la demanderesse de toutes ses conclusions. Cette décision fait l'objet d'un recours devant la Cour d'appel de Turin. C. Le 4 juin 2009, dame X. a déposé devant le Tribunal de première instance de Genève une action à l'encontre de dame Y. tendant à la constatation que "l'accord du 18 février 2004 est valide et lie les parties"; la défenderesse a conclu à ce que l'action en constatation de droit soit déclarée irrecevable, subsidiairement à ce qu'il soit sursis à statuer. Statuant "sur fin de non-recevoir de litispendance" le 26 octobre 2010, le Tribunal a déclaré l'action irrecevable. La Cour de justice du canton de Genève a confirmé cette décision le 20 mai 2011. (...) BGE 138 III 570 S. 573 Le Tribunal fédéral a rejeté le recours en matière civile formé par dame X. (extrait) Erwägungen Extrait des considérants: 2. Bien que les parties soient toutes deux domiciliées en Suisse, la Cour de justice a considéré à juste titre que la présente cause revêt un caractère international ( art. 1 al. 1 let. a LDIP ; RS 291); cette opinion - qui n'est d'ailleurs pas contestée par la recourante ( art. 42 al. 2 LTF ) - doit être approuvée; s'agissant, en l'occurrence, de procédures introduites dans deux Etats différents, la litispendance est par définition internationale (cf. SCHNEIDER, L'exception de litispendance en droit international privé, in Mélanges offerts à la SSJ, 1976, p. 295). Au préalable, il convient de rechercher si un traité international s'applique ( art. 1 al. 2 LDIP ; ATF 115 III 148 consid. 3). 2.1 La Cour de justice a retenu que "tant la procédure genevoise que la procédure italienne étaient de nature successorale", en sorte que la Convention de Lugano (dans sa version de 1988) - à laquelle l'Italie et la Suisse sont parties - n'était pas applicable (art. 1 al. 2 ch. 1 aCL; RO 1991 2436 [= art. 1 par. 2 let. a CL révisée; RS 0.275.12]; sur ce motif d'exclusion: ATF 135 III 185 consid. 3.4; arrêt 4A_249/2009 du 29 juillet 2009 consid. 2). Une telle argumentation laisse entendre que l'intervention de l'art. 21 aCL (= art. 27 CL révisée) suppose que les deux actions tombent dans le champ d'application matériel du traité (dans ce sens: GEIMER/SCHÜTZE, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3 e éd. 2010, n° 57 ad art. 1 et n° 11 ad art. 27 EuGVVO; KREN KOSTKIEWICZ, Rechtshängigkeit und Konnexität, in La Convention de Lugano, Passé, présent et devenir, Publication ISDC n° 59, 2007, p. 111; MABILLARD, in Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2011, n° 15 ad art. 27 CL ); l'action introduite à Turin étant indiscutablement successorale, la Convention de Lugano serait inapplicable pour ce motif déjà, sans qu'il faille s'interroger sur la nature de celle qui a été intentée à Genève. Il n'y a pas lieu de se prononcer définitivement sur le bien-fondé de cet avis, puisque l'action (en constatation) ouverte à Genève présente de toute manière aussi un caractère successoral. Il est exact que l'accord du 18 février 2004 est une "transaction" ayant expressément pour but de "mettre définitivement un terme [au] litige" entre les parties. Bien que la question apparaisse controversée, il faut reconnaître une nature successorale au sens de l'art. 1 al. 2 ch. 1 aCL aux litiges BGE 138 III 570 S. 574 relatifs à la validité et aux effets des conventions entre héritiers (sic: DONZALLAZ, La Convention de Lugano, vol. I, 1992, p. 371 n° 945; MANKOWSKI, in Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, vol. I, 2011, n° 16 ad art. 1 Brüssel I-VO; contra: arrêt de la Cour d'appel de Rome du 30 avril 1995, in Rivista di diritto internazionale privato e processuale [ci-après: RDIPP] 1996 p. 750); bien qu'elle n'ait pas eu à trancher ce point, la Cour de céans partage cette position (cf. ATF 137 III 369 consid. 4.3 et les citations). En outre, les clauses de cet accord ont, pour l'essentiel, un contenu indubitablement successoral (cf. supra, let. B); par ailleurs, en droit suisse - applicable à l'accord litigieux -, la transaction extrajudiciaire n'a en principe pas d'effet novatoire et, partant, n'a pas pour effet de remplacer la cause originaire (successorale) par une nouvelle, qui serait ici obligationnelle (sur le sujet: GAUCH, Der aussergerichtliche Vergleich, in Innominatverträge, Festgabe [...] Schluep, 1988, p. 15 et les références). 2.2 Les juridictions cantonales ont examiné le mérite de l'exception de litispendance au regard de l'art. 8 de la Convention du 3 janvier 1933 entre la Suisse et l'Italie sur la reconnaissance et l'exécution de décisions judiciaires (RS 0.276.194.541), aux termes duquel les autorités judiciaires de l'un des deux Etats (i.c. suisses) doivent, si l'une des parties le demande, se dessaisir des contestations portées devant elles lorsque ces contestations sont déjà pendantes devant une juridiction de l'autre Etat (i.c. italienne), pourvu que celle-ci soit compétente selon les règles de la Convention. Ce traité tombe sous le coup de la réserve de l' art. 1 al. 2 LDIP, de sorte que la norme conventionnelle précitée l'emporte sur l' art. 9 LDIP (arrêt de la I re Chambre civile du Tribunal d'appel du canton du Tessin du 29 septembre 2008 consid. 5, in RtiD 2009 I 745/746; BUCHER, in Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, n° 5 ad art. 9 LDIP ). D'après le Message du 6 février 1933 concernant la convention conclue avec l'Italie sur la reconnaissance et l'exécution de décisions judiciaires, cette convention n'est pas un "traité réglementant la compétence judiciaire", mais "uniquement une convention d'exécution"; elle "s'occupe de la compétence judiciaire en tant seulement que cette compétence constitue une condition de la reconnaissance ou de l'exécution de la décision dans un autre Etat" (FF 1933 I 242; DUTOIT/KNOEPFLER/LALIVE/MERCIER, Répertoire de droit international privé suisse, vol. II, 1983, p. 213 n° 1, avec les références; ATF 113 II 100 consid. 2). BGE 138 III 570 S. 575 Cependant, deux dispositions "outrepassent ces limites": "l'une - pertinente en l'espèce -, qui vise l'exception de litispendance, est contenue à l'article 8, l'autre, qui traite des mesures provisoires ou conservatoires, à l'article 10" (FF 1933 I 242). Enfin, bien que cette condition ne ressorte pas de son texte, l'art. 8 du traité exige une identité d'objet entre les deux actions (FF 1933 I 250 ["l'exception de litispendance peut être soulevée si la même contestation est portée devant les juridictions de l'autre Etat"]; idem: ATF 65 II 177 p. 179; ATF 109 II 180 consid. 3 ["contestations identiques"]). 3. 3.1 La recourante se plaint d'abord d'une violation de l' art. 5 al. 1 LDIP, en vertu duquel, en matière patrimoniale, les parties peuvent convenir du tribunal appelé à trancher un différend né ou à naître à l'occasion d'un rapport de droit déterminé, cette élection de for étant, sauf stipulation contraire, exclusive. En substance, elle fait valoir que la décision entreprise revient à priver de toute portée la clause de prorogation de for incluse dans l'accord du 18 février 2004; si l'intimée voulait remettre en cause cet accord transactionnel, il lui appartenait d'agir devant les tribunaux genevois, qui étaient désormais le "for naturel" du litige; le mécanisme de la litispendance ne saurait avoir pour effet de soustraire la cause à l'autorité qui doit exclusivement en connaître à teneur de la convention d'élection de for. La juridiction précédente a constaté que le premier juge n'a pas nié qu'il était compétent en vertu de la clause de prorogation de for et ne s'est pas déclaré incompétent (à raison du lieu) pour connaître du litige; il a du reste implicitement admis sa compétence avant d'examiner le moyen tiré de la litispendance; en outre, sa compétence n'a pas été contestée par la partie adverse. Il s'ensuit que le grief pris de la violation de l' art. 5 al. 1 LDIP est "sans objet". 3.2 L'autorité précédente est partie de la prémisse que le "mécanisme [de la litispendance] n'a de sens que si le tribunal second saisi était compétent s'il avait été saisi seul ou en premier lieu" (BUCHER, op. cit., n° 20 ad art. 9 LDIP ). Selon la jurisprudence constante, la Convention italo-suisse ne touche en rien au pouvoir d'un Etat de déterminer, en conformité de son droit de procédure international, dans quels cas et à quelles conditions ses propres juridictions sont compétentes pour connaître de la cause dont elles sont saisies, sans préjudice du sort qui serait réservé à leurs décisions au stade de sa reconnaissance BGE 138 III 570 S. 576 dans l'autre Etat ( ATF 84 II 57 consid. 2b/bb; ATF 88 II 6 consid. 3; ATF 96 I 594 let. b; ATF 113 II 100 consid. 2). La validité de la clause d'élection de for stipulée en l'espèce par les parties ne relève donc pas du traité, mais du seul droit interne, en l'occurrence de l' art. 5 al. 1 LDIP (DUTOIT ET AL., op. cit., p. 229 n° 50). Or, sous cet angle - comme l'a souligné à juste titre la cour cantonale -, la compétence du Tribunal de première instance de Genève ne pose aucun problème et n'a d'ailleurs, semble-t-il, jamais été contestée. L'admissibilité d'une clause d'élection de for en matière de litiges du droit des successions est en outre très largement admise (parmi plusieurs: FF 1983 I 291 in fine n° 213.5; BUCHER, op. cit., n° 7 ad art. 5 LDIP ; DUTOIT, Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 4 e éd. 2005, n° 4 ad art. 5 LDIP ; plus réservé: HEINI, in Zürcher Kommentar zum IPRG, 2 e éd. 2004, n° 9 ad art. 86 LDIP ). Comme le souligne avec raison la recourante, l'autorité précédente ne s'est, en revanche, pas prononcée sur le point de savoir si l'existence de la clause d'élection de for faisait obstacle à la litispendance; c'est la compétence du premier juge saisi qui est alors en question. Conformément au principe énoncé plus haut, les autorités italiennes ont fondé leur compétence sur l'art. 50 de la loi de DIP du 31 mai 1995; que les tribunaux italiens aient ignoré cette clause ou ne lui aient pas attribué d'effet est sans importance, car l'institution de la litispendance a pour but principal d'éviter les jugements contradictoires, non de sanctionner la violation d'une règle de compétence découlant de l'absence de prise en considération d'une clause d'élection de for (cf. REYMOND, L'exception de litispendance, 1991, p. 185 let. A). Sous réserve des conditions de l'art. 8 de la Convention italo-suisse (infra, consid. 4.2), c'est donc au stade de la reconnaissance du jugement italien consécutif à l'action de l'intimée que les tribunaux suisses devront, le cas échéant, s'interroger sur les conséquences de la méconnaissance de ladite clause (cf. sur le sujet: VON OVERBECK, Les élections de for selon la loi fédérale sur le droit international privé du 18 décembre 1987, in Festschrift für Max Keller [...], 1989, p. 624 ss et les citations; ACOCELLA, Internationale Zuständigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivilsachen im schweizerisch-italienischen Rechtsverkehr, 1989, p. 249 et 301; cf. pour le cas où un tribunal étatique étranger a statué malgré l'existence d'une convention d'arbitrage: ATF 127 III 186 consid. 2); il n'y a dès lors pas lieu d'en débattre ici. BGE 138 III 570 S. 577 4. 4.1 La recourante reproche en outre à la Cour de justice d'avoir violé l'art. 8 de la Convention italo-suisse à un triple titre: premièrement, à la date du dépôt de l'action à Genève, l'intimée n'avait pas encore pris de "conclusion ferme" devant les juridictions italiennes pour leur faire trancher la question de la validité de l'accord du 18 février 2004 (infra, consid. 4.2); deuxièmement, du point de vue des autorités helvétiques, les juridictions italiennes sont en toute hypothèse incompétentes pour connaître de cette question, vu l'existence d'une clause d'élection de for en faveur des tribunaux genevois (infra, consid. 4.3); troisièmement, un éventuel jugement rendu en Italie sur ce point ne pourrait pas être reconnu en Suisse (infra, consid. 4.4). L'autorité précédente a rappelé que le but de la litispendance est de prévenir des jugements contradictoires; aussi ne faut-il pas s'attacher à l'aspect formel des procédures, mais déterminer le "centre de gravité des litiges". Il y a dès lors identité de l'objet du litige lorsque les parties soumettent au juge la même prétention en se fondant sur les mêmes causes juridiques et les mêmes faits, étant précisé que cette condition doit s'analyser dans un sens matériel, et non d'après la teneur formelle des conclusions. En l'espèce, la décision du premier juge, qui a admis que cette condition était remplie, échappe à toute critique. L'intimée a introduit en Italie une demande qui tend à titre principal à une pétition d'hérédité ainsi qu'au partage; or, "cette action revient sans conteste à remettre en question la validité de l'accord du 18 février 2004", lors même que l'intéressée n'a pas formulé de chef de conclusions principal sur ce point en première instance en Italie. Les deux procès "gravitent ainsi bien autour de la même problématique, à savoir la validité de l'accord du 18 février 2004", celui-ci comportant une renonciation des parties à toute autre prétention dans la succession du de cujus. 4.2 4.2.1 Comme l'a jugé l'autorité cantonale, la condition de l'identité des parties (ou subjective) est réalisée en l'espèce, ce que la recourante ne conteste pas ( art. 42 al. 2 LTF ). Il suffit que le procès ouvert en Suisse mette aux prises les mêmes parties que celles qui s'opposent dans la procédure italienne, même si cette dernière comporte encore d'autres défendeurs ( ATF 105 II 229 consid. 1b; REYMOND, op. cit., p. 251 ss et les références). La position procédurale différente des parties dans les deux procédures est sans incidence ( ATF 128 III 284 consid. 3a et les nombreuses citations). BGE 138 III 570 S. 578 4.2.2 Sans le dire expressément, l'autorité précédente s'est fondée sur la jurisprudence que la Cour de justice des Communautés européennes (CJCE; actuellement Cour de justice de l'Union européenne) a rendue sur l'art. 21 de la Convention de Bruxelles de 1968 (= art. 21 aCL); dans son arrêt du 8 décembre 1987 Gubisch Maschinenfabrik AG contre Palumbo 144/86, Rec. 1987 p. 4861, cette autorité a considéré, en bref, que la notion d'identité d'objet ne devait pas être "restreinte à l'identité formelle des deux demandes", mais qu'il fallait mettre l'accent sur la question juridique qui se trouve au centre des deux procès; elle a ainsi admis l'identité entre une action en exécution d'un contrat de vente, ouverte d'abord en Allemagne, et une action en déclaration de nullité, en annulation et en résolution dudit contrat, car la "force obligatoire du contrat [est] au centre des deux litiges". Ce principe a été confirmé dans plusieurs arrêts ultérieurs (cf. arrêts Tatry du 6 décembre 1994, C-406/92, Rec. 1994 I 5439; Gantner du 8 mai 2003, C-111/01, Rec. 2003 I 4207; Maersk du 14 octobre 2004, C-39/02, Rec. 2004 I 9657). Le Tribunal fédéral s'y est rallié pour interpréter, non seulement l'art. 21 aCL ( ATF 123 III 414 consid. 5; ATF 125 III 346 consid. 4b; ATF 136 III 523 consid. 6.1), mais aussi l' art. 9 LDIP (arrêt 5C.289/2006 du 7 juin 2007 consid. 3.2) et l' art. 35 LFors (RO 2000 2355; ATF 128 III 284 consid. 3b). Cette conception unitaire de l'identité d'objet doit être approuvée. Elle est d'abord justifiée par le but commun que poursuivent les normes consacrées à la litispendance - qu'elle soit interne ou internationale -, à savoir d'éviter des jugements contradictoires lorsque des demandes identiques sont déposées à plusieurs endroits (notamment: ATF 128 III 284 consid. 3b/bb et les références). Elle apparaît en outre conforme à la jurisprudence récente selon laquelle la "notion d'identité d'objet doit être comprise de la même manière en droit interne et en droit international privé" (arrêt 5C.289/2006 précité; dans ce sens: BUCHER, op. cit., n° 10 ad art. 9 LDIP ; le même, L'examen de la compétence internationale par le juge suisse, SJ 2007 II p. 168). Il s'ensuit que l'art. 8 de la Convention italo-suisse doit être interprété à la lumière des principes qui précèdent. A cet égard, on peut relever que la Cour de cassation italienne, dans une décision du 17 mai 2002, a considéré que la notion d'"identità di oggetto" au sens de la Convention du 6 avril 1962 entre l'Italie et la Belgique devait être "interpretata in base all'orientamento seguito nella interpretazione dell'art. 21 della convenzione di Bruxelles del 1968" (RDIPP 2002 p. 1061 ss, 1066/ BGE 138 III 570 S. 579 1067 consid. 2); cela étant, on peut penser qu'elle interpréterait de la même manière l'art. 8 de la Convention avec la Suisse. 4.2.3 Il ressort de l'arrêt entrepris que la Cour de cassation italienne a retenu que l'intimée avait introduit une "action en pétition d'hérédité et en dissolution de la communauté héréditaire", la question de la validité de l'accord du 18 février 2004 ne se posant qu'à titre préjudiciel. Cette dernière question se pose en revanche à titre principal dans le procès ouvert à Genève, dès lors que la demande tend à la constatation que l'accord précité est "valide et lie les parties"; partant, il ne peut s'agir que d'une identité partielle. Cependant, cette circonstance n'exclut pas le jeu de la litispendance; si les conclusions de la seconde instance sont englobées dans celles de la première (ce qui est le cas ici), le second juge doit - selon le régime applicable à l'exception (cf. infra, consid. 6) - se dessaisir de la cause ou la suspendre dans son entier (REYMOND, op. cit., p. 201 let. A, avec les citations; idem, pour la CL ou le Règlement européen n° 44/2001: KROPHOLLER/VON HEIN, Europäisches Zivilprozessrecht, 9 e éd. 2011, n° 9 ad art. 27 EuGVO). Pour autant que les autres conditions soient remplies, la litispendance intervient sans égard au fait que les conclusions ont été formulées "dans l'un des procès à titre principal et dans l'autre à titre préjudiciel" (BUCHER, op. cit., n° 12 ad art. 9 LDIP ; le même, op. cit., SJ 2007 II p. 169), ou "à titre principal, alternatif ou subsidiaire" (REYMOND, op. cit., p. 227 et les citations). Ces points étant précisés, l'arrêt attaqué ne prête pas le flanc à la critique. En appliquant la notion (large) de litispendance consacrée par la Cour de justice des Communautés européennes, force est d'admettre que la question de la validité de l'accord du 18 février 2004 est au centre des deux procédures: si elle constitue l'unique aspect du procès genevois, elle est soumise préjudiciellement aux juges italiens; comme on l'a vu, le fait que l'intimée a formé à titre préjudiciel en première instance, puis à titre principal en instance d'appel, le chef de conclusions tendant à remettre en cause l'accord précité est dénué de pertinence. En outre, on ne saurait nier le risque de jugements inconciliables: en effet, si le Tribunal italien devait accueillir les conclusions en pétition d'hérédité et en partage, sa décision concernerait des biens successoraux auxquels l'intimée est censée avoir renoncé (cf. art. VIII de l'accord), alors que, si le juge genevois devait admettre, de son côté, la validité de l'accord, sa décision serait sur ce point incompatible avec celle de son collègue italien, en tant qu'elle confirmerait la BGE 138 III 570 S. 580 renonciation (transactionnelle) de l'intimée à l'égard des biens visés par l'action en pétition d'hérédité et en partage. 4.3 Aux termes de l'art. 8 de la Convention italo-suisse, l'exception de litispendance implique que le tribunal italien (saisi en premier lieu) soit compétent "selon les règles de la présente convention". La compétence du tribunal italien doit s'apprécier, non par rapport au chef de conclusions ayant pour objet la question - préjudicielle - de la validité de l'accord du 18 février 2004, mais par rapport aux conclusions en pétition d'hérédité et en partage formulées à titre principal. Sous cet angle, cette compétence est donnée au regard de l'art. 2 al. 1 ch. 6 de la Convention italo-suisse, qui reconnaît la compétence internationale des juridictions de l'Etat où la décision a été prise "lorsqu'il s'agit d'une contestation successorale entre les héritiers d'un ressortissant du pays où la décision a été rendue" (cf. par exemple: arrêt de la I re Chambre civile du Tribunal d'appel du canton du Tessin précité consid. 7a, in RtiD 2009 I 747; ATF 62 II 20 consid. 1, a contrario); dans le cas présent, le procès ouvert en Italie concerne la succession d'un ressortissant italien, domicilié en Italie au moment du décès. Comme l'avait déjà observé le Conseil fédéral (FF 1933 I 244), la compétence des autorités italiennes pourrait s'appuyer sur l'art. 17 al. 3 de Convention d'établissement et consulaire entre la Suisse et l'Italie du 22 juillet 1868; en dépit de sa formulation, il est admis - à l'instar de l'art. 5 de la Convention franco-suisse de 1869 ( ATF 119 II 77 consid. 2c et les citations) - que cette disposition s'applique aux contestations relatives à la succession d'un Italien, que son dernier domicile ait été en Suisse ou en Italie (DUTOIT ET AL., op. cit., vol. III, 1986, p. 125 ss et les citations; sur l'évolution de la jurisprudence: CHENEVARD, Le régime civil des successions dans les rapports italo-suisses, 1985, p. 47 ss). La réponse serait plus délicate si la compétence du juge italien devait être examinée par rapport à la question (préjudicielle) de la validité de l'accord du 18 février 2004. En admettant la nature successorale du contentieux (cf. supra, consid. 2.1), l'art. 2 al. 1 ch. 6 de la Convention serait également applicable dans ce cas. Certes, l'art. 2 al. 2 du traité déclare que les dispositions contenues aux ch. 1 à 4 ne s'appliquent pas aux contestations pour lesquelles le droit de l'Etat requis "reconnaît comme exclusivement compétentes ses propres juridictions". Dans son avis de droit du 4 décembre 2009 (n° 09-132cc), l'Institut suisse de droit comparé (ISDC) a toutefois démontré que, BGE 138 III 570 S. 581 en matière successorale, la compétence exclusive que pourraient revendiquer les tribunaux suisses sur la base de la clause d'élection de for ne pourrait pas faire obstacle à la litispendance, "étant donné que la nature exclusive d'une telle compétence ne peut, d'après la teneur de la disposition légale, jouer que dans les cas énumérés aux chiffres 1 à 4, mais non dans le cas du chiffre 6" (p. 21 ch. 50; cf. sur les avis de droit de l'ISDC: ATF 137 III 517 consid. 3.3 et les citations). La question de savoir si l'existence d'une clause d'élection de for pourrait contrecarrer, en vertu de l'art. 8 de la Convention, la reconnaissance du jugement italien est examinée plus loin (cf. infra, consid. 4.4). 4.4 L'autorité précédente a retenu que "la Convention de 1933 n'exige pas que la décision étrangère soit susceptible de reconnaissance". Contrairement à l' art. 9 al. 1 LDIP, la Convention italo-suisse n'exige pas de "pronostic de reconnaissance" du jugement italien à intervenir (WITTIBSCHLAGER, Rechtshängigkeit in internationalen Verhältnissen, 1992, p. 45; de l'opinion contraire: arrêt de la I re Chambre civile du Tribunal d'appel du canton du Tessin précité, in RtiD 2009 I 746 consid. 6, qui se réfère à ACOCELLA, op. cit., p. 135); l'Institut suisse de droit comparé l'a explicitement rappelé dans son avis de droit. A ce stade, les tribunaux genevois n'avaient donc pas à se demander - fût-ce sur la base d'un examen sommaire - si le jugement italien serait ou non susceptible de reconnaissance en Suisse (notamment en raison de la non-application de la clause d'élection de for; supra, consid. 3.2). (...) 6. 6.1 A titre subsidiaire, la recourante sollicite le renvoi de la cause à la juridiction précédente "afin qu'elle suspende la cause jusqu'à droit jugé définitif en Italie" sur la procédure opposant les parties; en bref, elle reproche à l'autorité cantonale d'avoir confirmé la décision du premier juge de déclarer irrecevable l'action en constatation de droit au lieu de suspendre le procès ouvert en Suisse. 6.2 Aux termes de l'art. 8 de la Convention italo-suisse, l'admission de l'exception de litispendance conduit au dessaisissement du juge saisi en second lieu. Cette solution s'écarte de celle de l' art. 9 al. 1 LDIP, qui prévoit - dans un premier temps ( art. 9 al. 3 LDIP ) - la suspension de la procédure introduite devant le tribunal suisse (cf. sur les diverses solutions possibles: SCHNEIDER, op. cit., p. 313/314). BGE 138 III 570 S. 582 Certes, il est parfois soutenu que, nonobstant le texte du traité, le juge suisse ne serait pas tenu d'écarter la demande, mais pourrait ordonner la suspension de la procédure, si cette mesure lui semble plus opportune (arrêt de la I re Chambre civile du Tribunal d'appel du canton du Tessin précité consid. 6, in RtiD 2009 I 746/747, qui se réfère à ACOCELLA, op. cit., p. 142 ss). Il n'y a toutefois aucun motif de déroger à la lettre claire de la convention (cf. SCHNEIDER, op. cit., p. 314; WITTIBSCHLAGER, op. cit., p. 45/46; WALDER, Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht der Schweiz, 1989, § 4 p. 108 n° 46); dans un arrêt du 28 mai 1998, la Cour de cassation italienne a aussi relevé que, contrairement à l'art. 21 aCL (= art. 27 CL révisée), "il giudice successivamente adito deve [...] spogliarsi della causa e nonsemplicemente sospendere il proprio giudizio" (RDIPP 1999 p. 296 ss, 301 consid. 1.2). Au demeurant, d'autres conventions bilatérales conclues par la Confédération adoptent un régime identique (SCHNEIDER, loc. cit.): l'art. 7 de la Convention du 15 janvier 1936 avec la Suède (FF 1936 I 697 ss, 702 ch. IV; WITTIBSCHLAGER, op. cit., p. 48), l'art. 10 de la Convention du 29 avril 1959 avec la Belgique (FF 1959 II 301 ss, 312 [s'abstenir de statuer]; WITTIBSCHLAGER, op. cit., p. 49), l'art. 8 de la Convention du 16 décembre 1960 avec l'Autriche (FF 1961 I 1585 ss, 1591: "refuser d'office [d']instruire [unlitige]"; WITTIBSCHLAGER, op. cit., p. 46) et l'art. 9 al. 1 de la Convention du 25 avril 1968 avec la Principauté du Liechtenstein (FF 1968 II 713 ss, 722: "refuser d'office [d']instruire[un litige]"; WITTIBSCHLAGER, op. cit., p. 47).
Urteilskopf
85. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause dame X. contre dame Y. (recours en matière civile)
5A_423/2011 du 15 mai 2012
Regeste Art. 1 Abs. 2 Ziff. 1 und Art. 21 aLugÜ (= Art. 1 Ziff. 2 lit. a und Art. 27 revLugÜ), Art. 8 des Übereinkommens vom 3. Januar 1933 zwischen der Schweiz und Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und Art. 9 IPRG ; internationale Rechtshängigkeit auf dem Gebiet des Erbrechts. Anwendbares Konventionsrecht (E. 2). Verhältnis zwischen Forumswahl und Rechtshängigkeit (E. 3). Bedingungen der Rechtshängigkeit im Sinn von Art. 8 des italienisch-schweizerischen Übereinkommens, interpretiert vor dem Hintergrund der Rechtsprechung bezüglich des Lugano-Übereinkommens (E. 4). Konsequenz der Zulassung der Rechtshängigkeit gemäss Art. 8 des italienisch-schweizerischen Übereinkommens (E. 6).
Regeste
Art. 1 Abs. 2 Ziff. 1 und Art. 21 aLugÜ (= Art. 1 Ziff. 2 lit. a und Art. 27 revLugÜ), Art. 8 des Übereinkommens vom 3. Januar 1933 zwischen der Schweiz und Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und Art. 9 IPRG ; internationale Rechtshängigkeit auf dem Gebiet des Erbrechts. Anwendbares Konventionsrecht (E. 2). Verhältnis zwischen Forumswahl und Rechtshängigkeit (E. 3). Bedingungen der Rechtshängigkeit im Sinn von Art. 8 des italienisch-schweizerischen Übereinkommens, interpretiert vor dem Hintergrund der Rechtsprechung bezüglich des Lugano-Übereinkommens (E. 4). Konsequenz der Zulassung der Rechtshängigkeit gemäss Art. 8 des italienisch-schweizerischen Übereinkommens (E. 6).
Art. 9 IPRG Anwendbares Konventionsrecht (E. 2).
Verhältnis zwischen Forumswahl und Rechtshängigkeit (E. 3).
Bedingungen der Rechtshängigkeit im Sinn von Art. 8 des italienisch-schweizerischen Übereinkommens, interpretiert vor dem Hintergrund der Rechtsprechung bezüglich des Lugano-Übereinkommens (E. 4).
Konsequenz der Zulassung der Rechtshängigkeit gemäss Art. 8 des italienisch-schweizerischen Übereinkommens (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 571
Sachverhalt ab Seite 571 BGE 138 III 570 S. 571
BGE 138 III 570 S. 571
A. X., ressortissant italien domicilié en Italie, est décédé le 24 janvier 2003 à Turin (Italie); il a laissé pour seules héritières son épouse, dame X., et sa fille, dame Y.
A. B. Des différends étant apparus quant au règlement de la succession, des négociations ont été menées afin de trouver un arrangement. Le 18 février 2004, les prénommées ont conclu un accord transactionnel "pour mettre définitivement un terme à ce litige", lequel prévoit en substance le transfert à dame Y., en pleine propriété, de divers actifs (art. I et II) et la "conclusion d'un pacte successoral" avant le 6 mars 2004 (art. IV), les parties reconnaissant "n'avoir plus aucun droit, directement ou indirectement, dans la succession de [X.], et n'avoir aucune prétention à élever pour quelque motif que ce soit l'une envers l'autre ni à l'égard de quiconque, directement ou de toute autre manière" (art. VIII); cette convention "est exclusivement soumise au droit suisse" et prévoit, en cas de litige au sujet de sa conclusion, de sa validité, de son exécution ou de son interprétation, "la compétence exclusive du Tribunal de première instance de la République et Canton de Genève" (art. XIV). Cette transaction a été exécutée.
B. Convaincue que des avoirs ou des libéralités lui avaient été dissimulés lors de la conclusion de l'accord précité, dame Y. a saisi, le 28 mai 2007, le Tribunal de Turin (Italie) d'une demande dirigée à l'encontre de A., B. et C. - tous proches collaborateurs de feu X., chargés de la gestion de ses affaires - ainsi que de dame X.; en bref, elle a conclu: BGE 138 III 570 S. 572
BGE 138 III 570 S. 572
- à titre préliminaire, à ce qu'il soit ordonné à A., B. et C. de rendre compte de leur gestion des biens ayant appartenu au de cujus;
- à titre préjudiciel, à la constatation de la nullité, de l'annulabilité ou de l'inefficacité des accords passés entre les héritières après l'ouverture de la succession;
- à titre principal, à la constatation de sa qualité d'héritière à l'égard de tous les biens concernés par la reddition de comptes;
- à titre principal éventuel, à la condamnation des gérants à réparer le préjudice éventuellement causé dans le cadre de leur gestion;
- à titre principal, à la dissolution de la communauté héréditaire moyennant attribution de la propriété individuelle, avec obligation de restituer à la succession, des biens qui font partie de la masse successorale, après estimation de la valeur vénale des biens à partager;
- à titre subsidiaire, en cas d'impossibilité de partager certains biens, à l'estimation, à la vente, ainsi qu'au partage de leur produit entre les héritières.
Dame X. a excipé de l'incompétence des tribunaux italiens. Par arrêt du 7 octobre 2008, la Cour de cassation italienne a rejeté cette exception; elle a considéré que les conclusions principales tendaient à la pétition d'hérédité et à la dissolution de la communauté héréditaire, de sorte que les juridictions italiennes étaient compétentes en vertu de l'art. 50 de la loi italienne sur le droit international privé; le chef de conclusions relatif à la validité de l'accord du 18 février 2004 ne modifie pas la nature du litige, qui demeure successoral et, partant, est soustrait au champ d'application de la Convention de Lugano.
Statuant sur le fond le 17 mars 2010, le Tribunal de Turin a débouté la demanderesse de toutes ses conclusions. Cette décision fait l'objet d'un recours devant la Cour d'appel de Turin.
C. Le 4 juin 2009, dame X. a déposé devant le Tribunal de première instance de Genève une action à l'encontre de dame Y. tendant à la constatation que "l'accord du 18 février 2004 est valide et lie les parties"; la défenderesse a conclu à ce que l'action en constatation de droit soit déclarée irrecevable, subsidiairement à ce qu'il soit sursis à statuer.
C. Statuant "sur fin de non-recevoir de litispendance" le 26 octobre 2010, le Tribunal a déclaré l'action irrecevable. La Cour de justice du canton de Genève a confirmé cette décision le 20 mai 2011. (...) BGE 138 III 570 S. 573
BGE 138 III 570 S. 573
Le Tribunal fédéral a rejeté le recours en matière civile formé par dame X.
(extrait)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
2. Bien que les parties soient toutes deux domiciliées en Suisse, la Cour de justice a considéré à juste titre que la présente cause revêt un caractère international ( art. 1 al. 1 let. a LDIP ; RS 291); cette opinion - qui n'est d'ailleurs pas contestée par la recourante ( art. 42 al. 2 LTF ) - doit être approuvée; s'agissant, en l'occurrence, de procédures introduites dans deux Etats différents, la litispendance est par définition internationale (cf. SCHNEIDER, L'exception de litispendance en droit international privé, in Mélanges offerts à la SSJ, 1976, p. 295). Au préalable, il convient de rechercher si un traité international s'applique ( art. 1 al. 2 LDIP ; ATF 115 III 148 consid. 3).
2. art. 1 al. 1 let. a LDIP art. 42 al. 2 LTF art. 1 al. 2 LDIP 2.1 La Cour de justice a retenu que "tant la procédure genevoise que la procédure italienne étaient de nature successorale", en sorte que la Convention de Lugano (dans sa version de 1988) - à laquelle l'Italie et la Suisse sont parties - n'était pas applicable (art. 1 al. 2 ch. 1 aCL; RO 1991 2436 [= art. 1 par. 2 let. a CL révisée; RS 0.275.12]; sur ce motif d'exclusion: ATF 135 III 185 consid. 3.4; arrêt 4A_249/2009 du 29 juillet 2009 consid. 2). Une telle argumentation laisse entendre que l'intervention de l'art. 21 aCL (= art. 27 CL révisée) suppose que les deux actions tombent dans le champ d'application matériel du traité (dans ce sens: GEIMER/SCHÜTZE, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3 e éd. 2010, n° 57 ad art. 1 et n° 11 ad art. 27 EuGVVO; KREN KOSTKIEWICZ, Rechtshängigkeit und Konnexität, in La Convention de Lugano, Passé, présent et devenir, Publication ISDC n° 59, 2007, p. 111; MABILLARD, in Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2011, n° 15 ad art. 27 CL ); l'action introduite à Turin étant indiscutablement successorale, la Convention de Lugano serait inapplicable pour ce motif déjà, sans qu'il faille s'interroger sur la nature de celle qui a été intentée à Genève.
2.1 art. 1 par. 2 let. a CL art. 27 CL art. 27 CL Il n'y a pas lieu de se prononcer définitivement sur le bien-fondé de cet avis, puisque l'action (en constatation) ouverte à Genève présente de toute manière aussi un caractère successoral. Il est exact que l'accord du 18 février 2004 est une "transaction" ayant expressément pour but de "mettre définitivement un terme [au] litige" entre les parties. Bien que la question apparaisse controversée, il faut reconnaître une nature successorale au sens de l'art. 1 al. 2 ch. 1 aCL aux litiges BGE 138 III 570 S. 574 relatifs à la validité et aux effets des conventions entre héritiers (sic: DONZALLAZ, La Convention de Lugano, vol. I, 1992, p. 371 n° 945; MANKOWSKI, in Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, vol. I, 2011, n° 16 ad art. 1 Brüssel I-VO; contra: arrêt de la Cour d'appel de Rome du 30 avril 1995, in Rivista di diritto internazionale privato e processuale [ci-après: RDIPP] 1996 p. 750); bien qu'elle n'ait pas eu à trancher ce point, la Cour de céans partage cette position (cf. ATF 137 III 369 consid. 4.3 et les citations). En outre, les clauses de cet accord ont, pour l'essentiel, un contenu indubitablement successoral (cf. supra, let. B); par ailleurs, en droit suisse - applicable à l'accord litigieux -, la transaction extrajudiciaire n'a en principe pas d'effet novatoire et, partant, n'a pas pour effet de remplacer la cause originaire (successorale) par une nouvelle, qui serait ici obligationnelle (sur le sujet: GAUCH, Der aussergerichtliche Vergleich, in Innominatverträge, Festgabe [...] Schluep, 1988, p. 15 et les références).
BGE 138 III 570 S. 574
2.2 Les juridictions cantonales ont examiné le mérite de l'exception de litispendance au regard de l'art. 8 de la Convention du 3 janvier 1933 entre la Suisse et l'Italie sur la reconnaissance et l'exécution de décisions judiciaires (RS 0.276.194.541), aux termes duquel les autorités judiciaires de l'un des deux Etats (i.c. suisses) doivent, si l'une des parties le demande, se dessaisir des contestations portées devant elles lorsque ces contestations sont déjà pendantes devant une juridiction de l'autre Etat (i.c. italienne), pourvu que celle-ci soit compétente selon les règles de la Convention. Ce traité tombe sous le coup de la réserve de l' art. 1 al. 2 LDIP, de sorte que la norme conventionnelle précitée l'emporte sur l' art. 9 LDIP (arrêt de la I re Chambre civile du Tribunal d'appel du canton du Tessin du 29 septembre 2008 consid. 5, in RtiD 2009 I 745/746; BUCHER, in Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, n° 5 ad art. 9 LDIP ).
2.2 art. 1 al. 2 LDIP art. 9 LDIP art. 9 LDIP D'après le Message du 6 février 1933 concernant la convention conclue avec l'Italie sur la reconnaissance et l'exécution de décisions judiciaires, cette convention n'est pas un "traité réglementant la compétence judiciaire", mais "uniquement une convention d'exécution"; elle "s'occupe de la compétence judiciaire en tant seulement que cette compétence constitue une condition de la reconnaissance ou de l'exécution de la décision dans un autre Etat" (FF 1933 I 242; DUTOIT/KNOEPFLER/LALIVE/MERCIER, Répertoire de droit international privé suisse, vol. II, 1983, p. 213 n° 1, avec les références; ATF 113 II 100 consid. 2). BGE 138 III 570 S. 575 Cependant, deux dispositions "outrepassent ces limites": "l'une - pertinente en l'espèce -, qui vise l'exception de litispendance, est contenue à l'article 8, l'autre, qui traite des mesures provisoires ou conservatoires, à l'article 10" (FF 1933 I 242). Enfin, bien que cette condition ne ressorte pas de son texte, l'art. 8 du traité exige une identité d'objet entre les deux actions (FF 1933 I 250 ["l'exception de litispendance peut être soulevée si la même contestation est portée devant les juridictions de l'autre Etat"]; idem: ATF 65 II 177 p. 179; ATF 109 II 180 consid. 3 ["contestations identiques"]).
BGE 138 III 570 S. 575
ATF 65 II 177 3.
3. 3.1 La recourante se plaint d'abord d'une violation de l' art. 5 al. 1 LDIP, en vertu duquel, en matière patrimoniale, les parties peuvent convenir du tribunal appelé à trancher un différend né ou à naître à l'occasion d'un rapport de droit déterminé, cette élection de for étant, sauf stipulation contraire, exclusive. En substance, elle fait valoir que la décision entreprise revient à priver de toute portée la clause de prorogation de for incluse dans l'accord du 18 février 2004; si l'intimée voulait remettre en cause cet accord transactionnel, il lui appartenait d'agir devant les tribunaux genevois, qui étaient désormais le "for naturel" du litige; le mécanisme de la litispendance ne saurait avoir pour effet de soustraire la cause à l'autorité qui doit exclusivement en connaître à teneur de la convention d'élection de for.
3.1 art. 5 al. 1 LDIP La juridiction précédente a constaté que le premier juge n'a pas nié qu'il était compétent en vertu de la clause de prorogation de for et ne s'est pas déclaré incompétent (à raison du lieu) pour connaître du litige; il a du reste implicitement admis sa compétence avant d'examiner le moyen tiré de la litispendance; en outre, sa compétence n'a pas été contestée par la partie adverse. Il s'ensuit que le grief pris de la violation de l' art. 5 al. 1 LDIP est "sans objet". art. 5 al. 1 LDIP 3.2 L'autorité précédente est partie de la prémisse que le "mécanisme [de la litispendance] n'a de sens que si le tribunal second saisi était compétent s'il avait été saisi seul ou en premier lieu" (BUCHER, op. cit., n° 20 ad art. 9 LDIP ). Selon la jurisprudence constante, la Convention italo-suisse ne touche en rien au pouvoir d'un Etat de déterminer, en conformité de son droit de procédure international, dans quels cas et à quelles conditions ses propres juridictions sont compétentes pour connaître de la cause dont elles sont saisies, sans préjudice du sort qui serait réservé à leurs décisions au stade de sa reconnaissance BGE 138 III 570 S. 576 dans l'autre Etat ( ATF 84 II 57 consid. 2b/bb; ATF 88 II 6 consid. 3; ATF 96 I 594 let. b; ATF 113 II 100 consid. 2). La validité de la clause d'élection de for stipulée en l'espèce par les parties ne relève donc pas du traité, mais du seul droit interne, en l'occurrence de l' art. 5 al. 1 LDIP (DUTOIT ET AL., op. cit., p. 229 n° 50). Or, sous cet angle - comme l'a souligné à juste titre la cour cantonale -, la compétence du Tribunal de première instance de Genève ne pose aucun problème et n'a d'ailleurs, semble-t-il, jamais été contestée. L'admissibilité d'une clause d'élection de for en matière de litiges du droit des successions est en outre très largement admise (parmi plusieurs: FF 1983 I 291 in fine n° 213.5; BUCHER, op. cit., n° 7 ad art. 5 LDIP ; DUTOIT, Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 4 e éd. 2005, n° 4 ad art. 5 LDIP ; plus réservé: HEINI, in Zürcher Kommentar zum IPRG, 2 e éd. 2004, n° 9 ad art. 86 LDIP ).
3.2 art. 9 LDIP BGE 138 III 570 S. 576
art. 5 al. 1 LDIP art. 5 LDIP art. 5 LDIP art. 86 LDIP Comme le souligne avec raison la recourante, l'autorité précédente ne s'est, en revanche, pas prononcée sur le point de savoir si l'existence de la clause d'élection de for faisait obstacle à la litispendance; c'est la compétence du premier juge saisi qui est alors en question. Conformément au principe énoncé plus haut, les autorités italiennes ont fondé leur compétence sur l'art. 50 de la loi de DIP du 31 mai 1995; que les tribunaux italiens aient ignoré cette clause ou ne lui aient pas attribué d'effet est sans importance, car l'institution de la litispendance a pour but principal d'éviter les jugements contradictoires, non de sanctionner la violation d'une règle de compétence découlant de l'absence de prise en considération d'une clause d'élection de for (cf. REYMOND, L'exception de litispendance, 1991, p. 185 let. A). Sous réserve des conditions de l'art. 8 de la Convention italo-suisse (infra, consid. 4.2), c'est donc au stade de la reconnaissance du jugement italien consécutif à l'action de l'intimée que les tribunaux suisses devront, le cas échéant, s'interroger sur les conséquences de la méconnaissance de ladite clause (cf. sur le sujet: VON OVERBECK, Les élections de for selon la loi fédérale sur le droit international privé du 18 décembre 1987, in Festschrift für Max Keller [...], 1989, p. 624 ss et les citations; ACOCELLA, Internationale Zuständigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivilsachen im schweizerisch-italienischen Rechtsverkehr, 1989, p. 249 et 301; cf. pour le cas où un tribunal étatique étranger a statué malgré l'existence d'une convention d'arbitrage: ATF 127 III 186 consid. 2); il n'y a dès lors pas lieu d'en débattre ici. BGE 138 III 570 S. 577
BGE 138 III 570 S. 577
4.
4. 4.1 La recourante reproche en outre à la Cour de justice d'avoir violé l'art. 8 de la Convention italo-suisse à un triple titre: premièrement, à la date du dépôt de l'action à Genève, l'intimée n'avait pas encore pris de "conclusion ferme" devant les juridictions italiennes pour leur faire trancher la question de la validité de l'accord du 18 février 2004 (infra, consid. 4.2); deuxièmement, du point de vue des autorités helvétiques, les juridictions italiennes sont en toute hypothèse incompétentes pour connaître de cette question, vu l'existence d'une clause d'élection de for en faveur des tribunaux genevois (infra, consid. 4.3); troisièmement, un éventuel jugement rendu en Italie sur ce point ne pourrait pas être reconnu en Suisse (infra, consid. 4.4).
4.1 L'autorité précédente a rappelé que le but de la litispendance est de prévenir des jugements contradictoires; aussi ne faut-il pas s'attacher à l'aspect formel des procédures, mais déterminer le "centre de gravité des litiges". Il y a dès lors identité de l'objet du litige lorsque les parties soumettent au juge la même prétention en se fondant sur les mêmes causes juridiques et les mêmes faits, étant précisé que cette condition doit s'analyser dans un sens matériel, et non d'après la teneur formelle des conclusions. En l'espèce, la décision du premier juge, qui a admis que cette condition était remplie, échappe à toute critique. L'intimée a introduit en Italie une demande qui tend à titre principal à une pétition d'hérédité ainsi qu'au partage; or, "cette action revient sans conteste à remettre en question la validité de l'accord du 18 février 2004", lors même que l'intéressée n'a pas formulé de chef de conclusions principal sur ce point en première instance en Italie. Les deux procès "gravitent ainsi bien autour de la même problématique, à savoir la validité de l'accord du 18 février 2004", celui-ci comportant une renonciation des parties à toute autre prétention dans la succession du de cujus.
4.2
4.2 4.2.1 Comme l'a jugé l'autorité cantonale, la condition de l'identité des parties (ou subjective) est réalisée en l'espèce, ce que la recourante ne conteste pas ( art. 42 al. 2 LTF ). Il suffit que le procès ouvert en Suisse mette aux prises les mêmes parties que celles qui s'opposent dans la procédure italienne, même si cette dernière comporte encore d'autres défendeurs ( ATF 105 II 229 consid. 1b; REYMOND, op. cit., p. 251 ss et les références). La position procédurale différente des parties dans les deux procédures est sans incidence ( ATF 128 III 284 consid. 3a et les nombreuses citations). BGE 138 III 570 S. 578
4.2.1 art. 42 al. 2 LTF BGE 138 III 570 S. 578
4.2.2 Sans le dire expressément, l'autorité précédente s'est fondée sur la jurisprudence que la Cour de justice des Communautés européennes (CJCE; actuellement Cour de justice de l'Union européenne) a rendue sur l'art. 21 de la Convention de Bruxelles de 1968 (= art. 21 aCL); dans son arrêt du 8 décembre 1987 Gubisch Maschinenfabrik AG contre Palumbo 144/86, Rec. 1987 p. 4861, cette autorité a considéré, en bref, que la notion d'identité d'objet ne devait pas être "restreinte à l'identité formelle des deux demandes", mais qu'il fallait mettre l'accent sur la question juridique qui se trouve au centre des deux procès; elle a ainsi admis l'identité entre une action en exécution d'un contrat de vente, ouverte d'abord en Allemagne, et une action en déclaration de nullité, en annulation et en résolution dudit contrat, car la "force obligatoire du contrat [est] au centre des deux litiges". Ce principe a été confirmé dans plusieurs arrêts ultérieurs (cf. arrêts Tatry du 6 décembre 1994, C-406/92, Rec. 1994 I 5439; Gantner du 8 mai 2003, C-111/01, Rec. 2003 I 4207; Maersk du 14 octobre 2004, C-39/02, Rec. 2004 I 9657). Le Tribunal fédéral s'y est rallié pour interpréter, non seulement l'art. 21 aCL ( ATF 123 III 414 consid. 5; ATF 125 III 346 consid. 4b; ATF 136 III 523 consid. 6.1), mais aussi l' art. 9 LDIP (arrêt 5C.289/2006 du 7 juin 2007 consid. 3.2) et l' art. 35 LFors (RO 2000 2355; ATF 128 III 284 consid. 3b).
4.2.2 art. 9 LDIP art. 35 LFors Cette conception unitaire de l'identité d'objet doit être approuvée. Elle est d'abord justifiée par le but commun que poursuivent les normes consacrées à la litispendance - qu'elle soit interne ou internationale -, à savoir d'éviter des jugements contradictoires lorsque des demandes identiques sont déposées à plusieurs endroits (notamment: ATF 128 III 284 consid. 3b/bb et les références). Elle apparaît en outre conforme à la jurisprudence récente selon laquelle la "notion d'identité d'objet doit être comprise de la même manière en droit interne et en droit international privé" (arrêt 5C.289/2006 précité; dans ce sens: BUCHER, op. cit., n° 10 ad art. 9 LDIP ; le même, L'examen de la compétence internationale par le juge suisse, SJ 2007 II p. 168). Il s'ensuit que l'art. 8 de la Convention italo-suisse doit être interprété à la lumière des principes qui précèdent. A cet égard, on peut relever que la Cour de cassation italienne, dans une décision du 17 mai 2002, a considéré que la notion d'"identità di oggetto" au sens de la Convention du 6 avril 1962 entre l'Italie et la Belgique devait être "interpretata in base all'orientamento seguito nella interpretazione dell'art. 21 della convenzione di Bruxelles del 1968" (RDIPP 2002 p. 1061 ss, 1066/ BGE 138 III 570 S. 579 1067 consid. 2); cela étant, on peut penser qu'elle interpréterait de la même manière l'art. 8 de la Convention avec la Suisse. art. 9 LDIP BGE 138 III 570 S. 579
4.2.3 Il ressort de l'arrêt entrepris que la Cour de cassation italienne a retenu que l'intimée avait introduit une "action en pétition d'hérédité et en dissolution de la communauté héréditaire", la question de la validité de l'accord du 18 février 2004 ne se posant qu'à titre préjudiciel. Cette dernière question se pose en revanche à titre principal dans le procès ouvert à Genève, dès lors que la demande tend à la constatation que l'accord précité est "valide et lie les parties"; partant, il ne peut s'agir que d'une identité partielle. Cependant, cette circonstance n'exclut pas le jeu de la litispendance; si les conclusions de la seconde instance sont englobées dans celles de la première (ce qui est le cas ici), le second juge doit - selon le régime applicable à l'exception (cf. infra, consid. 6) - se dessaisir de la cause ou la suspendre dans son entier (REYMOND, op. cit., p. 201 let. A, avec les citations; idem, pour la CL ou le Règlement européen n° 44/2001: KROPHOLLER/VON HEIN, Europäisches Zivilprozessrecht, 9 e éd. 2011, n° 9 ad art. 27 EuGVO). Pour autant que les autres conditions soient remplies, la litispendance intervient sans égard au fait que les conclusions ont été formulées "dans l'un des procès à titre principal et dans l'autre à titre préjudiciel" (BUCHER, op. cit., n° 12 ad art. 9 LDIP ; le même, op. cit., SJ 2007 II p. 169), ou "à titre principal, alternatif ou subsidiaire" (REYMOND, op. cit., p. 227 et les citations). Ces points étant précisés, l'arrêt attaqué ne prête pas le flanc à la critique.
4.2.3 art. 9 LDIP En appliquant la notion (large) de litispendance consacrée par la Cour de justice des Communautés européennes, force est d'admettre que la question de la validité de l'accord du 18 février 2004 est au centre des deux procédures: si elle constitue l'unique aspect du procès genevois, elle est soumise préjudiciellement aux juges italiens; comme on l'a vu, le fait que l'intimée a formé à titre préjudiciel en première instance, puis à titre principal en instance d'appel, le chef de conclusions tendant à remettre en cause l'accord précité est dénué de pertinence. En outre, on ne saurait nier le risque de jugements inconciliables: en effet, si le Tribunal italien devait accueillir les conclusions en pétition d'hérédité et en partage, sa décision concernerait des biens successoraux auxquels l'intimée est censée avoir renoncé (cf. art. VIII de l'accord), alors que, si le juge genevois devait admettre, de son côté, la validité de l'accord, sa décision serait sur ce point incompatible avec celle de son collègue italien, en tant qu'elle confirmerait la BGE 138 III 570 S. 580 renonciation (transactionnelle) de l'intimée à l'égard des biens visés par l'action en pétition d'hérédité et en partage.
BGE 138 III 570 S. 580
4.3 Aux termes de l'art. 8 de la Convention italo-suisse, l'exception de litispendance implique que le tribunal italien (saisi en premier lieu) soit compétent "selon les règles de la présente convention".
4.3 La compétence du tribunal italien doit s'apprécier, non par rapport au chef de conclusions ayant pour objet la question - préjudicielle - de la validité de l'accord du 18 février 2004, mais par rapport aux conclusions en pétition d'hérédité et en partage formulées à titre principal. Sous cet angle, cette compétence est donnée au regard de l'art. 2 al. 1 ch. 6 de la Convention italo-suisse, qui reconnaît la compétence internationale des juridictions de l'Etat où la décision a été prise "lorsqu'il s'agit d'une contestation successorale entre les héritiers d'un ressortissant du pays où la décision a été rendue" (cf. par exemple: arrêt de la I re Chambre civile du Tribunal d'appel du canton du Tessin précité consid. 7a, in RtiD 2009 I 747; ATF 62 II 20 consid. 1, a contrario); dans le cas présent, le procès ouvert en Italie concerne la succession d'un ressortissant italien, domicilié en Italie au moment du décès. Comme l'avait déjà observé le Conseil fédéral (FF 1933 I 244), la compétence des autorités italiennes pourrait s'appuyer sur l'art. 17 al. 3 de Convention d'établissement et consulaire entre la Suisse et l'Italie du 22 juillet 1868; en dépit de sa formulation, il est admis - à l'instar de l'art. 5 de la Convention franco-suisse de 1869 ( ATF 119 II 77 consid. 2c et les citations) - que cette disposition s'applique aux contestations relatives à la succession d'un Italien, que son dernier domicile ait été en Suisse ou en Italie (DUTOIT ET AL., op. cit., vol. III, 1986, p. 125 ss et les citations; sur l'évolution de la jurisprudence: CHENEVARD, Le régime civil des successions dans les rapports italo-suisses, 1985, p. 47 ss).
ATF 62 II 20 La réponse serait plus délicate si la compétence du juge italien devait être examinée par rapport à la question (préjudicielle) de la validité de l'accord du 18 février 2004. En admettant la nature successorale du contentieux (cf. supra, consid. 2.1), l'art. 2 al. 1 ch. 6 de la Convention serait également applicable dans ce cas. Certes, l'art. 2 al. 2 du traité déclare que les dispositions contenues aux ch. 1 à 4 ne s'appliquent pas aux contestations pour lesquelles le droit de l'Etat requis "reconnaît comme exclusivement compétentes ses propres juridictions". Dans son avis de droit du 4 décembre 2009 (n° 09-132cc), l'Institut suisse de droit comparé (ISDC) a toutefois démontré que, BGE 138 III 570 S. 581 en matière successorale, la compétence exclusive que pourraient revendiquer les tribunaux suisses sur la base de la clause d'élection de for ne pourrait pas faire obstacle à la litispendance, "étant donné que la nature exclusive d'une telle compétence ne peut, d'après la teneur de la disposition légale, jouer que dans les cas énumérés aux chiffres 1 à 4, mais non dans le cas du chiffre 6" (p. 21 ch. 50; cf. sur les avis de droit de l'ISDC: ATF 137 III 517 consid. 3.3 et les citations). La question de savoir si l'existence d'une clause d'élection de for pourrait contrecarrer, en vertu de l'art. 8 de la Convention, la reconnaissance du jugement italien est examinée plus loin (cf. infra, consid. 4.4).
BGE 138 III 570 S. 581
4.4 L'autorité précédente a retenu que "la Convention de 1933 n'exige pas que la décision étrangère soit susceptible de reconnaissance".
4.4 Contrairement à l' art. 9 al. 1 LDIP, la Convention italo-suisse n'exige pas de "pronostic de reconnaissance" du jugement italien à intervenir (WITTIBSCHLAGER, Rechtshängigkeit in internationalen Verhältnissen, 1992, p. 45; de l'opinion contraire: arrêt de la I re Chambre civile du Tribunal d'appel du canton du Tessin précité, in RtiD 2009 I 746 consid. 6, qui se réfère à ACOCELLA, op. cit., p. 135); l'Institut suisse de droit comparé l'a explicitement rappelé dans son avis de droit. A ce stade, les tribunaux genevois n'avaient donc pas à se demander - fût-ce sur la base d'un examen sommaire - si le jugement italien serait ou non susceptible de reconnaissance en Suisse (notamment en raison de la non-application de la clause d'élection de for; supra, consid. 3.2). art. 9 al. 1 LDIP (...)
6.
6. 6.1 A titre subsidiaire, la recourante sollicite le renvoi de la cause à la juridiction précédente "afin qu'elle suspende la cause jusqu'à droit jugé définitif en Italie" sur la procédure opposant les parties; en bref, elle reproche à l'autorité cantonale d'avoir confirmé la décision du premier juge de déclarer irrecevable l'action en constatation de droit au lieu de suspendre le procès ouvert en Suisse.
6.1 6.2 Aux termes de l'art. 8 de la Convention italo-suisse, l'admission de l'exception de litispendance conduit au dessaisissement du juge saisi en second lieu. Cette solution s'écarte de celle de l' art. 9 al. 1 LDIP, qui prévoit - dans un premier temps ( art. 9 al. 3 LDIP ) - la suspension de la procédure introduite devant le tribunal suisse (cf. sur les diverses solutions possibles: SCHNEIDER, op. cit., p. 313/314). BGE 138 III 570 S. 582 Certes, il est parfois soutenu que, nonobstant le texte du traité, le juge suisse ne serait pas tenu d'écarter la demande, mais pourrait ordonner la suspension de la procédure, si cette mesure lui semble plus opportune (arrêt de la I re Chambre civile du Tribunal d'appel du canton du Tessin précité consid. 6, in RtiD 2009 I 746/747, qui se réfère à ACOCELLA, op. cit., p. 142 ss). Il n'y a toutefois aucun motif de déroger à la lettre claire de la convention (cf. SCHNEIDER, op. cit., p. 314; WITTIBSCHLAGER, op. cit., p. 45/46; WALDER, Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht der Schweiz, 1989, § 4 p. 108 n° 46); dans un arrêt du 28 mai 1998, la Cour de cassation italienne a aussi relevé que, contrairement à l'art. 21 aCL (= art. 27 CL révisée), "il giudice successivamente adito deve [...] spogliarsi della causa e nonsemplicemente sospendere il proprio giudizio" (RDIPP 1999 p. 296 ss, 301 consid. 1.2). Au demeurant, d'autres conventions bilatérales conclues par la Confédération adoptent un régime identique (SCHNEIDER, loc. cit.): l'art. 7 de la Convention du 15 janvier 1936 avec la Suède (FF 1936 I 697 ss, 702 ch. IV; WITTIBSCHLAGER, op. cit., p. 48), l'art. 10 de la Convention du 29 avril 1959 avec la Belgique (FF 1959 II 301 ss, 312 [s'abstenir de statuer]; WITTIBSCHLAGER, op. cit., p. 49), l'art. 8 de la Convention du 16 décembre 1960 avec l'Autriche (FF 1961 I 1585 ss, 1591: "refuser d'office [d']instruire [unlitige]"; WITTIBSCHLAGER, op. cit., p. 46) et l'art. 9 al. 1 de la Convention du 25 avril 1968 avec la Principauté du Liechtenstein (FF 1968 II 713 ss, 722: "refuser d'office [d']instruire[un litige]"; WITTIBSCHLAGER, op. cit., p. 47).
6.2 art. 9 al. 1 LDIP art. 9 al. 3 LDIP BGE 138 III 570 S. 582
art. 27 CL
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Urteilskopf 138 III 583 86. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile) 5A_217/2012 du 9 juillet 2012 Regeste Art. 80 f. SchKG; als definitiver Rechtsöffnungstitel für rückständige Unterhaltsbeiträge geltendes Urteil. Pflicht des Sachrichters, über bereits bezahlte Beträge zu befinden, die von den rückständigen Unterhaltsbeiträgen abzuziehen sind (E. 6). Sachverhalt ab Seite 583 BGE 138 III 583 S. 583 X. et Y. sont les parents de jumeaux nés en 1997. Les époux vivent séparés depuis le 14 juillet 2007. Saisi par l'époux (Y.) d'une requête de mesures protectrices de l'union conjugale, le Tribunal de première instance de Genève a, par jugement du 28 mai 2009, condamné Y. à verser à X., par mois et d'avance, allocations familiales non comprises, la somme de 3'500 fr. à titre de contribution à l'entretien de sa famille, ce dès le 24 octobre 2007 sous déduction des montants déjà versés par Y. à ce titre. Chacun des époux a fait appel contre ce jugement. Par arrêt du 26 novembre 2009, la Cour de justice du canton de Genève a condamné Y. à payer une contribution à l'entretien de ses deux enfants de 3'000 fr. par mois, allocations familiales non comprises. BGE 138 III 583 S. 584 Il ressort des considérants de cet arrêt que les allocations familiales, par 298 fr., sont dues en sus et que les parties n'ont pas remis en cause l'effet rétroactif fixé par le premier juge au 24 octobre 2007. En revanche, la cour a jugé qu'il ne lui appartenait pas de déterminer quels paiements effectués par Y. après la séparation des parties pouvaient être portés en déduction de la contribution à l'entretien des enfants, alors qu'aucun de ces paiements n'avait été prouvé dans le cadre de la procédure. Les parties n'ont pas recouru contre cet arrêt. X. a requis l'exécution de l'arrêt cantonal du 26 novembre 2009. Elle a fait notifier à Y. un commandement de payer, poursuite n° x, portant sur la somme totale de 143'150 fr. 15 (dont 132'065 fr. en capital). Y. a fait opposition totale à ce commandement de payer. Le 4 août 2011, X. a sollicité la mainlevée définitive de l'opposition. Par jugement du 18 octobre 2011, le Tribunal de première instance a prononcé la mainlevée définitive de l'opposition, sous déduction de 9'200 fr. Le 10 novembre 2011, Y. a recouru contre ce jugement. Par arrêt du 10 février 2012, la Cour de justice a admis le recours, annulé le jugement de mainlevée du 18 octobre 2011 et rejeté la requête de X. en mainlevée définitive de l'opposition formée au commandement de payer. Par arrêt du 12 juillet 2012, le Tribunal fédéral a partiellement admis le recours en matière civile interjeté par X. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 6. La recourante reproche à l'autorité cantonale d'avoir violé l' art. 80 LP en jugeant que l'arrêt de mesures protectrices de l'union conjugale du 26 novembre 2009 ne constitue pas un titre de mainlevée de l'opposition au commandement de payer pour l'arriéré des contributions d'entretien dues du 24 octobre 2007 au 31 octobre 2009, cette dette n'étant pas chiffrée. La question qui se pose est donc celle de savoir quand un jugement vaut titre de mainlevée pour l'arriéré des contributions d'entretien. 6.1 6.1.1 La mainlevée définitive de l'opposition n'est accordée que si le jugement condamne le poursuivi à payer une somme d'argent BGE 138 III 583 S. 585 déterminée, c'est-à-dire chiffrée. Le juge de la mainlevée doit vérifier que la prétention déduite en poursuite ressort du jugement qui lui est présenté. Il ne lui appartient toutefois pas de se prononcer sur l'existence matérielle de la prétention ou sur le bien-fondé du jugement. Si ce jugement est peu clair ou incomplet, il appartient au juge du fond de l'interpréter ( ATF 135 III 315 consid. 2.3; ATF 134 III 656 consid. 5.3.2; arrêt 5A_487/2011 du 2 septembre 2011 consid. 3.1 et les références). Néanmoins, ce pouvoir d'examen limité du juge de la mainlevée ne signifie pas que ce magistrat ne pourrait tenir compte que du dispositif du jugement invoqué. Il peut aussi prendre en considération les motifs du jugement pour décider si ce dernier constitue un titre de mainlevée au sens de l' art. 80 al. 1 LP ( ATF 134 III 656 consid. 5.3.2); ce n'est que si le sens du dispositif est douteux et que ce doute ne peut être levé à l'examen des motifs que la mainlevée doit être refusée. Le juge peut aussi prendre en considération à cette fin d'autres documents, dans la mesure où le jugement y renvoie ( ATF 135 III 315 consid. 2.3; arrêt 5A_487/2011 du 2 septembre 2011 consid. 3.1). Selon la jurisprudence, lorsque le dispositif du jugement condamne le débiteur au paiement de contributions d'entretien d'un montant déterminé, tout en réservant néanmoins les prestations d'entretien déjà versées, et que le montant qui reste dû à titre d'arriéré ne peut pas être déduit des motifs, ce jugement ne vaut pas titre de mainlevée, faute d'une obligation de payer claire ( ATF 135 III 315 consid. 2). Il en découle que, si le débirentier prétend avoir déjà versé des prestations d'entretien au crédirentier depuis la séparation des époux, il est nécessaire que le juge du fond statue sur les montants qui doivent être déduits de l'arriéré, sur la base des allégués et des preuves offertes en procédure. Il ne peut pas se contenter de réserver dans sa décision l'imputation des prestations déjà versées sans en chiffrer le montant; sinon le jugement rendu ne sera pas susceptible d'exécution forcée (arrêt 5A_860/2011 du 11 juin 2012 consid. 6.3). 6.1.2 Lorsque le dispositif du jugement condamne sans réserve le débiteur au paiement de contributions d'entretien d'un montant déterminé, pour une période rétroactive, et qu'il ressort des motifs que c'est faute de preuve que le juge du fond n'a pas arrêté le montant déjà versé depuis la séparation, ce jugement vaut alors titre de BGE 138 III 583 S. 586 mainlevée définitive pour le montant total de l'arriéré de pensions, cette dette étant claire et chiffrée. Dans la procédure de mainlevée, le débirentier ne peut pas faire valoir, à titre d'exception de l' art. 81 al. 1 LP, que la créance en paiement de l'arriéré de pensions était déjà éteinte lorsque le jugement au fond a été rendu. En effet, selon le texte clair de cette norme, le débiteur ne peut faire valoir que l'extinction de la dette survenue postérieurement au jugement valant titre de mainlevée. L'extinction survenue avant ou durant la procédure au fond ne peut donc pas être prise en compte dans la procédure de mainlevée; car cela reviendrait, pour le juge de la mainlevée, à examiner matériellement l'obligation de payer, examen auquel il appartient au juge du fond de procéder ( ATF 135 III 315 consid. 2.5). 6.2 En l'espèce, l'autorité cantonale n'a pas violé les principes précités en se référant aux motifs de l'arrêt du 26 novembre 2009 prononçant des mesures protectrices de l'union conjugale pour déterminer si celui-ci réservait les montants déjà versés à titre de contributions d'entretien. En revanche, elle les a violés en refusant de prononcer la mainlevée de l'opposition au commandement de payer l'arriéré des pensions. En effet, dans sa décision du 26 novembre 2009, la Cour de justice a certes admis qu'en principe les montants que le débiteur a déjà versés doivent être déduits de la dette. Néanmoins, elle a retenu en l'espèce qu'aucun des paiements effectués par l'intimé après la séparation des parties n'avait été prouvé et elle n'a donc pas réservé de prestations déjà versées dans le dispositif de son jugement. Celui-ci vaut donc titre de mainlevée pour le montant total de l'arriéré de pensions dues entre le 24 octobre 2007 et le 31 octobre 2009.
Urteilskopf
86. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile)
5A_217/2012 du 9 juillet 2012
Regeste Art. 80 f. SchKG; als definitiver Rechtsöffnungstitel für rückständige Unterhaltsbeiträge geltendes Urteil. Pflicht des Sachrichters, über bereits bezahlte Beträge zu befinden, die von den rückständigen Unterhaltsbeiträgen abzuziehen sind (E. 6).
Regeste
Art. 80 f. SchKG; als definitiver Rechtsöffnungstitel für rückständige Unterhaltsbeiträge geltendes Urteil. Pflicht des Sachrichters, über bereits bezahlte Beträge zu befinden, die von den rückständigen Unterhaltsbeiträgen abzuziehen sind (E. 6).
Pflicht des Sachrichters, über bereits bezahlte Beträge zu befinden, die von den rückständigen Unterhaltsbeiträgen abzuziehen sind (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 583
Sachverhalt ab Seite 583 BGE 138 III 583 S. 583
BGE 138 III 583 S. 583
X. et Y. sont les parents de jumeaux nés en 1997. Les époux vivent séparés depuis le 14 juillet 2007.
Saisi par l'époux (Y.) d'une requête de mesures protectrices de l'union conjugale, le Tribunal de première instance de Genève a, par jugement du 28 mai 2009, condamné Y. à verser à X., par mois et d'avance, allocations familiales non comprises, la somme de 3'500 fr. à titre de contribution à l'entretien de sa famille, ce dès le 24 octobre 2007 sous déduction des montants déjà versés par Y. à ce titre.
Chacun des époux a fait appel contre ce jugement. Par arrêt du 26 novembre 2009, la Cour de justice du canton de Genève a condamné Y. à payer une contribution à l'entretien de ses deux enfants de 3'000 fr. par mois, allocations familiales non comprises. BGE 138 III 583 S. 584
BGE 138 III 583 S. 584
Il ressort des considérants de cet arrêt que les allocations familiales, par 298 fr., sont dues en sus et que les parties n'ont pas remis en cause l'effet rétroactif fixé par le premier juge au 24 octobre 2007. En revanche, la cour a jugé qu'il ne lui appartenait pas de déterminer quels paiements effectués par Y. après la séparation des parties pouvaient être portés en déduction de la contribution à l'entretien des enfants, alors qu'aucun de ces paiements n'avait été prouvé dans le cadre de la procédure.
Les parties n'ont pas recouru contre cet arrêt.
X. a requis l'exécution de l'arrêt cantonal du 26 novembre 2009. Elle a fait notifier à Y. un commandement de payer, poursuite n° x, portant sur la somme totale de 143'150 fr. 15 (dont 132'065 fr. en capital). Y. a fait opposition totale à ce commandement de payer.
Le 4 août 2011, X. a sollicité la mainlevée définitive de l'opposition. Par jugement du 18 octobre 2011, le Tribunal de première instance a prononcé la mainlevée définitive de l'opposition, sous déduction de 9'200 fr.
Le 10 novembre 2011, Y. a recouru contre ce jugement. Par arrêt du 10 février 2012, la Cour de justice a admis le recours, annulé le jugement de mainlevée du 18 octobre 2011 et rejeté la requête de X. en mainlevée définitive de l'opposition formée au commandement de payer.
Par arrêt du 12 juillet 2012, le Tribunal fédéral a partiellement admis le recours en matière civile interjeté par X.
(résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
6. La recourante reproche à l'autorité cantonale d'avoir violé l' art. 80 LP en jugeant que l'arrêt de mesures protectrices de l'union conjugale du 26 novembre 2009 ne constitue pas un titre de mainlevée de l'opposition au commandement de payer pour l'arriéré des contributions d'entretien dues du 24 octobre 2007 au 31 octobre 2009, cette dette n'étant pas chiffrée.
6. art. 80 LP La question qui se pose est donc celle de savoir quand un jugement vaut titre de mainlevée pour l'arriéré des contributions d'entretien.
6.1
6.1 6.1.1 La mainlevée définitive de l'opposition n'est accordée que si le jugement condamne le poursuivi à payer une somme d'argent BGE 138 III 583 S. 585 déterminée, c'est-à-dire chiffrée. Le juge de la mainlevée doit vérifier que la prétention déduite en poursuite ressort du jugement qui lui est présenté. Il ne lui appartient toutefois pas de se prononcer sur l'existence matérielle de la prétention ou sur le bien-fondé du jugement. Si ce jugement est peu clair ou incomplet, il appartient au juge du fond de l'interpréter ( ATF 135 III 315 consid. 2.3; ATF 134 III 656 consid. 5.3.2; arrêt 5A_487/2011 du 2 septembre 2011 consid. 3.1 et les références).
6.1.1 BGE 138 III 583 S. 585
Néanmoins, ce pouvoir d'examen limité du juge de la mainlevée ne signifie pas que ce magistrat ne pourrait tenir compte que du dispositif du jugement invoqué. Il peut aussi prendre en considération les motifs du jugement pour décider si ce dernier constitue un titre de mainlevée au sens de l' art. 80 al. 1 LP ( ATF 134 III 656 consid. 5.3.2); ce n'est que si le sens du dispositif est douteux et que ce doute ne peut être levé à l'examen des motifs que la mainlevée doit être refusée. Le juge peut aussi prendre en considération à cette fin d'autres documents, dans la mesure où le jugement y renvoie ( ATF 135 III 315 consid. 2.3; arrêt 5A_487/2011 du 2 septembre 2011 consid. 3.1). art. 80 al. 1 LP Selon la jurisprudence, lorsque le dispositif du jugement condamne le débiteur au paiement de contributions d'entretien d'un montant déterminé, tout en réservant néanmoins les prestations d'entretien déjà versées, et que le montant qui reste dû à titre d'arriéré ne peut pas être déduit des motifs, ce jugement ne vaut pas titre de mainlevée, faute d'une obligation de payer claire ( ATF 135 III 315 consid. 2).
Il en découle que, si le débirentier prétend avoir déjà versé des prestations d'entretien au crédirentier depuis la séparation des époux, il est nécessaire que le juge du fond statue sur les montants qui doivent être déduits de l'arriéré, sur la base des allégués et des preuves offertes en procédure. Il ne peut pas se contenter de réserver dans sa décision l'imputation des prestations déjà versées sans en chiffrer le montant; sinon le jugement rendu ne sera pas susceptible d'exécution forcée (arrêt 5A_860/2011 du 11 juin 2012 consid. 6.3).
6.1.2 Lorsque le dispositif du jugement condamne sans réserve le débiteur au paiement de contributions d'entretien d'un montant déterminé, pour une période rétroactive, et qu'il ressort des motifs que c'est faute de preuve que le juge du fond n'a pas arrêté le montant déjà versé depuis la séparation, ce jugement vaut alors titre de BGE 138 III 583 S. 586 mainlevée définitive pour le montant total de l'arriéré de pensions, cette dette étant claire et chiffrée.
6.1.2 BGE 138 III 583 S. 586
Dans la procédure de mainlevée, le débirentier ne peut pas faire valoir, à titre d'exception de l' art. 81 al. 1 LP, que la créance en paiement de l'arriéré de pensions était déjà éteinte lorsque le jugement au fond a été rendu. En effet, selon le texte clair de cette norme, le débiteur ne peut faire valoir que l'extinction de la dette survenue postérieurement au jugement valant titre de mainlevée. L'extinction survenue avant ou durant la procédure au fond ne peut donc pas être prise en compte dans la procédure de mainlevée; car cela reviendrait, pour le juge de la mainlevée, à examiner matériellement l'obligation de payer, examen auquel il appartient au juge du fond de procéder ( ATF 135 III 315 consid. 2.5). art. 81 al. 1 LP 6.2 En l'espèce, l'autorité cantonale n'a pas violé les principes précités en se référant aux motifs de l'arrêt du 26 novembre 2009 prononçant des mesures protectrices de l'union conjugale pour déterminer si celui-ci réservait les montants déjà versés à titre de contributions d'entretien. En revanche, elle les a violés en refusant de prononcer la mainlevée de l'opposition au commandement de payer l'arriéré des pensions. En effet, dans sa décision du 26 novembre 2009, la Cour de justice a certes admis qu'en principe les montants que le débiteur a déjà versés doivent être déduits de la dette. Néanmoins, elle a retenu en l'espèce qu'aucun des paiements effectués par l'intimé après la séparation des parties n'avait été prouvé et elle n'a donc pas réservé de prestations déjà versées dans le dispositif de son jugement. Celui-ci vaut donc titre de mainlevée pour le montant total de l'arriéré de pensions dues entre le 24 octobre 2007 et le 31 octobre 2009.
6.2
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Urteilskopf 138 III 587 87. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Y. Versicherungs-Gesellschaft AG gegen X. Ver- sicherungen AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_740/2011 vom 1. Juni 2012 Regeste Regress einer schweizerischen Unfallversicherung auf eine schweizerische Haftpflichtversicherung für Leistungen aus einem Verkehrsunfall, der sich in Schottland ereignet hat ( Art. 144 Abs. 1 und 2 IPRG ). Voraussetzungen und Durchführung des Rückgriffs nach Art. 144 IPRG. Das für die Durchführung des Rückgriffs massgebliche schottische Recht (Forderungsstatut) sieht nur eine Klage des Versicherers im Namen des Geschädigten vor, welcher aber zur Mitwirkung gezwungen werden kann. Mit Blick auf den von der Vorinstanz festgestellten Vorrang des Verfahrensrechts im Common Law System und das im konkreten Fall fehlende Schutzbedürfnis der beklagten Partei erscheint dennoch zulässig, dass die rückgriffsberechtigte Versicherung vor dem zuständigen schweizerischen Gericht nicht im Namen des Geschädigten, sondern im eigenen Namen klagt (E. 2). Erwägungen ab Seite 588 BGE 138 III 587 S. 588 Aus den Erwägungen: 2. Das Bundesgericht hat die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit diese den Inhalt der Normen des schottischen Rechts feststellt ( BGE 134 III 420 ). Die Vorinstanz hat dazu ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. 2.1 Die Vorinstanz erkannte, das schottische Recht erachte für die Leistungen aus Schadenversicherung (anders als für die Integritätsentschädigung) den Regress der Beschwerdegegnerin für zulässig. Bezüglich der prozessualen Durchsetzung sehe die schottische Rechtsordnung keinen eigentlichen Rechtsübergang vor, sondern räume lediglich dem regressberechtigten Versicherer die Möglichkeit ein, im Namen des Versicherten den Prozess gegen den Regressverpflichteten zu führen. Dabei könne der Versicherer den Versicherten aber zur Mitwirkung zwingen - zumindest zum namentlichen Auftreten als Kläger im Prozess. Für den Regressverpflichteten mache es - im Ergebnis - wohl keinen Unterschied, ob er in einem in den allermeisten Fällen wohl bloss formaliter vom Geschädigten geführten Prozess zu einer Regresszahlung verpflichtet werde, welche dieser ohne Weiteres an den regressberechtigten Versicherer herauszugeben hat, oder ob er sich im Prozess direkt Letztgenanntem gegenübersehe. Der Umstand, dass nach schottischem Recht der Rückgriff nicht im eigenen Namen durchgesetzt werden könne, sondern der Versicherer für die prozessuale Geltendmachung auf den Geschädigten angewiesen bleibe, sei von untergeordneter Bedeutung, da der Geschädigte vom Versicherer (notfalls gerichtlich) zur Mitwirkung verpflichtet werden könne. Überdies offenbare das Rechtsgutachten, dass in diesen Fällen der Versicherer den Prozess führe und von der beklagten Drittpartei Schadenersatz erhalte ("If the insurer successfully conducts the proceedings and obtains compensations from the third party defendant [...]"), aus welchem er seine Aufwendungen decken dürfe ("[...] it has the right to retain so much of that compensation as corresponds to its indemnification payment to the insured and its legal BGE 138 III 587 S. 589 costs"). Daher erachtete die Vorinstanz den Regressanspruch für begründet. 2.2 Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, mit der vorgenommenen Gesetzesanwendung und -auslegung von Art. 144 IPRG (SR 291) verletze die Vorinstanz Bundesrecht und überschreite das ihr zustehende Ermessen. Sie rügt, gestützt auf Art. 144 Abs. 2 IPRG beurteile sich unter anderem nach dem anwendbaren schottischen Recht die Frage, welche Nebenrechte, namentlich ob ein unmittelbares Forderungsrecht des Geschädigten auf den Haftpflichtversicherer übergehe. Aus dem Gutachten gehe hervor, dass das der Geschädigten zustehende direkte Forderungsrecht nicht auf die Beschwerdegegnerin übergehe und auch nicht übergegangen sei, weshalb diese keine Rechtsansprüche gegenüber der Beschwerdeführerin geltend machen könne. Die Klage sei mangels Aktivlegitimation abzuweisen. 2.3 Mit Bezug auf die Durchführung des Regresses, welche schottischem Recht unterstehe, hielt die Vorinstanz unter Hinweis auf eine Kommentarstelle (KELLER/GIRSBERGER, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N. 25 zu Art. 144 IPRG ) fest, es sei nicht eine Frage der Durchführung, sondern der Zulässigkeit des Rückgriffs, ob derjenige, der das Rückgriffsrecht geltend machen wolle, kraft der gesetzlichen Rückgriffsregelung dazu legitimiert sei. Mithin sei nicht von Bedeutung, dass die Beschwerdegegnerin - und nicht die Geschädigte gewissermassen als Prozessstandschafterin - die Regressklage im eigenen Namen führe. 2.4 Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist der Begriff "legitimiert" an der angegebenen Literaturstelle nicht in prozesstechnischem, sondern in materiellem Sinne zu verstehen. Dies belegt das am angeführten Ort erwähnte Beispiel, die Frage, ob der Haftpflichtversicherer des Geschädigten zum Rückgriff berechtigt ist, wenn er gezahlt hat. Damit muss die materielle Berechtigung gemeint sein. Die Frage ob der Haftpflichtversicherer zur Durchsetzung seines Anspruchs im eigenen Namen oder im Namen der Geschädigten vorzugehen hat, wird nicht thematisiert. 2.5 Gemäss Art. 144 Abs. 1 IPRG kann ein Schuldner auf einen anderen Schuldner unmittelbar oder durch Eintritt in die Rechtsstellung des Gläubigers insoweit Rückgriff nehmen, als es die Rechte zulassen, denen die entsprechenden Schulden unterstehen. Die Durchführung des Rückgriffs untersteht grundsätzlich dem gleichen Recht BGE 138 III 587 S. 590 wie die Schuld des Rückgriffsverpflichteten ( Art. 144 Abs. 2 Satz 1 IPRG ). 2.5.1 Mit Art. 144 Abs. 1 und 2 IPRG wollte der Gesetzgeber die Stellung des im Wege des Regresses in Anspruch genommenen Schuldners schützen, dessen Rechtsstellung nicht durch ein ihm möglicherweise unbekanntes Recht verschlechtert werden sollte (Botschaft vom 10. November 1982 zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht, BBl 1983 I 433 Ziff. 285.2). Durch die in Art. 144 Abs. 1 IPRG vorgesehene Anknüpfung wird einerseits erreicht, dass der den Gläubiger befriedigende Schuldner kein Rückgriffsrecht erhält, mit dem er nicht rechnen konnte, und andererseits, dass der Regresspflichtige nicht von unerwarteten Regressansprüchen überrascht wird. 2.5.2 Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz kann der Versicherer nach schottischem Recht nur im Namen des Geschädigten vorgehen, er kann diesen aber zur Mitwirkung zwingen. Auch das schottische Recht verhilft dem Regressberechtigten mithin zur Deckung, auch wenn dies nicht über eine Regressforderung im engen Sinn geschieht, da der Regressberechtigte lediglich in Stellvertretung des Geschädigten gegen den Dritten vorgehen kann. Insoweit ist der Regressanspruch mit Blick auf Art. 144 Abs. 1 IPRG zuzulassen. 2.5.3 Nach der herrschenden Lehre ist Art. 144 Abs. 2 IPRG extensiv auszulegen und regelt insbesondere auch, wie sich der Rückgriff formell gestaltet, sei es durch Subrogation, unmittelbaren Rückgriff oder ein verwandtes Institut (DASSER, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 10 zu Art. 144 IPRG ; KELLER/GIRSBERGER, a.a.O., N. 22 f. zu Art. 144 IPRG ; BONOMI, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, N. 11 zu Art. 144 IPRG ; KREN KOSTKIEWICZ, Grundriss des schweizerischen internationalen Privatrechts, 2012, S. 631 Rz. 2627). Das Bundesgericht hielt denn im Rückweisungsentscheid auch fest, die Durchführung des nach Art. 144 Abs. 1 IPRG zulässigen Rückgriffs erfolge gemäss Abs. 2 der Norm grundsätzlich nach dem Forderungsstatut; darunter falle insbesondere auch die Frage, ob ein unmittelbares Forderungsrecht des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer auf den Rückgriffsberechtigten übergehe. Es fragt sich daher, ob die Beschwerdegegnerin im Namen der Geschädigten klagen muss, welche Modalität das schottische Recht für den "Rückgriff" vorsieht. 2.5.4 Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz unterscheidet sich das (schottische) Common Law System mit dem ihm BGE 138 III 587 S. 591 innewohnenden Vorrang des Verfahrensrechts ganz grundsätzlich vom kontinentaleuropäischen Civil Law System. Da in der Schweiz prozessiert wird, kommt aber nicht das schottische, sondern das schweizerische Verfahrensrecht zur Anwendung. Dadurch darf die Stellung des Regressberechtigten im Vergleich zu einem in Schottland geführten Verfahren materiell nicht verschlechtert werden. Das schottische Recht räumt nach dem angefochtenen Entscheid dem regressberechtigten Versicherer die Möglichkeit ein, im Namen des Versicherten den Prozess gegen den Regressverpflichteten zu führen, wobei der regressberechtigte Versicherer den Versicherten zur Mitwirkung - zumindest zum namentlichen Auftreten als Kläger - zwingen kann. Dass auch nach dem schweizerischen Zivilprozessrecht eine gleichwertige Möglichkeit besteht, Versicherte zum namentlichen Auftreten als Kläger zu zwingen, zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf. Damit gelingt es ihr nicht, den angefochtenen Entscheid, der im Ergebnis mit Blick auf die grundsätzlichen Unterschiede in der Stellung des Verfahrensrechts des Common Law Systems und des kontinentaleuropäischen Civil Law Systems die Klage des Versicherers im eigenen Namen vor Schweizer Gerichten für zulässig erachtet, als bundesrechtswidrig auszuweisen. 2.5.5 Das schottische Recht verfolgt mit der Klage im Namen der Geschädigten im Wesentlichen denselben Zweck wie das schweizerische Recht, gemäss welchem die Beschwerdegegnerin im eigenen Namen hätte klagen können. Mit der Berufung auf die mangelnde Aktivlegitimation versucht sich die Beschwerdeführerin ihrer nach beiden Rechten vorgesehenen Zahlungsverpflichtung zu entziehen, obwohl dem für Art. 144 IPRG zentralen Aspekt des Schutzes des im Wege des Regresses in Anspruch genommenen Schuldners vor einer Verschlechterung seiner Rechtsstellung durch ein ihm möglicherweise unbekanntes Recht für das Verfahren zwischen zwei schweizerischen Versicherungen keine massgebende Bedeutung zukommt. Dass die Beschwerdeführerin befürchten müsste, von der Geschädigten für denselben Schaden erneut belangt zu werden, zeigt sie nicht rechtsgenüglich auf. Daher ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die Aktivlegitimation der Beschwerdegegnerin bejaht hat.
Urteilskopf
87. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Y. Versicherungs-Gesellschaft AG gegen X. Ver- sicherungen AG (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_740/2011 vom 1. Juni 2012
Regeste Regress einer schweizerischen Unfallversicherung auf eine schweizerische Haftpflichtversicherung für Leistungen aus einem Verkehrsunfall, der sich in Schottland ereignet hat ( Art. 144 Abs. 1 und 2 IPRG ). Voraussetzungen und Durchführung des Rückgriffs nach Art. 144 IPRG. Das für die Durchführung des Rückgriffs massgebliche schottische Recht (Forderungsstatut) sieht nur eine Klage des Versicherers im Namen des Geschädigten vor, welcher aber zur Mitwirkung gezwungen werden kann. Mit Blick auf den von der Vorinstanz festgestellten Vorrang des Verfahrensrechts im Common Law System und das im konkreten Fall fehlende Schutzbedürfnis der beklagten Partei erscheint dennoch zulässig, dass die rückgriffsberechtigte Versicherung vor dem zuständigen schweizerischen Gericht nicht im Namen des Geschädigten, sondern im eigenen Namen klagt (E. 2).
Regeste
Regress einer schweizerischen Unfallversicherung auf eine schweizerische Haftpflichtversicherung für Leistungen aus einem Verkehrsunfall, der sich in Schottland ereignet hat ( Art. 144 Abs. 1 und 2 IPRG ). Voraussetzungen und Durchführung des Rückgriffs nach Art. 144 IPRG. Das für die Durchführung des Rückgriffs massgebliche schottische Recht (Forderungsstatut) sieht nur eine Klage des Versicherers im Namen des Geschädigten vor, welcher aber zur Mitwirkung gezwungen werden kann. Mit Blick auf den von der Vorinstanz festgestellten Vorrang des Verfahrensrechts im Common Law System und das im konkreten Fall fehlende Schutzbedürfnis der beklagten Partei erscheint dennoch zulässig, dass die rückgriffsberechtigte Versicherung vor dem zuständigen schweizerischen Gericht nicht im Namen des Geschädigten, sondern im eigenen Namen klagt (E. 2).
Art. 144 Abs. 1 und 2 IPRG Voraussetzungen und Durchführung des Rückgriffs nach Art. 144 IPRG. Das für die Durchführung des Rückgriffs massgebliche schottische Recht (Forderungsstatut) sieht nur eine Klage des Versicherers im Namen des Geschädigten vor, welcher aber zur Mitwirkung gezwungen werden kann. Mit Blick auf den von der Vorinstanz festgestellten Vorrang des Verfahrensrechts im Common Law System und das im konkreten Fall fehlende Schutzbedürfnis der beklagten Partei erscheint dennoch zulässig, dass die rückgriffsberechtigte Versicherung vor dem zuständigen schweizerischen Gericht nicht im Namen des Geschädigten, sondern im eigenen Namen klagt (E. 2).
Art. 144 IPRG Erwägungen ab Seite 588
Erwägungen ab Seite 588 BGE 138 III 587 S. 588
BGE 138 III 587 S. 588
Aus den Erwägungen:
2. Das Bundesgericht hat die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit diese den Inhalt der Normen des schottischen Rechts feststellt ( BGE 134 III 420 ). Die Vorinstanz hat dazu ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben.
2. 2.1 Die Vorinstanz erkannte, das schottische Recht erachte für die Leistungen aus Schadenversicherung (anders als für die Integritätsentschädigung) den Regress der Beschwerdegegnerin für zulässig. Bezüglich der prozessualen Durchsetzung sehe die schottische Rechtsordnung keinen eigentlichen Rechtsübergang vor, sondern räume lediglich dem regressberechtigten Versicherer die Möglichkeit ein, im Namen des Versicherten den Prozess gegen den Regressverpflichteten zu führen. Dabei könne der Versicherer den Versicherten aber zur Mitwirkung zwingen - zumindest zum namentlichen Auftreten als Kläger im Prozess. Für den Regressverpflichteten mache es - im Ergebnis - wohl keinen Unterschied, ob er in einem in den allermeisten Fällen wohl bloss formaliter vom Geschädigten geführten Prozess zu einer Regresszahlung verpflichtet werde, welche dieser ohne Weiteres an den regressberechtigten Versicherer herauszugeben hat, oder ob er sich im Prozess direkt Letztgenanntem gegenübersehe. Der Umstand, dass nach schottischem Recht der Rückgriff nicht im eigenen Namen durchgesetzt werden könne, sondern der Versicherer für die prozessuale Geltendmachung auf den Geschädigten angewiesen bleibe, sei von untergeordneter Bedeutung, da der Geschädigte vom Versicherer (notfalls gerichtlich) zur Mitwirkung verpflichtet werden könne. Überdies offenbare das Rechtsgutachten, dass in diesen Fällen der Versicherer den Prozess führe und von der beklagten Drittpartei Schadenersatz erhalte ("If the insurer successfully conducts the proceedings and obtains compensations from the third party defendant [...]"), aus welchem er seine Aufwendungen decken dürfe ("[...] it has the right to retain so much of that compensation as corresponds to its indemnification payment to the insured and its legal BGE 138 III 587 S. 589 costs"). Daher erachtete die Vorinstanz den Regressanspruch für begründet.
2.1 BGE 138 III 587 S. 589
2.2 Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, mit der vorgenommenen Gesetzesanwendung und -auslegung von Art. 144 IPRG (SR 291) verletze die Vorinstanz Bundesrecht und überschreite das ihr zustehende Ermessen. Sie rügt, gestützt auf Art. 144 Abs. 2 IPRG beurteile sich unter anderem nach dem anwendbaren schottischen Recht die Frage, welche Nebenrechte, namentlich ob ein unmittelbares Forderungsrecht des Geschädigten auf den Haftpflichtversicherer übergehe. Aus dem Gutachten gehe hervor, dass das der Geschädigten zustehende direkte Forderungsrecht nicht auf die Beschwerdegegnerin übergehe und auch nicht übergegangen sei, weshalb diese keine Rechtsansprüche gegenüber der Beschwerdeführerin geltend machen könne. Die Klage sei mangels Aktivlegitimation abzuweisen.
2.2 Art. 144 IPRG Art. 144 Abs. 2 IPRG 2.3 Mit Bezug auf die Durchführung des Regresses, welche schottischem Recht unterstehe, hielt die Vorinstanz unter Hinweis auf eine Kommentarstelle (KELLER/GIRSBERGER, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N. 25 zu Art. 144 IPRG ) fest, es sei nicht eine Frage der Durchführung, sondern der Zulässigkeit des Rückgriffs, ob derjenige, der das Rückgriffsrecht geltend machen wolle, kraft der gesetzlichen Rückgriffsregelung dazu legitimiert sei. Mithin sei nicht von Bedeutung, dass die Beschwerdegegnerin - und nicht die Geschädigte gewissermassen als Prozessstandschafterin - die Regressklage im eigenen Namen führe.
2.3 Art. 144 IPRG 2.4 Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist der Begriff "legitimiert" an der angegebenen Literaturstelle nicht in prozesstechnischem, sondern in materiellem Sinne zu verstehen. Dies belegt das am angeführten Ort erwähnte Beispiel, die Frage, ob der Haftpflichtversicherer des Geschädigten zum Rückgriff berechtigt ist, wenn er gezahlt hat. Damit muss die materielle Berechtigung gemeint sein. Die Frage ob der Haftpflichtversicherer zur Durchsetzung seines Anspruchs im eigenen Namen oder im Namen der Geschädigten vorzugehen hat, wird nicht thematisiert.
2.4 2.5 Gemäss Art. 144 Abs. 1 IPRG kann ein Schuldner auf einen anderen Schuldner unmittelbar oder durch Eintritt in die Rechtsstellung des Gläubigers insoweit Rückgriff nehmen, als es die Rechte zulassen, denen die entsprechenden Schulden unterstehen. Die Durchführung des Rückgriffs untersteht grundsätzlich dem gleichen Recht BGE 138 III 587 S. 590 wie die Schuld des Rückgriffsverpflichteten ( Art. 144 Abs. 2 Satz 1 IPRG ).
2.5 Art. 144 Abs. 1 IPRG BGE 138 III 587 S. 590
Art. 144 Abs. 2 Satz 1 IPRG 2.5.1 Mit Art. 144 Abs. 1 und 2 IPRG wollte der Gesetzgeber die Stellung des im Wege des Regresses in Anspruch genommenen Schuldners schützen, dessen Rechtsstellung nicht durch ein ihm möglicherweise unbekanntes Recht verschlechtert werden sollte (Botschaft vom 10. November 1982 zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht, BBl 1983 I 433 Ziff. 285.2). Durch die in Art. 144 Abs. 1 IPRG vorgesehene Anknüpfung wird einerseits erreicht, dass der den Gläubiger befriedigende Schuldner kein Rückgriffsrecht erhält, mit dem er nicht rechnen konnte, und andererseits, dass der Regresspflichtige nicht von unerwarteten Regressansprüchen überrascht wird.
2.5.1 Art. 144 Abs. 1 und 2 IPRG Art. 144 Abs. 1 IPRG 2.5.2 Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz kann der Versicherer nach schottischem Recht nur im Namen des Geschädigten vorgehen, er kann diesen aber zur Mitwirkung zwingen. Auch das schottische Recht verhilft dem Regressberechtigten mithin zur Deckung, auch wenn dies nicht über eine Regressforderung im engen Sinn geschieht, da der Regressberechtigte lediglich in Stellvertretung des Geschädigten gegen den Dritten vorgehen kann. Insoweit ist der Regressanspruch mit Blick auf Art. 144 Abs. 1 IPRG zuzulassen.
2.5.2 Art. 144 Abs. 1 IPRG 2.5.3 Nach der herrschenden Lehre ist Art. 144 Abs. 2 IPRG extensiv auszulegen und regelt insbesondere auch, wie sich der Rückgriff formell gestaltet, sei es durch Subrogation, unmittelbaren Rückgriff oder ein verwandtes Institut (DASSER, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 10 zu Art. 144 IPRG ; KELLER/GIRSBERGER, a.a.O., N. 22 f. zu Art. 144 IPRG ; BONOMI, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, N. 11 zu Art. 144 IPRG ; KREN KOSTKIEWICZ, Grundriss des schweizerischen internationalen Privatrechts, 2012, S. 631 Rz. 2627). Das Bundesgericht hielt denn im Rückweisungsentscheid auch fest, die Durchführung des nach Art. 144 Abs. 1 IPRG zulässigen Rückgriffs erfolge gemäss Abs. 2 der Norm grundsätzlich nach dem Forderungsstatut; darunter falle insbesondere auch die Frage, ob ein unmittelbares Forderungsrecht des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer auf den Rückgriffsberechtigten übergehe. Es fragt sich daher, ob die Beschwerdegegnerin im Namen der Geschädigten klagen muss, welche Modalität das schottische Recht für den "Rückgriff" vorsieht.
2.5.3 Art. 144 Abs. 2 IPRG Art. 144 IPRG Art. 144 IPRG Art. 144 IPRG Art. 144 Abs. 1 IPRG 2.5.4 Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz unterscheidet sich das (schottische) Common Law System mit dem ihm BGE 138 III 587 S. 591 innewohnenden Vorrang des Verfahrensrechts ganz grundsätzlich vom kontinentaleuropäischen Civil Law System. Da in der Schweiz prozessiert wird, kommt aber nicht das schottische, sondern das schweizerische Verfahrensrecht zur Anwendung. Dadurch darf die Stellung des Regressberechtigten im Vergleich zu einem in Schottland geführten Verfahren materiell nicht verschlechtert werden. Das schottische Recht räumt nach dem angefochtenen Entscheid dem regressberechtigten Versicherer die Möglichkeit ein, im Namen des Versicherten den Prozess gegen den Regressverpflichteten zu führen, wobei der regressberechtigte Versicherer den Versicherten zur Mitwirkung - zumindest zum namentlichen Auftreten als Kläger - zwingen kann. Dass auch nach dem schweizerischen Zivilprozessrecht eine gleichwertige Möglichkeit besteht, Versicherte zum namentlichen Auftreten als Kläger zu zwingen, zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf. Damit gelingt es ihr nicht, den angefochtenen Entscheid, der im Ergebnis mit Blick auf die grundsätzlichen Unterschiede in der Stellung des Verfahrensrechts des Common Law Systems und des kontinentaleuropäischen Civil Law Systems die Klage des Versicherers im eigenen Namen vor Schweizer Gerichten für zulässig erachtet, als bundesrechtswidrig auszuweisen.
2.5.4 BGE 138 III 587 S. 591
2.5.5 Das schottische Recht verfolgt mit der Klage im Namen der Geschädigten im Wesentlichen denselben Zweck wie das schweizerische Recht, gemäss welchem die Beschwerdegegnerin im eigenen Namen hätte klagen können. Mit der Berufung auf die mangelnde Aktivlegitimation versucht sich die Beschwerdeführerin ihrer nach beiden Rechten vorgesehenen Zahlungsverpflichtung zu entziehen, obwohl dem für Art. 144 IPRG zentralen Aspekt des Schutzes des im Wege des Regresses in Anspruch genommenen Schuldners vor einer Verschlechterung seiner Rechtsstellung durch ein ihm möglicherweise unbekanntes Recht für das Verfahren zwischen zwei schweizerischen Versicherungen keine massgebende Bedeutung zukommt. Dass die Beschwerdeführerin befürchten müsste, von der Geschädigten für denselben Schaden erneut belangt zu werden, zeigt sie nicht rechtsgenüglich auf. Daher ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die Aktivlegitimation der Beschwerdegegnerin bejaht hat.
2.5.5 Art. 144 IPRG
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Urteilskopf 138 III 593 88. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Bezirksamt A. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_607/2012 vom 5. September 2012 Regeste Fürsorgerische Freiheitsentziehung im Anschluss an Massnahmen des Jugendstrafrechts. Anordnung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung ( Art. 397a Abs. 1 ZGB ) zur Behandlung der Geisteskrankheit mit Blick auf den Wegfall einer entsprechenden Massnahme des Jugendstrafrechts ( Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG i.V.m. Art. 19 Abs. 2 und 3 JStG ). Überprüfung der Rechts- und Verhältnismässigkeit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung bei sexuellem Sadismus und einer Persönlichkeitsstörung vom antisozialen Typus (E. 2-9). Sachverhalt ab Seite 594 BGE 138 III 593 S. 594 A. A.a X. (geb. 17. August 1990) erkletterte am 10. Februar 2008 den Flachdachvorbau eines Solariums und gelangte durch ein Dachflächenfenster in das Innere der Liegenschaft. Dort verging er sich mehrmals an einer Prostituierten und tötete sie. A.b Wegen dieser Taten erkannte das Jugendgericht X. namentlich des Mordes ( Art. 112 StGB ), der sexuellen Nötigung (Art. 189 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) und der Vergewaltigung (Art. 190 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) für schuldig und verurteilte ihn zu einem Freiheitsentzug von vier Jahren. Ferner ordnete das Gericht gestützt auf Art. 10 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG; SR 311.1) eine Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt sowie gestützt auf Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG eine in der Anstalt durchzuführende "ambulante Behandlung" der bei X. bestehenden psychischen Störung an. B. B.a Am 7. Mai 2012 beantragte die Jugendanwaltschaft Aargau dem Bezirksamt A., X. nach Vollendung des 22. Altersjahres am 17. August 2012 in einer geeigneten und insbesondere gesicherten Einrichtung unterzubringen und ihn dort zu behandeln. B.b Am 20. Juni 2012 verfügte das Bezirksamt über X. eine fürsorgerische Freiheitsentziehung gestützt auf Art. 397a ff. ZGB und ordnete die Überweisung des Betroffenen vom Massnahmenzentrum für junge Erwachsene in die Jugendvollzugsanstalt (JVA) A., Sicherheitstrakt (SITRAK) II sowie die dortige Zurückbehaltung an (Ziff. 1 und 2). Die Anstaltsleitung wurde angewiesen, X. seiner psychischen Beeinträchtigung entsprechend zu behandeln, resp. die bereits im Massnahmenzentrum für junge Erwachsene laufende intensive persönlichkeitszentrierte und deliktorientierte forensische Psychotherapie weiterzuführen. B.c Mit Urteil vom 6. August 2012 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau die gegen die fürsorgerische Freiheitsentziehung erhobene Beschwerde von X. ab. C. X. (Beschwerdeführer) hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die JVA A. anzuweisen, ihn aus der Anstalt zu entlassen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Zusammenfassung) BGE 138 III 593 S. 595 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Im vorliegenden Fall hat das Jugendgericht am 24. November 2011 gestützt auf Art. 10 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 JStG die Unterbringung des Beschwerdeführers in einer geschlossenen Anstalt sowie gestützt auf Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG eine in der Anstalt durchzuführende "ambulante Behandlung" der beim Beschwerdeführer bestehenden psychischen Störung angeordnet. Nach Art. 19 Abs. 2 JStG enden diese Massnahmen mit der Vollendung des 22. Altersjahres des Betroffenen. Ist der Wegfall einer Schutzmassnahme für den Betroffenen selbst oder für die Sicherheit Dritter mit schwer wiegenden Nachteilen verbunden und kann diesen nicht auf andere Weise begegnet werden, so beantragt die Vollzugsbehörde rechtzeitig die Anordnung geeigneter vormundschaftlicher Massnahmen ( Art. 19 Abs. 3 JStG ). Die Jugendanwaltschaft hat um Anordnung entsprechender Massnahmen gegenüber dem Beschwerdeführer ersucht, das Bezirksamt hat eine fürsorgerische Freiheitsentziehung gestützt auf Art. 397a Abs. 1 ZGB verfügt und das Verwaltungsgericht hat diesen Akt mit dem angefochtenen Urteil geschützt. Im Folgenden gilt es somit zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine fürsorgerische Freiheitsentziehung gegeben sind. 3. Eine mündige oder entmündigte Person darf wegen Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunksucht, anderen Suchterkrankungen oder schwerer Verwahrlosung in einer geeigneten Anstalt untergebracht oder zurückbehalten werden, wenn ihr die nötige persönliche Fürsorge nicht anders erwiesen werden kann ( Art. 397a Abs. 1 ZGB ). Die Einweisung bzw. die Zurückbehaltung in einer Anstalt gestützt auf Art. 397a Abs. 1 ZGB erfordert, dass die betroffene Person infolge der im Gesetz umschriebenen Schwächezustände persönlicher Fürsorge bedarf, die ihr nur in einer Anstalt gewährt werden kann ( BGE 114 II 213 E. 5 S. 217 f.; siehe zum Ganzen: BGE 134 III 289 E. 4 S. 292 ff.). Die in Art. 397a Abs. 1 ZGB enthaltene Aufzählung der Schwächezustände ist abschliessend (Botschaft vom 17. August 1977 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Fürsorgerische Freiheitsentziehung] und den Rückzug des Vorbehaltes zu Artikel 5 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BBl 1977 III 1, 26 Ziff. 212.2). Insbesondere sieht das Gesetz keine fürsorgerische Freiheitsentziehung allein wegen Fremdgefährdung vor (vgl. dazu insbesondere auch EUGEN SPIRIG, Zürcher Kommentar, 1995, N. 340 zu Art. 397a ZGB ; THOMAS GEISER, in: BGE 138 III 593 S. 596 Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 26 zu Art. 397a ZGB ). Zu berücksichtigen ist ferner die Belastung, welche die Person für ihre Umgebung bedeutet ( Art. 397a Abs. 2 ZGB ). Nach der ausdrücklichen Vorschrift des Art. 397a Abs. 3 ZGB muss die von der fürsorgerischen Freiheitsentziehung betroffene Person entlassen werden, sobald ihr Zustand es erlaubt. 4. 4.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, laut den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen könne er selbst für sich sorgen; er sei damit nicht fürsorgebedürftig, respektive leide nicht an einem Schwächezustand im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB. Vorliegend werde der Schutz der Allgemeinheit vor seiner Fremdgefährlichkeit als Hauptgrund für die fürsorgerische Freiheitsentziehung betrachtet, was indes mit Art. 397a Abs. 1 ZGB nicht zu vereinbaren sei. Die angeordnete Massnahme verletze damit Art. 31 BV und Art. 5 EMRK. 4.2 Das Verwaltungsgericht hält in der Tat dafür, mit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung solle die Allgemeinheit vor dem Beschwerdeführer geschützt werden, von dem weiterhin ein erhebliches Rückfallrisiko ausgehe. Diese Ausführungen beziehen sich indes auf das Fürsorgebedürfnis des Beschwerdeführers. Mit Bezug auf das Erfordernis des Schwächezustandes gelangt das Verwaltungsgericht an anderer Stelle aufgrund der Akten, insbesondere des psychiatrischen Gutachtens von Dr. med. E. vom 15. Juli 2010 und des Ergänzungsgutachtens von Dr. med. F. vom 29. September 2011, des Verlaufsberichts des Massnahmenzentrums für junge Erwachsene vom 6. Juni 2012 und der Aussagen des behandelnden Therapeuten in tatsächlicher Hinsicht zum Schluss, der Beschwerdeführer leide an einer psychischen Erkrankung, nämlich an einem sexuellen Sadismus (DSM-IV: 302.84 und ICD-10: F65.5) sowie an einer Persönlichkeitsstörung vom antisozialen Typus (DSM-IV: 301.6 und ICD-10: F60.2). Laut Verwaltungsgericht wird dieser Befund von den Angaben des Beschwerdeführers bestätigt, wonach er sich nach wie vor von seinen sadistischen Phantasien befangen zeigt und auf Befragen hin das Rückfallrisiko für vergleichbare Taten wie jene vom 10. Februar 2008 mit 40 % bezeichnet. Das Verwaltungsgericht schliesst aus den berücksichtigten tatsächlichen Angaben in rechtlicher Hinsicht, das Verhalten des Beschwerdeführers sei nach wie vor als abwegig und grob befremdend zu werten, womit eine Geisteskrankheit gemäss ZGB zu bejahen sei (zum Begriff: BGE 118 II 254 E. 4a S. 260 f.). Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was BGE 138 III 593 S. 597 die tatsächlichen Feststellungen bzw. die rechtliche Schlussfolgerung der Vorinstanz infrage stellte. Damit aber ist entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers ein Schwächezustand im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB erstellt. 5. 5.1 Das Verwaltungsgericht geht wie erwähnt von einem erheblichen Rückfallrisiko (negative Legalprognose) aus. Der Beschwerdeführer bringt gegen diese Feststellung, die namentlich auf einer Beurteilung des behandelnden Arztes gründet, nichts vor, was diese Schlussfolgerung als willkürlich bzw. sonst wie gegen Bundesrecht verstossend erscheinen liesse. Wie bereits erwähnt (E. 4.2 hiervor) hält das Verwaltungsgericht aufgrund dieser Feststellung dafür, mit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung solle die Allgemeinheit vor dem Beschwerdeführer geschützt werden, indem er die für die Reduktion des Rückfallrisikos erforderliche Behandlung in einer geeigneten Institution erhalte. 5.2 Es sei an dieser Stelle auf die Ausführungen des aktualisierten Massnahmeberichts vom 6. Juni 2012 des Massnahmenzentrums für junge Erwachsene verwiesen, wonach das Rückfallrisiko im Fall des geisteskranken Beschwerdeführers unverändert "als deutlich bis sehr hoch" eingestuft wird. Tatsächlich ergibt sich aus dem Fremdgefährdungspotenzial eines Geisteskranken fast zwangsläufig ein Beistands- und Fürsorgebedürfnis: Wer die Sicherheit anderer bedroht, ist persönlich schutzbedürftig (SCHNYDER/MURER, Berner Kommentar, 1984, N. 95 zu Art. 369 ZGB ). Dieser Auffassung ist jedenfalls im vorliegenden Fall zuzustimmen, indem vom Beschwerdeführer nach wie vor eine schwere Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht. Nichts anderes ergibt sich grundsätzlich aus nArt. 426 ZGB, der ab dem 1. Januar 2013 die Voraussetzungen der fürsorgerischen Unterbringung umschreibt. Auch diese Bestimmung kennt den Einweisungsgrund der Fremdgefährdung nicht. Dennoch darf der Schutz Dritter in die Beurteilung einbezogen werden, zumal es letztlich ebenfalls zum Schutzauftrag gehört, eine kranke bzw. verwirrte Person davon abzuhalten, eine schwere Straftat zu begehen (vgl. dazu Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht], BBl 2006 7001, 7062 f. Ziff. 2.2.11). Insoweit ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht bundesrechtswidrig, der Beschwerdeführer sei zur Reduktion des erheblichen Rückfallrisikos in einer geeigneten Institution zu behandeln. Da ausgewiesenermassen weiterhin eine vom BGE 138 III 593 S. 598 Beschwerdeführer ausgehende hohe Gefahr für eine Straftat gegen Leib und Leben besteht, ist es nicht in seinem Interesse, ihn ohne psychiatrische Behandlung seinem Schicksal zu überlassen. Insoweit ist demnach ein Fürsorgebedarf in Form der Behandlung der Geisteskrankheit gegeben. 6. Zu berücksichtigen ist sodann, dass angesichts der zurzeit vom Beschwerdeführer ausgehenden erheblichen Rückfallgefahr und der damit verbundenen Gefährdung Dritter eine ambulante Therapie nicht infrage kommen kann. 7. Der Beschwerdeführer erachtet die fürsorgerische Freiheitsentziehung in zeitlicher Hinsicht als unverhältnismässig. Gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz sei ein Therapieerfolg bei ihm allenfalls innert fünf bis zehn oder zwölf Jahren zu verzeichnen. Es sei schlicht offen, ob die Behandlung überhaupt jemals erfolgreich sein werde, zumal er als schwer therapierbar gelte. Unter diesen Umständen laufe die Einweisung auf eine Verwahrung in einer Strafanstalt hinaus, was mit Art. 31 BV und Art. 5 EMRK nicht zu vereinbaren sei. 7.1 Aus dem Massnahmebericht vom 6. Juni 2012 des Massnahmenzentrums für junge Erwachsene ergibt sich, dass die bisher erzielten deliktpräventiven Effekte als gering eingestuft werden. Anlässlich der Verhandlung vom 13. Juli 2012 bestätigte der behandelnde Therapeut, dass seit der Erstellung des Gutachtens keine wesentliche Veränderung der Situation eingetreten sei. Immerhin wird die Behandelbarkeit der Krankheit des Beschwerdeführers nicht grundsätzlich infrage gestellt. Zum zeitlichen Horizont zur Erreichung einer Verbesserung des Krankheitsbildes des Beschwerdeführers äussert sich der Therapeut zurückhaltend, erwähnt aber, es brauche noch einen intensiven Behandlungsprozess. Unter Hinweis auf vergleichbare Fälle meint er, dass die Behandlung fünf bis zehn Jahre, eventuell zwölf Jahre betragen könnte. 7.2 Entscheidend ist vorerst, dass ein Behandlungserfolg durch den behandelnden Arzt nicht von vornherein ausgeschlossen wird. Mitzuberücksichtigen gilt es überdies, dass die erforderliche Behandlung des Beschwerdeführers noch nicht sehr lange andauert. Angesichts des Schweregrades der bei ihm festgestellten Krankheit und der kurzen verstrichenen Zeitspanne, in der eine Behandlung durchgeführt worden ist, lässt sich nicht sagen, der Therapie werde kein Erfolg beschieden sein. Angaben von Experten, die kategorisch BGE 138 III 593 S. 599 jegliche Erfolgsaussicht verneinen, sind nicht auszumachen. Was den zeitlichen Horizont der Behandlung anbelangt, so lässt sich unter den erwähnten tatsächlichen Gegebenheiten nichts Konkretes über die Dauer der Behandlung aussagen. Der befragte Therapeut machte jedenfalls keine verbindlichen Aussagen, auch wenn er sich zum zeitlichen Horizont ähnlich gelagerter Fälle äusserte. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer entlassen werden muss, sobald sein Zustand es erlaubt ( Art. 397a Abs. 3 ZGB ). Die Rüge des Beschwerdeführers beruht im Wesentlichen auf Spekulationen und ist damit nicht geeignet, eine Verletzung von Art. 31 BV bzw. Art. 5 EMRK auszuweisen. 8. Mit Bezug auf die Eignung der JVA als Einrichtung im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB hat das Verwaltungsgericht zusammengefasst erwogen, angesichts der psychiatrischen Erkrankung des Beschwerdeführers und der in der JVA A. vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten erscheine die Unterbringung des Beschwerdeführers in dieser Einrichtung zwar nicht als ungeeignet, zumal die bisherige Betreuung und Behandlung im Wesentlichen fortgesetzt werden könne. Die Einrichtung sei aber nicht als ideal zu bezeichnen. Das Bezirksamt habe nicht zuletzt im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dafür zu sorgen, dass der Beschwerdeführer baldmöglichst in eine geeignetere Einrichtung verlegt werden könne. Der Beschwerdeführer erachtet die JVA als ungeeignete Anstalt. Zum einen sei eine deliktorientierte Behandlung erst in etwa 18 Monaten möglich. Zum andern erweise sich das von der Rechtsprechung des EGMR gesetzte zumutbare Mass von sechs Monaten in dieser ungeeigneten Einrichtung bereits als überschritten. Die weitere Zurückbehaltung in der JVA verletze daher auch insoweit Art. 31 BV und Art. 5 EMRK. 8.1 Gemäss Art. 397a Abs. 1 ZGB darf eine mündige Person namentlich wegen Geisteskrankheit in einer geeigneten Anstalt untergebracht oder zurückbehalten werden, wenn ihr die nötige persönliche Fürsorge nicht anders erwiesen werden kann. Was unter einer geeigneten Anstalt zu verstehen ist, umschreibt das Bundesrecht nicht näher ( BGE 112 II 486 E. 3, auch zu den Gründen; zum Begriff der Anstalt allgemein: BGE 121 III 306 E. 2b S. 308). Aus dem in der genannten Bestimmung erwähnten Zweck der Freiheitsentziehung, der eingewiesenen Person die nötige persönliche Fürsorge zu erbringen, ergibt sich aber, dass es sich um eine Institution handeln muss, die BGE 138 III 593 S. 600 mit den ihr normalerweise zur Verfügung stehenden organisatorischen und personellen Mitteln in der Lage ist, die wesentlichen Bedürfnisse der eingewiesenen Person bezüglich Fürsorge und Betreuung zu befriedigen ( BGE 112 II 486 E. 4c S. 490; BGE 114 II 213 E. 7 S. 218). Mithin muss im Einzelfall das Betreuungs- und Therapieangebot der Anstalt den vorrangigen Bedürfnissen der betroffenen Person entsprechen ( BGE 112 II 486 E. 5 und 6 S. 490 ff.). Eine Strafanstalt kommt ausnahmsweise als Anstalt im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB in Frage, wenn sie die wesentlichen Bedürfnisse der eingewiesenen Person bezüglich Fürsorge und Betreuung zu befriedigen vermag ( BGE 112 II 486 E. 4c S. 490; BGE 114 II 213 E. 7 S. 218; siehe auch Urteil 5A_519/2007 vom 10. Oktober 2007 E. 3). 8.2 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist der Betroffene grundsätzlich in einem Krankenhaus oder einer entsprechenden anderen Einrichtung unterzubringen. Ein vorübergehender Aufenthalt in einem Gefängnis ist zulässig, solange dies erforderlich ist, um eine geeignete Einrichtung auszuwählen (z.B. Urteil 48865/99 Morsink gegen Niederlande vom 11. Mai 2004 zitiert nach JENS MEYER-LADEWIG, EMRK, Handkommentar, 3. Aufl. 2011, N. 47 zu Art. 5 EMRK ). Verstreicht indes infolge bekannter Kapazitätsschwierigkeiten längere Zeit, verstösst die Unterbringung in einem Gefängnis gegen Art. 5 EMRK. In diesem Sinn hat der EGMR unter Berücksichtigung eines seit Jahren bekannten strukturell bedingten Mangels an Einrichtungskapazitäten eine Frist von sechs Monaten in einem Gefängnis als mit Art. 5 EMRK unvereinbar erachtet (Urteil 49902/99 Brand gegen Niederlande vom 11. Mai 2004 § 66, zitiert nach MEYER-LADEWIG, a.a.O.). 8.3 Zurzeit steht dem Beschwerdeführer - den Feststellungen im angefochtenen Urteil zufolge - im SITRAK II der JVA wöchentlich ein- oder zweimal eine Einzeltherapie zur Verfügung, während mit der deliktorientierten Therapie (Gruppentherapie) noch nicht hat begonnen werden können. Nach Angaben des Beschwerdeführers wird dies erst in etwa 18 Monaten der Fall sein. Im Lichte des vorhandenen, wenn auch unvollständigen Therapieangebotes und der Rechtsprechung des EGMR ist die am 20. Juni 2012 verfügte Einweisung in die JVA zwecks Durch- bzw. Weiterführung der psychiatrischen Behandlung mit Art. 397a Abs. 1 ZGB bzw. Art. 31 BV und Art. 5 EMRK vereinbar. Die JVA darf jedenfalls beim heutigen Stand der Behandlung, d.h. in dieser ersten Phase der fürsorgerischen Freiheitsentziehung, als geeignete Einrichtung betrachtet werden, die BGE 138 III 593 S. 601 gegenwärtig die hiervor als berechtigt anerkannten Behandlungs- und Sicherheitsbedürfnisse des Beschwerdeführers (E. 5.2) zu gewährleisten vermag. Wie das bereits das Verwaltungsgericht in seinem Urteil angeordnet hat, wird das Bezirksamt A. indessen dafür besorgt sein müssen, dass der Beschwerdeführer in absehbarer Zeit in eine für seine Behandlung besser geeignete - soweit erforderlich auch in einem anderen Kanton gelegene - Einrichtung verlegt werden kann. 9. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass der Beschwerdeführer an einer Geisteskrankheit leidet und bei ihm somit ein Schwächezustand im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB gegeben ist. Der Beschwerdeführer bedarf überdies der Fürsorge in Form der Behandlung seiner Krankheit, die ihm aufgrund der konkreten Gefährdungslage nur in einer Anstalt gewährt werden kann. Die vom Bezirksamt bestimmte JVA entspricht gegenwärtig noch den Anforderungen an eine geeignete Anstalt im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB bzw. Art. 5 EMRK.
Urteilskopf
88. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Bezirksamt A. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_607/2012 vom 5. September 2012
Regeste Fürsorgerische Freiheitsentziehung im Anschluss an Massnahmen des Jugendstrafrechts. Anordnung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung ( Art. 397a Abs. 1 ZGB ) zur Behandlung der Geisteskrankheit mit Blick auf den Wegfall einer entsprechenden Massnahme des Jugendstrafrechts ( Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG i.V.m. Art. 19 Abs. 2 und 3 JStG ). Überprüfung der Rechts- und Verhältnismässigkeit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung bei sexuellem Sadismus und einer Persönlichkeitsstörung vom antisozialen Typus (E. 2-9).
Regeste
Fürsorgerische Freiheitsentziehung im Anschluss an Massnahmen des Jugendstrafrechts. Anordnung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung ( Art. 397a Abs. 1 ZGB ) zur Behandlung der Geisteskrankheit mit Blick auf den Wegfall einer entsprechenden Massnahme des Jugendstrafrechts ( Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG i.V.m. Art. 19 Abs. 2 und 3 JStG ). Überprüfung der Rechts- und Verhältnismässigkeit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung bei sexuellem Sadismus und einer Persönlichkeitsstörung vom antisozialen Typus (E. 2-9).
Anordnung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung ( Art. 397a Abs. 1 ZGB ) zur Behandlung der Geisteskrankheit mit Blick auf den Wegfall einer entsprechenden Massnahme des Jugendstrafrechts ( Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG i.V.m. Art. 19 Abs. 2 und 3 JStG ). Überprüfung der Rechts- und Verhältnismässigkeit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung bei sexuellem Sadismus und einer Persönlichkeitsstörung vom antisozialen Typus (E. 2-9).
Art. 397a Abs. 1 ZGB Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG Art. 19 Abs. 2 und 3 JStG Sachverhalt ab Seite 594
Sachverhalt ab Seite 594 BGE 138 III 593 S. 594
BGE 138 III 593 S. 594
A.
A. A.a X. (geb. 17. August 1990) erkletterte am 10. Februar 2008 den Flachdachvorbau eines Solariums und gelangte durch ein Dachflächenfenster in das Innere der Liegenschaft. Dort verging er sich mehrmals an einer Prostituierten und tötete sie.
A.a A.b Wegen dieser Taten erkannte das Jugendgericht X. namentlich des Mordes ( Art. 112 StGB ), der sexuellen Nötigung (Art. 189 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) und der Vergewaltigung (Art. 190 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) für schuldig und verurteilte ihn zu einem Freiheitsentzug von vier Jahren. Ferner ordnete das Gericht gestützt auf Art. 10 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG; SR 311.1) eine Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt sowie gestützt auf Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG eine in der Anstalt durchzuführende "ambulante Behandlung" der bei X. bestehenden psychischen Störung an.
A.b Art. 112 StGB Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG B.
B. B.a Am 7. Mai 2012 beantragte die Jugendanwaltschaft Aargau dem Bezirksamt A., X. nach Vollendung des 22. Altersjahres am 17. August 2012 in einer geeigneten und insbesondere gesicherten Einrichtung unterzubringen und ihn dort zu behandeln.
B.a B.b Am 20. Juni 2012 verfügte das Bezirksamt über X. eine fürsorgerische Freiheitsentziehung gestützt auf Art. 397a ff. ZGB und ordnete die Überweisung des Betroffenen vom Massnahmenzentrum für junge Erwachsene in die Jugendvollzugsanstalt (JVA) A., Sicherheitstrakt (SITRAK) II sowie die dortige Zurückbehaltung an (Ziff. 1 und 2). Die Anstaltsleitung wurde angewiesen, X. seiner psychischen Beeinträchtigung entsprechend zu behandeln, resp. die bereits im Massnahmenzentrum für junge Erwachsene laufende intensive persönlichkeitszentrierte und deliktorientierte forensische Psychotherapie weiterzuführen.
B.b Art. 397a ff. ZGB B.c Mit Urteil vom 6. August 2012 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau die gegen die fürsorgerische Freiheitsentziehung erhobene Beschwerde von X. ab.
B.c C. X. (Beschwerdeführer) hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die JVA A. anzuweisen, ihn aus der Anstalt zu entlassen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
C. (Zusammenfassung) BGE 138 III 593 S. 595
BGE 138 III 593 S. 595
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. Im vorliegenden Fall hat das Jugendgericht am 24. November 2011 gestützt auf Art. 10 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 JStG die Unterbringung des Beschwerdeführers in einer geschlossenen Anstalt sowie gestützt auf Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG eine in der Anstalt durchzuführende "ambulante Behandlung" der beim Beschwerdeführer bestehenden psychischen Störung angeordnet. Nach Art. 19 Abs. 2 JStG enden diese Massnahmen mit der Vollendung des 22. Altersjahres des Betroffenen. Ist der Wegfall einer Schutzmassnahme für den Betroffenen selbst oder für die Sicherheit Dritter mit schwer wiegenden Nachteilen verbunden und kann diesen nicht auf andere Weise begegnet werden, so beantragt die Vollzugsbehörde rechtzeitig die Anordnung geeigneter vormundschaftlicher Massnahmen ( Art. 19 Abs. 3 JStG ). Die Jugendanwaltschaft hat um Anordnung entsprechender Massnahmen gegenüber dem Beschwerdeführer ersucht, das Bezirksamt hat eine fürsorgerische Freiheitsentziehung gestützt auf Art. 397a Abs. 1 ZGB verfügt und das Verwaltungsgericht hat diesen Akt mit dem angefochtenen Urteil geschützt. Im Folgenden gilt es somit zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine fürsorgerische Freiheitsentziehung gegeben sind.
2. Art. 10 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 JStG Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG Art. 19 Abs. 2 JStG Art. 19 Abs. 3 JStG Art. 397a Abs. 1 ZGB 3. Eine mündige oder entmündigte Person darf wegen Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunksucht, anderen Suchterkrankungen oder schwerer Verwahrlosung in einer geeigneten Anstalt untergebracht oder zurückbehalten werden, wenn ihr die nötige persönliche Fürsorge nicht anders erwiesen werden kann ( Art. 397a Abs. 1 ZGB ). Die Einweisung bzw. die Zurückbehaltung in einer Anstalt gestützt auf Art. 397a Abs. 1 ZGB erfordert, dass die betroffene Person infolge der im Gesetz umschriebenen Schwächezustände persönlicher Fürsorge bedarf, die ihr nur in einer Anstalt gewährt werden kann ( BGE 114 II 213 E. 5 S. 217 f.; siehe zum Ganzen: BGE 134 III 289 E. 4 S. 292 ff.). Die in Art. 397a Abs. 1 ZGB enthaltene Aufzählung der Schwächezustände ist abschliessend (Botschaft vom 17. August 1977 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Fürsorgerische Freiheitsentziehung] und den Rückzug des Vorbehaltes zu Artikel 5 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BBl 1977 III 1, 26 Ziff. 212.2). Insbesondere sieht das Gesetz keine fürsorgerische Freiheitsentziehung allein wegen Fremdgefährdung vor (vgl. dazu insbesondere auch EUGEN SPIRIG, Zürcher Kommentar, 1995, N. 340 zu Art. 397a ZGB ; THOMAS GEISER, in: BGE 138 III 593 S. 596 Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 26 zu Art. 397a ZGB ). Zu berücksichtigen ist ferner die Belastung, welche die Person für ihre Umgebung bedeutet ( Art. 397a Abs. 2 ZGB ). Nach der ausdrücklichen Vorschrift des Art. 397a Abs. 3 ZGB muss die von der fürsorgerischen Freiheitsentziehung betroffene Person entlassen werden, sobald ihr Zustand es erlaubt.
3. Art. 397a Abs. 1 ZGB Art. 397a Abs. 1 ZGB Art. 397a Abs. 1 ZGB Art. 397a ZGB BGE 138 III 593 S. 596
Art. 397a ZGB Art. 397a Abs. 2 ZGB Art. 397a Abs. 3 ZGB 4.
4. 4.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, laut den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen könne er selbst für sich sorgen; er sei damit nicht fürsorgebedürftig, respektive leide nicht an einem Schwächezustand im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB. Vorliegend werde der Schutz der Allgemeinheit vor seiner Fremdgefährlichkeit als Hauptgrund für die fürsorgerische Freiheitsentziehung betrachtet, was indes mit Art. 397a Abs. 1 ZGB nicht zu vereinbaren sei. Die angeordnete Massnahme verletze damit Art. 31 BV und Art. 5 EMRK.
4.1 Art. 397a Abs. 1 ZGB Art. 397a Abs. 1 ZGB Art. 31 BV Art. 5 EMRK 4.2 Das Verwaltungsgericht hält in der Tat dafür, mit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung solle die Allgemeinheit vor dem Beschwerdeführer geschützt werden, von dem weiterhin ein erhebliches Rückfallrisiko ausgehe. Diese Ausführungen beziehen sich indes auf das Fürsorgebedürfnis des Beschwerdeführers. Mit Bezug auf das Erfordernis des Schwächezustandes gelangt das Verwaltungsgericht an anderer Stelle aufgrund der Akten, insbesondere des psychiatrischen Gutachtens von Dr. med. E. vom 15. Juli 2010 und des Ergänzungsgutachtens von Dr. med. F. vom 29. September 2011, des Verlaufsberichts des Massnahmenzentrums für junge Erwachsene vom 6. Juni 2012 und der Aussagen des behandelnden Therapeuten in tatsächlicher Hinsicht zum Schluss, der Beschwerdeführer leide an einer psychischen Erkrankung, nämlich an einem sexuellen Sadismus (DSM-IV: 302.84 und ICD-10: F65.5) sowie an einer Persönlichkeitsstörung vom antisozialen Typus (DSM-IV: 301.6 und ICD-10: F60.2). Laut Verwaltungsgericht wird dieser Befund von den Angaben des Beschwerdeführers bestätigt, wonach er sich nach wie vor von seinen sadistischen Phantasien befangen zeigt und auf Befragen hin das Rückfallrisiko für vergleichbare Taten wie jene vom 10. Februar 2008 mit 40 % bezeichnet. Das Verwaltungsgericht schliesst aus den berücksichtigten tatsächlichen Angaben in rechtlicher Hinsicht, das Verhalten des Beschwerdeführers sei nach wie vor als abwegig und grob befremdend zu werten, womit eine Geisteskrankheit gemäss ZGB zu bejahen sei (zum Begriff: BGE 118 II 254 E. 4a S. 260 f.). Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was BGE 138 III 593 S. 597 die tatsächlichen Feststellungen bzw. die rechtliche Schlussfolgerung der Vorinstanz infrage stellte. Damit aber ist entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers ein Schwächezustand im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB erstellt.
4.2 BGE 138 III 593 S. 597
Art. 397a Abs. 1 ZGB 5.
5. 5.1 Das Verwaltungsgericht geht wie erwähnt von einem erheblichen Rückfallrisiko (negative Legalprognose) aus. Der Beschwerdeführer bringt gegen diese Feststellung, die namentlich auf einer Beurteilung des behandelnden Arztes gründet, nichts vor, was diese Schlussfolgerung als willkürlich bzw. sonst wie gegen Bundesrecht verstossend erscheinen liesse. Wie bereits erwähnt (E. 4.2 hiervor) hält das Verwaltungsgericht aufgrund dieser Feststellung dafür, mit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung solle die Allgemeinheit vor dem Beschwerdeführer geschützt werden, indem er die für die Reduktion des Rückfallrisikos erforderliche Behandlung in einer geeigneten Institution erhalte.
5.1 5.2 Es sei an dieser Stelle auf die Ausführungen des aktualisierten Massnahmeberichts vom 6. Juni 2012 des Massnahmenzentrums für junge Erwachsene verwiesen, wonach das Rückfallrisiko im Fall des geisteskranken Beschwerdeführers unverändert "als deutlich bis sehr hoch" eingestuft wird. Tatsächlich ergibt sich aus dem Fremdgefährdungspotenzial eines Geisteskranken fast zwangsläufig ein Beistands- und Fürsorgebedürfnis: Wer die Sicherheit anderer bedroht, ist persönlich schutzbedürftig (SCHNYDER/MURER, Berner Kommentar, 1984, N. 95 zu Art. 369 ZGB ). Dieser Auffassung ist jedenfalls im vorliegenden Fall zuzustimmen, indem vom Beschwerdeführer nach wie vor eine schwere Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht. Nichts anderes ergibt sich grundsätzlich aus nArt. 426 ZGB, der ab dem 1. Januar 2013 die Voraussetzungen der fürsorgerischen Unterbringung umschreibt. Auch diese Bestimmung kennt den Einweisungsgrund der Fremdgefährdung nicht. Dennoch darf der Schutz Dritter in die Beurteilung einbezogen werden, zumal es letztlich ebenfalls zum Schutzauftrag gehört, eine kranke bzw. verwirrte Person davon abzuhalten, eine schwere Straftat zu begehen (vgl. dazu Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht], BBl 2006 7001, 7062 f. Ziff. 2.2.11). Insoweit ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht bundesrechtswidrig, der Beschwerdeführer sei zur Reduktion des erheblichen Rückfallrisikos in einer geeigneten Institution zu behandeln. Da ausgewiesenermassen weiterhin eine vom BGE 138 III 593 S. 598 Beschwerdeführer ausgehende hohe Gefahr für eine Straftat gegen Leib und Leben besteht, ist es nicht in seinem Interesse, ihn ohne psychiatrische Behandlung seinem Schicksal zu überlassen. Insoweit ist demnach ein Fürsorgebedarf in Form der Behandlung der Geisteskrankheit gegeben.
5.2 Art. 369 ZGB BGE 138 III 593 S. 598
6. Zu berücksichtigen ist sodann, dass angesichts der zurzeit vom Beschwerdeführer ausgehenden erheblichen Rückfallgefahr und der damit verbundenen Gefährdung Dritter eine ambulante Therapie nicht infrage kommen kann.
6. 7. Der Beschwerdeführer erachtet die fürsorgerische Freiheitsentziehung in zeitlicher Hinsicht als unverhältnismässig. Gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz sei ein Therapieerfolg bei ihm allenfalls innert fünf bis zehn oder zwölf Jahren zu verzeichnen. Es sei schlicht offen, ob die Behandlung überhaupt jemals erfolgreich sein werde, zumal er als schwer therapierbar gelte. Unter diesen Umständen laufe die Einweisung auf eine Verwahrung in einer Strafanstalt hinaus, was mit Art. 31 BV und Art. 5 EMRK nicht zu vereinbaren sei.
7. Art. 31 BV Art. 5 EMRK 7.1 Aus dem Massnahmebericht vom 6. Juni 2012 des Massnahmenzentrums für junge Erwachsene ergibt sich, dass die bisher erzielten deliktpräventiven Effekte als gering eingestuft werden. Anlässlich der Verhandlung vom 13. Juli 2012 bestätigte der behandelnde Therapeut, dass seit der Erstellung des Gutachtens keine wesentliche Veränderung der Situation eingetreten sei. Immerhin wird die Behandelbarkeit der Krankheit des Beschwerdeführers nicht grundsätzlich infrage gestellt. Zum zeitlichen Horizont zur Erreichung einer Verbesserung des Krankheitsbildes des Beschwerdeführers äussert sich der Therapeut zurückhaltend, erwähnt aber, es brauche noch einen intensiven Behandlungsprozess. Unter Hinweis auf vergleichbare Fälle meint er, dass die Behandlung fünf bis zehn Jahre, eventuell zwölf Jahre betragen könnte.
7.1 7.2 Entscheidend ist vorerst, dass ein Behandlungserfolg durch den behandelnden Arzt nicht von vornherein ausgeschlossen wird. Mitzuberücksichtigen gilt es überdies, dass die erforderliche Behandlung des Beschwerdeführers noch nicht sehr lange andauert. Angesichts des Schweregrades der bei ihm festgestellten Krankheit und der kurzen verstrichenen Zeitspanne, in der eine Behandlung durchgeführt worden ist, lässt sich nicht sagen, der Therapie werde kein Erfolg beschieden sein. Angaben von Experten, die kategorisch BGE 138 III 593 S. 599 jegliche Erfolgsaussicht verneinen, sind nicht auszumachen. Was den zeitlichen Horizont der Behandlung anbelangt, so lässt sich unter den erwähnten tatsächlichen Gegebenheiten nichts Konkretes über die Dauer der Behandlung aussagen. Der befragte Therapeut machte jedenfalls keine verbindlichen Aussagen, auch wenn er sich zum zeitlichen Horizont ähnlich gelagerter Fälle äusserte. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer entlassen werden muss, sobald sein Zustand es erlaubt ( Art. 397a Abs. 3 ZGB ). Die Rüge des Beschwerdeführers beruht im Wesentlichen auf Spekulationen und ist damit nicht geeignet, eine Verletzung von Art. 31 BV bzw. Art. 5 EMRK auszuweisen.
7.2 BGE 138 III 593 S. 599
Art. 397a Abs. 3 ZGB Art. 31 BV Art. 5 EMRK 8. Mit Bezug auf die Eignung der JVA als Einrichtung im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB hat das Verwaltungsgericht zusammengefasst erwogen, angesichts der psychiatrischen Erkrankung des Beschwerdeführers und der in der JVA A. vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten erscheine die Unterbringung des Beschwerdeführers in dieser Einrichtung zwar nicht als ungeeignet, zumal die bisherige Betreuung und Behandlung im Wesentlichen fortgesetzt werden könne. Die Einrichtung sei aber nicht als ideal zu bezeichnen. Das Bezirksamt habe nicht zuletzt im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dafür zu sorgen, dass der Beschwerdeführer baldmöglichst in eine geeignetere Einrichtung verlegt werden könne.
8. Art. 397a Abs. 1 ZGB Der Beschwerdeführer erachtet die JVA als ungeeignete Anstalt. Zum einen sei eine deliktorientierte Behandlung erst in etwa 18 Monaten möglich. Zum andern erweise sich das von der Rechtsprechung des EGMR gesetzte zumutbare Mass von sechs Monaten in dieser ungeeigneten Einrichtung bereits als überschritten. Die weitere Zurückbehaltung in der JVA verletze daher auch insoweit Art. 31 BV und Art. 5 EMRK.
Art. 31 BV Art. 5 EMRK 8.1 Gemäss Art. 397a Abs. 1 ZGB darf eine mündige Person namentlich wegen Geisteskrankheit in einer geeigneten Anstalt untergebracht oder zurückbehalten werden, wenn ihr die nötige persönliche Fürsorge nicht anders erwiesen werden kann. Was unter einer geeigneten Anstalt zu verstehen ist, umschreibt das Bundesrecht nicht näher ( BGE 112 II 486 E. 3, auch zu den Gründen; zum Begriff der Anstalt allgemein: BGE 121 III 306 E. 2b S. 308). Aus dem in der genannten Bestimmung erwähnten Zweck der Freiheitsentziehung, der eingewiesenen Person die nötige persönliche Fürsorge zu erbringen, ergibt sich aber, dass es sich um eine Institution handeln muss, die BGE 138 III 593 S. 600 mit den ihr normalerweise zur Verfügung stehenden organisatorischen und personellen Mitteln in der Lage ist, die wesentlichen Bedürfnisse der eingewiesenen Person bezüglich Fürsorge und Betreuung zu befriedigen ( BGE 112 II 486 E. 4c S. 490; BGE 114 II 213 E. 7 S. 218). Mithin muss im Einzelfall das Betreuungs- und Therapieangebot der Anstalt den vorrangigen Bedürfnissen der betroffenen Person entsprechen ( BGE 112 II 486 E. 5 und 6 S. 490 ff.). Eine Strafanstalt kommt ausnahmsweise als Anstalt im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB in Frage, wenn sie die wesentlichen Bedürfnisse der eingewiesenen Person bezüglich Fürsorge und Betreuung zu befriedigen vermag ( BGE 112 II 486 E. 4c S. 490; BGE 114 II 213 E. 7 S. 218; siehe auch Urteil 5A_519/2007 vom 10. Oktober 2007 E. 3).
8.1 Art. 397a Abs. 1 ZGB BGE 138 III 593 S. 600
Art. 397a Abs. 1 ZGB 8.2 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist der Betroffene grundsätzlich in einem Krankenhaus oder einer entsprechenden anderen Einrichtung unterzubringen. Ein vorübergehender Aufenthalt in einem Gefängnis ist zulässig, solange dies erforderlich ist, um eine geeignete Einrichtung auszuwählen (z.B. Urteil 48865/99 Morsink gegen Niederlande vom 11. Mai 2004 zitiert nach JENS MEYER-LADEWIG, EMRK, Handkommentar, 3. Aufl. 2011, N. 47 zu Art. 5 EMRK ). Verstreicht indes infolge bekannter Kapazitätsschwierigkeiten längere Zeit, verstösst die Unterbringung in einem Gefängnis gegen Art. 5 EMRK. In diesem Sinn hat der EGMR unter Berücksichtigung eines seit Jahren bekannten strukturell bedingten Mangels an Einrichtungskapazitäten eine Frist von sechs Monaten in einem Gefängnis als mit Art. 5 EMRK unvereinbar erachtet (Urteil 49902/99 Brand gegen Niederlande vom 11. Mai 2004 § 66, zitiert nach MEYER-LADEWIG, a.a.O.).
8.2 Art. 5 EMRK Art. 5 EMRK Art. 5 EMRK 8.3 Zurzeit steht dem Beschwerdeführer - den Feststellungen im angefochtenen Urteil zufolge - im SITRAK II der JVA wöchentlich ein- oder zweimal eine Einzeltherapie zur Verfügung, während mit der deliktorientierten Therapie (Gruppentherapie) noch nicht hat begonnen werden können. Nach Angaben des Beschwerdeführers wird dies erst in etwa 18 Monaten der Fall sein. Im Lichte des vorhandenen, wenn auch unvollständigen Therapieangebotes und der Rechtsprechung des EGMR ist die am 20. Juni 2012 verfügte Einweisung in die JVA zwecks Durch- bzw. Weiterführung der psychiatrischen Behandlung mit Art. 397a Abs. 1 ZGB bzw. Art. 31 BV und Art. 5 EMRK vereinbar. Die JVA darf jedenfalls beim heutigen Stand der Behandlung, d.h. in dieser ersten Phase der fürsorgerischen Freiheitsentziehung, als geeignete Einrichtung betrachtet werden, die BGE 138 III 593 S. 601 gegenwärtig die hiervor als berechtigt anerkannten Behandlungs- und Sicherheitsbedürfnisse des Beschwerdeführers (E. 5.2) zu gewährleisten vermag. Wie das bereits das Verwaltungsgericht in seinem Urteil angeordnet hat, wird das Bezirksamt A. indessen dafür besorgt sein müssen, dass der Beschwerdeführer in absehbarer Zeit in eine für seine Behandlung besser geeignete - soweit erforderlich auch in einem anderen Kanton gelegene - Einrichtung verlegt werden kann.
8.3 Art. 397a Abs. 1 ZGB Art. 31 BV Art. 5 EMRK BGE 138 III 593 S. 601
9. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass der Beschwerdeführer an einer Geisteskrankheit leidet und bei ihm somit ein Schwächezustand im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB gegeben ist. Der Beschwerdeführer bedarf überdies der Fürsorge in Form der Behandlung seiner Krankheit, die ihm aufgrund der konkreten Gefährdungslage nur in einer Anstalt gewährt werden kann. Die vom Bezirksamt bestimmte JVA entspricht gegenwärtig noch den Anforderungen an eine geeignete Anstalt im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB bzw. Art. 5 EMRK.
9. Art. 397a Abs. 1 ZGB Art. 397a Abs. 1 ZGB Art. 5 EMRK
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Urteilskopf
9. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_227/2011 vom 10. Januar 2012
Regeste Art. 262, 271 und 271a Abs. 1 lit. a OR; Untermiete, Kündigung des Mietverhältnisses. Treu und Glauben als Schranke der ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses (E. 2.1). Die vage Möglichkeit, die Mietsache allenfalls wieder einmal selber zu nutzen, rechtfertigt eine Untervermietung nicht (E. 2.2). Massgebender Zeitpunkt, bis zu dem im Verfahren Gründe für die Kündigung vorgebracht werden können (E. 2.3). Der Umstand, dass der Vermieter für eine gewisse Zeit ein vertrags- oder gesetzwidriges Verhalten des Mieters geduldet hat, schliesst eine ordentliche Kündigung wegen dauernder Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses nicht notwendigerweise aus (E. 3).
Regeste
Art. 262, 271 und 271a Abs. 1 lit. a OR; Untermiete, Kündigung des Mietverhältnisses. Treu und Glauben als Schranke der ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses (E. 2.1). Die vage Möglichkeit, die Mietsache allenfalls wieder einmal selber zu nutzen, rechtfertigt eine Untervermietung nicht (E. 2.2). Massgebender Zeitpunkt, bis zu dem im Verfahren Gründe für die Kündigung vorgebracht werden können (E. 2.3). Der Umstand, dass der Vermieter für eine gewisse Zeit ein vertrags- oder gesetzwidriges Verhalten des Mieters geduldet hat, schliesst eine ordentliche Kündigung wegen dauernder Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses nicht notwendigerweise aus (E. 3).
Treu und Glauben als Schranke der ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses (E. 2.1). Die vage Möglichkeit, die Mietsache allenfalls wieder einmal selber zu nutzen, rechtfertigt eine Untervermietung nicht (E. 2.2). Massgebender Zeitpunkt, bis zu dem im Verfahren Gründe für die Kündigung vorgebracht werden können (E. 2.3).
Der Umstand, dass der Vermieter für eine gewisse Zeit ein vertrags- oder gesetzwidriges Verhalten des Mieters geduldet hat, schliesst eine ordentliche Kündigung wegen dauernder Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses nicht notwendigerweise aus (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 60
Sachverhalt ab Seite 60 BGE 138 III 59 S. 60
BGE 138 III 59 S. 60
A. A. war Eigentümer eines Ferienhauses, das er gemäss mündlichem Vertrag für einen monatlichen Mietzins von Fr. 500.- an C. (Mieter) vermietete; dieser war Miteigentümer eines Nachbarhauses, das er 2007 an D. verkaufte. Ab dem 1. November 2008 vermietete der Mieter das von A. gemietete Ferienhaus, ohne die Garage, für den gleichen Mietzins an E. und F. (Untermieter); eine vorgängige Zustimmung von A. zur Untermiete hatte er nicht eingeholt.
A. Am 12. Juni 2009 übertrug A. das Ferienhaus seinem Sohn A.X. Letzterer (Vermieter) kündigte vier Tage später den Vertrag mit dem Mieter mittels amtlichem Formular auf den 30. September 2009, ohne Angabe von Gründen. Auf diesen Termin hin hatte auch der Mieter den Untermietern gekündigt, die allerdings nicht auszogen und sich erfolgreich gegen ein Ausweisungsbegehren zur Wehr setzten. In der Folge vermietete der Vermieter das Ferienhaus den Untermietern.
B. Der Mieter gelangte am 7. Juli 2009 an die Schlichtungsstelle im Mietwesen; er schloss hauptsächlich auf Aufhebung der gegen ihn ausgesprochenen Kündigung und subsidiär auf eine Erstreckung des Mietverhältnisses um fünfzehn Monate. Eine Einigung konnte nicht erreicht werden. Mit Entscheid vom 29. September 2009 erachtete die Schlichtungsstelle die Kündigung als missbräuchlich und erklärte sie für ungültig. BGE 138 III 59 S. 61
B. BGE 138 III 59 S. 61
Der Vermieter klagte beim Bezirksgericht Hinterrhein mit dem Begehren, die Kündigung sei für gültig zu erklären. Mit Urteil vom 16. Juni 2010 hiess das Bezirksgericht die Klage gut und erklärte die Kündigung für gültig.
C. Der Mieter reichte Berufung ein mit dem Begehren, es sei die Kündigung als ungültig zu erklären. Mit Urteil vom 7. Dezember 2010 hiess das Kantonsgericht von Graubünden die Berufung gut, es hob das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage des Vermieters auf Gültigerklärung der Kündigung ab.
C. D. Der Mieter starb am 24. Dezember 2010, nach Fällung des kantonsgerichtlichen Urteils. Die schriftliche Ausfertigung wurde den Parteivertretern am 8. März 2011 zugestellt.
D. E. Der Vermieter (nachfolgend: Beschwerdeführer) reichte am 7. April 2011 Beschwerde in Zivilsachen ein. Er schliesst dahin, es sei die Kündigung vom 16. Juni 2009 für gültig zu erklären.
E. Das Verfahren wurde bis zum Entscheid über den Antritt der Erbschaft des verstorbenen Mieters sistiert. Am 26. Juli 2011 teilte die testamentarische Alleinerbin D. (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) mit, sie habe die Erbschaft angenommen.
Das Bundesgericht hebt das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 7. Dezember 2010 in teilweiser Gutheissung der Beschwerde auf und weist die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 271 und 271a Abs. 1 lit. a OR. Er bestreitet, dass die Kündigung des Mietvertrages gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstiess.
2. Art. 271 und 271a Abs. 1 lit. a OR 2.1 Die strittige Kündigung ist eine ordentliche Kündigung. Es geht im vorliegenden Fall nicht um eine ausserordentliche Kündigung aus wichtigen Gründen (vgl. Art. 266g OR ) und nicht um eine Kündigung während eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens oder innert der darauffolgenden dreijährigen Sperrfrist (vgl. Art. 271a Abs. 1 lit. d und e und Abs. 3 OR), die nur aus bestimmten Gründen zulässig sind, für deren Vorliegen die Partei, die den Mietvertrag kündigt, die Beweislast trägt. BGE 138 III 59 S. 62
2.1 Art. 266g OR BGE 138 III 59 S. 62
Eine ordentliche Kündigung setzt keine besonderen Kündigungsgründe voraus. Mieter und Vermieter sind grundsätzlich frei, den Mietvertrag unter Einhaltung der vertraglichen oder gesetzlichen Fristen und Termine zu beenden. Eine Schranke ergibt sich einzig aus dem Grundsatz von Treu und Glauben: Bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen ist die Kündigung anfechtbar, wenn sie gegen diesen Grundsatz verstösst ( Art. 271 Abs. 1 OR ).
Art. 271 Abs. 1 OR Art. 272 OR Art. 271 Abs. 2 und Art. 266l OR Art. 9 Abs. 1 lit. c der Verordnung vom 9. Mai 1990 über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen [VMWG; SR 221. 213.11] Ob eine Kündigung gegen Treu und Glauben verstösst, beurteilt sich in Bezug auf den Zeitpunkt, in welchem sie ausgesprochen wird. Fällt der Grund, aus welchem die Kündigung ausgesprochen wurde, in der Folge dahin, wird die Kündigung nicht nachträglich treuwidrig (Urteil 4C.333/1997 vom 8. Mai 1998 E. 3b, in: CdB 1998 S. 108).
2.2
2.2 2.2.1 Das Gesetz zählt beispielhaft Gründe auf, bei deren Vorliegen die Kündigung durch den Vermieter als treuwidrig gilt und folglich anfechtbar ist ( Art. 271a OR ). Ein solcher Grund liegt namentlich vor, wenn die Kündigung ausgesprochen wurde, weil der Mieter nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Mietverhältnis geltend BGE 138 III 59 S. 63 macht ( Art. 271a Abs. 1 lit. a OR ). Zu diesen Ansprüchen zählt unter anderem das Recht des Mieters, die Mietsache mit Zustimmung des Vermieters ganz oder teilweise unterzuvermieten ( Art. 262 Abs. 1 OR ; Urteil 4C.155/2000 vom 30. August 2000 E. 2a, in: SJ 2001 I S. 19).
2.2.1 Art. 271a OR BGE 138 III 59 S. 63
Art. 271a Abs. 1 lit. a OR Art. 262 Abs. 1 OR Voraussetzung für den Kündigungsschutz ist, dass der Mieter zur Untervermietung überhaupt berechtigt ist. Das ist, abweichende vertragliche Abmachung vorbehalten, nur dann der Fall, wenn der Mieter beabsichtigt, das Mietobjekt in absehbarer Zeit wieder selber zu nutzen. Ansonsten setzt er im Ergebnis auf dem Umweg über die Untermiete einen Nachmieter ein, als wäre er selber Eigentümer; darin liegt ein Rechtsmissbrauch und es kann sich der Mieter nicht auf das gesetzlich vorgesehene Recht zur Untervermietung berufen ( BGE 134 III 446 E. 2.4). Hierbei ist ein relativ strenger Massstab anzusetzen, soll das Institut der Untermiete nicht zweckentfremdet werden. Die Untervermietung ist an sich gedacht für Fälle, in denen der Mieter die Mietsache, beispielsweise wegen eines beruflich bedingten, zeitlich begrenzten Auslandaufenthalts, vorübergehend nicht nutzen kann und für die Zeit seiner Abwesenheit aus finanziellen Gründen einem Dritten überlässt, oder für Fälle, in denen eine Wohnung infolge Wegzuges oder Todes von Familienangehörigen zu gross geworden ist und deshalb teilweise Dritten überlassen wird.
Der Mieter, der eine Mietwohnung verlässt, weiss nicht, ob er, je nach Entwicklung der Dinge, nicht dort wieder einziehen möchte; er kann deshalb, insbesondere in Zeiten der Wohnungsknappheit, ein Interesse haben, die Wohnung nicht definitiv aufzugeben. Daraus aber folgt das Risiko, dass zahlreiche Mieter ausziehen, ohne den Mietvertrag zu kündigen, das Mietobjekt auf unbestimmte Zeit untervermieten und so anstelle des Eigentümers den wahren Bewohner der Mietwohnung bestimmen. Die vage Möglichkeit, die Mietsache allenfalls wieder einmal selber zu nutzen, rechtfertigt eine Untervermietung nicht; eine solche ist umso mehr ausgeschlossen, wenn eine allfällige Rückkehr überhaupt nicht in Betracht fällt (Urteil 4A_367/2010 vom 4. Oktober 2010 E. 2.1, in: CdB 2011 S. 15). Die Überhandnahme langdauernder Untermietverhältnisse oder sukzessiver Untermietverträge (Kettenverträge) wäre im Übrigen weder im Interesse der Eigentümer noch in jenem der Mieter (vgl. Urteil 4A_487/2008 vom 10. März 2009 E. 2.3, in: CdB 2009 S. 67 f.).
2.2.2 Gemäss Feststellung des Kantonsgerichts hat einerseits der Beschwerdeführer in seiner Eingabe an die Schlichtungsstelle BGE 138 III 59 S. 64 vorgebracht, dass der Mieter mündlich die Absicht geäussert hatte, das Mietverhältnis zu kündigen und ins Nachbarhaus zu ziehen, und hat andererseits der Mieter eine solche Absicht bestritten. Das Kantonsgericht hat - anders als noch das Bezirksgericht - festgehalten, dass trotz Zeugenaussage des Vaters des Beschwerdeführers eine unzweideutige Kündigungsabsicht des Mieters nicht erstellt ist. Damit hat es aber nicht festgestellt, der Mieter habe im Gegenteil die konkrete Absicht gehabt, das Mietobjekt wieder selber zu nutzen; eine tatsächliche Feststellung hierüber fehlt. Der Mieter trägt die Beweislast für die Treuwidrigkeit der Kündigung und folglich dafür, dass er im vorliegenden Fall zur Untervermietung berechtigt war, also insbesondere dafür, dass er das Mietobjekt später wieder selber nutzen wollte. Der Beweis hierfür wurde, zumindest bisher, nicht erbracht, womit auch nicht erwiesen ist, dass der Mieter zur Untervermietung berechtigt war und so nach Treu und Glauben einen Anspruch aus dem Mietvertrag wahrgenommen hat. Die Beschwerdegegnerin als dessen Rechtsnachfolgerin kann sich auf dieser Grundlage nicht auf Art. 271a Abs. 1 lit. a OR berufen.
2.2.2 BGE 138 III 59 S. 64
Art. 271a Abs. 1 lit. a OR Der Beschwerdeführer bringt vor, die Kündigung sei ohnehin nicht treuwidrig, weil der Mieter es unterlassen hat, die vorgängige Zustimmung des Vermieters einzuholen, und er so das Vertrauensverhältnis zwischen ihnen zerstört hat. Es wurde schon entschieden, dass eine solche Unterlassung in Zusammenhang mit einer gesetzmässigen Untervermietung gar eine ausserordentliche Kündigung rechtfertigen kann, wenn auch erst nach einer Verwarnung ( BGE 134 III 446 E. 2.2). Die Gültigkeit einer ordentlichen Kündigung hängt von weit weniger strengen Anforderungen ab als eine ausserordentliche; sie darf nur Treu und Glauben nicht widersprechen. Es ist nicht auszuschliessen, dass der Umstand, dass der Mieter - allenfalls wider besseres Wissen - für eine gesetzmässige Untervermietung keine vorgängige Zustimmung des Vermieters einholt, grundsätzlich geeignet ist, das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien derart zu erschüttern, dass eine ordentliche Kündigung als nicht treuwidrig erscheint. Zum Vertrauensverhältnis zwischen Beschwerdeführer und Mieter fehlen im angefochtenen Urteil jedoch die notwendigen tatsächlichen Feststellungen.
2.3 Art. 269d OR Art. 19 Abs. 1 lit. a VMWG Art. 9 VMWG BGE 138 III 59 S. 65
Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO Art. 273 Abs. 4 OR Art. 205 ZPO Das Gesetz schliesst sodann, unter Vorbehalt des Verbots rechtsmissbräuchlichen Verhaltens, auch ein späteres Nachschieben zusätzlicher Kündigungsgründe nicht aus; das Nachschieben kann allenfalls ein Indiz zu Ungunsten der kündigenden Partei sein oder Kostenfolgen nach sich ziehen, schliesst aber die Berücksichtigung der neuen Gründe nicht von vornherein aus. Die Ergänzung oder Präzisierung schon vorgebrachter Kündigungsgründe schliesslich ist an sich ohne weiteres zulässig (vgl. DAVID LACHAT UND ANDERE, Das Mietrecht für die Praxis, 8. Aufl. 2009, S. 603 Ziff. 3.3; BURKHALTER/MARTINEZ-FAVRE, Le droit suisse du bail à loyer, commentaire, 2011, N. 8 zu Art. 266l-266o OR und N. 51 f. zu Art. 271 OR ; PETER HIGI, Zürcher Kommentar, 4. Aufl. 1996, N. 121 und 140 ff. zu Art. 271 OR ).
Art. 266l-266o OR Art. 271 OR Art. 271 OR Der Umstand allein, dass Gründe für die Kündigung erst in der Klageschrift an das Bezirksgericht vorgebracht wurden, rechtfertigte es somit nicht, sie nicht zu prüfen. Das gilt insbesondere für jene Gründe, die in Zusammenhang mit der Untervermietung stehen und eher als Ergänzung eines schon vorgebrachten Grundes zu betrachten sind. Die Vorinstanz hat sie zu prüfen. BGE 138 III 59 S. 66
BGE 138 III 59 S. 66
3. Das Kantonsgericht hat in einer subsidiären Begründung festgehalten, der Vater des Beschwerdeführers habe als damaliger Vermieter spätestens im November 2008 um die Untervermietung und deren Bedingungen gewusst und sie trotzdem während Monaten geduldet, und es hat dieses passive Verhalten als nachträgliche konkludente Zustimmung zur Untervermietung gewertet. Es fand daher, es sei widersprüchlich, Mitte Juni 2009 wegen der Untervermietung zu kündigen.
3. Laut Beschwerdeführer ist die Feststellung, wonach sein Vater die Untermiete monatelang stillschweigend geduldet habe, offensichtlich unrichtig. Er behauptet, sein Vater habe bereits Mitte Februar 2009 die Kündigung mündlich angekündet, und beruft sich auf eine Beilage zur erstinstanzlichen Klageantwort, die das Kantonsgericht nicht erwähnt; bei dieser Beilage handelt es sich um einen vom Mieter selber zu den Akten gegebenen, vom 17. Februar 2009 datierten eingeschriebenen Brief, mit welchem der Mieter dem Vater des Beschwerdeführers sein grosses Erstaunen darüber ausdrückt, dass dieser das Mietverhältnis per 30. Juni 2009 auflösen wolle. Die tatsächliche Feststellung im angefochtenen Entscheid, aus der die Vorinstanz eine Zustimmung zur Untervermietung ableitet, erscheint damit offensichtlich unrichtig.
Der Umstand, dass der Vater des Beschwerdeführers ein vertrags- oder gesetzwidriges Verhalten des Mieters, aus welchem Grund auch immer, geduldet hätte, schlösse im Übrigen nicht notwendigerweise aus, dass dieses unkorrekte Verhalten des Mieters das Vertrauensverhältnis zum Beschwerdeführer dennoch dauernd beeinträchtigt hat und eine ordentliche Kündigung deswegen nicht treuwidrig wäre. Es geht vorliegend nicht um einen Grund für eine ausserordentliche Kündigung, dessen Geltendmachung der Vater durch Zuwarten verwirkt hat, sondern um das Vertrauensverhältnis zwischen Beschwerdeführer und Mieter im Zeitpunkt der Kündigung. Inwiefern dieses Vertrauensverhältnis beeinträchtigt war und aus welchem Grund, wurde nicht festgestellt.
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Urteilskopf 138 III 601 89. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. Tbk und Z. Versicherungen (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_753/2011 vom 16. Juli 2012 Regeste UN-Kaufrecht (CISG), Art. 51 CISG ; teilweise Aufhebung des Vertrages; Vertragswidrigkeit der Ware; Verjährung; Beweislast. Das Recht des Käufers, den Vertrag gemäss Art. 51 Abs. 1 CISG hinsichtlich eines Teils der gelieferten Waren aufzuheben, setzt voraus, dass dieser Teil eine eigenständige wirtschaftliche Einheit bildet. Dies trifft bezüglich funktionsnotwendiger Bestandteile einer als Einheit verkauften Produktionsanlage nicht zu. Fehlen einer Anlage solche Bestandteile, ist sie vertragswidrig (E. 7.1-7.4). Untersteht die im CISG nicht geregelte Verjährung dem Schweizer Recht, verjähren Ansprüche aus vertragswidriger Lieferung nach Art. 210 OR. Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung kann der Käufer verjährte Ansprüche aus einer Vertragswidrigkeit noch einredeweise geltend machen, wenn er diese dem Verkäufer gemäss Art. 39 CISG angezeigt hat (E. 7.5-7.7). Der Käufer hat nach der vorbehaltlosen Übernahme der Ware deren Vertragswidrigkeit nachzuweisen, soweit er daraus Rechte ableitet. Diese Beweislastverteilung gilt auch bezüglich der von ihm geltend gemachten Unvollständigkeit einer Lieferung (E. 8.1-8.5). Sachverhalt ab Seite 602 BGE 138 III 601 S. 602 A. Am 14. April 1997 schloss die X. AG (Verkäuferin) mit Sitz in A./ZG mit der Y. Tbk (Käuferin), einer in Jakarta domizilierten BGE 138 III 601 S. 603 Aktiengesellschaft indonesischen Rechts, einen Vertrag (nachstehend: Agreement), der von J., Verwaltungsratspräsident der Verkäuferin, und von K., Verwaltungsratspräsident der Käuferin, unterzeichnet wurde. Das Agreement hatte den Verkauf der kompletten Spinnerei Q., bestehend aus den im Schätzungsbericht von L. vom 30. Juni 1995 aufgeführten Gegenständen, sowie den Ventilatoren und dem Klimaanlagesystem, soweit es sich vernünftigerweise entfernen liess, und deren Wiederaufbau in Indonesien zum Gegenstand. Der Kaufreis betrug Fr. 17'300'000.-, zahlbar in Raten von 5, 10, 75 und 10 %. Am gleichen Tag unterzeichnete J. einen von ihm handschriftlich verfassten Zusatz zum Agreement, der namentlich vorsah, dass vom offiziellen Kaufpreis von Fr. 17'300'000.- der Verkäuferin Fr. 10'300'000.- und der Käuferin Fr. 7'000'000.- zustehen soll. Nachdem die Käuferin die erste Kaufpreisrate von Fr. 865'000.- bezahlt hatte, veranlasste die Verkäuferin gestützt auf den Zusatz zum Agreement am 24. April 1997 die Überweisung von Fr. 350'000.- auf das Konto von K. bei der Bank R. in Frankfurt am Main. Nach Erhalt der zweiten Kaufpreisrate in der Höhe von Fr. 1'730'000.- schrieb sie K. am 10. Juni 1997 weitere Fr. 700'000.- gut. Zur Tilgung der dritten Kaufpreisrate von Fr. 12'957'000.- hatte die Käuferin bei der Bank S. Jakarta ein Akkreditiv eröffnen lassen, das von der Verkäuferin am 10. Juni, 26. Juni und 13. Juli 1998 unter Vorlage der erforderlichen Verschiffungsdokumente in Anspruch genommen wurde. Mit Zessionsvereinbarung vom 5. Juni 1998 trat die Käuferin ihre Rechte und Pflichten aus dem Agreement an die W. (Zessionarin) ab. Diese liess im August 1998 die Verkäuferin hinsichtlich der dritten Kaufpreiszahlung unter Berufung auf die im Zusatz zum Agreement statuierte Rückzahlungsverpflichtung über Fr. 5'250'000.- nebst Zins betreiben, wogegen die Verkäuferin Rechtsvorschlag erhob. Ein Gesuch der Zessionarin um provisorische Rechtsöffnung hat das Kantonsgerichtspräsidium Zug am 24. Juni 1999 und auf Beschwerde hin die Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug am 17. Dezember 1999 abgewiesen. B. Mit Klage vom 16. November 2001 stellte die Zessionarin dem Kantonsgericht Zug in Ziff. 1 die Begehren, die Verkäuferin (Beklagte) auf Zahlung von (a-d) Fr. 5'250'000.- nebst Zins als teilweise Rückerstattung der dritten Kaufpreisrate gemäss dem Zusatz zum Agreement, BGE 138 III 601 S. 604 (e) Fr. 2'319'148.20 nebst Zins als Ersatz der Summe von USD 1'345'862.-, welche die Klägerin zur Ersatzbeschaffung der in einer Auflistung ("Details of Shortages") genannten nicht gelieferten Vertragsgegenstände habe aufwenden müssen, (f) Fr. 10'340.20 nebst Zins als Entschädigung für den Arbeitsaufwand von 120 Stunden zur Beschaffung der nicht gelieferten Bestandteile, (g) Fr. 5'629'544.95 nebst Zins als Verzögerungsschaden für die Zeit zwischen November 1998 und Juni 1999 und (h) Fr. 863'196.40 nebst Zins als Ersatz des Verzögerungsschadens für die Zeit von Juli bis 31. Dezember 1999 zu verpflichten. Die Verkäuferin (Beklagte) beantragte die Abweisung der Klage. Zur Begründung brachte sie namentlich vor, die Forderung gemäss Ziff. 1 lit. a-d betreffe eine rechtswidrige und damit verjährte Schwarzgeldzahlung an K. Die Forderungen gemäss Ziff. 1 lit. e-h seien gemäss Art. 210 OR verjährt. Sodann stellte die Beklagte den eingeklagten Forderungen verschiedene Gegenforderungen zur Verrechnung gegenüber, namentlich die noch ausstehende Kaufpreisrate von Fr. 1'730'000.-. Beide Parteien verkündeten den T. Versicherungen, nunmehr Z., den Streit, die mit Verfügung des Referenten vom 23. Januar 2002 als Nebenintervenientin zugelassen wurde. Im Sommer 2003 gingen die Rechte und Pflichten der Zessionarin infolge ihrer Fusion mit der Käuferin auf diese über, welche damit als Klägerin in den Prozess eintrat. Das Kantonsgericht kam zum Ergebnis, die Beklagte schulde der Klägerin aus dem Zusatz zum Agreement die Rückerstattung des sich auf Fr. 5'250'000.- belaufenden Anteils der dritten Kaufpreisrate nebst Zins. Da die Beklagte nicht habe beweisen können, dass sie sämtliche geschuldeten Anlageteile geliefert habe, sei davon auszugehen, die Lieferung sei gemäss den Angaben der Klägerin unvollständig gewesen. Diese habe die von ihr behaupteten Dekungskäufe nicht nachgewiesen, weshalb ihr Schadenersatzanspruch gemäss Art. 76 CISG nach dem gutachtlich auf Fr. 655'146.- festgesetzten Marktpreis der nicht gelieferten Teile zu bestimmen sei. Allerdings habe sich die Klägerin einen Zinsanspruch der Beklagten von Fr. 64'208.35 sowie die noch ausstehende Nettokaufpreisforderung von Fr. 1'030'000.- nebst Zins anrechnen zu lassen. Entsprechend verpflichtete das Kantonsgericht die Beklagte mit Urteil vom BGE 138 III 601 S. 605 14. Dezember 2009, der Klägerin Fr. 5'250'000.- nebst Zins zu 5 % auf Fr. 2'059'130.70 seit 10. Juni 1998, auf Fr. 1'458'831.65 seit 26. Juni 1998 und auf Fr. 1'705'037.65 seit 13. Juli 1998, abzüglich Fr. 64'208.35 und abzüglich Fr. 374'854.- (Fr. 1'030'000.- minus Fr. 655'146.-) nebst Zins zu 5 % seit 24. Januar 2000 zu bezahlen. Das Obergericht des Kantons Zug wies eine dagegen gerichtete Berufung am 8. November 2011 ab. C. Die Beklagte (Beschwerdeführerin) erhebt Beschwerde in Zivilsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 8. November 2011 aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen. Eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Die Klägerin (Beschwerdegegnerin) schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, eventuell auf Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz. Das Obergericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Die Beschwerdeführerin hat eine Replik und die Beschwerdegegnerin eine Duplik eingereicht. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 7. 7.1 Gemäss Art. 49 Abs. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG; SR 0.221.211.1) kann der Käufer die Aufhebung des Vertrages erklären, (a) wenn die Nichterfüllung einer dem Verkäufer nach dem Vertrag oder diesem Übereinkommen obliegenden Pflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt oder (b) wenn im Falle der Nichtlieferung der Verkäufer die Ware nicht innerhalb der vom Käufer nach Art. 47 Abs. 1 gesetzten Nachfrist liefert oder wenn er erklärt, dass er nicht innerhalb der so gesetzten Frist liefern wird. Art. 51 CISG mit dem Titel "Teilweise Nichterfüllung" lautet in der deutschen Übersetzung: " 1 Liefert der Verkäufer nur einen Teil der Ware oder ist nur ein Teil der gelieferten Ware vertragsgemäss, so gelten für den Teil, der fehlt oder der nicht vertragsgemäss ist, die Artikel 46-50. BGE 138 III 601 S. 606 2 Der Käufer kann nur dann die Aufhebung des gesamten Vertrages erklären, wenn die unvollständige oder nicht vertragsgemässe Lieferung eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt." Art. 51 CISG soll klarstellen, dass sich bei teilweiser Nicht- oder teilweise mangelhafter Erfüllung die allgemeinen Rechtsbehelfe des Käufers, darunter das Recht auf Vertragsaufhebung gemäss Art. 49 CISG, grundsätzlich auf den fehlenden oder nicht vertragsgemässen Teil beschränken und damit eine Teilaufhebung des Vertrages möglich ist (PETER HUBER, in: Schuldrecht, Besonderer Teil, Bd. III, 6. Aufl., München 2012, N. 1 zu Art. 51 CISG ; ULRICH MAGNUS, in: Wiener UN-Kaufrecht [CISG], Berlin 2005, N. 1 f. zu Art. 51 CISG ; MARKUS MÜLLER-CHEN, in: Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Ingeborg Schwenzer [Hrsg.], 5. Aufl. 2008, N. 1 zu Art. 51 CISG ). Die herrschende Lehre geht davon aus, die Anwendung von Art. 51 CISG und damit die Möglichkeit der Teilaufhebung setze voraus, dass ein Kaufvertrag mehrere Waren erfasse, die je eine eigenständige wirtschaftliche Einheit bilden. Dies treffe nicht zu, wenn eine Maschine oder eine Produktionsanlage als eine aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzte einheitliche Sachgesamtheit verkauft werde (HUBER, a.a.O., N. 3 zu Art. 51 CISG ; MÜLLER-CHEN, a.a.O., N. 2 zu Art. 51 CISG ; SCHNYDER/STRAUB, in: Kommentar zum UN-Kaufrecht, Heinrich Honsell [Hrsg.], 1997, N. 9 f. zu Art. 51 CISG ; MAGNUS, a.a.O., N. 4 zu Art. 51 CISG ; WILHELM-ALBRECHT ACHILLES, Kommentar zum UN-Kaufrechtsübereinkommen, Neuwied 2000, N. 1 zu Art. 51 CISG ; vgl. auch LÜDERITZ/SCHÜSSLER-LANGEHEINE, in: Bürgerliches Gesetzbuch, Stein/Soergel [Hrsg.], Bd. XIII, 13. Aufl., Stuttgart 2000, N. 2 zu Art. 51 CISG ). Zum Teil wird jedoch unter Berufung auf den Schiedsspruch Nr. 7660 der Internationalen Handelskammer vom 23. August 1994 (CISG-online Nr. 129) die Meinung vertreten, etwas anderes gelte, wenn der fehlende Teil der Maschine oder Anlage ohne Weiteres austauschbar sei (CHRISTOPH BRUNNER, UN-Kaufrecht-CISG, 2004, N. 5 Fn. 1178 zu Art. 51 CISG ; vgl. auch PETER SCHLECHTRIEM, Internationales UN-Kaufrecht, 4. Aufl., Tübingen 2007, S. 139 Rz. 192). 7.2 Die Vorinstanz folgte der letztgenannten Lehrmeinung und nahm an, die gemäss der Behauptung der Beschwerdegegnerin nicht gelieferten Teile seien ohne Weiteres ersetzbar gewesen, da ihr Marktpreis gestützt auf ein Gutachten habe bestimmt werden können. Die Beschwerdegegnerin habe daher den Vertrag hinsichtlich der nicht gelieferten Teile gemäss Art. 51 CISG aufheben und Schadenersatz BGE 138 III 601 S. 607 verlangen dürfen. Dieser Anspruch entspreche Art. 190 OR, der dem Käufer bei Verzug des Verkäufers erlaube, auf die Lieferung zu verzichten und Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Ein solcher Anspruch unterstehe gemäss Art. 127 OR der zehnjährigen Verjährungsfrist. 7.3 Die Beschwerdeführerin wendet ein, die Vorinstanz sei zu Unrecht von einer teilbaren Leistung im Sinne von Art. 51 CISG ausgegangen. Die Nutzung der verkauften Spinnerei als Produktionsanlage sei ohne die angeblich fehlenden Teile nicht möglich gewesen. Somit sei eine einheitliche Sache verkauft worden. Fehle ein Bestandteil einer solchen Sache, liege ein Sachmangel bezüglich der Sachgesamtheit vor, weshalb bezüglich der Verjährung Art. 210 OR massgebend sei. Die darin vorgesehene einjährige Verjährungsfrist ab Ablieferung der Ware sei zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Vermeidung eines Widerspruchs zur zweijährigen Anzeigefrist gemäss Art. 39 CISG anzupassen. Ob nun die Einjahresfrist erst mit der Mängelrüge zu laufen beginne oder ob sie auf zwei Jahre seit Ablieferung der Ware auszudehnen sei, könne offenbleiben. In beiden Fällen sei nach den Mängelrügen vom Juli/August 1998 die Verjährung eingetreten, da die vorliegende Klage am 16. November 2001 eingereicht worden sei und der Weisungsschein vom 19. September 2001 datiere. 7.4 Die Spinnerei Q. wurde als einheitliche Produktionsanlage und damit als Sachgesamtheit verkauft, zumal ein Einheitspreis und nicht ein Preis für die einzelnen Komponenten vereinbart war und die Anlage als Ganzes zu funktionieren hatte. Demnach stellten die einzelnen funktionsnotwendigen Bestandteile der Anlage für die Parteien keine eigenständige wirtschaftliche Einheit dar, weshalb insoweit gemäss der herrschenden Lehre die Anwendung von Art. 51 CISG und damit ein Teilrücktritt ausgeschlossen ist. Daran vermag entgegen der Minderheitsmeinung der mögliche Ersatz der fehlenden oder mangelhaften Bestandteile einer einheitlichen Sachgesamtheit nichts zu ändern, weil damit deren Vertragswidrigkeit durch eine Nachbesserung behoben wird (vgl. MÜLLER-CHEN, a.a.O., N. 2 zu Art. 51 CISG ). 7.5 Da das CISG die Verjährung nicht regelt, richtet sich diese vorliegend nach Schweizer Recht (nicht publ. E. 2.2.; vgl. auch Urteil 4A_68/2009 vom 18. Mai 2009 E. 10), das für die Verjährung von Ansprüchen wegen mangelhafter bzw. nicht vertragsgemässer Warenlieferung eine Verjährungsfrist von einem Jahr ab Ablieferung der Sache an den Käufer vorsieht ( Art. 210 Abs. 1 OR ) und bestimmt, BGE 138 III 601 S. 608 dass die Einrede des Käufers wegen vorhandener Mängel bestehen bleibt, wenn innerhalb eines Jahres nach Ablieferung die vorgeschriebene Anzeige an den Verkäufer gemacht worden ist ( Art. 210 Abs. 2 OR ). Nach dieser Regelung kann der Käufer bei der Anwendbarkeit des CISG verjährte Ansprüche aus einer Vertragsverletzung noch einredeweise geltend machen, wenn er diese dem Verkäufer gemäss Art. 39 CISG angezeigt hat (BRUNNER, a.a.O., N. 31 zu Art. 4 CISG ). 7.6 Nach Art. 39 Abs. 1 CISG verliert der Käufer das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, anzeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet. 7.7 Die Vorinstanz hat sich nicht zur Frage geäussert, ob die Beschwerdegegnerin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten nicht gelieferten Bestandteile ihrer Anzeigepflicht im Sinne von Art. 39 CISG nachgekommen ist. Gemäss den unangefochten gebliebenen Feststellungen der ersten Instanz steht jedoch fest, dass die Beschwerdegegnerin mit Faxschreiben vom 16., 23. und 28. Juli sowie vom 11. August 1998 der Beschwerdeführerin Listen zu den Fehlbeständen betreffend die drei Schiffsladungen übermittelt hat. Insoweit kann der Sachverhalt ergänzt werden ( Art. 105 Abs. 2 BGG ). Die Beschwerdeführerin beruft sich auf diese Mängelrügen vom Juli/August 1998, welche die Art der geltend gemachten Vertragswidrigkeit hinreichend genau bezeichnen (vgl. BGE 130 III 258 E. 4.3 S. 281 f.), ohne geltend zu machen, dass die Rügen verspätet erhoben worden seien, weshalb die Rechtzeitigkeit als anerkannt gelten und von einer Anzeige gemäss Art. 39 CISG ausgegangen werden kann. Demnach konnte sich die Beschwerdegegnerin gegenüber der von den kantonalen Gerichten im Umfang von Fr. 1'030'000.- gutgeheissenen Forderung auf Zahlung des restlichen Kaufpreises einredeweise auf Forderungen aus der von ihr behaupteten unvollständigen und damit vertragswidrigen Lieferung berufen, weshalb offenbleiben kann, ob diese Forderungen verjährt waren. 8. 8.1 Die Verteilung der Beweislast gehört zu den im UN-Kaufrecht geregelten Gegenständen. Fehlt eine ausdrückliche Beweislastregel, so kommen die allgemeinen Grundsätze zur Anwendung, welche dem UN-Kaufrecht zu Grunde liegen. Nach diesen Grundsätzen ist insbesondere die Beweisnähe zu beachten, weshalb der Käufer, der die Ware vorbehaltlos übernommen und daran die Sachherrschaft BGE 138 III 601 S. 609 erlangt hat, deren Vertragswidrigkeit zu beweisen hat, soweit er daraus Rechte ableitet ( BGE 130 III 258 E. 5.3 S. 264 ff. mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 4C.245/2003 vom 13. Januar 2004 E. 3.1). Dieser Grundsatz gilt auch bezüglich einer von der Käuferin nach der vorbehaltlosen Übernahme der Waren geltend gemachten Unvollständigkeit der Lieferung (Urteil 4C.144/2004 vom 7. Juli 2004 E. 3.3 und 3.4; vgl. auch: TOBIAS MALTE MÜLLER, Ausgewählte Fragen der Beweislastverteilung im UN-Kaufrecht im Lichte der aktuellen Rechtsprechung, München 2005, S. 90 f.). 8.2 Die Vorinstanz erwog, die Nichtlieferung verschiedener Teile stelle eine negative Tatsache dar, deren Beweis nicht möglich sei. Selbst wenn die unvollständige Lieferung in den Herrschaftsbereich der Beschwerdeführerin gelangt sei, sei sie damit nicht in der Lage, den Bestand der Vertragswidrigkeit zu beweisen. Demgegenüber habe es die Beschwerdeführerin in der Hand gehabt, den Nachweis der vollständigen Lieferung durch die Einreichung von Packlisten, Frachtbriefen und ähnlichen Dokumenten zu erbringen. Da die Beschwerdeführerin vorliegend die Vollständigkeit der Lieferung leichter beweisen könne als die Beschwerdegegnerin deren Unvollständigkeit, sei der Beschwerdeführerin die Beweislast hinsichtlich der vollständigen Lieferung aufzuerlegen. Diesen Beweis habe die Beschwerdeführerin nicht erbringen können. 8.3 Die Beschwerdeführerin rügt einen Verstoss gegen die anerkannten Grundsätze der Beweislastverteilung des CISG. Die Ware habe sich nach der Übernahme durch die Beschwerdegegnerin in deren alleinigem Herrschaftsbereich befunden. Diese sei daher entgegen der Meinung der Vorinstanz besser in der Lage gewesen, den Bestand einer Vertragswidrigkeit nachzuweisen als die Beschwerdeführerin deren Abwesenheit. 8.4 Aus dem angefochtenen Urteil geht nicht hervor, dass die Beschwerdegegnerin bereits bei der Übernahme der Waren in Indonesien Vorbehalte angebracht hätte, so dass von vorbehaltloser Übernahme auszugehen ist. Die Parteien stimmen darin überein, dass die Beschwerdegegnerin die ihr gelieferten Waren ohne Beizug der Beschwerdeführerin auspackte. Entsprechend nahm die Vorinstanz an, die Lieferungen seien mit der Übernahme durch die Beschwerdegegnerin in deren alleinigen Herrschaftsbereich gelangt. Danach war einzig diese in der Lage, die Vollständigkeit der umfangreichen Lieferung zu prüfen und die entsprechenden Beweise zu sichern, weshalb sie gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts für die von BGE 138 III 601 S. 610 ihr nachträglich geltend gemachte Unvollständigkeit der Lieferungen beweispflichtig ist. Weshalb ihr diese Beweisführung unzumutbar sein soll, ist nicht ersichtlich, zumal das Fehlen bestimmter Bestandteile, anders als zum Beispiel die unterlassene Verletzung eines Konkurrenzverbots, nicht zu den so genannten unbestimmten Negativa zu zählen ist (vgl. HANS PETER WALTER, Berner Kommentar, 2012, N. 340 f. zu Art. 8 ZGB ; Urteil 4C.344/2006 vom 8 Januar 2007 E. 2.1.2, nicht publ. in: BGE 133 III 189 ). Die Vorinstanz hat daher die Grundsätze des CISG zur Beweislastverteilung verletzt, indem sie die Beweislast hinsichtlich der vollständigen Lieferung der Beschwerdeführerin auferlegte und mangels dieses Beweises auf Unvollständigkeit der Lieferung gemäss den Behauptungen der Beschwerdegegnerin schloss. 8.5 Da die Vorinstanz aufgrund der unzutreffenden Beweislastverteilung nicht prüfte, ob die Beschwerdegegnerin die von ihr geltend gemachte unvollständige Lieferung beweisen konnte, ist das angefochtene Urteil bezüglich der daraus abgeleiteten Forderungen der Beschwerdegegnerin aufzuheben und zur Sachverhaltsergänzung und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang werden die Rügen gegenstandslos, soweit sie sich gegen die Erwägung des Vorinstanz richten, nach welcher die Beschwerdeführerin die Vollständigkeit der Lieferung nicht nachgewiesen habe (vgl. BGE 135 I 187 E. 2.3 S. 191).
Urteilskopf
89. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. Tbk und Z. Versicherungen (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_753/2011 vom 16. Juli 2012
Regeste UN-Kaufrecht (CISG), Art. 51 CISG ; teilweise Aufhebung des Vertrages; Vertragswidrigkeit der Ware; Verjährung; Beweislast. Das Recht des Käufers, den Vertrag gemäss Art. 51 Abs. 1 CISG hinsichtlich eines Teils der gelieferten Waren aufzuheben, setzt voraus, dass dieser Teil eine eigenständige wirtschaftliche Einheit bildet. Dies trifft bezüglich funktionsnotwendiger Bestandteile einer als Einheit verkauften Produktionsanlage nicht zu. Fehlen einer Anlage solche Bestandteile, ist sie vertragswidrig (E. 7.1-7.4). Untersteht die im CISG nicht geregelte Verjährung dem Schweizer Recht, verjähren Ansprüche aus vertragswidriger Lieferung nach Art. 210 OR. Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung kann der Käufer verjährte Ansprüche aus einer Vertragswidrigkeit noch einredeweise geltend machen, wenn er diese dem Verkäufer gemäss Art. 39 CISG angezeigt hat (E. 7.5-7.7). Der Käufer hat nach der vorbehaltlosen Übernahme der Ware deren Vertragswidrigkeit nachzuweisen, soweit er daraus Rechte ableitet. Diese Beweislastverteilung gilt auch bezüglich der von ihm geltend gemachten Unvollständigkeit einer Lieferung (E. 8.1-8.5).
Regeste
UN-Kaufrecht (CISG), Art. 51 CISG ; teilweise Aufhebung des Vertrages; Vertragswidrigkeit der Ware; Verjährung; Beweislast. Das Recht des Käufers, den Vertrag gemäss Art. 51 Abs. 1 CISG hinsichtlich eines Teils der gelieferten Waren aufzuheben, setzt voraus, dass dieser Teil eine eigenständige wirtschaftliche Einheit bildet. Dies trifft bezüglich funktionsnotwendiger Bestandteile einer als Einheit verkauften Produktionsanlage nicht zu. Fehlen einer Anlage solche Bestandteile, ist sie vertragswidrig (E. 7.1-7.4). Untersteht die im CISG nicht geregelte Verjährung dem Schweizer Recht, verjähren Ansprüche aus vertragswidriger Lieferung nach Art. 210 OR. Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung kann der Käufer verjährte Ansprüche aus einer Vertragswidrigkeit noch einredeweise geltend machen, wenn er diese dem Verkäufer gemäss Art. 39 CISG angezeigt hat (E. 7.5-7.7). Der Käufer hat nach der vorbehaltlosen Übernahme der Ware deren Vertragswidrigkeit nachzuweisen, soweit er daraus Rechte ableitet. Diese Beweislastverteilung gilt auch bezüglich der von ihm geltend gemachten Unvollständigkeit einer Lieferung (E. 8.1-8.5).
Art. 51 CISG Das Recht des Käufers, den Vertrag gemäss Art. 51 Abs. 1 CISG hinsichtlich eines Teils der gelieferten Waren aufzuheben, setzt voraus, dass dieser Teil eine eigenständige wirtschaftliche Einheit bildet. Dies trifft bezüglich funktionsnotwendiger Bestandteile einer als Einheit verkauften Produktionsanlage nicht zu. Fehlen einer Anlage solche Bestandteile, ist sie vertragswidrig (E. 7.1-7.4).
Art. 51 Abs. 1 CISG Untersteht die im CISG nicht geregelte Verjährung dem Schweizer Recht, verjähren Ansprüche aus vertragswidriger Lieferung nach Art. 210 OR. Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung kann der Käufer verjährte Ansprüche aus einer Vertragswidrigkeit noch einredeweise geltend machen, wenn er diese dem Verkäufer gemäss Art. 39 CISG angezeigt hat (E. 7.5-7.7).
Art. 210 OR Art. 39 CISG Der Käufer hat nach der vorbehaltlosen Übernahme der Ware deren Vertragswidrigkeit nachzuweisen, soweit er daraus Rechte ableitet. Diese Beweislastverteilung gilt auch bezüglich der von ihm geltend gemachten Unvollständigkeit einer Lieferung (E. 8.1-8.5).
Sachverhalt ab Seite 602
Sachverhalt ab Seite 602 BGE 138 III 601 S. 602
BGE 138 III 601 S. 602
A. Am 14. April 1997 schloss die X. AG (Verkäuferin) mit Sitz in A./ZG mit der Y. Tbk (Käuferin), einer in Jakarta domizilierten BGE 138 III 601 S. 603 Aktiengesellschaft indonesischen Rechts, einen Vertrag (nachstehend: Agreement), der von J., Verwaltungsratspräsident der Verkäuferin, und von K., Verwaltungsratspräsident der Käuferin, unterzeichnet wurde. Das Agreement hatte den Verkauf der kompletten Spinnerei Q., bestehend aus den im Schätzungsbericht von L. vom 30. Juni 1995 aufgeführten Gegenständen, sowie den Ventilatoren und dem Klimaanlagesystem, soweit es sich vernünftigerweise entfernen liess, und deren Wiederaufbau in Indonesien zum Gegenstand. Der Kaufreis betrug Fr. 17'300'000.-, zahlbar in Raten von 5, 10, 75 und 10 %. Am gleichen Tag unterzeichnete J. einen von ihm handschriftlich verfassten Zusatz zum Agreement, der namentlich vorsah, dass vom offiziellen Kaufpreis von Fr. 17'300'000.- der Verkäuferin Fr. 10'300'000.- und der Käuferin Fr. 7'000'000.- zustehen soll.
A. BGE 138 III 601 S. 603
Nachdem die Käuferin die erste Kaufpreisrate von Fr. 865'000.- bezahlt hatte, veranlasste die Verkäuferin gestützt auf den Zusatz zum Agreement am 24. April 1997 die Überweisung von Fr. 350'000.- auf das Konto von K. bei der Bank R. in Frankfurt am Main. Nach Erhalt der zweiten Kaufpreisrate in der Höhe von Fr. 1'730'000.- schrieb sie K. am 10. Juni 1997 weitere Fr. 700'000.- gut.
Zur Tilgung der dritten Kaufpreisrate von Fr. 12'957'000.- hatte die Käuferin bei der Bank S. Jakarta ein Akkreditiv eröffnen lassen, das von der Verkäuferin am 10. Juni, 26. Juni und 13. Juli 1998 unter Vorlage der erforderlichen Verschiffungsdokumente in Anspruch genommen wurde.
Mit Zessionsvereinbarung vom 5. Juni 1998 trat die Käuferin ihre Rechte und Pflichten aus dem Agreement an die W. (Zessionarin) ab. Diese liess im August 1998 die Verkäuferin hinsichtlich der dritten Kaufpreiszahlung unter Berufung auf die im Zusatz zum Agreement statuierte Rückzahlungsverpflichtung über Fr. 5'250'000.- nebst Zins betreiben, wogegen die Verkäuferin Rechtsvorschlag erhob. Ein Gesuch der Zessionarin um provisorische Rechtsöffnung hat das Kantonsgerichtspräsidium Zug am 24. Juni 1999 und auf Beschwerde hin die Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug am 17. Dezember 1999 abgewiesen.
B. Mit Klage vom 16. November 2001 stellte die Zessionarin dem Kantonsgericht Zug in Ziff. 1 die Begehren, die Verkäuferin (Beklagte) auf Zahlung von
B. (a-d) Fr. 5'250'000.- nebst Zins als teilweise Rückerstattung der dritten Kaufpreisrate gemäss dem Zusatz zum Agreement, BGE 138 III 601 S. 604
BGE 138 III 601 S. 604
(e) Fr. 2'319'148.20 nebst Zins als Ersatz der Summe von USD 1'345'862.-, welche die Klägerin zur Ersatzbeschaffung der in einer Auflistung ("Details of Shortages") genannten nicht gelieferten Vertragsgegenstände habe aufwenden müssen,
(f) Fr. 10'340.20 nebst Zins als Entschädigung für den Arbeitsaufwand von 120 Stunden zur Beschaffung der nicht gelieferten Bestandteile,
(g) Fr. 5'629'544.95 nebst Zins als Verzögerungsschaden für die Zeit zwischen November 1998 und Juni 1999 und
(h) Fr. 863'196.40 nebst Zins als Ersatz des Verzögerungsschadens für die Zeit von Juli bis 31. Dezember 1999 zu verpflichten.
Die Verkäuferin (Beklagte) beantragte die Abweisung der Klage. Zur Begründung brachte sie namentlich vor, die Forderung gemäss Ziff. 1 lit. a-d betreffe eine rechtswidrige und damit verjährte Schwarzgeldzahlung an K. Die Forderungen gemäss Ziff. 1 lit. e-h seien gemäss Art. 210 OR verjährt. Sodann stellte die Beklagte den eingeklagten Forderungen verschiedene Gegenforderungen zur Verrechnung gegenüber, namentlich die noch ausstehende Kaufpreisrate von Fr. 1'730'000.-.
Art. 210 OR Beide Parteien verkündeten den T. Versicherungen, nunmehr Z., den Streit, die mit Verfügung des Referenten vom 23. Januar 2002 als Nebenintervenientin zugelassen wurde.
Im Sommer 2003 gingen die Rechte und Pflichten der Zessionarin infolge ihrer Fusion mit der Käuferin auf diese über, welche damit als Klägerin in den Prozess eintrat.
Das Kantonsgericht kam zum Ergebnis, die Beklagte schulde der Klägerin aus dem Zusatz zum Agreement die Rückerstattung des sich auf Fr. 5'250'000.- belaufenden Anteils der dritten Kaufpreisrate nebst Zins. Da die Beklagte nicht habe beweisen können, dass sie sämtliche geschuldeten Anlageteile geliefert habe, sei davon auszugehen, die Lieferung sei gemäss den Angaben der Klägerin unvollständig gewesen. Diese habe die von ihr behaupteten Dekungskäufe nicht nachgewiesen, weshalb ihr Schadenersatzanspruch gemäss Art. 76 CISG nach dem gutachtlich auf Fr. 655'146.- festgesetzten Marktpreis der nicht gelieferten Teile zu bestimmen sei. Allerdings habe sich die Klägerin einen Zinsanspruch der Beklagten von Fr. 64'208.35 sowie die noch ausstehende Nettokaufpreisforderung von Fr. 1'030'000.- nebst Zins anrechnen zu lassen. Entsprechend verpflichtete das Kantonsgericht die Beklagte mit Urteil vom BGE 138 III 601 S. 605 14. Dezember 2009, der Klägerin Fr. 5'250'000.- nebst Zins zu 5 % auf Fr. 2'059'130.70 seit 10. Juni 1998, auf Fr. 1'458'831.65 seit 26. Juni 1998 und auf Fr. 1'705'037.65 seit 13. Juli 1998, abzüglich Fr. 64'208.35 und abzüglich Fr. 374'854.- (Fr. 1'030'000.- minus Fr. 655'146.-) nebst Zins zu 5 % seit 24. Januar 2000 zu bezahlen. Das Obergericht des Kantons Zug wies eine dagegen gerichtete Berufung am 8. November 2011 ab.
Art. 76 CISG BGE 138 III 601 S. 605
C. Die Beklagte (Beschwerdeführerin) erhebt Beschwerde in Zivilsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 8. November 2011 aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen. Eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen.
C. Die Klägerin (Beschwerdegegnerin) schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, eventuell auf Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz. Das Obergericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin hat eine Replik und die Beschwerdegegnerin eine Duplik eingereicht.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
7.
7. 7.1 Gemäss Art. 49 Abs. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG; SR 0.221.211.1) kann der Käufer die Aufhebung des Vertrages erklären, (a) wenn die Nichterfüllung einer dem Verkäufer nach dem Vertrag oder diesem Übereinkommen obliegenden Pflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt oder (b) wenn im Falle der Nichtlieferung der Verkäufer die Ware nicht innerhalb der vom Käufer nach Art. 47 Abs. 1 gesetzten Nachfrist liefert oder wenn er erklärt, dass er nicht innerhalb der so gesetzten Frist liefern wird.
7.1 Art. 51 CISG mit dem Titel "Teilweise Nichterfüllung" lautet in der deutschen Übersetzung:
Art. 51 CISG "
1
Liefert der Verkäufer nur einen Teil der Ware oder ist nur ein Teil der gelieferten Ware vertragsgemäss, so gelten für den Teil, der fehlt oder der nicht vertragsgemäss ist, die Artikel 46-50. BGE 138 III 601 S. 606
BGE 138 III 601 S. 606
2
Der Käufer kann nur dann die Aufhebung des gesamten Vertrages erklären, wenn die unvollständige oder nicht vertragsgemässe Lieferung eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt."
Art. 51 CISG soll klarstellen, dass sich bei teilweiser Nicht- oder teilweise mangelhafter Erfüllung die allgemeinen Rechtsbehelfe des Käufers, darunter das Recht auf Vertragsaufhebung gemäss Art. 49 CISG, grundsätzlich auf den fehlenden oder nicht vertragsgemässen Teil beschränken und damit eine Teilaufhebung des Vertrages möglich ist (PETER HUBER, in: Schuldrecht, Besonderer Teil, Bd. III, 6. Aufl., München 2012, N. 1 zu Art. 51 CISG ; ULRICH MAGNUS, in: Wiener UN-Kaufrecht [CISG], Berlin 2005, N. 1 f. zu Art. 51 CISG ; MARKUS MÜLLER-CHEN, in: Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Ingeborg Schwenzer [Hrsg.], 5. Aufl. 2008, N. 1 zu Art. 51 CISG ). Die herrschende Lehre geht davon aus, die Anwendung von Art. 51 CISG und damit die Möglichkeit der Teilaufhebung setze voraus, dass ein Kaufvertrag mehrere Waren erfasse, die je eine eigenständige wirtschaftliche Einheit bilden. Dies treffe nicht zu, wenn eine Maschine oder eine Produktionsanlage als eine aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzte einheitliche Sachgesamtheit verkauft werde (HUBER, a.a.O., N. 3 zu Art. 51 CISG ; MÜLLER-CHEN, a.a.O., N. 2 zu Art. 51 CISG ; SCHNYDER/STRAUB, in: Kommentar zum UN-Kaufrecht, Heinrich Honsell [Hrsg.], 1997, N. 9 f. zu Art. 51 CISG ; MAGNUS, a.a.O., N. 4 zu Art. 51 CISG ; WILHELM-ALBRECHT ACHILLES, Kommentar zum UN-Kaufrechtsübereinkommen, Neuwied 2000, N. 1 zu Art. 51 CISG ; vgl. auch LÜDERITZ/SCHÜSSLER-LANGEHEINE, in: Bürgerliches Gesetzbuch, Stein/Soergel [Hrsg.], Bd. XIII, 13. Aufl., Stuttgart 2000, N. 2 zu Art. 51 CISG ). Zum Teil wird jedoch unter Berufung auf den Schiedsspruch Nr. 7660 der Internationalen Handelskammer vom 23. August 1994 (CISG-online Nr. 129) die Meinung vertreten, etwas anderes gelte, wenn der fehlende Teil der Maschine oder Anlage ohne Weiteres austauschbar sei (CHRISTOPH BRUNNER, UN-Kaufrecht-CISG, 2004, N. 5 Fn. 1178 zu Art. 51 CISG ; vgl. auch PETER SCHLECHTRIEM, Internationales UN-Kaufrecht, 4. Aufl., Tübingen 2007, S. 139 Rz. 192).
Art. 51 CISG Art. 49 CISG Art. 51 CISG Art. 51 CISG Art. 51 CISG Art. 51 CISG Art. 51 CISG Art. 51 CISG Art. 51 CISG Art. 51 CISG Art. 51 CISG Art. 51 CISG Art. 51 CISG 7.2 Die Vorinstanz folgte der letztgenannten Lehrmeinung und nahm an, die gemäss der Behauptung der Beschwerdegegnerin nicht gelieferten Teile seien ohne Weiteres ersetzbar gewesen, da ihr Marktpreis gestützt auf ein Gutachten habe bestimmt werden können. Die Beschwerdegegnerin habe daher den Vertrag hinsichtlich der nicht gelieferten Teile gemäss Art. 51 CISG aufheben und Schadenersatz BGE 138 III 601 S. 607 verlangen dürfen. Dieser Anspruch entspreche Art. 190 OR, der dem Käufer bei Verzug des Verkäufers erlaube, auf die Lieferung zu verzichten und Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Ein solcher Anspruch unterstehe gemäss Art. 127 OR der zehnjährigen Verjährungsfrist.
7.2 Art. 51 CISG BGE 138 III 601 S. 607
Art. 190 OR Art. 127 OR 7.3 Die Beschwerdeführerin wendet ein, die Vorinstanz sei zu Unrecht von einer teilbaren Leistung im Sinne von Art. 51 CISG ausgegangen. Die Nutzung der verkauften Spinnerei als Produktionsanlage sei ohne die angeblich fehlenden Teile nicht möglich gewesen. Somit sei eine einheitliche Sache verkauft worden. Fehle ein Bestandteil einer solchen Sache, liege ein Sachmangel bezüglich der Sachgesamtheit vor, weshalb bezüglich der Verjährung Art. 210 OR massgebend sei. Die darin vorgesehene einjährige Verjährungsfrist ab Ablieferung der Ware sei zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Vermeidung eines Widerspruchs zur zweijährigen Anzeigefrist gemäss Art. 39 CISG anzupassen. Ob nun die Einjahresfrist erst mit der Mängelrüge zu laufen beginne oder ob sie auf zwei Jahre seit Ablieferung der Ware auszudehnen sei, könne offenbleiben. In beiden Fällen sei nach den Mängelrügen vom Juli/August 1998 die Verjährung eingetreten, da die vorliegende Klage am 16. November 2001 eingereicht worden sei und der Weisungsschein vom 19. September 2001 datiere.
7.3 Art. 51 CISG Art. 210 OR Art. 39 CISG 7.4 Die Spinnerei Q. wurde als einheitliche Produktionsanlage und damit als Sachgesamtheit verkauft, zumal ein Einheitspreis und nicht ein Preis für die einzelnen Komponenten vereinbart war und die Anlage als Ganzes zu funktionieren hatte. Demnach stellten die einzelnen funktionsnotwendigen Bestandteile der Anlage für die Parteien keine eigenständige wirtschaftliche Einheit dar, weshalb insoweit gemäss der herrschenden Lehre die Anwendung von Art. 51 CISG und damit ein Teilrücktritt ausgeschlossen ist. Daran vermag entgegen der Minderheitsmeinung der mögliche Ersatz der fehlenden oder mangelhaften Bestandteile einer einheitlichen Sachgesamtheit nichts zu ändern, weil damit deren Vertragswidrigkeit durch eine Nachbesserung behoben wird (vgl. MÜLLER-CHEN, a.a.O., N. 2 zu Art. 51 CISG ).
7.4 Art. 51 CISG Art. 51 CISG 7.5 Da das CISG die Verjährung nicht regelt, richtet sich diese vorliegend nach Schweizer Recht (nicht publ. E. 2.2.; vgl. auch Urteil 4A_68/2009 vom 18. Mai 2009 E. 10), das für die Verjährung von Ansprüchen wegen mangelhafter bzw. nicht vertragsgemässer Warenlieferung eine Verjährungsfrist von einem Jahr ab Ablieferung der Sache an den Käufer vorsieht ( Art. 210 Abs. 1 OR ) und bestimmt, BGE 138 III 601 S. 608 dass die Einrede des Käufers wegen vorhandener Mängel bestehen bleibt, wenn innerhalb eines Jahres nach Ablieferung die vorgeschriebene Anzeige an den Verkäufer gemacht worden ist ( Art. 210 Abs. 2 OR ). Nach dieser Regelung kann der Käufer bei der Anwendbarkeit des CISG verjährte Ansprüche aus einer Vertragsverletzung noch einredeweise geltend machen, wenn er diese dem Verkäufer gemäss Art. 39 CISG angezeigt hat (BRUNNER, a.a.O., N. 31 zu Art. 4 CISG ).
7.5 Art. 210 Abs. 1 OR BGE 138 III 601 S. 608
Art. 210 Abs. 2 OR Art. 39 CISG Art. 4 CISG 7.6 Nach Art. 39 Abs. 1 CISG verliert der Käufer das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, anzeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet.
7.6 Art. 39 Abs. 1 CISG 7.7 Die Vorinstanz hat sich nicht zur Frage geäussert, ob die Beschwerdegegnerin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten nicht gelieferten Bestandteile ihrer Anzeigepflicht im Sinne von Art. 39 CISG nachgekommen ist. Gemäss den unangefochten gebliebenen Feststellungen der ersten Instanz steht jedoch fest, dass die Beschwerdegegnerin mit Faxschreiben vom 16., 23. und 28. Juli sowie vom 11. August 1998 der Beschwerdeführerin Listen zu den Fehlbeständen betreffend die drei Schiffsladungen übermittelt hat. Insoweit kann der Sachverhalt ergänzt werden ( Art. 105 Abs. 2 BGG ). Die Beschwerdeführerin beruft sich auf diese Mängelrügen vom Juli/August 1998, welche die Art der geltend gemachten Vertragswidrigkeit hinreichend genau bezeichnen (vgl. BGE 130 III 258 E. 4.3 S. 281 f.), ohne geltend zu machen, dass die Rügen verspätet erhoben worden seien, weshalb die Rechtzeitigkeit als anerkannt gelten und von einer Anzeige gemäss Art. 39 CISG ausgegangen werden kann. Demnach konnte sich die Beschwerdegegnerin gegenüber der von den kantonalen Gerichten im Umfang von Fr. 1'030'000.- gutgeheissenen Forderung auf Zahlung des restlichen Kaufpreises einredeweise auf Forderungen aus der von ihr behaupteten unvollständigen und damit vertragswidrigen Lieferung berufen, weshalb offenbleiben kann, ob diese Forderungen verjährt waren.
7.7 Art. 39 CISG Art. 105 Abs. 2 BGG Art. 39 CISG 8.
8. 8.1 Die Verteilung der Beweislast gehört zu den im UN-Kaufrecht geregelten Gegenständen. Fehlt eine ausdrückliche Beweislastregel, so kommen die allgemeinen Grundsätze zur Anwendung, welche dem UN-Kaufrecht zu Grunde liegen. Nach diesen Grundsätzen ist insbesondere die Beweisnähe zu beachten, weshalb der Käufer, der die Ware vorbehaltlos übernommen und daran die Sachherrschaft BGE 138 III 601 S. 609 erlangt hat, deren Vertragswidrigkeit zu beweisen hat, soweit er daraus Rechte ableitet ( BGE 130 III 258 E. 5.3 S. 264 ff. mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 4C.245/2003 vom 13. Januar 2004 E. 3.1). Dieser Grundsatz gilt auch bezüglich einer von der Käuferin nach der vorbehaltlosen Übernahme der Waren geltend gemachten Unvollständigkeit der Lieferung (Urteil 4C.144/2004 vom 7. Juli 2004 E. 3.3 und 3.4; vgl. auch: TOBIAS MALTE MÜLLER, Ausgewählte Fragen der Beweislastverteilung im UN-Kaufrecht im Lichte der aktuellen Rechtsprechung, München 2005, S. 90 f.).
8.1 BGE 138 III 601 S. 609
8.2 Die Vorinstanz erwog, die Nichtlieferung verschiedener Teile stelle eine negative Tatsache dar, deren Beweis nicht möglich sei. Selbst wenn die unvollständige Lieferung in den Herrschaftsbereich der Beschwerdeführerin gelangt sei, sei sie damit nicht in der Lage, den Bestand der Vertragswidrigkeit zu beweisen. Demgegenüber habe es die Beschwerdeführerin in der Hand gehabt, den Nachweis der vollständigen Lieferung durch die Einreichung von Packlisten, Frachtbriefen und ähnlichen Dokumenten zu erbringen. Da die Beschwerdeführerin vorliegend die Vollständigkeit der Lieferung leichter beweisen könne als die Beschwerdegegnerin deren Unvollständigkeit, sei der Beschwerdeführerin die Beweislast hinsichtlich der vollständigen Lieferung aufzuerlegen. Diesen Beweis habe die Beschwerdeführerin nicht erbringen können.
8.2 8.3 Die Beschwerdeführerin rügt einen Verstoss gegen die anerkannten Grundsätze der Beweislastverteilung des CISG. Die Ware habe sich nach der Übernahme durch die Beschwerdegegnerin in deren alleinigem Herrschaftsbereich befunden. Diese sei daher entgegen der Meinung der Vorinstanz besser in der Lage gewesen, den Bestand einer Vertragswidrigkeit nachzuweisen als die Beschwerdeführerin deren Abwesenheit.
8.3 8.4 Aus dem angefochtenen Urteil geht nicht hervor, dass die Beschwerdegegnerin bereits bei der Übernahme der Waren in Indonesien Vorbehalte angebracht hätte, so dass von vorbehaltloser Übernahme auszugehen ist. Die Parteien stimmen darin überein, dass die Beschwerdegegnerin die ihr gelieferten Waren ohne Beizug der Beschwerdeführerin auspackte. Entsprechend nahm die Vorinstanz an, die Lieferungen seien mit der Übernahme durch die Beschwerdegegnerin in deren alleinigen Herrschaftsbereich gelangt. Danach war einzig diese in der Lage, die Vollständigkeit der umfangreichen Lieferung zu prüfen und die entsprechenden Beweise zu sichern, weshalb sie gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts für die von BGE 138 III 601 S. 610 ihr nachträglich geltend gemachte Unvollständigkeit der Lieferungen beweispflichtig ist. Weshalb ihr diese Beweisführung unzumutbar sein soll, ist nicht ersichtlich, zumal das Fehlen bestimmter Bestandteile, anders als zum Beispiel die unterlassene Verletzung eines Konkurrenzverbots, nicht zu den so genannten unbestimmten Negativa zu zählen ist (vgl. HANS PETER WALTER, Berner Kommentar, 2012, N. 340 f. zu Art. 8 ZGB ; Urteil 4C.344/2006 vom 8 Januar 2007 E. 2.1.2, nicht publ. in: BGE 133 III 189 ). Die Vorinstanz hat daher die Grundsätze des CISG zur Beweislastverteilung verletzt, indem sie die Beweislast hinsichtlich der vollständigen Lieferung der Beschwerdeführerin auferlegte und mangels dieses Beweises auf Unvollständigkeit der Lieferung gemäss den Behauptungen der Beschwerdegegnerin schloss.
8.4 BGE 138 III 601 S. 610
Art. 8 ZGB 8.5 Da die Vorinstanz aufgrund der unzutreffenden Beweislastverteilung nicht prüfte, ob die Beschwerdegegnerin die von ihr geltend gemachte unvollständige Lieferung beweisen konnte, ist das angefochtene Urteil bezüglich der daraus abgeleiteten Forderungen der Beschwerdegegnerin aufzuheben und zur Sachverhaltsergänzung und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang werden die Rügen gegenstandslos, soweit sie sich gegen die Erwägung des Vorinstanz richten, nach welcher die Beschwerdeführerin die Vollständigkeit der Lieferung nicht nachgewiesen habe (vgl. BGE 135 I 187 E. 2.3 S. 191).
8.5
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Urteilskopf
90. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_297/2012 vom 9. Oktober 2012
Regeste Rechtshängigkeit bei fehlender Zuständigkeit; Frist zur Einreichung bei dem zuständigen Gericht ( Art. 63 Abs. 1 ZPO ). Tritt ein Gericht auf eine Klage zufolge fehlender Zuständigkeit nicht ein und wird gegen diesen Entscheid kein Rechtsmittel ergriffen, so beginnt die Monatsfrist, in der nach Art. 63 Abs. 1 ZPO die Klage zur Erhaltung der Rechtshängigkeit beim zuständigen Gericht neu einzureichen ist, bereits mit der Zustellung des Nichteintretensentscheides zu laufen, nicht erst mit dessen Rechtskraft (E. 2).
Regeste
Rechtshängigkeit bei fehlender Zuständigkeit; Frist zur Einreichung bei dem zuständigen Gericht ( Art. 63 Abs. 1 ZPO ). Tritt ein Gericht auf eine Klage zufolge fehlender Zuständigkeit nicht ein und wird gegen diesen Entscheid kein Rechtsmittel ergriffen, so beginnt die Monatsfrist, in der nach Art. 63 Abs. 1 ZPO die Klage zur Erhaltung der Rechtshängigkeit beim zuständigen Gericht neu einzureichen ist, bereits mit der Zustellung des Nichteintretensentscheides zu laufen, nicht erst mit dessen Rechtskraft (E. 2).
Art. 63 Abs. 1 ZPO Tritt ein Gericht auf eine Klage zufolge fehlender Zuständigkeit nicht ein und wird gegen diesen Entscheid kein Rechtsmittel ergriffen, so beginnt die
Monatsfrist, in der nach Art. 63 Abs. 1 ZPO die Klage zur Erhaltung der Rechtshängigkeit beim zuständigen Gericht neu einzureichen ist, bereits mit der Zustellung des Nichteintretensentscheides zu laufen, nicht erst mit dessen Rechtskraft (E. 2).
Art. 63 Abs. 1 ZPO Erwägungen ab Seite 611
Erwägungen ab Seite 611 BGE 138 III 610 S. 611
BGE 138 III 610 S. 611
Aus den Erwägungen:
2. Wird eine Eingabe, die mangels Zuständigkeit zurückgezogen oder auf die nicht eingetreten wurde, innert eines Monates seit dem Rückzug oder dem Nichteintretensentscheid bei der zuständigen Schlichtungsbehörde oder beim zuständigen Gericht neu eingereicht, so gilt als Zeitpunkt der Rechtshängigkeit das Datum der ersten Einreichung. Gleiches gilt, wenn eine Klage nicht im richtigen Verfahren eingereicht wurde ( Art. 63 Abs. 1 und 2 ZPO ).
2. Art. 63 Abs. 1 und 2 ZPO 2.1 Die Vorinstanz ging davon aus, wenn, wie im zu beurteilenden Fall, gegen einen Nichteintretensentscheid kein Rechtsmittel ergriffen werde, beginne die Monatsfrist zur Einreichung der Eingabe beim zuständigen Gericht nach Art. 63 Abs. 1 ZPO bereits mit Zustellung des Nichteintretensentscheides. Diese sei am 5. August 2011 erfolgt, so dass die Frist unter Berücksichtigung der Gerichtsferien am 16. August 2011 zu laufen begonnen und am 16. September 2011 geendet habe. Durch die Eingabe vom 17. Oktober 2011 sei sie nicht gewahrt worden.
2.1 Art. 63 Abs. 1 ZPO 2.2 Art. 63 Abs. 1 ZPO BGE 138 III 610 S. 612
2.3 Der Gesetzestext ist bezüglich der streitigen Frage nicht eindeutig. Zwar spricht er, wie der Beschwerdeführer hervorhebt, nicht von der Zustellung des Nichteintretensentscheides. Darin unterscheidet er sich von Art. 311 und Art. 321 ZPO, welche für die Einreichung der Berufung und der Beschwerde nach der ZPO ausdrücklich auf die Zustellung des begründeten Entscheides abstellen. Er erwähnt aber auch die Rechtskraft des Nichteintretensentscheides nicht, was naheläge, wenn dem Gesetzgeber die vom Beschwerdeführer bevorzugte Lösung vorgeschwebt hätte. Denkbar ist, dass der Gesetzgeber mit der Formulierung eine unterschiedliche Behandlung ermöglichen wollte, je nachdem, ob gegen den Nichteintretensentscheid ein Rechtsmittel ergriffen wurde (vgl. hierzu BGE 138 III 471 E. 6 S. 481) oder nicht.
2.3 Art. 311 und Art. 321 ZPO 2.4 In der Literatur wird einerseits die Auffassung vertreten, die Monatsfrist nach Art. 63 Abs. 1 ZPO beginne, wenn kein Rechtsmittel ergriffen wird, mit Rechtskraft des Nichteintretensentscheides (INFANGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 15 zu Art. 63 ZPO ; MÜLLER-CHEN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 18 f. zu Art. 63 ZPO ; SCHLEIFFER MARAIS, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 10 zu Art. 63 ZPO ; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, N. 5 zu Art. 63 ZPO ). Es findet sich aber ebenso die Meinung, wenn kein Rechtsmittel ergriffen werde, beginne die Monatsfrist bereits mit der Zustellung beziehungsweise der Eröffnung des Nichteintretensentscheides, nicht erst mit dessen Rechtskraft (SUTTER-SOMM/HEDINGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 11 zu Art. 63 ZPO ; PICHONNAZ, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2. Aufl. 2012, N. 10 zu aArt. 139 OR [ Art. 63 ZPO ]; BERTI, in: ZPO, Schweizerische Zivilprozessordnung, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 12 zu Art. 63 ZPO ; BOHNET, in: CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 20 zu Art. 63 ZPO ).
2.4 Art. 63 Abs. 1 ZPO Art. 63 ZPO Art. 63 ZPO Art. 63 ZPO Art. 63 ZPO Art. 63 ZPO Art. 63 ZPO Art. 63 ZPO Art. 63 ZPO 2.5 Der Beschwerdeführer verweist auf eine Lehrmeinung, die davon ausgeht, der Nichteintretensentscheid könnte gar nicht angefochten werden, wenn die Neueinreichung binnen einer Monatsfrist seit dessen Mitteilung erfolgen müsste. Es mangle an der erforderlichen Beschwer, da das Verfahren bei der neu angerufenen Instanz BGE 138 III 610 S. 613 verbindlich seinen Fortgang gefunden habe (INFANGER, a.a.O., N. 15 zu Art. 63 ZPO ). Diese Auffassung überzeugt nicht:
2.5 BGE 138 III 610 S. 613
Art. 63 ZPO 2.5.1 Zum einen bleibt der Betroffene durch den Nichteintretensentscheid beschwert. Dieser zieht in der Regel (wie im zu beurteilenden Fall) Kosten und Entschädigungsfolgen nach sich. Aber auch davon unabhängig ist eine Partei beschwert, wenn die Klage nicht von dem von ihr angerufenen Gericht behandelt wird. Entsprechend ist die nach Art. 127 ZPO mögliche Überweisung einer Streitsache an ein anderes Gericht mit Beschwerde anfechtbar ( Art. 127 Abs. 2 ZPO ).
2.5.1 Art. 127 ZPO Art. 127 Abs. 2 ZPO 2.5.2 Zum andern fehlt es an der Voraussetzung für die Anwendung von Art. 63 Abs. 1 ZPO, wenn der Nichteintretensentscheid im Rechtsmittelverfahren aufgehoben wird und das zuerst angerufene Gericht auf die Klage eintritt. Unter diesen Umständen findet das Verfahren bei der neu angerufenen Instanz nicht seinen Fortgang, sondern diese tritt nach Art. 59 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d ZPO wegen der prioritären anderweitigen Rechtshängigkeit auf die Klage nicht ein. Dem Beginn der Monatsfrist nach Art. 63 Abs. 1 ZPO kommt für die Anfechtbarkeit des Nichteintretensentscheides insoweit keine Bedeutung zu.
2.5.2 Art. 63 Abs. 1 ZPO Art. 63 Abs. 1 ZPO 2.6 Art. 63 ZPO verallgemeinert den Grundsatz von aArt. 139 OR, der mit Inkrafttreten der ZPO aufgehoben wurde (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7277 Ziff. 5.4 zu Art. 61 Abs. 1 und 2 E-ZPO). Auch die analogen Regelungen in Art. 34 des Bundesgesetzes vom 24. März 2000 über den Gerichtsstand in Zivilsachen (Gerichtsstandsgesetz, GestG; AS 2000 2355) sowie aArt. 32 Abs. 3 SchKG, welche gleichzeitig aufgehoben wurden, gehen auf das "Urbild" des aArt. 139 OR zurück (Botschaft vom 18. November 1998 zum Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen [Gerichtsstandsgesetz, GestG], BBl 1999 III 2870 Ziff. 26 zu Art. 35 E-GestG). Daher liegt nahe, Lehre und Rechtsprechung zu aArt. 139 OR heranzuziehen.
2.6 Art. 63 ZPO 2.7 In BGE 109 III 49 erkannte das Bundesgericht in einem Fall, der die analoge Anwendung von aArt. 139 OR auf die Aberkennungsklage mit entsprechend verkürzter Frist (vgl. heute Art. 63 Abs. 3 ZPO ; Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7278 Ziff. 5.4 zu Art. 61 Abs. 3 E-ZPO) betraf, aus Gründen der Rechtssicherheit und der Klarheit der Verhältnisse beginne die Nachfrist erst mit der Zustellung des formellen Nichteintretensentscheides zu laufen (und nicht schon mit der BGE 138 III 610 S. 614 mündlichen Mitteilung). Das Bundesgericht stellte mithin nicht auf die Rechtskraft des Nichteintretensentscheides ab, sondern auf dessen Zustellung ( BGE 109 III 49 E. 4d S. 52) beziehungsweise Eröffnung ( BGE 101 II 77 E. 3 S. 82). Diese Auffassung stiess in der Lehre nicht auf Kritik, sondern wurde übernommen (PICHONNAZ, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 1. Aufl. 2003 [Vorauflage], N. 12 zu aArt. 139 OR; DÄPPEN, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 4. Aufl. 2007 [Vorauflage], N. 9 zu aArt. 139 OR; BERTI, Zürcher Kommentar, 2002, N. 61 zu aArt. 139 OR; so schon VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. II, 1974, S. 230; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil ohne Deliktsrecht, 2. Aufl. 1988, S. 467), obwohl auch abweichende Auffassungen vertreten worden waren (OSER/SCHÖNENBERGER, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. 1929, N. 3 zu aArt. 139 OR; SPIRO, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, Bd. I, 1975, S. 334). Hätte der Gesetzgeber mit der ZPO eine Abkehr von der zu aArt. 139 OR ergangenen Rechtsprechung bewirken wollen, hätte er dies im Gesetzestext und den Materialien zum Ausdruck gebracht. Daher besteht für das Bundesgericht kein Anlass, Art. 63 ZPO anders auszulegen als aArt. 139 OR, dessen Inhalt durch Art. 63 ZPO verallgemeinert wird.
2.7 Art. 63 Abs. 3 ZPO BGE 138 III 610 S. 614
Art. 63 ZPO Art. 63 ZPO 2.8 Die Zustellung erfolgte am 5. August 2011, so dass sowohl die Frist von 30 Tagen zur Berufung nach Art. 311 ZPO als auch die Frist von einem Monat nach Art. 63 Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung der Gerichtsferien vom 15. Juli bis und mit dem 15. August ( Art. 145 Abs. 1 lit. b ZPO ) am 16. August 2011, dem ersten Tag nach Ende des Stillstandes ( Art. 146 Abs. 1 ZPO ), zu laufen begannen. Die Frist von 30 Tagen zur Einreichung der Berufung endete am 14. September 2011, die Monatsfrist nach Art. 63 Abs. 1 ZPO dagegen am 16. September 2011, dem Tag, der dieselbe Zahl trägt wie der Tag, an dem die Frist zu laufen begann ( Art. 142 Abs. 2 ZPO ). Dem Beschwerdeführer verblieb demnach die gesamte Frist von 30 Tagen, um über die Ergreifung des Rechtsmittels zu entscheiden, bevor die Frist nach Art. 63 Abs. 1 ZPO ablief. Damit kann offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn es sich anders verhielte, beispielsweise bei einer Zustellung eines Nichteintretensentscheides zwischen dem 30. Januar und dem 27. Februar (in diesem Zeitraum verstreicht die Monatsfrist vor Ablauf der Frist von 30 Tagen nach Art. 311 und Art. 321 ZPO ) oder wenn für den Erhalt der BGE 138 III 610 S. 615 Rechtshängigkeit nach Art. 63 Abs. 3 ZPO eine kürzere Frist als die Rechtsmittelfrist vorgesehen ist. Aus BGE 109 III 49 kann diesbezüglich wohl nichts abgeleitet werden, da die mit Blick auf die Regelung der Aberkennungsklage massgebende Frist von damals 10 Tagen der Frist entsprach, in der nach § 261 der zürcherischen Zivilprozessordnung vom 13. Juni 1976 [kantonale] Berufung zu erklären gewesen wäre. Nachdem der Beschwerdeführer kein Rechtsmittel ergriffen hat, muss auch auf die Frage, wie es sich verhält, wenn gegen den Rückweisungsentscheid ein Rechtsmittel ergriffen wird (vgl. hierzu BGE 138 III 471 E. 6 S. 482), nicht näher eingegangen zu werden. Die Vorinstanz ging jedenfalls zu Recht davon aus, mit der Eingabe vom 17. Oktober 2011 habe der Beschwerdeführer die Frist von Art. 63 Abs. 1 ZPO nicht gewahrt.
2.8 Art. 311 ZPO Art. 63 Abs. 1 ZPO Art. 145 Abs. 1 lit. b ZPO Art. 146 Abs. 1 ZPO Art. 63 Abs. 1 ZPO Art. 142 Abs. 2 ZPO Art. 63 Abs. 1 ZPO Art. 311 und Art. 321 ZPO BGE 138 III 610 S. 615
Art. 63 Abs. 3 ZPO Art. 63 Abs. 1 ZPO
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Urteilskopf 138 III 615 91. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. Sàrl (recours en matière civile) 4A_391/2012 du 20 septembre 2012 Regeste Art. 145 sowie 209 Abs. 3 und 4 ZPO. Die Frist zur Klageeinreichung beim Gericht nach Erteilung der Klagebewilligung steht während der Gerichtsferien still (E. 2). Sachverhalt ab Seite 615 BGE 138 III 615 S. 615 A. Dans le cadre de la résiliation litigieuse d'un contrat de bail portant sur un appartement sis dans le canton de Vaud, la Commission de conciliation en matière de baux à loyer a soumis aux parties une proposition de jugement que la locataire a rejetée. Par acte du 30 novembre 2011 notifié le 1 er décembre 2011, l'autorité de conciliation a délivré une autorisation de procéder à la locataire. La décision écrite contenait notamment le passage suivant en caractères gras: la locataire "est en droit de porter l'action devant le Tribunal des baux dans un délai de trente jours à compter de la délivrance de la présente autorisation. Ce délai n'est pas suspendu par les féries (art. 145 al. 1 à 3 CPC)". BGE 138 III 615 S. 616 B. Le 16 janvier 2012, la locataire a ouvert action devant le Tribunal des baux du canton de Vaud, concluant notamment à l'annulation de la résiliation, à la nullité du loyer et à la fixation d'un nouveau loyer initial. Par décision du 31 janvier 2012, le Tribunal a déclaré la demande irrecevable pour cause de tardiveté. Le 24 février 2012, la locataire a interjeté appel, concluant à ce que sa demande du 16 janvier 2012 soit déclarée recevable. Statuant par arrêt du 2 mai 2012, la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal vaudois a confirmé la décision d'irrecevabilité; elle a jugé que durant les féries ( art. 145 al. 1 CPC [RS 272]), le délai pour ouvrir action ensuite de la délivrance d'une autorisation de procéder après tentative de conciliation n'était pas suspendu ( art. 145 al. 2 let. a et art. 209 al. 4 CPC ). C. La locataire (ci-après: la recourante) a saisi le Tribunal fédéral d'un recours en matière civile, concluant à ce que sa demande du 16 janvier 2012 soit déclarée recevable. La bailleresse (ci-après: l'intimée) a déclaré se rallier à l'arrêt attaqué. Par arrêt du 20 septembre 2012, le Tribunal fédéral a admis le recours, annulé l'arrêt attaqué et renvoyé la cause à l'autorité précédente pour suite de la procédure. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. La question à juger est celle de savoir si l' art. 145 al. 2 let. a CPC s'applique aux délais prévus par l' art. 209 CPC. 2.1 L' art. 209 CPC figure dans la deuxième partie du CPC traitant des "dispositions spéciales"; il se trouve, sous le titre "conciliation", dans le chapitre 3 intitulé "conciliation et autorisation de procéder", qui suit le chapitre 2 relatif à la "procédure de conciliation". L' art. 209 CPC traite de l'autorisation de procéder, délivrée lorsque la tentative de conciliation n'aboutit pas. A teneur de l' art. 209 al. 3 CPC, le demandeur est en droit de porter l'action devant le tribunal dans un délai de trois mois à compter de la délivrance de l'autorisation de procéder; l' art. 209 al. 4 CPC réduit ce délai à trente jours notamment pour les litiges relatifs aux baux à loyer. L' art. 145 CPC, qui ressortit aux "dispositions générales" du code (partie 1), figure dans le chapitre relatif aux délais. Selon l' art. 145 al. 1 CPC, les délais légaux et les délais fixés judiciairement ne BGE 138 III 615 S. 617 courent pas durant les féries; l' art. 145 al. 2 let. a CPC précise toutefois que la suspension des délais ne s'applique pas "à la procédure de conciliation". 2.2 Les auteurs sont majoritairement d'avis que la suspension s'applique aux délais de l' art. 209 CPC. Ils soutiennent que ces délais courent dès la notification de l'autorisation de procéder, c'est-à-dire à un moment où la procédure de conciliation est terminée; ils ne feraient ainsi pas partie de la procédure de conciliation (THOMAS SUTTER-SOMM, Das Schlichtungsverfahren der ZPO: Ausgewählte Problempunkte, RSPC 2012 p. 82 s.; BARBARA MERZ, n° 13 ad art. 145 CPC, et URS EGLI, n° 21 ad art. 209 CPC, in Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner/Gasser/Schwander [éd.], 2011;FRANÇOIS BOHNET, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 15 ad art. 209 CPC ; JURIJ BENN, n° 6 ad art. 145 CPC, et DOMINIK INFANGER, n os 21 et 25 ad art. 209 CPC, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, n° 5 ad art. 209CPC; URS H. HOFFMANN-NOWOTNY, in ZPO, Kurzkommentar, Oberhammer [éd.], 2010, n° 8 ad art. 145 CPC ; Le droit suisse du bail àloyer, Commentaire, adaptation française de Burkhalter/Martinez-Favre, 2011, p. 767; BASTIEN SANDOZ, La conciliation, in Procédure civile suisse - Les grands thèmes pour le praticien, 2010, p. 84 n. 80; DAVID LACHAT, Procédure civile en matière de baux et loyers, 2011, p. 109 n. 10.10; JACQUES HALDY, Les procédures spéciales, in Le Code de procédure civile - Aspects choisis, 2011, p. 135). D'autres auteurs, certains non sans hésitations, sont d'avis que la suspension ne s'applique pas. Ils se fondent sur le fait que l' art. 209 CPC se trouve dans le titre consacré à la conciliation et que les délais prévus dans cette disposition doivent dès lors être considérés comme faisant partie de la procédure de conciliation; ils relèvent aussi que cette solution est conforme au but du législateur de ne pas retarder à l'excès la procédure au fond (TAPPY/NOVIER, La procédure de conciliation et la médiation dans le CPC, in Il Codice di diritto processuale civile svizzero, 2011, p. 137; DENIS TAPPY, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 14 ad art. 145 CPC ; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, p. 205 n. 8.63; JÖRG HONEGGER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2010, n° 10 ad art. 209 CPC ). La Cour d'appel relève en outre que dans un article à paraître, un auteur (KATIA ELKAIM) ferait en substance BGE 138 III 615 S. 618 observer que les seuls délais mentionnés dans le chapitre 2 consacré à la procédure de conciliation sont des délais d'ordre ( art. 203 al. 1 et al. 4 CPC ), de sorte que l' art. 145 al. 2 let. a CPC serait dépourvu de portée pratique si l'on devait considérer, avec la doctrine majoritaire, que cette disposition vise uniquement la procédure de conciliation au sens étroit (publication désormais parue: cf. KATIA ELKAIM-LÉVY, Premières expériences avec le nouveau code de procédure civile, Le point de vue du magistrat, in Nouvelle procédure civile et espace judiciaire européen, 2012, p. 35). 2.3 L' art. 145 al. 2 let. a CPC exclut la suspension des délais dans le cadre de la "procédure de conciliation" ( Schlichtungsverfahren, procedura di conciliazione ). Cette même notion de "procédure de conciliation" ( Schlichtungsverfahren, procedura ) forme l'intitulé du chapitre englobant les art. 202 à 207 CPC; ces dispositions règlent la procédure de conciliation proprement dite. Le chapitre suivant, intitulé "conciliation et autorisation de procéder" ( Einigung und Klagebewilligung, intesa e autorizzazione ad agire ), précise à l' art. 208 CPC, sous l'intitulé "conciliation" ( Einigung, avvenuta conciliazione ), la suite de la procédure en cas d'aboutissement de la conciliation, respectivement à l' art. 209 CPC, sous l'intitulé "autorisation de procéder" ( Klagebewilligung, autorizzazione ad agire ), la suite de la procédure en cas d'échec de la conciliation. L' art. 209 CPC se trouve ainsi dans un chapitre de la loi qui ne règle pas la procédure de conciliation, mais en précise les suites. Il n'y a aucune raison de considérer que la notion de "procédure de conciliation" n'aurait pas la même portée à l' art. 145 al. 2 let. a CPC que dans l'intitulé du chapitre englobant les art. 202 à 207 CPC; tel semble aussi avoir été l'avis des experts ayant rédigé l'avant-projet (voir ci-après). Le délai de l' art. 209 CPC commence à courir avec la notification de l'autorisation de procéder, à savoir à un moment où il n'y a plus de procédure de conciliation en cours. Ce délai, à fortiori, s'écoule alors que cette procédure est close et l'autorité de conciliation dessaisie. On ne saurait dès lors admettre sans autre qu'il est un élément de la procédure de conciliation. La consultation des travaux législatifs n'appelle pas une autre conclusion. L'avant-projet des experts de juin 2003 incluait déjà l'équivalent de l'actuel art. 145 al. 2 let. a CPC, en ce sens que les règles sur les féries ne devaient pas s'appliquer à la "procédure de conciliation" (cf. art. 138 al. 2 let. a AP-CPC). Après la délivrance de BGE 138 III 615 S. 619 l'autorisation de procéder, le demandeur disposait d'un délai de deux mois pour porter l'action devant le tribunal; il était expressément précisé que ce "délai ne peut pas être suspendu" ("diese Frist kann nicht stillstehen"; art. 202 al. 3 phrase 2 AP-CPC). Le rapport explicatif soulignait qu'il n'était pas question d'accorder un délai plus long, car il s'agissait de favoriser la rapidité de la procédure (Rapport accompagnant l'avant-projet de la commission d'experts, juin 2003, p. 100 ad art. 202, accessible sur le site internet de l'Office fédéral de la justice [ www.ejpd.admin.ch ], en sélectionnant les rubriques Thèmes/Etat & Citoyen/Législation/Projets terminés). Toutefois, dans le cadre de la procédure de consultation, d'aucuns ont préconisé de porter ce délai à trois mois, respectivement de suspendre le délai pendant les féries (cf. Classement des réponses à la procédure de consultation, 2004, p. 526 ss ad art. 202). Dans son projet, le Conseil fédéral a augmenté le délai à trois mois et a supprimé la clause qui excluait toute suspension du délai (FF 2006 7019, 7064, art. 206 al. 3 du projet). Il a simplement précisé que la raison d'être du délai était d'éviter que le défendeur ne reste pendant une période indéterminée sans savoir si la procédure allait se poursuivre ou non (Message du 28 juin 2006 relatif au code de procédure civile suisse [CPC], FF 2006 6841, 6941 ch. 5.13 ad art. 206). Au vu de ce qui précède, la volonté de ne pas retarder la procédure doit être relativisée. Les féries peuvent prolonger le délai ordinaire d'un mois supplémentaire au maximum (cf. art. 145 al. 1 let. b CPC ), ce qui ne paraît pas aller à l'encontre du but de la loi. Dans cette mesure, l'intérêt du défendeur à être fixé sur la poursuite du litige peut céder le pas face à l'intérêt du demandeur à ne pas devoir déposer une demande pendant les féries, sachant par ailleurs que si cette écriture devait être produite dans le délai non suspendu de l' art. 209 CPC, la procédure judiciaire n'en serait pas moins ralentie par les féries (cf. SUTTER-SOMM, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2 e éd. 2012, p. 187 n. 750; EGLI, op. cit., n° 21 ad art. 209 CPC ; KARIN FISCHER, Vom Friedensrichteramt zur Schlichtungsbehörde, 2008, p. 62, à propos de l'ancienne procédure zurichoise). Et si la suspension s'applique au délai ordinaire de trois mois, il en va nécessairement de même pour le délai plus court concernant les litiges en matière de bail ( art. 209 al. 4 CPC ). Une différenciation entre les divers délais de l' art. 209 CPC n'entre pas en ligne de compte, d'autant moins que le délai de 30 jours de l'alinéa 4 n'a été introduit qu'au cours des débats devant le parlement (BO 2008 CN 956-958, CE 728). L'on ne saurait dès lors BGE 138 III 615 S. 620 accorder une importance particulière au fait que, sous l'ancien droit, le délai de 30 jours imparti par le droit fédéral (ancien art. 274f al. 1 CO ; RO 1990 822) pour saisir le juge après un acte de non-conciliation dans un litige de bail à loyer n'était pas suspendu par les féries du droit cantonal (cf. ATF 123 III 67 consid. 2). Au demeurant, la Conseillère nationale et avocate Anita Thanei, qui a oeuvré pour maintenir une réglementation semblable aux anciens art. 274 ss CO (cf. BO 2008 CN 957), admet elle-même que le délai de 30 jours de l' art. 209 al. 4 CPC est suspendu pendant les féries (THANEI, Auswirkungen der neuen Schweizerischen Zivilprozessordnung auf die mietrechtlichen Verfahren, insbesondere auf das Schlichtungsverfahren, mp 2009 p. 189 s.). Enfin, même si le fait de restreindre l'application de l' art. 145 al. 2 let. a CPC à la procédure de conciliation proprement dite ( art. 202-207 CPC ) avait pour conséquence qu'aucun délai légal impératif ne tombe sous le coup de cette disposition, elle n'en serait pas pour autant dépourvue de portée. Car elle s'applique aux délais fixés aux parties par l'autorité de conciliation (cf. p. ex. art. 202 al. 4 CPC ) et aux délais à tenir par l'autorité elle-même. L'objection est, pour ce motif déjà, infondée. 2.4 En résumé, il y a lieu de retenir que les délais pour ouvrir action ensuite de la délivrance d'une autorisation de procéder ( art. 209 al. 3 et al. 4 CPC ) sont suspendus pendant les féries ( art. 145 al. 1 CPC ).
Urteilskopf
91. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. Sàrl (recours en matière civile)
4A_391/2012 du 20 septembre 2012
Regeste Art. 145 sowie 209 Abs. 3 und 4 ZPO. Die Frist zur Klageeinreichung beim Gericht nach Erteilung der Klagebewilligung steht während der Gerichtsferien still (E. 2).
Regeste
Art. 145 sowie 209 Abs. 3 und 4 ZPO. Die Frist zur Klageeinreichung beim Gericht nach Erteilung der Klagebewilligung steht während der Gerichtsferien still (E. 2).
Art. 145 sowie 209 Abs. 3 und 4 ZPO Die Frist zur Klageeinreichung beim Gericht nach Erteilung der Klagebewilligung steht während der Gerichtsferien still (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 615
Sachverhalt ab Seite 615 BGE 138 III 615 S. 615
BGE 138 III 615 S. 615
A. Dans le cadre de la résiliation litigieuse d'un contrat de bail portant sur un appartement sis dans le canton de Vaud, la Commission de conciliation en matière de baux à loyer a soumis aux parties une proposition de jugement que la locataire a rejetée.
A. Par acte du 30 novembre 2011 notifié le 1 er décembre 2011, l'autorité de conciliation a délivré une autorisation de procéder à la locataire. La décision écrite contenait notamment le passage suivant en caractères gras: la locataire "est en droit de porter l'action devant le Tribunal des baux dans un délai de trente jours à compter de la délivrance de la présente autorisation. Ce délai n'est pas suspendu par les féries (art. 145 al. 1 à 3 CPC)". BGE 138 III 615 S. 616
BGE 138 III 615 S. 616
B. Le 16 janvier 2012, la locataire a ouvert action devant le Tribunal des baux du canton de Vaud, concluant notamment à l'annulation de la résiliation, à la nullité du loyer et à la fixation d'un nouveau loyer initial. Par décision du 31 janvier 2012, le Tribunal a déclaré la demande irrecevable pour cause de tardiveté.
B. Le 24 février 2012, la locataire a interjeté appel, concluant à ce que sa demande du 16 janvier 2012 soit déclarée recevable. Statuant par arrêt du 2 mai 2012, la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal vaudois a confirmé la décision d'irrecevabilité; elle a jugé que durant les féries ( art. 145 al. 1 CPC [RS 272]), le délai pour ouvrir action ensuite de la délivrance d'une autorisation de procéder après tentative de conciliation n'était pas suspendu ( art. 145 al. 2 let. a et art. 209 al. 4 CPC ). art. 145 al. 1 CPC art. 145 al. 2 let. a et art. 209 al. 4 CPC C. La locataire (ci-après: la recourante) a saisi le Tribunal fédéral d'un recours en matière civile, concluant à ce que sa demande du 16 janvier 2012 soit déclarée recevable. La bailleresse (ci-après: l'intimée) a déclaré se rallier à l'arrêt attaqué.
C. Par arrêt du 20 septembre 2012, le Tribunal fédéral a admis le recours, annulé l'arrêt attaqué et renvoyé la cause à l'autorité précédente pour suite de la procédure.
(résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
2. La question à juger est celle de savoir si l' art. 145 al. 2 let. a CPC s'applique aux délais prévus par l' art. 209 CPC.
2. art. 145 al. 2 let. a CPC art. 209 CPC 2.1 L' art. 209 CPC figure dans la deuxième partie du CPC traitant des "dispositions spéciales"; il se trouve, sous le titre "conciliation", dans le chapitre 3 intitulé "conciliation et autorisation de procéder", qui suit le chapitre 2 relatif à la "procédure de conciliation". L' art. 209 CPC traite de l'autorisation de procéder, délivrée lorsque la tentative de conciliation n'aboutit pas. A teneur de l' art. 209 al. 3 CPC, le demandeur est en droit de porter l'action devant le tribunal dans un délai de trois mois à compter de la délivrance de l'autorisation de procéder; l' art. 209 al. 4 CPC réduit ce délai à trente jours notamment pour les litiges relatifs aux baux à loyer.
2.1 art. 209 CPC art. 209 CPC art. 209 al. 3 CPC art. 209 al. 4 CPC L' art. 145 CPC, qui ressortit aux "dispositions générales" du code (partie 1), figure dans le chapitre relatif aux délais. Selon l' art. 145 al. 1 CPC, les délais légaux et les délais fixés judiciairement ne BGE 138 III 615 S. 617 courent pas durant les féries; l' art. 145 al. 2 let. a CPC précise toutefois que la suspension des délais ne s'applique pas "à la procédure de conciliation". art. 145 CPC art. 145 al. 1 CPC BGE 138 III 615 S. 617
art. 145 al. 2 let. a CPC 2.2 Les auteurs sont majoritairement d'avis que la suspension s'applique aux délais de l' art. 209 CPC. Ils soutiennent que ces délais courent dès la notification de l'autorisation de procéder, c'est-à-dire à un moment où la procédure de conciliation est terminée; ils ne feraient ainsi pas partie de la procédure de conciliation (THOMAS SUTTER-SOMM, Das Schlichtungsverfahren der ZPO: Ausgewählte Problempunkte, RSPC 2012 p. 82 s.; BARBARA MERZ, n° 13 ad art. 145 CPC, et URS EGLI, n° 21 ad art. 209 CPC, in Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner/Gasser/Schwander [éd.], 2011;FRANÇOIS BOHNET, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 15 ad art. 209 CPC ; JURIJ BENN, n° 6 ad art. 145 CPC, et DOMINIK INFANGER, n os 21 et 25 ad art. 209 CPC, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, n° 5 ad art. 209CPC; URS H. HOFFMANN-NOWOTNY, in ZPO, Kurzkommentar, Oberhammer [éd.], 2010, n° 8 ad art. 145 CPC ; Le droit suisse du bail àloyer, Commentaire, adaptation française de Burkhalter/Martinez-Favre, 2011, p. 767; BASTIEN SANDOZ, La conciliation, in Procédure civile suisse - Les grands thèmes pour le praticien, 2010, p. 84 n. 80; DAVID LACHAT, Procédure civile en matière de baux et loyers, 2011, p. 109 n. 10.10; JACQUES HALDY, Les procédures spéciales, in Le Code de procédure civile - Aspects choisis, 2011, p. 135).
2.2 art. 209 CPC art. 145 CPC art. 209 CPC art. 209 CPC art. 145 CPC art. 209 CPC art. 145 CPC D'autres auteurs, certains non sans hésitations, sont d'avis que la suspension ne s'applique pas. Ils se fondent sur le fait que l' art. 209 CPC se trouve dans le titre consacré à la conciliation et que les délais prévus dans cette disposition doivent dès lors être considérés comme faisant partie de la procédure de conciliation; ils relèvent aussi que cette solution est conforme au but du législateur de ne pas retarder à l'excès la procédure au fond (TAPPY/NOVIER, La procédure de conciliation et la médiation dans le CPC, in Il Codice di diritto processuale civile svizzero, 2011, p. 137; DENIS TAPPY, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 14 ad art. 145 CPC ; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, p. 205 n. 8.63; JÖRG HONEGGER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2010, n° 10 ad art. 209 CPC ). La Cour d'appel relève en outre que dans un article à paraître, un auteur (KATIA ELKAIM) ferait en substance BGE 138 III 615 S. 618 observer que les seuls délais mentionnés dans le chapitre 2 consacré à la procédure de conciliation sont des délais d'ordre ( art. 203 al. 1 et al. 4 CPC ), de sorte que l' art. 145 al. 2 let. a CPC serait dépourvu de portée pratique si l'on devait considérer, avec la doctrine majoritaire, que cette disposition vise uniquement la procédure de conciliation au sens étroit (publication désormais parue: cf. KATIA ELKAIM-LÉVY, Premières expériences avec le nouveau code de procédure civile, Le point de vue du magistrat, in Nouvelle procédure civile et espace judiciaire européen, 2012, p. 35). art. 209 CPC art. 145 CPC art. 209 CPC BGE 138 III 615 S. 618
art. 203 al. 1 et al. 4 CPC art. 145 al. 2 let. a CPC 2.3 L' art. 145 al. 2 let. a CPC exclut la suspension des délais dans le cadre de la "procédure de conciliation" ( Schlichtungsverfahren, procedura di conciliazione ). Cette même notion de "procédure de conciliation" ( Schlichtungsverfahren, procedura ) forme l'intitulé du chapitre englobant les art. 202 à 207 CPC; ces dispositions règlent la procédure de conciliation proprement dite. Le chapitre suivant, intitulé "conciliation et autorisation de procéder" ( Einigung und Klagebewilligung, intesa e autorizzazione ad agire ), précise à l' art. 208 CPC, sous l'intitulé "conciliation" ( Einigung, avvenuta conciliazione ), la suite de la procédure en cas d'aboutissement de la conciliation, respectivement à l' art. 209 CPC, sous l'intitulé "autorisation de procéder" ( Klagebewilligung, autorizzazione ad agire ), la suite de la procédure en cas d'échec de la conciliation. L' art. 209 CPC se trouve ainsi dans un chapitre de la loi qui ne règle pas la procédure de conciliation, mais en précise les suites. Il n'y a aucune raison de considérer que la notion de "procédure de conciliation" n'aurait pas la même portée à l' art. 145 al. 2 let. a CPC que dans l'intitulé du chapitre englobant les art. 202 à 207 CPC; tel semble aussi avoir été l'avis des experts ayant rédigé l'avant-projet (voir ci-après).
2.3 art. 145 al. 2 let. a CPC art. 208 CPC art. 209 CPC art. 209 CPC art. 145 al. 2 let. a CPC Le délai de l' art. 209 CPC commence à courir avec la notification de l'autorisation de procéder, à savoir à un moment où il n'y a plus de procédure de conciliation en cours. Ce délai, à fortiori, s'écoule alors que cette procédure est close et l'autorité de conciliation dessaisie. On ne saurait dès lors admettre sans autre qu'il est un élément de la procédure de conciliation. art. 209 CPC La consultation des travaux législatifs n'appelle pas une autre conclusion. L'avant-projet des experts de juin 2003 incluait déjà l'équivalent de l'actuel art. 145 al. 2 let. a CPC, en ce sens que les règles sur les féries ne devaient pas s'appliquer à la "procédure de conciliation" (cf. art. 138 al. 2 let. a AP-CPC). Après la délivrance de BGE 138 III 615 S. 619 l'autorisation de procéder, le demandeur disposait d'un délai de deux mois pour porter l'action devant le tribunal; il était expressément précisé que ce "délai ne peut pas être suspendu" ("diese Frist kann nicht stillstehen"; art. 202 al. 3 phrase 2 AP-CPC). Le rapport explicatif soulignait qu'il n'était pas question d'accorder un délai plus long, car il s'agissait de favoriser la rapidité de la procédure (Rapport accompagnant l'avant-projet de la commission d'experts, juin 2003, p. 100 ad art. 202, accessible sur le site internet de l'Office fédéral de la justice [ www.ejpd.admin.ch ], en sélectionnant les rubriques Thèmes/Etat & Citoyen/Législation/Projets terminés). art. 145 al. 2 let. a CPC BGE 138 III 615 S. 619
Toutefois, dans le cadre de la procédure de consultation, d'aucuns ont préconisé de porter ce délai à trois mois, respectivement de suspendre le délai pendant les féries (cf. Classement des réponses à la procédure de consultation, 2004, p. 526 ss ad art. 202). Dans son projet, le Conseil fédéral a augmenté le délai à trois mois et a supprimé la clause qui excluait toute suspension du délai (FF 2006 7019, 7064, art. 206 al. 3 du projet). Il a simplement précisé que la raison d'être du délai était d'éviter que le défendeur ne reste pendant une période indéterminée sans savoir si la procédure allait se poursuivre ou non (Message du 28 juin 2006 relatif au code de procédure civile suisse [CPC], FF 2006 6841, 6941 ch. 5.13 ad art. 206).
Au vu de ce qui précède, la volonté de ne pas retarder la procédure doit être relativisée. Les féries peuvent prolonger le délai ordinaire d'un mois supplémentaire au maximum (cf. art. 145 al. 1 let. b CPC ), ce qui ne paraît pas aller à l'encontre du but de la loi. Dans cette mesure, l'intérêt du défendeur à être fixé sur la poursuite du litige peut céder le pas face à l'intérêt du demandeur à ne pas devoir déposer une demande pendant les féries, sachant par ailleurs que si cette écriture devait être produite dans le délai non suspendu de l' art. 209 CPC, la procédure judiciaire n'en serait pas moins ralentie par les féries (cf. SUTTER-SOMM, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2 e éd. 2012, p. 187 n. 750; EGLI, op. cit., n° 21 ad art. 209 CPC ; KARIN FISCHER, Vom Friedensrichteramt zur Schlichtungsbehörde, 2008, p. 62, à propos de l'ancienne procédure zurichoise). Et si la suspension s'applique au délai ordinaire de trois mois, il en va nécessairement de même pour le délai plus court concernant les litiges en matière de bail ( art. 209 al. 4 CPC ). Une différenciation entre les divers délais de l' art. 209 CPC n'entre pas en ligne de compte, d'autant moins que le délai de 30 jours de l'alinéa 4 n'a été introduit qu'au cours des débats devant le parlement (BO 2008 CN 956-958, CE 728). L'on ne saurait dès lors BGE 138 III 615 S. 620 accorder une importance particulière au fait que, sous l'ancien droit, le délai de 30 jours imparti par le droit fédéral (ancien art. 274f al. 1 CO ; RO 1990 822) pour saisir le juge après un acte de non-conciliation dans un litige de bail à loyer n'était pas suspendu par les féries du droit cantonal (cf. ATF 123 III 67 consid. 2). Au demeurant, la Conseillère nationale et avocate Anita Thanei, qui a oeuvré pour maintenir une réglementation semblable aux anciens art. 274 ss CO (cf. BO 2008 CN 957), admet elle-même que le délai de 30 jours de l' art. 209 al. 4 CPC est suspendu pendant les féries (THANEI, Auswirkungen der neuen Schweizerischen Zivilprozessordnung auf die mietrechtlichen Verfahren, insbesondere auf das Schlichtungsverfahren, mp 2009 p. 189 s.). art. 145 al. 1 let. b CPC art. 209 CPC art. 209 CPC art. 209 al. 4 CPC art. 209 CPC BGE 138 III 615 S. 620
art. 274f al. 1 CO art. 274 ss CO art. 209 al. 4 CPC Enfin, même si le fait de restreindre l'application de l' art. 145 al. 2 let. a CPC à la procédure de conciliation proprement dite ( art. 202-207 CPC ) avait pour conséquence qu'aucun délai légal impératif ne tombe sous le coup de cette disposition, elle n'en serait pas pour autant dépourvue de portée. Car elle s'applique aux délais fixés aux parties par l'autorité de conciliation (cf. p. ex. art. 202 al. 4 CPC ) et aux délais à tenir par l'autorité elle-même. L'objection est, pour ce motif déjà, infondée. art. 145 al. 2 let. a CPC art. 202-207 CPC art. 202 al. 4 CPC 2.4 En résumé, il y a lieu de retenir que les délais pour ouvrir action ensuite de la délivrance d'une autorisation de procéder ( art. 209 al. 3 et al. 4 CPC ) sont suspendus pendant les féries ( art. 145 al. 1 CPC ).
2.4 art. 209 al. 3 et al. 4 CPC art. 145 al. 1 CPC
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Urteilskopf 138 III 620 92. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. AG in Liquidation (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_273/2012 vom 30. Oktober 2012 Regeste Art. 257 ZPO, Art. 8 ZGB ; Verfahren betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen; Einreden und Einwendungen des Beklagten. Anforderungen an die Bestreitung des eingeklagten Anspruchs in tatsächlicher Hinsicht (E. 5.1.1). Konsequenz für das Gelingen des Beweises der anspruchsbegründenden Tatsachen durch den Kläger (E. 6.2). Erwägungen ab Seite 621 BGE 138 III 620 S. 621 Aus den Erwägungen: 5. Art. 257 Abs. 1 ZPO (SR 272) sieht unter dem Titel "Rechtsschutz in klaren Fällen" vor, dass das Gericht Rechtsschutz im summarischen (raschen) Verfahren gewährt, wenn zum einen der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar (lit. a) und zum anderen die Rechtslage klar ist (lit. b). Die Anwendung dieser bundesrechtlichen Bestimmung wird frei geprüft ( Art. 95 lit. a und Art. 106 Abs. 1 BGG ). Die Beweiswürdigung selbst hingegen ist eine Frage der Feststellung des Sachverhalts, die der Überprüfung grundsätzlich entzogen ist ( Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG ; vgl. nicht publ. E. 2.2). 5.1.1 Ein Sachverhalt ist dann sofort beweisbar im Sinne von Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO, wenn er ohne zeitliche Verzögerung und ohne besonderen Aufwand nachgewiesen werden kann. Der Beweis ist in der Regel durch Urkunden zu erbringen ( BGE 138 III 123 E. 2.1.1 S. 125 mit Hinweisen). Der Rechtsschutz in klaren Fällen unterliegt keiner Beweisstrengebeschränkung. Blosses Glaubhaftmachen genügt für die Geltendmachung des Anspruchs nicht, sondern der Kläger hat den vollen Beweis der anspruchsbegründenden Tatsachen zu erbringen (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl 2006 7221, 7351 Ziff. 5.18 zu Art. 253 E-ZPO; SUTTER-SOMM/LÖTSCHER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 257 ZPO ; DIETER HOFMANN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 10 zu Art. 257 ZPO ; INGRID JENT-SØRENSEN, in: ZPO, Kurzkommentar, Paul Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 10 zu Art. 257 ZPO ; ISAAK MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 375). Bestreitet die Gegenpartei die Tatsachen glaubhaft, kann der schnelle Rechtsschutz in klaren Fällen nicht gewährt werden, da kein liquider Sachverhalt vorliegt (BBl 2006 7352 Ziff. 5.18 zu Art. 253 E-ZPO; SUTTER-SOMM/LÖTSCHER, a.a.O., N. 7 zu Art. 257 ZPO ; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, N. 7 zu Art. 257 ZPO ; STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2008, § 21 Rz. 54; JENT-SØRENSEN, a.a.O., N. 11 BGE 138 III 620 S. 622 zu Art. 257 ZPO mit Hinweisen; FRANO KOSLAR, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 13 zu Art. 257 ZPO ). Anders als eine glaubhafte Bestreitung genügen nach Rechtsprechung und einhelliger Lehre offensichtlich unbegründete oder haltlose Bestreitungen, über die sofort entschieden werden kann, nicht, um einen klaren Fall auszuschliessen (Urteil 5A_645/2011 vom 17. November 2011 E. 1.2 mit Hinweisen). Ein - wohl überwiegender - Teil der Lehre vertritt die Auffassung, der Rechtsschutz in klaren Fällen sei dagegen mangels Liquidität des Sachverhalts auszuschliessen, wenn die Gegenpartei konsistent und vollständig erhebliche Einwendungen oder Einreden geltend macht, die nicht haltlos erscheinen und umfangreicher beweismässiger Abklärungen bedürfen (FRANÇOIS BOHNET, in: CPC, Code de procédure civile commenté, François Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 12 zu Art. 257 ZPO ; HOFMANN, a.a.O., N. 10 zu Art. 257 ZPO ; TARKAN GÖKSU, in: Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 8 zu Art. 257 ZPO ; KOSLAR, a.a.O., N. 13 zu Art. 257 ZPO ; vgl. auch die Hinweise bei JENT-SØRENSEN, a.a.O., N. 11 zu Art. 257 ZPO ; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, Rz. 11.180; vgl. in diesem Sinne für die Gewährung raschen Rechtsschutzes gemäss Art. 197 lit. a ZPO /SG: Urteil 4P.6/2005 vom 30. März 2005 E. 3.4). Andere Autoren fordern gestützt auf die Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, in der von "glaubhaftem Vorbringen der Einwände" die Rede ist (BBl 2006 7352 Ziff. 5.18 zu Art. 253 E-ZPO), dass der Beklagte seine Einwendungen wie bei der provisorischen Rechtsöffnung nach Art. 82 Abs. 2 SchKG glaubhaft macht (STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, a.a.O., § 21 Rz. 54; GASSER/RICKLI, a.a.O., N. 7 zu Art. 257 ZPO ). Die Vorinstanz liess es vorliegend für ihre Verneinung eines klaren Falles genügen, dass die Beschwerdegegnerin Einwendungen vorbrachte, die ihr "nicht haltlos" erschienen. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz hätte verlangen müssen, dass die Beschwerdegegnerin ihre Einreden bzw. deren tatsächliche Grundlagen glaubhaft macht. Der Rechtsschutz in klaren Fällen nach Art. 257 ZPO erlaubt es der klagenden Partei, bei eindeutiger Sach- und Rechtslage rasch, d.h. ohne einlässlichen Prozess im ordentlichen Verfahren, zu einem rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheid zu kommen (BBl 2006 7351 Ziff. 5.18 zu Art. 253 E-ZPO). Bei Gewährung des BGE 138 III 620 S. 623 Rechtsschutzes ergeht mithin ein definitives, der materiellen Rechtskraft fähiges Urteil, das einer neuen Beurteilung der Sache wegen der res iudicata-Wirkung entgegensteht. Mit Blick auf diese Wirkung ist vom Kläger mit der einhelligen Lehre zu verlangen, dass er sofort ( Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO ) den vollen Beweis (vgl. BGE 133 III 153 E. 3.3 S. 162; BGE 128 III 271 E. 2b/aa S. 275) für die anspruchsbegründenden Tatsachen erbringt, so dass klare Verhältnisse herrschen (vgl. die vorstehend zitierten Autoren; vgl. dazu auch BGE 119 II 141 E. 4a S. 143 f. und E. 4c). Dies allein ist der relevante gesetzliche Massstab und nicht, ob der Beklagte seine Einwendungen glaubhaft gemacht hat oder nicht (HOFMANN, a.a.O., N. 10 zu Art. 257 ZPO ). Demnach muss es für die Verneinung eines klaren Falles genügen, dass der Beklagte substanziiert und schlüssig Einwendungen vorträgt, die in tatsächlicher Hinsicht nicht sofort widerlegt werden können und die geeignet sind, die bereits gebildete richterliche Überzeugung zu erschüttern (vgl. Urteil 4P.6/2005 vom 30. März 2005 E. 3.4). Die Ausführungen in der Botschaft, in denen "glaubhaftes Vorbringen der Einwände" verlangt wird, können zwangslos in diesem Sinne verstanden werden (in diesem Sinn wohl auch SUTTER-SOMM/LÖTSCHER, a.a.O., N. 7 zu Art. 257 ZPO, wo von "glaubhaften Einreden" gesprochen wird; s. ferner KOSLAR, a.a.O., N. 13 zu Art. 257 ZPO ). Demgegenüber ist ein klarer Fall zu bejahen, wenn das Gericht aufgrund der Aktenlage zur Überzeugung gelangt, der Anspruch des Klägers sei ausgewiesen und eine eingehende Abklärung der beklagtischen Einwände könne daran nichts ändern. Somit kann den Lehrmeinungen nicht gefolgt werden, nach denen vom Beklagten gefordert wird, dass er seine Einwendungen wie bei der provisorischen Rechtsöffnung nach Art. 82 Abs. 2 SchKG glaubhaft macht. Damit wird die Eigenart des Rechtsschutzes in klaren Fällen nach Art. 257 ZPO verkannt, der es dem Kläger gestattet, rasch zu einem rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheid zu kommen. Nach der Regel von Art. 8 ZGB trüge der Beklagte, der Einreden oder Einwendungen vorbringt, dafür an sich die Beweislast. Im Verfahren nach Art. 257 ZPO ist es ihm aber unter Umständen nicht möglich, seine Einwände unter den darin geltenden Beweismittelbeschränkungen (vgl. dazu BGE 138 III 123 E. 2.1.1 und 2.6) bzw. mit sofort verfügbaren Beweismitteln glaubhaft zu machen, während ihm der Beweis in einem einlässlichen ordentlichen Verfahren gelingen könnte. Würde ungeachtet substanziiert und schlüssig vorgetragener, erheblicher Einwände ein klarer Fall BGE 138 III 620 S. 624 bejaht und im Verfahren nach Art. 257 ZPO ein rechtskräftiger Entscheid zu Ungunsten des Beklagten gefällt, blieben dessen Einreden für immer unberücksichtigt, ohne dass er jemals zum ordentlichen Beweis derselben zugelassen würde. Diese Situation ist mit derjenigen im Rechtsöffnungsverfahren nicht vergleichbar, in dessen Rahmen auch bei Gutheissung des Rechtsöffnungsbegehrens kein rechtskräftiger Entscheid über den erhobenen Anspruch ergeht, sondern einzig entschieden wird, dass die Betreibung - unter Vorbehalt einer Aberkennungsklage - weitergeführt werden kann. In der Aberkennungsklage, auf die hin erst ein rechtskräftiges Urteil ergeht, kann sich der Schuldner nachträglich mit allen Mitteln gegen die Forderung zur Wehr setzen (vgl. dazu BGE 133 III 645 E. 5.3; BGE 120 Ia 82 E. 6c S. 84 f.; BGE 100 III 48 E. 3 S. 50), mithin seine Einwendungen, die er im Rechtsöffnungsverfahren nicht glaubhaft machen konnte, noch beweisen (vgl. zum Ganzen: GÖKSU, a.a.O., N. 8 Fn. 14 zu Art. 257 ZPO ). Dies ist dem im Verfahren nach Art. 257 ZPO unterlegenen Beklagten verwehrt. Die Vorinstanz verletzte mithin kein Bundesrecht, indem sie es für die Verweigerung des Rechtsschutzes nach Art. 257 ZPO genügen liess, dass die Beschwerdegegnerin Einwendungen erhob, die ihr "nicht als haltlos" erschienen. (...) 6. (...) 6.2 Fehl geht die Beschwerdeführerin sodann auch, wenn sie vorbringt, der Beweis, dass das Benutzungsrecht der Beschwerdegegnerin am streitbetroffenen Grundstück trotz ordentlicher Kündigung der Gebrauchsleihe nach wie vor bestehe, sei durch die Beschwerdegegnerin zu erbringen. Wie vorstehend (E. 5.1.1) ausgeführt, genügt es im Verfahren betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen gemäss Art. 257 ZPO, dass die beklagte Partei substanziiert und schlüssig Einwendungen vorträgt, die der Durchsetzung des eingeklagten Anspruchs (in casu: Besitzeinräumungsanspruch) entgegenstünden, wenn sie tatsächlich und rechtlich begründet wären. Der Frage der Beweislastverteilung kommt in einem solchen Verfahren keine entscheiderhebliche Bedeutung zu (Urteil 4P.6/2005 vom 30. März 2005 E. 3.4). Immerhin lässt sich sagen, dass die Rechtslage, nach welcher der Kläger die anspruchsbegründenden Tatsachen voll zu beweisen hat und sich der Beklagte mit substanziierten und schlüssigen Einwendungen begnügen kann, dazu führt, dass der Kläger auch BGE 138 III 620 S. 625 den Beweis für den Nichtbestand des diesen zugrunde gelegten Tatsachenfundaments erbringen muss, wenn er liquide Verhältnisse schaffen will (vgl. JENT-SØRENSEN, a.a.O., N. 11 zu Art. 257 ZPO ).
Urteilskopf
92. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. AG in Liquidation (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_273/2012 vom 30. Oktober 2012
Regeste Art. 257 ZPO, Art. 8 ZGB ; Verfahren betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen; Einreden und Einwendungen des Beklagten. Anforderungen an die Bestreitung des eingeklagten Anspruchs in tatsächlicher Hinsicht (E. 5.1.1). Konsequenz für das Gelingen des Beweises der anspruchsbegründenden Tatsachen durch den Kläger (E. 6.2).
Regeste
Art. 257 ZPO, Art. 8 ZGB ; Verfahren betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen; Einreden und Einwendungen des Beklagten. Anforderungen an die Bestreitung des eingeklagten Anspruchs in tatsächlicher Hinsicht (E. 5.1.1). Konsequenz für das Gelingen des Beweises der anspruchsbegründenden Tatsachen durch den Kläger (E. 6.2).
Art. 257 ZPO Art. 8 ZGB Anforderungen an die Bestreitung des eingeklagten Anspruchs in tatsächlicher Hinsicht (E. 5.1.1). Konsequenz für das Gelingen des Beweises der anspruchsbegründenden Tatsachen durch den Kläger (E. 6.2).
Erwägungen ab Seite 621
Erwägungen ab Seite 621 BGE 138 III 620 S. 621
BGE 138 III 620 S. 621
Aus den Erwägungen:
5. Art. 257 Abs. 1 ZPO (SR 272) sieht unter dem Titel "Rechtsschutz in klaren Fällen" vor, dass das Gericht Rechtsschutz im summarischen (raschen) Verfahren gewährt, wenn zum einen der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar (lit. a) und zum anderen die Rechtslage klar ist (lit. b).
5. Art. 257 Abs. 1 ZPO Die Anwendung dieser bundesrechtlichen Bestimmung wird frei geprüft ( Art. 95 lit. a und Art. 106 Abs. 1 BGG ). Die Beweiswürdigung selbst hingegen ist eine Frage der Feststellung des Sachverhalts, die der Überprüfung grundsätzlich entzogen ist ( Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG ; vgl. nicht publ. E. 2.2).
Art. 95 lit. a und Art. 106 Abs. 1 BGG Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG 5.1.1 Ein Sachverhalt ist dann sofort beweisbar im Sinne von Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO, wenn er ohne zeitliche Verzögerung und ohne besonderen Aufwand nachgewiesen werden kann. Der Beweis ist in der Regel durch Urkunden zu erbringen ( BGE 138 III 123 E. 2.1.1 S. 125 mit Hinweisen). Der Rechtsschutz in klaren Fällen unterliegt keiner Beweisstrengebeschränkung. Blosses Glaubhaftmachen genügt für die Geltendmachung des Anspruchs nicht, sondern der Kläger hat den vollen Beweis der anspruchsbegründenden Tatsachen zu erbringen (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl 2006 7221, 7351 Ziff. 5.18 zu Art. 253 E-ZPO; SUTTER-SOMM/LÖTSCHER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 257 ZPO ; DIETER HOFMANN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 10 zu Art. 257 ZPO ; INGRID JENT-SØRENSEN, in: ZPO, Kurzkommentar, Paul Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 10 zu Art. 257 ZPO ; ISAAK MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 375).
5.1.1 Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO Bestreitet die Gegenpartei die Tatsachen glaubhaft, kann der schnelle Rechtsschutz in klaren Fällen nicht gewährt werden, da kein liquider Sachverhalt vorliegt (BBl 2006 7352 Ziff. 5.18 zu Art. 253 E-ZPO; SUTTER-SOMM/LÖTSCHER, a.a.O., N. 7 zu Art. 257 ZPO ; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, N. 7 zu Art. 257 ZPO ; STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2008, § 21 Rz. 54; JENT-SØRENSEN, a.a.O., N. 11 BGE 138 III 620 S. 622 zu Art. 257 ZPO mit Hinweisen; FRANO KOSLAR, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 13 zu Art. 257 ZPO ). Anders als eine glaubhafte Bestreitung genügen nach Rechtsprechung und einhelliger Lehre offensichtlich unbegründete oder haltlose Bestreitungen, über die sofort entschieden werden kann, nicht, um einen klaren Fall auszuschliessen (Urteil 5A_645/2011 vom 17. November 2011 E. 1.2 mit Hinweisen). Ein - wohl überwiegender - Teil der Lehre vertritt die Auffassung, der Rechtsschutz in klaren Fällen sei dagegen mangels Liquidität des Sachverhalts auszuschliessen, wenn die Gegenpartei konsistent und vollständig erhebliche Einwendungen oder Einreden geltend macht, die nicht haltlos erscheinen und umfangreicher beweismässiger Abklärungen bedürfen (FRANÇOIS BOHNET, in: CPC, Code de procédure civile commenté, François Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 12 zu Art. 257 ZPO ; HOFMANN, a.a.O., N. 10 zu Art. 257 ZPO ; TARKAN GÖKSU, in: Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 8 zu Art. 257 ZPO ; KOSLAR, a.a.O., N. 13 zu Art. 257 ZPO ; vgl. auch die Hinweise bei JENT-SØRENSEN, a.a.O., N. 11 zu Art. 257 ZPO ; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, Rz. 11.180; vgl. in diesem Sinne für die Gewährung raschen Rechtsschutzes gemäss Art. 197 lit. a ZPO /SG: Urteil 4P.6/2005 vom 30. März 2005 E. 3.4). Andere Autoren fordern gestützt auf die Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, in der von "glaubhaftem Vorbringen der Einwände" die Rede ist (BBl 2006 7352 Ziff. 5.18 zu Art. 253 E-ZPO), dass der Beklagte seine Einwendungen wie bei der provisorischen Rechtsöffnung nach Art. 82 Abs. 2 SchKG glaubhaft macht (STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, a.a.O., § 21 Rz. 54; GASSER/RICKLI, a.a.O., N. 7 zu Art. 257 ZPO ).
Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO BGE 138 III 620 S. 622
Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO Art. 197 lit. a ZPO Art. 82 Abs. 2 SchKG Art. 257 ZPO Die Vorinstanz liess es vorliegend für ihre Verneinung eines klaren Falles genügen, dass die Beschwerdegegnerin Einwendungen vorbrachte, die ihr "nicht haltlos" erschienen. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz hätte verlangen müssen, dass die Beschwerdegegnerin ihre Einreden bzw. deren tatsächliche Grundlagen glaubhaft macht.
Der Rechtsschutz in klaren Fällen nach Art. 257 ZPO erlaubt es der klagenden Partei, bei eindeutiger Sach- und Rechtslage rasch, d.h. ohne einlässlichen Prozess im ordentlichen Verfahren, zu einem rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheid zu kommen (BBl 2006 7351 Ziff. 5.18 zu Art. 253 E-ZPO). Bei Gewährung des BGE 138 III 620 S. 623 Rechtsschutzes ergeht mithin ein definitives, der materiellen Rechtskraft fähiges Urteil, das einer neuen Beurteilung der Sache wegen der res iudicata-Wirkung entgegensteht. Mit Blick auf diese Wirkung ist vom Kläger mit der einhelligen Lehre zu verlangen, dass er sofort ( Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO ) den vollen Beweis (vgl. BGE 133 III 153 E. 3.3 S. 162; BGE 128 III 271 E. 2b/aa S. 275) für die anspruchsbegründenden Tatsachen erbringt, so dass klare Verhältnisse herrschen (vgl. die vorstehend zitierten Autoren; vgl. dazu auch BGE 119 II 141 E. 4a S. 143 f. und E. 4c). Dies allein ist der relevante gesetzliche Massstab und nicht, ob der Beklagte seine Einwendungen glaubhaft gemacht hat oder nicht (HOFMANN, a.a.O., N. 10 zu Art. 257 ZPO ). Demnach muss es für die Verneinung eines klaren Falles genügen, dass der Beklagte substanziiert und schlüssig Einwendungen vorträgt, die in tatsächlicher Hinsicht nicht sofort widerlegt werden können und die geeignet sind, die bereits gebildete richterliche Überzeugung zu erschüttern (vgl. Urteil 4P.6/2005 vom 30. März 2005 E. 3.4). Die Ausführungen in der Botschaft, in denen "glaubhaftes Vorbringen der Einwände" verlangt wird, können zwangslos in diesem Sinne verstanden werden (in diesem Sinn wohl auch SUTTER-SOMM/LÖTSCHER, a.a.O., N. 7 zu Art. 257 ZPO, wo von "glaubhaften Einreden" gesprochen wird; s. ferner KOSLAR, a.a.O., N. 13 zu Art. 257 ZPO ). Demgegenüber ist ein klarer Fall zu bejahen, wenn das Gericht aufgrund der Aktenlage zur Überzeugung gelangt, der Anspruch des Klägers sei ausgewiesen und eine eingehende Abklärung der beklagtischen Einwände könne daran nichts ändern.
Art. 257 ZPO BGE 138 III 620 S. 623
Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO Somit kann den Lehrmeinungen nicht gefolgt werden, nach denen vom Beklagten gefordert wird, dass er seine Einwendungen wie bei der provisorischen Rechtsöffnung nach Art. 82 Abs. 2 SchKG glaubhaft macht. Damit wird die Eigenart des Rechtsschutzes in klaren Fällen nach Art. 257 ZPO verkannt, der es dem Kläger gestattet, rasch zu einem rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheid zu kommen. Nach der Regel von Art. 8 ZGB trüge der Beklagte, der Einreden oder Einwendungen vorbringt, dafür an sich die Beweislast. Im Verfahren nach Art. 257 ZPO ist es ihm aber unter Umständen nicht möglich, seine Einwände unter den darin geltenden Beweismittelbeschränkungen (vgl. dazu BGE 138 III 123 E. 2.1.1 und 2.6) bzw. mit sofort verfügbaren Beweismitteln glaubhaft zu machen, während ihm der Beweis in einem einlässlichen ordentlichen Verfahren gelingen könnte. Würde ungeachtet substanziiert und schlüssig vorgetragener, erheblicher Einwände ein klarer Fall BGE 138 III 620 S. 624 bejaht und im Verfahren nach Art. 257 ZPO ein rechtskräftiger Entscheid zu Ungunsten des Beklagten gefällt, blieben dessen Einreden für immer unberücksichtigt, ohne dass er jemals zum ordentlichen Beweis derselben zugelassen würde. Diese Situation ist mit derjenigen im Rechtsöffnungsverfahren nicht vergleichbar, in dessen Rahmen auch bei Gutheissung des Rechtsöffnungsbegehrens kein rechtskräftiger Entscheid über den erhobenen Anspruch ergeht, sondern einzig entschieden wird, dass die Betreibung - unter Vorbehalt einer Aberkennungsklage - weitergeführt werden kann. In der Aberkennungsklage, auf die hin erst ein rechtskräftiges Urteil ergeht, kann sich der Schuldner nachträglich mit allen Mitteln gegen die Forderung zur Wehr setzen (vgl. dazu BGE 133 III 645 E. 5.3; BGE 120 Ia 82 E. 6c S. 84 f.; BGE 100 III 48 E. 3 S. 50), mithin seine Einwendungen, die er im Rechtsöffnungsverfahren nicht glaubhaft machen konnte, noch beweisen (vgl. zum Ganzen: GÖKSU, a.a.O., N. 8 Fn. 14 zu Art. 257 ZPO ). Dies ist dem im Verfahren nach Art. 257 ZPO unterlegenen Beklagten verwehrt.
Art. 82 Abs. 2 SchKG Art. 257 ZPO Art. 8 ZGB Art. 257 ZPO BGE 138 III 620 S. 624
Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO Art. 257 ZPO Die Vorinstanz verletzte mithin kein Bundesrecht, indem sie es für die Verweigerung des Rechtsschutzes nach Art. 257 ZPO genügen liess, dass die Beschwerdegegnerin Einwendungen erhob, die ihr "nicht als haltlos" erschienen.
Art. 257 ZPO (...)
6. (...)
6. 6.2 Fehl geht die Beschwerdeführerin sodann auch, wenn sie vorbringt, der Beweis, dass das Benutzungsrecht der Beschwerdegegnerin am streitbetroffenen Grundstück trotz ordentlicher Kündigung der Gebrauchsleihe nach wie vor bestehe, sei durch die Beschwerdegegnerin zu erbringen. Wie vorstehend (E. 5.1.1) ausgeführt, genügt es im Verfahren betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen gemäss Art. 257 ZPO, dass die beklagte Partei substanziiert und schlüssig Einwendungen vorträgt, die der Durchsetzung des eingeklagten Anspruchs (in casu: Besitzeinräumungsanspruch) entgegenstünden, wenn sie tatsächlich und rechtlich begründet wären. Der Frage der Beweislastverteilung kommt in einem solchen Verfahren keine entscheiderhebliche Bedeutung zu (Urteil 4P.6/2005 vom 30. März 2005 E. 3.4). Immerhin lässt sich sagen, dass die Rechtslage, nach welcher der Kläger die anspruchsbegründenden Tatsachen voll zu beweisen hat und sich der Beklagte mit substanziierten und schlüssigen Einwendungen begnügen kann, dazu führt, dass der Kläger auch BGE 138 III 620 S. 625
6.2 Art. 257 ZPO BGE 138 III 620 S. 625
den Beweis für den Nichtbestand des diesen zugrunde gelegten Tatsachenfundaments erbringen muss, wenn er liquide Verhältnisse schaffen will (vgl. JENT-SØRENSEN, a.a.O., N. 11 zu Art. 257 ZPO ).
Art. 257 ZPO
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Urteilskopf 138 III 625 93. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause H.X. contre Y. Assurances SA (recours en matière civile) 4A_228/2012 du 28 août 2012 Regeste Art. 229 Abs. 3, Art. 317 Abs. 1 ZPO ; Möglichkeit der Parteien, im Berufungsverfahren neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen. Art. 317 Abs. 1 ZPO regelt die Möglichkeit der Parteien, neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen, abschliessend. Im Berufungsverfahren ist somit eine analoge Anwendung von Art. 229 Abs. 3 ZPO, welcher das erstinstanzliche Verfahren betrifft, ausgeschlossen (E. 2.1 und 2.2). Erwägungen ab Seite 625 BGE 138 III 625 S. 625 Extrait des considérants: 2. 2.1 Le recourant reproche à la cour cantonale de ne pas avoir procédé à l'audition des deux médecins qu'il avait cités comme témoins. L'autorité précédente a considéré qu'elle n'avait pas à procéder à ces auditions parce que le recourant, en faisant preuve de la diligence requise, aurait pu faire valoir ces moyens de preuve durant la procédure de première instance, s'agissant d'établir des faits qui ne sont pas nouveaux ( art. 317 al. 1 let. b CPC [RS 272]). Le recourant ne conteste pas que les conditions de l' art. 317 al. 1 CPC n'étaient pas réunies, de sorte qu'il n'y a pas lieu de revenir sur cette question. BGE 138 III 625 S. 626 Il fait cependant valoir que les litiges portant sur des assurances complémentaires à l'assurance-maladie sociale sont soumis à la procédure simplifiée ( art. 243 al. 2 let. f CPC). Il en résulte que le tribunal établit les faits d'office ( art. 247 al. 2 let. a CPC ). Il s'agit donc d'un cas où une disposition spéciale instaure la maxime inquisitoire, en lieu et place de la maxime des débats ( art. 55 al. 2 CPC ). Le recourant soutient qu'il faut appliquer par analogie l' art. 229 al. 3 CPC - en principe destiné à la procédure de première instance - qui prescrit que lorsque le juge doit établir les faits d'office, il admet des faits et moyens de preuve nouveaux jusqu'aux délibérations. 2.2 Plusieurs auteurs soutiennent effectivement qu'il faut, en procédure d'appel, appliquer par analogie la règle de l' art. 229 al. 3 CPC lorsque le juge doit établir les faits d'office (KARL SPÜHLER, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, n° 7 ad art. 317 CPC ; PETER VOLKART, in Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar, Brunner/Gasser/Schwander [éd.], 2011, n ° 17 ad art. 317 CPC ; ALEXANDER BRUNNER, in ZPO, Schweizerische Zivilprozessordnung, Kurzkommentar, Paul Oberhammer [éd.], 2010, n ° 8 ad art. 317 CPC ; THOMAS SUTTER-SOMM, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2 e éd. 2012, § 17 n ° 1372 p. 346; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, n ° 4 ad art. 317 CPC ; HOFMANN/LÜSCHER, Le code de procédure civile, 2009, p. 197; REETZ/HILBER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2010, n os 14 et 16 ad art. 317 CPC ; pour une application atténuée de l' art. 317 al. 1 CPC : NICOLAS JEANDIN, in CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet et al. [éd.], 2011, n ° 4 ad art. 317 CPC ). En revanche, quelques auteurs soutiennent le contraire (DENIS TAPPY, in CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet et al. [éd.],2011, n ° 31 ad art. 229 CPC ; du même auteur, Les voies de droit du nouveau code de procédure civile, in JdT 2010 III p. 115 ss, soit plus précisément p. 139; FABIENNE HOHL, Procédure civile, tome II, 2 e éd. 2010, n. 2410 p. 437; dans le même sens, mais seulement sous l'angle de l'arbitraire parce qu'il s'agissait de mesures provisionnelles: arrêts 5A_592/2011 du 31 janvier 2012 consid. 4.1; 5A_402/2011 du 5 décembre 2011 consid. 4.1 et 4.2). Une majorité semble donc se dessiner en faveur d'une application analogique. Il faut cependant constater que l'opinion de ces auteurs est souvent peu motivée ou repose sur le Message du Conseil BGE 138 III 625 S. 627 fédéral, tandis que l'avis minoritaire procède d'un examen plus approfondi. Le Message du 28 juin 2006 relatif au code de procédure civile suisse (CPC) prévoit une application analogique (FF 2006 6982 ch. 5.23.1). On ne peut cependant rien déduire de cette affirmation, puisqu'elle venait à l'appui de l'art. 314 al. 1 du projet du Conseil fédéral (FF 2006 7092) qui prévoyait d'appliquer par analogie, en appel, l'art. 225 al. 2 et 3 du projet; cette dernière disposition correspond précisément à l'art. 229 al. 3 du texte actuel (cf. FF 2006 7068). La formulation de l'actuel art. 317 al. 1 CPC émane de la Commission juridique du Conseil des Etats qui ne voulait pas de renvoi à la procédure de première instance (procès-verbal de la séance des 26/27 mars 2007 p. 27 et procès-verbal de la séance du 4 mai 2007 p. 6). Elle a été adoptée en séance plénière du Conseil des Etats (BO 2007 CE 638), puis, à une courte majorité et après débats, par le Conseil national (BO 2008 CN 1633 et 1634), lequel s'est écarté, par souci de célérité, de la proposition de sa commission qui souhaitait permettre de reprendre, en appel, la procédure comme en première instance. On ne discerne aucune trace d'une volonté du législateur de faire une exception pour les cas où le juge établit les faits d'office. Il faut en tout cas constater que le texte adopté ne contient plus le renvoi à la règle de l' art. 229 al. 3 CPC qui figurait dans le projet du Conseil fédéral et on doit supposer que le nouveau texte a été examiné avec soin puisqu'il a fait l'objet d'une discussion nourrie en séance plénière du Conseil national. Si on lit l' art. 317 al. 1 CPC, on comprend qu'il régit de manière complète et autonome la possibilité pour les parties d'invoquer des faits et moyens de preuve nouveaux. Il résulte clairement de la systématique de la loi que l' art. 229 al. 3 CPC ne s'applique qu'à la procédure de première instance. L' art. 317 CPC concerne la procédure d'appel et ne contient aucun renvoi, ni aucune règle spéciale pour la procédure simplifiée ou pour les cas où le juge établit les faits d'office. Qu'un renvoi ait été prévu dans le projet du Conseil fédéral et qu'il ait été éliminé lors des travaux parlementaires incite plutôt à penser que le législateur n'en a pas voulu. Que le juge doive établir les faits d'office signifie qu'il peut de lui-même ordonner des mesures probatoires et compléter l'état de fait qui lui a été présenté. La maxime inquisitoire ne dit pas jusqu'à quel moment les parties, elles, peuvent invoquer des faits ou des moyens BGE 138 III 625 S. 628 de preuve nouveaux. Cette question est régie, en première instance, par l' art. 229 al. 3 CPC et, en appel, par l' art. 317 al. 1 CPC. L'existence d'une procédure simplifiée implique logiquement qu'elle doit être plus rapide et plus expédiente. Il serait paradoxal qu'elle soit en réalité plus difficile parce que le plaideur négligent pourrait faire rebondir la cause en appel en invoquant pour la première fois des faits ou moyens de preuve qu'il a omis de présenter en première instance. On ne constate donc aucune violation de l' art. 317 al. 1 CPC, ni des autres dispositions du CPC invoquées par le recourant.
Urteilskopf
93. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause H.X. contre Y. Assurances SA (recours en matière civile)
4A_228/2012 du 28 août 2012
Regeste Art. 229 Abs. 3, Art. 317 Abs. 1 ZPO ; Möglichkeit der Parteien, im Berufungsverfahren neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen. Art. 317 Abs. 1 ZPO regelt die Möglichkeit der Parteien, neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen, abschliessend. Im Berufungsverfahren ist somit eine analoge Anwendung von Art. 229 Abs. 3 ZPO, welcher das erstinstanzliche Verfahren betrifft, ausgeschlossen (E. 2.1 und 2.2).
Regeste
Art. 229 Abs. 3, Art. 317 Abs. 1 ZPO ; Möglichkeit der Parteien, im Berufungsverfahren neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen. Art. 317 Abs. 1 ZPO regelt die Möglichkeit der Parteien, neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen, abschliessend. Im Berufungsverfahren ist somit eine analoge Anwendung von Art. 229 Abs. 3 ZPO, welcher das erstinstanzliche Verfahren betrifft, ausgeschlossen (E. 2.1 und 2.2).
Art. 229 Abs. 3, Art. 317 Abs. 1 ZPO Art. 317 Abs. 1 ZPO regelt die Möglichkeit der Parteien, neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen, abschliessend. Im Berufungsverfahren ist somit eine analoge Anwendung von Art. 229 Abs. 3 ZPO, welcher das erstinstanzliche Verfahren betrifft, ausgeschlossen (E. 2.1 und 2.2).
Art. 317 Abs. 1 ZPO Art. 229 Abs. 3 ZPO Erwägungen ab Seite 625
Erwägungen ab Seite 625 BGE 138 III 625 S. 625
BGE 138 III 625 S. 625
Extrait des considérants:
2.
2. 2.1 Le recourant reproche à la cour cantonale de ne pas avoir procédé à l'audition des deux médecins qu'il avait cités comme témoins.
2.1 L'autorité précédente a considéré qu'elle n'avait pas à procéder à ces auditions parce que le recourant, en faisant preuve de la diligence requise, aurait pu faire valoir ces moyens de preuve durant la procédure de première instance, s'agissant d'établir des faits qui ne sont pas nouveaux ( art. 317 al. 1 let. b CPC [RS 272]). art. 317 al. 1 let. b CPC Le recourant ne conteste pas que les conditions de l' art. 317 al. 1 CPC n'étaient pas réunies, de sorte qu'il n'y a pas lieu de revenir sur cette question. BGE 138 III 625 S. 626
art. 317 al. 1 CPC BGE 138 III 625 S. 626
Il fait cependant valoir que les litiges portant sur des assurances complémentaires à l'assurance-maladie sociale sont soumis à la procédure simplifiée ( art. 243 al. 2 let. f CPC). Il en résulte que le tribunal établit les faits d'office ( art. 247 al. 2 let. a CPC ). Il s'agit donc d'un cas où une disposition spéciale instaure la maxime inquisitoire, en lieu et place de la maxime des débats ( art. 55 al. 2 CPC ). art. 243 al. 2 let art. 247 al. 2 let. a CPC art. 55 al. 2 CPC Le recourant soutient qu'il faut appliquer par analogie l' art. 229 al. 3 CPC - en principe destiné à la procédure de première instance - qui prescrit que lorsque le juge doit établir les faits d'office, il admet des faits et moyens de preuve nouveaux jusqu'aux délibérations. art. 229 al. 3 CPC 2.2 Plusieurs auteurs soutiennent effectivement qu'il faut, en procédure d'appel, appliquer par analogie la règle de l' art. 229 al. 3 CPC lorsque le juge doit établir les faits d'office (KARL SPÜHLER, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, n° 7 ad art. 317 CPC ; PETER VOLKART, in Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar, Brunner/Gasser/Schwander [éd.], 2011, n ° 17 ad art. 317 CPC ; ALEXANDER BRUNNER, in ZPO, Schweizerische Zivilprozessordnung, Kurzkommentar, Paul Oberhammer [éd.], 2010, n ° 8 ad art. 317 CPC ; THOMAS SUTTER-SOMM, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2 e éd. 2012, § 17 n ° 1372 p. 346; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, n ° 4 ad art. 317 CPC ; HOFMANN/LÜSCHER, Le code de procédure civile, 2009, p. 197; REETZ/HILBER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2010, n os 14 et 16 ad art. 317 CPC ; pour une application atténuée de l' art. 317 al. 1 CPC : NICOLAS JEANDIN, in CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet et al. [éd.], 2011, n ° 4 ad art. 317 CPC ).
2.2 art. 229 al. 3 CPC art. 317 CPC art. 317 CPC art. 317 CPC art. 317 CPC art. 317 CPC art. 317 al. 1 CPC art. 317 CPC En revanche, quelques auteurs soutiennent le contraire (DENIS TAPPY, in CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet et al. [éd.],2011, n ° 31 ad art. 229 CPC ; du même auteur, Les voies de droit du nouveau code de procédure civile, in JdT 2010 III p. 115 ss, soit plus précisément p. 139; FABIENNE HOHL, Procédure civile, tome II, 2 e éd. 2010, n. 2410 p. 437; dans le même sens, mais seulement sous l'angle de l'arbitraire parce qu'il s'agissait de mesures provisionnelles: arrêts 5A_592/2011 du 31 janvier 2012 consid. 4.1; 5A_402/2011 du 5 décembre 2011 consid. 4.1 et 4.2). art. 229 CPC Une majorité semble donc se dessiner en faveur d'une application analogique. Il faut cependant constater que l'opinion de ces auteurs est souvent peu motivée ou repose sur le Message du Conseil BGE 138 III 625 S. 627 fédéral, tandis que l'avis minoritaire procède d'un examen plus approfondi.
BGE 138 III 625 S. 627
Le Message du 28 juin 2006 relatif au code de procédure civile suisse (CPC) prévoit une application analogique (FF 2006 6982 ch. 5.23.1). On ne peut cependant rien déduire de cette affirmation, puisqu'elle venait à l'appui de l'art. 314 al. 1 du projet du Conseil fédéral (FF 2006 7092) qui prévoyait d'appliquer par analogie, en appel, l'art. 225 al. 2 et 3 du projet; cette dernière disposition correspond précisément à l'art. 229 al. 3 du texte actuel (cf. FF 2006 7068). La formulation de l'actuel art. 317 al. 1 CPC émane de la Commission juridique du Conseil des Etats qui ne voulait pas de renvoi à la procédure de première instance (procès-verbal de la séance des 26/27 mars 2007 p. 27 et procès-verbal de la séance du 4 mai 2007 p. 6). Elle a été adoptée en séance plénière du Conseil des Etats (BO 2007 CE 638), puis, à une courte majorité et après débats, par le Conseil national (BO 2008 CN 1633 et 1634), lequel s'est écarté, par souci de célérité, de la proposition de sa commission qui souhaitait permettre de reprendre, en appel, la procédure comme en première instance. art. 317 al. 1 CPC On ne discerne aucune trace d'une volonté du législateur de faire une exception pour les cas où le juge établit les faits d'office. Il faut en tout cas constater que le texte adopté ne contient plus le renvoi à la règle de l' art. 229 al. 3 CPC qui figurait dans le projet du Conseil fédéral et on doit supposer que le nouveau texte a été examiné avec soin puisqu'il a fait l'objet d'une discussion nourrie en séance plénière du Conseil national. art. 229 al. 3 CPC Si on lit l' art. 317 al. 1 CPC, on comprend qu'il régit de manière complète et autonome la possibilité pour les parties d'invoquer des faits et moyens de preuve nouveaux. Il résulte clairement de la systématique de la loi que l' art. 229 al. 3 CPC ne s'applique qu'à la procédure de première instance. L' art. 317 CPC concerne la procédure d'appel et ne contient aucun renvoi, ni aucune règle spéciale pour la procédure simplifiée ou pour les cas où le juge établit les faits d'office. Qu'un renvoi ait été prévu dans le projet du Conseil fédéral et qu'il ait été éliminé lors des travaux parlementaires incite plutôt à penser que le législateur n'en a pas voulu. art. 317 al. 1 CPC art. 229 al. 3 CPC art. 317 CPC Que le juge doive établir les faits d'office signifie qu'il peut de lui-même ordonner des mesures probatoires et compléter l'état de fait qui lui a été présenté. La maxime inquisitoire ne dit pas jusqu'à quel moment les parties, elles, peuvent invoquer des faits ou des moyens BGE 138 III 625 S. 628 de preuve nouveaux. Cette question est régie, en première instance, par l' art. 229 al. 3 CPC et, en appel, par l' art. 317 al. 1 CPC.
BGE 138 III 625 S. 628
art. 229 al. 3 CPC art. 317 al. 1 CPC L'existence d'une procédure simplifiée implique logiquement qu'elle doit être plus rapide et plus expédiente. Il serait paradoxal qu'elle soit en réalité plus difficile parce que le plaideur négligent pourrait faire rebondir la cause en appel en invoquant pour la première fois des faits ou moyens de preuve qu'il a omis de présenter en première instance.
On ne constate donc aucune violation de l' art. 317 al. 1 CPC, ni des autres dispositions du CPC invoquées par le recourant. art. 317 al. 1 CPC
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Urteilskopf 138 III 628 94. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. SA contre Masse en faillite de A. (recours en matière civile) 5A_170/2012 du 24 août 2012 Regeste a Art. 17 SchKG ; Berechtigung zur SchKG-Beschwerde. Berechtigung der ausländischen Konkursmasse zur SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid, Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse an einen kollozierten Gläubiger abzutreten (E. 4). Regeste b Art. 170 Abs. 1 und Art. 172 Abs. 1 IPRG ; Art. 260 Abs. 1 und 2 SchKG ; Art. 262 Abs. 2, Art. 144 Abs. 3 und Art. 131 Abs. 1 SchKG sowie Art. 85 KOV ; Abtretung der Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse. Teilweise Abtretung der Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse an die Pfandgläubiger ( Art. 172 Abs. 1 lit. a IPRG ) an Zahlungs statt und Abtretung des Überschusses an die privilegierten Gläubiger ( Art. 172 Abs. 1 lit. b IPRG ) beziehungsweise an die ausländische Konkursmasse, wenn es an solchen Gläubigern fehlt (E. 5). Sachverhalt ab Seite 629 BGE 138 III 628 S. 629 A. Par jugement du 11 décembre 2007, le Tribunal d'arrondissement de B. (Pologne), a prononcé la faillite de la société polonaise à responsabilité limitée A. Le 24 juin 2010, sur requête du syndic de la masse en faillite de ladite société, le Tribunal de première instance du canton de Genève a, conformément aux art. 166 ss LDIP (RS 291), reconnu en Suisse le jugement de faillite en question et ordonné l'exécution de la faillite ancillaire. Le dépôt de l'état de collocation et de l'inventaire, sur lequel figuraient, à son point 1, deux créances à l'encontre de Z. SA et Y. SA pour les sommes de 12'155'747.16 USD et 49'437.75 PLN (17'521.18 USD), a été annoncé par publication dans la Feuille officielle suisse du commerce (FOSC) du 27 avril 2011. X. SA est la seule créancière à avoir été admise à l'état de collocation en "gage mobilier" pour une créance de 1'576'756 fr. 49 garantie par le nantissement des créances de A. figurant au chiffre 1 de l'inventaire, créances qui sont sises en Suisse en vertu de l' art. 167 al. 3 LDIP. B. Par circulaire du 28 juin 2011, l'office a demandé à X. SA, seule créancière colloquée, si elle renonçait à ce que l'administration procède au recouvrement des créances portées au chiffre 1 de l'inventaire et lui a offert la cession des droits de la masse conformément à l' art. 260 LP, cession que celle-ci a acceptée par courrier du 5 juillet 2011. BGE 138 III 628 S. 630 Par décision du 9 février 2012, la Cour de justice du canton de Genève, autorité de surveillance des Offices des poursuites et faillites, a, sur plainte de la masse en faillite polonaise, annulé la décision de l'office du 28 juin 2011 et a invité celui-ci à céder les droits de la masse ancillaire à la masse en faillite étrangère. C. Par arrêt du 24 août 2012, le Tribunal fédéral a partiellement admis le recours en matière civile formé par X. SA contre cet arrêt et a invité l'Office des faillites de Genève à donner en paiement à celle-ci les créances de A. contre Z. SA et Y. SA à concurrence de 1'576'756 fr. 49 et à en céder le solde à la masse en faillite étrangère. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 4. La recourante conteste tout d'abord la qualité de l'administration de la masse étrangère pour former plainte contre la décision de l'administration de la masse ancillaire de céder des droits à un créancier colloqué. La qualité pour porter plainte selon l' art. 17 LP est reconnue à toute personne lésée ou exposée à l'être dans ses intérêts juridiquement protégés, ou à tout le moins atteinte dans ses intérêts de fait, par une mesure ou une omission d'un organe de la poursuite ( ATF 138 III 219 consid. 2.3; ATF 129 III 595 consid. 3; ATF 120 III 42 consid. 3). En cas de faillite internationale, une fois que la faillite ancillaire a été ouverte ( art. 170 al. 1 LDIP ), l'office suisse des faillites est exclusivement compétent pour administrer et réaliser les droits patrimoniaux du débiteur commun en Suisse à l'exclusion de l'administration de la faillite étrangère ( ATF 135 III 40 consid. 2.5.1; ATF 137 III 631 consid. 2.3.3). Cela étant, dès lors que la masse de la faillite étrangère invoque qu'elle a un droit à obtenir une cession, même partielle, des droits de la masse ancillaire, son intérêt à former plainte contre une décision de céder l'entier de ceux-ci à un créancier colloqué ne fait aucun doute. 5. La question litigieuse est de savoir si tous les créanciers colloqués dans la faillite ancillaire ( art. 172 al. 1 let. a et b LDIP ) ou si seuls les créanciers privilégiés ( art. 172 al. 1 let. b LDIP ) peuvent obtenir la cession de prétentions avant que celle-ci ne soit proposée à l'administration de la faillite étrangère. 5.1 En vertu de l' art. 170 al. 1 LDIP, la reconnaissance de la décision de faillite rendue à l'étranger a, en principe, les effets de la faillite tels que les prévoit le droit suisse pour tout le patrimoine du débiteur sis BGE 138 III 628 S. 631 en Suisse. La procédure en Suisse est désignée par le terme de "faillite ancillaire". Par le mécanisme particulier de cette mini-faillite, le droit international suisse de l'exécution forcée tend à assurer la protection des créanciers gagistes dont le gage est situé en Suisse et celle des créanciers privilégiés domiciliés en Suisse ( ATF 134 III 366 consid. 5.1.2 et les références citées). Les effets de la faillite ancillaire sont régis par le droit suisse, à savoir la LP, sauf dispositions contraires de la LDIP ( art. 170 al. 1 LDIP ). Dans la faillite ancillaire en Suisse, les actifs servent en premier lieu à payer les créanciers gagistes désignés à l' art. 219 LP et les créanciers non gagistes privilégiés qui ont leur domicile en Suisse ( art. 172 al. 1 LDIP ). Un solde éventuel est remis à la masse en faillite étrangère ou à ceux des créanciers qui y ont droit ( art. 173 al. 1 LDIP ). Toutefois, ce solde ne peut être remis qu'après reconnaissance de l'état de collocation étranger ( art. 173 al. 2 LDIP ). Lorsque cet état ne peut pas être reconnu, le solde n'est pas remis à la masse en faillite étrangère ou aux créanciers de la faillite principale, mais il est réparti entre les créanciers non privilégiés de la faillite ancillaire suisse ( art. 174 al. 1 LDIP ). 5.2 Selon la jurisprudence, lorsque la masse en faillite ancillaire renonce à réaliser une prétention, l' art. 260 LP s'applique et chacun des créanciers peut en demander la cession. A défaut de créanciers, la prétention peut être cédée à l'administration de la faillite étrangère ( ATF 137 III 374 consid. 3 et les références citées). Le Tribunal fédéral a considéré que l' art. 171 LP prévoit expressément que la masse étrangère peut faire valoir des prétentions révocatoires, mais que cette disposition a pour seul but de clarifier la qualité pour agir de l'administration de la faillite étrangère, les art. 260, 285 ss et 214 LP étant déjà applicables à la faillite ancillaire par le renvoi de l' art. 170 al. 1 LDIP (ATF cité; s'agissant des prétentions fondées sur l' art. 214 LP, cf. BERTI, in Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2 e éd. 2007, n° 14 ad art. 171 LDIP ; BRACONI, in Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, n° 3 ad art. 171 LDIP ; KAUFMANN-KOHLER/SCHÖLL, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 4 ad art. 171 LDIP ). Il a jugé qu'il en allait donc de même des autres prétentions que la masse ancillaire renoncerait à recouvrer ( art. 170 al. 1 LDIP ). Dans cet arrêt, le Tribunal fédéral a appliqué l' art. 260 LP alors qu'il n'y avait pas de créanciers colloqués dans la faillite ancillaire et a admis, de manière générale, que lorsqu'aucun des créanciers colloqués ne demande la BGE 138 III 628 S. 632 cession des droits litigieux, la cession peut être allouée à la masse étrangère (ATF cité). La question de savoir si les créanciers qui doivent renoncer à demander la cession sont les seuls créanciers privilégiés ( art. 172 al. 1 let. b LDIP ) ou les créanciers gagistes et les créanciers privilégiés ( art. 172 al. 1 let. a et b LDIP ) n'a cependant jamais été expressément tranchée. Dans des obiter dicta, le Tribunal fédéral semble toutefois avoir admis que l'offre ne doit être faite qu'aux créanciers privilégiés (cf. ATF 135 III 666 consid. 3.2.1 qui mentionne les créanciers privilégiés, mais renvoie à l' ATF 135 III 40 consid. 2.5.1, qui lui retient le terme de créanciers colloqués, et l'arrêt 5A_483/2010 du 8 février 2011 consid. 2.2 où il est fait référence aux seuls créanciers privilégiés avec indication de l' art. 171 al. 1 let. b LDIP ). Il y a ainsi lieu d'examiner plus avant cette question qui est controversée en doctrine (pour une renonciation des seuls créanciers privilégiés au sens de l' art. 172 al. 1 let. b LDIP : cf. BRACONI, op. cit., n° 19 ad art. 171 LDIP ; GEHRI/KOSTKIEWICZ, Anerkennung ausländischer Insolvenzentscheide in der Schweiz - ein neuer Réduit National?, RSDIE 2009 p. 215 s.; WÜTHRICH, Kann eine ausländische Konkursmasse in der Schweiz eine Klage gegen einen ihrer Schuldner mit Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz einleiten?, Jusletter du 25 octobre 2004, n. 5; plus nuancé dès lors qu'ils ne font pas référence à l' art. 172 al. 1 let. b LDIP mais utilisent le terme de créanciers privilégiés: STAEHELIN, Konkurs im Ausland - Drittschuldner in der Schweiz, in Festschrift für Karl Spühler, Schweizerisches und internationales Zwangsvollstreckungsrecht, 2005, p. 416 s.; WALTHER, Paulianische Anfechtungsansprüche im internationalen Verhältnis - ausgewählte Probleme, in Internationales Zivilprozess- und Verfahrensrecht V, 2005, p. 97; pour une renonciation de tous les créanciers colloqués: cf. BERTI, op. cit., n° 9 ad art. 171 LDIP ; BOMMER, Die Zuständigkeit für Widerspruchs- und Anfechtungsklagen im internationalen Verhältnis, 2001, p. 158; BREITENSTEIN, Internationales Insolvenzrecht der Schweiz und der Vereinigten Staaten, 1990, n. 308; DUTOIT, Droit international privé suisse, Commentaire de la LDIP, 4 e éd. 2005, n° 1 ad art. 171 LDIP ; GILLIÉRON, Les dispositions de la nouvelle loi fédérale sur le droit international privé sur la faillite internationale, 1991, [ci-après: Dispositions], p. 100;JUCKER, Der internationale Gerichtsstand der schweizerischen paulianischen Anfechtungsklage, 2007, p. 332; KAUFMANN-KOHLER/SCHÖLL, op. cit., n° 15 ad art. 171 LDIP ; THEUS SIMONI, Englische, walisische und BGE 138 III 628 S. 633 französische Konkursverwalter in der Schweiz, 1997, p. 351; VOLKEN, in Zürcher Kommentar zum IPRG, 2004, n° 17 ad art. 171 LDIP ). 5.3 Il convient tout d'abord d'examiner quelle est, en général, la position des créanciers garantis par gage dans la faillite de la LP, ainsi que la portée de l' art. 260 LP. 5.3.1 Lorsqu'un débiteur est déclaré en faillite, ses biens sur lesquels il existe un gage entrent dans la masse en faillite, sous réserve des droits de préférence du créancier gagiste ( art. 198 LP ). Le produit de la réalisation du gage doit profiter audit créancier dans une mesure rigoureusement identique à ce qui serait survenu si ce gage avait été réalisé indépendamment de la procédure de liquidation; sa réalisation n'est placée dans les mains de l'administration de la faillite que dans la mesure où un excédent éventuel doit revenir à la masse (arrêt 7B.172/2002 du 12 novembre 2002 consid. 2; STAEHELIN, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 2 e éd. 2010 [ci-après: Basler Kommentar], n° 38 ad art. 262 LP ;JEANDIN/ CASONATO, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 32 ad art. 262 LP ; JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 4 e éd. 1997/99, n° 9 ad art. 262 LP ). Inversement, la masse en faillite ne doit pas payer les frais de la réalisation des gages (STAEHELIN, Basler Kommentar, n° 41 ad art. 262 LP ). Les créances garanties par un gage sont colloquées par préférence sur le produit de ce gage ( art. 219 al. 1 LP ). Ainsi, le produit de la réalisation de ce gage sert à couvrir en premier lieu les frais d'inventaire, d'administration, de réalisation et de distribution dudit gage (art. 262 al. 2 et 144 al. 3 LP), puis les prétentions garanties par le gage et admises au passif (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, vol. III, 2001 [ci-après:Commentaire], n° 30 ad art. 261 LP ). Conformément à l'art. 85 del'ordonnance du 13 juillet 1911 sur l'administration des offices de faillite (OAOF; RS 281.32), le tableau de distribution de la faillite indique en premier lieu, d'une manière précise, pour chaque objet remis en gage, le produit de sa réalisation ainsi que les frais d'inventaire, d'administration et de réalisation auxquels il a donné lieu, frais qui doivent être prélevés sur ce produit (art. 85 premier tiret OAOF). Ce n'est que s'il reste un excédent après le paiement des frais et le remboursement intégral des créances garanties par gage que cet excédent est versé au compte général de réalisation de l'actif; si, au BGE 138 III 628 S. 634 contraire, la réalisation n'a pas suffi pour désintéresser les créanciers gagistes, ceux-ci seront inscrits dans les classes une à trois pour le montant dont ils restent à découvert, lorsque le failli était personnellement obligé au paiement de leurs créances ( art. 85 2 e tiret OAOF). En conséquence, à moins que le failli ne se soit personnellement obligé à l'égard du créancier (gagiste), celui-ci n'est pas colloqué dans les classes de l' art. 219 al. 4 LP. 5.3.2 En vertu de l' art. 260 LP, si l'ensemble des créanciers renonce à faire valoir une prétention, chacun d'eux peut en demander la cession à la masse (al. 1); le produit, déduction faite des frais, sert à couvrir les créances des cessionnaires dans l'ordre de leur rang et l'excédent est versé à la masse (al. 2). L'office accorde la cession à tous les créanciers de la masse qui la demandent. Le droit d'obtenir une cession des droits de la masse au sens de l' art. 260 LP est lié ex lege à la qualité d'intervenant du créancier colloqué ( ATF 55 III 65 consid. 2; GILLIÉRON, Commentaire, n° 15 ad art. 260 LP ). Ainsi, chaque créancier porté à l'état de collocation a le droit de requérir et d'obtenir la cession des droits de la masse aussi longtemps que sa créance n'a pas été définitivement écartée de l'état de collocation à la suite d'un procès intenté conformément à l' art. 250 LP ( ATF 128 III 291 consid. 4; BERTI, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. I, 2 e éd. 2010, n° 28 ad art. 260 LP ; GILLIÉRON, Commentaire, n° 42 ad art. 260 LP ; JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, op. cit., n° 2 ad art. 260 LP ; JEANNERET/CARRON, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 15 ad art. 260 LP ). Chaque créancier cessionnaire se voit transférer, à titre individuel, le droit d'agir (Prozessführungsrecht) à la place de la masse, en son propre nom, pour son propre compte et à ses propres risques, mais il ne devient pas le titulaire de la prétention de droit matériel, qui continue d'appartenir à la masse ( ATF 132 III 342 consid. 2.2; ATF 121 III 488 consid. 2a et 2b; arrêt 5A_169/2008 du 29 janvier 2009 consid. 2.3.2, non publié in ATF 135 III 321 ; HOHL, Procédure civile, tome I, 2001, n. 543). Lorsque plusieurs créanciers cessionnaires font valoir en justice la prétention cédée, ils forment une consorité nécessaire ( ATF 136 III 534 consid. 2.1; ATF 121 III 488 consid. 2). Le créancier cessionnaire a la faculté d'agir: il n'est pas obligé d'intenter action; s'il laisse s'écouler le délai qui lui a été fixé sans agir, la cession ne devient caduque que pour autant que l'administration de la faillite la révoque ( ATF 121 III 291 consid. 3c; arrêt BGE 138 III 628 S. 635 5C.194/2001 du 25 février 2002 consid. 5a, in SJ 2002 I p. 494). Il peut conclure une transaction extrajudiciaire ou judiciaire ( ATF 102 III 29 ; HOHL, op. cit., n. 546). 5.3.3 Le créancier garanti par un gage n'est pas un créancier de la "masse générale", à moins que le failli ne soit personnellement tenu envers lui ( art. 85 2 e tiret OAOF), auquel cas le solde de sa créance est colloqué, s'il n'est pas privilégié, en 3 e classe ( art. 219 al. 4 LP ). 5.4 Dans la faillite ancillaire, ne sont colloqués que deux types de créanciers: les créanciers gagistes ( art. 172 al. 1 let. a LDIP ) et les créanciers non-gagistes privilégiés qui ont leur domicile en Suisse ( art. 172 al. 1 let. b LDIP ). Le créancier gagiste n'est garanti que par le gage ( art. 219 al. 1 LP ): en effet, il n'est en principe pas simultanément un créancier de la masse ancillaire générale - à moins d'être également un créancier privilégié au sens de l' art. 172 al. 1 let. b LDIP, ce qui n'est pas le cas en l'espèce - puisque les créanciers de 3 e classe, classe dans laquelle il serait colloqué si le failli était personnellement tenu envers lui, ne sont pas colloqués dans la faillite ancillaire. Le système instauré par les art. 166 ss LDIP ne permet donc pas d'attribuer au créancier gagiste plus que le montant de sa créance. Il y a ainsi lieu d'appliquer par analogie les règles relatives à la poursuite en réalisation de gage ( art. 156 et 131 LP ). Selon l' art. 131 al. 1 LP, lorsque tous les créanciers gagistes le demandent, les créances du débiteur non cotées à la bourse ou au marché leur sont données en paiement (dation en paiement; Hingabe an Zahlungsstatt). Une attribution partielle des créances du débiteur (Teil-Zession) suffit lorsque la créance du créancier gagiste est d'un montant inférieur à celles-là; le créancier n'est subrogé aux droits du débiteur que jusqu'à concurrence de sa créance (art. 131 al. 1, 2 e phrase, LP; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 2008, § 27 n. 51 p. 260; BETTSCHART, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 15 ad art. 131 LP ). Le reste des créances du débiteur est cédé aux créanciers privilégiés ( art. 172 al. 1 let. b LDIP ) conformément à l' art. 260 LP et, à défaut de tels créanciers, à la masse en faillite étrangère conformément à la jurisprudence (cf. supra consid. 5.2). 5.5 En l'espèce, la créance garantie par gage mobilier de la recourante se monte, selon l'état de collocation à 1'576'756 fr. 49. Elle doit être payée par le produit de la réalisation du gage et, dès lors que la recourante est la seule créancière gagiste, par remise à titre de dation BGE 138 III 628 S. 636 en paiement des créances de A. contre Z. SA et Y. SA à concurrence de 1'576'756 fr. 49. Pour ce faire, il y aura lieu de convertir cette somme en USD, selon le site http://www.fxtop.com, qui donne les taux officiels diffusés par la Banque centrale européenne (cf. ATF 135 III 88 consid. 4.1 in fine), au moment de la dation en paiement. L'objection formulée par l'intimée à toute cession doit être rejetée. En effet, elle invoque qu'il serait contraire à la bonne foi et à la ratio legis de l' art. 260 LP que la recourante, société mère de Z. SA, une des débitrices, obtienne des créances de la faillie. Elle requiert l'application analogique de la jurisprudence prohibant la cession des droits à un cessionnaire qui en est lui-même débiteur. Certes, la jurisprudence considère comme inadmissible la cession des droits à un cessionnaire qui est lui-même débiteur des droits cédés ( ATF 54 III 211 ; 113 III 135 consid. 2b), mais on ne saurait simplement assimiler le cas d'espèce à cette situation. Il est tout à fait possible qu'une société mère puisse faire valoir une prétention contre sa société fille. L'intimée ne démontre d'ailleurs pas que les conditions d'une application du principe de la transparence seraient manifestement réalisées en l'espèce. 5.6 Le solde des créances de A. contre Z. SA et Y. SA inventoriées, soit 12'155'747.16 USD et 49'437.75 PLN représentant 17'521.18 USD, soit au total 12'173'268.34 USD - 1'576'756 fr. 49 à convertir en USD (cf. supra consid. 5.5), doit être cédé, faute de créanciers privilégiés au sens de l' art. 172 al. 1 let. b LDIP, à la masse en faillite étrangère.
Urteilskopf
94. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. SA contre Masse en faillite de A. (recours en matière civile)
5A_170/2012 du 24 août 2012
Regeste a Art. 17 SchKG ; Berechtigung zur SchKG-Beschwerde. Berechtigung der ausländischen Konkursmasse zur SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid, Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse an einen kollozierten Gläubiger abzutreten (E. 4).
Regeste a
Art. 17 SchKG ; Berechtigung zur SchKG-Beschwerde. Berechtigung der ausländischen Konkursmasse zur SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid, Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse an einen kollozierten Gläubiger abzutreten (E. 4).
Art. 17 SchKG Berechtigung der ausländischen Konkursmasse zur SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid, Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse an einen kollozierten Gläubiger abzutreten (E. 4).
Regeste b Art. 170 Abs. 1 und Art. 172 Abs. 1 IPRG ; Art. 260 Abs. 1 und 2 SchKG ; Art. 262 Abs. 2, Art. 144 Abs. 3 und Art. 131 Abs. 1 SchKG sowie Art. 85 KOV ; Abtretung der Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse. Teilweise Abtretung der Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse an die Pfandgläubiger ( Art. 172 Abs. 1 lit. a IPRG ) an Zahlungs statt und Abtretung des Überschusses an die privilegierten Gläubiger ( Art. 172 Abs. 1 lit. b IPRG ) beziehungsweise an die ausländische Konkursmasse, wenn es an solchen Gläubigern fehlt (E. 5).
Regeste b
Art. 170 Abs. 1 und Art. 172 Abs. 1 IPRG ; Art. 260 Abs. 1 und 2 SchKG ; Art. 262 Abs. 2, Art. 144 Abs. 3 und Art. 131 Abs. 1 SchKG sowie Art. 85 KOV ; Abtretung der Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse. Teilweise Abtretung der Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse an die Pfandgläubiger ( Art. 172 Abs. 1 lit. a IPRG ) an Zahlungs statt und Abtretung des Überschusses an die privilegierten Gläubiger ( Art. 172 Abs. 1 lit. b IPRG ) beziehungsweise an die ausländische Konkursmasse, wenn es an solchen Gläubigern fehlt (E. 5).
Art. 170 Abs. 1 und Art. 172 Abs. 1 IPRG Art. 260 Abs. 1 und 2 SchKG Art. 262 Abs. 2, Art. 144 Abs. 3 und Art. 131 Abs. 1 SchKG Art. 85 KOV Teilweise Abtretung der Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse an die Pfandgläubiger ( Art. 172 Abs. 1 lit. a IPRG ) an Zahlungs statt und Abtretung des Überschusses an die privilegierten Gläubiger ( Art. 172 Abs. 1 lit. b IPRG ) beziehungsweise an die ausländische Konkursmasse, wenn es an solchen Gläubigern fehlt (E. 5).
Art. 172 Abs. 1 lit. a IPRG Art. 172 Abs. 1 lit. b IPRG Sachverhalt ab Seite 629
Sachverhalt ab Seite 629 BGE 138 III 628 S. 629
BGE 138 III 628 S. 629
A. Par jugement du 11 décembre 2007, le Tribunal d'arrondissement de B. (Pologne), a prononcé la faillite de la société polonaise à responsabilité limitée A. Le 24 juin 2010, sur requête du syndic de la masse en faillite de ladite société, le Tribunal de première instance du canton de Genève a, conformément aux art. 166 ss LDIP (RS 291), reconnu en Suisse le jugement de faillite en question et ordonné l'exécution de la faillite ancillaire.
A. art. 166 ss LDIP Le dépôt de l'état de collocation et de l'inventaire, sur lequel figuraient, à son point 1, deux créances à l'encontre de Z. SA et Y. SA pour les sommes de 12'155'747.16 USD et 49'437.75 PLN (17'521.18 USD), a été annoncé par publication dans la Feuille officielle suisse du commerce (FOSC) du 27 avril 2011. X. SA est la seule créancière à avoir été admise à l'état de collocation en "gage mobilier" pour une créance de 1'576'756 fr. 49 garantie par le nantissement des créances de A. figurant au chiffre 1 de l'inventaire, créances qui sont sises en Suisse en vertu de l' art. 167 al. 3 LDIP. art. 167 al. 3 LDIP B. Par circulaire du 28 juin 2011, l'office a demandé à X. SA, seule créancière colloquée, si elle renonçait à ce que l'administration procède au recouvrement des créances portées au chiffre 1 de l'inventaire et lui a offert la cession des droits de la masse conformément à l' art. 260 LP, cession que celle-ci a acceptée par courrier du 5 juillet 2011. BGE 138 III 628 S. 630 Par décision du 9 février 2012, la Cour de justice du canton de Genève, autorité de surveillance des Offices des poursuites et faillites, a, sur plainte de la masse en faillite polonaise, annulé la décision de l'office du 28 juin 2011 et a invité celui-ci à céder les droits de la masse ancillaire à la masse en faillite étrangère.
B. art. 260 LP BGE 138 III 628 S. 630
C. Par arrêt du 24 août 2012, le Tribunal fédéral a partiellement admis le recours en matière civile formé par X. SA contre cet arrêt et a invité l'Office des faillites de Genève à donner en paiement à celle-ci les créances de A. contre Z. SA et Y. SA à concurrence de 1'576'756 fr. 49 et à en céder le solde à la masse en faillite étrangère.
C. (résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
4. La recourante conteste tout d'abord la qualité de l'administration de la masse étrangère pour former plainte contre la décision de l'administration de la masse ancillaire de céder des droits à un créancier colloqué.
4. La qualité pour porter plainte selon l' art. 17 LP est reconnue à toute personne lésée ou exposée à l'être dans ses intérêts juridiquement protégés, ou à tout le moins atteinte dans ses intérêts de fait, par une mesure ou une omission d'un organe de la poursuite ( ATF 138 III 219 consid. 2.3; ATF 129 III 595 consid. 3; ATF 120 III 42 consid. 3). En cas de faillite internationale, une fois que la faillite ancillaire a été ouverte ( art. 170 al. 1 LDIP ), l'office suisse des faillites est exclusivement compétent pour administrer et réaliser les droits patrimoniaux du débiteur commun en Suisse à l'exclusion de l'administration de la faillite étrangère ( ATF 135 III 40 consid. 2.5.1; ATF 137 III 631 consid. 2.3.3). Cela étant, dès lors que la masse de la faillite étrangère invoque qu'elle a un droit à obtenir une cession, même partielle, des droits de la masse ancillaire, son intérêt à former plainte contre une décision de céder l'entier de ceux-ci à un créancier colloqué ne fait aucun doute. art. 17 LP art. 170 al. 1 LDIP 5. La question litigieuse est de savoir si tous les créanciers colloqués dans la faillite ancillaire ( art. 172 al. 1 let. a et b LDIP ) ou si seuls les créanciers privilégiés ( art. 172 al. 1 let. b LDIP ) peuvent obtenir la cession de prétentions avant que celle-ci ne soit proposée à l'administration de la faillite étrangère.
5. art. 172 al. 1 let. a et b LDIP art. 172 al. 1 let. b LDIP 5.1 En vertu de l' art. 170 al. 1 LDIP, la reconnaissance de la décision de faillite rendue à l'étranger a, en principe, les effets de la faillite tels que les prévoit le droit suisse pour tout le patrimoine du débiteur sis BGE 138 III 628 S. 631 en Suisse. La procédure en Suisse est désignée par le terme de "faillite ancillaire". Par le mécanisme particulier de cette mini-faillite, le droit international suisse de l'exécution forcée tend à assurer la protection des créanciers gagistes dont le gage est situé en Suisse et celle des créanciers privilégiés domiciliés en Suisse ( ATF 134 III 366 consid. 5.1.2 et les références citées). Les effets de la faillite ancillaire sont régis par le droit suisse, à savoir la LP, sauf dispositions contraires de la LDIP ( art. 170 al. 1 LDIP ).
5.1 art. 170 al. 1 LDIP BGE 138 III 628 S. 631
art. 170 al. 1 LDIP Dans la faillite ancillaire en Suisse, les actifs servent en premier lieu à payer les créanciers gagistes désignés à l' art. 219 LP et les créanciers non gagistes privilégiés qui ont leur domicile en Suisse ( art. 172 al. 1 LDIP ). Un solde éventuel est remis à la masse en faillite étrangère ou à ceux des créanciers qui y ont droit ( art. 173 al. 1 LDIP ). Toutefois, ce solde ne peut être remis qu'après reconnaissance de l'état de collocation étranger ( art. 173 al. 2 LDIP ). Lorsque cet état ne peut pas être reconnu, le solde n'est pas remis à la masse en faillite étrangère ou aux créanciers de la faillite principale, mais il est réparti entre les créanciers non privilégiés de la faillite ancillaire suisse ( art. 174 al. 1 LDIP ). art. 219 LP art. 172 al. 1 LDIP art. 173 al. 1 LDIP art. 173 al. 2 LDIP art. 174 al. 1 LDIP 5.2 Selon la jurisprudence, lorsque la masse en faillite ancillaire renonce à réaliser une prétention, l' art. 260 LP s'applique et chacun des créanciers peut en demander la cession. A défaut de créanciers, la prétention peut être cédée à l'administration de la faillite étrangère ( ATF 137 III 374 consid. 3 et les références citées). Le Tribunal fédéral a considéré que l' art. 171 LP prévoit expressément que la masse étrangère peut faire valoir des prétentions révocatoires, mais que cette disposition a pour seul but de clarifier la qualité pour agir de l'administration de la faillite étrangère, les art. 260, 285 ss et 214 LP étant déjà applicables à la faillite ancillaire par le renvoi de l' art. 170 al. 1 LDIP (ATF cité; s'agissant des prétentions fondées sur l' art. 214 LP, cf. BERTI, in Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2 e éd. 2007, n° 14 ad art. 171 LDIP ; BRACONI, in Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, n° 3 ad art. 171 LDIP ; KAUFMANN-KOHLER/SCHÖLL, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 4 ad art. 171 LDIP ). Il a jugé qu'il en allait donc de même des autres prétentions que la masse ancillaire renoncerait à recouvrer ( art. 170 al. 1 LDIP ). Dans cet arrêt, le Tribunal fédéral a appliqué l' art. 260 LP alors qu'il n'y avait pas de créanciers colloqués dans la faillite ancillaire et a admis, de manière générale, que lorsqu'aucun des créanciers colloqués ne demande la BGE 138 III 628 S. 632 cession des droits litigieux, la cession peut être allouée à la masse étrangère (ATF cité).
5.2 art. 260 LP art. 171 LP art. 260, 285 ss et 214 LP art. 170 al. 1 LDIP art. 214 LP art. 171 LDIP art. 171 LDIP art. 171 LDIP art. 170 al. 1 LDIP art. 260 LP BGE 138 III 628 S. 632
La question de savoir si les créanciers qui doivent renoncer à demander la cession sont les seuls créanciers privilégiés ( art. 172 al. 1 let. b LDIP ) ou les créanciers gagistes et les créanciers privilégiés ( art. 172 al. 1 let. a et b LDIP ) n'a cependant jamais été expressément tranchée. Dans des obiter dicta, le Tribunal fédéral semble toutefois avoir admis que l'offre ne doit être faite qu'aux créanciers privilégiés (cf. ATF 135 III 666 consid. 3.2.1 qui mentionne les créanciers privilégiés, mais renvoie à l' ATF 135 III 40 consid. 2.5.1, qui lui retient le terme de créanciers colloqués, et l'arrêt 5A_483/2010 du 8 février 2011 consid. 2.2 où il est fait référence aux seuls créanciers privilégiés avec indication de l' art. 171 al. 1 let. b LDIP ). art. 172 al. 1 let. b LDIP art. 172 al. 1 let. a et b LDIP art. 171 al. 1 let. b LDIP Il y a ainsi lieu d'examiner plus avant cette question qui est controversée en doctrine (pour une renonciation des seuls créanciers privilégiés au sens de l' art. 172 al. 1 let. b LDIP : cf. BRACONI, op. cit., n° 19 ad art. 171 LDIP ; GEHRI/KOSTKIEWICZ, Anerkennung ausländischer Insolvenzentscheide in der Schweiz - ein neuer Réduit National?, RSDIE 2009 p. 215 s.; WÜTHRICH, Kann eine ausländische Konkursmasse in der Schweiz eine Klage gegen einen ihrer Schuldner mit Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz einleiten?, Jusletter du 25 octobre 2004, n. 5; plus nuancé dès lors qu'ils ne font pas référence à l' art. 172 al. 1 let. b LDIP mais utilisent le terme de créanciers privilégiés: STAEHELIN, Konkurs im Ausland - Drittschuldner in der Schweiz, in Festschrift für Karl Spühler, Schweizerisches und internationales Zwangsvollstreckungsrecht, 2005, p. 416 s.; WALTHER, Paulianische Anfechtungsansprüche im internationalen Verhältnis - ausgewählte Probleme, in Internationales Zivilprozess- und Verfahrensrecht V, 2005, p. 97; pour une renonciation de tous les créanciers colloqués: cf. BERTI, op. cit., n° 9 ad art. 171 LDIP ; BOMMER, Die Zuständigkeit für Widerspruchs- und Anfechtungsklagen im internationalen Verhältnis, 2001, p. 158; BREITENSTEIN, Internationales Insolvenzrecht der Schweiz und der Vereinigten Staaten, 1990, n. 308; DUTOIT, Droit international privé suisse, Commentaire de la LDIP, 4 e éd. 2005, n° 1 ad art. 171 LDIP ; GILLIÉRON, Les dispositions de la nouvelle loi fédérale sur le droit international privé sur la faillite internationale, 1991, [ci-après: Dispositions], p. 100;JUCKER, Der internationale Gerichtsstand der schweizerischen paulianischen Anfechtungsklage, 2007, p. 332; KAUFMANN-KOHLER/SCHÖLL, op. cit., n° 15 ad art. 171 LDIP ; THEUS SIMONI, Englische, walisische und BGE 138 III 628 S. 633 französische Konkursverwalter in der Schweiz, 1997, p. 351; VOLKEN, in Zürcher Kommentar zum IPRG, 2004, n° 17 ad art. 171 LDIP ). art. 172 al. 1 let. b LDIP art. 171 LDIP art. 172 al. 1 let. b LDIP art. 171 LDIP art. 171 LDIP art. 171 LDIP BGE 138 III 628 S. 633
art. 171 LDIP 5.3 Il convient tout d'abord d'examiner quelle est, en général, la position des créanciers garantis par gage dans la faillite de la LP, ainsi que la portée de l' art. 260 LP.
5.3 art. 260 LP 5.3.1 Lorsqu'un débiteur est déclaré en faillite, ses biens sur lesquels il existe un gage entrent dans la masse en faillite, sous réserve des droits de préférence du créancier gagiste ( art. 198 LP ). Le produit de la réalisation du gage doit profiter audit créancier dans une mesure rigoureusement identique à ce qui serait survenu si ce gage avait été réalisé indépendamment de la procédure de liquidation; sa réalisation n'est placée dans les mains de l'administration de la faillite que dans la mesure où un excédent éventuel doit revenir à la masse (arrêt 7B.172/2002 du 12 novembre 2002 consid. 2; STAEHELIN, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 2 e éd. 2010 [ci-après: Basler Kommentar], n° 38 ad art. 262 LP ;JEANDIN/ CASONATO, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 32 ad art. 262 LP ; JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 4 e éd. 1997/99, n° 9 ad art. 262 LP ). Inversement, la masse en faillite ne doit pas payer les frais de la réalisation des gages (STAEHELIN, Basler Kommentar, n° 41 ad art. 262 LP ).
5.3.1 art. 198 LP art. 262 LP art. 262 LP art. 262 LP art. 262 LP Les créances garanties par un gage sont colloquées par préférence sur le produit de ce gage ( art. 219 al. 1 LP ). Ainsi, le produit de la réalisation de ce gage sert à couvrir en premier lieu les frais d'inventaire, d'administration, de réalisation et de distribution dudit gage (art. 262 al. 2 et 144 al. 3 LP), puis les prétentions garanties par le gage et admises au passif (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, vol. III, 2001 [ci-après:Commentaire], n° 30 ad art. 261 LP ). Conformément à l'art. 85 del'ordonnance du 13 juillet 1911 sur l'administration des offices de faillite (OAOF; RS 281.32), le tableau de distribution de la faillite indique en premier lieu, d'une manière précise, pour chaque objet remis en gage, le produit de sa réalisation ainsi que les frais d'inventaire, d'administration et de réalisation auxquels il a donné lieu, frais qui doivent être prélevés sur ce produit (art. 85 premier tiret OAOF). Ce n'est que s'il reste un excédent après le paiement des frais et le remboursement intégral des créances garanties par gage que cet excédent est versé au compte général de réalisation de l'actif; si, au BGE 138 III 628 S. 634 contraire, la réalisation n'a pas suffi pour désintéresser les créanciers gagistes, ceux-ci seront inscrits dans les classes une à trois pour le montant dont ils restent à découvert, lorsque le failli était personnellement obligé au paiement de leurs créances ( art. 85 2 e tiret OAOF). art. 219 al. 1 LP art. 261 LP BGE 138 III 628 S. 634
art. 85 2 En conséquence, à moins que le failli ne se soit personnellement obligé à l'égard du créancier (gagiste), celui-ci n'est pas colloqué dans les classes de l' art. 219 al. 4 LP. art. 219 al. 4 LP 5.3.2 En vertu de l' art. 260 LP, si l'ensemble des créanciers renonce à faire valoir une prétention, chacun d'eux peut en demander la cession à la masse (al. 1); le produit, déduction faite des frais, sert à couvrir les créances des cessionnaires dans l'ordre de leur rang et l'excédent est versé à la masse (al. 2).
5.3.2 art. 260 LP L'office accorde la cession à tous les créanciers de la masse qui la demandent. Le droit d'obtenir une cession des droits de la masse au sens de l' art. 260 LP est lié ex lege à la qualité d'intervenant du créancier colloqué ( ATF 55 III 65 consid. 2; GILLIÉRON, Commentaire, n° 15 ad art. 260 LP ). Ainsi, chaque créancier porté à l'état de collocation a le droit de requérir et d'obtenir la cession des droits de la masse aussi longtemps que sa créance n'a pas été définitivement écartée de l'état de collocation à la suite d'un procès intenté conformément à l' art. 250 LP ( ATF 128 III 291 consid. 4; BERTI, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. I, 2 e éd. 2010, n° 28 ad art. 260 LP ; GILLIÉRON, Commentaire, n° 42 ad art. 260 LP ; JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, op. cit., n° 2 ad art. 260 LP ; JEANNERET/CARRON, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 15 ad art. 260 LP ). Chaque créancier cessionnaire se voit transférer, à titre individuel, le droit d'agir (Prozessführungsrecht) à la place de la masse, en son propre nom, pour son propre compte et à ses propres risques, mais il ne devient pas le titulaire de la prétention de droit matériel, qui continue d'appartenir à la masse ( ATF 132 III 342 consid. 2.2; ATF 121 III 488 consid. 2a et 2b; arrêt 5A_169/2008 du 29 janvier 2009 consid. 2.3.2, non publié in ATF 135 III 321 ; HOHL, Procédure civile, tome I, 2001, n. 543). Lorsque plusieurs créanciers cessionnaires font valoir en justice la prétention cédée, ils forment une consorité nécessaire ( ATF 136 III 534 consid. 2.1; ATF 121 III 488 consid. 2). Le créancier cessionnaire a la faculté d'agir: il n'est pas obligé d'intenter action; s'il laisse s'écouler le délai qui lui a été fixé sans agir, la cession ne devient caduque que pour autant que l'administration de la faillite la révoque ( ATF 121 III 291 consid. 3c; arrêt BGE 138 III 628 S. 635 5C.194/2001 du 25 février 2002 consid. 5a, in SJ 2002 I p. 494). Il peut conclure une transaction extrajudiciaire ou judiciaire ( ATF 102 III 29 ; HOHL, op. cit., n. 546). art. 260 LP ATF 55 III 65 art. 260 LP art. 250 LP art. 260 LP art. 260 LP art. 260 LP art. 260 LP BGE 138 III 628 S. 635
5.3.3 Le créancier garanti par un gage n'est pas un créancier de la "masse générale", à moins que le failli ne soit personnellement tenu envers lui ( art. 85 2 e tiret OAOF), auquel cas le solde de sa créance est colloqué, s'il n'est pas privilégié, en 3 e classe ( art. 219 al. 4 LP ).
5.3.3 art. 85 2 art. 219 al. 4 LP 5.4 Dans la faillite ancillaire, ne sont colloqués que deux types de créanciers: les créanciers gagistes ( art. 172 al. 1 let. a LDIP ) et les créanciers non-gagistes privilégiés qui ont leur domicile en Suisse ( art. 172 al. 1 let. b LDIP ). Le créancier gagiste n'est garanti que par le gage ( art. 219 al. 1 LP ): en effet, il n'est en principe pas simultanément un créancier de la masse ancillaire générale - à moins d'être également un créancier privilégié au sens de l' art. 172 al. 1 let. b LDIP, ce qui n'est pas le cas en l'espèce - puisque les créanciers de 3 e classe, classe dans laquelle il serait colloqué si le failli était personnellement tenu envers lui, ne sont pas colloqués dans la faillite ancillaire.
5.4 art. 172 al. 1 let. a LDIP art. 172 al. 1 let. b LDIP art. 219 al. 1 LP art. 172 al. 1 let. b LDIP Le système instauré par les art. 166 ss LDIP ne permet donc pas d'attribuer au créancier gagiste plus que le montant de sa créance. Il y a ainsi lieu d'appliquer par analogie les règles relatives à la poursuite en réalisation de gage ( art. 156 et 131 LP ). Selon l' art. 131 al. 1 LP, lorsque tous les créanciers gagistes le demandent, les créances du débiteur non cotées à la bourse ou au marché leur sont données en paiement (dation en paiement; Hingabe an Zahlungsstatt). Une attribution partielle des créances du débiteur (Teil-Zession) suffit lorsque la créance du créancier gagiste est d'un montant inférieur à celles-là; le créancier n'est subrogé aux droits du débiteur que jusqu'à concurrence de sa créance (art. 131 al. 1, 2 e phrase, LP; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 2008, § 27 n. 51 p. 260; BETTSCHART, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 15 ad art. 131 LP ). Le reste des créances du débiteur est cédé aux créanciers privilégiés ( art. 172 al. 1 let. b LDIP ) conformément à l' art. 260 LP et, à défaut de tels créanciers, à la masse en faillite étrangère conformément à la jurisprudence (cf. supra consid. 5.2). art. 166 ss LDIP art. 156 et 131 LP art. 131 al. 1 LP art. 131 LP art. 172 al. 1 let. b LDIP art. 260 LP 5.5 En l'espèce, la créance garantie par gage mobilier de la recourante se monte, selon l'état de collocation à 1'576'756 fr. 49. Elle doit être payée par le produit de la réalisation du gage et, dès lors que la recourante est la seule créancière gagiste, par remise à titre de dation BGE 138 III 628 S. 636 en paiement des créances de A. contre Z. SA et Y. SA à concurrence de 1'576'756 fr. 49. Pour ce faire, il y aura lieu de convertir cette somme en USD, selon le site http://www.fxtop.com, qui donne les taux officiels diffusés par la Banque centrale européenne (cf. ATF 135 III 88 consid. 4.1 in fine), au moment de la dation en paiement.
5.5 BGE 138 III 628 S. 636
L'objection formulée par l'intimée à toute cession doit être rejetée. En effet, elle invoque qu'il serait contraire à la bonne foi et à la ratio legis de l' art. 260 LP que la recourante, société mère de Z. SA, une des débitrices, obtienne des créances de la faillie. Elle requiert l'application analogique de la jurisprudence prohibant la cession des droits à un cessionnaire qui en est lui-même débiteur. Certes, la jurisprudence considère comme inadmissible la cession des droits à un cessionnaire qui est lui-même débiteur des droits cédés ( ATF 54 III 211 ; 113 III 135 consid. 2b), mais on ne saurait simplement assimiler le cas d'espèce à cette situation. Il est tout à fait possible qu'une société mère puisse faire valoir une prétention contre sa société fille. L'intimée ne démontre d'ailleurs pas que les conditions d'une application du principe de la transparence seraient manifestement réalisées en l'espèce. art. 260 LP ATF 54 III 211 5.6 Le solde des créances de A. contre Z. SA et Y. SA inventoriées, soit 12'155'747.16 USD et 49'437.75 PLN représentant 17'521.18 USD, soit au total 12'173'268.34 USD - 1'576'756 fr. 49 à convertir en USD (cf. supra consid. 5.5), doit être cédé, faute de créanciers privilégiés au sens de l' art. 172 al. 1 let. b LDIP, à la masse en faillite étrangère.
5.6 art. 172 al. 1 let. b LDIP
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Urteilskopf 138 III 636 95. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. et B. contre Y. (recours en matière civile) 5A_365/2012 et autres du 17 août 2012 Regeste Art. 278 SchKG, Art. 254 ZPO ; Verfahren der Einsprache gegen den Arrestbefehl; Beweis. Zulässiges Beweismittel (E. 4). Sachverhalt ab Seite 637 BGE 138 III 636 S. 637 A. Y. a formé deux requêtes de séquestre contre A., les 17 mars 2011 et 21 avril 2011, et une contre B., le 13 avril 2011. Il a indiqué comme cause de sa créance "Billet à ordre du 16.11.08 et accord de garantie du billet à ordre du 16.11.08". Par ce billet à ordre et cet accord de garantie, la société C. (Arabie Saoudite), a accepté de verser, sans condition, et sur sa demande, un montant de 1'423'400'000 USD à Y. Ces documents portent, au nom de la société, la signature de D., ainsi qu'un tampon "E.". L'authenticité de la signature et du tampon est litigieuse. A. et B. sont associées de la société C. Les deux instances cantonales ont considéré comme vraisemblable, sans que la question ne soit encore discutée dans la procédure fédérale, que, selon le droit saoudien, ces associées sont solidairement responsables des dettes de la société. B. B.a Par ordonnances des 18 mars 2011, 15 avril 2011 et 21 avril 2011, la juge suppléante III du district de Sierre a prononcé, à concurrence du montant de 1'309'528'000 fr., avec intérêts à 5 % dès le 15 juillet 2009, le séquestre, dans la première, de quatre parts de copropriété par étages, sises à F., et des biens s'y trouvant, contre A. (séquestre n° a), dans la deuxième, de trois parts de copropriété par étages, sises à F., des biens s'y trouvant et des avoirs auprès de la banque G. SA, de siège social à H. et succursale à I., contre B. (séquestre n° b) et, dans la troisième, des avoirs auprès de la banque J. SA, succursale de K. et son agence à L., contre A. (séquestre n° c). B.b Par trois décisions séparées, du 14 juillet 2011, cette magistrate a rejeté les requêtes des deux séquestrées tendant à l'administration d'une expertise privée visant à établir la falsification du billet à ordre et de l'accord de garantie, ainsi que les oppositions aux séquestres. B.c Statuant sur recours des séquestrées dans trois arrêts séparés, du 16 avril 2012 et dont la motivation juridique est identique, l'Autorité de recours en matière de séquestre du Tribunal cantonal valaisan a rejeté les requêtes tendant à l'administration de l'expertise privée précitée, ainsi que les recours. (...) Par arrêt du 17 août 2012, joignant les causes, le Tribunal fédéral a rejeté les recours que les séquestrées ont interjetés contre ces trois arrêts. (extrait) BGE 138 III 636 S. 638 Erwägungen Extrait des considérants: 4. (...) 4.3 Saisi d'un recours pour violation des droits constitutionnels, le Tribunal fédéral peut procéder à une substitution de motifs pour autant que la nouvelle motivation, conforme à la Constitution, n'ait pas expressément été écartée par l'autorité cantonale ( ATF 128 III 4 consid. 4c/aa; arrêt 5A_652/2009 du 18 janvier 2010 consid. 1.4). Dès lors que l'opposition au séquestre est soumise à la procédure sommaire en vertu de l' art. 251 let. a CPC (RS 272), il convient d'examiner quels sont les moyens de preuve que les parties peuvent faire administrer dans cette procédure. 4.3.1 Aux termes de l' art. 254 CPC, la preuve est rapportée par titres (al. 1). D'autres moyens de preuve sont admissibles dans les cas suivants (al. 2): leur administration ne retarde pas sensiblement la procédure (let. a), le but de la procédure l'exige (let. b), le tribunal établit les faits d'office (let. c). Le moyen de preuve prévu par l' art. 254 al. 1 CPC est la production d'un titre, par quoi il faut entendre, selon l' art. 177 CPC, tout document propre à prouver des faits pertinents. En procédure sommaire, on exige en principe cette production de la part des parties, car celle-ci a, par nature, un caractère immédiatement disponible. En ce qui concerne les moyens de preuve autres que la production de titres, il y a lieu d'examiner si, en vertu de l' art. 254 al. 2 CPC, ceux-ci peuvent être exceptionnellement admis dans la procédure d'opposition au séquestre. En effet, l' art. 254 CPC est une disposition générale sur les moyens de preuve, qui s'applique à des procédures sommaires de types différents - les cas prévus par la loi, les cas clairs, la mise à ban, les mesures provisionnelles et la juridiction gracieuse ( art. 248 CPC ). La nature de chacune de celles-ci doit être prise en considération lorsqu'il s'agit de déterminer quels autres moyens de preuve sont admissibles. 4.3.2 Selon la jurisprudence, dans les causes soumises à la procédure sommaire au sens propre, à savoir lorsque les faits doivent être rendus simplement vraisemblables, que le juge examine sommairement le bien-fondé juridique de la prétention et qu'il rend une décision provisoire, ne réglant donc pas définitivement la situation juridique des parties et ne revêtant l'autorité de la chose jugée, les moyens de preuve peuvent être limités à ceux qui sont immédiatement disponibles BGE 138 III 636 S. 639 ( ATF 127 III 474 consid. 2b/bb; ATF 117 II 554 consid. 2d). Cette limitation est admissible puisque les moyens de preuve qui ne le sont pas pourront tous être administrés ultérieurement dans le procès ordinaire, qui tranchera définitivement la cause après un examen complet en fait et en droit (FABIENNE HOHL, Procédure civile, tome II, 2 e éd. 2010, n os 1566 et 1568). La procédure d'opposition au séquestre ( art. 278 LP ) est une procédure sommaire au sens propre; elle présente les trois caractéristiques précitées (simple vraisemblance des faits, examen sommaire du droit et décision provisoire; ATF 138 III 232 consid. 4.1.1; arrêts 5A_317/2009 du 20 août 2009 consid. 3.2; 5A_364/2008 du 12 août 2008 consid. 5.2). Elle a en outre un objet et un but particulier: le séquestre, auquel le débiteur s'oppose, est une mesure conservatoire, soit la mise sous main de justice de biens du débiteur, qui permet de garantir une créance pendant la durée de la procédure de validation du séquestre ( art. 279 LP ; ATF 116 III 111 consid. 3a; ATF 107 III 33 consid. 2). En tant que procédure spécifique de la LP, la procédure d'opposition au séquestre est aussi une procédure sur pièces ( Aktenprozess; procedura in base agli atti; art. 256 al. 1 CPC ; dans ce sens, cf. arrêt 5A_836/2010 du 2 février 2011 consid. 4.1.1; en matière de mainlevée provisoire de l'opposition, cf. arrêts 5D_147/2011 du 10 novembre 2011 consid. 3; 5A_83/2011 du 2 septembre 2011 consid. 6.1). C'est au cours de l'action civile en reconnaissance de dette (en validation du séquestre) qui suivra, soumise à une procédure avec un examen complet en fait et en droit, que les parties pourront faire valoir tous leurs moyens de preuve. En conséquence, seule la production de titres, au sens de l' art. 254 al. 1 CPC, doit être admise dans la procédure d'opposition au séquestre. 4.4 En l'espèce, les séquestrées étaient dans l'incapacité de produire immédiatement un titre, au sens de l' art. 254 al. 1 CPC ; elles se sont contentées, lors de l'audience du 4 juillet 2011, de formuler une requête tendant à pouvoir produire une expertise privée à réaliser dans les cinq jours. Le grief des recourantes, qui reprochent à la cour cantonale d'avoir refusé d'administrer ce moyen de preuve, doit donc être rejeté, par substitution des motifs qui précèdent. Dans la mesure où la requête tendant à l'administration d'une expertise encore à réaliser n'est pas admissible en vertu de l' art. 254 al. 1 CPC, il ne saurait y avoir violation du principe de l'égalité de BGE 138 III 636 S. 640 traitement garantie par l' art. 8 Cst. Par ailleurs, faute de grief, le Tribunal fédéral n'a pas à examiner si les recourantes ont été privées de la possibilité de produire en temps utile une expertise privée en raison du fait que les documents litigieux n'ont été présentés en originaux que 30 minutes avant le début de l'audience (cf. consid. 2 non publié; art. 106 al. 2 LTF ).
Urteilskopf
95. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. et B. contre Y. (recours en matière civile)
5A_365/2012 et autres du 17 août 2012
Regeste Art. 278 SchKG, Art. 254 ZPO ; Verfahren der Einsprache gegen den Arrestbefehl; Beweis. Zulässiges Beweismittel (E. 4).
Regeste
Art. 278 SchKG, Art. 254 ZPO ; Verfahren der Einsprache gegen den Arrestbefehl; Beweis. Zulässiges Beweismittel (E. 4).
Art. 278 SchKG Art. 254 ZPO Zulässiges Beweismittel (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 637
Sachverhalt ab Seite 637 BGE 138 III 636 S. 637
BGE 138 III 636 S. 637
A. Y. a formé deux requêtes de séquestre contre A., les 17 mars 2011 et 21 avril 2011, et une contre B., le 13 avril 2011. Il a indiqué comme cause de sa créance "Billet à ordre du 16.11.08 et accord de garantie du billet à ordre du 16.11.08".
A. Par ce billet à ordre et cet accord de garantie, la société C. (Arabie Saoudite), a accepté de verser, sans condition, et sur sa demande, un montant de 1'423'400'000 USD à Y. Ces documents portent, au nom de la société, la signature de D., ainsi qu'un tampon "E.". L'authenticité de la signature et du tampon est litigieuse.
A. et B. sont associées de la société C. Les deux instances cantonales ont considéré comme vraisemblable, sans que la question ne soit encore discutée dans la procédure fédérale, que, selon le droit saoudien, ces associées sont solidairement responsables des dettes de la société.
B.
B. B.a Par ordonnances des 18 mars 2011, 15 avril 2011 et 21 avril 2011, la juge suppléante III du district de Sierre a prononcé, à concurrence du montant de 1'309'528'000 fr., avec intérêts à 5 % dès le 15 juillet 2009, le séquestre, dans la première, de quatre parts de copropriété par étages, sises à F., et des biens s'y trouvant, contre A. (séquestre n° a), dans la deuxième, de trois parts de copropriété par étages, sises à F., des biens s'y trouvant et des avoirs auprès de la banque G. SA, de siège social à H. et succursale à I., contre B. (séquestre n° b) et, dans la troisième, des avoirs auprès de la banque J. SA, succursale de K. et son agence à L., contre A. (séquestre n° c).
B.a B.b Par trois décisions séparées, du 14 juillet 2011, cette magistrate a rejeté les requêtes des deux séquestrées tendant à l'administration d'une expertise privée visant à établir la falsification du billet à ordre et de l'accord de garantie, ainsi que les oppositions aux séquestres.
B.b B.c Statuant sur recours des séquestrées dans trois arrêts séparés, du 16 avril 2012 et dont la motivation juridique est identique, l'Autorité de recours en matière de séquestre du Tribunal cantonal valaisan a rejeté les requêtes tendant à l'administration de l'expertise privée précitée, ainsi que les recours.
B.c (...)
Par arrêt du 17 août 2012, joignant les causes, le Tribunal fédéral a rejeté les recours que les séquestrées ont interjetés contre ces trois arrêts.
(extrait) BGE 138 III 636 S. 638
BGE 138 III 636 S. 638
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
4. (...)
4. 4.3 Saisi d'un recours pour violation des droits constitutionnels, le Tribunal fédéral peut procéder à une substitution de motifs pour autant que la nouvelle motivation, conforme à la Constitution, n'ait pas expressément été écartée par l'autorité cantonale ( ATF 128 III 4 consid. 4c/aa; arrêt 5A_652/2009 du 18 janvier 2010 consid. 1.4).
4.3 Dès lors que l'opposition au séquestre est soumise à la procédure sommaire en vertu de l' art. 251 let. a CPC (RS 272), il convient d'examiner quels sont les moyens de preuve que les parties peuvent faire administrer dans cette procédure. art. 251 let. a CPC 4.3.1 Aux termes de l' art. 254 CPC, la preuve est rapportée par titres (al. 1). D'autres moyens de preuve sont admissibles dans les cas suivants (al. 2): leur administration ne retarde pas sensiblement la procédure (let. a), le but de la procédure l'exige (let. b), le tribunal établit les faits d'office (let. c).
4.3.1 art. 254 CPC Le moyen de preuve prévu par l' art. 254 al. 1 CPC est la production d'un titre, par quoi il faut entendre, selon l' art. 177 CPC, tout document propre à prouver des faits pertinents. En procédure sommaire, on exige en principe cette production de la part des parties, car celle-ci a, par nature, un caractère immédiatement disponible. art. 254 al. 1 CPC art. 177 CPC En ce qui concerne les moyens de preuve autres que la production de titres, il y a lieu d'examiner si, en vertu de l' art. 254 al. 2 CPC, ceux-ci peuvent être exceptionnellement admis dans la procédure d'opposition au séquestre. En effet, l' art. 254 CPC est une disposition générale sur les moyens de preuve, qui s'applique à des procédures sommaires de types différents - les cas prévus par la loi, les cas clairs, la mise à ban, les mesures provisionnelles et la juridiction gracieuse ( art. 248 CPC ). La nature de chacune de celles-ci doit être prise en considération lorsqu'il s'agit de déterminer quels autres moyens de preuve sont admissibles. art. 254 al. 2 CPC art. 254 CPC art. 248 CPC 4.3.2 Selon la jurisprudence, dans les causes soumises à la procédure sommaire au sens propre, à savoir lorsque les faits doivent être rendus simplement vraisemblables, que le juge examine sommairement le bien-fondé juridique de la prétention et qu'il rend une décision provisoire, ne réglant donc pas définitivement la situation juridique des parties et ne revêtant l'autorité de la chose jugée, les moyens de preuve peuvent être limités à ceux qui sont immédiatement disponibles BGE 138 III 636 S. 639 ( ATF 127 III 474 consid. 2b/bb; ATF 117 II 554 consid. 2d). Cette limitation est admissible puisque les moyens de preuve qui ne le sont pas pourront tous être administrés ultérieurement dans le procès ordinaire, qui tranchera définitivement la cause après un examen complet en fait et en droit (FABIENNE HOHL, Procédure civile, tome II, 2 e éd. 2010, n os 1566 et 1568).
4.3.2 BGE 138 III 636 S. 639
La procédure d'opposition au séquestre ( art. 278 LP ) est une procédure sommaire au sens propre; elle présente les trois caractéristiques précitées (simple vraisemblance des faits, examen sommaire du droit et décision provisoire; ATF 138 III 232 consid. 4.1.1; arrêts 5A_317/2009 du 20 août 2009 consid. 3.2; 5A_364/2008 du 12 août 2008 consid. 5.2). Elle a en outre un objet et un but particulier: le séquestre, auquel le débiteur s'oppose, est une mesure conservatoire, soit la mise sous main de justice de biens du débiteur, qui permet de garantir une créance pendant la durée de la procédure de validation du séquestre ( art. 279 LP ; ATF 116 III 111 consid. 3a; ATF 107 III 33 consid. 2). En tant que procédure spécifique de la LP, la procédure d'opposition au séquestre est aussi une procédure sur pièces ( Aktenprozess; procedura in base agli atti; art. 256 al. 1 CPC ; dans ce sens, cf. arrêt 5A_836/2010 du 2 février 2011 consid. 4.1.1; en matière de mainlevée provisoire de l'opposition, cf. arrêts 5D_147/2011 du 10 novembre 2011 consid. 3; 5A_83/2011 du 2 septembre 2011 consid. 6.1). C'est au cours de l'action civile en reconnaissance de dette (en validation du séquestre) qui suivra, soumise à une procédure avec un examen complet en fait et en droit, que les parties pourront faire valoir tous leurs moyens de preuve. art. 278 LP art. 279 LP art. 256 al. 1 CPC En conséquence, seule la production de titres, au sens de l' art. 254 al. 1 CPC, doit être admise dans la procédure d'opposition au séquestre. art. 254 al. 1 CPC 4.4 En l'espèce, les séquestrées étaient dans l'incapacité de produire immédiatement un titre, au sens de l' art. 254 al. 1 CPC ; elles se sont contentées, lors de l'audience du 4 juillet 2011, de formuler une requête tendant à pouvoir produire une expertise privée à réaliser dans les cinq jours. Le grief des recourantes, qui reprochent à la cour cantonale d'avoir refusé d'administrer ce moyen de preuve, doit donc être rejeté, par substitution des motifs qui précèdent.
4.4 art. 254 al. 1 CPC Dans la mesure où la requête tendant à l'administration d'une expertise encore à réaliser n'est pas admissible en vertu de l' art. 254 al. 1 CPC, il ne saurait y avoir violation du principe de l'égalité de BGE 138 III 636 S. 640 traitement garantie par l' art. 8 Cst. Par ailleurs, faute de grief, le Tribunal fédéral n'a pas à examiner si les recourantes ont été privées de la possibilité de produire en temps utile une expertise privée en raison du fait que les documents litigieux n'ont été présentés en originaux que 30 minutes avant le début de l'audience (cf. consid. 2 non publié; art. 106 al. 2 LTF ). art. 254 al. 1 CPC BGE 138 III 636 S. 640
art. 8 Cst. art. 106 al. 2 LTF
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Urteilskopf
96. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. S.-Stiftung gegen X. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_82/2012 vom 29. August 2012
Regeste Art. 28 ZGB ; Ehrverletzung durch ein gemischtes Werturteil. Wer die öffentlich gehaltene Rede, die sich ohne weitere Wertung gegen die Verbreitung des Islam in der Schweiz richtet, auf seiner im Internet frei zugänglichen Website mit dem Ausdruck "Verbaler Rassismus" kommentiert, verletzt die Ehre des Redners durch ein gemischtes Werturteil, an dessen Verbreitung kein Interesse besteht (E. 3 und 4).
Regeste
Art. 28 ZGB ; Ehrverletzung durch ein gemischtes Werturteil. Wer die öffentlich gehaltene Rede, die sich ohne weitere Wertung gegen die Verbreitung des Islam in der Schweiz richtet, auf seiner im Internet frei zugänglichen Website mit dem Ausdruck "Verbaler Rassismus" kommentiert, verletzt die Ehre des Redners durch ein gemischtes Werturteil, an dessen Verbreitung kein Interesse besteht (E. 3 und 4).
Art. 28 ZGB Wer die öffentlich gehaltene Rede, die sich ohne weitere Wertung gegen die Verbreitung des Islam in der Schweiz richtet, auf seiner im Internet frei zugänglichen Website mit dem Ausdruck "Verbaler Rassismus" kommentiert, verletzt die Ehre des Redners durch ein gemischtes Werturteil, an dessen Verbreitung kein Interesse besteht (E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 641
Sachverhalt ab Seite 641 BGE 138 III 641 S. 641
BGE 138 III 641 S. 641
Am 5. November 2009 führte die Junge SVP Thurgau in Frauenfeld eine Kundgebung für die Volksinitiative "Gegen den Bau von Minaretten" durch. Über die Kundgebung besteht auf der Website der S.-Stiftung (fortan: Stiftung) ein Eintrag mit folgendem Wortlaut: BGE 138 III 641 S. 642
BGE 138 III 641 S. 642
Frauenfeld TG, 5. November 2009
Nur rund 20 Personen beteiligen sich an einer Junge SVP-Kundgebung für ein Minarettverbot. Gemäss dem Veranstaltungsbericht betont X., Präsident der JSVP Thurgau, dass es an der Zeit sei, der Ausbreitung des Islams Einhalt zu gebieten. Und weiter fügt er an: Die Schweizer Leitkultur, welcher das Christentum zugrunde liege, dürfe sich nicht von anderen Kulturen verdrängen lassen. Ein symbolisches Zeichen wie das Minarettverbot sei daher ein Ausdruck für den Erhalt der eigenen Identität.
Der Eintrag "Frauenfeld TG, 5. November 2009" findet sich unter dem Tatbestand "Verbaler Rassismus". Neben der Liste mit Tatbeständen sind die Ereignisse auch nach Monaten geordnet. Unter "November 09 (21)" ist der Eintrag "Frauenfeld TG, 5. November 2009" an vierter Stelle verzeichnet mit der Anmerkung "Verbaler Rassismus" in Klammern.
X. erhob gegen die Stiftung eine Klage wegen Verletzung seiner Persönlichkeit durch den unter "Verbaler Rassismus" veröffentlichten Eintrag "Frauenfeld TG, 5. November 2009". Das Obergericht schützte die Klage und erliess gegen die Stiftung das Verbot, den Eintrag unter der Überschrift "Frauenfeld TG, 5. November 2009" über X. weiter auf ihrer Internetseite sowie in ihren anderen Publikationsmitteln unter dem Titel oder in der Rubrik "Verbaler Rassismus" zu publizieren.
Die Stiftung (Beschwerdeführerin) beantragt dem Bundesgericht, die Klage abzuweisen. X. (Beschwerdegegner) schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
3. Das Einordnen und Kommentieren der Äusserungen einer Person als "Verbaler Rassismus" verletzt die betreffende Person in ihrer Ehre. Nicht nur vor dem Hintergrund des Straftatbestandes der Rassendiskriminierung ( Art. 261 bis StGB ), sondern ganz allgemein ist die fragliche Bezeichnung nach Massgabe des Durchschnittslesers geeignet, die Person, deren Äusserungen als "Verbaler Rassismus" eingeordnet und kommentiert werden, im Ansehen der Mitmenschen empfindlich herabzusetzen, wird ihr doch ein sozial missbilligtes Verhalten in Gestalt von rechtsstaatlich zumindest bedenklichem Handeln vorgeworfen (vgl. BGE 127 III 481 E. 2b/aa S. 487; BGE 129 III 49 E. 2.2 S. 51 und 715 E. 4.1 S. 722). Die Beschwerdeführerin hat die Rede, die der BGE 138 III 641 S. 643 Beschwerdegegner an der öffentlichen Kundgebung vom 5. November 2009 gehalten hat, auf ihrer im Internet frei zugänglichen Website unter der Rubrik "Verbaler Rassismus" eingeordnet und mit dem Begriff "Verbaler Rassismus" kommentiert. Sie hat damit die Ehre des Beschwerdegegners als Teil seiner Persönlichkeit im Sinne von Art. 28 Abs. 1 ZGB verletzt. Die Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist ( Art. 28 Abs. 2 ZGB ).
3. Art. 261 bis StGB BGE 138 III 641 S. 643
Art. 28 Abs. 1 ZGB Art. 28 Abs. 2 ZGB 4. Hauptstreitpunkt ist, ob sich die Beschwerdeführerin für ihre - wie sie es bezeichnet - Glossierung der Äusserungen des Beschwerdegegners als "Verbaler Rassismus" auf ein überwiegendes Interesse berufen kann.
4. 4.1 Die Rechtsprechung zu Presseäusserungen, auf die sich die Beschwerdeführerin beruft, unterscheidet zwischen der Mitteilung von Tatsachen einerseits und deren Würdigung andererseits und kann fallbezogen wie folgt zusammengefasst werden:
4.1 4.1.1 Die Verbreitung wahrer Tatsachen ist grundsätzlich durch den Informationsauftrag der Presse gedeckt, es sei denn, es handle sich um Tatsachen aus dem Geheim- oder Privatbereich oder die betroffene Person werde in unzulässiger Weise herabgesetzt, weil die Form der Darstellung unnötig verletzt (vgl. BGE 126 III 305 E. 4b/aa S. 306; BGE 132 III 641 E. 3.2 S. 645). Allerdings ist der Informationsauftrag der Presse kein absoluter Rechtfertigungsgrund und eine Interessenabwägung im Einzelfall unentbehrlich. Eine Rechtfertigung dürfte regelmässig gegeben sein, wenn die berichtete wahre Tatsache einen Zusammenhang mit der öffentlichen Tätigkeit oder Funktion der betreffenden Person hat (vgl. BGE 126 III 209 E. 3a S. 212 und E. 4 S. 215 f.; BGE 127 III 481 E. 2c/aa S. 488 f.).
4.1.1 4.1.2 Die Veröffentlichung unwahrer Tatsachen ist demgegenüber an sich widerrechtlich. An der Verbreitung von Unwahrheiten kann nur in seltenen, speziell gelagerten Ausnahmefällen ein hinreichendes Interesse bestehen. Indessen lässt noch nicht jede journalistische Unkorrektheit, Ungenauigkeit, Verallgemeinerung oder Verkürzung eine Berichterstattung insgesamt als unwahr erscheinen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erscheint eine in diesem Sinne unzutreffende Presseäusserung nur dann als insgesamt unwahr und persönlichkeitsverletzend, wenn sie in wesentlichen Punkten nicht zutrifft und die betroffene Person dergestalt in einem falschen Licht zeigt BGE 138 III 641 S. 644 bzw. ein spürbar verfälschtes Bild von ihr zeichnet, das sie im Ansehen der Mitmenschen - verglichen mit dem tatsächlich gegebenen Sachverhalt - empfindlich herabsetzt (vgl. BGE 126 III 305 E. 4b/aa S. 307 f.; BGE 129 III 49 E. 2.2 S. 51 f.).
4.1.2 BGE 138 III 641 S. 644
4.1.3 Meinungsäusserungen, Kommentare und Werturteile sind zulässig, sofern sie aufgrund des Sachverhalts, auf den sie sich beziehen, als vertretbar erscheinen. Sie sind einer Wahrheitsprüfung nicht zugänglich. Soweit sie allerdings zugleich auch Tatsachenbehauptungen darstellen, wie es z.B. in einem sog. gemischten Werturteil der Fall ist, gelten für den Sachbehauptungskern der Aussage die gleichen Grundsätze wie für Tatsachenbehauptungen. Zudem können Werturteile und persönliche Meinungsäusserungen - selbst wenn sie auf einer wahren Tatsachenbehauptung beruhen - ehrverletzend sein, sofern sie von der Form her eine unnötige Herabsetzung bedeuten. Da die Veröffentlichung einer Wertung unter die Meinungsäusserungsfreiheit fällt, ist diesbezüglich aber eine gewisse Zurückhaltung am Platz, wenn für das Publikum erkennbar ist, auf welche Fakten sich das Werturteil stützt. Eine pointierte Meinung ist hinzunehmen. Ehrverletzend ist eine Wertung nur, wenn sie den Rahmen des Haltbaren sprengt bzw. auf einen tatsächlich nicht gegebenen Sachverhalt schliessen lässt oder der betroffenen Person jede Menschen- oder Personenehre streitig macht (vgl. BGE 126 III 305 E. 4b/bb S. 308; BGE 127 III 481 E. 2c/cc S. 491).
4.1.3 4.2 Die Beschwerdeführerin hat die Äusserungen des Beschwerdegegners der Rubrik "Verbaler Rassismus" zugeordnet und mit dem Begriff "Verbaler Rassismus" kommentiert. Es handelt sich dabei um ein gemischtes Werturteil. Es enthält einen Sachbehauptungskern und gleichzeitig eine Wertung. Um den Sachbehauptungskern zu ergründen, muss geprüft werden, ob die Äusserungen des Beschwerdegegners rassistisch waren.
4.2 4.3 BGE 138 III 641 S. 645
4.4 Die Äusserungen, welche die Beschwerdeführerin zur beanstandeten Schlussfolgerung "verbaler Rassismus" führten, lauten in den Kernsätzen dahin gehend, "dass es an der Zeit ist, der Ausbreitung des Islams Einhalt zu gebieten. [...] Die Schweizer Leitkultur, welcher das Christentum zugrunde liegt, dürfe sich nicht von anderen Kulturen verdrängen lassen. Ein symbolisches Zeichen wie das Minarettverbot sei daher ein Ausdruck für den Erhalt der eigenen Identität".
4.4 4.4.1 In seiner öffentlichen Rede hat sich der Beschwerdegegner für das Minarettverbot ausgesprochen, das sich nach Auffassung des Obergerichts mit der Religionsfreiheit und dem Diskriminierungsverbot wohl nicht vereinbaren lasse. Er hat dabei das Eigene ("Christentum") dem Fremden ("Islam") gegenübergestellt, von diesem abgegrenzt ("Einhalt zu gebieten", "Erhalt der eigenen Identität") und das Eigene als schutz- und verteidigungswürdig bezeichnet ("Schweizer Leitkultur", "nicht verdrängen lassen"). Daraus ergibt sich für den Durchschnittsadressaten weder eine pauschale Herabsetzung der Angehörigen des Islam noch eine grundsätzliche Geringschätzung von Muslimen.
4.4.1 4.4.2 Insgesamt kann nicht gesagt werden, die Äusserungen des Beschwerdegegners, wie sie vom Durchschnittsadressaten verstanden werden, seien "verbal rassistisch". Der Sachbehauptungskern trifft daher nicht zu und die Bewertung ist nicht vertretbar. Sie zeigt den Beschwerdegegner in einem falschen Licht. Das persönlichkeitsverletzende gemischte Werturteil kann deshalb durch kein überwiegendes Interesse im Sinne von Art. 28 Abs. 2 ZGB gerechtfertigt werden.
4.4.2 Art. 28 Abs. 2 ZGB 4.4.3 An der Beurteilung ändert nichts, dass im überwiegenden Informationsinteresse der Öffentlichkeit ein erhöhtes Mass an Publizität und einen herabgesetzten Persönlichkeitsschutz in Kauf nehmen BGE 138 III 641 S. 646 muss, wer sich in einer politischen Auseinandersetzung exponiert, wie das der Beschwerdegegner im Abstimmungskampf um die Minarettinitiative getan hat (vgl. BGE 105 II 161 E. 3b S. 165; BGE 107 II 1 E. 3b S. 5). Der besondere Rahmen gestattet zwar die Beurteilung von Ehrverletzungen nach einem etwas anderen Massstab, vermag aber weder die Verbreitung von wahrheitswidrigen Tatsachen noch die Veröffentlichung von Werturteilen zu rechtfertigen, die mit Rücksicht auf den ihnen zugrunde liegenden Sachverhalt nicht als vertretbar erscheinen.
4.4.3 BGE 138 III 641 S. 646
4.5 Aus den dargelegten Gründen kann die obergerichtliche Verneinung eines Rechtfertigungsgrundes im Sinne von Art. 28 Abs. 2 ZGB nicht beanstandet werden. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, inwieweit sich die Beschwerdeführerin auf einen der Presse vergleichbaren Informationsauftrag berufen kann, wie sie das geltend gemacht hat.
4.5 Art. 28 Abs. 2 ZGB
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Urteilskopf 138 III 646 97. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause dame X. contre X. (recours en matière civile) 5A_324/2012 du 15 août 2012 Regeste Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen dem Eheschutzgericht und dem Massnahmengericht; Präzisierung der Rechtsprechung. Die vom Eheschutzgericht angeordneten Massnahmen dauern so lange fort, bis sie das Massnahmengericht abändert. Sofern kein Zuständigkeitskonflikt besteht, kann der Entscheid des Eheschutzgerichts sogar ergehen, nachdem die Scheidung rechtshängig gemacht wurde (E. 3). Sachverhalt ab Seite 647 BGE 138 III 646 S. 647 A. Dame X., née en 1959, et X., né en 1966, se sont mariés le 20 août 1999 devant l'officier de l'état civil de Thalwil (ZH). Statuant sur mesures protectrices de l'union conjugale le 20 juillet 2009, le Tribunal de district de Wollerau (SZ) a notamment condamné l'époux au paiement d'une contribution d'entretien mensuelle de 11'200 fr. en faveur de son épouse. Le 4 juin 2009, soit antérieurement au prononcé des mesures protectrices de l'union conjugale, X. a déposé une demande en divorce devant le Tribunal civil de l'arrondissement de La Côte. Par requête de mesures provisionnelles déposée le 11 janvier 2011 devant la Présidente du Tribunal civil de l'arrondissement de La Côte, dame X. a notamment conclu à ce que son mari soit condamné à contribuer à son entretien à raison d'une pension de 13'300 fr. par mois, dès et y compris le 1 er juillet 2009. Le 31 janvier 2011, le mari a déposé des déterminations ainsi qu'une requête de mesures provisionnelles, concluant, avec suite de frais et dépens, au rejet des conclusions de la requête de mesures provisionnelles déposée par son épouse et à la libération du paiement de toute contribution d'entretien en faveur de celle-ci à compter du 1 er janvier 2010. Par ordonnance de mesures provisionnelles du 8 novembre 2011, la Présidente du Tribunal d'arrondissement a, entre autres, rejeté les requêtes de mesures provisionnelles des deux parties. Statuant le 6 février 2012 sur appel de chacun des époux, le Juge délégué de la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud les a rejetés, confirmant ainsi l'ordonnance du 8 novembre 2011. B. Saisi d'un recours en matière civile de l'épouse, le Tribunal fédéral l'a rejeté en date du 15 août 2012. (résumé) Erwägungen BGE 138 III 646 S. 648 Extrait des considérants: 3. 3.1 La recourante sollicite avant tout une interprétation de l'arrêt 5A_139/2010, rendu le 13 juillet 2010 par la Cour de céans, estimant que cette jurisprudence créerait une confusion dans la répartition des compétences du juge des mesures protectrices et de celui du divorce. Soutenant que, dans l'hypothèse où le Tribunal fédéral devait considérer, au regard de ce dernier arrêt, que les mesures protectrices ordonnées par les tribunaux du canton de Schwyz ne perdureraient pas au-delà de l'ouverture de l'action en divorce formée le 4 juillet 2009, la recourante affirme que la décision entreprise devrait alors être réformée en ce sens qu'une contribution d'entretien lui soit accordée par voie de mesures provisionnelles avec effet rétroactif au jour du dépôt de la demande en divorce. 3.2 Le magistrat cantonal a jugé à cet égard que la jurisprudence invoquée par la recourante ne remettait pas en cause la jurisprudence constante du Tribunal fédéral selon laquelle, lorsque la compétence du juge des mesures protectrices de l'union conjugale a été fondée avant l'introduction de l'action en divorce, mais que la décision ne peut être rendue qu'après l'ouverture de l'action, les mesures protectrices de l'union conjugale restent en vigueur tant qu'elles n'ont pas été révoquées ou modifiées par le juge des mesures provisoires ( ATF 129 III 60 consid. 3; ATF 101 II 1 ). Dès lors que les conditions d'une modification des mesures protectrices n'étaient pas réalisées en l'espèce, la décision de mesures protectrices rendue le 20 juillet 2009 demeurait en vigueur, l'époux étant contraint de verser à la recourante une contribution mensuelle d'un montant de 11'200 fr. 3.3 3.3.1 La recourante dispose d'un intérêt à ce que la question soit clarifiée dès lors que, si la solution développée par le juge cantonal vaudois n'est pas suivie et que l'on s'en tient à l'arrêt 5A_139/2010, l'épouse aurait droit à sa pension de 11'200 fr. jusqu'au 4 juin 2009 seulement, date de l'ouverture de l'action en divorce. L'intimé pourrait ainsi prétendre ne pas avoir d'obligation de verser une contribution d'entretien au-delà de cette dernière date. 3.3.2 Dans l' ATF 129 III 60, le Tribunal de céans a délimité les compétences respectives du juge des mesures protectrices et de celui des mesures provisionnelles lorsque l'action en divorce est introduite. Il BGE 138 III 646 S. 649 a tout d'abord rappelé les principes déjà dégagés par la jurisprudence et toujours applicables: le juge des mesures protectrices est compétent pour la période antérieure à la litispendance de l'action en divorce, tandis que le juge des mesures provisionnelles l'est dès ce moment précis; les mesures protectrices ordonnées avant la litispendance continuent toutefois de déployer leurs effets tant que le juge des mesures provisionnelles ne les a pas modifiées (consid. 2). Dans cet arrêt de principe, le Tribunal fédéral a ensuite tranché la question du sort de la procédure de mesures protectrices lorsque le juge des mesures provisionnelles est saisi: la procédure de mesures protectrices ne devient pas sans objet, le juge des mesures protectrices demeurant en effet compétent pour la période antérieure à la litispendance, et ce, même s'il ne rend sa décision que postérieurement (consid. 3). Dans l'arrêt 5A_139/2010, le Tribunal fédéral a considéré qu'il n'était pas arbitraire d'admettre l'incompétence du juge saisi d'une requête de modification des mesures protectrices introduite quelques jours seulement avant l'ouverture de l'action en divorce, la recourante n'ayant effectivement pas d'intérêt à obtenir une modification pour une durée de quelques jours (consid. 2.5). Le résumé de l' ATF 129 III 60 figurant au consid. 2.3 est cependant erroné. En vertu de la jurisprudence publiée aux ATF, la décision de mesures protectrices déploie ses effets - au-delà de la litispendance - jusqu'à ce que le juge des mesures provisionnelles l'ait modifiée ( ATF 101 II 1 p. 3 cité dans l' ATF 129 III 60 consid. 2); s'il n'y a pas de conflit de compétences, il importe peu que, en raison du temps nécessaire au traitement du dossier par le tribunal, la décision de mesures protectrices ait ainsi été rendue avant ou après la litispendance de l'action en divorce. Dès lors que, sous réserve du sort du présent recours examiné ci-après, le juge des mesures provisionnelles a rejeté les requêtes présentées par les époux, la contribution due par l'intimé à la recourante demeure régie par la décision de mesures protectrices de l'union conjugale du 20 juillet 2009, dite décision le condamnant à verser 11'200 fr. à l'intéressée.
Urteilskopf
97. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause dame X. contre X. (recours en matière civile)
5A_324/2012 du 15 août 2012
Regeste Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen dem Eheschutzgericht und dem Massnahmengericht; Präzisierung der Rechtsprechung. Die vom Eheschutzgericht angeordneten Massnahmen dauern so lange fort, bis sie das Massnahmengericht abändert. Sofern kein Zuständigkeitskonflikt besteht, kann der Entscheid des Eheschutzgerichts sogar ergehen, nachdem die Scheidung rechtshängig gemacht wurde (E. 3).
Regeste
Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen dem Eheschutzgericht und dem Massnahmengericht; Präzisierung der Rechtsprechung. Die vom Eheschutzgericht angeordneten Massnahmen dauern so lange fort, bis sie das Massnahmengericht abändert. Sofern kein Zuständigkeitskonflikt besteht, kann der Entscheid des Eheschutzgerichts sogar ergehen, nachdem die Scheidung rechtshängig gemacht wurde (E. 3).
Die vom Eheschutzgericht angeordneten Massnahmen dauern so lange fort, bis sie das Massnahmengericht abändert. Sofern kein Zuständigkeitskonflikt besteht, kann der Entscheid des Eheschutzgerichts sogar ergehen, nachdem die Scheidung rechtshängig gemacht wurde (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 647
Sachverhalt ab Seite 647 BGE 138 III 646 S. 647
BGE 138 III 646 S. 647
A. Dame X., née en 1959, et X., né en 1966, se sont mariés le 20 août 1999 devant l'officier de l'état civil de Thalwil (ZH).
A. Statuant sur mesures protectrices de l'union conjugale le 20 juillet 2009, le Tribunal de district de Wollerau (SZ) a notamment condamné l'époux au paiement d'une contribution d'entretien mensuelle de 11'200 fr. en faveur de son épouse.
Le 4 juin 2009, soit antérieurement au prononcé des mesures protectrices de l'union conjugale, X. a déposé une demande en divorce devant le Tribunal civil de l'arrondissement de La Côte.
Par requête de mesures provisionnelles déposée le 11 janvier 2011 devant la Présidente du Tribunal civil de l'arrondissement de La Côte, dame X. a notamment conclu à ce que son mari soit condamné à contribuer à son entretien à raison d'une pension de 13'300 fr. par mois, dès et y compris le 1 er juillet 2009.
Le 31 janvier 2011, le mari a déposé des déterminations ainsi qu'une requête de mesures provisionnelles, concluant, avec suite de frais et dépens, au rejet des conclusions de la requête de mesures provisionnelles déposée par son épouse et à la libération du paiement de toute contribution d'entretien en faveur de celle-ci à compter du 1 er janvier 2010.
Par ordonnance de mesures provisionnelles du 8 novembre 2011, la Présidente du Tribunal d'arrondissement a, entre autres, rejeté les requêtes de mesures provisionnelles des deux parties.
Statuant le 6 février 2012 sur appel de chacun des époux, le Juge délégué de la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud les a rejetés, confirmant ainsi l'ordonnance du 8 novembre 2011.
B. Saisi d'un recours en matière civile de l'épouse, le Tribunal fédéral l'a rejeté en date du 15 août 2012.
B. (résumé)
Erwägungen
Erwägungen BGE 138 III 646 S. 648 Extrait des considérants:
BGE 138 III 646 S. 648
3.
3. 3.1 La recourante sollicite avant tout une interprétation de l'arrêt 5A_139/2010, rendu le 13 juillet 2010 par la Cour de céans, estimant que cette jurisprudence créerait une confusion dans la répartition des compétences du juge des mesures protectrices et de celui du divorce. Soutenant que, dans l'hypothèse où le Tribunal fédéral devait considérer, au regard de ce dernier arrêt, que les mesures protectrices ordonnées par les tribunaux du canton de Schwyz ne perdureraient pas au-delà de l'ouverture de l'action en divorce formée le 4 juillet 2009, la recourante affirme que la décision entreprise devrait alors être réformée en ce sens qu'une contribution d'entretien lui soit accordée par voie de mesures provisionnelles avec effet rétroactif au jour du dépôt de la demande en divorce.
3.1 3.2 Le magistrat cantonal a jugé à cet égard que la jurisprudence invoquée par la recourante ne remettait pas en cause la jurisprudence constante du Tribunal fédéral selon laquelle, lorsque la compétence du juge des mesures protectrices de l'union conjugale a été fondée avant l'introduction de l'action en divorce, mais que la décision ne peut être rendue qu'après l'ouverture de l'action, les mesures protectrices de l'union conjugale restent en vigueur tant qu'elles n'ont pas été révoquées ou modifiées par le juge des mesures provisoires ( ATF 129 III 60 consid. 3; ATF 101 II 1 ). Dès lors que les conditions d'une modification des mesures protectrices n'étaient pas réalisées en l'espèce, la décision de mesures protectrices rendue le 20 juillet 2009 demeurait en vigueur, l'époux étant contraint de verser à la recourante une contribution mensuelle d'un montant de 11'200 fr.
3.2 3.3
3.3 3.3.1 La recourante dispose d'un intérêt à ce que la question soit clarifiée dès lors que, si la solution développée par le juge cantonal vaudois n'est pas suivie et que l'on s'en tient à l'arrêt 5A_139/2010, l'épouse aurait droit à sa pension de 11'200 fr. jusqu'au 4 juin 2009 seulement, date de l'ouverture de l'action en divorce. L'intimé pourrait ainsi prétendre ne pas avoir d'obligation de verser une contribution d'entretien au-delà de cette dernière date.
3.3.1 3.3.2 Dans l' ATF 129 III 60, le Tribunal de céans a délimité les compétences respectives du juge des mesures protectrices et de celui des mesures provisionnelles lorsque l'action en divorce est introduite. Il BGE 138 III 646 S. 649 a tout d'abord rappelé les principes déjà dégagés par la jurisprudence et toujours applicables: le juge des mesures protectrices est compétent pour la période antérieure à la litispendance de l'action en divorce, tandis que le juge des mesures provisionnelles l'est dès ce moment précis; les mesures protectrices ordonnées avant la litispendance continuent toutefois de déployer leurs effets tant que le juge des mesures provisionnelles ne les a pas modifiées (consid. 2). Dans cet arrêt de principe, le Tribunal fédéral a ensuite tranché la question du sort de la procédure de mesures protectrices lorsque le juge des mesures provisionnelles est saisi: la procédure de mesures protectrices ne devient pas sans objet, le juge des mesures protectrices demeurant en effet compétent pour la période antérieure à la litispendance, et ce, même s'il ne rend sa décision que postérieurement (consid. 3).
3.3.2 BGE 138 III 646 S. 649
Dans l'arrêt 5A_139/2010, le Tribunal fédéral a considéré qu'il n'était pas arbitraire d'admettre l'incompétence du juge saisi d'une requête de modification des mesures protectrices introduite quelques jours seulement avant l'ouverture de l'action en divorce, la recourante n'ayant effectivement pas d'intérêt à obtenir une modification pour une durée de quelques jours (consid. 2.5). Le résumé de l' ATF 129 III 60 figurant au consid. 2.3 est cependant erroné. En vertu de la jurisprudence publiée aux ATF, la décision de mesures protectrices déploie ses effets - au-delà de la litispendance - jusqu'à ce que le juge des mesures provisionnelles l'ait modifiée ( ATF 101 II 1 p. 3 cité dans l' ATF 129 III 60 consid. 2); s'il n'y a pas de conflit de compétences, il importe peu que, en raison du temps nécessaire au traitement du dossier par le tribunal, la décision de mesures protectrices ait ainsi été rendue avant ou après la litispendance de l'action en divorce.
Dès lors que, sous réserve du sort du présent recours examiné ci-après, le juge des mesures provisionnelles a rejeté les requêtes présentées par les époux, la contribution due par l'intimé à la recourante demeure régie par la décision de mesures protectrices de l'union conjugale du 20 juillet 2009, dite décision le condamnant à verser 11'200 fr. à l'intéressée.
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Urteilskopf 138 III 650 98. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A./B. und C./D. gegen E./F. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_245/2012 vom 13. September 2012 Regeste Art. 674 und 738 ZGB ; Überbaurecht; Inhalt und Umfang. Das Überbaurecht für zwei Wohngeschosse und für das Dach umfasst mangels Regelung im Dienstbarkeitsvertrag auch die Dachgestaltung, aber nicht die Veränderung des Daches zwecks Aufstockung des Hauses oder die Erstellung von Aufbauten, die in keinem funktionellen Zusammenhang mit dem Dach stehen. Fall einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach (E. 3-6). Sachverhalt ab Seite 650 BGE 138 III 650 S. 650 Die an einem Hang gelegenen Grundstücke Nr. 4489, 4490 und 4305 sind mit einem Terrassenhaus überbaut, das in drei aneinandergebaute Häuser unterteilt ist. Da die Häuser bzw. die jeweiligen Wohngeschosse und das Dach die Grenzen der einzelnen Grundstücke überragen, errichtete der damalige Eigentümer und spätere Verkäufer ein Überbaurecht. Die Dienstbarkeit wurde als "Überbaurecht lt. Plan" im Grundbuch eingetragen. Die drei Häuser stehen heute je im hälftigen Miteigentum der Ehegatten E./F. (oberes Haus; 3. und 4. Wohngeschoss; Grundstück Nr. 4489), der Ehegatten A./B. (mittleres Haus; BGE 138 III 650 S. 651 2. Wohngeschoss; Grundstück Nr. 4490) und der Ehegatten C./D. (unteres Haus; 1. Wohngeschoss; Grundstück Nr. 4305). Im Jahre 2009 erstellten die Ehegatten E./F. auf dem in die Nachbargrundstücke hinüberragenden Dach eine Fotovoltaikanlage. Die Ehegatten A./B. und C./D. (Beschwerdeführer) reichten eine Klage ein mit dem Hauptbegehren, die Ehegatten E./F. (Beschwerdegegner) seien zu verpflichten, die Fotovoltaikanlage zu entfernen, soweit sie die Grundstücke Nr. 4490 und 4305 tangiere. Das Amtsgericht und auf Appellation der Beschwerdeführer hin das Obergericht wiesen die Klage ab. Die Beschwerdeführer erneuern vor Bundesgericht ihr Klagebegehren. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Die rechtliche und tatsächliche Ausgangslage zeigt sich fallbezogen wie folgt: 3.1 Mit der Marginalie "Überragende Bauten" sieht Art. 674 ZGB vor, dass Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstück auf ein anderes überragen, Bestandteil des Grundstückes verbleiben, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat (Abs. 1), und dass das Recht auf den Überbau als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden kann (Abs. 2). Hat der Überbauende ein Recht auf den Überbau als Dienstbarkeit, kommen ihm somit zwei dingliche Rechtspositionen zu: Das Eigentum an den überragenden Bauten und die Dienstbarkeitsberechtigung, die überragenden Bauten in die Eigentumssphäre des Nachbarn hinüberreichen zu lassen (vgl. TUOR/SCHNYDER/SCHMID, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 13. Aufl. 2009, § 100 N. 25 S. 943; STEINAUER, Les droits réels, Bd. II, 4. Aufl. 2012, S. 137 N. 1649). 3.2 Die Beschwerdegegner und die Beschwerdeführer sind Eigentümer von Terrassenhäusern mit überragenden Bauten. Die Beschwerdegegner als Eigentümer des am Abhang zuoberst gelegenen Grundstücks Nr. 4489 haben ein Überbaurecht (Grunddienstbarkeit) zulasten der hangabwärts anschliessenden Grundstücke Nr. 4490 und 4305 der Beschwerdeführer. Sie sind somit Eigentümer der überragenden Bauten und aus der Grunddienstbarkeit berechtigt, die auf die Grundstücke der Beschwerdeführer überragenden Bauten beizubehalten. BGE 138 III 650 S. 652 Zu den überragenden Bauten gehört nebst Teilen der Wohngeschosse auch ein Teil des Daches, auf dem die Beschwerdegegner eine Fotovoltaikanlage erstellt haben. 3.3 Die Rechte aus dem Eigentum und aus der Grunddienstbarkeit können sich decken, müssen es aber nicht, wenn und soweit vorab im Dienstbarkeitsvertrag das Recht bzw. die ihm entsprechende Duldungspflicht näher bestimmt wird (z.B. durch die Beschränkung der Ausübung auf einen Teil des belasteten Grundstücks oder durch die Verpflichtung, eine bestimmte Art von Bauwerk zu erstellen und bestehen zu lassen). Um diese Frage dreht sich der vorliegende Rechtsstreit. Dass die Beschwerdegegner als Eigentümer des überragenden Daches eine Fotovoltaikanlage erstellen dürfen, steht ausser Diskussion. Streitig ist hingegen, ob die Beschwerdeführer aufgrund der Grunddienstbarkeit verpflichtet sind, nicht nur das auf ihr Grundstück überragende Dach, sondern seit 2009 ein auf ihr Grundstück überragendes Dach mit einer Fotovoltaikanlage zu dulden. 4. Die Beschwerdeführer machen geltend, anders als das Dach selber falle die Fotovoltaikanlage nicht unter den Begriff "Bauten und andere Vorrichtungen" im Sinne von Art. 674 ZGB. Mit diesem bereits im Appellationsverfahren erhobenen Einwand habe sich das Obergericht nicht auseinandergesetzt. 4.1 Das Obergericht hat festgehalten, die Beschwerdeführer wendeten ein, der streitige Aufbau (Fotovoltaikanlage) sei ohne Weiteres abmontierbar und könne daher gar nicht Gegenstand eines Überbaurechts sein. Es hat diesen Einwand vorab geprüft und dafürgehalten, die Sicht sei abzulehnen. Wenn ein Dach Gegenstand eines Überbaurechts sein könne (was ausser Frage stehe), so umfasse dieses Recht sämtliche Teile des Daches, also auch jene, die sich ohne Mühe entfernen liessen, wie zum Beispiel die Ziegel. Die beantragten Beweise zum Thema, ob die streitige Anlage ohne Weiteres demontierbar sei, seien demnach nicht abzunehmen. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführer ist das Obergericht auf ihren Einwand eingegangen. Es hat ausgeführt, weshalb es die Auffassung nicht teilt. Die Begründung genügt verfassungsmässigen Anforderungen ( Art. 29 Abs. 2 BV ; vgl. BGE 133 III 439 E. 3.3 S. 445; BGE 135 III 513 E. 3.6.5 S. 520 und 670 E. 3.3.1 S. 677). 4.2 In der Sache wenden die Beschwerdeführer ein, Gegenstand des vereinbarten Überbaurechts sei das Dach, aber nicht die Fotovoltaikanlage als zusätzliche Dachaufbaumontage, die im Gegensatz zu BGE 138 III 650 S. 653 Ziegeln weder eine Dachfunktion habe noch eine konstruktive Einheit mit dem Dach bilde. Das Obergericht selber gehe davon aus, dass die Fotovoltaikanlage kein "Bestandteil des Grundstückes" im Sinne von Art. 674 ZGB sein könne. Es trifft zu, dass das Obergericht angenommen hat, eine Vorrichtung - wie die fragliche Solaranlage - stelle objektiv keinen notwendigen Bestandteil des Daches dar. Das Obergericht hat sich dabei offenbar an die deutsche Lehre zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks oder Gebäudes angelehnt (vgl. STRESEMANN, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6. Aufl. 2012, N. 32 zu § 94 BGB bei/in Anm. 127 mit Hinweis auf CHRISTOPH REYMANN, Fotovoltaikdienstbarkeiten bei Anlagen auf fremden Grundstücken, Deutsche Notar-Zeitschrift [DNotZ] 2010 Heft 2 S. 84 ff., 96). 4.3 Gleichwohl erweist sich der Einwand der Beschwerdeführer als unbegründet. Denn den Beschwerdegegnern steht unstreitig ein dingliches Recht am Überbau zu. Dessen Gegenstand sind gemäss der im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit die in die belasteten Grundstücke hineinragenden Teile des Daches und der Wohngeschosse. Wie das Dach aber im Einzelnen gestaltet ist (z.B. mit Dachkäneln, Antennen, Schneereitern, Kaminaufsätzen usw.), beantwortet nicht der Begriff "Bauten oder andere Vorrichtungen". Umfang und Inhalt des Überbaurechts sind vielmehr durch Auslegung der Dienstbarkeit zu bestimmen (vgl. Urteile 5A_661/2008 vom 9. März 2009 E. 3, in: ZBGR 91/2010 S. 162, und 5C.20/2003 vom 18. Juni 2003 E. 1.3, in: ZBGR 85/2004 S. 303 f.). Erst wenn sich ergibt, dass die konkrete Dachgestaltung nicht von der Dienstbarkeit erfasst wird, ist zu prüfen, ob ein eigentlicher Anbau an den Überbau vorliegt, der allenfalls wiederum Art. 674 ZGB unterstünde, oder ob es sich um eine bewegliche Sache am Überbau handelt, auf die Art. 674 ZGB nicht anwendbar ist und die auf Verlangen des Nachbarn zu beseitigen ist, sofern der Nachbar nicht aufgrund eines anderweitigen Rechts zu ihrer Duldung verpflichtet ist (vgl. MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1964, N. 7 und 17 zu Art. 674 ZGB ). 5. Die Auslegung der Grunddienstbarkeit "Überbaurecht lt. Plan" hat die Frage zu beantworten, ob die Beschwerdeführer eine bauliche Änderung an den überragenden Teilen des Daches zu dulden verpflichtet sind, die darin besteht, dass auf einer bestimmten Fläche die Dachziegel durch Solarmodule ersetzt werden (Indachmontage) oder dass an der Ziegeleindeckung mittels Dachsparrenankern BGE 138 III 650 S. 654 Metallschienen und daran wiederum Solarmodule befestigt werden (Aufdachmontage). 5.1 Das Obergericht hat die Auslegung nach Art. 738 ZGB vorgenommen und dafürgehalten, aus dem Eintrag im Grundbuch ergebe sich nichts und der Inhalt der Dienstbarkeit sei nach dem Erwerbsgrund zu bestimmen. Der Auffassung der Beschwerdegegner, das Überbaurecht sei im vertikalen Bereich nicht näher umschrieben und die Gestaltung in diesem Bereich deshalb frei, ist das Obergericht nicht gefolgt. Es hat angenommen, das Überbaurecht betreffe die beiden Wohngeschosse inklusive Dach. Sinn des Überbaurechts sei, dem berechtigten Grundstück das Eigentum an den (überragenden) Wohngeschossen mit Dach einzuräumen. Die Dienstbarkeit ermögliche hingegen keine eigentlichen Ausbauten wie etwa die Errichtung eines zusätzlichen Geschosses. Über die Dachgestaltung könne dem Wortlaut des Dienstbarkeitsvertrages allerdings nichts entnommen werden. Dies sei denn auch in erster Linie Sache des öffentlichen Baurechts. Der Dienstbarkeitsberechtigte sei somit bei der Dachgestaltung im Rahmen der geltenden öffentlich-rechtlichen Bau- und Nutzungsvorschriften sowie im Rahmen der nicht exzessiven Ausübung der Dienstbarkeit frei. Er könne auf dem Dach Vorrichtungen anbringen, die diese Voraussetzungen erfüllten, auch wenn eine Vorrichtung - wie die fragliche Solaranlage - objektiv keinen notwendigen Bestandteil des Daches darstelle. Jede Auslegung habe sich am vernünftigen Resultat zu orientieren, weshalb auch der Zweck der Dienstbarkeit zu berücksichtigen sei. Bei deren Begründung sei nicht an die Fotovoltaik gedacht worden. Selbst wenn der Aufbau einer flachen Solaranlage auf dem Dach der Beschwerdegegner zu einer gewissen Mehrbelastung führen würde, müsste dies von den Berechtigten (recte: Belasteten) geduldet werden. Die Veränderung der Dachgestaltung durch Anbringen einer Solaranlage beinhalte keine Änderung des bisherigen Zwecks der Dienstbarkeit, sondern ergebe sich vielmehr aus der Entwicklung der Technik. Den entsprechenden Ausführungen der Vorinstanz sei deshalb vollumfänglich zuzustimmen. An der verwiesenen Stelle hat das Amtsgericht unter anderem festgestellt, bei der Fotovoltaikanlage handle es sich um flache Solarplatten, die auf dem Dach angebracht worden seien. Die Charakteristik des Daches werde durch die Fotovoltaikanlage nicht entscheidend verändert. Alles in allem sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführer durch die Fotovoltaikanlage keinen beachtenswerten Nachteil erlitten. BGE 138 III 650 S. 655 5.2 Die Beschwerdeführer pflichten der obergerichtlichen Auslegung insoweit bei, als für den Inhalt der Dienstbarkeit der Erwerbsgrund massgebend sei, d.h. die öffentliche Urkunde vom 4. Juni 1986. Deren Wortlaut sei klar und eindeutig. Gesprochen werde ausdrücklich nur vom "Dach", hingegen nicht von zukünftigen, von der Dachfunktion unabhängigen Dachaufbauten wie der Fotovoltaikanlage. Deren Anbringen verletze den Grundsatz der Identität und bedeute eine Änderung des ursprünglichen Zwecks der Dienstbarkeit, der allein darin bestanden habe, die einzelnen Wohneinheiten separat zu veräussern und somit das geplante Bauvorhaben zu realisieren. Weitere Bedürfnisse habe der damalige Grundeigentümer und Veräusserer der Wohneinheiten nicht gehabt, als er das Überbaurecht als Eigentümerdienstbarkeit errichtet habe. Das Obergericht habe denn auch verbindlich festgestellt, dass bei der Begründung der Dienstbarkeit nicht an Fotovoltaik gedacht worden sei. Auch nur ein entferntes Interesse an der Energiegewinnung mit einer auf dem Dach angebrachten Anlage habe im Zeitpunkt der Begründung der Dienstbarkeit nicht bestanden. Neue Technologien, die nicht konkret eine erweiterte Nutzung innerhalb des ursprünglichen Zwecks ermöglichten, müssten unbeachtet bleiben. Die Energiegewinnung durch eine Fotovoltaikanlage sei nicht ursprünglicher und objektiv erkennbarer Zweck der vorliegend streitigen Dienstbarkeit. 5.3 Die Auslegung der als "Überbaurecht lt. Plan" im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit hat nach den Regeln in Art. 738 ZGB zu erfolgen. Massgebend für den Inhalt der Dienstbarkeit ist der Eintrag, soweit sich Rechte und Pflichten daraus deutlich ergeben, und im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist ( Art. 738 Abs. 1 und 2 ZGB ). Der Eintrag "Überbaurecht lt. Plan" sagt nichts zur streitigen Erstellung einer Fotovoltaikanlage. Der Plan umreisst lediglich die Grenzen des Überbaus. Für den Inhalt ist deshalb auf den Erwerbsgrund abzustellen (vgl. BGE 128 III 169 E. 3a S. 172; BGE 137 III 444 E. 3 S. 448 f.). Erwerbsgrund ist die öffentliche Urkunde vom 4. Juni 1986, mit der der damalige Grundeigentümer und spätere Verkäufer das Überbaurecht als Eigentümergrunddienstbarkeit (sog. Eigengrenzüberbau) errichtet hat. Die heutigen Eigentümer der berechtigten und belasteten Grundstücke sind somit nicht die Begründungsparteien. In ihrem Verhältnis muss der Erwerbsgrund so ausgelegt werden, wie er nach seinem Wortlaut und BGE 138 III 650 S. 656 Zusammenhang sowie namentlich aufgrund der Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks und mit Rücksicht auf Sinn und Zweck der Dienstbarkeit verstanden werden durfte und musste (vgl. BGE 128 III 265 E. 3a S. 267; BGE 131 III 345 E. 1.2 S. 347). Der Zweck der Dienstbarkeit im Besonderen ist nach den gleichen Grundsätzen zu ermitteln. Soweit er sich nicht aus dem Eintrag im Grundbuch ergibt, gilt im Verhältnis zu Dritten der Zweck als massgebend, der aus dem Dienstbarkeitsvertrag selber hervorgeht oder objektiv erkennbar ist. Kann davon nicht ausgegangen werden, ist zur Bestimmung des Zwecks danach zu fragen, welche Interessen bei objektiver Betrachtung zur Zeit der Errichtung aufgrund der Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks vernünftigerweise von Bedeutung sein konnten (vgl. BGE 130 III 554 E. 3.1 S. 557 und E. 3.2 S. 559; Urteil 5A_264/2009 vom 4. Juni 2009 E. 2.2, in: ZBGR 91/2010 S. 170). 6. Die Auslegung des Erwerbsgrundes ergibt Folgendes: 6.1 Im Erwerbsgrund wird zum Inhalt des Überbaurechts nur indirekt etwas gesagt, zumal darin unmittelbar lediglich die Unterhaltspflicht geregelt ist. Das Überbaurecht besteht danach für die beiden Wohngeschosse und das Dach, wobei sich die Dienstbarkeitsfläche aus dem beigefügten Plan ergibt. Inhaltlich kann aus der Verbindung des Überbaurechts für zwei Wohngeschosse und für das Dach geschlossen werden, dass es nicht zulässig wäre, die Form des Daches ("Giebeldach") oder die Dachneigung zu verändern, um ein zusätzliches Wohngeschoss einzurichten (z.B. durch ein "Mansardendach") oder neu zu erstellen (z.B. auf einem "Flachdach"). Insoweit wird das Überbaurecht für das Dach auch inhaltlich bestimmt. 6.2 Die Beschwerdeführer verstehen unter dem "Dach" das Dach, das der Begründer der Dienstbarkeit hat erstellen lassen, d.h das Dach, wie es im Zeitpunkt der Bestellung der Dienstbarkeit geplant war bzw. bestanden hat. Aus dem Wort "Dach" kann indessen nicht geschlossen werden, jede bauliche Änderung, z.B. die Ersetzung der Dacheindeckung aus Ziegeln durch Eternit oder das Anbringen einer Isolierung, sei untersagt. Ein entsprechender Wille darf dem Begründer der Grunddienstbarkeit nicht unterstellt werden. Beweggrund war für ihn, wie die Beschwerdeführer wohl zutreffend hervorheben, durch die Begründung der Überbaurechte die Terrassenhäuser einzeln und je zu Alleineigentum verkaufen zu können (vgl. GERHARD EGGEN, Privatrechtliche Fragen des neuen Bauens und ihre Wirkungen auf das Grundbuch, ZBGR 53/1972 S. 207 ff., 217 f. Ziff. 10). BGE 138 III 650 S. 657 Der Begründer war Unternehmer und hat bei der Errichtung der Dienstbarkeit im Zweifelsfall nicht mehr gewollt, als in der Urkunde niedergeschrieben worden ist. Die Dachgestaltung durch die Überbauberechtigten nach dem Verkauf hat für ihn offenkundig keine Rolle gespielt. Auch an eine Fotovoltaikanlage hat er gemäss den obergerichtlichen Feststellungen nicht gedacht. Ein gleichsam qualifiziertes Schweigen des Begründers, wonach jede Veränderung der ursprünglichen Gestaltung des Daches ausgeschlossen sein sollte, kann nicht angenommen werden. Die Beschwerdegegner als unbeteiligte Dritte müssten sich einen derartigen inneren Willen des Begründers mangels Erkennbarkeit nicht entgegenhalten lassen (vgl. BGE 130 III 554 E. 3.1 S. 557). 6.3 Der Beweggrund des Begründers für die Errichtung des Überbaurechts darf nicht mit dessen Zweck gleichgesetzt werden. Der Zweck des Überbaurechts besteht und erschöpft sich darin, dem Eigentümer des berechtigten Grundstücks das Eigentum an den in die Nachbargrundstücke hineinragenden Wohngeschossen und am Dach zu erhalten (vgl. Urteil 5A_229/2010 vom 7. Juli 2010 E. 4.1.1, in: ZBGR 92/2011 S. 209). Die Zweckbestimmung ist im gezeigten Sinne offen. Der vorliegende kann nicht mit dem von den Beschwerdeführern zitierten Fall verglichen werden, wo der Zweck mit "Recht auf die Errichtung, den Betrieb und die Beibehaltung einer Leitung für die Übertragung elektrischer Energie (Hochspannung)" klar umschrieben war, der Einsatz der Leitung zur Erbringung von Fernmeldediensten deshalb gegen den Grundsatz der Identität der Dienstbarkeit verstossen hat und sich wegen der unzulässigen Zweckänderung die Frage einer zumutbaren Mehrbelastung infolge Technologiewandels gar nicht stellen konnte (vgl. BGE 132 III 651 E. 8 S. 655 ff.). 6.4 Bei der vorliegenden affirmativen Dienstbarkeit mit einer weitgehend offenen Zweckumschreibung ist dem Dienstbarkeitsbelasteten diejenige Mehrbelastung grundsätzlich zumutbar, die auf eine objektive Veränderung der Verhältnisse, wie etwa die Entwicklung der Technik, zurückgeht und nicht auf willentlicher Änderung der bisherigen Zweckbestimmung beruht und die die zweckentsprechende Benützung des belasteten Grundstücks nicht behindert oder wesentlich mehr als bisher einschränkt (vgl. BGE 131 III 345 E. 4.3.2 S. 359; Urteil 5C.13/2007 vom 2. August 2007 E. 5.1, in: ZBGR 90/2009 S. 158). Der Einbau von Sonnenkollektoren gleichwie z.B. das Anbringen einer zusätzlichen Isolierung kann dabei zur Entwicklung der Technik gezählt werden, zumal - wie das Obergericht BGE 138 III 650 S. 658 festgestellt hat - der Begründer der Dienstbarkeit im Jahre 1986 noch nicht an Fotovoltaik gedacht haben dürfte (vgl. zu gewandelten technischen oder ökologischen Anschauungen: BGE 117 II 466 E. 5b S. 475, betreffend Urheberrecht). 6.5 Der Erwerbsgrund des Überbaurechts gibt für die Gestaltung des Daches nach dem Gesagten nur wenige inhaltliche Vorgaben und schliesst mit seiner offenen Zweckumschreibung eine Anpassung an die technologische Entwicklung nicht aus, wobei gestalterische Änderungen freilich einen funktionellen Zusammenhang mit dem Dach aufweisen müssen, für das das Überbaurecht bestellt worden ist. Zusätzliche Aufbauten auf dem Dach wie einen Taubenschlag oder eine Wetterstation müssten die Dienstbarkeitsbelasteten nicht dulden (E. 6.1-6.4). 6.6 Was die Fotovoltaikanlage betrifft, bereitet die Indachmontage keine Schwierigkeiten. Denn ob die Dacheindeckung aus Ziegeln oder aus Solarmodulen besteht, kann unter dem Blickwinkel des Überbaurechts für das Dach letztlich keine Rolle spielen und beinhaltet somit eine zulässige Gestaltung des Daches. Als heikel erscheint hingegen die Aufdachmontage, wie sie für die Fotovoltaikanlage hier offenbar durchgeführt worden ist, handelt es sich doch um eine zusätzliche bauliche Vorrichtung auf dem Dach, die zumindest funktionell nicht unmittelbar mit dem Dach zusammenhängt. Über ihre Zulässigkeit im Sinne blosser Dachgestaltung muss aufgrund der örtlichen Verhältnisse (z.B. Neigungswinkel, Abstand zwischen Solarmodul und Dacheindeckung usw.) entschieden werden, die die zuständigen kantonalen Gerichte besser kennen als das Bundesgericht. Den daherigen Ermessensentscheid überprüft das Bundesgericht zwar grundsätzlich frei. Es übt aber Zurückhaltung und schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die zwingend hätten beachtet werden müssen. Ausserdem greift das Bundesgericht in Ermessensentscheide ein, falls sich diese als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (vgl. BGE 136 III 74 E. 2.2.1 S. 78; BGE 133 III 416 E. 6.3.3 S. 419; zum Beurteilungsspielraum in technischen Fragen: BGE 135 II 384 E. 2.2.2 S. 389 f.). Die Voraussetzungen für ein bundesgerichtliches Eingreifen sind hier nicht erfüllt. Gemäss den obergerichtlichen Feststellungen handelt es sich um flache BGE 138 III 650 S. 659 Solarplatten, die auf dem Dach angebracht worden sind, die Charakteristik des Daches nicht wesentlich verändern und keinen beachtenswerten Nachteil für die Dienstbarkeitsbelasteten bedeuten. Es kann anhand der Akten ergänzt werden ( Art. 105 Abs. 2 BGG ), dass die Solarmodule dachparallel und in einem Abstand von wenigen Zentimetern von den Dachziegeln angebracht worden sind. Eine sich derart an das Dach anschmiegende Fotovoltaikanlage, die mit der Dacheindeckung gleichsam eine Einheit bildet und sich nicht merklich als zusätzliche Aufbaute vom Dach abhebt, durften die kantonalen Gerichte als zulässige Dachgestaltung anerkennen, die vom Überbaurecht umfasst wird und deshalb von den Beschwerdeführern als Dienstbarkeitsbelasteten zu dulden ist. 6.7 Aus den dargelegten Gründen kann die obergerichtliche Auslegung des Überbaurechts nicht beanstandet werden. Die Frage, wie ein eigentlicher Anbau an den Überbau oder eine bewegliche Sache am Überbau zu behandeln wäre (E. 4.3 hiervor), kann bei diesem Ergebnis dahingestellt bleiben.
Urteilskopf
98. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A./B. und C./D. gegen E./F. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_245/2012 vom 13. September 2012
Regeste Art. 674 und 738 ZGB ; Überbaurecht; Inhalt und Umfang. Das Überbaurecht für zwei Wohngeschosse und für das Dach umfasst mangels Regelung im Dienstbarkeitsvertrag auch die Dachgestaltung, aber nicht die Veränderung des Daches zwecks Aufstockung des Hauses oder die Erstellung von Aufbauten, die in keinem funktionellen Zusammenhang mit dem Dach stehen. Fall einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach (E. 3-6).
Regeste
Art. 674 und 738 ZGB ; Überbaurecht; Inhalt und Umfang. Das Überbaurecht für zwei Wohngeschosse und für das Dach umfasst mangels Regelung im Dienstbarkeitsvertrag auch die Dachgestaltung, aber nicht die Veränderung des Daches zwecks Aufstockung des Hauses oder die Erstellung von Aufbauten, die in keinem funktionellen Zusammenhang mit dem Dach stehen. Fall einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach (E. 3-6).
Art. 674 und 738 ZGB Das Überbaurecht für zwei Wohngeschosse und für das Dach umfasst mangels Regelung im Dienstbarkeitsvertrag auch die Dachgestaltung, aber nicht die Veränderung des Daches zwecks Aufstockung des Hauses oder die Erstellung von Aufbauten, die in keinem funktionellen Zusammenhang mit dem Dach stehen. Fall einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach (E. 3-6).
Sachverhalt ab Seite 650
Sachverhalt ab Seite 650 BGE 138 III 650 S. 650
BGE 138 III 650 S. 650
Die an einem Hang gelegenen Grundstücke Nr. 4489, 4490 und 4305 sind mit einem Terrassenhaus überbaut, das in drei aneinandergebaute Häuser unterteilt ist. Da die Häuser bzw. die jeweiligen Wohngeschosse und das Dach die Grenzen der einzelnen Grundstücke überragen, errichtete der damalige Eigentümer und spätere Verkäufer ein Überbaurecht.
Die Dienstbarkeit wurde als "Überbaurecht lt. Plan" im Grundbuch eingetragen. Die drei Häuser stehen heute je im hälftigen Miteigentum der Ehegatten E./F. (oberes Haus; 3. und 4. Wohngeschoss; Grundstück Nr. 4489), der Ehegatten A./B. (mittleres Haus; BGE 138 III 650 S. 651 2. Wohngeschoss; Grundstück Nr. 4490) und der Ehegatten C./D. (unteres Haus; 1. Wohngeschoss; Grundstück Nr. 4305). Im Jahre 2009 erstellten die Ehegatten E./F. auf dem in die Nachbargrundstücke hinüberragenden Dach eine Fotovoltaikanlage.
BGE 138 III 650 S. 651
Die Ehegatten A./B. und C./D. (Beschwerdeführer) reichten eine Klage ein mit dem Hauptbegehren, die Ehegatten E./F. (Beschwerdegegner) seien zu verpflichten, die Fotovoltaikanlage zu entfernen, soweit sie die Grundstücke Nr. 4490 und 4305 tangiere. Das Amtsgericht und auf Appellation der Beschwerdeführer hin das Obergericht wiesen die Klage ab. Die Beschwerdeführer erneuern vor Bundesgericht ihr Klagebegehren. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
3. Die rechtliche und tatsächliche Ausgangslage zeigt sich fallbezogen wie folgt:
3. 3.1 Mit der Marginalie "Überragende Bauten" sieht Art. 674 ZGB vor, dass Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstück auf ein anderes überragen, Bestandteil des Grundstückes verbleiben, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat (Abs. 1), und dass das Recht auf den Überbau als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden kann (Abs. 2). Hat der Überbauende ein Recht auf den Überbau als Dienstbarkeit, kommen ihm somit zwei dingliche Rechtspositionen zu: Das Eigentum an den überragenden Bauten und die Dienstbarkeitsberechtigung, die überragenden Bauten in die Eigentumssphäre des Nachbarn hinüberreichen zu lassen (vgl. TUOR/SCHNYDER/SCHMID, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 13. Aufl. 2009, § 100 N. 25 S. 943; STEINAUER, Les droits réels, Bd. II, 4. Aufl. 2012, S. 137 N. 1649).
3.1 Art. 674 ZGB 3.2 Die Beschwerdegegner und die Beschwerdeführer sind Eigentümer von Terrassenhäusern mit überragenden Bauten. Die Beschwerdegegner als Eigentümer des am Abhang zuoberst gelegenen Grundstücks Nr. 4489 haben ein Überbaurecht (Grunddienstbarkeit) zulasten der hangabwärts anschliessenden Grundstücke Nr. 4490 und 4305 der Beschwerdeführer. Sie sind somit Eigentümer der überragenden Bauten und aus der Grunddienstbarkeit berechtigt, die auf die Grundstücke der Beschwerdeführer überragenden Bauten beizubehalten. BGE 138 III 650 S. 652 Zu den überragenden Bauten gehört nebst Teilen der Wohngeschosse auch ein Teil des Daches, auf dem die Beschwerdegegner eine Fotovoltaikanlage erstellt haben.
3.2 BGE 138 III 650 S. 652
3.3 Die Rechte aus dem Eigentum und aus der Grunddienstbarkeit können sich decken, müssen es aber nicht, wenn und soweit vorab im Dienstbarkeitsvertrag das Recht bzw. die ihm entsprechende Duldungspflicht näher bestimmt wird (z.B. durch die Beschränkung der Ausübung auf einen Teil des belasteten Grundstücks oder durch die Verpflichtung, eine bestimmte Art von Bauwerk zu erstellen und bestehen zu lassen). Um diese Frage dreht sich der vorliegende Rechtsstreit. Dass die Beschwerdegegner als Eigentümer des überragenden Daches eine Fotovoltaikanlage erstellen dürfen, steht ausser Diskussion. Streitig ist hingegen, ob die Beschwerdeführer aufgrund der Grunddienstbarkeit verpflichtet sind, nicht nur das auf ihr Grundstück überragende Dach, sondern seit 2009 ein auf ihr Grundstück überragendes Dach mit einer Fotovoltaikanlage zu dulden.
3.3 4. Die Beschwerdeführer machen geltend, anders als das Dach selber falle die Fotovoltaikanlage nicht unter den Begriff "Bauten und andere Vorrichtungen" im Sinne von Art. 674 ZGB. Mit diesem bereits im Appellationsverfahren erhobenen Einwand habe sich das Obergericht nicht auseinandergesetzt.
4. Art. 674 ZGB 4.1 Das Obergericht hat festgehalten, die Beschwerdeführer wendeten ein, der streitige Aufbau (Fotovoltaikanlage) sei ohne Weiteres abmontierbar und könne daher gar nicht Gegenstand eines Überbaurechts sein. Es hat diesen Einwand vorab geprüft und dafürgehalten, die Sicht sei abzulehnen. Wenn ein Dach Gegenstand eines Überbaurechts sein könne (was ausser Frage stehe), so umfasse dieses Recht sämtliche Teile des Daches, also auch jene, die sich ohne Mühe entfernen liessen, wie zum Beispiel die Ziegel. Die beantragten Beweise zum Thema, ob die streitige Anlage ohne Weiteres demontierbar sei, seien demnach nicht abzunehmen. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführer ist das Obergericht auf ihren Einwand eingegangen. Es hat ausgeführt, weshalb es die Auffassung nicht teilt. Die Begründung genügt verfassungsmässigen Anforderungen ( Art. 29 Abs. 2 BV ; vgl. BGE 133 III 439 E. 3.3 S. 445; BGE 135 III 513 E. 3.6.5 S. 520 und 670 E. 3.3.1 S. 677).
4.1 Art. 29 Abs. 2 BV 4.2 In der Sache wenden die Beschwerdeführer ein, Gegenstand des vereinbarten Überbaurechts sei das Dach, aber nicht die Fotovoltaikanlage als zusätzliche Dachaufbaumontage, die im Gegensatz zu BGE 138 III 650 S. 653 Ziegeln weder eine Dachfunktion habe noch eine konstruktive Einheit mit dem Dach bilde. Das Obergericht selber gehe davon aus, dass die Fotovoltaikanlage kein "Bestandteil des Grundstückes" im Sinne von Art. 674 ZGB sein könne. Es trifft zu, dass das Obergericht angenommen hat, eine Vorrichtung - wie die fragliche Solaranlage - stelle objektiv keinen notwendigen Bestandteil des Daches dar. Das Obergericht hat sich dabei offenbar an die deutsche Lehre zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks oder Gebäudes angelehnt (vgl. STRESEMANN, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6. Aufl. 2012, N. 32 zu § 94 BGB bei/in Anm. 127 mit Hinweis auf CHRISTOPH REYMANN, Fotovoltaikdienstbarkeiten bei Anlagen auf fremden Grundstücken, Deutsche Notar-Zeitschrift [DNotZ] 2010 Heft 2 S. 84 ff., 96).
4.2 BGE 138 III 650 S. 653
Art. 674 ZGB 4.3 Gleichwohl erweist sich der Einwand der Beschwerdeführer als unbegründet. Denn den Beschwerdegegnern steht unstreitig ein dingliches Recht am Überbau zu. Dessen Gegenstand sind gemäss der im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit die in die belasteten Grundstücke hineinragenden Teile des Daches und der Wohngeschosse. Wie das Dach aber im Einzelnen gestaltet ist (z.B. mit Dachkäneln, Antennen, Schneereitern, Kaminaufsätzen usw.), beantwortet nicht der Begriff "Bauten oder andere Vorrichtungen". Umfang und Inhalt des Überbaurechts sind vielmehr durch Auslegung der Dienstbarkeit zu bestimmen (vgl. Urteile 5A_661/2008 vom 9. März 2009 E. 3, in: ZBGR 91/2010 S. 162, und 5C.20/2003 vom 18. Juni 2003 E. 1.3, in: ZBGR 85/2004 S. 303 f.). Erst wenn sich ergibt, dass die konkrete Dachgestaltung nicht von der Dienstbarkeit erfasst wird, ist zu prüfen, ob ein eigentlicher Anbau an den Überbau vorliegt, der allenfalls wiederum Art. 674 ZGB unterstünde, oder ob es sich um eine bewegliche Sache am Überbau handelt, auf die Art. 674 ZGB nicht anwendbar ist und die auf Verlangen des Nachbarn zu beseitigen ist, sofern der Nachbar nicht aufgrund eines anderweitigen Rechts zu ihrer Duldung verpflichtet ist (vgl. MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1964, N. 7 und 17 zu Art. 674 ZGB ).
4.3 Art. 674 ZGB Art. 674 ZGB Art. 674 ZGB 5. Die Auslegung der Grunddienstbarkeit "Überbaurecht lt. Plan" hat die Frage zu beantworten, ob die Beschwerdeführer eine bauliche Änderung an den überragenden Teilen des Daches zu dulden verpflichtet sind, die darin besteht, dass auf einer bestimmten Fläche die Dachziegel durch Solarmodule ersetzt werden (Indachmontage) oder dass an der Ziegeleindeckung mittels Dachsparrenankern BGE 138 III 650 S. 654 Metallschienen und daran wiederum Solarmodule befestigt werden (Aufdachmontage).
5. BGE 138 III 650 S. 654
5.1 Das Obergericht hat die Auslegung nach Art. 738 ZGB vorgenommen und dafürgehalten, aus dem Eintrag im Grundbuch ergebe sich nichts und der Inhalt der Dienstbarkeit sei nach dem Erwerbsgrund zu bestimmen. Der Auffassung der Beschwerdegegner, das Überbaurecht sei im vertikalen Bereich nicht näher umschrieben und die Gestaltung in diesem Bereich deshalb frei, ist das Obergericht nicht gefolgt. Es hat angenommen, das Überbaurecht betreffe die beiden Wohngeschosse inklusive Dach. Sinn des Überbaurechts sei, dem berechtigten Grundstück das Eigentum an den (überragenden) Wohngeschossen mit Dach einzuräumen. Die Dienstbarkeit ermögliche hingegen keine eigentlichen Ausbauten wie etwa die Errichtung eines zusätzlichen Geschosses. Über die Dachgestaltung könne dem Wortlaut des Dienstbarkeitsvertrages allerdings nichts entnommen werden. Dies sei denn auch in erster Linie Sache des öffentlichen Baurechts. Der Dienstbarkeitsberechtigte sei somit bei der Dachgestaltung im Rahmen der geltenden öffentlich-rechtlichen Bau- und Nutzungsvorschriften sowie im Rahmen der nicht exzessiven Ausübung der Dienstbarkeit frei. Er könne auf dem Dach Vorrichtungen anbringen, die diese Voraussetzungen erfüllten, auch wenn eine Vorrichtung - wie die fragliche Solaranlage - objektiv keinen notwendigen Bestandteil des Daches darstelle. Jede Auslegung habe sich am vernünftigen Resultat zu orientieren, weshalb auch der Zweck der Dienstbarkeit zu berücksichtigen sei. Bei deren Begründung sei nicht an die Fotovoltaik gedacht worden. Selbst wenn der Aufbau einer flachen Solaranlage auf dem Dach der Beschwerdegegner zu einer gewissen Mehrbelastung führen würde, müsste dies von den Berechtigten (recte: Belasteten) geduldet werden. Die Veränderung der Dachgestaltung durch Anbringen einer Solaranlage beinhalte keine Änderung des bisherigen Zwecks der Dienstbarkeit, sondern ergebe sich vielmehr aus der Entwicklung der Technik. Den entsprechenden Ausführungen der Vorinstanz sei deshalb vollumfänglich zuzustimmen. An der verwiesenen Stelle hat das Amtsgericht unter anderem festgestellt, bei der Fotovoltaikanlage handle es sich um flache Solarplatten, die auf dem Dach angebracht worden seien. Die Charakteristik des Daches werde durch die Fotovoltaikanlage nicht entscheidend verändert. Alles in allem sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführer durch die Fotovoltaikanlage keinen beachtenswerten Nachteil erlitten. BGE 138 III 650 S. 655
5.1 Art. 738 ZGB BGE 138 III 650 S. 655
5.2 Die Beschwerdeführer pflichten der obergerichtlichen Auslegung insoweit bei, als für den Inhalt der Dienstbarkeit der Erwerbsgrund massgebend sei, d.h. die öffentliche Urkunde vom 4. Juni 1986. Deren Wortlaut sei klar und eindeutig. Gesprochen werde ausdrücklich nur vom "Dach", hingegen nicht von zukünftigen, von der Dachfunktion unabhängigen Dachaufbauten wie der Fotovoltaikanlage. Deren Anbringen verletze den Grundsatz der Identität und bedeute eine Änderung des ursprünglichen Zwecks der Dienstbarkeit, der allein darin bestanden habe, die einzelnen Wohneinheiten separat zu veräussern und somit das geplante Bauvorhaben zu realisieren. Weitere Bedürfnisse habe der damalige Grundeigentümer und Veräusserer der Wohneinheiten nicht gehabt, als er das Überbaurecht als Eigentümerdienstbarkeit errichtet habe. Das Obergericht habe denn auch verbindlich festgestellt, dass bei der Begründung der Dienstbarkeit nicht an Fotovoltaik gedacht worden sei. Auch nur ein entferntes Interesse an der Energiegewinnung mit einer auf dem Dach angebrachten Anlage habe im Zeitpunkt der Begründung der Dienstbarkeit nicht bestanden. Neue Technologien, die nicht konkret eine erweiterte Nutzung innerhalb des ursprünglichen Zwecks ermöglichten, müssten unbeachtet bleiben. Die Energiegewinnung durch eine Fotovoltaikanlage sei nicht ursprünglicher und objektiv erkennbarer Zweck der vorliegend streitigen Dienstbarkeit.
5.2 5.3 Die Auslegung der als "Überbaurecht lt. Plan" im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit hat nach den Regeln in Art. 738 ZGB zu erfolgen. Massgebend für den Inhalt der Dienstbarkeit ist der Eintrag, soweit sich Rechte und Pflichten daraus deutlich ergeben, und im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist ( Art. 738 Abs. 1 und 2 ZGB ). Der Eintrag "Überbaurecht lt. Plan" sagt nichts zur streitigen Erstellung einer Fotovoltaikanlage. Der Plan umreisst lediglich die Grenzen des Überbaus. Für den Inhalt ist deshalb auf den Erwerbsgrund abzustellen (vgl. BGE 128 III 169 E. 3a S. 172; BGE 137 III 444 E. 3 S. 448 f.). Erwerbsgrund ist die öffentliche Urkunde vom 4. Juni 1986, mit der der damalige Grundeigentümer und spätere Verkäufer das Überbaurecht als Eigentümergrunddienstbarkeit (sog. Eigengrenzüberbau) errichtet hat. Die heutigen Eigentümer der berechtigten und belasteten Grundstücke sind somit nicht die Begründungsparteien. In ihrem Verhältnis muss der Erwerbsgrund so ausgelegt werden, wie er nach seinem Wortlaut und BGE 138 III 650 S. 656 Zusammenhang sowie namentlich aufgrund der Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks und mit Rücksicht auf Sinn und Zweck der Dienstbarkeit verstanden werden durfte und musste (vgl. BGE 128 III 265 E. 3a S. 267; BGE 131 III 345 E. 1.2 S. 347). Der Zweck der Dienstbarkeit im Besonderen ist nach den gleichen Grundsätzen zu ermitteln. Soweit er sich nicht aus dem Eintrag im Grundbuch ergibt, gilt im Verhältnis zu Dritten der Zweck als massgebend, der aus dem Dienstbarkeitsvertrag selber hervorgeht oder objektiv erkennbar ist. Kann davon nicht ausgegangen werden, ist zur Bestimmung des Zwecks danach zu fragen, welche Interessen bei objektiver Betrachtung zur Zeit der Errichtung aufgrund der Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks vernünftigerweise von Bedeutung sein konnten (vgl. BGE 130 III 554 E. 3.1 S. 557 und E. 3.2 S. 559; Urteil 5A_264/2009 vom 4. Juni 2009 E. 2.2, in: ZBGR 91/2010 S. 170).
5.3 Art. 738 ZGB Art. 738 Abs. 1 und 2 ZGB BGE 138 III 650 S. 656
6. Die Auslegung des Erwerbsgrundes ergibt Folgendes:
6. 6.1 Im Erwerbsgrund wird zum Inhalt des Überbaurechts nur indirekt etwas gesagt, zumal darin unmittelbar lediglich die Unterhaltspflicht geregelt ist. Das Überbaurecht besteht danach für die beiden Wohngeschosse und das Dach, wobei sich die Dienstbarkeitsfläche aus dem beigefügten Plan ergibt. Inhaltlich kann aus der Verbindung des Überbaurechts für zwei Wohngeschosse und für das Dach geschlossen werden, dass es nicht zulässig wäre, die Form des Daches ("Giebeldach") oder die Dachneigung zu verändern, um ein zusätzliches Wohngeschoss einzurichten (z.B. durch ein "Mansardendach") oder neu zu erstellen (z.B. auf einem "Flachdach"). Insoweit wird das Überbaurecht für das Dach auch inhaltlich bestimmt.
6.1 6.2 Die Beschwerdeführer verstehen unter dem "Dach" das Dach, das der Begründer der Dienstbarkeit hat erstellen lassen, d.h das Dach, wie es im Zeitpunkt der Bestellung der Dienstbarkeit geplant war bzw. bestanden hat. Aus dem Wort "Dach" kann indessen nicht geschlossen werden, jede bauliche Änderung, z.B. die Ersetzung der Dacheindeckung aus Ziegeln durch Eternit oder das Anbringen einer Isolierung, sei untersagt. Ein entsprechender Wille darf dem Begründer der Grunddienstbarkeit nicht unterstellt werden. Beweggrund war für ihn, wie die Beschwerdeführer wohl zutreffend hervorheben, durch die Begründung der Überbaurechte die Terrassenhäuser einzeln und je zu Alleineigentum verkaufen zu können (vgl. GERHARD EGGEN, Privatrechtliche Fragen des neuen Bauens und ihre Wirkungen auf das Grundbuch, ZBGR 53/1972 S. 207 ff., 217 f. Ziff. 10). BGE 138 III 650 S. 657 Der Begründer war Unternehmer und hat bei der Errichtung der Dienstbarkeit im Zweifelsfall nicht mehr gewollt, als in der Urkunde niedergeschrieben worden ist. Die Dachgestaltung durch die Überbauberechtigten nach dem Verkauf hat für ihn offenkundig keine Rolle gespielt. Auch an eine Fotovoltaikanlage hat er gemäss den obergerichtlichen Feststellungen nicht gedacht. Ein gleichsam qualifiziertes Schweigen des Begründers, wonach jede Veränderung der ursprünglichen Gestaltung des Daches ausgeschlossen sein sollte, kann nicht angenommen werden. Die Beschwerdegegner als unbeteiligte Dritte müssten sich einen derartigen inneren Willen des Begründers mangels Erkennbarkeit nicht entgegenhalten lassen (vgl. BGE 130 III 554 E. 3.1 S. 557).
6.2 BGE 138 III 650 S. 657
6.3 Der Beweggrund des Begründers für die Errichtung des Überbaurechts darf nicht mit dessen Zweck gleichgesetzt werden. Der Zweck des Überbaurechts besteht und erschöpft sich darin, dem Eigentümer des berechtigten Grundstücks das Eigentum an den in die Nachbargrundstücke hineinragenden Wohngeschossen und am Dach zu erhalten (vgl. Urteil 5A_229/2010 vom 7. Juli 2010 E. 4.1.1, in: ZBGR 92/2011 S. 209). Die Zweckbestimmung ist im gezeigten Sinne offen. Der vorliegende kann nicht mit dem von den Beschwerdeführern zitierten Fall verglichen werden, wo der Zweck mit "Recht auf die Errichtung, den Betrieb und die Beibehaltung einer Leitung für die Übertragung elektrischer Energie (Hochspannung)" klar umschrieben war, der Einsatz der Leitung zur Erbringung von Fernmeldediensten deshalb gegen den Grundsatz der Identität der Dienstbarkeit verstossen hat und sich wegen der unzulässigen Zweckänderung die Frage einer zumutbaren Mehrbelastung infolge Technologiewandels gar nicht stellen konnte (vgl. BGE 132 III 651 E. 8 S. 655 ff.).
6.3 6.4 Bei der vorliegenden affirmativen Dienstbarkeit mit einer weitgehend offenen Zweckumschreibung ist dem Dienstbarkeitsbelasteten diejenige Mehrbelastung grundsätzlich zumutbar, die auf eine objektive Veränderung der Verhältnisse, wie etwa die Entwicklung der Technik, zurückgeht und nicht auf willentlicher Änderung der bisherigen Zweckbestimmung beruht und die die zweckentsprechende Benützung des belasteten Grundstücks nicht behindert oder wesentlich mehr als bisher einschränkt (vgl. BGE 131 III 345 E. 4.3.2 S. 359; Urteil 5C.13/2007 vom 2. August 2007 E. 5.1, in: ZBGR 90/2009 S. 158). Der Einbau von Sonnenkollektoren gleichwie z.B. das Anbringen einer zusätzlichen Isolierung kann dabei zur Entwicklung der Technik gezählt werden, zumal - wie das Obergericht BGE 138 III 650 S. 658 festgestellt hat - der Begründer der Dienstbarkeit im Jahre 1986 noch nicht an Fotovoltaik gedacht haben dürfte (vgl. zu gewandelten technischen oder ökologischen Anschauungen: BGE 117 II 466 E. 5b S. 475, betreffend Urheberrecht).
6.4 BGE 138 III 650 S. 658
6.5 Der Erwerbsgrund des Überbaurechts gibt für die Gestaltung des Daches nach dem Gesagten nur wenige inhaltliche Vorgaben und schliesst mit seiner offenen Zweckumschreibung eine Anpassung an die technologische Entwicklung nicht aus, wobei gestalterische Änderungen freilich einen funktionellen Zusammenhang mit dem Dach aufweisen müssen, für das das Überbaurecht bestellt worden ist. Zusätzliche Aufbauten auf dem Dach wie einen Taubenschlag oder eine Wetterstation müssten die Dienstbarkeitsbelasteten nicht dulden (E. 6.1-6.4).
6.5 6.6 Was die Fotovoltaikanlage betrifft, bereitet die Indachmontage keine Schwierigkeiten. Denn ob die Dacheindeckung aus Ziegeln oder aus Solarmodulen besteht, kann unter dem Blickwinkel des Überbaurechts für das Dach letztlich keine Rolle spielen und beinhaltet somit eine zulässige Gestaltung des Daches. Als heikel erscheint hingegen die Aufdachmontage, wie sie für die Fotovoltaikanlage hier offenbar durchgeführt worden ist, handelt es sich doch um eine zusätzliche bauliche Vorrichtung auf dem Dach, die zumindest funktionell nicht unmittelbar mit dem Dach zusammenhängt. Über ihre Zulässigkeit im Sinne blosser Dachgestaltung muss aufgrund der örtlichen Verhältnisse (z.B. Neigungswinkel, Abstand zwischen Solarmodul und Dacheindeckung usw.) entschieden werden, die die zuständigen kantonalen Gerichte besser kennen als das Bundesgericht. Den daherigen Ermessensentscheid überprüft das Bundesgericht zwar grundsätzlich frei. Es übt aber Zurückhaltung und schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die zwingend hätten beachtet werden müssen. Ausserdem greift das Bundesgericht in Ermessensentscheide ein, falls sich diese als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (vgl. BGE 136 III 74 E. 2.2.1 S. 78; BGE 133 III 416 E. 6.3.3 S. 419; zum Beurteilungsspielraum in technischen Fragen: BGE 135 II 384 E. 2.2.2 S. 389 f.). Die Voraussetzungen für ein bundesgerichtliches Eingreifen sind hier nicht erfüllt. Gemäss den obergerichtlichen Feststellungen handelt es sich um flache BGE 138 III 650 S. 659 Solarplatten, die auf dem Dach angebracht worden sind, die Charakteristik des Daches nicht wesentlich verändern und keinen beachtenswerten Nachteil für die Dienstbarkeitsbelasteten bedeuten. Es kann anhand der Akten ergänzt werden ( Art. 105 Abs. 2 BGG ), dass die Solarmodule dachparallel und in einem Abstand von wenigen Zentimetern von den Dachziegeln angebracht worden sind. Eine sich derart an das Dach anschmiegende Fotovoltaikanlage, die mit der Dacheindeckung gleichsam eine Einheit bildet und sich nicht merklich als zusätzliche Aufbaute vom Dach abhebt, durften die kantonalen Gerichte als zulässige Dachgestaltung anerkennen, die vom Überbaurecht umfasst wird und deshalb von den Beschwerdeführern als Dienstbarkeitsbelasteten zu dulden ist.
6.6 BGE 138 III 650 S. 659
Art. 105 Abs. 2 BGG 6.7 Aus den dargelegten Gründen kann die obergerichtliche Auslegung des Überbaurechts nicht beanstandet werden. Die Frage, wie ein eigentlicher Anbau an den Überbau oder eine bewegliche Sache am Überbau zu behandeln wäre (E. 4.3 hiervor), kann bei diesem Ergebnis dahingestellt bleiben.
6.7
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Urteilskopf 138 III 659 99. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.X. und B.X. gegen C. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_189/2012 vom 2. Oktober 2012 Regeste a Art. 216a OR ; Art. 1, 2 und 3 SchlT ZGB ; Befristung von Kaufsrechten; intertemporales Recht. Die in Art. 216a OR vorgesehene gesetzliche Befristung ist nicht anwendbar auf Kaufsrechte, die vor Inkrafttreten dieser Bestimmung (1. Januar 1994) vereinbart wurden (E. 3). Regeste b Art. 216e OR ; Ausübung des Kaufsrechts; Frist. Für Kaufsrechte besteht keine gesetzliche Ausübungsfrist. Die für Vorkaufsrechte vorgesehene Ausübungsfrist von drei Monaten ( Art. 216e OR ) ist nicht analog anwendbar auf Kaufsrechte, selbst wenn diese an den Eintritt einer Bedingung geknüpft werden (E. 4). Erwägungen ab Seite 660 BGE 138 III 659 S. 660 Aus den Erwägungen: 2. Gemäss dem für das Bundesgericht verbindlichen und nunmehr auch von den Parteien nicht mehr bestrittenen Sachverhalt ging der übereinstimmende Wille der Beschwerdegegnerin und ihrer Stiefmutter bei der Vereinbarung des Kaufsrechts dahin, dass dieses keiner in Jahren bemessenen Frist unterliegen sollte. Streitig ist vorliegend aber noch immer, ob die Einführung von Art. 216a OR mit der Gesetzesrevision 1991 (in Kraft seit 1994) nachträglich eine Befristung des Kaufsrechts auf 10 Jahre bewirkt hat (nachfolgend E. 3) und ob das Kaufsrecht rechtzeitig ausgeübt worden ist (nachfolgend E. 4). Schliesslich ist zwischen den Parteien streitig, ob nach wie vor ein Erfüllungsanspruch besteht oder ob dieser nur auf Schadenersatz gehen kann (nicht publ. E. 5). 3. 3.1 Bis zur Gesetzesrevision von 1991 war es unbestrittenermassen möglich, Kaufsrechte im Sinne einer obligatorischen Verpflichtung grundsätzlich auf unbestimmte Zeit zu vereinbaren ( BGE 102 II 243 E. 3; BGE 121 III 210 E. 2; BGE 126 III 421 E. 3a/aa). Allerdings hiess das nicht, dass ein Kaufsrecht ohne jede zeitliche Befristung möglich war. Auch im alten Recht war Art. 27 ZGB zu beachten. Das Fehlen BGE 138 III 659 S. 661 einer Frist konnte eine übermässige Bindung darstellen ( BGE 126 III 421 E. 3c/dd S. 429). Wie lange diese Frist sein konnte, hing damit allerdings von den Besonderheiten des konkreten Falles ab. Sowohl daraus als auch aus dem Unterschied zwischen der Befristung der dinglichen Wirkung und dem Fehlen einer konkreten Frist für die obligatorische Verpflichtung ergaben sich Unsicherheiten, die der Gesetzgeber mit der Revision beseitigen wollte. Er hat deshalb im Kaufsrecht eine Befristung der vertraglichen Kaufs-, Vorkaufs- und Rückkaufsrechte eingeführt. Nicht ausdrücklich geregelt wurde aber vom Gesetzgeber die Frage, ob diese Befristung auch für die früher auf längere Zeit oder ohne feste Frist vertraglich begründeten obligatorischen Pflichten gelte oder nicht. Die Revision enthielt insoweit keine Übergangsbestimmungen ( BGE 121 III 210 E. 3b S. 212; BGE 126 III 421 E. 3c/aa S. 426). 3.2 Die Lehre hat zur Anwendbarkeit der Befristung auf früher begründete Kaufs-, Vorkaufs- und Rückkaufsrechte unterschiedlich Stellung genommen (gegen eine Anwendung auf bestehende Rechte: CHRISTIAN BRÜCKNER, Verwandte Verträge [Vorvertrag, Vorkaufsvertrag, Vertrag auf Begründung eines Kaufsrechts bzw. Rückkaufsrechts], in: Der Grundstückkauf, Alfred Koller [Hrsg.], 2. Aufl. 2001, S. 509 f.; EUGEN BUCHER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1993, N. 243 zu Art. 27 ZGB ; BÉNÉDICT FOËX, La nouvelle réglementation des droits de préemption, d'emption et de réméré dans le CC/CO, SJ 1994 S. 414 f.; ALFRED KOLLER, Bemerkungen zu BGE 126 III 421, AJP 2001 S. 119 f.; ders., Das intertemporale Recht zu Art. 216a OR, ZBGR 81/2000, S. 290 ff.; THEO GUHL UND ANDERE, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, S. 347; DENIS PIOTET, Le droit transitoire des lois fédérales sur le droit foncier rural et sur la révision partielle du code civil et du code des obligations du 4 octobre 1991, ZSR 113/1994 I S. 143 f.; HEINZ REY, Die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1995, ZBJV 133/1997 S. 256 f.; für eine Anwendung der Befristung: HANS GIGER, Berner Kommentar, 1997, N. 461 zu Art. 216 OR ; ROLAND PFÄFFLI, Neuerungen im Immobiliarsachenrecht und beim Grundstückkauf, Der bernische Notar [BN] 1992 S. 455; VITO ROBERTO, Teilrevision des Zivilgesetzbuches und des Obligationenrechts, recht 11/1993 S. 174 f.; FELIX SCHÖBI, Die Revision des Kaufs-, des Vorkaufs- und des Rückkaufsrechts, AJP 1992 S. 570 f.). Das Bundesgericht hat zu dieser Frage bis anhin nicht abschliessend Stellung genommen. Vielmehr hat es sie in BGE 121 III 210 BGE 138 III 659 S. 662 ausdrücklich offengelassen, weil die Besonderheiten des konkreten Falles eine Entscheidung unnötig machten, da das Kaufsrecht noch vor Inkrafttreten der Gesetzesrevision ausgeübt worden war. In BGE 126 III 421 hielt das Bundesgericht fest, dass die durch den Gesetzgeber neu eingeführte Frist aus Gründen des Vertrauensschutzes in jedem Fall erst mit dem Inkrafttreten der neuen Bestimmung 1994 zu laufen beginnen konnte. Damit war die Frage, ob die Frist auf altrechtliche Kaufsrechte überhaupt anwendbar ist, auch in diesem Fall ohne Bedeutung. Vorliegend ist zur Frage der Anwendbarkeit der gesetzlichen Frist auf früher vereinbarte Kaufsrechte nun Stellung zu nehmen, weil das Recht erst 2010 und damit über 10 Jahre nach Inkrafttreten der neuen Bestimmung ausgeübt worden ist. 3.3 Regelt der Gesetzgeber den zeitlichen Anwendungsbereich bei einer privatrechtlichen Gesetzesrevision nicht besonders, so sind Art. 1 bis 4 SchlT ZGB massgebend. Ausgangspunkt bildet dabei die in Art. 1 SchlT ZGB enthaltene Grundregel der Nichtrückwirkung einer Gesetzesänderung, welche für den gesamten Bereich des Zivilrechts gilt (MARKUS VISCHER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, 4. Aufl. 2011, N. 2 zu Art. 1 SchlT ZGB ). Sie schützt das Vertrauen in den Bestand einmal rechtsgeschäftlich gesetzeskonform begründeter Rechte. Rechtliche Wirkungen von Tatsachen, die vor dem Inkrafttreten einer neuen Bestimmung eingetreten sind, werden auch nachher nach den früheren Bestimmungen beurteilt. Dieser Grundsatz erfährt allerdings gewichtige Einschränkungen. Die Rechtsordnung muss sich weiter entwickeln und veränderten Verhältnissen und Überzeugungen anpassen können (vgl. PAUL MUTZNER, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1926, N. 9 Vorbemerkungen zu Art. 1-50 SchlT ZGB ). Deshalb ist eine Rückwirkung und damit auch ein Eingriff in rechtsgeschäftlich erworbene Rechte zulässig, wenn die Rechtsänderung um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen aufgestellt worden ist ( Art. 2 SchlT ZGB ; VISCHER, a.a.O., N. 3 ff. zu Art. 2 SchlT ZGB ). Zudem rechtfertigt sich der Schutz der bisherigen Rechtslage dann nicht, wenn die entsprechenden Rechtswirkungen nicht vom Willen der Parteien abhängen, sondern sich bei einem Dauerschuldverhältnis direkt aus dem Gesetz ergeben, und es um die Wirkungen nach Eintritt der Rechtsänderung geht ( Art. 3 SchlT ZGB ; vgl. VISCHER, a.a.O., N. 5 ff. zu Art. 3 SchlT ZGB ). Die Ausgestaltung solcher Dauerschuldverhältnisse kann somit ohne weiteres auch ohne Zustimmung der betroffenen Parteien bzw. sogar gegen deren Willen ändern (vgl. TUOR/SCHNYDER/SCHMID, BGE 138 III 659 S. 663 Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 13. Aufl. 2009, S. 1184 f. Rz. 12). Dabei handelt es sich um eine so genannte unechte Rückwirkung, welche auch von der Verfassung her zulässig ist (BEATRICE WEBER-DÜRLER, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, 1983, S. 285). Ob es sich um eine der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit wegen aufgestellte Norm handelt und deshalb eine Rückwirkung nach Art. 2 SchlT ZGB eintritt oder nicht, ist eine Frage der Auslegung der rechtspolitischen Motive, welche zur Gesetzesrevision geführt haben. Wann ein Rechtsverhältnis vorliegt, dessen Inhalt durch das Gesetz umschrieben wird, definiert Art. 3 SchlT ZGB nicht. Aus dem Gesetzestext ergibt sich vorab, dass es auf die Umschreibung des Inhalts und nicht des Bestands ankommt (vgl. TUOR/SCHNYDER/SCHMID, a.a.O., S. 1184 Rz. 12). Als gesetzliche Rechte sind sodann alle Berechtigungen anzusehen, "die gestützt auf einen bestimmten Zustandstatbestand für alle Personen unmittelbar durch das Gesetz begründet werden" (MUTZNER, a.a.O., N. 3 zu Art. 3 SchlT ZGB ). Erworbene, selbständige Rechte sind demgegenüber jene Rechte, die "auf einem besonderen Rechtsgrund" beruhen (MUTZNER, a.a.O., N. 3 zu Art. 3 SchlT ZGB ; BGE 116 II 63 E. 3b S. 67). Entscheidend ist damit, ob es sich um eine Frage handelt, die durch den Parteiwillen oder das Gesetz bestimmt ist. 3.4 Im vorliegenden Zusammenhang steht ausser Zweifel, dass die Gesetzesrevision nicht um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen erfolgte. Der Gesetzgeber wollte hauptsächlich dogmatische Fragen klären und Auseinandersetzungen in der Lehre beseitigen (vgl. Botschaft vom 19. Oktober 1988 zum Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht [BGBB] sowie zum Bundesgesetz über die Teilrevisionen des Zivilgesetzbuches [Immobiliarsachenrecht] und des Obligationenrechts [Grundstückkauf], BBl 1988 1077 f. Ziff. 321.2 zu Art. 216a). Insofern kann sich eine Rückwirkung nicht auf Art. 2 SchlT ZGB stützen (vgl. auch BGE 126 III 421 E. 3c/cc S. 428). Es bleibt zu prüfen, ob Art. 3 SchlT ZGB anwendbar ist. Dabei stehen vorliegend nicht die Begründung, sondern die Dauer bzw. die Untergangsgründe des Rechts zur Diskussion. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei einem Kaufsrecht nicht um ein klassisches Dauerschuldverhältnis handelt. Vielmehr wird ein Austauschvertrag begründet, dessen Besonderheit darin liegt, dass die Erfüllung aufgeschoben ist, wodurch eine auf gewisse Dauer angelegte BGE 138 III 659 S. 664 Rechtsbeziehung zwischen den Parteien entsteht. Dieses Rechtsverhältnis lässt aber nicht laufend neue Rechte und Pflichten entstehen, wie dies bei einem klassischen Dauerschuldverhältnis wie einem Arbeitsvertrag, einem Auftrag oder einer Miete der Fall ist. Entscheidender Inhalt eines Kaufsrechts ist, dass die Ausübung der Option in einem späteren Zeitpunkt erfolgt als deren Einräumung. Andernfalls ist das Kaufsrecht wirtschaftlich sinnlos. Insofern sind die Gültigkeitsdauer bzw. die Bedingungen für die Ausübung des Rechts entscheidender Inhalt des Rechts. Die Befristung betrifft aber in erster Linie den Bestand des Rechts. Vorliegend fragt sich, ob es im Zeitpunkt seiner Ausübung bzw. des Eintritts der Bedingung noch bestanden hat oder untergegangen war. Entsprechend hilft die dogmatische Unterscheidung zwischen Inhalt und Bestand vorliegend kaum weiter. Entscheidend ist vielmehr, dass die Dauer des Rechts bei einem Kaufsrecht eine der wesentlichsten Fragen ist, welche die Parteien bei der Begründung zu klären haben. Sie beeinflusst die wirtschaftliche Bedeutung des Kaufsrechts. Insofern handelt es sich sicher um einen Punkt, von dem nicht behauptet werden kann, dass er "est fixé par la loi, sans égard à la volonté des parties" ( BGE 133 III 105 E. 2.3.4). Vielmehr handelt es sich um einen Inhalt, der "découle de la volonté autonome des parties". Der Argumentation des Bundesgerichts in BGE 133 III 105 E. 2.3.4 folgend fällt die Frage der Befristung somit nicht in den Anwendungsbereich von Art. 3 SchlT ZGB. 3.5 Was die Beschwerdeführer dagegen vorbringen, vermag nicht zu überzeugen. Sie geben zwar korrekt und auch mit guten Argumenten im Wesentlichen die sie unterstützenden Lehrmeinungen wieder. Es ist ihnen auch zuzugestehen, dass die Abgrenzung zwischen Inhalt und Bestand nicht einer klaren dogmatischen Logik entspricht und auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Frage der Anwendbarkeit von Art. 3 SchlT ZGB nicht einhellige Zustimmung gefunden hat (vgl. BGE 116 II 63 E. 3; BGE 116 III 120 E. 3d). Das Bundesgericht hat regelmässig das Bedürfnis nach Rechtssicherheit, nach Schutz des Vertrauens in den Bestand von Rechten und die Praktikabilität einer Lösung gegeneinander abgewogen und einen wertenden Entscheid gefällt. Vorliegend haben die Parteien aber, wie die - für das Bundesgericht verbindlichen - Sachverhaltsfeststellungen ergeben haben, bewusst ein mehr als zehn Jahre dauerndes Kaufsrecht im Rahmen BGE 138 III 659 S. 665 eines komplexen Rechtsgeschäfts, nämlich einer Erbteilung, einräumen wollen. Wenn nun ein wesentlicher Teil des eingeräumten Rechts wegen einer Gesetzesänderung entfiele, wäre das Vertrauen in den Bestand einer ausgehandelten Lösung erheblich gestört. Die Nichtanwendung des neuen Rechts auf das früher begründete Kaufsrecht erscheint daher angemessen. Zu beachten ist auch, dass das neue Recht die Frage der Dauer des Kaufsrechts in keiner Weise dem Parteiwillen entzieht und nunmehr gesetzlich vorgibt. Es hat nur eine Maximalfrist eingeführt. Innerhalb dieser bleibt es noch immer eine Frage des Parteiwillens, wie lange das Recht Bestand haben soll. 3.6 Es erweist sich somit, dass die in Art. 216a OR enthaltene Befristung der obligatorischen Wirkung des Kaufsrechts im vorliegenden Fall (noch) keine Anwendung findet, so dass das Kaufsrecht im Zeitpunkt der Schenkung der Grundstücke bestanden hat. 4. Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, das Kaufsrecht sei nicht rechtzeitig ausgeübt worden. Dabei ist unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 10. November 2009 über die erfolgten Schenkungen unterrichtet worden ist und mit Schreiben vom 28. Mai 2010, d.h. etwas mehr als sechs Monate später, die Ausübung ihres Kaufsrechts mitgeteilt hat. Ebenfalls unbestritten ist, dass die Kaufsrechtsvereinbarung selbst keine Frist für dessen Ausübung erwähnt. Die Beschwerdeführer bringen nun vor, die in Art. 216e OR enthaltene dreimonatige Frist für die Ausübung eines Vorkaufsrechts gelte vorliegend auch für das Kaufsrecht. Dieses sei im vorliegenden Fall nur deshalb vereinbart worden, weil das ebenfalls vereinbarte Vorkaufsrecht nur den Fall eines Verkaufes, nicht aber auch den Fall einer Schenkung erfasst habe. Entsprechend sei die für die Ausübungsfrist des Vorkaufsrechts gesetzlich vorgesehene Verwirkungsfrist analog auch für das Kaufsrecht massgebend. 4.1 Vorkaufsrechte und Kaufsrechte unterscheiden sich ihrer Natur nach grundsätzlich darin, dass ein Vorkaufsrecht es dem Berechtigten nur erlaubt, den Kaufgegenstand an sich zu ziehen, wenn ein bestimmtes Ereignis, der sogenannte Vorkaufsfall, eintritt. Die Verknüpfung der Ausübung des eingeräumten Rechts mit einem bestimmten vom Willen des Berechtigten unabhängigen Ereignis macht es sinnvoll, die Ausübung an eine feste vom Gesetz vorgegebene Frist zu binden. Die Natur des Kaufsrechts besteht demgegenüber gerade darin, dass der Berechtigte nach seinem freien Willen BGE 138 III 659 S. 666 während der Laufzeit der Option sein Recht ausüben kann. Entscheidend ist folglich die Laufzeit der Option und diese hängt vom Willen der Parteien ab. Kaufsrechte verlören den wesentlichen Teil ihrer wirtschaftlichen Funktion, wenn das Gesetz eine feste Laufzeit vorgäbe. Insofern lässt sich die in Art. 216e OR festgesetzte Ausübungsfrist nicht allgemein auf die Kaufsrechte ausdehnen. 4.2 Wie die Laufzeit eines Kaufsrechts der Parteidisposition unterliegt (vorne E. 3.4), ist es den Parteien auch unbenommen, eine Ausübungsfrist zu vereinbaren, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - das Kaufsrecht an den Eintritt einer Bedingung knüpfen. Die Beschwerdeführer machen denn auch geltend, eine analoge Anwendung von Art. 216e OR dränge sich auf, weil die Parteien mit der Bedingung eine Annäherung an das Vorkaufsrecht vorgenommen hätten. Das Kaufsrecht sei für den Fall einer Schenkung nur deshalb vereinbart worden, weil die Schenkung kein Vorkaufsfall sei. Eine Ausübungsfrist sei zudem schon deshalb notwendig, weil ein an eine Schenkung geknüpftes Kaufsrecht ohne Ausübungsfrist untauglich sei. Mit der Schenkung werde die Erfüllung des Kaufsrechts subjektiv und objektiv unmöglich. 4.2.1 Gemäss Art. 18 Abs. 1 OR bestimmt sich der Inhalt des Vertrags nach dem übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien. Die empirische oder subjektive hat gegenüber der normativen oder objektivierten Vertragsauslegung den Vorrang ( BGE 137 III 145 E. 3.2.1; BGE 130 III 554 E. 3.1 S. 557). Wenn der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten ( BGE 130 III 66 E. 3.2; BGE 128 III 70 E. 1a S. 73; BGE 127 III 444 E. 1b; BGE 124 III 363 E. II/5a; vgl. auch BGE 132 III 24 E. 4 S. 27 f.; BGE 131 III 606 E. 4.1 S. 611). Dabei ist vom Wortlaut der Erklärungen auszugehen, welche jedoch nicht isoliert, sondern aus ihrem konkreten Sinngefüge heraus zu beurteilen sind ( BGE 123 III 165 E. 3a). Demnach ist der vom Erklärenden verfolgte Regelungszweck, wie ihn der Erklärungsempfänger in guten Treuen verstehen durfte und musste, massgebend ( BGE 132 III 24 E. 4 S. 28). Das Bundesgericht überprüft diese objektivierte Auslegung von Willenserklärungen als Rechtsfrage, wobei es an Feststellungen des kantonalen Richters über die äusseren Umstände BGE 138 III 659 S. 667 sowie das Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden ist ( Art. 105 Abs. 1 BGG ; BGE 133 III 61 E. 2.2.1 mit Hinweisen). 4.2.2 Die Vorinstanz hat in Bezug auf eine allfällige Ausübungsfrist keinen übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien festgestellt. Sie hat ausgeführt, es sei zwar anzuerkennen, dass das vorliegende Kaufsrecht unter einer Suspensivbedingung (der Schenkung) vereinbart worden sei und es sich insofern einem Vorkaufsrecht annähere. Allein diese Modifikation rechtfertige es aber nicht, das vorliegende Kaufsrecht hinsichtlich der Ausübungsfrist gleich zu behandeln wie ein Vorkaufsrecht. Hätten die Parteien eine Ausübungsfrist des Kaufsrechts gewollt, so hätten sie dieses weiter ihren Bedürfnissen anpassen können; es wäre ihnen offengestanden, nebst der Vereinbarung einer Suspensivbedingung auch eine Ausübungsfrist zu vereinbaren. Eine Ausübungsfrist mangels anderer gesetzlicher Grundlage durch die analoge Anwendung von Art. 216e OR vorzusehen, rechtfertige sich deshalb nicht. 4.2.3 Soweit die Beschwerdeführer argumentieren, die Parteien des Kaufsrechts hätten eine Gleichstellung mit dem Vorkaufsrecht bezüglich der Ausübungsfrist nur deshalb nicht ausdrücklich vorgesehen, weil sie den Regelungsbedarf gar nicht erkannt hätten, und die Analogie sei für sie selbstverständlich gewesen, stützen sie sich auf einen Sachverhalt ab, der von der Vorinstanz nicht festgestellt worden ist. Diese Vorbringen sind daher unbeachtlich. 4.2.4 Was das Argument der Beschwerdeführer betrifft, das Kaufsrecht nähere sich aufgrund seiner Bedingung einem Vorkaufsrecht, so ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass die Parteien ohne weiteres die Möglichkeit hatten, neben der Bedingung (Schenkung) auch eine bestimmte Ausübungsfrist vorzusehen. Da eine Ausübungsfrist nicht festgehalten wurde, durfte die Beschwerdegegnerin in guten Treuen davon ausgehen, dass sie für die Ausübung des Kaufsrechts nicht an eine bestimmte Frist gebunden war. Daran ändert selbst dann nichts, wenn die Parteien für den Fall der Schenkung nur deshalb ein bedingtes Kaufsrecht vereinbart hätten, weil die Schenkung keinen Vorkaufsfall darstellt (vgl. BGE 115 II 175 E. 4a S. 179; BGE 101 II 59 ). Sollten sich die Parteien gerade bewusst gewesen sein, dass die gesetzlichen Bestimmungen zum Vorkaufsrecht nicht anwendbar sind und sie die Regeln für das Kaufsrecht an ihre Bedürfnisse anzupassen haben, wie sie dies mit der Verknüpfung des Kaufsrechts mit der Bedingung einer Schenkung getan haben, so gilt umso mehr, BGE 138 III 659 S. 668 dass die Beschwerdegegnerin davon ausgehen durfte, dass die als notwendig erachteten Anpassungen vorgenommen wurden. Auch das Argument, der Verzicht auf eine Ausübungsfrist mache das Recht unpraktikabel, weil nach erfolgter Schenkung die Erfüllung des Kaufsrechts nicht mehr möglich sei, ist nicht überzeugend. Wenn die Ausführung der Schenkung tatsächlich den Anspruch aus dem Kaufsrecht untergehen liesse (vgl. dazu nicht publ. E. 5), bestünde dieses Problem auch bei der Anwendung einer dreimonatigen Frist analog zu Art. 216e OR. Ausserdem besteht die Möglichkeit, im Schenkungsvertrag durch eine entsprechende Klausel das Vorgehen für den Fall zu regeln, dass das Kaufsrecht ausgeübt wird. Die Vorinstanz hat somit kein Bundesrecht verletzt, wenn sie die Ausübung des Kaufsrechts als rechtzeitig beurteilte. 4.3 Ob die aus dem Kaufsrecht verpflichtete Partei der Berechtigten eine Frist zur Erklärung über die Ausübung hätte setzen können, braucht vorliegend nicht beurteilt zu werden, weil keine solche Frist gesetzt worden ist. Ebenfalls nicht beurteilt werden muss die Frage, ob eine Ausübung des Rechts auch noch nach dem Tod der aus dem Kaufsrecht verpflichteten Partei hätte ausgeübt werden können. Die Erklärung, das Recht ausüben zu wollen, erfolgte noch zu Lebzeiten der verpflichteten Partei. Es ergibt sich somit, dass die Vorinstanz zu Recht angenommen hat, dass das Kaufsrecht rechtzeitig ausgeübt worden sei. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet.
Urteilskopf
99. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.X. und B.X. gegen C. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_189/2012 vom 2. Oktober 2012
Regeste a Art. 216a OR ; Art. 1, 2 und 3 SchlT ZGB ; Befristung von Kaufsrechten; intertemporales Recht. Die in Art. 216a OR vorgesehene gesetzliche Befristung ist nicht anwendbar auf Kaufsrechte, die vor Inkrafttreten dieser Bestimmung (1. Januar 1994) vereinbart wurden (E. 3).
Regeste a
Art. 216a OR ; Art. 1, 2 und 3 SchlT ZGB ; Befristung von Kaufsrechten; intertemporales Recht. Die in Art. 216a OR vorgesehene gesetzliche Befristung ist nicht anwendbar auf Kaufsrechte, die vor Inkrafttreten dieser Bestimmung (1. Januar 1994) vereinbart wurden (E. 3).
Art. 216a OR Art. 1, 2 und 3 SchlT ZGB Die in Art. 216a OR vorgesehene gesetzliche Befristung ist nicht anwendbar auf Kaufsrechte, die vor Inkrafttreten dieser Bestimmung (1. Januar 1994) vereinbart wurden (E. 3).
Art. 216a OR Regeste b Art. 216e OR ; Ausübung des Kaufsrechts; Frist. Für Kaufsrechte besteht keine gesetzliche Ausübungsfrist. Die für Vorkaufsrechte vorgesehene Ausübungsfrist von drei Monaten ( Art. 216e OR ) ist nicht analog anwendbar auf Kaufsrechte, selbst wenn diese an den Eintritt einer Bedingung geknüpft werden (E. 4).
Regeste b
Art. 216e OR ; Ausübung des Kaufsrechts; Frist. Für Kaufsrechte besteht keine gesetzliche Ausübungsfrist. Die für Vorkaufsrechte vorgesehene Ausübungsfrist von drei Monaten ( Art. 216e OR ) ist nicht analog anwendbar auf Kaufsrechte, selbst wenn diese an den Eintritt einer Bedingung geknüpft werden (E. 4).
Art. 216e OR Für Kaufsrechte besteht keine gesetzliche Ausübungsfrist. Die für Vorkaufsrechte vorgesehene Ausübungsfrist von drei Monaten ( Art. 216e OR ) ist nicht analog anwendbar auf Kaufsrechte, selbst wenn diese an den Eintritt einer Bedingung geknüpft werden (E. 4).
Art. 216e OR Erwägungen ab Seite 660
Erwägungen ab Seite 660 BGE 138 III 659 S. 660
BGE 138 III 659 S. 660
Aus den Erwägungen:
2. Gemäss dem für das Bundesgericht verbindlichen und nunmehr auch von den Parteien nicht mehr bestrittenen Sachverhalt ging der übereinstimmende Wille der Beschwerdegegnerin und ihrer Stiefmutter bei der Vereinbarung des Kaufsrechts dahin, dass dieses keiner in Jahren bemessenen Frist unterliegen sollte.
2. Streitig ist vorliegend aber noch immer, ob die Einführung von Art. 216a OR mit der Gesetzesrevision 1991 (in Kraft seit 1994) nachträglich eine Befristung des Kaufsrechts auf 10 Jahre bewirkt hat (nachfolgend E. 3) und ob das Kaufsrecht rechtzeitig ausgeübt worden ist (nachfolgend E. 4). Schliesslich ist zwischen den Parteien streitig, ob nach wie vor ein Erfüllungsanspruch besteht oder ob dieser nur auf Schadenersatz gehen kann (nicht publ. E. 5).
Art. 216a OR 3.
3. 3.1 Bis zur Gesetzesrevision von 1991 war es unbestrittenermassen möglich, Kaufsrechte im Sinne einer obligatorischen Verpflichtung grundsätzlich auf unbestimmte Zeit zu vereinbaren ( BGE 102 II 243 E. 3; BGE 121 III 210 E. 2; BGE 126 III 421 E. 3a/aa). Allerdings hiess das nicht, dass ein Kaufsrecht ohne jede zeitliche Befristung möglich war. Auch im alten Recht war Art. 27 ZGB zu beachten. Das Fehlen BGE 138 III 659 S. 661 einer Frist konnte eine übermässige Bindung darstellen ( BGE 126 III 421 E. 3c/dd S. 429). Wie lange diese Frist sein konnte, hing damit allerdings von den Besonderheiten des konkreten Falles ab. Sowohl daraus als auch aus dem Unterschied zwischen der Befristung der dinglichen Wirkung und dem Fehlen einer konkreten Frist für die obligatorische Verpflichtung ergaben sich Unsicherheiten, die der Gesetzgeber mit der Revision beseitigen wollte. Er hat deshalb im Kaufsrecht eine Befristung der vertraglichen Kaufs-, Vorkaufs- und Rückkaufsrechte eingeführt. Nicht ausdrücklich geregelt wurde aber vom Gesetzgeber die Frage, ob diese Befristung auch für die früher auf längere Zeit oder ohne feste Frist vertraglich begründeten obligatorischen Pflichten gelte oder nicht. Die Revision enthielt insoweit keine Übergangsbestimmungen ( BGE 121 III 210 E. 3b S. 212; BGE 126 III 421 E. 3c/aa S. 426).
3.1 Art. 27 ZGB BGE 138 III 659 S. 661
3.2 Die Lehre hat zur Anwendbarkeit der Befristung auf früher begründete Kaufs-, Vorkaufs- und Rückkaufsrechte unterschiedlich Stellung genommen (gegen eine Anwendung auf bestehende Rechte: CHRISTIAN BRÜCKNER, Verwandte Verträge [Vorvertrag, Vorkaufsvertrag, Vertrag auf Begründung eines Kaufsrechts bzw. Rückkaufsrechts], in: Der Grundstückkauf, Alfred Koller [Hrsg.], 2. Aufl. 2001, S. 509 f.; EUGEN BUCHER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1993, N. 243 zu Art. 27 ZGB ; BÉNÉDICT FOËX, La nouvelle réglementation des droits de préemption, d'emption et de réméré dans le CC/CO, SJ 1994 S. 414 f.; ALFRED KOLLER, Bemerkungen zu BGE 126 III 421, AJP 2001 S. 119 f.; ders., Das intertemporale Recht zu Art. 216a OR, ZBGR 81/2000, S. 290 ff.; THEO GUHL UND ANDERE, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, S. 347; DENIS PIOTET, Le droit transitoire des lois fédérales sur le droit foncier rural et sur la révision partielle du code civil et du code des obligations du 4 octobre 1991, ZSR 113/1994 I S. 143 f.; HEINZ REY, Die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1995, ZBJV 133/1997 S. 256 f.; für eine Anwendung der Befristung: HANS GIGER, Berner Kommentar, 1997, N. 461 zu Art. 216 OR ; ROLAND PFÄFFLI, Neuerungen im Immobiliarsachenrecht und beim Grundstückkauf, Der bernische Notar [BN] 1992 S. 455; VITO ROBERTO, Teilrevision des Zivilgesetzbuches und des Obligationenrechts, recht 11/1993 S. 174 f.; FELIX SCHÖBI, Die Revision des Kaufs-, des Vorkaufs- und des Rückkaufsrechts, AJP 1992 S. 570 f.).
3.2 Art. 27 ZGB Art. 216a OR Art. 216 OR Das Bundesgericht hat zu dieser Frage bis anhin nicht abschliessend Stellung genommen. Vielmehr hat es sie in BGE 121 III 210 BGE 138 III 659 S. 662 ausdrücklich offengelassen, weil die Besonderheiten des konkreten Falles eine Entscheidung unnötig machten, da das Kaufsrecht noch vor Inkrafttreten der Gesetzesrevision ausgeübt worden war. In BGE 126 III 421 hielt das Bundesgericht fest, dass die durch den Gesetzgeber neu eingeführte Frist aus Gründen des Vertrauensschutzes in jedem Fall erst mit dem Inkrafttreten der neuen Bestimmung 1994 zu laufen beginnen konnte. Damit war die Frage, ob die Frist auf altrechtliche Kaufsrechte überhaupt anwendbar ist, auch in diesem Fall ohne Bedeutung. Vorliegend ist zur Frage der Anwendbarkeit der gesetzlichen Frist auf früher vereinbarte Kaufsrechte nun Stellung zu nehmen, weil das Recht erst 2010 und damit über 10 Jahre nach Inkrafttreten der neuen Bestimmung ausgeübt worden ist.
BGE 138 III 659 S. 662
3.3 Regelt der Gesetzgeber den zeitlichen Anwendungsbereich bei einer privatrechtlichen Gesetzesrevision nicht besonders, so sind Art. 1 bis 4 SchlT ZGB massgebend. Ausgangspunkt bildet dabei die in Art. 1 SchlT ZGB enthaltene Grundregel der Nichtrückwirkung einer Gesetzesänderung, welche für den gesamten Bereich des Zivilrechts gilt (MARKUS VISCHER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, 4. Aufl. 2011, N. 2 zu Art. 1 SchlT ZGB ). Sie schützt das Vertrauen in den Bestand einmal rechtsgeschäftlich gesetzeskonform begründeter Rechte. Rechtliche Wirkungen von Tatsachen, die vor dem Inkrafttreten einer neuen Bestimmung eingetreten sind, werden auch nachher nach den früheren Bestimmungen beurteilt. Dieser Grundsatz erfährt allerdings gewichtige Einschränkungen. Die Rechtsordnung muss sich weiter entwickeln und veränderten Verhältnissen und Überzeugungen anpassen können (vgl. PAUL MUTZNER, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1926, N. 9 Vorbemerkungen zu Art. 1-50 SchlT ZGB ). Deshalb ist eine Rückwirkung und damit auch ein Eingriff in rechtsgeschäftlich erworbene Rechte zulässig, wenn die Rechtsänderung um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen aufgestellt worden ist ( Art. 2 SchlT ZGB ; VISCHER, a.a.O., N. 3 ff. zu Art. 2 SchlT ZGB ). Zudem rechtfertigt sich der Schutz der bisherigen Rechtslage dann nicht, wenn die entsprechenden Rechtswirkungen nicht vom Willen der Parteien abhängen, sondern sich bei einem Dauerschuldverhältnis direkt aus dem Gesetz ergeben, und es um die Wirkungen nach Eintritt der Rechtsänderung geht ( Art. 3 SchlT ZGB ; vgl. VISCHER, a.a.O., N. 5 ff. zu Art. 3 SchlT ZGB ). Die Ausgestaltung solcher Dauerschuldverhältnisse kann somit ohne weiteres auch ohne Zustimmung der betroffenen Parteien bzw. sogar gegen deren Willen ändern (vgl. TUOR/SCHNYDER/SCHMID, BGE 138 III 659 S. 663 Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 13. Aufl. 2009, S. 1184 f. Rz. 12). Dabei handelt es sich um eine so genannte unechte Rückwirkung, welche auch von der Verfassung her zulässig ist (BEATRICE WEBER-DÜRLER, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, 1983, S. 285).
3.3 Art. 1 SchlT ZGB Art. 1 SchlT ZGB Art. 1-50 SchlT ZGB Art. 2 SchlT ZGB Art. 2 SchlT ZGB Art. 3 SchlT ZGB Art. 3 SchlT ZGB BGE 138 III 659 S. 663
Ob es sich um eine der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit wegen aufgestellte Norm handelt und deshalb eine Rückwirkung nach Art. 2 SchlT ZGB eintritt oder nicht, ist eine Frage der Auslegung der rechtspolitischen Motive, welche zur Gesetzesrevision geführt haben. Wann ein Rechtsverhältnis vorliegt, dessen Inhalt durch das Gesetz umschrieben wird, definiert Art. 3 SchlT ZGB nicht. Aus dem Gesetzestext ergibt sich vorab, dass es auf die Umschreibung des Inhalts und nicht des Bestands ankommt (vgl. TUOR/SCHNYDER/SCHMID, a.a.O., S. 1184 Rz. 12). Als gesetzliche Rechte sind sodann alle Berechtigungen anzusehen, "die gestützt auf einen bestimmten Zustandstatbestand für alle Personen unmittelbar durch das Gesetz begründet werden" (MUTZNER, a.a.O., N. 3 zu Art. 3 SchlT ZGB ). Erworbene, selbständige Rechte sind demgegenüber jene Rechte, die "auf einem besonderen Rechtsgrund" beruhen (MUTZNER, a.a.O., N. 3 zu Art. 3 SchlT ZGB ; BGE 116 II 63 E. 3b S. 67). Entscheidend ist damit, ob es sich um eine Frage handelt, die durch den Parteiwillen oder das Gesetz bestimmt ist.
Art. 2 SchlT ZGB Art. 3 SchlT ZGB Art. 3 SchlT ZGB Art. 3 SchlT ZGB 3.4 Im vorliegenden Zusammenhang steht ausser Zweifel, dass die Gesetzesrevision nicht um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen erfolgte. Der Gesetzgeber wollte hauptsächlich dogmatische Fragen klären und Auseinandersetzungen in der Lehre beseitigen (vgl. Botschaft vom 19. Oktober 1988 zum Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht [BGBB] sowie zum Bundesgesetz über die Teilrevisionen des Zivilgesetzbuches [Immobiliarsachenrecht] und des Obligationenrechts [Grundstückkauf], BBl 1988 1077 f. Ziff. 321.2 zu Art. 216a). Insofern kann sich eine Rückwirkung nicht auf Art. 2 SchlT ZGB stützen (vgl. auch BGE 126 III 421 E. 3c/cc S. 428).
3.4 Art. 2 SchlT ZGB Es bleibt zu prüfen, ob Art. 3 SchlT ZGB anwendbar ist. Dabei stehen vorliegend nicht die Begründung, sondern die Dauer bzw. die Untergangsgründe des Rechts zur Diskussion. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei einem Kaufsrecht nicht um ein klassisches Dauerschuldverhältnis handelt. Vielmehr wird ein Austauschvertrag begründet, dessen Besonderheit darin liegt, dass die Erfüllung aufgeschoben ist, wodurch eine auf gewisse Dauer angelegte BGE 138 III 659 S. 664 Rechtsbeziehung zwischen den Parteien entsteht. Dieses Rechtsverhältnis lässt aber nicht laufend neue Rechte und Pflichten entstehen, wie dies bei einem klassischen Dauerschuldverhältnis wie einem Arbeitsvertrag, einem Auftrag oder einer Miete der Fall ist.
Art. 3 SchlT ZGB BGE 138 III 659 S. 664
Entscheidender Inhalt eines Kaufsrechts ist, dass die Ausübung der Option in einem späteren Zeitpunkt erfolgt als deren Einräumung. Andernfalls ist das Kaufsrecht wirtschaftlich sinnlos. Insofern sind die Gültigkeitsdauer bzw. die Bedingungen für die Ausübung des Rechts entscheidender Inhalt des Rechts. Die Befristung betrifft aber in erster Linie den Bestand des Rechts. Vorliegend fragt sich, ob es im Zeitpunkt seiner Ausübung bzw. des Eintritts der Bedingung noch bestanden hat oder untergegangen war. Entsprechend hilft die dogmatische Unterscheidung zwischen Inhalt und Bestand vorliegend kaum weiter. Entscheidend ist vielmehr, dass die Dauer des Rechts bei einem Kaufsrecht eine der wesentlichsten Fragen ist, welche die Parteien bei der Begründung zu klären haben. Sie beeinflusst die wirtschaftliche Bedeutung des Kaufsrechts. Insofern handelt es sich sicher um einen Punkt, von dem nicht behauptet werden kann, dass er "est fixé par la loi, sans égard à la volonté des parties" ( BGE 133 III 105 E. 2.3.4). Vielmehr handelt es sich um einen Inhalt, der "découle de la volonté autonome des parties". Der Argumentation des Bundesgerichts in BGE 133 III 105 E. 2.3.4 folgend fällt die Frage der Befristung somit nicht in den Anwendungsbereich von Art. 3 SchlT ZGB.
Art. 3 SchlT ZGB 3.5 Was die Beschwerdeführer dagegen vorbringen, vermag nicht zu überzeugen. Sie geben zwar korrekt und auch mit guten Argumenten im Wesentlichen die sie unterstützenden Lehrmeinungen wieder. Es ist ihnen auch zuzugestehen, dass die Abgrenzung zwischen Inhalt und Bestand nicht einer klaren dogmatischen Logik entspricht und auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Frage der Anwendbarkeit von Art. 3 SchlT ZGB nicht einhellige Zustimmung gefunden hat (vgl. BGE 116 II 63 E. 3; BGE 116 III 120 E. 3d). Das Bundesgericht hat regelmässig das Bedürfnis nach Rechtssicherheit, nach Schutz des Vertrauens in den Bestand von Rechten und die Praktikabilität einer Lösung gegeneinander abgewogen und einen wertenden Entscheid gefällt.
3.5 Art. 3 SchlT ZGB Vorliegend haben die Parteien aber, wie die - für das Bundesgericht verbindlichen - Sachverhaltsfeststellungen ergeben haben, bewusst ein mehr als zehn Jahre dauerndes Kaufsrecht im Rahmen BGE 138 III 659 S. 665 eines komplexen Rechtsgeschäfts, nämlich einer Erbteilung, einräumen wollen. Wenn nun ein wesentlicher Teil des eingeräumten Rechts wegen einer Gesetzesänderung entfiele, wäre das Vertrauen in den Bestand einer ausgehandelten Lösung erheblich gestört. Die Nichtanwendung des neuen Rechts auf das früher begründete Kaufsrecht erscheint daher angemessen. Zu beachten ist auch, dass das neue Recht die Frage der Dauer des Kaufsrechts in keiner Weise dem Parteiwillen entzieht und nunmehr gesetzlich vorgibt. Es hat nur eine Maximalfrist eingeführt. Innerhalb dieser bleibt es noch immer eine Frage des Parteiwillens, wie lange das Recht Bestand haben soll.
BGE 138 III 659 S. 665
3.6 Es erweist sich somit, dass die in Art. 216a OR enthaltene Befristung der obligatorischen Wirkung des Kaufsrechts im vorliegenden Fall (noch) keine Anwendung findet, so dass das Kaufsrecht im Zeitpunkt der Schenkung der Grundstücke bestanden hat.
3.6 Art. 216a OR 4. Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, das Kaufsrecht sei nicht rechtzeitig ausgeübt worden. Dabei ist unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 10. November 2009 über die erfolgten Schenkungen unterrichtet worden ist und mit Schreiben vom 28. Mai 2010, d.h. etwas mehr als sechs Monate später, die Ausübung ihres Kaufsrechts mitgeteilt hat. Ebenfalls unbestritten ist, dass die Kaufsrechtsvereinbarung selbst keine Frist für dessen Ausübung erwähnt.
4. Die Beschwerdeführer bringen nun vor, die in Art. 216e OR enthaltene dreimonatige Frist für die Ausübung eines Vorkaufsrechts gelte vorliegend auch für das Kaufsrecht. Dieses sei im vorliegenden Fall nur deshalb vereinbart worden, weil das ebenfalls vereinbarte Vorkaufsrecht nur den Fall eines Verkaufes, nicht aber auch den Fall einer Schenkung erfasst habe. Entsprechend sei die für die Ausübungsfrist des Vorkaufsrechts gesetzlich vorgesehene Verwirkungsfrist analog auch für das Kaufsrecht massgebend.
Art. 216e OR 4.1 Vorkaufsrechte und Kaufsrechte unterscheiden sich ihrer Natur nach grundsätzlich darin, dass ein Vorkaufsrecht es dem Berechtigten nur erlaubt, den Kaufgegenstand an sich zu ziehen, wenn ein bestimmtes Ereignis, der sogenannte Vorkaufsfall, eintritt. Die Verknüpfung der Ausübung des eingeräumten Rechts mit einem bestimmten vom Willen des Berechtigten unabhängigen Ereignis macht es sinnvoll, die Ausübung an eine feste vom Gesetz vorgegebene Frist zu binden. Die Natur des Kaufsrechts besteht demgegenüber gerade darin, dass der Berechtigte nach seinem freien Willen BGE 138 III 659 S. 666 während der Laufzeit der Option sein Recht ausüben kann. Entscheidend ist folglich die Laufzeit der Option und diese hängt vom Willen der Parteien ab. Kaufsrechte verlören den wesentlichen Teil ihrer wirtschaftlichen Funktion, wenn das Gesetz eine feste Laufzeit vorgäbe. Insofern lässt sich die in Art. 216e OR festgesetzte Ausübungsfrist nicht allgemein auf die Kaufsrechte ausdehnen.
4.1 BGE 138 III 659 S. 666
Art. 216e OR 4.2 Wie die Laufzeit eines Kaufsrechts der Parteidisposition unterliegt (vorne E. 3.4), ist es den Parteien auch unbenommen, eine Ausübungsfrist zu vereinbaren, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - das Kaufsrecht an den Eintritt einer Bedingung knüpfen. Die Beschwerdeführer machen denn auch geltend, eine analoge Anwendung von Art. 216e OR dränge sich auf, weil die Parteien mit der Bedingung eine Annäherung an das Vorkaufsrecht vorgenommen hätten. Das Kaufsrecht sei für den Fall einer Schenkung nur deshalb vereinbart worden, weil die Schenkung kein Vorkaufsfall sei. Eine Ausübungsfrist sei zudem schon deshalb notwendig, weil ein an eine Schenkung geknüpftes Kaufsrecht ohne Ausübungsfrist untauglich sei. Mit der Schenkung werde die Erfüllung des Kaufsrechts subjektiv und objektiv unmöglich.
4.2 Art. 216e OR 4.2.1 Gemäss Art. 18 Abs. 1 OR bestimmt sich der Inhalt des Vertrags nach dem übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien. Die empirische oder subjektive hat gegenüber der normativen oder objektivierten Vertragsauslegung den Vorrang ( BGE 137 III 145 E. 3.2.1; BGE 130 III 554 E. 3.1 S. 557). Wenn der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten ( BGE 130 III 66 E. 3.2; BGE 128 III 70 E. 1a S. 73; BGE 127 III 444 E. 1b; BGE 124 III 363 E. II/5a; vgl. auch BGE 132 III 24 E. 4 S. 27 f.; BGE 131 III 606 E. 4.1 S. 611). Dabei ist vom Wortlaut der Erklärungen auszugehen, welche jedoch nicht isoliert, sondern aus ihrem konkreten Sinngefüge heraus zu beurteilen sind ( BGE 123 III 165 E. 3a). Demnach ist der vom Erklärenden verfolgte Regelungszweck, wie ihn der Erklärungsempfänger in guten Treuen verstehen durfte und musste, massgebend ( BGE 132 III 24 E. 4 S. 28). Das Bundesgericht überprüft diese objektivierte Auslegung von Willenserklärungen als Rechtsfrage, wobei es an Feststellungen des kantonalen Richters über die äusseren Umstände BGE 138 III 659 S. 667 sowie das Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden ist ( Art. 105 Abs. 1 BGG ; BGE 133 III 61 E. 2.2.1 mit Hinweisen).
4.2.1 Art. 18 Abs. 1 OR BGE 138 III 659 S. 667
Art. 105 Abs. 1 BGG 4.2.2 Die Vorinstanz hat in Bezug auf eine allfällige Ausübungsfrist keinen übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien festgestellt. Sie hat ausgeführt, es sei zwar anzuerkennen, dass das vorliegende Kaufsrecht unter einer Suspensivbedingung (der Schenkung) vereinbart worden sei und es sich insofern einem Vorkaufsrecht annähere. Allein diese Modifikation rechtfertige es aber nicht, das vorliegende Kaufsrecht hinsichtlich der Ausübungsfrist gleich zu behandeln wie ein Vorkaufsrecht. Hätten die Parteien eine Ausübungsfrist des Kaufsrechts gewollt, so hätten sie dieses weiter ihren Bedürfnissen anpassen können; es wäre ihnen offengestanden, nebst der Vereinbarung einer Suspensivbedingung auch eine Ausübungsfrist zu vereinbaren. Eine Ausübungsfrist mangels anderer gesetzlicher Grundlage durch die analoge Anwendung von Art. 216e OR vorzusehen, rechtfertige sich deshalb nicht.
4.2.2 Art. 216e OR 4.2.3 Soweit die Beschwerdeführer argumentieren, die Parteien des Kaufsrechts hätten eine Gleichstellung mit dem Vorkaufsrecht bezüglich der Ausübungsfrist nur deshalb nicht ausdrücklich vorgesehen, weil sie den Regelungsbedarf gar nicht erkannt hätten, und die Analogie sei für sie selbstverständlich gewesen, stützen sie sich auf einen Sachverhalt ab, der von der Vorinstanz nicht festgestellt worden ist. Diese Vorbringen sind daher unbeachtlich.
4.2.3 4.2.4 Was das Argument der Beschwerdeführer betrifft, das Kaufsrecht nähere sich aufgrund seiner Bedingung einem Vorkaufsrecht, so ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass die Parteien ohne weiteres die Möglichkeit hatten, neben der Bedingung (Schenkung) auch eine bestimmte Ausübungsfrist vorzusehen. Da eine Ausübungsfrist nicht festgehalten wurde, durfte die Beschwerdegegnerin in guten Treuen davon ausgehen, dass sie für die Ausübung des Kaufsrechts nicht an eine bestimmte Frist gebunden war. Daran ändert selbst dann nichts, wenn die Parteien für den Fall der Schenkung nur deshalb ein bedingtes Kaufsrecht vereinbart hätten, weil die Schenkung keinen Vorkaufsfall darstellt (vgl. BGE 115 II 175 E. 4a S. 179; BGE 101 II 59 ). Sollten sich die Parteien gerade bewusst gewesen sein, dass die gesetzlichen Bestimmungen zum Vorkaufsrecht nicht anwendbar sind und sie die Regeln für das Kaufsrecht an ihre Bedürfnisse anzupassen haben, wie sie dies mit der Verknüpfung des Kaufsrechts mit der Bedingung einer Schenkung getan haben, so gilt umso mehr, BGE 138 III 659 S. 668 dass die Beschwerdegegnerin davon ausgehen durfte, dass die als notwendig erachteten Anpassungen vorgenommen wurden.
4.2.4 BGE 138 III 659 S. 668
Auch das Argument, der Verzicht auf eine Ausübungsfrist mache das Recht unpraktikabel, weil nach erfolgter Schenkung die Erfüllung des Kaufsrechts nicht mehr möglich sei, ist nicht überzeugend. Wenn die Ausführung der Schenkung tatsächlich den Anspruch aus dem Kaufsrecht untergehen liesse (vgl. dazu nicht publ. E. 5), bestünde dieses Problem auch bei der Anwendung einer dreimonatigen Frist analog zu Art. 216e OR. Ausserdem besteht die Möglichkeit, im Schenkungsvertrag durch eine entsprechende Klausel das Vorgehen für den Fall zu regeln, dass das Kaufsrecht ausgeübt wird.
Art. 216e OR Die Vorinstanz hat somit kein Bundesrecht verletzt, wenn sie die Ausübung des Kaufsrechts als rechtzeitig beurteilte.
4.3 Ob die aus dem Kaufsrecht verpflichtete Partei der Berechtigten eine Frist zur Erklärung über die Ausübung hätte setzen können, braucht vorliegend nicht beurteilt zu werden, weil keine solche Frist gesetzt worden ist. Ebenfalls nicht beurteilt werden muss die Frage, ob eine Ausübung des Rechts auch noch nach dem Tod der aus dem Kaufsrecht verpflichteten Partei hätte ausgeübt werden können. Die Erklärung, das Recht ausüben zu wollen, erfolgte noch zu Lebzeiten der verpflichteten Partei. Es ergibt sich somit, dass die Vorinstanz zu Recht angenommen hat, dass das Kaufsrecht rechtzeitig ausgeübt worden sei. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet.
4.3
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Urteilskopf 138 III 669 100. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. SA (recours en matière civile) 4A_278/2012 du 26 septembre 2012 Regeste Immobilienmäklervertrag; unverhältnismässig hoher Mäklerlohn ( Art. 417 OR ). Zu berücksichtigende Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob der Mäklerlohn unverhältnismässig hoch ist. Der tatsächliche Aufwand des Mäklers ist nicht entscheidend; aufgrund des aleatorischen Charakters der Mäkelei ist vom Grundsatz auszugehen, dass der Lohn den Erfolg des Mäklers entgilt (E. 3). Erwägungen ab Seite 669 BGE 138 III 669 S. 669 Extrait des considérants: 3. Dans un second moyen, le recourant reproche à la cour cantonale d'avoir violé l' art. 417 CO en n'examinant pas si le salaire de la courtière était excessif et devait être réduit le cas échéant. A le suivre, la commission de 122'664 fr. serait inéquitable et choquante dans les circonstances particulières du cas. En effet, l'intimée gagnerait, pour la maigre activité déployée auprès de l'acheteur, un salaire représentant plus du double de celui dont elle était prête à se satisfaire en cas de vente de l'immeuble aux époux F., en faveur desquels elle avait exercé une activité notablement supérieure. 3.1 Lorsqu'un salaire excessif a été stipulé soit pour avoir indiqué une occasion de conclure un contrat individuel de travail ou une vente d'immeuble, soit pour avoir négocié l'un de ces contrats, il peut être, à la requête du débiteur, équitablement réduit par le juge ( art. 417 CO ). Déterminer si le salaire est excessif ou non suppose de tenir compte de l'ensemble des circonstances du cas d'espèce (cf. ATF 117 II 286 BGE 138 III 669 S. 670 consid. 5b p. 290 in fine; ATF 83 II 151 consid. 4c p. 154 in fine). Etant donné le caractère aléatoire du contrat de courtage, il faut partir du principe que le salaire rémunère le succès du courtier, et non l'étendue de l'activité déployée par celui-ci (FRANÇOIS RAYROUX, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2 e éd. 2012, n° 8 ad art. 417 CO ; CHRISTIAN MARQUIS, Le contrat de courtage immobilier et le salaire du courtier, 1993, p. 329). Le juge effectuera une comparaison avec les commissions versées habituellement ( ATF 117 II 286 consid. 5b p. 290 et les arrêts cités) dans la région considérée ( ATF 112 II 459 consid. 3 p. 460; ATF 111 II 366 consid. 3c p. 370). En matière immobilière, la commission correspond en règle générale à un pourcentage du prix de vente obtenu. Le taux usuel peut varier en fonction du prix qui sert de référence; il diminue alors au fur et à mesure que le prix de vente augmente. Une commission peut dépasser légèrement le tarif ou le taux habituel sans pour autant être excessive (THÉVENOZ/PEYROT, Le contrat de courtage immobilier, in Servitudes, droit de voisinage, responsabilités du propriétaire immobilier, Foëx/Hottelier [éd.], 2007, p. 136). En effet, dans la mesure où il limite la liberté contractuelle des parties, l' art. 417 CO doit être interprété de manière restrictive ( ATF 106 II 56 consid. 2a p. 57). Dans la jurisprudence, une commission de 3 % calculée sur un prix de vente de 1'695'000 fr. n'a pas été jugée excessive (arrêt 4C.121/2005 du 5 juillet 2005 consid. 4.2.2). De même, le Tribunal fédéral n'a pas réduit un salaire de 492'000 fr. correspondant à un taux de 3 % du prix de vente de diverses parcelles qui se montait au total à 16'400'000 fr., même si cette rémunération se situait à la limite de ce qui était admissible en raison du prix élevé de la transaction (arrêt 4C.362/1999 du 22 mars 2000 consid. 4c). N'a pas non plus été considérée comme excessive une commission de 3,57 % pour des ventes immobilières portant l'une sur 1'750'000 fr. (arrêt 4C.183/1998 du 16 juin 1999 consid. 4b) et l'autre sur 2'800'000 fr. (arrêt 4C.28/1995 du 1 er octobre 1996 consid. 5b). Il a également été jugé qu'une commission fixée à 3 % du prix de vente, correspondant au taux usuel, n'était pas trop élevée ( ATF 117 II 286 consid. 5b p. 290). En revanche, un salaire fixé à 11 % du prix de vente alors que le taux usuel était de l'ordre de 2 % a été tenu pour manifestement excessif ( ATF 83 II 151 consid. 4c p. 153). D'autres éléments que le taux usuel peuvent entrer en ligne de compte, comme le fait que le courtier ait présenté à l'acheteur une occasion unique correspondant parfaitement à l'objet recherché ( ATF 90 II 92 BGE 138 III 669 S. 671 consid. 11 p. 107) ou le fait que le courtier n'exerce pas à titre professionnel, si bien qu'il n'a pas à assumer des frais généraux et ne peut prétendre à une compensation pour les dépenses engagées dans des affaires qui ne se sont pas réalisées ( ATF 83 II 151 consid. 4c p. 153). La détermination du caractère excessif ou non du salaire du courtier relève du pouvoir d'appréciation du juge ( art. 4 CC ). En pareil cas, le Tribunal fédéral ne revoit qu'avec réserve la décision prise en dernière instance; il n'intervient que lorsque celle-ci s'écarte sans raison des règles établies par la doctrine et la jurisprudence en matière de libre appréciation, lorsqu'elle s'appuie sur des faits qui, dans le cas particulier, ne devaient jouer aucun rôle, ou à l'inverse, lorsqu'elle n'a pas tenu compte d'éléments qui auraient absolument dû être pris en considération; il sanctionne en outre les décisions rendues en vertu du pouvoir d'appréciation lorsqu'elles aboutissent à un résultat manifestement injuste ou à une iniquité choquante (cf. ATF 135 III 121 consid. 2 p. 123 s.; ATF 133 III 201 consid. 5.4 p. 211; ATF 132 III 178 consid. 5.1 p. 183; ATF 130 III 571 consid. 4.3 p. 576). 3.2 En l'espèce, quand bien même le mandant n'a pas invoqué expressément l' art. 417 CO dans la procédure cantonale, il y a bien eu requête du débiteur en réduction du salaire du courtier, au sens non formaliste prescrit par la jurisprudence ( ATF 111 II 366 consid. 3a p. 369; ATF 83 II 151 consid. 4a p. 152). En effet, les conclusions du défendeur tendaient à ne pas payer la commission, subsidiairement à la fixer à un montant moins élevé que celui résultant du contrat de courtage. La cour cantonale n'a pas réduit le salaire de l'intimée. Sur le vu des éléments ressortant de l'arrêt attaqué, elle n'a pas violé l' art. 417 CO en fixant la commission de courtage à 122'664 fr. Le taux de 3 %, même appliqué à un prix de vente de 3'800'000 fr., n'apparaît pas excessif au regard de la jurisprudence précitée (cf. consid. 3.1 § 3 ci-dessus). Du reste, le recourant lui-même ne prétend pas que ce taux serait trop élevé en l'occurrence. Il fait valoir en revanche les efforts très restreints que l'intimée aurait déployés pour convaincre l'acheteur E. Or, comme déjà relevé (consid. 3.1 § 2 ci-dessus), une telle circonstance n'est pas déterminante pour juger du caractère excessif ou non de la commission convenue, puisque celle-ci rémunère le succès du courtier, et non l'activité de ce dernier. Il s'ensuit que la requête du mandant en réduction du salaire de la courtière est mal fondée.
Urteilskopf
100. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. SA (recours en matière civile)
4A_278/2012 du 26 septembre 2012
Regeste Immobilienmäklervertrag; unverhältnismässig hoher Mäklerlohn ( Art. 417 OR ). Zu berücksichtigende Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob der Mäklerlohn unverhältnismässig hoch ist. Der tatsächliche Aufwand des Mäklers ist nicht entscheidend; aufgrund des aleatorischen Charakters der Mäkelei ist vom Grundsatz auszugehen, dass der Lohn den Erfolg des Mäklers entgilt (E. 3).
Regeste
Immobilienmäklervertrag; unverhältnismässig hoher Mäklerlohn ( Art. 417 OR ). Zu berücksichtigende Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob der Mäklerlohn unverhältnismässig hoch ist. Der tatsächliche Aufwand des Mäklers ist nicht entscheidend; aufgrund des aleatorischen Charakters der Mäkelei ist vom Grundsatz auszugehen, dass der Lohn den Erfolg des Mäklers entgilt (E. 3).
Art. 417 OR Zu berücksichtigende Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob der Mäklerlohn unverhältnismässig hoch ist. Der tatsächliche Aufwand des Mäklers ist nicht entscheidend; aufgrund des aleatorischen Charakters der Mäkelei ist vom Grundsatz auszugehen, dass der Lohn den Erfolg des Mäklers entgilt (E. 3).
Erwägungen ab Seite 669
Erwägungen ab Seite 669 BGE 138 III 669 S. 669
BGE 138 III 669 S. 669
Extrait des considérants:
3. Dans un second moyen, le recourant reproche à la cour cantonale d'avoir violé l' art. 417 CO en n'examinant pas si le salaire de la courtière était excessif et devait être réduit le cas échéant. A le suivre, la commission de 122'664 fr. serait inéquitable et choquante dans les circonstances particulières du cas. En effet, l'intimée gagnerait, pour la maigre activité déployée auprès de l'acheteur, un salaire représentant plus du double de celui dont elle était prête à se satisfaire en cas de vente de l'immeuble aux époux F., en faveur desquels elle avait exercé une activité notablement supérieure.
3. art. 417 CO 3.1 Lorsqu'un salaire excessif a été stipulé soit pour avoir indiqué une occasion de conclure un contrat individuel de travail ou une vente d'immeuble, soit pour avoir négocié l'un de ces contrats, il peut être, à la requête du débiteur, équitablement réduit par le juge ( art. 417 CO ).
3.1 art. 417 CO Déterminer si le salaire est excessif ou non suppose de tenir compte de l'ensemble des circonstances du cas d'espèce (cf. ATF 117 II 286 BGE 138 III 669 S. 670 consid. 5b p. 290 in fine; ATF 83 II 151 consid. 4c p. 154 in fine). Etant donné le caractère aléatoire du contrat de courtage, il faut partir du principe que le salaire rémunère le succès du courtier, et non l'étendue de l'activité déployée par celui-ci (FRANÇOIS RAYROUX, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2 e éd. 2012, n° 8 ad art. 417 CO ; CHRISTIAN MARQUIS, Le contrat de courtage immobilier et le salaire du courtier, 1993, p. 329). Le juge effectuera une comparaison avec les commissions versées habituellement ( ATF 117 II 286 consid. 5b p. 290 et les arrêts cités) dans la région considérée ( ATF 112 II 459 consid. 3 p. 460; ATF 111 II 366 consid. 3c p. 370). En matière immobilière, la commission correspond en règle générale à un pourcentage du prix de vente obtenu. Le taux usuel peut varier en fonction du prix qui sert de référence; il diminue alors au fur et à mesure que le prix de vente augmente. Une commission peut dépasser légèrement le tarif ou le taux habituel sans pour autant être excessive (THÉVENOZ/PEYROT, Le contrat de courtage immobilier, in Servitudes, droit de voisinage, responsabilités du propriétaire immobilier, Foëx/Hottelier [éd.], 2007, p. 136). En effet, dans la mesure où il limite la liberté contractuelle des parties, l' art. 417 CO doit être interprété de manière restrictive ( ATF 106 II 56 consid. 2a p. 57).
BGE 138 III 669 S. 670
art. 417 CO art. 417 CO Dans la jurisprudence, une commission de 3 % calculée sur un prix de vente de 1'695'000 fr. n'a pas été jugée excessive (arrêt 4C.121/2005 du 5 juillet 2005 consid. 4.2.2). De même, le Tribunal fédéral n'a pas réduit un salaire de 492'000 fr. correspondant à un taux de 3 % du prix de vente de diverses parcelles qui se montait au total à 16'400'000 fr., même si cette rémunération se situait à la limite de ce qui était admissible en raison du prix élevé de la transaction (arrêt 4C.362/1999 du 22 mars 2000 consid. 4c). N'a pas non plus été considérée comme excessive une commission de 3,57 % pour des ventes immobilières portant l'une sur 1'750'000 fr. (arrêt 4C.183/1998 du 16 juin 1999 consid. 4b) et l'autre sur 2'800'000 fr. (arrêt 4C.28/1995 du 1 er octobre 1996 consid. 5b). Il a également été jugé qu'une commission fixée à 3 % du prix de vente, correspondant au taux usuel, n'était pas trop élevée ( ATF 117 II 286 consid. 5b p. 290). En revanche, un salaire fixé à 11 % du prix de vente alors que le taux usuel était de l'ordre de 2 % a été tenu pour manifestement excessif ( ATF 83 II 151 consid. 4c p. 153).
D'autres éléments que le taux usuel peuvent entrer en ligne de compte, comme le fait que le courtier ait présenté à l'acheteur une occasion unique correspondant parfaitement à l'objet recherché ( ATF 90 II 92 BGE 138 III 669 S. 671 consid. 11 p. 107) ou le fait que le courtier n'exerce pas à titre professionnel, si bien qu'il n'a pas à assumer des frais généraux et ne peut prétendre à une compensation pour les dépenses engagées dans des affaires qui ne se sont pas réalisées ( ATF 83 II 151 consid. 4c p. 153).
BGE 138 III 669 S. 671
La détermination du caractère excessif ou non du salaire du courtier relève du pouvoir d'appréciation du juge ( art. 4 CC ). En pareil cas, le Tribunal fédéral ne revoit qu'avec réserve la décision prise en dernière instance; il n'intervient que lorsque celle-ci s'écarte sans raison des règles établies par la doctrine et la jurisprudence en matière de libre appréciation, lorsqu'elle s'appuie sur des faits qui, dans le cas particulier, ne devaient jouer aucun rôle, ou à l'inverse, lorsqu'elle n'a pas tenu compte d'éléments qui auraient absolument dû être pris en considération; il sanctionne en outre les décisions rendues en vertu du pouvoir d'appréciation lorsqu'elles aboutissent à un résultat manifestement injuste ou à une iniquité choquante (cf. ATF 135 III 121 consid. 2 p. 123 s.; ATF 133 III 201 consid. 5.4 p. 211; ATF 132 III 178 consid. 5.1 p. 183; ATF 130 III 571 consid. 4.3 p. 576). art. 4 CC 3.2 En l'espèce, quand bien même le mandant n'a pas invoqué expressément l' art. 417 CO dans la procédure cantonale, il y a bien eu requête du débiteur en réduction du salaire du courtier, au sens non formaliste prescrit par la jurisprudence ( ATF 111 II 366 consid. 3a p. 369; ATF 83 II 151 consid. 4a p. 152). En effet, les conclusions du défendeur tendaient à ne pas payer la commission, subsidiairement à la fixer à un montant moins élevé que celui résultant du contrat de courtage.
3.2 art. 417 CO La cour cantonale n'a pas réduit le salaire de l'intimée. Sur le vu des éléments ressortant de l'arrêt attaqué, elle n'a pas violé l' art. 417 CO en fixant la commission de courtage à 122'664 fr. Le taux de 3 %, même appliqué à un prix de vente de 3'800'000 fr., n'apparaît pas excessif au regard de la jurisprudence précitée (cf. consid. 3.1 § 3 ci-dessus). Du reste, le recourant lui-même ne prétend pas que ce taux serait trop élevé en l'occurrence. Il fait valoir en revanche les efforts très restreints que l'intimée aurait déployés pour convaincre l'acheteur E. Or, comme déjà relevé (consid. 3.1 § 2 ci-dessus), une telle circonstance n'est pas déterminante pour juger du caractère excessif ou non de la commission convenue, puisque celle-ci rémunère le succès du courtier, et non l'activité de ce dernier. art. 417 CO Il s'ensuit que la requête du mandant en réduction du salaire de la courtière est mal fondée.
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Urteilskopf 138 III 672 101. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile) 5A_323/2012 du 8 août 2012 Regeste Art. 101 Abs. 1 und 3 ZPO ; Frist zur Leistung des Kostenvorschusses; Gesuch um provisio ad litem. Wie dies für die unentgeltliche Rechtspflege entschieden worden ist ( BGE 138 III 163 ), schiebt das Gesuch um provisio ad litem die Frist zur Leistung des Gerichtskostenvorschusses auf und muss das Gericht im Falle der Abweisung des Gesuchs eine Nachfrist für die Zahlung des Vorschusses einräumen (E. 4.2). Sachverhalt ab Seite 672 BGE 138 III 672 S. 672 A. X. et Y. se sont mariés sous le régime de la séparation des biens en 1998. De cette union sont issus deux enfants. B. B.a Le 18 février 2010, Y. a requis du Président du Tribunal civil d'arrondissement de la Veveyse des mesures protectrices de l'union conjugale, en produisant une convention signée par les deux époux et en demandant l'homologation de celle-ci. Chacun des époux a ensuite remis en question certains points de cette convention. BGE 138 III 672 S. 673 Par jugement du 22 juin 2010, le président a, notamment, attribué la jouissance du logement conjugal à Y. jusqu'au 31 juillet 2011, à charge pour elle d'en assumer l'entier des frais, et condamné X. au paiement d'une contribution mensuelle globale de 13'500 fr. en faveur de sa famille, allocations familiales en sus. B.b Le 1 er septembre 2010, Y. a recouru contre ce jugement auprès du Tribunal civil d'arrondissement de la Veveyse, concluant, notamment, à l'octroi d'une contribution d'entretien mensuelle globale de 15'000 fr., allocations familiales en sus. Par ordonnance du 3 septembre 2010, le président du tribunal a exigé de chaque partie une avance de frais de 750 fr., dans un délai péremptoire expirant le 4 octobre 2010. L'époux a presté l'avance alors que l'épouse a requis, le 14 septembre 2010, puis le 1 er octobre 2010, le versement d'une provisio ad litem de 10'000 fr. B.c Le 27 juin 2011, le Tribunal civil d'arrondissement de la Veveyse s'est dessaisi du recours déposé par Y. et l'a transmis au Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg, lequel a admis sa compétence au vu de l' ATF 137 III 238. B.d Statuant le 28 mars 2012, la Cour d'appel civil du Tribunal cantonal a partiellement admis le recours, en augmentant la contribution à l'entretien de la famille. Elle a par ailleurs rejeté la requête de provisio ad litem déposée par Y. le 14 septembre 2010, réitérée le 1 er octobre 2010. C. Par arrêt du 8 août 2012, le Tribunal fédéral a rejeté le recours interjeté par X. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 4. S'agissant de la recevabilité du recours cantonal déposé par l'épouse le 1 er septembre 2010, le recourant prétend que la cour cantonale a appliqué de manière arbitraire l' art. 109 al. 2 CPC /FR en entrant en matière alors que l'épouse n'a pas presté l'avance de frais ordonnée par le Président du Tribunal d'arrondissement le 3 septembre 2010, dans un délai péremptoire échéant le 4 octobre 2010. (...) 4.2.1 Selon la jurisprudence rendue en application des art. 101 al. 3 CPC (RS 272) et 62 al. 3 LTF, la requête d'assistance judiciaire BGE 138 III 672 S. 674 suspend le délai imparti pour payer l'avance de frais judiciaires et, en cas de rejet de cette requête, le tribunal doit accorder un délai supplémentaire pour effectuer cette avance. Tant qu'une décision sur l'assistance judiciaire n'a pas été prise, le tribunal ne peut exiger d'avance de frais et fixer de délai à cette fin ( ATF 138 III 163 consid. 4.2 et les références). Il s'agit là de principes généraux, qui doivent également s'appliquer lorsqu'une partie requiert une provisio ad litem. En effet, la partie qui ne dispose pas des moyens suffisants pour assumer les frais d'un procès, mais dont le conjoint est en mesure de prendre en charge ces frais, ne peut pas requérir de l'Etat l'octroi de l'assistance judiciaire. De jurisprudence constante, le devoir de l'Etat d'accorder l'assistance judiciaire à un plaideur impécunieux dans une cause non dénuée de chances de succès est subsidiaire par rapport aux obligations d'assistance découlant du droit de la famille ( ATF 119 Ia 11 consid. 3a; ATF 108 Ia 9 consid. 3; arrêt 5C.42/2002 du 29 septembre 2002 consid. 6, non publié in ATF 129 III 55 ). La partie qui doit requérir une provisio ad litem de la part de son conjoint pour financer les frais du procès se trouve toutefois dans une situation identique à celle de la partie qui doit demander l'assistance judiciaire; sans cette aide financière, elle est privée de son droit à l'accès à la justice, garanti par la Constitution. 4.2.2 Il s'ensuit, en l'espèce, que la requête de provisio ad litem déposée par l'épouse le 14 septembre 2010, réitérée le 1 er octobre 2010, a suspendu le délai échéant le 3 octobre 2010 pour faire l'avance de frais. L'autorité cantonale n'ayant pas statué séparément sur cette requête, mais ayant rejeté celle-ci dans son arrêt final sur le fond et les autres requêtes déposées de part et d'autre, le 28 mars 2012, elle n'aurait pu ni exiger d'avance de frais de l'épouse, ni lui fixer de délai à cette fin; elle ne l'a d'ailleurs pas fait. Le recours cantonal déposé par l'épouse le 1 er septembre 2010 était donc recevable. Partant, le grief du recourant doit être rejeté par substitution des motifs qui précèdent.
Urteilskopf
101. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile)
5A_323/2012 du 8 août 2012
Regeste Art. 101 Abs. 1 und 3 ZPO ; Frist zur Leistung des Kostenvorschusses; Gesuch um provisio ad litem. Wie dies für die unentgeltliche Rechtspflege entschieden worden ist ( BGE 138 III 163 ), schiebt das Gesuch um provisio ad litem die Frist zur Leistung des Gerichtskostenvorschusses auf und muss das Gericht im Falle der Abweisung des Gesuchs eine Nachfrist für die Zahlung des Vorschusses einräumen (E. 4.2).
Regeste
Art. 101 Abs. 1 und 3 ZPO ; Frist zur Leistung des Kostenvorschusses; Gesuch um provisio ad litem. Wie dies für die unentgeltliche Rechtspflege entschieden worden ist ( BGE 138 III 163 ), schiebt das Gesuch um provisio ad litem die Frist zur Leistung des Gerichtskostenvorschusses auf und muss das Gericht im Falle der Abweisung des Gesuchs eine Nachfrist für die Zahlung des Vorschusses einräumen (E. 4.2).
Art. 101 Abs. 1 und 3 ZPO Wie dies für die unentgeltliche Rechtspflege entschieden worden ist ( BGE 138 III 163 ), schiebt das Gesuch um provisio ad litem die Frist zur Leistung des Gerichtskostenvorschusses auf und muss das Gericht im Falle der Abweisung des Gesuchs eine Nachfrist für die Zahlung des Vorschusses einräumen (E. 4.2).
Sachverhalt ab Seite 672
Sachverhalt ab Seite 672 BGE 138 III 672 S. 672
BGE 138 III 672 S. 672
A. X. et Y. se sont mariés sous le régime de la séparation des biens en 1998. De cette union sont issus deux enfants.
A. B.
B. B.a Le 18 février 2010, Y. a requis du Président du Tribunal civil d'arrondissement de la Veveyse des mesures protectrices de l'union conjugale, en produisant une convention signée par les deux époux et en demandant l'homologation de celle-ci. Chacun des époux a ensuite remis en question certains points de cette convention. BGE 138 III 672 S. 673
B.a BGE 138 III 672 S. 673
Par jugement du 22 juin 2010, le président a, notamment, attribué la jouissance du logement conjugal à Y. jusqu'au 31 juillet 2011, à charge pour elle d'en assumer l'entier des frais, et condamné X. au paiement d'une contribution mensuelle globale de 13'500 fr. en faveur de sa famille, allocations familiales en sus.
B.b Le 1 er septembre 2010, Y. a recouru contre ce jugement auprès du Tribunal civil d'arrondissement de la Veveyse, concluant, notamment, à l'octroi d'une contribution d'entretien mensuelle globale de 15'000 fr., allocations familiales en sus.
B.b Par ordonnance du 3 septembre 2010, le président du tribunal a exigé de chaque partie une avance de frais de 750 fr., dans un délai péremptoire expirant le 4 octobre 2010.
L'époux a presté l'avance alors que l'épouse a requis, le 14 septembre 2010, puis le 1 er octobre 2010, le versement d'une provisio ad litem de 10'000 fr.
B.c Le 27 juin 2011, le Tribunal civil d'arrondissement de la Veveyse s'est dessaisi du recours déposé par Y. et l'a transmis au Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg, lequel a admis sa compétence au vu de l' ATF 137 III 238.
B.c B.d Statuant le 28 mars 2012, la Cour d'appel civil du Tribunal cantonal a partiellement admis le recours, en augmentant la contribution à l'entretien de la famille. Elle a par ailleurs rejeté la requête de provisio ad litem déposée par Y. le 14 septembre 2010, réitérée le 1 er octobre 2010.
B.d C. Par arrêt du 8 août 2012, le Tribunal fédéral a rejeté le recours interjeté par X.
C. (résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
4. S'agissant de la recevabilité du recours cantonal déposé par l'épouse le 1 er septembre 2010, le recourant prétend que la cour cantonale a appliqué de manière arbitraire l' art. 109 al. 2 CPC /FR en entrant en matière alors que l'épouse n'a pas presté l'avance de frais ordonnée par le Président du Tribunal d'arrondissement le 3 septembre 2010, dans un délai péremptoire échéant le 4 octobre 2010.
4. art. 109 al. 2 CPC (...)
4.2.1 Selon la jurisprudence rendue en application des art. 101 al. 3 CPC (RS 272) et 62 al. 3 LTF, la requête d'assistance judiciaire BGE 138 III 672 S. 674 suspend le délai imparti pour payer l'avance de frais judiciaires et, en cas de rejet de cette requête, le tribunal doit accorder un délai supplémentaire pour effectuer cette avance. Tant qu'une décision sur l'assistance judiciaire n'a pas été prise, le tribunal ne peut exiger d'avance de frais et fixer de délai à cette fin ( ATF 138 III 163 consid. 4.2 et les références).
4.2.1 art. 101 al. 3 CPC BGE 138 III 672 S. 674
Il s'agit là de principes généraux, qui doivent également s'appliquer lorsqu'une partie requiert une provisio ad litem. En effet, la partie qui ne dispose pas des moyens suffisants pour assumer les frais d'un procès, mais dont le conjoint est en mesure de prendre en charge ces frais, ne peut pas requérir de l'Etat l'octroi de l'assistance judiciaire. De jurisprudence constante, le devoir de l'Etat d'accorder l'assistance judiciaire à un plaideur impécunieux dans une cause non dénuée de chances de succès est subsidiaire par rapport aux obligations d'assistance découlant du droit de la famille ( ATF 119 Ia 11 consid. 3a; ATF 108 Ia 9 consid. 3; arrêt 5C.42/2002 du 29 septembre 2002 consid. 6, non publié in ATF 129 III 55 ). La partie qui doit requérir une provisio ad litem de la part de son conjoint pour financer les frais du procès se trouve toutefois dans une situation identique à celle de la partie qui doit demander l'assistance judiciaire; sans cette aide financière, elle est privée de son droit à l'accès à la justice, garanti par la Constitution.
4.2.2 Il s'ensuit, en l'espèce, que la requête de provisio ad litem déposée par l'épouse le 14 septembre 2010, réitérée le 1 er octobre 2010, a suspendu le délai échéant le 3 octobre 2010 pour faire l'avance de frais. L'autorité cantonale n'ayant pas statué séparément sur cette requête, mais ayant rejeté celle-ci dans son arrêt final sur le fond et les autres requêtes déposées de part et d'autre, le 28 mars 2012, elle n'aurait pu ni exiger d'avance de frais de l'épouse, ni lui fixer de délai à cette fin; elle ne l'a d'ailleurs pas fait. Le recours cantonal déposé par l'épouse le 1 er septembre 2010 était donc recevable. Partant, le grief du recourant doit être rejeté par substitution des motifs qui précèdent.
4.2.2
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Urteilskopf 138 III 675 102. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Z. Limited (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_84/2012 vom 19. September 2012 Regeste Art. 91 ff. ZPO ; Art. 250 SchKG ; Streitwert der Kollokationsklage im Konkurs. Grundsätze der Streitwertberechnung und Bedeutung der mutmasslichen Konkursdividende (E. 3). Sachverhalt ab Seite 675 BGE 138 III 675 S. 675 A. A.a Im Konkurs über die Y. AG in Liquidation legte das Konkursamt Enge-Zürich vom 29. April bis 23. Mai 2011 den Kollokationsplan auf. Als Drittklassgläubiger sind u.a. X. mit einer Forderung aus Auftrag von Fr. 11'098.- und die Z. Limited mit einer Forderung aus Darlehen von Fr. 9'682'357.81 (reduziert vom Konkursamt gemäss Schreiben der Gläubigerin vom 20. Mai 2011) zugelassen. A.b Am 19. Mai 2011 erhob X. beim Bezirksgericht Zürich Kol-lokationsklage gegen die Z. Limited und beantragte, die Forderung der Mitgläubigerin sei zu reduzieren und lediglich im Betrag von Fr. 8'031'060.- zu kollozieren. A.c Mit Verfügung vom 26. September 2011 setzte das Bezirksgericht X. Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 34'075.- an. B. Gegen diese Verfügung erhob X. Beschwerde und verlangte, dass der Kostenvorschuss auf höchstens Fr. 1'903.85 festzulegen sei. Das BGE 138 III 675 S. 676 Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, hiess die Beschwerde mit Urteil vom 7. Dezember 2011 teilweise gut und reduzierte den Kostenvorschuss auf Fr. 25'000.-. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen. C. Mit Eingabe vom 27. Januar 2012 hat X. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Kostenvorschuss für die Kollokationsklage auf höchstens Fr. 1'903.85 festzulegen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut und weist die Sache an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung zurück. (Auszug) Aus den Erwägungen: Erwägungen 3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Festsetzung des Vorschusses für Gerichtskosten im (negativen) Kollokationsprozess nach Art. 250 Abs. 2 SchKG (Wegweisungsprozess). Zu Recht ist unbestritten, dass sich der Streitwert im Kollokationsprozess im kantonalen Verfahren seit Inkrafttreten der ZPO (SR 272) nach Bundesrecht bestimmt ( Art. 1 lit. c, Art. 91 ff. ZPO ). Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Streitwert im Kollokationsprozess im eidgenössischen Rechtsmittelverfahren ist nunmehr auch im kantonalen Verfahren massgebend (TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 45 zu Art. 91 ZPO ; vgl. Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl 2006 7221, 7291 Ziff. 5.7 a.E.). Hingegen richtet sich die Festsetzung der Gerichtskosten bzw. des Vorschusses weiterhin nach kantonalem Recht ( Art. 96 und 98 ZPO ). Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Streitwert, nach welchem die Vorinstanz den Vorschuss für die Gerichtskosten festgesetzt hat. 3.1 Der Streitwert bei der Kollokationsklage bemisst sich nach der Dividende, die auf den bestrittenen Betrag entfallen würde, also nach dem möglichen Prozessgewinn ( BGE 65 III 28 E. 2 S. 31; BGE 81 II 473 S. 474; BGE 82 III 94 S. 95; BGE 135 III 127 E. 1.2 S. 129). Bei der Anfechtung der Kollokation eines Konkurrenten ( Art. 250 Abs. 2 SchKG ) berechnet sich diese Differenz auf der dem Beklagten zufallenden Dividende ( BGE 114 III 114 S. 116; BGE 131 III 451 E. 1.2 S. 453; TAPPY, a.a.O., N. 82 zu Art. 91 ZPO ; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 124 und 125 zu Art. 250 SchKG ). Somit ist bei der negativen Kollokationsklage nicht BGE 138 III 675 S. 677 das Streitinteresse des Klägers allein massgebend, sondern vielmehr dasjenige des Klägers und der Masse (BRUNNER/REUTTER, Kollokations- und Widerspruchsklagen nach SchKG, 2. Aufl. 2002, S. 55). Grund dafür ist, dass - je nach Umfang der bestrittenen Forderung und erwarteten Dividende - der Prozessgewinn höher sein kann, als es zur Tilgung von Forderung und Kosten des Klägers erforderlich ist, und dieser Überschuss nach Art. 250 Abs. 2 SchKG zugunsten der übrigen Gläubiger in die Konkursmasse fällt (AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8. Aufl. 2008, § 46 Rz. 57). Von diesen Grundsätzen ist das Obergericht zu Recht ausgegangen. 3.2 Die Berechnung der mutmasslichen Konkursdividende erfolgt durch die Konkursverwaltung, welche hierfür die Aktiven gemäss Inventar den Passiven gemäss Kollokationsplan gegenüberstellt und das zu erwartende Resultat im Kollokationsplan angibt ( BGE 65 III 28 E. 3 S. 32; BRUNNER/REUTTER, a.a.O., S. 54 f.). Vorliegend steht fest, dass das Konkursamt für alle Gläubigerklassen eine mutmassliche Konkursdividende von 0 % ermittelt hat. Das Obergericht erachtet diese als unrealistisch bzw. nicht verbindlich und ist zur neuen Schätzung der Aktiven geschritten. 3.2.1 Das Bundesgericht hat in BGE 65 III 28 (E. 3 S. 32) festgehalten, dass sich der Kollokationskläger bei Einleitung des Prozesses darauf verlassen kann, was die Konkursverwaltung als mutmassliche Dividende ermittelt hat. Grund dafür ist, dass sich (wie im Bundesgerichtsurteil ausgeführt) nicht bloss Zuständigkeit und Verfahren nach dem Streitwert richten können, sondern allgemein der Kollokationskläger nur auf diese Weise Prozessrisiko und Prozessnutzen abschätzen kann (JEANDIN, Poursuite pour dettes et faillite: état de collocation, FJS Nr. 990b, Stand: 1999, Ziff. I.A.7; BRUNNER/REUTTER, a.a.O., S. 55). 3.2.2 Das Obergericht hat übergangen, dass die Schätzung, welche für jedes Vermögensstück vorzunehmen und im Konkursinventar anzugeben ist ( Art. 227 SchKG ), eine zwangsvollstreckungsrechtliche Verfügung ( Art. 17 SchKG ) darstellt, welche der Kontrolle der Aufsichtsbehörde nach Art. 18 SchKG untersteht. Die Schätzung ist nicht nur für die Frage der Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven durch das Konkursgericht erheblich ( Art. 230 Abs. 1 SchKG ). Die Angabe der mutmasslichen Dividende - gestützt auf die Schätzung im Inventar - dient vielmehr auch dem Kollokationsrichter als zuverlässige Streitwertangabe (BRUNNER/REUTTER, a.a.O., S. 55). Zu BGE 138 III 675 S. 678 Recht wird in der Lehre bestätigt, dass die Schätzung der mutmasslichen Konkursdividende für das Gericht verbindlich ist (HIERHOLZER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 49 zu Art. 250 SchKG ; SPRECHER, in: Kurzkommentar SchKG, 2009, N. 30 zu Art. 250 SchKG ). Es gibt keinen Grund, weshalb der Kollokationsrichter die Schätzung der Konkursverwaltung frei überprüfen können soll (mit der Folge, dass sich wie hier die Parteien vor dem Kollokationsrichter über den Schätzungswert von Aktiven streiten). Ob eine veränderte Grundlage des Streitwertes - die Änderung des Inventars (bzw. der enthaltenen Schätzungswerte) durch die Konkursverwaltung bzw. Aufsichtsbehörden - im Verlauf des Kollokationsprozesses vorbehalten ist, kann hier (wie bereits in BGE 65 III 28 E. 3 S. 32) offenbleiben. Demnach findet die Neuschätzung der Aktiven durch die Vorinstanz und die danach ermittelte Konkursdividende von 20,7 % im Bundesrecht keine Grundlage. Es bleibt dabei, dass das Obergericht für die Festsetzung des Streitwertes für die vom Beschwerdeführer erhobene Kollokationsklage von einer mutmasslichen Konkursdividende von 0 % auszugehen hat. 3.3 Wenn die mutmasslich auf eine strittige Forderung entfallende Konkursdividende 0 % beträgt, kann mit der Kollokationsklage im laufenden Konkurs kein geldwerter Prozessgewinn erzielt werden ( BGE 65 III 28 E. 1 S. 30). Nach der Rechtsprechung ist ein Kollokationsstreit wegen der Wirkungen des Verlustscheines auch dann zulässig, wenn das auf den bestrittenen Anspruch entfallende Konkursbetreffnis voraussichtlich Null sein wird ( BGE 82 III 94 S. 96). Im Konkurs von juristischen Personen kann sich immerhin die Frage nach dem erforderlichen rechtlich geschützten Interesse des Klägers an der Behandlung der Kollokationsklage stellen (in diesem Sinn Urteil 5C.185/2002 vom 31. Oktober 2002 E. 2.2; Urteil 5A_484/2010 vom 20. Dezember 2010 E. 4.2; BRUNNER/REUTTER, a.a.O., S. 54; HIERHOLZER, a.a.O., N. 54 zu Art. 250 SchKG ; vgl. BRACONI, La collocation des créances en droit international de la faillite, 2005, S. 130 Fn. 100). 3.4 Vorliegend hat das Obergericht zum Rechtsschutzinteresse ausgeführt, der Beschwerdeführer habe ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Kollokationsklage, zu welchem das Interesse der Masse hinzukomme. Nach der Klageschrift will der Beschwerdeführer die Konkursforderung der Beschwerdegegnerin reduzieren, um bei Abtretung von Ansprüchen nach Art. 260 SchKG zu verhindern, dass BGE 138 III 675 S. 679 die Beschwerdegegnerin bei Verteilung des Ergebnisses ( Art. 260 Abs. 2 SchKG ) zu viel bekomme. Entgegen der Auffassung des Obergerichts macht der Beschwerdeführer damit kein unmittelbares Prozessinteresse geltend - weder für sich, noch für die Masse. Grund dafür ist, dass bei einer mutmasslichen Dividende von 0 % ein frei werdender Betrag für den Beschwerdeführer nicht zu erwarten ist, ebenso wenig ein Überschuss ( Art. 250 Abs. 2 SchKG ) für die Masse, was nach BGE 115 III 68 S. 71 ohne weiteres zur Klageführung genügt. Das Streitinteresse des Beschwerdeführers und der Masse ist hier ein mittelbares, denn es setzt vorab die erfolgreiche Geltendmachung eines gemäss Art. 260 SchKG abgetretenen Anspruchs voraus, die zu einem Überschuss ( Art. 260 Abs. 2 SchKG ) führt. Offenbar geht es vorliegend um die Geltendmachung (nach Art. 260 SchKG ) von Verantwortlichkeitsansprüchen gegen natürliche Personen in Millionenhöhe. Dass hier das Obergericht dem Beschwerdeführer im Ergebnis ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse zugestanden hat, um die Kollokationsklage zu führen, ist nicht zu beanstanden. Bleibt zu prüfen, was dies für den Streitwert bedeutet. 3.4.1 In der Lehre wird vorgeschlagen, im Fall der Nulldividende bei hinreichendem Rechtsschutzinteresse für den Streitwert auf die nominell eingeklagte Konkursforderung abzustellen (STÖCKLI, Komplizierter Streit, Insolvenz- und Wirtschaftsrecht [IWIR] 1998 S. 148; gl.M. allgemein, d.h. unabhängig von einer Dividendenprognose JAQUES, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 38 zu Art. 250 SchKG mit Hinweis auf GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 111 Fn. 22). Das Bundesgericht hat ein entsprechendes Vorgehen, das sich noch auf kantonales Recht stützte, nicht als Verstoss gegen das Willkürverbot ( Art. 9 BV ) erachtet (Urteil 5A_484/2010 vom 20. Dezember 2010 E. 4.2.4). Bei dieser Sichtweise wäre die anbegehrte nominelle Reduktion der kollozierten Forderung als Streitwert zu nehmen. 3.4.2 In Anwendung von Bundesrecht (OG) hat das Bundesgericht indessen klargestellt, was für den Streitwert gilt, wenn (wie hier mit Blick auf das mögliche Ergebnis eines möglichen Abtretungsprozesses) nur ein mittelbares Streitinteresse vorliegt. Nach BGE 82 III 94 (S. 96) ist in diesem Fall nur ein minimaler Streitwert, entsprechend dem mehr nur symbolischen, jedenfalls ausserhalb des unmittelbaren Prozesserfolgs liegenden Streitinteresse anzunehmen. Die blosse Möglichkeit, dass der zu Verlust gekommene Betrag sich später doch noch einbringen lasse, kann nur in solcher Weise BGE 138 III 675 S. 680 berücksichtigt werden. Diese Rechtsprechung wird in der Lehre bestätigt (TAPPY, a.a.O., N. 82 a.E. zu Art. 91 ZPO ), und triftige Gründe, um davon abzurücken, sind nicht ersichtlich. Mit dieser Rechtsprechung ist nicht vereinbar, wenn das Obergericht den Streitwert nach der anbegehrten Reduktion (Fr. 1'652'297.81) der Konkursforderung der Beschwerdegegnerin gerichtet hat, oder wenn der Beschwerdeführer seine bzw. die Konkursforderung des Klägers heranziehen will. 3.5 Nach dem Dargelegten verstösst gegen Bundesrecht, wenn die Vorinstanz bei der Festlegung des Kostenvorschusses von einem Streitwert ausgegangen ist, der die mutmassliche Konkursdividende von 0 % übergeht und auf die umstrittene Reduktion der Konkursforderung der Beschwerdegegnerin abstellt. Die Rüge des Beschwerdeführers, dass die bundesrechtlichen Regeln bei der Festlegung des Streitwertes übergangen worden seien, ist begründet, ohne dass über die weiteren Rügen zu befinden ist. Die Vorinstanz hat die Sache neu zu beurteilen und einen minimalen Streitwert, entsprechend dem mehr nur symbolischen, jedenfalls ausserhalb des unmittelbaren Prozesserfolgs liegenden Streitinteresse anzunehmen. Ob im konkreten Fall die Grössenordnung von Fr. 10'000.- (wie der Beschwerdeführer im Ergebnis verlangt) dem Kriterium eines minimalen Streitwertes entspricht, welcher für die anbegehrte Reduktion der Konkursforderung angenommen werden kann, ist eine Frage, welche im Ermessen des kantonalen Gerichts liegt. In Anwendung des kantonalen Rechts hat das Obergericht schliesslich den Kostenvorschuss festzusetzen.
Urteilskopf
102. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Z. Limited (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_84/2012 vom 19. September 2012
Regeste Art. 91 ff. ZPO ; Art. 250 SchKG ; Streitwert der Kollokationsklage im Konkurs. Grundsätze der Streitwertberechnung und Bedeutung der mutmasslichen Konkursdividende (E. 3).
Regeste
Art. 91 ff. ZPO ; Art. 250 SchKG ; Streitwert der Kollokationsklage im Konkurs. Grundsätze der Streitwertberechnung und Bedeutung der mutmasslichen Konkursdividende (E. 3).
Art. 91 ff. ZPO Art. 250 SchKG Grundsätze der Streitwertberechnung und Bedeutung der mutmasslichen Konkursdividende (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 675
Sachverhalt ab Seite 675 BGE 138 III 675 S. 675
BGE 138 III 675 S. 675
A.
A. A.a Im Konkurs über die Y. AG in Liquidation legte das Konkursamt Enge-Zürich vom 29. April bis 23. Mai 2011 den Kollokationsplan auf. Als Drittklassgläubiger sind u.a. X. mit einer Forderung aus Auftrag von Fr. 11'098.- und die Z. Limited mit einer Forderung aus Darlehen von Fr. 9'682'357.81 (reduziert vom Konkursamt gemäss Schreiben der Gläubigerin vom 20. Mai 2011) zugelassen.
A.a A.b Am 19. Mai 2011 erhob X. beim Bezirksgericht Zürich Kol-lokationsklage gegen die Z. Limited und beantragte, die Forderung der Mitgläubigerin sei zu reduzieren und lediglich im Betrag von Fr. 8'031'060.- zu kollozieren.
A.b A.c Mit Verfügung vom 26. September 2011 setzte das Bezirksgericht X. Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 34'075.- an.
A.c B. Gegen diese Verfügung erhob X. Beschwerde und verlangte, dass der Kostenvorschuss auf höchstens Fr. 1'903.85 festzulegen sei. Das BGE 138 III 675 S. 676 Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, hiess die Beschwerde mit Urteil vom 7. Dezember 2011 teilweise gut und reduzierte den Kostenvorschuss auf Fr. 25'000.-. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.
B. BGE 138 III 675 S. 676
C. Mit Eingabe vom 27. Januar 2012 hat X. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Kostenvorschuss für die Kollokationsklage auf höchstens Fr. 1'903.85 festzulegen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. (...)
C. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut und weist die Sache an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung zurück.
(Auszug)
Aus den Erwägungen:
Erwägungen
Erwägungen 3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Festsetzung des Vorschusses für Gerichtskosten im (negativen) Kollokationsprozess nach Art. 250 Abs. 2 SchKG (Wegweisungsprozess). Zu Recht ist unbestritten, dass sich der Streitwert im Kollokationsprozess im kantonalen Verfahren seit Inkrafttreten der ZPO (SR 272) nach Bundesrecht bestimmt ( Art. 1 lit. c, Art. 91 ff. ZPO ). Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Streitwert im Kollokationsprozess im eidgenössischen Rechtsmittelverfahren ist nunmehr auch im kantonalen Verfahren massgebend (TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 45 zu Art. 91 ZPO ; vgl. Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl 2006 7221, 7291 Ziff. 5.7 a.E.). Hingegen richtet sich die Festsetzung der Gerichtskosten bzw. des Vorschusses weiterhin nach kantonalem Recht ( Art. 96 und 98 ZPO ). Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Streitwert, nach welchem die Vorinstanz den Vorschuss für die Gerichtskosten festgesetzt hat.
3. Art. 250 Abs. 2 SchKG Art. 1 lit. c, Art. 91 ff. ZPO Art. 91 ZPO Art. 96 und 98 ZPO 3.1 Der Streitwert bei der Kollokationsklage bemisst sich nach der Dividende, die auf den bestrittenen Betrag entfallen würde, also nach dem möglichen Prozessgewinn ( BGE 65 III 28 E. 2 S. 31; BGE 81 II 473 S. 474; BGE 82 III 94 S. 95; BGE 135 III 127 E. 1.2 S. 129). Bei der Anfechtung der Kollokation eines Konkurrenten ( Art. 250 Abs. 2 SchKG ) berechnet sich diese Differenz auf der dem Beklagten zufallenden Dividende ( BGE 114 III 114 S. 116; BGE 131 III 451 E. 1.2 S. 453; TAPPY, a.a.O., N. 82 zu Art. 91 ZPO ; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 124 und 125 zu Art. 250 SchKG ). Somit ist bei der negativen Kollokationsklage nicht BGE 138 III 675 S. 677 das Streitinteresse des Klägers allein massgebend, sondern vielmehr dasjenige des Klägers und der Masse (BRUNNER/REUTTER, Kollokations- und Widerspruchsklagen nach SchKG, 2. Aufl. 2002, S. 55). Grund dafür ist, dass - je nach Umfang der bestrittenen Forderung und erwarteten Dividende - der Prozessgewinn höher sein kann, als es zur Tilgung von Forderung und Kosten des Klägers erforderlich ist, und dieser Überschuss nach Art. 250 Abs. 2 SchKG zugunsten der übrigen Gläubiger in die Konkursmasse fällt (AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8. Aufl. 2008, § 46 Rz. 57). Von diesen Grundsätzen ist das Obergericht zu Recht ausgegangen.
3.1 BGE 65 III 28 Art. 250 Abs. 2 SchKG Art. 91 ZPO Art. 250 SchKG BGE 138 III 675 S. 677
Art. 250 Abs. 2 SchKG 3.2 Die Berechnung der mutmasslichen Konkursdividende erfolgt durch die Konkursverwaltung, welche hierfür die Aktiven gemäss Inventar den Passiven gemäss Kollokationsplan gegenüberstellt und das zu erwartende Resultat im Kollokationsplan angibt ( BGE 65 III 28 E. 3 S. 32; BRUNNER/REUTTER, a.a.O., S. 54 f.). Vorliegend steht fest, dass das Konkursamt für alle Gläubigerklassen eine mutmassliche Konkursdividende von 0 % ermittelt hat. Das Obergericht erachtet diese als unrealistisch bzw. nicht verbindlich und ist zur neuen Schätzung der Aktiven geschritten.
3.2 BGE 65 III 28 3.2.1 Das Bundesgericht hat in BGE 65 III 28 (E. 3 S. 32) festgehalten, dass sich der Kollokationskläger bei Einleitung des Prozesses darauf verlassen kann, was die Konkursverwaltung als mutmassliche Dividende ermittelt hat. Grund dafür ist, dass sich (wie im Bundesgerichtsurteil ausgeführt) nicht bloss Zuständigkeit und Verfahren nach dem Streitwert richten können, sondern allgemein der Kollokationskläger nur auf diese Weise Prozessrisiko und Prozessnutzen abschätzen kann (JEANDIN, Poursuite pour dettes et faillite: état de collocation, FJS Nr. 990b, Stand: 1999, Ziff. I.A.7; BRUNNER/REUTTER, a.a.O., S. 55).
3.2.1 BGE 65 III 28 3.2.2 Das Obergericht hat übergangen, dass die Schätzung, welche für jedes Vermögensstück vorzunehmen und im Konkursinventar anzugeben ist ( Art. 227 SchKG ), eine zwangsvollstreckungsrechtliche Verfügung ( Art. 17 SchKG ) darstellt, welche der Kontrolle der Aufsichtsbehörde nach Art. 18 SchKG untersteht. Die Schätzung ist nicht nur für die Frage der Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven durch das Konkursgericht erheblich ( Art. 230 Abs. 1 SchKG ). Die Angabe der mutmasslichen Dividende - gestützt auf die Schätzung im Inventar - dient vielmehr auch dem Kollokationsrichter als zuverlässige Streitwertangabe (BRUNNER/REUTTER, a.a.O., S. 55). Zu BGE 138 III 675 S. 678 Recht wird in der Lehre bestätigt, dass die Schätzung der mutmasslichen Konkursdividende für das Gericht verbindlich ist (HIERHOLZER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 49 zu Art. 250 SchKG ; SPRECHER, in: Kurzkommentar SchKG, 2009, N. 30 zu Art. 250 SchKG ). Es gibt keinen Grund, weshalb der Kollokationsrichter die Schätzung der Konkursverwaltung frei überprüfen können soll (mit der Folge, dass sich wie hier die Parteien vor dem Kollokationsrichter über den Schätzungswert von Aktiven streiten). Ob eine veränderte Grundlage des Streitwertes - die Änderung des Inventars (bzw. der enthaltenen Schätzungswerte) durch die Konkursverwaltung bzw. Aufsichtsbehörden - im Verlauf des Kollokationsprozesses vorbehalten ist, kann hier (wie bereits in BGE 65 III 28 E. 3 S. 32) offenbleiben. Demnach findet die Neuschätzung der Aktiven durch die Vorinstanz und die danach ermittelte Konkursdividende von 20,7 % im Bundesrecht keine Grundlage. Es bleibt dabei, dass das Obergericht für die Festsetzung des Streitwertes für die vom Beschwerdeführer erhobene Kollokationsklage von einer mutmasslichen Konkursdividende von 0 % auszugehen hat.
3.2.2 Art. 227 SchKG Art. 17 SchKG Art. 18 SchKG Art. 230 Abs. 1 SchKG BGE 138 III 675 S. 678
Art. 250 SchKG Art. 250 SchKG BGE 65 III 28 3.3 Wenn die mutmasslich auf eine strittige Forderung entfallende Konkursdividende 0 % beträgt, kann mit der Kollokationsklage im laufenden Konkurs kein geldwerter Prozessgewinn erzielt werden ( BGE 65 III 28 E. 1 S. 30). Nach der Rechtsprechung ist ein Kollokationsstreit wegen der Wirkungen des Verlustscheines auch dann zulässig, wenn das auf den bestrittenen Anspruch entfallende Konkursbetreffnis voraussichtlich Null sein wird ( BGE 82 III 94 S. 96). Im Konkurs von juristischen Personen kann sich immerhin die Frage nach dem erforderlichen rechtlich geschützten Interesse des Klägers an der Behandlung der Kollokationsklage stellen (in diesem Sinn Urteil 5C.185/2002 vom 31. Oktober 2002 E. 2.2; Urteil 5A_484/2010 vom 20. Dezember 2010 E. 4.2; BRUNNER/REUTTER, a.a.O., S. 54; HIERHOLZER, a.a.O., N. 54 zu Art. 250 SchKG ; vgl. BRACONI, La collocation des créances en droit international de la faillite, 2005, S. 130 Fn. 100).
3.3 BGE 65 III 28 Art. 250 SchKG 3.4 Vorliegend hat das Obergericht zum Rechtsschutzinteresse ausgeführt, der Beschwerdeführer habe ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Kollokationsklage, zu welchem das Interesse der Masse hinzukomme. Nach der Klageschrift will der Beschwerdeführer die Konkursforderung der Beschwerdegegnerin reduzieren, um bei Abtretung von Ansprüchen nach Art. 260 SchKG zu verhindern, dass BGE 138 III 675 S. 679 die Beschwerdegegnerin bei Verteilung des Ergebnisses ( Art. 260 Abs. 2 SchKG ) zu viel bekomme. Entgegen der Auffassung des Obergerichts macht der Beschwerdeführer damit kein unmittelbares Prozessinteresse geltend - weder für sich, noch für die Masse. Grund dafür ist, dass bei einer mutmasslichen Dividende von 0 % ein frei werdender Betrag für den Beschwerdeführer nicht zu erwarten ist, ebenso wenig ein Überschuss ( Art. 250 Abs. 2 SchKG ) für die Masse, was nach BGE 115 III 68 S. 71 ohne weiteres zur Klageführung genügt. Das Streitinteresse des Beschwerdeführers und der Masse ist hier ein mittelbares, denn es setzt vorab die erfolgreiche Geltendmachung eines gemäss Art. 260 SchKG abgetretenen Anspruchs voraus, die zu einem Überschuss ( Art. 260 Abs. 2 SchKG ) führt. Offenbar geht es vorliegend um die Geltendmachung (nach Art. 260 SchKG ) von Verantwortlichkeitsansprüchen gegen natürliche Personen in Millionenhöhe. Dass hier das Obergericht dem Beschwerdeführer im Ergebnis ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse zugestanden hat, um die Kollokationsklage zu führen, ist nicht zu beanstanden. Bleibt zu prüfen, was dies für den Streitwert bedeutet.
3.4 Art. 260 SchKG BGE 138 III 675 S. 679
Art. 260 Abs. 2 SchKG Art. 250 Abs. 2 SchKG Art. 260 SchKG Art. 260 Abs. 2 SchKG Art. 260 SchKG 3.4.1 In der Lehre wird vorgeschlagen, im Fall der Nulldividende bei hinreichendem Rechtsschutzinteresse für den Streitwert auf die nominell eingeklagte Konkursforderung abzustellen (STÖCKLI, Komplizierter Streit, Insolvenz- und Wirtschaftsrecht [IWIR] 1998 S. 148; gl.M. allgemein, d.h. unabhängig von einer Dividendenprognose JAQUES, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 38 zu Art. 250 SchKG mit Hinweis auf GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 111 Fn. 22). Das Bundesgericht hat ein entsprechendes Vorgehen, das sich noch auf kantonales Recht stützte, nicht als Verstoss gegen das Willkürverbot ( Art. 9 BV ) erachtet (Urteil 5A_484/2010 vom 20. Dezember 2010 E. 4.2.4). Bei dieser Sichtweise wäre die anbegehrte nominelle Reduktion der kollozierten Forderung als Streitwert zu nehmen.
3.4.1 Art. 250 SchKG Art. 9 BV 3.4.2 In Anwendung von Bundesrecht (OG) hat das Bundesgericht indessen klargestellt, was für den Streitwert gilt, wenn (wie hier mit Blick auf das mögliche Ergebnis eines möglichen Abtretungsprozesses) nur ein mittelbares Streitinteresse vorliegt. Nach BGE 82 III 94 (S. 96) ist in diesem Fall nur ein minimaler Streitwert, entsprechend dem mehr nur symbolischen, jedenfalls ausserhalb des unmittelbaren Prozesserfolgs liegenden Streitinteresse anzunehmen. Die blosse Möglichkeit, dass der zu Verlust gekommene Betrag sich später doch noch einbringen lasse, kann nur in solcher Weise BGE 138 III 675 S. 680 berücksichtigt werden. Diese Rechtsprechung wird in der Lehre bestätigt (TAPPY, a.a.O., N. 82 a.E. zu Art. 91 ZPO ), und triftige Gründe, um davon abzurücken, sind nicht ersichtlich. Mit dieser Rechtsprechung ist nicht vereinbar, wenn das Obergericht den Streitwert nach der anbegehrten Reduktion (Fr. 1'652'297.81) der Konkursforderung der Beschwerdegegnerin gerichtet hat, oder wenn der Beschwerdeführer seine bzw. die Konkursforderung des Klägers heranziehen will.
3.4.2 BGE 138 III 675 S. 680
Art. 91 ZPO 3.5 Nach dem Dargelegten verstösst gegen Bundesrecht, wenn die Vorinstanz bei der Festlegung des Kostenvorschusses von einem Streitwert ausgegangen ist, der die mutmassliche Konkursdividende von 0 % übergeht und auf die umstrittene Reduktion der Konkursforderung der Beschwerdegegnerin abstellt. Die Rüge des Beschwerdeführers, dass die bundesrechtlichen Regeln bei der Festlegung des Streitwertes übergangen worden seien, ist begründet, ohne dass über die weiteren Rügen zu befinden ist.
3.5 Die Vorinstanz hat die Sache neu zu beurteilen und einen minimalen Streitwert, entsprechend dem mehr nur symbolischen, jedenfalls ausserhalb des unmittelbaren Prozesserfolgs liegenden Streitinteresse anzunehmen. Ob im konkreten Fall die Grössenordnung von Fr. 10'000.- (wie der Beschwerdeführer im Ergebnis verlangt) dem Kriterium eines minimalen Streitwertes entspricht, welcher für die anbegehrte Reduktion der Konkursforderung angenommen werden kann, ist eine Frage, welche im Ermessen des kantonalen Gerichts liegt. In Anwendung des kantonalen Rechts hat das Obergericht schliesslich den Kostenvorschuss festzusetzen.
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Urteilskopf 138 III 67 10. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans les causes X. SA contre Y. et Z. (recours en matière civile) 4A_489/2011 / 4A_491/2011 du 10 janvier 2012 Regeste a Art. 340 Abs. 2 OR ; Gültigkeit eines Konkurrenzverbotes. Erbringt der Arbeitnehmer dem Kunden eine Leistung, die vorwiegend von seinen persönlichen Fähigkeiten geprägt ist, so dass der Kunde diesen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beimisst als der Identität des Arbeitgebers, ist ein Konkurrenzverbot gestützt auf den Einblick in den Kundenkreis ungültig (E. 2.2). Regeste b Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers ( Art. 340 Abs. 2 OR ); Treuepflicht des Arbeitnehmers ( Art. 321a OR ). Die Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers müssen spezifische technische, organisatorische oder finanzielle Fragen betreffen, die dieser geheim halten will. Die Treuepflicht des Arbeitnehmers erlischt mangels anderslautender gesetzlicher Vorschrift mit Ablauf des Arbeitsvertrags. Der Arbeitnehmer, der gemeinsam mit anderen die Gründung eines Konkurrenzunternehmens ins Auge fasst und hiezu noch vor Ablauf des Arbeitsvertrags Vorbereitungshandlungen vornimmt, verletzt seine Treuepflicht nicht, solange er seinen Arbeitgeber nicht zu konkurrenzieren bzw. dessen Arbeitnehmer oder Kundschaft abzuwerben beginnt. Anwendung dieser Prinzipien auf den vorliegenden Fall (E. 2.3). Sachverhalt ab Seite 68 BGE 138 III 67 S. 68 A. X. SA (ci-après: X.) est une société anonyme, qui a son siège à Genève et ses bureaux à... (France), dont le but social est l'organisation de training, séminaires, cycles de formation, notamment dans le développement des ressources humaines de l'entreprise, les conseils et l'assistance dans la direction et le management d'entreprise. Par contrat du 23 février 2000, X. a engagé Y., domicilié dans le canton de Genève, en qualité de "training coach senior" dès le 1 er mars 2000. Le contrat contient une clause de prohibition de concurrence, interdisant à l'employé, en cas de démission après la première année de service, d'exercer une activité concurrente dans un délai de deux ans et dans l'espace de la Suisse romande et de la région frontalière de Genève; la clause est assortie d'une amende conventionnelle fixée au montant total de la rémunération de la dernière année d'activité, qu'elle soit complète ou partielle. Par lettre du 28 août 2006, X. a engagé Z., domicilié dans le canton de Genève, en qualité de "training coach senior" dès le 1 er septembre 2006. La lettre contient également une clause de prohibition de concurrence pour une durée de deux ans limitée à l'espace de la Suisse romande; cette clause est assortie d'une amende conventionnelle d'un montant correspondant à la rémunération de la dernière année d'activité. X. reproche à ses deux anciens employés, soit Y. et Z., d'avoir violé la clause de prohibition de concurrence et leur réclame la pénalité convenue. X. reproche également à ses deux anciens employés d'avoir violé leur devoir de fidélité en détournant de la clientèle avant la fin du rapport de travail, soit - selon ce qui reste litigieux devant le Tribunal fédéral - les clients B. et A. dans le cas de Y. et les clients D. et E. dans le cas de Z. BGE 138 III 67 S. 69 B. B.a Par demande déposée au greffe de la juridiction des prud'hommes du canton de Genève, X. a réclamé en dernier lieu à Y. les sommes de 190'110 fr, 134'650 fr. et deux fois 27'000 fr., avec intérêts. Par arrêt du 21 juin 2011, la Chambre des prud'hommes de la Cour de justice du canton de Genève, réformant le jugement de première instance, a considéré que la clause de prohibition de concurrence et la peine conventionnelle qui lui était liée n'étaient pas valables. Elle a conclu également qu'il n'était pas prouvé que l'employé ait détourné des clients par des déclarations faites avant la fin du rapport de travail. Elle a donc rejeté la demande principale. B.b Par demande déposée au greffe de la juridiction des prud'hommes du canton de Genève, X. a réclamé en dernier lieu à Z. le paiement de 212'520 fr. avec intérêts. La Chambre des prud'hommes de la Cour de justice genevoise, par arrêt du 21 juin 2011 réformant le jugement de première instance, a rejeté la demande formée par X. La cour cantonale a estimé que la clause de prohibition de concurrence et la peine conventionnelle qui lui était liée n'étaient pas valables. Elle a également considéré qu'il n'était pas établi que l'employé ait violé son devoir de fidélité. C. X. a déposé deux actes de recours en matière civile au Tribunal fédéral contre les deux arrêts du 21 juin 2011. La recourante a conclu à l'annulation des arrêts attaqués et à ce que le Tribunal fédéral rende un arrêt conforme aux décisions de première instance. Le Tribunal fédéral, statuant par un seul arrêt, a rejeté les deux recours en matière civile. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. 2.2 Le contrat de travail conclu avec chacun des intimés est assorti d'une clause de prohibition de concurrence au sens des art. 340 à 340c CO. En cas de violation de cette clause, une peine conventionnelle a été prévue (art. 160 à 163 CO; cf. également: art. 340b al. 2 CO ). La cour cantonale a conclu que la clause de prohibition de concurrence et en conséquence la clause pénale qui lui est liée n'étaient pas valables. Il s'agit là de la première question juridique qu'il convient de résoudre. BGE 138 III 67 S. 70 2.2.1 Selon l' art. 340 al. 2 CO, la prohibition de faire concurrence n'est valable que si les rapports de travail permettent au travailleur d'avoir connaissance de la clientèle ou de secrets de fabrication ou d'affaires de l'employeur et si l'utilisation de ces renseignements est de nature à causer à l'employeur un préjudice sensible. Dans une jurisprudence ancienne, le Tribunal fédéral a considéré que l'employé ne pouvait tirer profit de sa connaissance de la clientèle lorsque les rapports entre la clientèle et l'employeur ont essentiellement un caractère personnel, fondé sur la compétence de cet employeur, par exemple s'il s'agit d'un avocat célèbre ou d'un chirurgien réputé; dans ce cas, en effet, la connaissance que l'employé possède de la clientèle ne lui procure pas, à elle seule, le moyen de rompre ou de distendre le lien existant entre l'employeur et sa clientèle ( ATF 78 II 39 consid. 1 p. 40 s. et les arrêts cités). Ultérieurement, la jurisprudence a eu l'occasion de se pencher sur la situation inverse, à savoir le cas où une relation personnelle était établie entre le client et l'employé lui-même, en l'occurrence un dentiste; il a été conclu que dans ce cas également, la clause de prohibition de concurrence n'était pas valable, parce que la personnalité de l'employé revêtait pour le client une importance prépondérante et interrompait le rapport de causalité qui doit exister entre la simple connaissance de la clientèle et la possibilité de causer un dommage sensible à l'employeur (arrêt 4C.100/2006 du 13 juillet 2007 consid. 2.6). Cette jurisprudence a été approuvée par la doctrine unanime pour les cas où la relation entre la clientèle et l'employé repose essentiellement sur les capacités personnelles de ce dernier et relègue à l'arrière-plan l'identité de l'employeur (GABRIEL AUBERT, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2003, n° 9 ad art. 340 CO ; TERCIER/FAVRE, Les contrats spéciaux, 4 e éd. 2009, n. 3843 p. 573; PIERRE ENGEL, Contrats de droit suisse, 2 e éd. 2000, p. 391; STREIFF/VON KAENEL, Arbeitsvertrag, 6 e éd. 2006, n° s 10, 11 et 15 ad art. 340 CO ; ADRIAN STAEHELIN, Commentaire zurichois, 1996, n° 16 ad art. 340 CO ; JÜRG BRÜHWILER, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 2 e éd. 1996, n° 12 ad art. 340 CO ; MANFRED REHBINDER, Commentaire bernois, 1992, n° 12 ad art. 340 CO ; PHILIPPE CARRUZZO, Le contrat individuel de travail, 2009, n° 4 ad art. 340 CO p. 595; RÉMY WYLER, Droit du travail, 2 e éd. 2008, p. 599; CHRISTIAN FAVRE ET AL., Le contrat de travail, Code annoté, 2010, n° 2.3 ad art. 340 CO ; CHRISTIANE BRUNNER ET AL., BGE 138 III 67 S. 71 Commentaire du contrat de travail, 3 e éd. 2004, p. 309 s.; CHRISTOPH NEERACHER, Das arbeitsvertragliche Konkurrenzverbot, 2001, p. 39). Une clause de prohibition de concurrence, fondée sur la connaissance de la clientèle, ne se justifie que si l'employé, grâce à sa connaissance des clients réguliers et de leurs habitudes, peut facilement leur proposer des prestations analogues à celles de l'employeur et ainsi les détourner de celui-ci. Ce n'est que dans une situation de ce genre que, selon les termes de l' art. 340 al. 2 CO, le fait d'avoir connaissance de la clientèle est de nature, par l'utilisation de ce renseignement, à causer à l'employeur un préjudice sensible. Il apparaît en effet légitime que l'employeur puisse dans une certaine mesure se protéger, par une clause de prohibition de concurrence, contre le risque que le travailleur détourne à son profit les efforts de prospection effectués par le premier ou pour le compte du premier. La situation se présente différemment lorsque l'employé noue un rapport personnel avec le client en lui fournissant des prestations qui dépendent essentiellement des capacités propres à l'employé. Dans ce cas en effet, le client attache de l'importance à la personne de l'employé dont il apprécie les capacités personnelles et pour qui il éprouve de la confiance et de la sympathie. Une telle situation suppose que le travailleur fournisse une prestation qui se caractérise surtout par ses capacités personnelles, de telle sorte que le client attache plus d'importance aux capacités personnelles de l'employé qu'à l'identité de l'employeur. Si, dans une telle situation, le client se détourne de l'employeur pour suivre l'employé, ce préjudice pour l'employeur résulte des capacités personnelles de l'employé et non pas simplement du fait que celui-ci a eu connaissance du nom des clients. Pour admettre une telle situation - qui exclut la clause de prohibition de concurrence -, il faut que l'employé fournisse au client une prestation qui se caractérise par une forte composante personnelle. Dire si tel est le cas dépend des circonstances, dont la constatation relève du fait et lie le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ). 2.2.2 En l'espèce, la cour cantonale a procédé à une appréciation des preuves recueillies. Un témoin a estimé que les qualités personnelles des animateurs comptaient pour 70 % dans la décision de la clientèle. On ne voit pas ce qu'il y a d'arbitraire à le croire. Par ailleurs, les qualités oratoires des animateurs et les réactions positives de l'auditoire ont également été invoquées. Il n'a pas été établi que la recourante utilisait une méthode d'enseignement particulière ou que BGE 138 III 67 S. 72 son matériel de soutien à la présentation jouait un rôle particulièrement important. Pour des séminaires de formation, on conçoit facilement que les entreprises clientes attachent une importance prépondérante à la capacité de l'animateur d'attirer l'attention, de s'exprimer clairement et de transmettre un message que l'auditoire retiendra. On ne saurait dire que la cour cantonale a établi les faits de manière arbitraire. Sur cette base, il faut conclure qu'exploiter la seule connaissance de la clientèle ne suffisait pas pour causer un préjudice sensible à l'employeur et que le préjudice subi découle au contraire, de manière prépondérante, des capacités personnelles des travailleurs. En conséquence, la cour cantonale n'a pas violé l' art. 340 al. 2 CO en concluant que la clause de prohibition de concurrence n'était pas valable. 2.3 La recourante reproche aux intimés d'avoir indiqué à des clients, avant la fin des rapports de travail, qu'ils poursuivraient leur activité à titre indépendant ou dans une autre structure et d'avoir ainsi détourné de la clientèle de leur employeur; elle considère que les intimés ont violé leur devoir de fidélité et qu'ils lui ont causé un dommage. 2.3.1 Selon l' art. 321a al. 1 CO, le travailleur doit sauvegarder fidèlement les intérêts légitimes de l'employeur. Il ne doit pas faire concurrence à l'employeur pendant la durée du contrat ( art. 321a al. 3 CO ). Pendant la durée du contrat, le travailleur ne doit pas utiliser ni révéler des faits destinés à rester confidentiels, tels que les secrets de fabrication et d'affaires dont il a pris connaissance au service de l'employeur; il est tenu de garder le secret même après la fin du contrat en tant que l'exige la sauvegarde des intérêts légitimes de l'employeur ( art. 321a al. 4 CO ). Si le travailleur contrevient à ses obligations, il répond du dommage qu'il cause à l'employeur intentionnellement ou par négligence ( art. 321e al. 1 CO ). 2.3.2 Pour être qualifiées de secrets d'affaires ou de fabrication, les connaissances acquises par le travailleur doivent toucher à des questions techniques, organisationnelles ou financières, qui sont spécifiques et que l'employeur veut garder secrètes; il ne peut s'agir de connaissances qui peuvent être acquises dans toutes les entreprises de la même branche (arrêts 4A_31/2010 du 16 mars 2010 consid. 2.1, in JdT 2011 II p. 220; 4A_417/2008 du 3 décembre 2008 consid. 4.1 BGE 138 III 67 S. 73 et les références citées). L'existence de tels secrets ne ressort pas en l'espèce des constatations cantonales. L' art. 340 al. 2 CO distingue d'ailleurs la connaissance de la clientèle, d'une part, et les secrets de fabrication ou d'affaires, d'autre part. La seule connaissance de la clientèle ne saurait donc en aucun cas constituer l'un de ces secrets particuliers que le travailleur devrait garder même après la fin du contrat de travail ( art. 321a al. 4 CO ). La recourante ne le prétend d'ailleurs pas, la cour cantonale ayant même constaté qu'elle publiait sur internet la liste de ses principaux clients. 2.3.3 Le contrat de travail, qui est un contrat de durée, n'oblige en principe les parties que pendant la période durant laquelle il déploie ses effets. En l'absence d'une disposition légale contraire, le travailleur peut se prévaloir, après l'extinction du contrat, de la liberté économique, qui comprend notamment le libre choix de la profession, le libre accès à une activité économique lucrative privée et son libre exercice ( art. 27 Cst. ). Ainsi, la jurisprudence a souligné que les parties à un contrat de travail - en dehors de l'hypothèse d'une prohibition de concurrence licite - ne sauraient valablement restreindre le droit du travailleur d'exercer une activité économique après la fin du contrat ( ATF 102 II 211 consid. 5 p. 218). 2.3.4 Ainsi, le devoir de fidélité, invoqué par la recourante, s'est éteint avec l'extinction du rapport de travail. Or il a été constaté que les deux contrats de travail ont été résiliés pour le 31 janvier 2008. Que les intimés aient encore exercé quelques tâches pour leur ancien employeur après cette date - probablement sur la base d'un mandat comme l'admet la recourante - n'y change rien. En effet, il n'est ni allégué ni démontré que les actes reprochés aux intimés entreraient en contradiction avec les intérêts du mandant découlant de ces mandats particuliers. La recourante assumant le fardeau de la preuve ( art. 8 CC ), il était essentiel qu'elle parvienne à prouver que les actes reprochés aux intimés ont eu lieu avant le 31 janvier 2008, date à laquelle le devoir de fidélité a pris fin. 2.3.5 Lorsqu'un employé envisage de se mettre à son compte ou de fonder avec d'autres une entreprise concurrente, il est en soi légitime qu'il puisse entreprendre des préparatifs avant que le contrat de BGE 138 III 67 S. 74 travail ne prenne fin; son devoir de fidélité lui interdit cependant de commencer à concurrencer son employeur, de débaucher des employés ou de détourner de la clientèle avant la fin de la relation de travail ( ATF 117 II 72 consid. 4 p. 74). La limite entre les préparatifs admissibles et un véritable détournement de la clientèle n'est pas toujours facile à tracer. Il est en tout cas certain que les intimés, après la fin du rapport de travail, étaient en droit de faire connaître leur entreprise et d'en vanter les prestations. La chronologie des événements joue donc un rôle essentiel. 2.3.6 Les faits les plus précis reprochés par la recourante aux intimés concernent un entretien que l'intimé Y. a eu avec une responsable de la banque B. La cour cantonale a conclu que la recourante n'était pas parvenue à prouver que cet entretien avait eu lieu avant la fin des rapports de travail. La recourante se plaint d'arbitraire dans l'établissement des faits et invoque avec précision un procès-verbal d'audience dressé le 15 juin 2009. D'après ce document, le témoin a affirmé que la banque avait appris que certains formateurs allaient quitter la recourante de sorte que la banque a décidé de suspendre au moins temporairement ses relations avec elle. Ce témoignage ne permet pas d'établir qui a fourni cette information à la banque. Une pièce a été présentée au témoin à savoir la pièce n° 9 produite par la demanderesse. Il s'agit d'un courrier électronique du 30 novembre 2007. Le témoin a ensuite évoqué l'entretien litigieux avec l'intimé prénommé, mais a ajouté: "Je ne suis pas en mesure de situer chronologiquement cette circonstance. Tout ce que je puis dire, c'est que cette circonstance était postérieure à l'e-mail que vous m'avez montré il y a un instant". Selon le procès-verbal, la seule pièce présentée au témoin a été ce courrier électronique du 30 novembre 2007. La cour cantonale n'a donc pas statué arbitrairement en concluant que le témoin avait affirmé que l'entretien litigieux avait eu lieu après le 30 novembre 2007. Dire qu'il n'est pas exclu que cet entretien ait pu avoir lieu après la fin du rapport de travail, soit postérieurement au 31 janvier 2008, ne peut pas être qualifié d'arbitraire (sur la notion d'arbitraire, notamment dans l'appréciation des preuves: cf. ATF 136 III 552 consid. 4.2 p. 560). Ainsi, la recourante n'est pas parvenue à prouver les faits permettant de constater une violation du devoir de fidélité, puisque les faits invoqués peuvent s'être produits après l'extinction de ce devoir. BGE 138 III 67 S. 75 2.3.7 La recourante reproche aussi à l'intimé Y. d'avoir informé A. du fait qu'il allait poursuivre son activité dans une autre structure. Non seulement la cour cantonale a considéré qu'il ne s'agissait pas d'une violation du devoir de fidélité, mais elle a ajouté - à titre de motivation alternative - qu'il n'était pas prouvé que cette communication serait intervenue avant la fin du contrat de travail. Mais la recourante ne démontre pas que cette seconde motivation procéderait d'une appréciation arbitraire des preuves ( art. 106 al. 2 LTF ). Dès lors qu'il est possible que la déclaration ait été faite après l'extinction du devoir de fidélité, la cour cantonale n'a pas violé le droit fédéral en constatant qu'une violation de ce devoir n'avait pas été établie. 2.3.8 La recourante reproche à l'intimé Z. d'avoir déclaré aux clients D. et E. qu'ils pouvaient soit continuer leur relation contractuelle avec la recourante, soit le suivre dans la nouvelle structure. La cour cantonale a estimé qu'une telle information, en soi complète et objective, ne pouvait pas être considérée comme une violation du devoir de fidélité, des propos réellement préjudiciables n'ayant pas été établis. Quoi qu'il en soit, même si l'on voulait retenir une violation du devoir de fidélité, la recourante ne pourrait demander que la réparation du dommage qui en résulte pour elle (art. 321e al. 1 et 97 al. 1 CO). Or il est incontestable que l'intimé précité pouvait faire une semblable déclaration après la fin des relations de travail, puisque le devoir de fidélité s'était alors éteint. Le seul reproche que l'on pourrait lui faire est d'avoir fait cette déclaration prématurément. Pour qu'il en résulte un dommage, il faudrait que la recourante établisse que sa situation financière nette aurait été meilleure si la déclaration, plutôt que d'intervenir à la date à laquelle elle a été effectuée, avait eu lieu après le 31 janvier 2008. Alors que la cour cantonale avait signalé - sans le trancher - le problème du dommage, la recourante, qui traite du montant de son préjudice, n'explique pas comment elle aurait pu l'éviter si la révélation n'avait été faite qu'après le 31 janvier 2008. Ainsi, on ne voit pas que l'action en dommages-intérêts aurait pu aboutir et la décision de la rejeter ne viole pas le droit fédéral.
Urteilskopf
10. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans les causes X. SA contre Y. et Z. (recours en matière civile)
4A_489/2011 / 4A_491/2011 du 10 janvier 2012
Regeste a Art. 340 Abs. 2 OR ; Gültigkeit eines Konkurrenzverbotes. Erbringt der Arbeitnehmer dem Kunden eine Leistung, die vorwiegend von seinen persönlichen Fähigkeiten geprägt ist, so dass der Kunde diesen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beimisst als der Identität des Arbeitgebers, ist ein Konkurrenzverbot gestützt auf den Einblick in den Kundenkreis ungültig (E. 2.2).
Regeste a
Art. 340 Abs. 2 OR ; Gültigkeit eines Konkurrenzverbotes. Erbringt der Arbeitnehmer dem Kunden eine Leistung, die vorwiegend von seinen persönlichen Fähigkeiten geprägt ist, so dass der Kunde diesen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beimisst als der Identität des Arbeitgebers, ist ein Konkurrenzverbot gestützt auf den Einblick in den Kundenkreis ungültig (E. 2.2).
Art. 340 Abs. 2 OR Erbringt der Arbeitnehmer dem Kunden eine Leistung, die vorwiegend von seinen persönlichen Fähigkeiten geprägt ist, so dass der Kunde diesen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beimisst als der Identität des Arbeitgebers, ist ein Konkurrenzverbot gestützt auf den Einblick in den Kundenkreis ungültig (E. 2.2).
Regeste b Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers ( Art. 340 Abs. 2 OR ); Treuepflicht des Arbeitnehmers ( Art. 321a OR ). Die Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers müssen spezifische technische, organisatorische oder finanzielle Fragen betreffen, die dieser geheim halten will. Die Treuepflicht des Arbeitnehmers erlischt mangels anderslautender gesetzlicher Vorschrift mit Ablauf des Arbeitsvertrags. Der Arbeitnehmer, der gemeinsam mit anderen die Gründung eines Konkurrenzunternehmens ins Auge fasst und hiezu noch vor Ablauf des Arbeitsvertrags Vorbereitungshandlungen vornimmt, verletzt seine Treuepflicht nicht, solange er seinen Arbeitgeber nicht zu konkurrenzieren bzw. dessen Arbeitnehmer oder Kundschaft abzuwerben beginnt. Anwendung dieser Prinzipien auf den vorliegenden Fall (E. 2.3).
Regeste b
Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers ( Art. 340 Abs. 2 OR ); Treuepflicht des Arbeitnehmers ( Art. 321a OR ). Die Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers müssen spezifische technische, organisatorische oder finanzielle Fragen betreffen, die dieser geheim halten will. Die Treuepflicht des Arbeitnehmers erlischt mangels anderslautender gesetzlicher Vorschrift mit Ablauf des Arbeitsvertrags. Der Arbeitnehmer, der gemeinsam mit anderen die Gründung eines Konkurrenzunternehmens ins Auge fasst und hiezu noch vor Ablauf des Arbeitsvertrags Vorbereitungshandlungen vornimmt, verletzt seine Treuepflicht nicht, solange er seinen Arbeitgeber nicht zu konkurrenzieren bzw. dessen Arbeitnehmer oder Kundschaft abzuwerben beginnt. Anwendung dieser Prinzipien auf den vorliegenden Fall (E. 2.3).
Art. 340 Abs. 2 OR Art. 321a OR Die Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers müssen spezifische technische, organisatorische oder finanzielle Fragen betreffen, die dieser geheim halten will. Die Treuepflicht des Arbeitnehmers erlischt mangels anderslautender gesetzlicher Vorschrift mit Ablauf des Arbeitsvertrags. Der Arbeitnehmer, der gemeinsam mit anderen die Gründung eines Konkurrenzunternehmens ins Auge fasst und hiezu noch vor Ablauf des Arbeitsvertrags Vorbereitungshandlungen vornimmt, verletzt seine Treuepflicht nicht, solange er seinen Arbeitgeber nicht zu konkurrenzieren bzw. dessen Arbeitnehmer oder Kundschaft abzuwerben beginnt. Anwendung dieser Prinzipien auf den vorliegenden Fall (E. 2.3).
Sachverhalt ab Seite 68
Sachverhalt ab Seite 68 BGE 138 III 67 S. 68
BGE 138 III 67 S. 68
A. X. SA (ci-après: X.) est une société anonyme, qui a son siège à Genève et ses bureaux à... (France), dont le but social est l'organisation de training, séminaires, cycles de formation, notamment dans le développement des ressources humaines de l'entreprise, les conseils et l'assistance dans la direction et le management d'entreprise.
A. Par contrat du 23 février 2000, X. a engagé Y., domicilié dans le canton de Genève, en qualité de "training coach senior" dès le 1 er mars 2000. Le contrat contient une clause de prohibition de concurrence, interdisant à l'employé, en cas de démission après la première année de service, d'exercer une activité concurrente dans un délai de deux ans et dans l'espace de la Suisse romande et de la région frontalière de Genève; la clause est assortie d'une amende conventionnelle fixée au montant total de la rémunération de la dernière année d'activité, qu'elle soit complète ou partielle.
Par lettre du 28 août 2006, X. a engagé Z., domicilié dans le canton de Genève, en qualité de "training coach senior" dès le 1 er septembre 2006. La lettre contient également une clause de prohibition de concurrence pour une durée de deux ans limitée à l'espace de la Suisse romande; cette clause est assortie d'une amende conventionnelle d'un montant correspondant à la rémunération de la dernière année d'activité.
X. reproche à ses deux anciens employés, soit Y. et Z., d'avoir violé la clause de prohibition de concurrence et leur réclame la pénalité convenue. X. reproche également à ses deux anciens employés d'avoir violé leur devoir de fidélité en détournant de la clientèle avant la fin du rapport de travail, soit - selon ce qui reste litigieux devant le Tribunal fédéral - les clients B. et A. dans le cas de Y. et les clients D. et E. dans le cas de Z. BGE 138 III 67 S. 69
BGE 138 III 67 S. 69
B.
B. B.a Par demande déposée au greffe de la juridiction des prud'hommes du canton de Genève, X. a réclamé en dernier lieu à Y. les sommes de 190'110 fr, 134'650 fr. et deux fois 27'000 fr., avec intérêts.
B.a Par arrêt du 21 juin 2011, la Chambre des prud'hommes de la Cour de justice du canton de Genève, réformant le jugement de première instance, a considéré que la clause de prohibition de concurrence et la peine conventionnelle qui lui était liée n'étaient pas valables. Elle a conclu également qu'il n'était pas prouvé que l'employé ait détourné des clients par des déclarations faites avant la fin du rapport de travail. Elle a donc rejeté la demande principale.
B.b Par demande déposée au greffe de la juridiction des prud'hommes du canton de Genève, X. a réclamé en dernier lieu à Z. le paiement de 212'520 fr. avec intérêts.
B.b La Chambre des prud'hommes de la Cour de justice genevoise, par arrêt du 21 juin 2011 réformant le jugement de première instance, a rejeté la demande formée par X. La cour cantonale a estimé que la clause de prohibition de concurrence et la peine conventionnelle qui lui était liée n'étaient pas valables. Elle a également considéré qu'il n'était pas établi que l'employé ait violé son devoir de fidélité.
C. X. a déposé deux actes de recours en matière civile au Tribunal fédéral contre les deux arrêts du 21 juin 2011. La recourante a conclu à l'annulation des arrêts attaqués et à ce que le Tribunal fédéral rende un arrêt conforme aux décisions de première instance.
C. Le Tribunal fédéral, statuant par un seul arrêt, a rejeté les deux recours en matière civile.
(résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
2.
2. 2.2 Le contrat de travail conclu avec chacun des intimés est assorti d'une clause de prohibition de concurrence au sens des art. 340 à 340c CO. En cas de violation de cette clause, une peine conventionnelle a été prévue (art. 160 à 163 CO; cf. également: art. 340b al. 2 CO ).
2.2 art. 340b al. 2 CO La cour cantonale a conclu que la clause de prohibition de concurrence et en conséquence la clause pénale qui lui est liée n'étaient pas valables. Il s'agit là de la première question juridique qu'il convient de résoudre. BGE 138 III 67 S. 70
BGE 138 III 67 S. 70
2.2.1 Selon l' art. 340 al. 2 CO, la prohibition de faire concurrence n'est valable que si les rapports de travail permettent au travailleur d'avoir connaissance de la clientèle ou de secrets de fabrication ou d'affaires de l'employeur et si l'utilisation de ces renseignements est de nature à causer à l'employeur un préjudice sensible.
2.2.1 art. 340 al. 2 CO Dans une jurisprudence ancienne, le Tribunal fédéral a considéré que l'employé ne pouvait tirer profit de sa connaissance de la clientèle lorsque les rapports entre la clientèle et l'employeur ont essentiellement un caractère personnel, fondé sur la compétence de cet employeur, par exemple s'il s'agit d'un avocat célèbre ou d'un chirurgien réputé; dans ce cas, en effet, la connaissance que l'employé possède de la clientèle ne lui procure pas, à elle seule, le moyen de rompre ou de distendre le lien existant entre l'employeur et sa clientèle ( ATF 78 II 39 consid. 1 p. 40 s. et les arrêts cités).
ATF 78 II 39 Ultérieurement, la jurisprudence a eu l'occasion de se pencher sur la situation inverse, à savoir le cas où une relation personnelle était établie entre le client et l'employé lui-même, en l'occurrence un dentiste; il a été conclu que dans ce cas également, la clause de prohibition de concurrence n'était pas valable, parce que la personnalité de l'employé revêtait pour le client une importance prépondérante et interrompait le rapport de causalité qui doit exister entre la simple connaissance de la clientèle et la possibilité de causer un dommage sensible à l'employeur (arrêt 4C.100/2006 du 13 juillet 2007 consid. 2.6).
Cette jurisprudence a été approuvée par la doctrine unanime pour les cas où la relation entre la clientèle et l'employé repose essentiellement sur les capacités personnelles de ce dernier et relègue à l'arrière-plan l'identité de l'employeur (GABRIEL AUBERT, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2003, n° 9 ad art. 340 CO ; TERCIER/FAVRE, Les contrats spéciaux, 4 e éd. 2009, n. 3843 p. 573; PIERRE ENGEL, Contrats de droit suisse, 2 e éd. 2000, p. 391; STREIFF/VON KAENEL, Arbeitsvertrag, 6 e éd. 2006, n° s 10, 11 et 15 ad art. 340 CO ; ADRIAN STAEHELIN, Commentaire zurichois, 1996, n° 16 ad art. 340 CO ; JÜRG BRÜHWILER, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 2 e éd. 1996, n° 12 ad art. 340 CO ; MANFRED REHBINDER, Commentaire bernois, 1992, n° 12 ad art. 340 CO ; PHILIPPE CARRUZZO, Le contrat individuel de travail, 2009, n° 4 ad art. 340 CO p. 595; RÉMY WYLER, Droit du travail, 2 e éd. 2008, p. 599; CHRISTIAN FAVRE ET AL., Le contrat de travail, Code annoté, 2010, n° 2.3 ad art. 340 CO ; CHRISTIANE BRUNNER ET AL., BGE 138 III 67 S. 71 Commentaire du contrat de travail, 3 e éd. 2004, p. 309 s.; CHRISTOPH NEERACHER, Das arbeitsvertragliche Konkurrenzverbot, 2001, p. 39). art. 340 CO art. 340 CO art. 340 CO art. 340 CO art. 340 CO art. 340 CO art. 340 CO BGE 138 III 67 S. 71
Une clause de prohibition de concurrence, fondée sur la connaissance de la clientèle, ne se justifie que si l'employé, grâce à sa connaissance des clients réguliers et de leurs habitudes, peut facilement leur proposer des prestations analogues à celles de l'employeur et ainsi les détourner de celui-ci. Ce n'est que dans une situation de ce genre que, selon les termes de l' art. 340 al. 2 CO, le fait d'avoir connaissance de la clientèle est de nature, par l'utilisation de ce renseignement, à causer à l'employeur un préjudice sensible. Il apparaît en effet légitime que l'employeur puisse dans une certaine mesure se protéger, par une clause de prohibition de concurrence, contre le risque que le travailleur détourne à son profit les efforts de prospection effectués par le premier ou pour le compte du premier. art. 340 al. 2 CO La situation se présente différemment lorsque l'employé noue un rapport personnel avec le client en lui fournissant des prestations qui dépendent essentiellement des capacités propres à l'employé. Dans ce cas en effet, le client attache de l'importance à la personne de l'employé dont il apprécie les capacités personnelles et pour qui il éprouve de la confiance et de la sympathie. Une telle situation suppose que le travailleur fournisse une prestation qui se caractérise surtout par ses capacités personnelles, de telle sorte que le client attache plus d'importance aux capacités personnelles de l'employé qu'à l'identité de l'employeur. Si, dans une telle situation, le client se détourne de l'employeur pour suivre l'employé, ce préjudice pour l'employeur résulte des capacités personnelles de l'employé et non pas simplement du fait que celui-ci a eu connaissance du nom des clients.
Pour admettre une telle situation - qui exclut la clause de prohibition de concurrence -, il faut que l'employé fournisse au client une prestation qui se caractérise par une forte composante personnelle. Dire si tel est le cas dépend des circonstances, dont la constatation relève du fait et lie le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ). art. 105 al. 1 LTF 2.2.2 En l'espèce, la cour cantonale a procédé à une appréciation des preuves recueillies. Un témoin a estimé que les qualités personnelles des animateurs comptaient pour 70 % dans la décision de la clientèle. On ne voit pas ce qu'il y a d'arbitraire à le croire. Par ailleurs, les qualités oratoires des animateurs et les réactions positives de l'auditoire ont également été invoquées. Il n'a pas été établi que la recourante utilisait une méthode d'enseignement particulière ou que BGE 138 III 67 S. 72 son matériel de soutien à la présentation jouait un rôle particulièrement important.
2.2.2 BGE 138 III 67 S. 72
Pour des séminaires de formation, on conçoit facilement que les entreprises clientes attachent une importance prépondérante à la capacité de l'animateur d'attirer l'attention, de s'exprimer clairement et de transmettre un message que l'auditoire retiendra. On ne saurait dire que la cour cantonale a établi les faits de manière arbitraire. Sur cette base, il faut conclure qu'exploiter la seule connaissance de la clientèle ne suffisait pas pour causer un préjudice sensible à l'employeur et que le préjudice subi découle au contraire, de manière prépondérante, des capacités personnelles des travailleurs. En conséquence, la cour cantonale n'a pas violé l' art. 340 al. 2 CO en concluant que la clause de prohibition de concurrence n'était pas valable. art. 340 al. 2 CO 2.3 La recourante reproche aux intimés d'avoir indiqué à des clients, avant la fin des rapports de travail, qu'ils poursuivraient leur activité à titre indépendant ou dans une autre structure et d'avoir ainsi détourné de la clientèle de leur employeur; elle considère que les intimés ont violé leur devoir de fidélité et qu'ils lui ont causé un dommage.
2.3 2.3.1 Selon l' art. 321a al. 1 CO, le travailleur doit sauvegarder fidèlement les intérêts légitimes de l'employeur. Il ne doit pas faire concurrence à l'employeur pendant la durée du contrat ( art. 321a al. 3 CO ).
2.3.1 art. 321a al. 1 CO art. 321a al. 3 CO Pendant la durée du contrat, le travailleur ne doit pas utiliser ni révéler des faits destinés à rester confidentiels, tels que les secrets de fabrication et d'affaires dont il a pris connaissance au service de l'employeur; il est tenu de garder le secret même après la fin du contrat en tant que l'exige la sauvegarde des intérêts légitimes de l'employeur ( art. 321a al. 4 CO ). art. 321a al. 4 CO Si le travailleur contrevient à ses obligations, il répond du dommage qu'il cause à l'employeur intentionnellement ou par négligence ( art. 321e al. 1 CO ). art. 321e al. 1 CO 2.3.2 Pour être qualifiées de secrets d'affaires ou de fabrication, les connaissances acquises par le travailleur doivent toucher à des questions techniques, organisationnelles ou financières, qui sont spécifiques et que l'employeur veut garder secrètes; il ne peut s'agir de connaissances qui peuvent être acquises dans toutes les entreprises de la même branche (arrêts 4A_31/2010 du 16 mars 2010 consid. 2.1, in JdT 2011 II p. 220; 4A_417/2008 du 3 décembre 2008 consid. 4.1 BGE 138 III 67 S. 73 et les références citées). L'existence de tels secrets ne ressort pas en l'espèce des constatations cantonales.
2.3.2 BGE 138 III 67 S. 73
L' art. 340 al. 2 CO distingue d'ailleurs la connaissance de la clientèle, d'une part, et les secrets de fabrication ou d'affaires, d'autre part. La seule connaissance de la clientèle ne saurait donc en aucun cas constituer l'un de ces secrets particuliers que le travailleur devrait garder même après la fin du contrat de travail ( art. 321a al. 4 CO ). La recourante ne le prétend d'ailleurs pas, la cour cantonale ayant même constaté qu'elle publiait sur internet la liste de ses principaux clients. art. 340 al. 2 CO art. 321a al. 4 CO 2.3.3 Le contrat de travail, qui est un contrat de durée, n'oblige en principe les parties que pendant la période durant laquelle il déploie ses effets. En l'absence d'une disposition légale contraire, le travailleur peut se prévaloir, après l'extinction du contrat, de la liberté économique, qui comprend notamment le libre choix de la profession, le libre accès à une activité économique lucrative privée et son libre exercice ( art. 27 Cst. ). Ainsi, la jurisprudence a souligné que les parties à un contrat de travail - en dehors de l'hypothèse d'une prohibition de concurrence licite - ne sauraient valablement restreindre le droit du travailleur d'exercer une activité économique après la fin du contrat ( ATF 102 II 211 consid. 5 p. 218).
2.3.3 art. 27 Cst. 2.3.4 Ainsi, le devoir de fidélité, invoqué par la recourante, s'est éteint avec l'extinction du rapport de travail.
2.3.4 Or il a été constaté que les deux contrats de travail ont été résiliés pour le 31 janvier 2008.
Que les intimés aient encore exercé quelques tâches pour leur ancien employeur après cette date - probablement sur la base d'un mandat comme l'admet la recourante - n'y change rien. En effet, il n'est ni allégué ni démontré que les actes reprochés aux intimés entreraient en contradiction avec les intérêts du mandant découlant de ces mandats particuliers.
La recourante assumant le fardeau de la preuve ( art. 8 CC ), il était essentiel qu'elle parvienne à prouver que les actes reprochés aux intimés ont eu lieu avant le 31 janvier 2008, date à laquelle le devoir de fidélité a pris fin. art. 8 CC 2.3.5 Lorsqu'un employé envisage de se mettre à son compte ou de fonder avec d'autres une entreprise concurrente, il est en soi légitime qu'il puisse entreprendre des préparatifs avant que le contrat de BGE 138 III 67 S. 74 travail ne prenne fin; son devoir de fidélité lui interdit cependant de commencer à concurrencer son employeur, de débaucher des employés ou de détourner de la clientèle avant la fin de la relation de travail ( ATF 117 II 72 consid. 4 p. 74).
2.3.5 BGE 138 III 67 S. 74
La limite entre les préparatifs admissibles et un véritable détournement de la clientèle n'est pas toujours facile à tracer.
Il est en tout cas certain que les intimés, après la fin du rapport de travail, étaient en droit de faire connaître leur entreprise et d'en vanter les prestations. La chronologie des événements joue donc un rôle essentiel.
2.3.6 Les faits les plus précis reprochés par la recourante aux intimés concernent un entretien que l'intimé Y. a eu avec une responsable de la banque B. La cour cantonale a conclu que la recourante n'était pas parvenue à prouver que cet entretien avait eu lieu avant la fin des rapports de travail. La recourante se plaint d'arbitraire dans l'établissement des faits et invoque avec précision un procès-verbal d'audience dressé le 15 juin 2009. D'après ce document, le témoin a affirmé que la banque avait appris que certains formateurs allaient quitter la recourante de sorte que la banque a décidé de suspendre au moins temporairement ses relations avec elle. Ce témoignage ne permet pas d'établir qui a fourni cette information à la banque. Une pièce a été présentée au témoin à savoir la pièce n° 9 produite par la demanderesse. Il s'agit d'un courrier électronique du 30 novembre 2007. Le témoin a ensuite évoqué l'entretien litigieux avec l'intimé prénommé, mais a ajouté: "Je ne suis pas en mesure de situer chronologiquement cette circonstance. Tout ce que je puis dire, c'est que cette circonstance était postérieure à l'e-mail que vous m'avez montré il y a un instant". Selon le procès-verbal, la seule pièce présentée au témoin a été ce courrier électronique du 30 novembre 2007. La cour cantonale n'a donc pas statué arbitrairement en concluant que le témoin avait affirmé que l'entretien litigieux avait eu lieu après le 30 novembre 2007. Dire qu'il n'est pas exclu que cet entretien ait pu avoir lieu après la fin du rapport de travail, soit postérieurement au 31 janvier 2008, ne peut pas être qualifié d'arbitraire (sur la notion d'arbitraire, notamment dans l'appréciation des preuves: cf. ATF 136 III 552 consid. 4.2 p. 560).
2.3.6 Ainsi, la recourante n'est pas parvenue à prouver les faits permettant de constater une violation du devoir de fidélité, puisque les faits invoqués peuvent s'être produits après l'extinction de ce devoir. BGE 138 III 67 S. 75
BGE 138 III 67 S. 75
2.3.7 La recourante reproche aussi à l'intimé Y. d'avoir informé A. du fait qu'il allait poursuivre son activité dans une autre structure. Non seulement la cour cantonale a considéré qu'il ne s'agissait pas d'une violation du devoir de fidélité, mais elle a ajouté - à titre de motivation alternative - qu'il n'était pas prouvé que cette communication serait intervenue avant la fin du contrat de travail. Mais la recourante ne démontre pas que cette seconde motivation procéderait d'une appréciation arbitraire des preuves ( art. 106 al. 2 LTF ). Dès lors qu'il est possible que la déclaration ait été faite après l'extinction du devoir de fidélité, la cour cantonale n'a pas violé le droit fédéral en constatant qu'une violation de ce devoir n'avait pas été établie.
2.3.7 art. 106 al. 2 LTF 2.3.8 La recourante reproche à l'intimé Z. d'avoir déclaré aux clients D. et E. qu'ils pouvaient soit continuer leur relation contractuelle avec la recourante, soit le suivre dans la nouvelle structure. La cour cantonale a estimé qu'une telle information, en soi complète et objective, ne pouvait pas être considérée comme une violation du devoir de fidélité, des propos réellement préjudiciables n'ayant pas été établis.
2.3.8 Quoi qu'il en soit, même si l'on voulait retenir une violation du devoir de fidélité, la recourante ne pourrait demander que la réparation du dommage qui en résulte pour elle (art. 321e al. 1 et 97 al. 1 CO). Or il est incontestable que l'intimé précité pouvait faire une semblable déclaration après la fin des relations de travail, puisque le devoir de fidélité s'était alors éteint. Le seul reproche que l'on pourrait lui faire est d'avoir fait cette déclaration prématurément. Pour qu'il en résulte un dommage, il faudrait que la recourante établisse que sa situation financière nette aurait été meilleure si la déclaration, plutôt que d'intervenir à la date à laquelle elle a été effectuée, avait eu lieu après le 31 janvier 2008. Alors que la cour cantonale avait signalé - sans le trancher - le problème du dommage, la recourante, qui traite du montant de son préjudice, n'explique pas comment elle aurait pu l'éviter si la révélation n'avait été faite qu'après le 31 janvier 2008. Ainsi, on ne voit pas que l'action en dommages-intérêts aurait pu aboutir et la décision de la rejeter ne viole pas le droit fédéral.
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Urteilskopf 138 III 67 10. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans les causes X. SA contre Y. et Z. (recours en matière civile) 4A_489/2011 / 4A_491/2011 du 10 janvier 2012 Regeste a Art. 340 Abs. 2 OR ; Gültigkeit eines Konkurrenzverbotes. Erbringt der Arbeitnehmer dem Kunden eine Leistung, die vorwiegend von seinen persönlichen Fähigkeiten geprägt ist, so dass der Kunde diesen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beimisst als der Identität des Arbeitgebers, ist ein Konkurrenzverbot gestützt auf den Einblick in den Kundenkreis ungültig (E. 2.2). Regeste b Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers ( Art. 340 Abs. 2 OR ); Treuepflicht des Arbeitnehmers ( Art. 321a OR ). Die Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers müssen spezifische technische, organisatorische oder finanzielle Fragen betreffen, die dieser geheim halten will. Die Treuepflicht des Arbeitnehmers erlischt mangels anderslautender gesetzlicher Vorschrift mit Ablauf des Arbeitsvertrags. Der Arbeitnehmer, der gemeinsam mit anderen die Gründung eines Konkurrenzunternehmens ins Auge fasst und hiezu noch vor Ablauf des Arbeitsvertrags Vorbereitungshandlungen vornimmt, verletzt seine Treuepflicht nicht, solange er seinen Arbeitgeber nicht zu konkurrenzieren bzw. dessen Arbeitnehmer oder Kundschaft abzuwerben beginnt. Anwendung dieser Prinzipien auf den vorliegenden Fall (E. 2.3). Sachverhalt ab Seite 68 BGE 138 III 67 S. 68 A. X. SA (ci-après: X.) est une société anonyme, qui a son siège à Genève et ses bureaux à... (France), dont le but social est l'organisation de training, séminaires, cycles de formation, notamment dans le développement des ressources humaines de l'entreprise, les conseils et l'assistance dans la direction et le management d'entreprise. Par contrat du 23 février 2000, X. a engagé Y., domicilié dans le canton de Genève, en qualité de "training coach senior" dès le 1 er mars 2000. Le contrat contient une clause de prohibition de concurrence, interdisant à l'employé, en cas de démission après la première année de service, d'exercer une activité concurrente dans un délai de deux ans et dans l'espace de la Suisse romande et de la région frontalière de Genève; la clause est assortie d'une amende conventionnelle fixée au montant total de la rémunération de la dernière année d'activité, qu'elle soit complète ou partielle. Par lettre du 28 août 2006, X. a engagé Z., domicilié dans le canton de Genève, en qualité de "training coach senior" dès le 1 er septembre 2006. La lettre contient également une clause de prohibition de concurrence pour une durée de deux ans limitée à l'espace de la Suisse romande; cette clause est assortie d'une amende conventionnelle d'un montant correspondant à la rémunération de la dernière année d'activité. X. reproche à ses deux anciens employés, soit Y. et Z., d'avoir violé la clause de prohibition de concurrence et leur réclame la pénalité convenue. X. reproche également à ses deux anciens employés d'avoir violé leur devoir de fidélité en détournant de la clientèle avant la fin du rapport de travail, soit - selon ce qui reste litigieux devant le Tribunal fédéral - les clients B. et A. dans le cas de Y. et les clients D. et E. dans le cas de Z. BGE 138 III 67 S. 69 B. B.a Par demande déposée au greffe de la juridiction des prud'hommes du canton de Genève, X. a réclamé en dernier lieu à Y. les sommes de 190'110 fr, 134'650 fr. et deux fois 27'000 fr., avec intérêts. Par arrêt du 21 juin 2011, la Chambre des prud'hommes de la Cour de justice du canton de Genève, réformant le jugement de première instance, a considéré que la clause de prohibition de concurrence et la peine conventionnelle qui lui était liée n'étaient pas valables. Elle a conclu également qu'il n'était pas prouvé que l'employé ait détourné des clients par des déclarations faites avant la fin du rapport de travail. Elle a donc rejeté la demande principale. B.b Par demande déposée au greffe de la juridiction des prud'hommes du canton de Genève, X. a réclamé en dernier lieu à Z. le paiement de 212'520 fr. avec intérêts. La Chambre des prud'hommes de la Cour de justice genevoise, par arrêt du 21 juin 2011 réformant le jugement de première instance, a rejeté la demande formée par X. La cour cantonale a estimé que la clause de prohibition de concurrence et la peine conventionnelle qui lui était liée n'étaient pas valables. Elle a également considéré qu'il n'était pas établi que l'employé ait violé son devoir de fidélité. C. X. a déposé deux actes de recours en matière civile au Tribunal fédéral contre les deux arrêts du 21 juin 2011. La recourante a conclu à l'annulation des arrêts attaqués et à ce que le Tribunal fédéral rende un arrêt conforme aux décisions de première instance. Le Tribunal fédéral, statuant par un seul arrêt, a rejeté les deux recours en matière civile. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. 2.2 Le contrat de travail conclu avec chacun des intimés est assorti d'une clause de prohibition de concurrence au sens des art. 340 à 340c CO. En cas de violation de cette clause, une peine conventionnelle a été prévue (art. 160 à 163 CO; cf. également: art. 340b al. 2 CO ). La cour cantonale a conclu que la clause de prohibition de concurrence et en conséquence la clause pénale qui lui est liée n'étaient pas valables. Il s'agit là de la première question juridique qu'il convient de résoudre. BGE 138 III 67 S. 70 2.2.1 Selon l' art. 340 al. 2 CO, la prohibition de faire concurrence n'est valable que si les rapports de travail permettent au travailleur d'avoir connaissance de la clientèle ou de secrets de fabrication ou d'affaires de l'employeur et si l'utilisation de ces renseignements est de nature à causer à l'employeur un préjudice sensible. Dans une jurisprudence ancienne, le Tribunal fédéral a considéré que l'employé ne pouvait tirer profit de sa connaissance de la clientèle lorsque les rapports entre la clientèle et l'employeur ont essentiellement un caractère personnel, fondé sur la compétence de cet employeur, par exemple s'il s'agit d'un avocat célèbre ou d'un chirurgien réputé; dans ce cas, en effet, la connaissance que l'employé possède de la clientèle ne lui procure pas, à elle seule, le moyen de rompre ou de distendre le lien existant entre l'employeur et sa clientèle ( ATF 78 II 39 consid. 1 p. 40 s. et les arrêts cités). Ultérieurement, la jurisprudence a eu l'occasion de se pencher sur la situation inverse, à savoir le cas où une relation personnelle était établie entre le client et l'employé lui-même, en l'occurrence un dentiste; il a été conclu que dans ce cas également, la clause de prohibition de concurrence n'était pas valable, parce que la personnalité de l'employé revêtait pour le client une importance prépondérante et interrompait le rapport de causalité qui doit exister entre la simple connaissance de la clientèle et la possibilité de causer un dommage sensible à l'employeur (arrêt 4C.100/2006 du 13 juillet 2007 consid. 2.6). Cette jurisprudence a été approuvée par la doctrine unanime pour les cas où la relation entre la clientèle et l'employé repose essentiellement sur les capacités personnelles de ce dernier et relègue à l'arrière-plan l'identité de l'employeur (GABRIEL AUBERT, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2003, n° 9 ad art. 340 CO ; TERCIER/FAVRE, Les contrats spéciaux, 4 e éd. 2009, n. 3843 p. 573; PIERRE ENGEL, Contrats de droit suisse, 2 e éd. 2000, p. 391; STREIFF/VON KAENEL, Arbeitsvertrag, 6 e éd. 2006, n° s 10, 11 et 15 ad art. 340 CO ; ADRIAN STAEHELIN, Commentaire zurichois, 1996, n° 16 ad art. 340 CO ; JÜRG BRÜHWILER, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 2 e éd. 1996, n° 12 ad art. 340 CO ; MANFRED REHBINDER, Commentaire bernois, 1992, n° 12 ad art. 340 CO ; PHILIPPE CARRUZZO, Le contrat individuel de travail, 2009, n° 4 ad art. 340 CO p. 595; RÉMY WYLER, Droit du travail, 2 e éd. 2008, p. 599; CHRISTIAN FAVRE ET AL., Le contrat de travail, Code annoté, 2010, n° 2.3 ad art. 340 CO ; CHRISTIANE BRUNNER ET AL., BGE 138 III 67 S. 71 Commentaire du contrat de travail, 3 e éd. 2004, p. 309 s.; CHRISTOPH NEERACHER, Das arbeitsvertragliche Konkurrenzverbot, 2001, p. 39). Une clause de prohibition de concurrence, fondée sur la connaissance de la clientèle, ne se justifie que si l'employé, grâce à sa connaissance des clients réguliers et de leurs habitudes, peut facilement leur proposer des prestations analogues à celles de l'employeur et ainsi les détourner de celui-ci. Ce n'est que dans une situation de ce genre que, selon les termes de l' art. 340 al. 2 CO, le fait d'avoir connaissance de la clientèle est de nature, par l'utilisation de ce renseignement, à causer à l'employeur un préjudice sensible. Il apparaît en effet légitime que l'employeur puisse dans une certaine mesure se protéger, par une clause de prohibition de concurrence, contre le risque que le travailleur détourne à son profit les efforts de prospection effectués par le premier ou pour le compte du premier. La situation se présente différemment lorsque l'employé noue un rapport personnel avec le client en lui fournissant des prestations qui dépendent essentiellement des capacités propres à l'employé. Dans ce cas en effet, le client attache de l'importance à la personne de l'employé dont il apprécie les capacités personnelles et pour qui il éprouve de la confiance et de la sympathie. Une telle situation suppose que le travailleur fournisse une prestation qui se caractérise surtout par ses capacités personnelles, de telle sorte que le client attache plus d'importance aux capacités personnelles de l'employé qu'à l'identité de l'employeur. Si, dans une telle situation, le client se détourne de l'employeur pour suivre l'employé, ce préjudice pour l'employeur résulte des capacités personnelles de l'employé et non pas simplement du fait que celui-ci a eu connaissance du nom des clients. Pour admettre une telle situation - qui exclut la clause de prohibition de concurrence -, il faut que l'employé fournisse au client une prestation qui se caractérise par une forte composante personnelle. Dire si tel est le cas dépend des circonstances, dont la constatation relève du fait et lie le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ). 2.2.2 En l'espèce, la cour cantonale a procédé à une appréciation des preuves recueillies. Un témoin a estimé que les qualités personnelles des animateurs comptaient pour 70 % dans la décision de la clientèle. On ne voit pas ce qu'il y a d'arbitraire à le croire. Par ailleurs, les qualités oratoires des animateurs et les réactions positives de l'auditoire ont également été invoquées. Il n'a pas été établi que la recourante utilisait une méthode d'enseignement particulière ou que BGE 138 III 67 S. 72 son matériel de soutien à la présentation jouait un rôle particulièrement important. Pour des séminaires de formation, on conçoit facilement que les entreprises clientes attachent une importance prépondérante à la capacité de l'animateur d'attirer l'attention, de s'exprimer clairement et de transmettre un message que l'auditoire retiendra. On ne saurait dire que la cour cantonale a établi les faits de manière arbitraire. Sur cette base, il faut conclure qu'exploiter la seule connaissance de la clientèle ne suffisait pas pour causer un préjudice sensible à l'employeur et que le préjudice subi découle au contraire, de manière prépondérante, des capacités personnelles des travailleurs. En conséquence, la cour cantonale n'a pas violé l' art. 340 al. 2 CO en concluant que la clause de prohibition de concurrence n'était pas valable. 2.3 La recourante reproche aux intimés d'avoir indiqué à des clients, avant la fin des rapports de travail, qu'ils poursuivraient leur activité à titre indépendant ou dans une autre structure et d'avoir ainsi détourné de la clientèle de leur employeur; elle considère que les intimés ont violé leur devoir de fidélité et qu'ils lui ont causé un dommage. 2.3.1 Selon l' art. 321a al. 1 CO, le travailleur doit sauvegarder fidèlement les intérêts légitimes de l'employeur. Il ne doit pas faire concurrence à l'employeur pendant la durée du contrat ( art. 321a al. 3 CO ). Pendant la durée du contrat, le travailleur ne doit pas utiliser ni révéler des faits destinés à rester confidentiels, tels que les secrets de fabrication et d'affaires dont il a pris connaissance au service de l'employeur; il est tenu de garder le secret même après la fin du contrat en tant que l'exige la sauvegarde des intérêts légitimes de l'employeur ( art. 321a al. 4 CO ). Si le travailleur contrevient à ses obligations, il répond du dommage qu'il cause à l'employeur intentionnellement ou par négligence ( art. 321e al. 1 CO ). 2.3.2 Pour être qualifiées de secrets d'affaires ou de fabrication, les connaissances acquises par le travailleur doivent toucher à des questions techniques, organisationnelles ou financières, qui sont spécifiques et que l'employeur veut garder secrètes; il ne peut s'agir de connaissances qui peuvent être acquises dans toutes les entreprises de la même branche (arrêts 4A_31/2010 du 16 mars 2010 consid. 2.1, in JdT 2011 II p. 220; 4A_417/2008 du 3 décembre 2008 consid. 4.1 BGE 138 III 67 S. 73 et les références citées). L'existence de tels secrets ne ressort pas en l'espèce des constatations cantonales. L' art. 340 al. 2 CO distingue d'ailleurs la connaissance de la clientèle, d'une part, et les secrets de fabrication ou d'affaires, d'autre part. La seule connaissance de la clientèle ne saurait donc en aucun cas constituer l'un de ces secrets particuliers que le travailleur devrait garder même après la fin du contrat de travail ( art. 321a al. 4 CO ). La recourante ne le prétend d'ailleurs pas, la cour cantonale ayant même constaté qu'elle publiait sur internet la liste de ses principaux clients. 2.3.3 Le contrat de travail, qui est un contrat de durée, n'oblige en principe les parties que pendant la période durant laquelle il déploie ses effets. En l'absence d'une disposition légale contraire, le travailleur peut se prévaloir, après l'extinction du contrat, de la liberté économique, qui comprend notamment le libre choix de la profession, le libre accès à une activité économique lucrative privée et son libre exercice ( art. 27 Cst. ). Ainsi, la jurisprudence a souligné que les parties à un contrat de travail - en dehors de l'hypothèse d'une prohibition de concurrence licite - ne sauraient valablement restreindre le droit du travailleur d'exercer une activité économique après la fin du contrat ( ATF 102 II 211 consid. 5 p. 218). 2.3.4 Ainsi, le devoir de fidélité, invoqué par la recourante, s'est éteint avec l'extinction du rapport de travail. Or il a été constaté que les deux contrats de travail ont été résiliés pour le 31 janvier 2008. Que les intimés aient encore exercé quelques tâches pour leur ancien employeur après cette date - probablement sur la base d'un mandat comme l'admet la recourante - n'y change rien. En effet, il n'est ni allégué ni démontré que les actes reprochés aux intimés entreraient en contradiction avec les intérêts du mandant découlant de ces mandats particuliers. La recourante assumant le fardeau de la preuve ( art. 8 CC ), il était essentiel qu'elle parvienne à prouver que les actes reprochés aux intimés ont eu lieu avant le 31 janvier 2008, date à laquelle le devoir de fidélité a pris fin. 2.3.5 Lorsqu'un employé envisage de se mettre à son compte ou de fonder avec d'autres une entreprise concurrente, il est en soi légitime qu'il puisse entreprendre des préparatifs avant que le contrat de BGE 138 III 67 S. 74 travail ne prenne fin; son devoir de fidélité lui interdit cependant de commencer à concurrencer son employeur, de débaucher des employés ou de détourner de la clientèle avant la fin de la relation de travail ( ATF 117 II 72 consid. 4 p. 74). La limite entre les préparatifs admissibles et un véritable détournement de la clientèle n'est pas toujours facile à tracer. Il est en tout cas certain que les intimés, après la fin du rapport de travail, étaient en droit de faire connaître leur entreprise et d'en vanter les prestations. La chronologie des événements joue donc un rôle essentiel. 2.3.6 Les faits les plus précis reprochés par la recourante aux intimés concernent un entretien que l'intimé Y. a eu avec une responsable de la banque B. La cour cantonale a conclu que la recourante n'était pas parvenue à prouver que cet entretien avait eu lieu avant la fin des rapports de travail. La recourante se plaint d'arbitraire dans l'établissement des faits et invoque avec précision un procès-verbal d'audience dressé le 15 juin 2009. D'après ce document, le témoin a affirmé que la banque avait appris que certains formateurs allaient quitter la recourante de sorte que la banque a décidé de suspendre au moins temporairement ses relations avec elle. Ce témoignage ne permet pas d'établir qui a fourni cette information à la banque. Une pièce a été présentée au témoin à savoir la pièce n° 9 produite par la demanderesse. Il s'agit d'un courrier électronique du 30 novembre 2007. Le témoin a ensuite évoqué l'entretien litigieux avec l'intimé prénommé, mais a ajouté: "Je ne suis pas en mesure de situer chronologiquement cette circonstance. Tout ce que je puis dire, c'est que cette circonstance était postérieure à l'e-mail que vous m'avez montré il y a un instant". Selon le procès-verbal, la seule pièce présentée au témoin a été ce courrier électronique du 30 novembre 2007. La cour cantonale n'a donc pas statué arbitrairement en concluant que le témoin avait affirmé que l'entretien litigieux avait eu lieu après le 30 novembre 2007. Dire qu'il n'est pas exclu que cet entretien ait pu avoir lieu après la fin du rapport de travail, soit postérieurement au 31 janvier 2008, ne peut pas être qualifié d'arbitraire (sur la notion d'arbitraire, notamment dans l'appréciation des preuves: cf. ATF 136 III 552 consid. 4.2 p. 560). Ainsi, la recourante n'est pas parvenue à prouver les faits permettant de constater une violation du devoir de fidélité, puisque les faits invoqués peuvent s'être produits après l'extinction de ce devoir. BGE 138 III 67 S. 75 2.3.7 La recourante reproche aussi à l'intimé Y. d'avoir informé A. du fait qu'il allait poursuivre son activité dans une autre structure. Non seulement la cour cantonale a considéré qu'il ne s'agissait pas d'une violation du devoir de fidélité, mais elle a ajouté - à titre de motivation alternative - qu'il n'était pas prouvé que cette communication serait intervenue avant la fin du contrat de travail. Mais la recourante ne démontre pas que cette seconde motivation procéderait d'une appréciation arbitraire des preuves ( art. 106 al. 2 LTF ). Dès lors qu'il est possible que la déclaration ait été faite après l'extinction du devoir de fidélité, la cour cantonale n'a pas violé le droit fédéral en constatant qu'une violation de ce devoir n'avait pas été établie. 2.3.8 La recourante reproche à l'intimé Z. d'avoir déclaré aux clients D. et E. qu'ils pouvaient soit continuer leur relation contractuelle avec la recourante, soit le suivre dans la nouvelle structure. La cour cantonale a estimé qu'une telle information, en soi complète et objective, ne pouvait pas être considérée comme une violation du devoir de fidélité, des propos réellement préjudiciables n'ayant pas été établis. Quoi qu'il en soit, même si l'on voulait retenir une violation du devoir de fidélité, la recourante ne pourrait demander que la réparation du dommage qui en résulte pour elle (art. 321e al. 1 et 97 al. 1 CO). Or il est incontestable que l'intimé précité pouvait faire une semblable déclaration après la fin des relations de travail, puisque le devoir de fidélité s'était alors éteint. Le seul reproche que l'on pourrait lui faire est d'avoir fait cette déclaration prématurément. Pour qu'il en résulte un dommage, il faudrait que la recourante établisse que sa situation financière nette aurait été meilleure si la déclaration, plutôt que d'intervenir à la date à laquelle elle a été effectuée, avait eu lieu après le 31 janvier 2008. Alors que la cour cantonale avait signalé - sans le trancher - le problème du dommage, la recourante, qui traite du montant de son préjudice, n'explique pas comment elle aurait pu l'éviter si la révélation n'avait été faite qu'après le 31 janvier 2008. Ainsi, on ne voit pas que l'action en dommages-intérêts aurait pu aboutir et la décision de la rejeter ne viole pas le droit fédéral.
Urteilskopf
10. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans les causes X. SA contre Y. et Z. (recours en matière civile)
4A_489/2011 / 4A_491/2011 du 10 janvier 2012
Regeste a Art. 340 Abs. 2 OR ; Gültigkeit eines Konkurrenzverbotes. Erbringt der Arbeitnehmer dem Kunden eine Leistung, die vorwiegend von seinen persönlichen Fähigkeiten geprägt ist, so dass der Kunde diesen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beimisst als der Identität des Arbeitgebers, ist ein Konkurrenzverbot gestützt auf den Einblick in den Kundenkreis ungültig (E. 2.2).
Regeste a
Art. 340 Abs. 2 OR ; Gültigkeit eines Konkurrenzverbotes. Erbringt der Arbeitnehmer dem Kunden eine Leistung, die vorwiegend von seinen persönlichen Fähigkeiten geprägt ist, so dass der Kunde diesen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beimisst als der Identität des Arbeitgebers, ist ein Konkurrenzverbot gestützt auf den Einblick in den Kundenkreis ungültig (E. 2.2).
Art. 340 Abs. 2 OR Erbringt der Arbeitnehmer dem Kunden eine Leistung, die vorwiegend von seinen persönlichen Fähigkeiten geprägt ist, so dass der Kunde diesen Fähigkeiten eine grössere Wichtigkeit beimisst als der Identität des Arbeitgebers, ist ein Konkurrenzverbot gestützt auf den Einblick in den Kundenkreis ungültig (E. 2.2).
Regeste b Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers ( Art. 340 Abs. 2 OR ); Treuepflicht des Arbeitnehmers ( Art. 321a OR ). Die Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers müssen spezifische technische, organisatorische oder finanzielle Fragen betreffen, die dieser geheim halten will. Die Treuepflicht des Arbeitnehmers erlischt mangels anderslautender gesetzlicher Vorschrift mit Ablauf des Arbeitsvertrags. Der Arbeitnehmer, der gemeinsam mit anderen die Gründung eines Konkurrenzunternehmens ins Auge fasst und hiezu noch vor Ablauf des Arbeitsvertrags Vorbereitungshandlungen vornimmt, verletzt seine Treuepflicht nicht, solange er seinen Arbeitgeber nicht zu konkurrenzieren bzw. dessen Arbeitnehmer oder Kundschaft abzuwerben beginnt. Anwendung dieser Prinzipien auf den vorliegenden Fall (E. 2.3).
Regeste b
Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers ( Art. 340 Abs. 2 OR ); Treuepflicht des Arbeitnehmers ( Art. 321a OR ). Die Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers müssen spezifische technische, organisatorische oder finanzielle Fragen betreffen, die dieser geheim halten will. Die Treuepflicht des Arbeitnehmers erlischt mangels anderslautender gesetzlicher Vorschrift mit Ablauf des Arbeitsvertrags. Der Arbeitnehmer, der gemeinsam mit anderen die Gründung eines Konkurrenzunternehmens ins Auge fasst und hiezu noch vor Ablauf des Arbeitsvertrags Vorbereitungshandlungen vornimmt, verletzt seine Treuepflicht nicht, solange er seinen Arbeitgeber nicht zu konkurrenzieren bzw. dessen Arbeitnehmer oder Kundschaft abzuwerben beginnt. Anwendung dieser Prinzipien auf den vorliegenden Fall (E. 2.3).
Art. 340 Abs. 2 OR Art. 321a OR Die Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers müssen spezifische technische, organisatorische oder finanzielle Fragen betreffen, die dieser geheim halten will. Die Treuepflicht des Arbeitnehmers erlischt mangels anderslautender gesetzlicher Vorschrift mit Ablauf des Arbeitsvertrags. Der Arbeitnehmer, der gemeinsam mit anderen die Gründung eines Konkurrenzunternehmens ins Auge fasst und hiezu noch vor Ablauf des Arbeitsvertrags Vorbereitungshandlungen vornimmt, verletzt seine Treuepflicht nicht, solange er seinen Arbeitgeber nicht zu konkurrenzieren bzw. dessen Arbeitnehmer oder Kundschaft abzuwerben beginnt. Anwendung dieser Prinzipien auf den vorliegenden Fall (E. 2.3).
Sachverhalt ab Seite 68
Sachverhalt ab Seite 68 BGE 138 III 67 S. 68
BGE 138 III 67 S. 68
A. X. SA (ci-après: X.) est une société anonyme, qui a son siège à Genève et ses bureaux à... (France), dont le but social est l'organisation de training, séminaires, cycles de formation, notamment dans le développement des ressources humaines de l'entreprise, les conseils et l'assistance dans la direction et le management d'entreprise.
A. Par contrat du 23 février 2000, X. a engagé Y., domicilié dans le canton de Genève, en qualité de "training coach senior" dès le 1 er mars 2000. Le contrat contient une clause de prohibition de concurrence, interdisant à l'employé, en cas de démission après la première année de service, d'exercer une activité concurrente dans un délai de deux ans et dans l'espace de la Suisse romande et de la région frontalière de Genève; la clause est assortie d'une amende conventionnelle fixée au montant total de la rémunération de la dernière année d'activité, qu'elle soit complète ou partielle.
Par lettre du 28 août 2006, X. a engagé Z., domicilié dans le canton de Genève, en qualité de "training coach senior" dès le 1 er septembre 2006. La lettre contient également une clause de prohibition de concurrence pour une durée de deux ans limitée à l'espace de la Suisse romande; cette clause est assortie d'une amende conventionnelle d'un montant correspondant à la rémunération de la dernière année d'activité.
X. reproche à ses deux anciens employés, soit Y. et Z., d'avoir violé la clause de prohibition de concurrence et leur réclame la pénalité convenue. X. reproche également à ses deux anciens employés d'avoir violé leur devoir de fidélité en détournant de la clientèle avant la fin du rapport de travail, soit - selon ce qui reste litigieux devant le Tribunal fédéral - les clients B. et A. dans le cas de Y. et les clients D. et E. dans le cas de Z. BGE 138 III 67 S. 69
BGE 138 III 67 S. 69
B.
B. B.a Par demande déposée au greffe de la juridiction des prud'hommes du canton de Genève, X. a réclamé en dernier lieu à Y. les sommes de 190'110 fr, 134'650 fr. et deux fois 27'000 fr., avec intérêts.
B.a Par arrêt du 21 juin 2011, la Chambre des prud'hommes de la Cour de justice du canton de Genève, réformant le jugement de première instance, a considéré que la clause de prohibition de concurrence et la peine conventionnelle qui lui était liée n'étaient pas valables. Elle a conclu également qu'il n'était pas prouvé que l'employé ait détourné des clients par des déclarations faites avant la fin du rapport de travail. Elle a donc rejeté la demande principale.
B.b Par demande déposée au greffe de la juridiction des prud'hommes du canton de Genève, X. a réclamé en dernier lieu à Z. le paiement de 212'520 fr. avec intérêts.
B.b La Chambre des prud'hommes de la Cour de justice genevoise, par arrêt du 21 juin 2011 réformant le jugement de première instance, a rejeté la demande formée par X. La cour cantonale a estimé que la clause de prohibition de concurrence et la peine conventionnelle qui lui était liée n'étaient pas valables. Elle a également considéré qu'il n'était pas établi que l'employé ait violé son devoir de fidélité.
C. X. a déposé deux actes de recours en matière civile au Tribunal fédéral contre les deux arrêts du 21 juin 2011. La recourante a conclu à l'annulation des arrêts attaqués et à ce que le Tribunal fédéral rende un arrêt conforme aux décisions de première instance.
C. Le Tribunal fédéral, statuant par un seul arrêt, a rejeté les deux recours en matière civile.
(résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
2.
2. 2.2 Le contrat de travail conclu avec chacun des intimés est assorti d'une clause de prohibition de concurrence au sens des art. 340 à 340c CO. En cas de violation de cette clause, une peine conventionnelle a été prévue (art. 160 à 163 CO; cf. également: art. 340b al. 2 CO ).
2.2 art. 340b al. 2 CO La cour cantonale a conclu que la clause de prohibition de concurrence et en conséquence la clause pénale qui lui est liée n'étaient pas valables. Il s'agit là de la première question juridique qu'il convient de résoudre. BGE 138 III 67 S. 70
BGE 138 III 67 S. 70
2.2.1 Selon l' art. 340 al. 2 CO, la prohibition de faire concurrence n'est valable que si les rapports de travail permettent au travailleur d'avoir connaissance de la clientèle ou de secrets de fabrication ou d'affaires de l'employeur et si l'utilisation de ces renseignements est de nature à causer à l'employeur un préjudice sensible.
2.2.1 art. 340 al. 2 CO Dans une jurisprudence ancienne, le Tribunal fédéral a considéré que l'employé ne pouvait tirer profit de sa connaissance de la clientèle lorsque les rapports entre la clientèle et l'employeur ont essentiellement un caractère personnel, fondé sur la compétence de cet employeur, par exemple s'il s'agit d'un avocat célèbre ou d'un chirurgien réputé; dans ce cas, en effet, la connaissance que l'employé possède de la clientèle ne lui procure pas, à elle seule, le moyen de rompre ou de distendre le lien existant entre l'employeur et sa clientèle ( ATF 78 II 39 consid. 1 p. 40 s. et les arrêts cités).
ATF 78 II 39 Ultérieurement, la jurisprudence a eu l'occasion de se pencher sur la situation inverse, à savoir le cas où une relation personnelle était établie entre le client et l'employé lui-même, en l'occurrence un dentiste; il a été conclu que dans ce cas également, la clause de prohibition de concurrence n'était pas valable, parce que la personnalité de l'employé revêtait pour le client une importance prépondérante et interrompait le rapport de causalité qui doit exister entre la simple connaissance de la clientèle et la possibilité de causer un dommage sensible à l'employeur (arrêt 4C.100/2006 du 13 juillet 2007 consid. 2.6).
Cette jurisprudence a été approuvée par la doctrine unanime pour les cas où la relation entre la clientèle et l'employé repose essentiellement sur les capacités personnelles de ce dernier et relègue à l'arrière-plan l'identité de l'employeur (GABRIEL AUBERT, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2003, n° 9 ad art. 340 CO ; TERCIER/FAVRE, Les contrats spéciaux, 4 e éd. 2009, n. 3843 p. 573; PIERRE ENGEL, Contrats de droit suisse, 2 e éd. 2000, p. 391; STREIFF/VON KAENEL, Arbeitsvertrag, 6 e éd. 2006, n° s 10, 11 et 15 ad art. 340 CO ; ADRIAN STAEHELIN, Commentaire zurichois, 1996, n° 16 ad art. 340 CO ; JÜRG BRÜHWILER, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 2 e éd. 1996, n° 12 ad art. 340 CO ; MANFRED REHBINDER, Commentaire bernois, 1992, n° 12 ad art. 340 CO ; PHILIPPE CARRUZZO, Le contrat individuel de travail, 2009, n° 4 ad art. 340 CO p. 595; RÉMY WYLER, Droit du travail, 2 e éd. 2008, p. 599; CHRISTIAN FAVRE ET AL., Le contrat de travail, Code annoté, 2010, n° 2.3 ad art. 340 CO ; CHRISTIANE BRUNNER ET AL., BGE 138 III 67 S. 71 Commentaire du contrat de travail, 3 e éd. 2004, p. 309 s.; CHRISTOPH NEERACHER, Das arbeitsvertragliche Konkurrenzverbot, 2001, p. 39). art. 340 CO art. 340 CO art. 340 CO art. 340 CO art. 340 CO art. 340 CO art. 340 CO BGE 138 III 67 S. 71
Une clause de prohibition de concurrence, fondée sur la connaissance de la clientèle, ne se justifie que si l'employé, grâce à sa connaissance des clients réguliers et de leurs habitudes, peut facilement leur proposer des prestations analogues à celles de l'employeur et ainsi les détourner de celui-ci. Ce n'est que dans une situation de ce genre que, selon les termes de l' art. 340 al. 2 CO, le fait d'avoir connaissance de la clientèle est de nature, par l'utilisation de ce renseignement, à causer à l'employeur un préjudice sensible. Il apparaît en effet légitime que l'employeur puisse dans une certaine mesure se protéger, par une clause de prohibition de concurrence, contre le risque que le travailleur détourne à son profit les efforts de prospection effectués par le premier ou pour le compte du premier. art. 340 al. 2 CO La situation se présente différemment lorsque l'employé noue un rapport personnel avec le client en lui fournissant des prestations qui dépendent essentiellement des capacités propres à l'employé. Dans ce cas en effet, le client attache de l'importance à la personne de l'employé dont il apprécie les capacités personnelles et pour qui il éprouve de la confiance et de la sympathie. Une telle situation suppose que le travailleur fournisse une prestation qui se caractérise surtout par ses capacités personnelles, de telle sorte que le client attache plus d'importance aux capacités personnelles de l'employé qu'à l'identité de l'employeur. Si, dans une telle situation, le client se détourne de l'employeur pour suivre l'employé, ce préjudice pour l'employeur résulte des capacités personnelles de l'employé et non pas simplement du fait que celui-ci a eu connaissance du nom des clients.
Pour admettre une telle situation - qui exclut la clause de prohibition de concurrence -, il faut que l'employé fournisse au client une prestation qui se caractérise par une forte composante personnelle. Dire si tel est le cas dépend des circonstances, dont la constatation relève du fait et lie le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ). art. 105 al. 1 LTF 2.2.2 En l'espèce, la cour cantonale a procédé à une appréciation des preuves recueillies. Un témoin a estimé que les qualités personnelles des animateurs comptaient pour 70 % dans la décision de la clientèle. On ne voit pas ce qu'il y a d'arbitraire à le croire. Par ailleurs, les qualités oratoires des animateurs et les réactions positives de l'auditoire ont également été invoquées. Il n'a pas été établi que la recourante utilisait une méthode d'enseignement particulière ou que BGE 138 III 67 S. 72 son matériel de soutien à la présentation jouait un rôle particulièrement important.
2.2.2 BGE 138 III 67 S. 72
Pour des séminaires de formation, on conçoit facilement que les entreprises clientes attachent une importance prépondérante à la capacité de l'animateur d'attirer l'attention, de s'exprimer clairement et de transmettre un message que l'auditoire retiendra. On ne saurait dire que la cour cantonale a établi les faits de manière arbitraire. Sur cette base, il faut conclure qu'exploiter la seule connaissance de la clientèle ne suffisait pas pour causer un préjudice sensible à l'employeur et que le préjudice subi découle au contraire, de manière prépondérante, des capacités personnelles des travailleurs. En conséquence, la cour cantonale n'a pas violé l' art. 340 al. 2 CO en concluant que la clause de prohibition de concurrence n'était pas valable. art. 340 al. 2 CO 2.3 La recourante reproche aux intimés d'avoir indiqué à des clients, avant la fin des rapports de travail, qu'ils poursuivraient leur activité à titre indépendant ou dans une autre structure et d'avoir ainsi détourné de la clientèle de leur employeur; elle considère que les intimés ont violé leur devoir de fidélité et qu'ils lui ont causé un dommage.
2.3 2.3.1 Selon l' art. 321a al. 1 CO, le travailleur doit sauvegarder fidèlement les intérêts légitimes de l'employeur. Il ne doit pas faire concurrence à l'employeur pendant la durée du contrat ( art. 321a al. 3 CO ).
2.3.1 art. 321a al. 1 CO art. 321a al. 3 CO Pendant la durée du contrat, le travailleur ne doit pas utiliser ni révéler des faits destinés à rester confidentiels, tels que les secrets de fabrication et d'affaires dont il a pris connaissance au service de l'employeur; il est tenu de garder le secret même après la fin du contrat en tant que l'exige la sauvegarde des intérêts légitimes de l'employeur ( art. 321a al. 4 CO ). art. 321a al. 4 CO Si le travailleur contrevient à ses obligations, il répond du dommage qu'il cause à l'employeur intentionnellement ou par négligence ( art. 321e al. 1 CO ). art. 321e al. 1 CO 2.3.2 Pour être qualifiées de secrets d'affaires ou de fabrication, les connaissances acquises par le travailleur doivent toucher à des questions techniques, organisationnelles ou financières, qui sont spécifiques et que l'employeur veut garder secrètes; il ne peut s'agir de connaissances qui peuvent être acquises dans toutes les entreprises de la même branche (arrêts 4A_31/2010 du 16 mars 2010 consid. 2.1, in JdT 2011 II p. 220; 4A_417/2008 du 3 décembre 2008 consid. 4.1 BGE 138 III 67 S. 73 et les références citées). L'existence de tels secrets ne ressort pas en l'espèce des constatations cantonales.
2.3.2 BGE 138 III 67 S. 73
L' art. 340 al. 2 CO distingue d'ailleurs la connaissance de la clientèle, d'une part, et les secrets de fabrication ou d'affaires, d'autre part. La seule connaissance de la clientèle ne saurait donc en aucun cas constituer l'un de ces secrets particuliers que le travailleur devrait garder même après la fin du contrat de travail ( art. 321a al. 4 CO ). La recourante ne le prétend d'ailleurs pas, la cour cantonale ayant même constaté qu'elle publiait sur internet la liste de ses principaux clients. art. 340 al. 2 CO art. 321a al. 4 CO 2.3.3 Le contrat de travail, qui est un contrat de durée, n'oblige en principe les parties que pendant la période durant laquelle il déploie ses effets. En l'absence d'une disposition légale contraire, le travailleur peut se prévaloir, après l'extinction du contrat, de la liberté économique, qui comprend notamment le libre choix de la profession, le libre accès à une activité économique lucrative privée et son libre exercice ( art. 27 Cst. ). Ainsi, la jurisprudence a souligné que les parties à un contrat de travail - en dehors de l'hypothèse d'une prohibition de concurrence licite - ne sauraient valablement restreindre le droit du travailleur d'exercer une activité économique après la fin du contrat ( ATF 102 II 211 consid. 5 p. 218).
2.3.3 art. 27 Cst. 2.3.4 Ainsi, le devoir de fidélité, invoqué par la recourante, s'est éteint avec l'extinction du rapport de travail.
2.3.4 Or il a été constaté que les deux contrats de travail ont été résiliés pour le 31 janvier 2008.
Que les intimés aient encore exercé quelques tâches pour leur ancien employeur après cette date - probablement sur la base d'un mandat comme l'admet la recourante - n'y change rien. En effet, il n'est ni allégué ni démontré que les actes reprochés aux intimés entreraient en contradiction avec les intérêts du mandant découlant de ces mandats particuliers.
La recourante assumant le fardeau de la preuve ( art. 8 CC ), il était essentiel qu'elle parvienne à prouver que les actes reprochés aux intimés ont eu lieu avant le 31 janvier 2008, date à laquelle le devoir de fidélité a pris fin. art. 8 CC 2.3.5 Lorsqu'un employé envisage de se mettre à son compte ou de fonder avec d'autres une entreprise concurrente, il est en soi légitime qu'il puisse entreprendre des préparatifs avant que le contrat de BGE 138 III 67 S. 74 travail ne prenne fin; son devoir de fidélité lui interdit cependant de commencer à concurrencer son employeur, de débaucher des employés ou de détourner de la clientèle avant la fin de la relation de travail ( ATF 117 II 72 consid. 4 p. 74).
2.3.5 BGE 138 III 67 S. 74
La limite entre les préparatifs admissibles et un véritable détournement de la clientèle n'est pas toujours facile à tracer.
Il est en tout cas certain que les intimés, après la fin du rapport de travail, étaient en droit de faire connaître leur entreprise et d'en vanter les prestations. La chronologie des événements joue donc un rôle essentiel.
2.3.6 Les faits les plus précis reprochés par la recourante aux intimés concernent un entretien que l'intimé Y. a eu avec une responsable de la banque B. La cour cantonale a conclu que la recourante n'était pas parvenue à prouver que cet entretien avait eu lieu avant la fin des rapports de travail. La recourante se plaint d'arbitraire dans l'établissement des faits et invoque avec précision un procès-verbal d'audience dressé le 15 juin 2009. D'après ce document, le témoin a affirmé que la banque avait appris que certains formateurs allaient quitter la recourante de sorte que la banque a décidé de suspendre au moins temporairement ses relations avec elle. Ce témoignage ne permet pas d'établir qui a fourni cette information à la banque. Une pièce a été présentée au témoin à savoir la pièce n° 9 produite par la demanderesse. Il s'agit d'un courrier électronique du 30 novembre 2007. Le témoin a ensuite évoqué l'entretien litigieux avec l'intimé prénommé, mais a ajouté: "Je ne suis pas en mesure de situer chronologiquement cette circonstance. Tout ce que je puis dire, c'est que cette circonstance était postérieure à l'e-mail que vous m'avez montré il y a un instant". Selon le procès-verbal, la seule pièce présentée au témoin a été ce courrier électronique du 30 novembre 2007. La cour cantonale n'a donc pas statué arbitrairement en concluant que le témoin avait affirmé que l'entretien litigieux avait eu lieu après le 30 novembre 2007. Dire qu'il n'est pas exclu que cet entretien ait pu avoir lieu après la fin du rapport de travail, soit postérieurement au 31 janvier 2008, ne peut pas être qualifié d'arbitraire (sur la notion d'arbitraire, notamment dans l'appréciation des preuves: cf. ATF 136 III 552 consid. 4.2 p. 560).
2.3.6 Ainsi, la recourante n'est pas parvenue à prouver les faits permettant de constater une violation du devoir de fidélité, puisque les faits invoqués peuvent s'être produits après l'extinction de ce devoir. BGE 138 III 67 S. 75
BGE 138 III 67 S. 75
2.3.7 La recourante reproche aussi à l'intimé Y. d'avoir informé A. du fait qu'il allait poursuivre son activité dans une autre structure. Non seulement la cour cantonale a considéré qu'il ne s'agissait pas d'une violation du devoir de fidélité, mais elle a ajouté - à titre de motivation alternative - qu'il n'était pas prouvé que cette communication serait intervenue avant la fin du contrat de travail. Mais la recourante ne démontre pas que cette seconde motivation procéderait d'une appréciation arbitraire des preuves ( art. 106 al. 2 LTF ). Dès lors qu'il est possible que la déclaration ait été faite après l'extinction du devoir de fidélité, la cour cantonale n'a pas violé le droit fédéral en constatant qu'une violation de ce devoir n'avait pas été établie.
2.3.7 art. 106 al. 2 LTF 2.3.8 La recourante reproche à l'intimé Z. d'avoir déclaré aux clients D. et E. qu'ils pouvaient soit continuer leur relation contractuelle avec la recourante, soit le suivre dans la nouvelle structure. La cour cantonale a estimé qu'une telle information, en soi complète et objective, ne pouvait pas être considérée comme une violation du devoir de fidélité, des propos réellement préjudiciables n'ayant pas été établis.
2.3.8 Quoi qu'il en soit, même si l'on voulait retenir une violation du devoir de fidélité, la recourante ne pourrait demander que la réparation du dommage qui en résulte pour elle (art. 321e al. 1 et 97 al. 1 CO). Or il est incontestable que l'intimé précité pouvait faire une semblable déclaration après la fin des relations de travail, puisque le devoir de fidélité s'était alors éteint. Le seul reproche que l'on pourrait lui faire est d'avoir fait cette déclaration prématurément. Pour qu'il en résulte un dommage, il faudrait que la recourante établisse que sa situation financière nette aurait été meilleure si la déclaration, plutôt que d'intervenir à la date à laquelle elle a été effectuée, avait eu lieu après le 31 janvier 2008. Alors que la cour cantonale avait signalé - sans le trancher - le problème du dommage, la recourante, qui traite du montant de son préjudice, n'explique pas comment elle aurait pu l'éviter si la révélation n'avait été faite qu'après le 31 janvier 2008. Ainsi, on ne voit pas que l'action en dommages-intérêts aurait pu aboutir et la décision de la rejeter ne viole pas le droit fédéral.
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Urteilskopf
103. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_119/2012 vom 6. August 2012
Regeste a Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit; Kognition des staatlichen Gerichts bei der Beurteilung einer Schiedsvereinbarung ( Art. 7 IPRG ). Das staatliche Gericht, das eine Schiedsvereinbarung zugunsten eines Schiedsgerichts mit Sitz in der Schweiz zu beurteilen hat, darf und muss bloss summarisch prüfen, ob diese seine eigene Zuständigkeit ausschliesst (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3.2). Anwendung auf den Fall, dass Uneinigkeit darüber besteht, ob sich die Schiedsvereinbarung auf die vor dem staatlichen Gericht geltend gemachten Ansprüche erstreckt (E. 3.3).
Regeste a
Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit; Kognition des staatlichen Gerichts bei der Beurteilung einer Schiedsvereinbarung ( Art. 7 IPRG ). Das staatliche Gericht, das eine Schiedsvereinbarung zugunsten eines Schiedsgerichts mit Sitz in der Schweiz zu beurteilen hat, darf und muss bloss summarisch prüfen, ob diese seine eigene Zuständigkeit ausschliesst (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3.2). Anwendung auf den Fall, dass Uneinigkeit darüber besteht, ob sich die Schiedsvereinbarung auf die vor dem staatlichen Gericht geltend gemachten Ansprüche erstreckt (E. 3.3).
Art. 7 IPRG Das staatliche Gericht, das eine Schiedsvereinbarung zugunsten eines Schiedsgerichts mit Sitz in der Schweiz zu beurteilen hat, darf und muss bloss summarisch prüfen, ob diese seine eigene Zuständigkeit ausschliesst (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3.2).
Anwendung auf den Fall, dass Uneinigkeit darüber besteht, ob sich die Schiedsvereinbarung auf die vor dem staatlichen Gericht geltend gemachten Ansprüche erstreckt (E. 3.3).
Regeste b Auslegung einer Schiedsvereinbarung. Wenn eine Schiedsvereinbarung so formuliert ist, dass sie auch die sich "im Zusammenhang mit dem" Vertrag ergebenden Streitigkeiten erfassen soll, ist im Sinne des mutmasslichen Parteiwillens davon auszugehen, dass die Parteien alle Ansprüche, die sich aus dem vom Vertrag geregelten Sachverhalt ergeben oder diesen unmittelbar berühren, der ausschliesslichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts zuweisen wollten (E. 4.4).
Regeste b
Auslegung einer Schiedsvereinbarung. Wenn eine Schiedsvereinbarung so formuliert ist, dass sie auch die sich "im Zusammenhang mit dem" Vertrag ergebenden Streitigkeiten erfassen soll, ist im Sinne des mutmasslichen Parteiwillens davon auszugehen, dass die Parteien alle Ansprüche, die sich aus dem vom Vertrag geregelten Sachverhalt ergeben oder diesen unmittelbar berühren, der ausschliesslichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts zuweisen wollten (E. 4.4).
Wenn eine Schiedsvereinbarung so formuliert ist, dass sie auch die sich "im Zusammenhang mit dem" Vertrag ergebenden Streitigkeiten erfassen soll, ist im Sinne des mutmasslichen Parteiwillens davon auszugehen, dass die Parteien alle Ansprüche, die sich aus dem vom Vertrag geregelten Sachverhalt ergeben oder diesen unmittelbar berühren, der ausschliesslichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts zuweisen wollten (E. 4.4).
Sachverhalt ab Seite 682
Sachverhalt ab Seite 682 BGE 138 III 681 S. 682
BGE 138 III 681 S. 682
A. Y. und die X. AG schlossen im Herbst 1996 einen Vermögensverwaltungsvertrag ab.
A. Am 12. Juni bzw. 3. August 2000 unterzeichneten Y. als Auftraggeberin, Dr. V. sowie die U. Inc., Panama, als Beauftragte und die X. AG als Vermögensverwalterin einen schriftlichen Mandats- und Treuhandvertrag. Der Vertrag enthält die folgenden Bestimmungen:
"1. Die Auftraggeberin beauftragt die Beauftragten mit der Errichtung und der Betreuung einer
Foundation (Stiftung) nach dem Recht des Staates Panama mit dem Namen T. Fondation (nachstehend "Foundation"). Die Beauftragten sind bereit, treuhänderisch für den Auftraggeber die Errichtung der Foundation zu veranlassen und für deren laufende Betreuung zu sorgen. Die Firma U., Inc. handelt als einziger Stiftungsrat der Foundation.
(...)
5. Die Auftraggeberin betraut die mitunterzeichnende X. AG als Vermögensverwalterin mit allgemeiner Vollmacht und entbindet die Beauftragten diesbezüglich von jeder Verantwortung. (...)
(...)
11. Dieser Vertrag untersteht schweizerischem Recht.
Alle sich aus oder im Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag ergebenden Streitigkeiten werden durch einen Einzelschiedsrichter gemäss der internationalen Schiedsgerichtsordnung der Zürcher Handelskammer mit Sitz in Zürich unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte entschieden."
(Hervorhebungen weglassen)
Y. macht geltend, die T. Fondation (nachfolgend: Stiftung) sei bereits am 20. März 2000 auf Anraten von W., dem Geschäftsführer der X. AG, gegründet worden. Sie selber sei Stifterin und alleinige BGE 138 III 681 S. 683 Erstbegünstigte und ihr Sohn S. alleiniger Zweitbegünstigter der neu gegründeten Stiftung gewesen.
BGE 138 III 681 S. 683
Unbestritten ist, dass die bereits vor der Stiftungsgründung von der X. AG verwalteten Vermögenswerte von Y. nicht in die Stiftung eingebracht, sondern weiterhin über ein separates Konto und Depot verwaltet wurden.
B. Am 17. Juni 2011 reichte Y. beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage gegen die X. AG ein, mit der sie Schadenersatz verlangte sowie Ansprüche auf Herausgabe und Rechenschaftsablage geltend machte.
B. Die X. AG erhob Schiedseinrede und beantragte, auf die Klage sei nicht einzutreten.
Am 23. Januar 2012 fasste das Handelsgericht den folgenden Beschluss:
"(...)
2. In Bezug auf die Ansprüche der Klägerin, welche die Verwaltung des Vermögens der T. Fondation betreffen, wird auf die Klage nicht eingetreten, insoweit diese aus dem Mandats- und Treuhandvertrag vom 12. Juni bzw. 3. August 2000 abgeleitet werden. Im Übrigen wird die von der Beklagten erhobene Unzuständigkeitseinrede abgewiesen und das Verfahren weitergeführt."
C. Das Bundesgericht heisst die von der X. AG erhobene Beschwerde in Zivilsachen gut und ändert Dispositiv-Ziff. 2 des Beschlusses des Handelsgerichts ab.
C. (Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
3.
3. 3.1 Die Beschwerdegegnerin (Y.) wohnt in Deutschland, die Beschwerdeführerin hat ihren Sitz in Zürich. Es liegt mithin ein internationales Verhältnis im Sinne von Art. 1 IPRG (SR 291) vor. Die strittige Frage, ob und inwieweit die Vorinstanz angesichts der Schiedseinrede der Beschwerdeführerin zur Entscheidung der ihr unterbreiteten Streitsache zuständig ist, ist damit nach den einschlägigen Bestimmungen des IPRG zu entscheiden, unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge ( Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 1 Abs. 2 IPRG ).
3.1 Art. 1 IPRG Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 1 Abs. 2 IPRG Da die Beschwerdeführerin eine Schiedsvereinbarung anruft, laut der das vereinbarte Schiedsgericht seinen Sitz in der Schweiz hat, ist die Schiedseinrede nach Art. 7 IPRG zu beurteilen ( BGE 122 III 139 E. 2a). Gemäss dieser Bestimmung lehnt das angerufene BGE 138 III 681 S. 684 schweizerische Gericht seine Zuständigkeit ab, falls die Parteien über eine schiedsfähige Streitsache eine Schiedsvereinbarung getroffen haben, es sei denn, a. der Beklagte habe sich vorbehaltlos auf das Verfahren eingelassen, b. das Gericht stelle fest, die Schiedsvereinbarung sei hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar, oder c. das Schiedsgericht könne nicht bestellt werden aus Gründen, für die der im Schiedsverfahren Beklagte offensichtlich einzustehen hat. Der Umstand, dass eine gültige und auf den Streitgegenstand anwendbare Schiedsvereinbarung vorliegt, führt also mangels Einlassung des Beklagten grundsätzlich dazu, dass das staatliche Gericht den Kläger auf das Schiedsverfahren zu verweisen hat, und zwar unabhängig davon, ob dieses bereits eingeleitet wurde oder nicht (vgl. BGE 124 III 83 E. 5b S. 87; Urteil 4A_279/2010 vom 25. Oktober 2010 E. 2).
Art. 7 IPRG BGE 138 III 681 S. 684
3.2 Wird vor dem angerufenen staatlichen Gericht der Einwand seiner Unzuständigkeit zugunsten eines Schiedsgerichts mit Sitz in der Schweiz erhoben, steht dem staatlichen Gericht nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur eine beschränkte Kognition zu. Es hat seine Zuständigkeit abzulehnen, wenn nicht eine summarische Prüfung der Schiedsvereinbarung deren Hinfälligkeit, Unwirksamkeit oder Nichterfüllbarkeit ergibt ( BGE 122 III 139 E. 2b). Damit soll verhindert werden, dass der Entscheid des Schiedsgerichts über seine eigene Zuständigkeit ( Art. 186 Abs. 1 und 1 bis IPRG ) durch den Entscheid des staatlichen Gerichts präjudiziert wird.
3.2 Art. 186 Abs. 1 und 1 bis IPRG Diese Rechtsprechung ist in der Lehre teilweise auf Kritik gestossen, die hauptsächlich damit begründet wird, dass sich aus dem Gesetzestext keine Beschränkung der Kognition ergebe und dass eine solche auch nicht angebracht sei, da das mit einer Schiedseinrede befasste staatliche Gericht in erster Linie über seine eigene Zuständigkeit und nur indirekt über diejenige des Schiedsgerichts entscheide (so etwa BERGER/KELLERHALS, International and Domestic Arbitration in Switzerland, 2. Aufl. 2010, S. 87 f. Rz. 316 f.; BERTI, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 8 zu Art. 7 IPRG ; LIATOWITSCH, Die Anwendung der Litispendenzregeln von Art. 9 IPRG durch schweizerische Schiedsgerichte: Ein Paradoxon?, ASA Bulletin 2001 S. 422 ff., 434 Fn. 36; POUDRET, Exception d'arbitrage et litispendance en droit suisse, ASA Bulletin 2007 S. 230 ff., 232-236; POUDRET/BESSON, Comparative Law of International Arbitration, 2. Aufl. 2007, S. 431-434 Rz. 502-504; zustimmend dagegen GAILLARD, L'effet négatif de la compétence-compétence, in: Etudes BGE 138 III 681 S. 685 de procédure et d'arbitrage en l'honneur de Jean-François Poudret, 1999, S. 387 ff., 393 f.; derselbe, La reconnaissance, en droit suisse, de la seconde moitié du principe d'effet négatif de la compétence-compétence, in: Liber Amicorum in honour of Robert Briner, 2005, S. 311 ff., 322 f.; KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, Arbitrage international, 2. Aufl. 2010, S. 247 Rz. 443; MAYER, Die Überprüfung internationaler Schiedsvereinbarungen durch staatliche Gerichte (...), ASA Bulletin 1996, S. 361 ff., 363, 379; PFISTERER/SCHNYDER, International Arbitration in Switzerland, 2012, S. 44; vgl. nun auch WENGER/SCHOTT, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 7a f. zu Art. 186 IPRG ).
Art. 7 IPRG Art. 9 IPRG BGE 138 III 681 S. 685
Art. 186 IPRG Das Bundesgericht hat die in BGE 122 III 139 E. 2b begründete Rechtsprechung seither wiederholt bestätigt (Urteile 4A_436/2007 vom 9. Januar 2008 E. 3; 4C.44/1996 vom 31. Oktober 1996 E. 2; vgl. auch Urteil 4A_279/2010 vom 25. Oktober 2010 E. 2). Gerechtfertigt ist die in diesem Stadium beschränkte Kognition des staatlichen Gerichts dadurch, dass später im Rahmen der Anfechtung des Schiedsspruchs die staatliche Rechtsmittelinstanz mit voller Kognition überprüfen kann, ob sich das Schiedsgericht zu Recht für zuständig oder unzuständig erklärt hat ( Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG ). Daher ist es richtig, wenn das staatliche Gericht bei der Beurteilung einer Schiedseinrede aufgrund einer beschränkten Prüfung der Wirksamkeit und Erfüllbarkeit der Schiedsvereinbarung im Zweifel zu Gunsten des Schiedsgerichts entscheidet. Zu erwähnen bleibt, dass auf den 1. Januar 2011 für den Bereich der Binnenschiedsgerichtsbarkeit Art. 61 der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) in Kraft getreten ist, gemäss dem das angerufene staatliche Gericht, wenn die Parteien über eine schiedsfähige Streitsache eine Schiedsvereinbarung getroffen haben, sich für unzuständig zu erklären hat, es sei denn, die Schiedsvereinbarung sei "offensichtlich ungültig oder nicht erfüllbar" (lit. b). Damit wurde nach verbreiteter Ansicht die für Art. 7 lit. b IPRG geltende Rechtsprechung für den Bereich der Binnenschiedsgerichtsbarkeit kodifiziert (s. DOMEJ, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2010, N. 3 zu Art. 61 ZPO ; MÜLLER-CHEN, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2010, N. 13 zu Art. 61 ZPO ; STACHER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, 2011, N. 11 zu Art. 61 ZPO ; anders SCHWEIZER, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 11 und 17 zu Art. 61 ZPO ). Jedenfalls ist dem staatlichen Richter im Bereich der Binnenschiedsgerichtsbarkeit nun durch explizite BGE 138 III 681 S. 686 Gesetzesbestimmung Zurückhaltung bei der Prüfung der Schiedsvereinbarung auferlegt (vgl. auch die am 20. März 2008 eingereichte parlamentarische Initiative von Nationalrat Lüscher, welche die lediglich summarische Prüfungsbefugnis des staatlichen Gerichts für den Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, unabhängig vom Sitz des Schiedsgerichts, im Text von Art. 7 IPRG verankern möchte).
Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG Art. 7 lit. b IPRG Art. 61 ZPO Art. 61 ZPO Art. 61 ZPO Art. 61 ZPO BGE 138 III 681 S. 686
Art. 7 IPRG An der dargelegten Rechtsprechung zu Art. 7 lit. b IPRG ist vor diesem Hintergrund festzuhalten. Das staatliche Gericht, das eine Schiedsvereinbarung zugunsten eines Schiedsgerichts mit Sitz in der Schweiz zu beurteilen hat, darf und muss folglich auch weiterhin bloss summarisch prüfen, ob diese seine eigene Zuständigkeit für die eingeklagten Ansprüche ausschliesst. Dies bedeutet, dass sich das Gericht nur für zuständig erklären darf, wenn zwischen den Parteien offensichtlich keine wirksame Schiedsvereinbarung vorliegt. Die beklagte Partei obsiegt mithin bereits dann, wenn die Zuständigkeit des staatlichen Gerichts auf den ersten Blick als durch die Schiedsvereinbarung derogiert erscheint.
Art. 7 lit. b IPRG 3.3 Die beschränkte Kognition des staatlichen Richters betrifft nicht nur die Konstellation, in der das Zustandekommen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung umstritten ist, sondern auch den Fall, dass Uneinigkeit darüber besteht, ob sich die Schiedsvereinbarung auf die vor dem staatlichen Gericht geltend gemachten Ansprüche erstreckt. Denn auch die Frage der inhaltlichen Tragweite der Schiedsvereinbarung kann später im Rahmen der Anfechtung des Schiedsspruchs gemäss Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG überprüft werden ( BGE 116 II 639 E. 3 S. 642; Urteil 4A_210/2008 vom 29. Oktober 2008 E. 3.1), weshalb dem staatlichen Gericht auch insofern bei der Beurteilung einer Schiedseinrede nur eine summarische Prüfungsbefugnis zusteht (Urteil 4A_436/2007 vom 9. Januar 2008 E. 3).
3.3 Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG Die Vorinstanz hat die Frage, ob die streitgegenständlichen Ansprüche respektive Anspruchsgrundlagen von der vorliegenden Schiedsvereinbarung erfasst sind, soweit erkennbar frei geprüft. Nachfolgend ist zu untersuchen, ob die gebotene summarische Prüfung zu einem abweichenden Ergebnis geführt hätte und ob die Vorinstanz somit im Ergebnis Bundesrecht verletzt hat.
4. (...)
4. 4.4 Aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung (E. 3) vermag die Auffassung der Vorinstanz, die Schiedsvereinbarung erstrecke sich nicht auf die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten BGE 138 III 681 S. 687 alternativen Anspruchsgrundlagen ("anderes Auftragsverhältnis" respektive "Geschäftsführung ohne Auftrag"), nicht zu überzeugen:
4.4 BGE 138 III 681 S. 687
Ist wie hier unbestritten, dass eine Schiedsvereinbarung vorliegt, so besteht kein Anlass zu einer besonders restriktiven Auslegung. Vielmehr ist dem Anliegen der Parteien Rechnung zu tragen, die Streitsache durch ein Schiedsgericht entscheiden zu lassen ( BGE 129 III 675 E. 2.3 S. 681). In diesem Sinne ist, wenn die Parteien schon eine Schiedsabrede getroffen haben, davon auszugehen, dass sie eine umfassende Zuständigkeit des Schiedsgerichts wünschen ( BGE 116 Ia 56 E. 3b mit Hinweisen).
Wenn eine Schiedsvereinbarung so formuliert ist, dass sie auch die sich "im Zusammenhang mit dem" Vertrag ergebenden Streitigkeiten erfassen soll, muss dies nach Treu und Glauben so verstanden werden, dass die Parteien nicht wünschten, über die aus ihrer vertraglich geregelten Beziehung resultierenden Ansprüche unter verschiedenen Rechtstiteln einerseits vor dem Schiedsgericht und andererseits vor staatlichen Gerichten zu prozessieren. Vielmehr ist im Sinne des mutmasslichen Parteiwillens davon auszugehen, dass die Parteien alle Ansprüche, die sich aus dem vom Vertrag geregelten Sachverhalt ergeben oder diesen unmittelbar berühren, der ausschliesslichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts zuweisen wollten (vgl. Urteil 4A_220/2007 vom 21. September 2007 E. 6.2; WENGER/SCHOTT, a.a.O., N. 35 zu Art. 178 IPRG ).
Art. 178 IPRG Inhaltlich macht die Beschwerdegegnerin vor der Vorinstanz Ansprüche aus einer Geschäftsbeziehung geltend, deren Zweck darin bestand, dass die Beauftragten eine Stiftung nach panamaischem Recht errichten, deren von der Auftraggeberin (Beschwerdegegnerin) eingebrachten Vermögenswerte durch die Vermögensverwalterin (Beschwerdeführerin) verwaltet werden. Die Beschwerdegegnerin betraute die Beschwerdeführerin "als Vermögensverwalterin mit allgemeiner Vollmacht". Die Ansprüche der Beschwerdegegnerin, die damit begründet werden, dass die Beschwerdeführerin instruktionslos die Auflösung der Stiftung veranlasst habe, weshalb die Stiftung den durch die unsorgfältige Vermögensverwaltung der Beschwerdeführerin entstandenen Schaden sowie die Ansprüche auf Herausgabe und Rechenschaftsablage nicht mehr geltend machen könne, betreffen ohne Weiteres dieses vertraglich begründete Dreiparteienverhältnis und stehen somit im Zusammenhang mit dem Mandats- und Treuhandvertrag, unabhängig davon, ob sie nun auf diesen selbst oder auf eine BGE 138 III 681 S. 688 andere vertragliche oder ausservertragliche Grundlage gestützt werden. Für eine gemeinsame Behandlung der von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Ansprüche betreffend die Verwaltung des Stiftungsvermögens sprechen auch praktische Gründe, da voraussichtlich unter den verschiedenen Titeln jeweils zu prüfen sein wird, ob die Beschwerdeführerin in Verletzung ihrer Sorgfalts- und Treuepflichten das Stiftungsvermögen geschädigt hat. Da die Beschwerdegegnerin auch nicht geltend macht, mit Bezug auf das behauptete "andere Auftragsverhältnis" sei explizit eine abweichende Zuständigkeit vereinbart worden, fallen diese Ansprüche somit zumindest auf den ersten Blick ohne Weiteres in den weiten Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung.
BGE 138 III 681 S. 688
Nach summarischer Prüfung der Schiedsvereinbarung ist folglich davon auszugehen, dass die Parteien mutmasslich auch die von der Beschwerdegegnerin auf ein anderes Auftragsverhältnis oder Geschäftsführung ohne Auftrag gestützten Ansprüche gegen die Beschwerdeführerin, die sich auf das Vermögen der Stiftung beziehen, der ausschliesslichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts zuweisen wollten. Indem die Vorinstanz befand, die Beurteilung der das Vermögen der Stiftung betreffenden Ansprüche falle nicht unter die Schiedsvereinbarung, insoweit diese nicht aus dem Mandats- und Treuhandvertrag abgeleitet würden, und in diesem Umfang die Unzuständigkeitseinrede der Beschwerdeführerin abwies, hat sie Art. 7 lit. b IPRG verletzt. Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, und Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids ist aufzuheben und insoweit neu zu fassen, als auf die Klage in Bezug auf die Ansprüche der Beschwerdegegnerin, welche die Verwaltung des Vermögens der Stiftung betreffen, nicht eingetreten wird.
Art. 7 lit. b IPRG
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Urteilskopf 138 III 689 104. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_234/2012 vom 28. September 2012 Regeste Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ; Hinzurechnung zur Errungenschaft; unentgeltliche Zuwendung und Erfüllung einer sittlichen Pflicht. Begriff der unentgeltlichen Zuwendung und Prüfung, ob Unterhaltszahlungen an die Mutter des nichtehelichen Kindes der Hinzurechnung unterliegen (E. 3). Sachverhalt ab Seite 689 BGE 138 III 689 S. 689 A. X. (Ehemann, geb. 1955) und Y. (Ehefrau, geb. 1960) heirateten am 26. August 1983. Aus der Ehe ging die gemeinsame Tochter A. (geb. 1991) hervor. Im September 1999 bzw. August 2001 bewilligte das Bezirksgericht Muri den Ehegatten auf Antrag von Y. das Getrenntleben und traf die entsprechenden Regelungen. Am 3. Dezember 2007 machte die Ehefrau die Klage auf Scheidung beim Kantonsgericht Zug anhängig. Mit Urteil vom 26. Januar 2011 des Kantonsgerichts Zug wurde die Ehe geschieden und wurden die Nebenfolgen geregelt. Dabei wurde u.a. Y. verpflichtet, X. in Abgeltung seiner güterrechtlichen Ansprüche den Betrag von Fr. 32'266.40 zu bezahlen. Zur Ermittlung der güterrechtlichen Ansprüche rechnete das Kantonsgericht der Errungenschaft von X. den Betrag von Fr. 116'000.- BGE 138 III 689 S. 690 hinzu, den er an B. geleistet hatte. B. ist die Mutter von C. (geb. 2000), den X. am 5. April 2005 als sein Kind anerkannte. B. Gegen das Urteil gelangte X. mit Berufung an das Obergericht des Kantons Zug und verlangte u.a., dass Y. ihm aus Güterrecht Fr. 92'292.40 zu bezahlen habe. Zur Begründung führte er an, dass bei seiner Errungenschaft zu Unrecht der Betrag von Fr. 116'000.- als "unentgeltliche Zuwendung" (im Sinne von Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ) hinzugerechnet worden sei. Das Obergericht hiess die Berufung mit Urteil vom 28. Februar 2012 teilweise gut und verpflichtete Y., X. in Abgeltung güterrechtlicher Ansprüche den Betrag von Fr. 34'292.40 zu bezahlen. Im Übrigen wurde das erstinstanzliche Urteil (mit der erwähnten Hinzurechnung) bestätigt. C. Mit Eingabe vom 22. März 2012 hat X. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer verlangt die Aufhebung des Urteils des Obergerichts des Kantons Zug vom 28. Februar 2012 und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung. Y. (Beschwerdegegnerin) beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht schliesst ohne weitere Gegenbemerkungen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die güterrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien, welche dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung unterstanden. Es steht fest, dass der Beschwerdeführer (neben dem Kindesunterhalt) von Juli 2005 bis November 2007 monatliche Zahlungen von Fr. 4'000.- an B., die Mutter des von ihm anerkannten Kindes, geleistet hat. Einziger Streitpunkt ist die Hinzurechnung von insgesamt Fr. 116'000.- zur Errungenschaft des Beschwerdeführers, welche das Obergericht im Umfang der Geldzahlungen an die Mutter seines nichtehelichen Kindes vorgenommen hat. 3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Geldzahlungen seien entgegen der Auffassung des Obergerichts keine "unentgeltlichen Zuwendungen" im Sinne von Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB, weshalb die Hinzurechnung zu seiner Errungenschaft eine Rechtsverletzung darstelle. Sein überschüssiges Einkommen könne er rechtmässig verbrauchen, was er im Interesse seines nichtehelichen Kindes BGE 138 III 689 S. 691 getan habe, indem er diesem durch die Geldzahlungen an die Mutter eine gute mütterliche Fürsorge und Betreuung sichergestellt habe.Die Zahlungen an die Mutter des Kindes habe er gestützt auf eineverantwortungsvolle, soziale Entscheidung als sittliche Pflicht erfüllt. 3.2 Gemäss Art. 208 Abs. 1 ZGB werden zur Errungenschaft hinzugerechnet: die unentgeltlichen Zuwendungen, die ein Ehegatte während der letzten fünf Jahre vor Auflösung des Güterstandes ohne Zustimmung des anderen Ehegatten gemacht hat, ausgenommen die üblichen Gelegenheitsgeschenke (Ziff. 1), sowie Vermögensentäusserungen, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes vorgenommen hat, um den Beteiligungsanspruch des andern zu schmälern (Ziff. 2). Zweck der Bestimmung ist, die Anwartschaft des Ehegatten auf Beteiligung am Vorschlag des anderen zu schützen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, 1992, N. 5 zu Art. 208 ZGB ). Der Beschwerdeführer hält demgegenüber im Wesentlichen fest, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, Errungenschaft zu bilden, zumal er seine Pflicht, Unterhalt an die Ehefrau und das gemeinsame Kind zu leisten, nicht verletzt habe und daher in guten Treuen auf das Einverständnis der Beschwerdegegnerin zu den Geldzahlungen habe schliessen dürfen. Damit und mit seinem Vorbringen, die Geltendmachung des Hinzurechnungsanspruchs komme einer "doppelten Alimentierung" der Beschwerdegegnerin gleich und sei rechtsmissbräuchlich, geht er fehl. Der Beschwerdeführer verkennt, dass die grundsätzliche Dispositionsfreiheit der Ehegatten gemäss Art. 201 Abs. 1 ZGB nur innerhalb der gesetzlichen Schranken gilt ( BGE 118 II 27 E. 4b S. 30 f.) und das Gesetz gewisse illoyale Vermögensverminderungen sanktioniert (HUWILER, Beiträge zur Dogmatik des neuen ordentlichen Güterstandes der Errungenschaftsbeteiligung, in: Das neue Ehe- und Erbrecht [...], 1988, S. 98). Das Obergericht hat verneint, dass eine Vermögensentäusserung mit Schmälerungsabsicht im Sinne von Ziff. 2 von Art. 208 Abs. 1 ZGB vorliege. In Frage kommt daher nur eine Hinzurechnung gemäss Ziff. 1. 3.3 Unter einer unentgeltlichen Zuwendung (libéralité, liberalità) im Sinne von Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB sind alle Arten von Vermögensentäusserungen ohne Gegenleistung zu verstehen, welche die Errungenschaft vermindert oder deren Zunahme verhindert haben (STEINAUER, in: Commentaire romand, Code civil, Bd. I, 2010, N. 11 zu Art. 208 ZGB ; vgl. Botschaft vom 11. Juli 1979 über die Änderung des ZGB [Wirkungen der Ehe im allgemeinen, Ehegüterrecht und BGE 138 III 689 S. 692 Erbrecht], BBl 1979 II 1191, 1317 Ziff. 222.532; Urteil 5C.111/2002 vom 26. August 2002 E. 2.1.3, in: FamPra.ch 2003 S. 388). Das Obergericht hat die Geldzahlungen des Beschwerdeführers als unentgeltliche Zuwendung erfasst und die Erfüllung einer sittlichen Pflicht verneint. 3.3.1 Laut der Botschaft (a.a.O.) fallen unter die unentgeltlichen Zuwendungen auch "Leistungen aufgrund einer moralischen Verpflichtung". Nach der Lehre soll der Begriff "unentgeltliche Zuwendungen" möglichst gleich wie in Art. 527 Ziff. 1 ZGB ausgelegt werden (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 20 zu Art. 208 ZGB ; DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, Les effets du mariage, 2. Aufl. 2009, Rz. 1319 S. 604). Die Erfüllung einer sittlichen Pflicht unterliegt nach der Rechtsprechung der Herabsetzung gestützt auf Art. 527 ff. ZGB ( BGE 116 II 243 E. 4a und b S. 245; BGE 102 II 313 E. 4c S. 325 f.), weshalb die analoge Anwendung auf Art. 208 ZGB befürwortet wird (DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, a.a.O., Rz. 1320 und Fn. 38 S. 604). Nach einem Teil der Lehre vermag eine bloss systematische Überlegung nicht zu begründen, warum das Recht eines Ehegatten beschränkt werden soll, eine sittliche Verpflichtung zu erfüllen. Eine Handlung soll demnach von der Herabsetzung ausgenommen werden, wenn ihr Unterlassen als unsittlich angesehen werden müsste, nicht jedoch, wenn die Vornahme moralisch bloss vertretbar erscheine (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 22 a.E. zu Art. 208 ZGB ). Inwieweit allgemein die Erfüllung einer sittlichen Pflicht von Art. 208 ZGB erfasst ist, kann mit Blick auf die konkret in Frage stehenden Zahlungen des Beschwerdeführers - wie sich aus dem Folgenden ergibt - offengelassen werden. 3.3.2 Das Gesetz gewährt der Mutter eines nichtehelichen Kindes lediglich einen Anspruch für die "Kosten des Unterhalts" für eine beschränkte Zeit vor und nach der Geburt ( Art. 295 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB ), welcher als eine Art Entschädigung verstanden wird (BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 1 zu Art. 295 ZGB ; MEIER/STETTLER, Droit de filiation, 4. Aufl. 2009, Rz. 1111 S. 640 f. mit Hinweisen). Der Anspruch gemäss Art. 295 ZGB bedeutet jedoch keinen Anspruch auf Unterhalt für die Betreuung, welcher de lege lata nicht besteht (im Gegensatz zum deutschen Recht, vgl. § 1651 l Abs. 2 BGB; vgl. RUMO-JUNGO, Betreuungsunterhalt bei getrennt lebenden nicht verheirateten Eltern - ein Denkanstoss, recht 26/2008 S. 31 ff.). Der Bundesrat hat auch kürzlich keinen hinreichenden Grund gesehen, um einen BGE 138 III 689 S. 693 status un abhängigen Betreuungsunterhalt vorzuschlagen (Botschaft vom 16. November 2011 zur Änderung des ZGB [Elterliche Sorge], BBl 20119077, 9096 Ziff. 1.5.5.2). Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt kann sich jedoch auf einen Vertrag mit dem Vater stützen (MEIER/STETTLER, a.a.O.). Vereinbarungen ausserhalb der gesetzlichen Unterhaltspflicht erscheinen grundsätzlich als Schenkungsversprechen ( Art. 239 OR ) oder als Versprechen der Erfüllung einer sittlichen Pflicht (vgl. HAUSHEER/SPYCHER, in: Handbuch des Unterhaltsrechts, 2. Aufl. 2010, Rz. 06.201 S. 473; HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 5. Aufl. 1999, Rz. 21.24 S. 162). 3.3.3 Der Beschwerdeführer und B. haben offenbar am 27. Juni 2005 eine schriftliche Vereinbarung betreffend Unterhalt getroffen. Darin kann jedoch nicht das Versprechen der Erfüllung einer sittlichen Pflicht erblickt werden. Zu Recht hat das Obergericht erwogen, dass dem Beschwerdeführer kein unsittliches Verhalten vorzuwerfen gewesen wäre, wenn er keine Zahlungen an B. für die Betreuung des über 5-jährigen Kindes geleistet hätte, während er gleichzeitig mit der Beschwerdegegnerin im ordentlichen Güterstand lebte. Dass der Beschwerdeführer aufgrund der tatsächlichen konkreten Erziehungslasten (vgl. BGE 137 III 102 E. 4.2.2.2 S. 109, betreffend Nachscheidungssituation) oder aufgrund eines Konkubinatsverhältnisses (vgl. Urteil der Cour de Cassation Civile/NE vom 25. April 1979 E. 3, in: Recueil de jurisprudence neuchâteloise [RJN] 1979 S. 269) sittlich verpflichtet gewesen wäre, B. zu unterstützen, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen bzw. hat die Vorinstanz verneint, was nicht in Frage gestellt wird. Insoweit ist nicht zu beanstanden, wenn das Obergericht zum Schluss gelangt ist, dass die Geldzahlungen des Beschwerdeführers an die Mutter seines nichtehelichen Kindes als "Zuwendung" gemäss Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB gelten. 3.4 Was der Beschwerdeführer weiter vorbringt, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Entgegen seiner Darstellung konnte er nicht ein Einverständnis der Beschwerdegegnerin zu den erwähnten Geldzahlungen annehmen. Aus dem angefochtenen Urteil gehen in tatsächlicher Hinsicht keine Anhaltspunkte hervor, welche auf das Vorliegen einer sich aus den Umständen ergebenden Zustimmung der Beschwerdegegnerin schliessen lassen (vgl. HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 33 zu Art. 208 ZGB ). Die Geldzahlungen des Beschwerdeführers fallen sodann unbestrittenermassen nicht unter "übliche Gelegenheitsgeschenke", und sie wurden innerhalb der letzten BGE 138 III 689 S. 694 fünf Jahre vor dem 3. Dezember 2007 (Einreichung des Scheidungsbegehrens), d.h. dem für die Auflösung des Güterstandes massgebenden Zeitpunkt ( Art. 204 Abs. 2 ZGB ), vorgenommen. Wenn das Obergericht die Geldzahlungen im Umfang von Fr. 116'000.- an B. gestützt auf Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB zur Errungenschaft des Beschwerdeführers hinzugerechnet hat, stellt dies keine Verletzung von Bundesrecht dar. Somit bleibt es bei der im angefochtenen Urteil angeordneten güterrechtlichen Nebenfolge.
Urteilskopf
104. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_234/2012 vom 28. September 2012
Regeste Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ; Hinzurechnung zur Errungenschaft; unentgeltliche Zuwendung und Erfüllung einer sittlichen Pflicht. Begriff der unentgeltlichen Zuwendung und Prüfung, ob Unterhaltszahlungen an die Mutter des nichtehelichen Kindes der Hinzurechnung unterliegen (E. 3).
Regeste
Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ; Hinzurechnung zur Errungenschaft; unentgeltliche Zuwendung und Erfüllung einer sittlichen Pflicht. Begriff der unentgeltlichen Zuwendung und Prüfung, ob Unterhaltszahlungen an die Mutter des nichtehelichen Kindes der Hinzurechnung unterliegen (E. 3).
Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB Begriff der unentgeltlichen Zuwendung und Prüfung, ob Unterhaltszahlungen an die Mutter des nichtehelichen Kindes der Hinzurechnung unterliegen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 689
Sachverhalt ab Seite 689 BGE 138 III 689 S. 689
BGE 138 III 689 S. 689
A. X. (Ehemann, geb. 1955) und Y. (Ehefrau, geb. 1960) heirateten am 26. August 1983. Aus der Ehe ging die gemeinsame Tochter A. (geb. 1991) hervor. Im September 1999 bzw. August 2001 bewilligte das Bezirksgericht Muri den Ehegatten auf Antrag von Y. das Getrenntleben und traf die entsprechenden Regelungen. Am 3. Dezember 2007 machte die Ehefrau die Klage auf Scheidung beim Kantonsgericht Zug anhängig. Mit Urteil vom 26. Januar 2011 des Kantonsgerichts Zug wurde die Ehe geschieden und wurden die Nebenfolgen geregelt. Dabei wurde u.a. Y. verpflichtet, X. in Abgeltung seiner güterrechtlichen Ansprüche den Betrag von Fr. 32'266.40 zu bezahlen.
A. Zur Ermittlung der güterrechtlichen Ansprüche rechnete das Kantonsgericht der Errungenschaft von X. den Betrag von Fr. 116'000.- BGE 138 III 689 S. 690 hinzu, den er an B. geleistet hatte. B. ist die Mutter von C. (geb. 2000), den X. am 5. April 2005 als sein Kind anerkannte.
BGE 138 III 689 S. 690
B. Gegen das Urteil gelangte X. mit Berufung an das Obergericht des Kantons Zug und verlangte u.a., dass Y. ihm aus Güterrecht Fr. 92'292.40 zu bezahlen habe. Zur Begründung führte er an, dass bei seiner Errungenschaft zu Unrecht der Betrag von Fr. 116'000.- als "unentgeltliche Zuwendung" (im Sinne von Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ) hinzugerechnet worden sei. Das Obergericht hiess die Berufung mit Urteil vom 28. Februar 2012 teilweise gut und verpflichtete Y., X. in Abgeltung güterrechtlicher Ansprüche den Betrag von Fr. 34'292.40 zu bezahlen. Im Übrigen wurde das erstinstanzliche Urteil (mit der erwähnten Hinzurechnung) bestätigt.
B. Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB C. Mit Eingabe vom 22. März 2012 hat X. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer verlangt die Aufhebung des Urteils des Obergerichts des Kantons Zug vom 28. Februar 2012 und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung.
C. Y. (Beschwerdegegnerin) beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht schliesst ohne weitere Gegenbemerkungen auf Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die güterrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien, welche dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung unterstanden. Es steht fest, dass der Beschwerdeführer (neben dem Kindesunterhalt) von Juli 2005 bis November 2007 monatliche Zahlungen von Fr. 4'000.- an B., die Mutter des von ihm anerkannten Kindes, geleistet hat. Einziger Streitpunkt ist die Hinzurechnung von insgesamt Fr. 116'000.- zur Errungenschaft des Beschwerdeführers, welche das Obergericht im Umfang der Geldzahlungen an die Mutter seines nichtehelichen Kindes vorgenommen hat.
3. 3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Geldzahlungen seien entgegen der Auffassung des Obergerichts keine "unentgeltlichen Zuwendungen" im Sinne von Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB, weshalb die Hinzurechnung zu seiner Errungenschaft eine Rechtsverletzung darstelle. Sein überschüssiges Einkommen könne er rechtmässig verbrauchen, was er im Interesse seines nichtehelichen Kindes BGE 138 III 689 S. 691 getan habe, indem er diesem durch die Geldzahlungen an die Mutter eine gute mütterliche Fürsorge und Betreuung sichergestellt habe.Die Zahlungen an die Mutter des Kindes habe er gestützt auf eineverantwortungsvolle, soziale Entscheidung als sittliche Pflicht erfüllt.
3.1 Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB BGE 138 III 689 S. 691
3.2 Gemäss Art. 208 Abs. 1 ZGB werden zur Errungenschaft hinzugerechnet: die unentgeltlichen Zuwendungen, die ein Ehegatte während der letzten fünf Jahre vor Auflösung des Güterstandes ohne Zustimmung des anderen Ehegatten gemacht hat, ausgenommen die üblichen Gelegenheitsgeschenke (Ziff. 1), sowie Vermögensentäusserungen, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes vorgenommen hat, um den Beteiligungsanspruch des andern zu schmälern (Ziff. 2). Zweck der Bestimmung ist, die Anwartschaft des Ehegatten auf Beteiligung am Vorschlag des anderen zu schützen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, 1992, N. 5 zu Art. 208 ZGB ). Der Beschwerdeführer hält demgegenüber im Wesentlichen fest, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, Errungenschaft zu bilden, zumal er seine Pflicht, Unterhalt an die Ehefrau und das gemeinsame Kind zu leisten, nicht verletzt habe und daher in guten Treuen auf das Einverständnis der Beschwerdegegnerin zu den Geldzahlungen habe schliessen dürfen. Damit und mit seinem Vorbringen, die Geltendmachung des Hinzurechnungsanspruchs komme einer "doppelten Alimentierung" der Beschwerdegegnerin gleich und sei rechtsmissbräuchlich, geht er fehl. Der Beschwerdeführer verkennt, dass die grundsätzliche Dispositionsfreiheit der Ehegatten gemäss Art. 201 Abs. 1 ZGB nur innerhalb der gesetzlichen Schranken gilt ( BGE 118 II 27 E. 4b S. 30 f.) und das Gesetz gewisse illoyale Vermögensverminderungen sanktioniert (HUWILER, Beiträge zur Dogmatik des neuen ordentlichen Güterstandes der Errungenschaftsbeteiligung, in: Das neue Ehe- und Erbrecht [...], 1988, S. 98). Das Obergericht hat verneint, dass eine Vermögensentäusserung mit Schmälerungsabsicht im Sinne von Ziff. 2 von Art. 208 Abs. 1 ZGB vorliege. In Frage kommt daher nur eine Hinzurechnung gemäss Ziff. 1.
3.2 Art. 208 Abs. 1 ZGB Art. 208 ZGB Art. 201 Abs. 1 ZGB Art. 208 Abs. 1 ZGB 3.3 Unter einer unentgeltlichen Zuwendung (libéralité, liberalità) im Sinne von Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB sind alle Arten von Vermögensentäusserungen ohne Gegenleistung zu verstehen, welche die Errungenschaft vermindert oder deren Zunahme verhindert haben (STEINAUER, in: Commentaire romand, Code civil, Bd. I, 2010, N. 11 zu Art. 208 ZGB ; vgl. Botschaft vom 11. Juli 1979 über die Änderung des ZGB [Wirkungen der Ehe im allgemeinen, Ehegüterrecht und BGE 138 III 689 S. 692 Erbrecht], BBl 1979 II 1191, 1317 Ziff. 222.532; Urteil 5C.111/2002 vom 26. August 2002 E. 2.1.3, in: FamPra.ch 2003 S. 388). Das Obergericht hat die Geldzahlungen des Beschwerdeführers als unentgeltliche Zuwendung erfasst und die Erfüllung einer sittlichen Pflicht verneint.
3.3 Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB Art. 208 ZGB BGE 138 III 689 S. 692
3.3.1 Laut der Botschaft (a.a.O.) fallen unter die unentgeltlichen Zuwendungen auch "Leistungen aufgrund einer moralischen Verpflichtung". Nach der Lehre soll der Begriff "unentgeltliche Zuwendungen" möglichst gleich wie in Art. 527 Ziff. 1 ZGB ausgelegt werden (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 20 zu Art. 208 ZGB ; DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, Les effets du mariage, 2. Aufl. 2009, Rz. 1319 S. 604). Die Erfüllung einer sittlichen Pflicht unterliegt nach der Rechtsprechung der Herabsetzung gestützt auf Art. 527 ff. ZGB ( BGE 116 II 243 E. 4a und b S. 245; BGE 102 II 313 E. 4c S. 325 f.), weshalb die analoge Anwendung auf Art. 208 ZGB befürwortet wird (DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, a.a.O., Rz. 1320 und Fn. 38 S. 604). Nach einem Teil der Lehre vermag eine bloss systematische Überlegung nicht zu begründen, warum das Recht eines Ehegatten beschränkt werden soll, eine sittliche Verpflichtung zu erfüllen. Eine Handlung soll demnach von der Herabsetzung ausgenommen werden, wenn ihr Unterlassen als unsittlich angesehen werden müsste, nicht jedoch, wenn die Vornahme moralisch bloss vertretbar erscheine (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 22 a.E. zu Art. 208 ZGB ). Inwieweit allgemein die Erfüllung einer sittlichen Pflicht von Art. 208 ZGB erfasst ist, kann mit Blick auf die konkret in Frage stehenden Zahlungen des Beschwerdeführers - wie sich aus dem Folgenden ergibt - offengelassen werden.
3.3.1 Art. 527 Ziff. 1 ZGB Art. 208 ZGB Art. 527 ff. ZGB Art. 208 ZGB Art. 208 ZGB Art. 208 ZGB 3.3.2 Das Gesetz gewährt der Mutter eines nichtehelichen Kindes lediglich einen Anspruch für die "Kosten des Unterhalts" für eine beschränkte Zeit vor und nach der Geburt ( Art. 295 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB ), welcher als eine Art Entschädigung verstanden wird (BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 1 zu Art. 295 ZGB ; MEIER/STETTLER, Droit de filiation, 4. Aufl. 2009, Rz. 1111 S. 640 f. mit Hinweisen). Der Anspruch gemäss Art. 295 ZGB bedeutet jedoch keinen Anspruch auf Unterhalt für die Betreuung, welcher de lege lata nicht besteht (im Gegensatz zum deutschen Recht, vgl. § 1651 l Abs. 2 BGB; vgl. RUMO-JUNGO, Betreuungsunterhalt bei getrennt lebenden nicht verheirateten Eltern - ein Denkanstoss, recht 26/2008 S. 31 ff.). Der Bundesrat hat auch kürzlich keinen hinreichenden Grund gesehen, um einen BGE 138 III 689 S. 693 status un abhängigen Betreuungsunterhalt vorzuschlagen (Botschaft vom 16. November 2011 zur Änderung des ZGB [Elterliche Sorge], BBl 20119077, 9096 Ziff. 1.5.5.2). Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt kann sich jedoch auf einen Vertrag mit dem Vater stützen (MEIER/STETTLER, a.a.O.). Vereinbarungen ausserhalb der gesetzlichen Unterhaltspflicht erscheinen grundsätzlich als Schenkungsversprechen ( Art. 239 OR ) oder als Versprechen der Erfüllung einer sittlichen Pflicht (vgl. HAUSHEER/SPYCHER, in: Handbuch des Unterhaltsrechts, 2. Aufl. 2010, Rz. 06.201 S. 473; HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 5. Aufl. 1999, Rz. 21.24 S. 162).
3.3.2 Art. 295 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB Art. 295 ZGB Art. 295 ZGB BGE 138 III 689 S. 693
Art. 239 OR 3.3.3 Der Beschwerdeführer und B. haben offenbar am 27. Juni 2005 eine schriftliche Vereinbarung betreffend Unterhalt getroffen. Darin kann jedoch nicht das Versprechen der Erfüllung einer sittlichen Pflicht erblickt werden. Zu Recht hat das Obergericht erwogen, dass dem Beschwerdeführer kein unsittliches Verhalten vorzuwerfen gewesen wäre, wenn er keine Zahlungen an B. für die Betreuung des über 5-jährigen Kindes geleistet hätte, während er gleichzeitig mit der Beschwerdegegnerin im ordentlichen Güterstand lebte. Dass der Beschwerdeführer aufgrund der tatsächlichen konkreten Erziehungslasten (vgl. BGE 137 III 102 E. 4.2.2.2 S. 109, betreffend Nachscheidungssituation) oder aufgrund eines Konkubinatsverhältnisses (vgl. Urteil der Cour de Cassation Civile/NE vom 25. April 1979 E. 3, in: Recueil de jurisprudence neuchâteloise [RJN] 1979 S. 269) sittlich verpflichtet gewesen wäre, B. zu unterstützen, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen bzw. hat die Vorinstanz verneint, was nicht in Frage gestellt wird. Insoweit ist nicht zu beanstanden, wenn das Obergericht zum Schluss gelangt ist, dass die Geldzahlungen des Beschwerdeführers an die Mutter seines nichtehelichen Kindes als "Zuwendung" gemäss Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB gelten.
3.3.3 Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB 3.4 Was der Beschwerdeführer weiter vorbringt, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Entgegen seiner Darstellung konnte er nicht ein Einverständnis der Beschwerdegegnerin zu den erwähnten Geldzahlungen annehmen. Aus dem angefochtenen Urteil gehen in tatsächlicher Hinsicht keine Anhaltspunkte hervor, welche auf das Vorliegen einer sich aus den Umständen ergebenden Zustimmung der Beschwerdegegnerin schliessen lassen (vgl. HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 33 zu Art. 208 ZGB ). Die Geldzahlungen des Beschwerdeführers fallen sodann unbestrittenermassen nicht unter "übliche Gelegenheitsgeschenke", und sie wurden innerhalb der letzten BGE 138 III 689 S. 694 fünf Jahre vor dem 3. Dezember 2007 (Einreichung des Scheidungsbegehrens), d.h. dem für die Auflösung des Güterstandes massgebenden Zeitpunkt ( Art. 204 Abs. 2 ZGB ), vorgenommen. Wenn das Obergericht die Geldzahlungen im Umfang von Fr. 116'000.- an B. gestützt auf Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB zur Errungenschaft des Beschwerdeführers hinzugerechnet hat, stellt dies keine Verletzung von Bundesrecht dar. Somit bleibt es bei der im angefochtenen Urteil angeordneten güterrechtlichen Nebenfolge.
3.4 Art. 208 ZGB BGE 138 III 689 S. 694
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Urteilskopf 138 III 694 105. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_210/2012 vom 29. Oktober 2012 Regeste Sachliche Zuständigkeit der Handelsgerichte; Klägerwahlrecht nach Art. 6 Abs. 3 ZPO. Begriff der handelsrechtlichen Streitigkeit (E. 2.1); Voraussetzungen des Klägerwahlrechts nach Art. 6 Abs. 3 ZPO, insbesondere bei Konsumentenstreitigkeiten (E. 2.2-2.11); Zuständigkeit des Handelsgerichts gegeben für die Klage einer Kundin gegen einen Vermögensverwalter (E. 3). Sachverhalt ab Seite 695 BGE 138 III 694 S. 695 Y. (Klägerin und Beschwerdegegnerin) hat ihren Wohnsitz in der Gemeinde Z., Kanton Luzern. X. (Beklagter und Beschwerdeführer) betreibt in Zürich ein Einzelunternehmen mit dem Zweck der Vermögensverwaltung. Er ist im Handelsregister unter der Firma X. eingetragen. Am 16. Oktober 2003 unterzeichneten die Parteien einen Vermögensverwaltungsvertrag, in dem die Klägerin den Beklagten mit der Verwaltung ihrer bei der A.-Bank deponierten Vermögenswerte betraute. Sie behauptet, der Beklagte habe ihr durch Kommissionsreiterei - sog. Churning - Schaden verursacht. Die Klägerin reichte in der Folge Klage beim Handelsgericht des Kantons Zürich ein. Die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts leitete die Klägerin aus Art. 6 Abs. 3 ZPO ab, während der Beklagte die Zuständigkeit des Handelsgerichts für Konsumentenstreitigkeiten bestritt. Mit Beschluss vom 30. März 2012 wies das Handelsgericht die Unzuständigkeitseinrede des Beklagten ab und trat auf die Klage ein. Zwei Gerichtsmitglieder hielten in einem Minderheitsantrag gemäss § 124 des kantonalen Gerichtsorganisationsgesetzes dafür, auf die Klage sei nicht einzutreten. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beklagte dem Bundesgericht, es sei die Unzuständigkeitseinrede gutzuheissen und auf die Klage nicht einzutreten. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer rügt, das Handelsgericht habe gegen Art. 6 Abs. 3 ZPO (SR 272) verstossen, indem es seine sachliche Zuständigkeit bejaht hat. 2.1 Nach Art. 6 Abs. 1 ZPO können die Kantone ein Fachgericht bezeichnen, welches als einzige kantonale Instanz für BGE 138 III 694 S. 696 handelsrechtliche Streitigkeiten zuständig ist (Handelsgericht). Gemäss Art. 6 Abs. 2 ZPO gilt eine Streitigkeit als handelsrechtlich, wenn: die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betroffen ist (lit. a); gegen den Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht offen steht (lit. b); und die Parteien im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen sind (lit. c). Diese drei Voraussetzungen müssen nach dem Gesetzeswortlaut kumulativ gegeben sein, damit eine handelsrechtliche Streitigkeit i.S. von Art. 6 Abs. 1 ZPO vorliegt (vgl. auch Votum Wicki, AB 2007 S 504). 2.2 Von der Voraussetzung gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO sieht Art. 6 Abs. 3 ZPO eine Ausnahme wie folgt vor: "Ist nur die beklagte Partei im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen, sind aber die übrigen Voraussetzungen erfüllt, so hat die klagende Partei die Wahl zwischen dem Handelsgericht und dem ordentlichen Gericht." Dieses sog. Klägerwahlrecht der nicht im Handelsregister eingetragenen Partei wurde in der parlamentarischen Beratung auf Antrag der Rechtskommission des Ständerates in das Gesetz eingefügt (vgl. AB 2007 S 504 sowie 2008 N 641 ff.), während es im Entwurf des Bundesrates noch nicht vorgesehen war (vgl. Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006, 7221 ff., 7261 und 7415; zur Gesetzgebungsgeschichte eingehend auch SCHWALLER/NÄGELI, Die Zuständigkeit der Handelsgerichte gemäss Art. 6 Abs. 3 ZPO, Jusletter 14. November 2011 Rz. 36-44). Wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid unter Verweis auf die vertraulichen Kommissionsprotokolle zutreffend darlegt, sollte mit Art. 6 Abs. 3 ZPO die unter dem kantonalen Recht geltende Regelung der Zuständigkeit beibehalten werden. 2.3 Das Klägerwahlrecht steht einer nicht im Handelsregister eingetragenen Partei nach Art. 6 Abs. 3 ZPO zu, wenn "die übrigen Voraussetzungen erfüllt" sind. Dieser Verweis auf die übrigen Voraussetzungen wird in der herrschenden Lehre auf Art. 6 Abs. 2 ZPO bezogen, wo die handelsrechtliche Streitigkeit durch den Eintrag der beklagten Partei im Handelsregister sowie den Zusammenhang mit deren geschäftlicher Tätigkeit (lit. a) und durch die Zulässigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht (lit. b) definiert wird (DAVID RÜETSCHI, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 29 zu Art. 6 ZPO ; DOMINIK VOCK, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, BGE 138 III 694 S. 697 2010, N. 15 zu Art. 6 ZPO ; HAAS/SCHLUMPF, in: ZPO, Kurzkommentar, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 11 zu Art. 6 ZPO ; SCHWALLER/NÄGELI, a.a.O., Rz. 47 f.; BERNHARD BERGER, Verfahren vor dem Handelsgericht: ausgewählte Fragen, praktische Hinweise, ZBJV 148/2012 S. 474). Dies bedeutet namentlich eine Ausdehnung der sachlichen Zuständigkeit von Handelsgerichten auf Konsumentenstreitigkeiten, beispielsweise die Klage eines Konsumenten gegen einen im Handelsregister eingetragenen Anbieter (ISAAK MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 61), eines Unfallopfers gegen eine Versicherungsgesellschaft oder einer Bankkundin gegen die Bank, die ihr Vermögen verwaltet (LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, Rz. 2.137; TOYLAN SENEL, Das handelsgerichtliche Verfahren nach der neuen Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2011, Rz. 281; ALEXANDER BRUNNER, Zur Auswahl der Handelsrichter nach ihrem Fachwissen, SJZ 105/2009 S. 322). Ein Autor vertritt freilich die Ansicht, die Zuständigkeit nach Art. 6 Abs. 3 ZPO setze voraus, dass es sich beim Streitgegenstand um eine "handelsrechtliche Streitigkeit" im materiellen Sinne handle, also um eine geschäftliche Streitigkeit unter Kaufleuten bzw. Unternehmen unter Ausschluss von Konsumenten-, Arbeits- oder Mietstreitigkeiten (ALEXANDER BRUNNER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar [im Folgenden: Kommentar], Brunner und andere[Hrsg.], 2011, N. 28 ff. zu Art. 6 ZPO ; ders., Was ist Handelsrecht?, AJP 2010 S. 1536 ff.; ders., Das Doppelinstanzprinzip und seine scheinbar unbegrenzten Umgehungsmöglichkeiten nach Art. 6 Abs. 3 ZPO, SJZ 108/2012 S. 27 f.; ders., Die Beschwerde [ Art. 319-327 ZPO ], insbesondere die Beschwerdegründe, in: Haftpflichtprozess2012, Fellmann/Weber [Hrsg.], 2012, S. 56 ff.; anders aber noch ders., Zur Auswahl der Handelsrichter nach ihrem Fachwissen, SJZ 105/2009 S. 322). Nach dieser Auffassung beschränkt sich der Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 3 ZPO auf Parteien, die zwar ein Unternehmen betreiben, aber nicht oder noch nicht im Handelsregister eingetragen sind, z.B. (nicht eintragungspflichtige) Einzelunternehmen ohne Registereintrag sowie Personengemeinschaften im Gründungsstadium von Handelsgesellschaften (BRUNNER, Kommentar, a.a.O., N. 32 ff. zu Art. 6 ZPO ). Diese Lehrmeinung, der sich die Minderheit der Vorinstanz in ihrem begründeten Votum angeschlossen hat, hält dafür, dass der Bundesgesetzgeber mit Art. 6 Abs. 3 ZPO den Zuständigkeitsbereich der Handelsgerichte gegenüber dem früheren kantonalen Recht geändert BGE 138 III 694 S. 698 habe. Sie legt Gewicht darauf, dass namentlich die Rechtsvermutung des früheren Zürcher Prozessrechts nicht übernommen worden sei, wonach jede Rechtsbeziehung im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit eines Unternehmens - insbesondere auch der Konsumentinnen und Konsumenten - als "handelsrechtlich" gelte. 2.4 Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zu Grunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Insbesondere bei jüngeren Gesetzen sind auch die Gesetzesmaterialien zu beachten, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben und dem Richter damit weiterhelfen ( BGE 137 V 167 E. 3.2 S. 170; BGE 135 III 20 E. 4.4, BGE 135 III 112 E. 3.3.2; je mit Hinweisen). 2.5 Der Gesetzeswortlaut in Art. 6 Abs. 3 ZPO gewährt der nicht im Handelsregister eingetragenen klagenden Partei ein Wahlrecht für den Fall, dass (entgegen Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO ) nur die beklagte Partei im schweizerischen Handelsregister oder einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen ist. Erforderlich ist, dass die "übrigen Voraussetzungen erfüllt" sind. Dazu gehören unstreitig die in Art. 6 Abs. 2 lit. a und b ZPO für die Definition der "handelsrechtlichen Streitigkeit" genannten Voraussetzungen, dass nämlich die Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betrifft und dass gegen den Entscheid die Beschwerde an das Bundesgericht zulässig ist. Umstritten ist indessen, ob der Begriff der "handelsrechtlichen Streitigkeit" weitere Voraussetzungen umfasst, welche unbesehen der ausdrücklich genannten Ausnahme vom Eintrag in das Handelsregister das Klägerwahlrecht in dem Sinne einschränken, dass es nur für Kaufleute oder Unternehmer gilt. Der Wortlaut allein steht einer solchen Auslegung grundsätzlich nicht entgegen. Es fragt sich daher, ob die übrigen Auslegungselemente dafür sprechen, dass die Wahlzuständigkeit nur für klagende Parteien gilt, die zwar ein Unternehmen betreiben, aber aus irgendwelchen Gründen nicht oder noch nicht im Handelsregister eingetragen sind. BGE 138 III 694 S. 699 2.6 Der bundesrechtliche Begriff der handelsrechtlichen Streitigkeiten, für welche die Kantone nach Art. 6 Abs. 1 ZPO eine einzige kantonale Instanz zuständig erklären können, wird in Art. 6 Abs. 2 ZPO definiert (vgl. STEPHEN V. BERTI, Einführung in die Schweizerische Zivilprozessordnung, 2011, § 6 N. 160). Danach ist neben dem vorliegend nicht weiter wesentlichen Merkmal der Beschwerdefähigkeit des Entscheides (lit. b) erforderlich, dass die Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betrifft und dass die Parteien im Handelsregister eingetragen sind. Wenn nun im unmittelbar anschliessenden Absatz 3 der Norm der Fall geregelt wird, dass nur die beklagte Partei im Register eingetragen ist, so spricht die Systematik der Regelung dafür, dass sich die Ausnahme auf Abs. 2 lit. c bezieht. Die übrigen Voraussetzungen, welche in Absatz 2 genannt werden, damit eine handelsgerichtliche Streitigkeit vorliegt, müssen danach erfüllt sein. Wenn die Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei - namentlich der im Handelsregister eingetragenen beklagten Partei - betrifft und die Beschwerde ans Bundesgericht offensteht, hat eine Partei nach der Systematik der Regelung in Art. 6 ZPO die Wahl zwischen dem ordentlichen Gericht oder dem Handelsgericht, wenn sie selbst nicht im Handelsregister eingetragen ist. 2.7 Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Legaldefinition der "handelsrechtlichen Streitigkeit" in Art. 6 Abs. 2 ZPO nicht abschliessend wäre. Insbesondere wird in Art. 6 Abs. 1 ZPO die "handelsrechtliche Streitigkeit", an welche die sachliche Zuständigkeit der Handelsgerichte knüpft, ebenso wenig definiert wie in Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG, wonach die Beschwerde an das Bundesgericht gegen eine einzige kantonale Instanz zulässig ist, wenn diese als Fachgericht für "handelsrechtliche Streitigkeiten" entscheidet. Zwar ist nach der Definition in Art. 6 Abs. 2 lit. c erforderlich, dass die Parteien, also sämtliche am Streit beteiligten Personen, als Unternehmen im Handelsregister eingetragen sind. Da aber Art. 6 Abs. 3 ZPO gerade von diesem Erfordernis eine Ausnahme macht und der klagenden Partei eine Wahlmöglichkeit für den Fall einräumt, dass nur die beklagte Partei (als Unternehmen) im Register eingetragen ist, kann die "handelsrechtliche Streitigkeit", an welche die Zuständigkeit knüpft, in der Sache nicht wiederum unter Rückgriff auf eben dieses Erfordernis definiert und damit die Ausnahme im Ergebnis wegdiskutiert werden. BGE 138 III 694 S. 700 2.8 Entgegen der im Minderheitsvotum der Vorinstanz geäusserten Ansicht lassen sich auch für eine einschränkende Auslegung der Ausnahmebestimmung auf nicht im Register eingetragene Kläger mit Unternehmereigenschaft keine überzeugenden Argumente anführen. Wenn Art. 6 Abs. 3 ZPO einzig eine Erweiterung der sachlichen Zuständigkeit des Handelsgerichts für ausnahmsweise nicht im Handelsregister eingetragene Unternehmen statuieren wollte, müsste der Wortlaut dahin gehend lauten, dass Klägern, welche nicht im Register eingetragen sind, aber ein nach kaufmännischen Grundsätzen geführtes Unternehmen betreiben, ebenfalls der Weg ans Handelsgericht offensteht. In Art. 6 Abs. 3 ZPO wird jedoch in ganz allgemeiner Weise dem nicht im Register eingetragenen Kläger ein Wahlrecht eingeräumt. Darin kann keine - allenfalls einschränkend zu interpretierende - Ausnahme von der sachlichen Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für weitere Handelsstreitigkeiten gesehen werden, sondern es handelt sich um eine eigentliche Wahlmöglichkeit, die der nicht im Handelsregister eingetragenen Partei neben der ordentlichen Gerichtsbarkeit eine zusätzliche Option bereitstellt. 2.9 Schliesslich bestätigt die Entstehungsgeschichte von Art. 6 Abs. 3 ZPO, dass der Gesetzgeber mit der Wahlmöglichkeit der nicht im Handelsregister eingetragenen Klagpartei eine zusätzliche Option für Nicht-Kaufleute schaffen wollte. Die Vorinstanz weist im angefochtenen Urteil unter Beizug der vertraulichen Kommissionsprotokolle zutreffend darauf hin, dass es dem Gesetzgeber um eine Erweiterung der sachlichen Zuständigkeit der Handelsgerichte für klagende Nicht-Kaufleute ging, wie sie die früheren Prozessordnungen der Handelsgerichtskantone Aargau, Bern und Zürich in der einen oder anderen Variante kannten (dazu eingehend SCHWALLER/NÄGELI, a.a.O., Rz. 19-26). Für eine bestimmte zusätzliche Einschränkung wie etwa den Ausschluss mehr oder weniger klar definierter "Konsumenten"-Streitigkeiten bestehen keinerlei Hinweise und die Minderheit der Vorinstanz belegt denn auch ihre Ansicht nicht, dass die Wahlmöglichkeit nach Art. 6 Abs. 3 ZPO für Konsumenten, Arbeitnehmer und Mieter nach dem Willen des Gesetzgebers generell nicht zur Verfügung stehen sollte. Im Gegenteil spricht die diametrale Abkehr vom bundesrätlichen Entwurf, der das Wahlrecht von nicht im Handelsregister eingetragenen Klägern u.a. mit der Begründung nicht vorsah, dass "sonst Konsumentenstreitigkeiten bei einem Streitwert von über 30'000 Franken - z.B. aus Kauf eines privaten Personenwagens - plötzlich der Handelsgerichtsbarkeit unterstehen würde" BGE 138 III 694 S. 701 (Botschaft a.a.O., BBl 2006 7261), gerade für die Ausdehnung auf solche Streitigkeiten (vgl. auch SCHWALLER/NÄGELI, a.a.O., Rz. 42). 2.10 Die Minderheit der Vorinstanz hält in ihrem Votum die Ausnahme vom Doppelinstanz-Prinzip für problematisch und weist z.B. auf die Ungleichbehandlung möglicher Kläger je nach Kanton oder auf die Ausweitung der Ausnahme vom Doppelinstanz-Prinzip durch das Klägerwahlrecht hin. Sie verkennt jedoch, dass die Ausnahme vom Gesetzgeber so gewollt war und insbesondere die frühere weite Zuständigkeit trotz untergeordneter kantonaler Unterschiede beibehalten werden sollte. An der grundsätzlichen Problematik der Ausnahme von Art. 6 ZPO und Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG an sich ändert eine - den historischen Gesetzgebungswillen klar missachtende - restriktive Interpretation entgegen der Ansicht der Minderheit der Vorinstanz und der Beschwerde nichts. Denn den Materialien lässt sich für die - unbelegte - Ansicht nichts entnehmen, dass mit dem Klägerwahlrecht in Art. 6 Abs. 3 ZPO bloss eine Lücke für Klagen von nicht im Handelsregister eingetragenen Kaufleuten bzw. Unternehmern hätte gefüllt werden sollen, welche die zwingende Zuständigkeit von Art. 6 ZPO nicht erfassen würde. Insbesondere kann ein entsprechender Wille des Gesetzgebers entgegen der in der Beschwerde geäusserten Ansicht nicht aus einzelnen Voten der unveröffentlichten Kommissionsprotokolle abgeleitet werden, deren Aussagen in den Räten keinen Niederschlag gefunden haben und die vor allem im Gesetzeswortlaut in keiner Weise zum Ausdruck gebracht worden sind. 2.11 Wenn die Minderheit der Vorinstanz und der Beschwerdeführer als unerwünscht erachten, dass Rechtsfragen des Konsumrechts in die Zuständigkeit des Handelsgerichts fallen, so verkennen sie, dass die Option für Konsumentinnen und Konsumenten vom Gesetzgeber klar gewollt war und im zutreffend verstandenen Art. 6 Abs. 3 ZPO auch deutlich zum Ausdruck gelangt. Wenn die Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit der im Handelsregister eingetragenen Partei betrifft, so kann - sofern die Beschwerde ans Bundesgericht offensteht, also insbesondere der entsprechende Streitwert erreicht ist - auch ein Konsument oder eine Konsumentin die Streitigkeit vor das Handelsgericht tragen. Demgegenüber steht einer im Handelsregister eingetragenen Partei die Wahl des ordentlichen Gerichts mit doppeltem Instanzenzug in den Kantonen mit Handelsgericht nicht offen. Nur wenn die Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit der beklagten Partei nicht betrifft, sind die "übrigen Voraussetzungen" nach Art. 6 BGE 138 III 694 S. 702 Abs. 2 ZPO insofern nicht erfüllt und steht der klagenden Partei die Wahlmöglichkeit nach Art. 6 Abs. 3 ZPO nicht offen. 3. Die Beschwerdegegnerin ist nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz eine Privatperson, die eine Zivilforderung gegen den im Handelsregister eingetragenen Beschwerdeführer einklagt, die sie aus dessen geschäftlicher Tätigkeit als Vermögensverwalter herleitet. Sie kann sich somit auf das Wahlrecht stützten, das ihr Art. 6 Abs. 3 ZPO verleiht und ihre Forderung gegen den im Kanton Zürich domizilierten Beschwerdeführer vor dem Handelsgericht einklagen. Die Vorinstanz hat ihre sachliche Zuständigkeit zu Recht bejaht. Die dem Beschwerdeführer im angefochtenen Beschluss angesetzte Frist für die Klageantwort wird vom Handelsgericht neu festzusetzen sein, zumal der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gewährt wurde.
Urteilskopf
105. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_210/2012 vom 29. Oktober 2012
Regeste Sachliche Zuständigkeit der Handelsgerichte; Klägerwahlrecht nach Art. 6 Abs. 3 ZPO. Begriff der handelsrechtlichen Streitigkeit (E. 2.1); Voraussetzungen des Klägerwahlrechts nach Art. 6 Abs. 3 ZPO, insbesondere bei Konsumentenstreitigkeiten (E. 2.2-2.11); Zuständigkeit des Handelsgerichts gegeben für die Klage einer Kundin gegen einen Vermögensverwalter (E. 3).
Regeste
Sachliche Zuständigkeit der Handelsgerichte; Klägerwahlrecht nach Art. 6 Abs. 3 ZPO. Begriff der handelsrechtlichen Streitigkeit (E. 2.1); Voraussetzungen des Klägerwahlrechts nach Art. 6 Abs. 3 ZPO, insbesondere bei Konsumentenstreitigkeiten (E. 2.2-2.11); Zuständigkeit des Handelsgerichts gegeben für die Klage einer Kundin gegen einen Vermögensverwalter (E. 3).
Art. 6 Abs. 3 ZPO Begriff der handelsrechtlichen Streitigkeit (E. 2.1); Voraussetzungen des Klägerwahlrechts nach Art. 6 Abs. 3 ZPO, insbesondere bei Konsumentenstreitigkeiten (E. 2.2-2.11); Zuständigkeit des Handelsgerichts gegeben für die Klage einer Kundin gegen einen Vermögensverwalter (E. 3).
Art. 6 Abs. 3 ZPO Sachverhalt ab Seite 695
Sachverhalt ab Seite 695 BGE 138 III 694 S. 695
BGE 138 III 694 S. 695
Y. (Klägerin und Beschwerdegegnerin) hat ihren Wohnsitz in der Gemeinde Z., Kanton Luzern. X. (Beklagter und Beschwerdeführer) betreibt in Zürich ein Einzelunternehmen mit dem Zweck der Vermögensverwaltung. Er ist im Handelsregister unter der Firma X. eingetragen.
Am 16. Oktober 2003 unterzeichneten die Parteien einen Vermögensverwaltungsvertrag, in dem die Klägerin den Beklagten mit der Verwaltung ihrer bei der A.-Bank deponierten Vermögenswerte betraute. Sie behauptet, der Beklagte habe ihr durch Kommissionsreiterei - sog. Churning - Schaden verursacht.
Die Klägerin reichte in der Folge Klage beim Handelsgericht des Kantons Zürich ein. Die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts leitete die Klägerin aus Art. 6 Abs. 3 ZPO ab, während der Beklagte die Zuständigkeit des Handelsgerichts für Konsumentenstreitigkeiten bestritt.
Art. 6 Abs. 3 ZPO Mit Beschluss vom 30. März 2012 wies das Handelsgericht die Unzuständigkeitseinrede des Beklagten ab und trat auf die Klage ein. Zwei Gerichtsmitglieder hielten in einem Minderheitsantrag gemäss § 124 des kantonalen Gerichtsorganisationsgesetzes dafür, auf die Klage sei nicht einzutreten.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beklagte dem Bundesgericht, es sei die Unzuständigkeitseinrede gutzuheissen und auf die Klage nicht einzutreten.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. Der Beschwerdeführer rügt, das Handelsgericht habe gegen Art. 6 Abs. 3 ZPO (SR 272) verstossen, indem es seine sachliche Zuständigkeit bejaht hat.
2. Art. 6 Abs. 3 ZPO 2.1 Nach Art. 6 Abs. 1 ZPO können die Kantone ein Fachgericht bezeichnen, welches als einzige kantonale Instanz für BGE 138 III 694 S. 696 handelsrechtliche Streitigkeiten zuständig ist (Handelsgericht). Gemäss Art. 6 Abs. 2 ZPO gilt eine Streitigkeit als handelsrechtlich, wenn: die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betroffen ist (lit. a); gegen den Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht offen steht (lit. b); und die Parteien im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen sind (lit. c). Diese drei Voraussetzungen müssen nach dem Gesetzeswortlaut kumulativ gegeben sein, damit eine handelsrechtliche Streitigkeit i.S. von Art. 6 Abs. 1 ZPO vorliegt (vgl. auch Votum Wicki, AB 2007 S 504).
2.1 Art. 6 Abs. 1 ZPO BGE 138 III 694 S. 696
Art. 6 Abs. 2 ZPO Art. 6 Abs. 1 ZPO 2.2 Von der Voraussetzung gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO sieht Art. 6 Abs. 3 ZPO eine Ausnahme wie folgt vor:
2.2 Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO Art. 6 Abs. 3 ZPO "Ist nur die beklagte Partei im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen, sind aber die übrigen Voraussetzungen erfüllt, so hat die klagende Partei die Wahl zwischen dem Handelsgericht und dem ordentlichen Gericht."
Dieses sog. Klägerwahlrecht der nicht im Handelsregister eingetragenen Partei wurde in der parlamentarischen Beratung auf Antrag der Rechtskommission des Ständerates in das Gesetz eingefügt (vgl. AB 2007 S 504 sowie 2008 N 641 ff.), während es im Entwurf des Bundesrates noch nicht vorgesehen war (vgl. Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006, 7221 ff., 7261 und 7415; zur Gesetzgebungsgeschichte eingehend auch SCHWALLER/NÄGELI, Die Zuständigkeit der Handelsgerichte gemäss Art. 6 Abs. 3 ZPO, Jusletter 14. November 2011 Rz. 36-44). Wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid unter Verweis auf die vertraulichen Kommissionsprotokolle zutreffend darlegt, sollte mit Art. 6 Abs. 3 ZPO die unter dem kantonalen Recht geltende Regelung der Zuständigkeit beibehalten werden.
Art. 6 Abs. 3 ZPO Art. 6 Abs. 3 ZPO 2.3 Das Klägerwahlrecht steht einer nicht im Handelsregister eingetragenen Partei nach Art. 6 Abs. 3 ZPO zu, wenn "die übrigen Voraussetzungen erfüllt" sind. Dieser Verweis auf die übrigen Voraussetzungen wird in der herrschenden Lehre auf Art. 6 Abs. 2 ZPO bezogen, wo die handelsrechtliche Streitigkeit durch den Eintrag der beklagten Partei im Handelsregister sowie den Zusammenhang mit deren geschäftlicher Tätigkeit (lit. a) und durch die Zulässigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht (lit. b) definiert wird (DAVID RÜETSCHI, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 29 zu Art. 6 ZPO ; DOMINIK VOCK, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, BGE 138 III 694 S. 697 2010, N. 15 zu Art. 6 ZPO ; HAAS/SCHLUMPF, in: ZPO, Kurzkommentar, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 11 zu Art. 6 ZPO ; SCHWALLER/NÄGELI, a.a.O., Rz. 47 f.; BERNHARD BERGER, Verfahren vor dem Handelsgericht: ausgewählte Fragen, praktische Hinweise, ZBJV 148/2012 S. 474). Dies bedeutet namentlich eine Ausdehnung der sachlichen Zuständigkeit von Handelsgerichten auf Konsumentenstreitigkeiten, beispielsweise die Klage eines Konsumenten gegen einen im Handelsregister eingetragenen Anbieter (ISAAK MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 61), eines Unfallopfers gegen eine Versicherungsgesellschaft oder einer Bankkundin gegen die Bank, die ihr Vermögen verwaltet (LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, Rz. 2.137; TOYLAN SENEL, Das handelsgerichtliche Verfahren nach der neuen Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2011, Rz. 281; ALEXANDER BRUNNER, Zur Auswahl der Handelsrichter nach ihrem Fachwissen, SJZ 105/2009 S. 322).
2.3 Art. 6 Abs. 3 ZPO Art. 6 Abs. 2 ZPO Art. 6 ZPO BGE 138 III 694 S. 697
Art. 6 ZPO Art. 6 ZPO Ein Autor vertritt freilich die Ansicht, die Zuständigkeit nach Art. 6 Abs. 3 ZPO setze voraus, dass es sich beim Streitgegenstand um eine "handelsrechtliche Streitigkeit" im materiellen Sinne handle, also um eine geschäftliche Streitigkeit unter Kaufleuten bzw. Unternehmen unter Ausschluss von Konsumenten-, Arbeits- oder Mietstreitigkeiten (ALEXANDER BRUNNER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar [im Folgenden: Kommentar], Brunner und andere[Hrsg.], 2011, N. 28 ff. zu Art. 6 ZPO ; ders., Was ist Handelsrecht?, AJP 2010 S. 1536 ff.; ders., Das Doppelinstanzprinzip und seine scheinbar unbegrenzten Umgehungsmöglichkeiten nach Art. 6 Abs. 3 ZPO, SJZ 108/2012 S. 27 f.; ders., Die Beschwerde [ Art. 319-327 ZPO ], insbesondere die Beschwerdegründe, in: Haftpflichtprozess2012, Fellmann/Weber [Hrsg.], 2012, S. 56 ff.; anders aber noch ders., Zur Auswahl der Handelsrichter nach ihrem Fachwissen, SJZ 105/2009 S. 322). Nach dieser Auffassung beschränkt sich der Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 3 ZPO auf Parteien, die zwar ein Unternehmen betreiben, aber nicht oder noch nicht im Handelsregister eingetragen sind, z.B. (nicht eintragungspflichtige) Einzelunternehmen ohne Registereintrag sowie Personengemeinschaften im Gründungsstadium von Handelsgesellschaften (BRUNNER, Kommentar, a.a.O., N. 32 ff. zu Art. 6 ZPO ).
Art. 6 Abs. 3 ZPO Art. 6 ZPO Art. 6 Abs. 3 ZPO Art. 319-327 ZPO Art. 6 Abs. 3 ZPO Art. 6 ZPO Diese Lehrmeinung, der sich die Minderheit der Vorinstanz in ihrem begründeten Votum angeschlossen hat, hält dafür, dass der Bundesgesetzgeber mit Art. 6 Abs. 3 ZPO den Zuständigkeitsbereich der Handelsgerichte gegenüber dem früheren kantonalen Recht geändert BGE 138 III 694 S. 698 habe. Sie legt Gewicht darauf, dass namentlich die Rechtsvermutung des früheren Zürcher Prozessrechts nicht übernommen worden sei, wonach jede Rechtsbeziehung im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit eines Unternehmens - insbesondere auch der Konsumentinnen und Konsumenten - als "handelsrechtlich" gelte.
Art. 6 Abs. 3 ZPO BGE 138 III 694 S. 698
2.4 Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zu Grunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Insbesondere bei jüngeren Gesetzen sind auch die Gesetzesmaterialien zu beachten, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben und dem Richter damit weiterhelfen ( BGE 137 V 167 E. 3.2 S. 170; BGE 135 III 20 E. 4.4, BGE 135 III 112 E. 3.3.2; je mit Hinweisen).
2.4 2.5 Der Gesetzeswortlaut in Art. 6 Abs. 3 ZPO gewährt der nicht im Handelsregister eingetragenen klagenden Partei ein Wahlrecht für den Fall, dass (entgegen Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO ) nur die beklagte Partei im schweizerischen Handelsregister oder einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen ist. Erforderlich ist, dass die "übrigen Voraussetzungen erfüllt" sind. Dazu gehören unstreitig die in Art. 6 Abs. 2 lit. a und b ZPO für die Definition der "handelsrechtlichen Streitigkeit" genannten Voraussetzungen, dass nämlich die Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betrifft und dass gegen den Entscheid die Beschwerde an das Bundesgericht zulässig ist. Umstritten ist indessen, ob der Begriff der "handelsrechtlichen Streitigkeit" weitere Voraussetzungen umfasst, welche unbesehen der ausdrücklich genannten Ausnahme vom Eintrag in das Handelsregister das Klägerwahlrecht in dem Sinne einschränken, dass es nur für Kaufleute oder Unternehmer gilt. Der Wortlaut allein steht einer solchen Auslegung grundsätzlich nicht entgegen. Es fragt sich daher, ob die übrigen Auslegungselemente dafür sprechen, dass die Wahlzuständigkeit nur für klagende Parteien gilt, die zwar ein Unternehmen betreiben, aber aus irgendwelchen Gründen nicht oder noch nicht im Handelsregister eingetragen sind. BGE 138 III 694 S. 699
2.5 Art. 6 Abs. 3 ZPO Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO Art. 6 Abs. 2 lit. a und b ZPO BGE 138 III 694 S. 699
2.6 Der bundesrechtliche Begriff der handelsrechtlichen Streitigkeiten, für welche die Kantone nach Art. 6 Abs. 1 ZPO eine einzige kantonale Instanz zuständig erklären können, wird in Art. 6 Abs. 2 ZPO definiert (vgl. STEPHEN V. BERTI, Einführung in die Schweizerische Zivilprozessordnung, 2011, § 6 N. 160). Danach ist neben dem vorliegend nicht weiter wesentlichen Merkmal der Beschwerdefähigkeit des Entscheides (lit. b) erforderlich, dass die Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betrifft und dass die Parteien im Handelsregister eingetragen sind. Wenn nun im unmittelbar anschliessenden Absatz 3 der Norm der Fall geregelt wird, dass nur die beklagte Partei im Register eingetragen ist, so spricht die Systematik der Regelung dafür, dass sich die Ausnahme auf Abs. 2 lit. c bezieht. Die übrigen Voraussetzungen, welche in Absatz 2 genannt werden, damit eine handelsgerichtliche Streitigkeit vorliegt, müssen danach erfüllt sein. Wenn die Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei - namentlich der im Handelsregister eingetragenen beklagten Partei - betrifft und die Beschwerde ans Bundesgericht offensteht, hat eine Partei nach der Systematik der Regelung in Art. 6 ZPO die Wahl zwischen dem ordentlichen Gericht oder dem Handelsgericht, wenn sie selbst nicht im Handelsregister eingetragen ist.
2.6 Art. 6 Abs. 1 ZPO Art. 6 Abs. 2 ZPO Art. 6 ZPO 2.7 Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Legaldefinition der "handelsrechtlichen Streitigkeit" in Art. 6 Abs. 2 ZPO nicht abschliessend wäre. Insbesondere wird in Art. 6 Abs. 1 ZPO die "handelsrechtliche Streitigkeit", an welche die sachliche Zuständigkeit der Handelsgerichte knüpft, ebenso wenig definiert wie in Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG, wonach die Beschwerde an das Bundesgericht gegen eine einzige kantonale Instanz zulässig ist, wenn diese als Fachgericht für "handelsrechtliche Streitigkeiten" entscheidet. Zwar ist nach der Definition in Art. 6 Abs. 2 lit. c erforderlich, dass die Parteien, also sämtliche am Streit beteiligten Personen, als Unternehmen im Handelsregister eingetragen sind. Da aber Art. 6 Abs. 3 ZPO gerade von diesem Erfordernis eine Ausnahme macht und der klagenden Partei eine Wahlmöglichkeit für den Fall einräumt, dass nur die beklagte Partei (als Unternehmen) im Register eingetragen ist, kann die "handelsrechtliche Streitigkeit", an welche die Zuständigkeit knüpft, in der Sache nicht wiederum unter Rückgriff auf eben dieses Erfordernis definiert und damit die Ausnahme im Ergebnis wegdiskutiert werden. BGE 138 III 694 S. 700
2.7 Art. 6 Abs. 2 ZPO Art. 6 Abs. 1 ZPO Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG Art. 6 Abs. 3 ZPO BGE 138 III 694 S. 700
2.8 Entgegen der im Minderheitsvotum der Vorinstanz geäusserten Ansicht lassen sich auch für eine einschränkende Auslegung der Ausnahmebestimmung auf nicht im Register eingetragene Kläger mit Unternehmereigenschaft keine überzeugenden Argumente anführen. Wenn Art. 6 Abs. 3 ZPO einzig eine Erweiterung der sachlichen Zuständigkeit des Handelsgerichts für ausnahmsweise nicht im Handelsregister eingetragene Unternehmen statuieren wollte, müsste der Wortlaut dahin gehend lauten, dass Klägern, welche nicht im Register eingetragen sind, aber ein nach kaufmännischen Grundsätzen geführtes Unternehmen betreiben, ebenfalls der Weg ans Handelsgericht offensteht. In Art. 6 Abs. 3 ZPO wird jedoch in ganz allgemeiner Weise dem nicht im Register eingetragenen Kläger ein Wahlrecht eingeräumt. Darin kann keine - allenfalls einschränkend zu interpretierende - Ausnahme von der sachlichen Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für weitere Handelsstreitigkeiten gesehen werden, sondern es handelt sich um eine eigentliche Wahlmöglichkeit, die der nicht im Handelsregister eingetragenen Partei neben der ordentlichen Gerichtsbarkeit eine zusätzliche Option bereitstellt.
2.8 Art. 6 Abs. 3 ZPO Art. 6 Abs. 3 ZPO 2.9 Schliesslich bestätigt die Entstehungsgeschichte von Art. 6 Abs. 3 ZPO, dass der Gesetzgeber mit der Wahlmöglichkeit der nicht im Handelsregister eingetragenen Klagpartei eine zusätzliche Option für Nicht-Kaufleute schaffen wollte. Die Vorinstanz weist im angefochtenen Urteil unter Beizug der vertraulichen Kommissionsprotokolle zutreffend darauf hin, dass es dem Gesetzgeber um eine Erweiterung der sachlichen Zuständigkeit der Handelsgerichte für klagende Nicht-Kaufleute ging, wie sie die früheren Prozessordnungen der Handelsgerichtskantone Aargau, Bern und Zürich in der einen oder anderen Variante kannten (dazu eingehend SCHWALLER/NÄGELI, a.a.O., Rz. 19-26). Für eine bestimmte zusätzliche Einschränkung wie etwa den Ausschluss mehr oder weniger klar definierter "Konsumenten"-Streitigkeiten bestehen keinerlei Hinweise und die Minderheit der Vorinstanz belegt denn auch ihre Ansicht nicht, dass die Wahlmöglichkeit nach Art. 6 Abs. 3 ZPO für Konsumenten, Arbeitnehmer und Mieter nach dem Willen des Gesetzgebers generell nicht zur Verfügung stehen sollte. Im Gegenteil spricht die diametrale Abkehr vom bundesrätlichen Entwurf, der das Wahlrecht von nicht im Handelsregister eingetragenen Klägern u.a. mit der Begründung nicht vorsah, dass "sonst Konsumentenstreitigkeiten bei einem Streitwert von über 30'000 Franken - z.B. aus Kauf eines privaten Personenwagens - plötzlich der Handelsgerichtsbarkeit unterstehen würde" BGE 138 III 694 S. 701 (Botschaft a.a.O., BBl 2006 7261), gerade für die Ausdehnung auf solche Streitigkeiten (vgl. auch SCHWALLER/NÄGELI, a.a.O., Rz. 42).
2.9 Art. 6 Abs. 3 ZPO Art. 6 Abs. 3 ZPO BGE 138 III 694 S. 701
2.10 Die Minderheit der Vorinstanz hält in ihrem Votum die Ausnahme vom Doppelinstanz-Prinzip für problematisch und weist z.B. auf die Ungleichbehandlung möglicher Kläger je nach Kanton oder auf die Ausweitung der Ausnahme vom Doppelinstanz-Prinzip durch das Klägerwahlrecht hin. Sie verkennt jedoch, dass die Ausnahme vom Gesetzgeber so gewollt war und insbesondere die frühere weite Zuständigkeit trotz untergeordneter kantonaler Unterschiede beibehalten werden sollte. An der grundsätzlichen Problematik der Ausnahme von Art. 6 ZPO und Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG an sich ändert eine - den historischen Gesetzgebungswillen klar missachtende - restriktive Interpretation entgegen der Ansicht der Minderheit der Vorinstanz und der Beschwerde nichts. Denn den Materialien lässt sich für die - unbelegte - Ansicht nichts entnehmen, dass mit dem Klägerwahlrecht in Art. 6 Abs. 3 ZPO bloss eine Lücke für Klagen von nicht im Handelsregister eingetragenen Kaufleuten bzw. Unternehmern hätte gefüllt werden sollen, welche die zwingende Zuständigkeit von Art. 6 ZPO nicht erfassen würde. Insbesondere kann ein entsprechender Wille des Gesetzgebers entgegen der in der Beschwerde geäusserten Ansicht nicht aus einzelnen Voten der unveröffentlichten Kommissionsprotokolle abgeleitet werden, deren Aussagen in den Räten keinen Niederschlag gefunden haben und die vor allem im Gesetzeswortlaut in keiner Weise zum Ausdruck gebracht worden sind.
2.10 Art. 6 ZPO Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG Art. 6 Abs. 3 ZPO Art. 6 ZPO 2.11 Wenn die Minderheit der Vorinstanz und der Beschwerdeführer als unerwünscht erachten, dass Rechtsfragen des Konsumrechts in die Zuständigkeit des Handelsgerichts fallen, so verkennen sie, dass die Option für Konsumentinnen und Konsumenten vom Gesetzgeber klar gewollt war und im zutreffend verstandenen Art. 6 Abs. 3 ZPO auch deutlich zum Ausdruck gelangt. Wenn die Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit der im Handelsregister eingetragenen Partei betrifft, so kann - sofern die Beschwerde ans Bundesgericht offensteht, also insbesondere der entsprechende Streitwert erreicht ist - auch ein Konsument oder eine Konsumentin die Streitigkeit vor das Handelsgericht tragen. Demgegenüber steht einer im Handelsregister eingetragenen Partei die Wahl des ordentlichen Gerichts mit doppeltem Instanzenzug in den Kantonen mit Handelsgericht nicht offen. Nur wenn die Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit der beklagten Partei nicht betrifft, sind die "übrigen Voraussetzungen" nach Art. 6 BGE 138 III 694 S. 702 Abs. 2 ZPO insofern nicht erfüllt und steht der klagenden Partei die Wahlmöglichkeit nach Art. 6 Abs. 3 ZPO nicht offen.
2.11 Art. 6 Abs. 3 ZPO Art. 6 BGE 138 III 694 S. 702 Abs. 2 ZPO BGE 138 III 694 S. 702
Art. 6 Abs. 3 ZPO 3. Die Beschwerdegegnerin ist nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz eine Privatperson, die eine Zivilforderung gegen den im Handelsregister eingetragenen Beschwerdeführer einklagt, die sie aus dessen geschäftlicher Tätigkeit als Vermögensverwalter herleitet. Sie kann sich somit auf das Wahlrecht stützten, das ihr Art. 6 Abs. 3 ZPO verleiht und ihre Forderung gegen den im Kanton Zürich domizilierten Beschwerdeführer vor dem Handelsgericht einklagen. Die Vorinstanz hat ihre sachliche Zuständigkeit zu Recht bejaht. Die dem Beschwerdeführer im angefochtenen Beschluss angesetzte Frist für die Klageantwort wird vom Handelsgericht neu festzusetzen sein, zumal der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gewährt wurde.
3. Art. 6 Abs. 3 ZPO
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Urteilskopf 138 III 702 106. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. Versicherung AG gegen Y. Versicherung (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_277/2012 / 4A_217/2012 vom 9. Oktober 2012 Regeste Anwendungsbereich des Rechtsbehelfs nach Art. 51 Abs. 1 ZPO. Intertemporalrechtliche Anwendbarkeit nach Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO. Zeitlicher Anwendungsbereich im Verlauf des Prozesses ( Art. 51 Abs. 3 ZPO ; E. 3.2 und 3.4). Erwägungen ab Seite 702 BGE 138 III 702 S. 702 Aus den Erwägungen: 3. 3.2 Die Vorinstanz verneinte die intertemporalrechtliche Anwendbarkeit von Art. 51 ZPO (SR 272). Sie vermochte daher den Mangel des Vorentscheids vom 1. März 2012 infolge der Mitwirkung des befangenen Handelsrichters Hablützel nicht gestützt auf diese Bestimmung zu beheben. Sie hielt dazu zunächst zutreffend und BGE 138 III 702 S. 703 unangefochten fest, auf das vorliegende, am 21. Mai 2010 eingeleitete Verfahren sei nach Art. 404 Abs. 1 ZPO bis zum Endentscheid, der das vorinstanzliche Verfahren abschliesst, das frühere kantonale Prozessrecht und nicht die ZPO (einschliesslich deren Art. 51) anwendbar (vgl. dazu BGE 138 I 1 E. 2.1 S. 2 f.). Sodann prüfte die Vorinstanz, ob die Anwendung von Art. 51 ZPO auf Art. 405 Abs. 1 ZPO gestützt werden könnte, wonach für die Rechtsmittel das Recht gilt, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist. Sie anerkannte zwar, dass diese Bestimmung auf alle Arten von Rechtsmitteln, namentlich auch auf Rechtsbehelfe anwendbar sei. Erfasst seien indessen nur die unter dem 9. Titel der ZPO ("Rechtsmittel") genannten Rechtsbehelfe, weshalb ein Gesuch nach Art. 51 ZPO nicht darunterfalle. (...) 3.4 Der Wortlaut von Art. 405 Abs. 1 ZPO spricht von "Rechtsmitteln" gegen einen eröffneten "Entscheid". Rechtsmittel im Sinne dieser Bestimmung richten sich damit gegen einen gerichtlichen Entscheid, mithin gegen einen formellen Entscheid des Gerichts, wenn von der Möglichkeit einer Rechtsverzögerungsbeschwerde gegen einen Nichtentscheid nach Art. 319 lit. c ZPO abgesehen wird (vgl. FREI/WILLISEGGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 6 f. zu Art. 405 ZPO ). Als Rechtsmittel in diesem Sinn werden in der Lehre die im 9. Titel der ZPO (Art. 308 ff.) aufgeführten Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe der Berufung, der Beschwerde, der Erläuterung und der Berichtigung genannt (FREI/WILLISEGGER, a.a.O., N. 6 zu Art. 405 ZPO ; DENIS TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, François Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 3 zu Art. 405 ZPO ; FREIBURGHAUS/AFHELDT, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 7 ff. zu Art. 405 ZPO ). Im Gegensatz zu Rechtsmitteln in diesem Sinn kann sich ein Aufhebungsantrag nach Art. 51 Abs. 1 ZPO gegen Amtshandlungen schlechthin richten, d.h. auch gegen Prozesshandlungen des Gerichts, die nicht in einem formellen Entscheid ergangen und eröffnet worden sind, wie z.B. die Einvernahme von Zeugen. Bei solchen handelt es sich um Realakte, bei denen der einzuschlagende Rechtsweg nicht immer einfach und klar vorgegeben ist, da eigentliche Rechtsmittel regelmässig eine Verfügung oder einen Erlass als Anfechtungsobjekt voraussetzen (vgl. BGE 128 I 167 E. 4.5 S. 174; BGE 121 I 87 E. 1b S. 91). BGE 138 III 702 S. 704 Bei Art. 51 Abs. 1 ZPO handelt es sich um eine Spezialbestimmung, welche die Aufhebung und Wiederholung von Amtshandlungen im weitesten Sinn ermöglicht, wenn ein Ausstandsgrund vor Abschluss bzw. während des laufenden Verfahrens vor der betreffenden Instanz entdeckt wird ( Art. 51 Abs. 3 ZPO e contrario), und die für diesen Fall die Geltendmachung des Ausstandsgrundes mittels Anfechtung eines Zwischenentscheides mit einem Rechtsmittel im eigentlichen Sinn ausschliesst. Die Ergreifung eines Rechtsmittels im Sinne von Art. 405 Abs. 1 ZPO kommt in zutreffender Auslegung von Art. 51 Abs. 3 ZPO zur Geltendmachung eines Ausstandsgrunds nur dann in Betracht, wenn der Ausstandsgrund nach Abschluss des Verfahrens vor der betreffenden Instanz (mithin nach Ergehen eines formellen Endentscheids), aber vor Ablauf der Rechtsmittelfrist, also vor der Rechtskraft des Entscheids entdeckt wird (Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221 ff., 7273 Ziff. 5.2.3 zu Art. 49 E-ZPO; TAPPY, a.a.O., N. 3 und 15 f. zu Art. 51 ZPO ; STEPHAN WULLSCHLEGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 10 zu Art. 51 ZPO ; MARK LIVSCHITZ, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 51 ZPO ). Die Vorinstanz verneinte damit zutreffend, dass Art. 51 Abs. 1 ZPO im vorliegenden Fall gestützt auf Art. 405 Abs. 1 ZPO angewendet werden kann. Da auf das Verfahren vor Handelsgericht im Übrigen das bisherige kantonale Prozessrecht anwendbar bleibt ( Art. 404 Abs. 1 ZPO ), fällt eine Anwendung von Art. 51 ZPO auch insoweit ausser Betracht. 3.5 Die Beschwerde 4A_277/2012 ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Nach dem Dargelegten fällt eine Aufhebung des Vorentscheids vom 1. März 2012 gestützt auf Art. 51 Abs. 1 ZPO intertemporalrechtlich ausser Betracht. Im Folgenden ist daher die gegen den Vorentscheid vom 1. März 2012 gerichtete Beschwerde 4A_217/2012 zu prüfen. Für die verfassungsrechtlichen Aspekte dieses Urteils siehe die in BGE 138 I 406 publizierten E. 5.3 und 5.4 S. 407 ff.
Urteilskopf
106. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. Versicherung AG gegen Y. Versicherung (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_277/2012 / 4A_217/2012 vom 9. Oktober 2012
Regeste Anwendungsbereich des Rechtsbehelfs nach Art. 51 Abs. 1 ZPO. Intertemporalrechtliche Anwendbarkeit nach Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO. Zeitlicher Anwendungsbereich im Verlauf des Prozesses ( Art. 51 Abs. 3 ZPO ; E. 3.2 und 3.4).
Regeste
Anwendungsbereich des Rechtsbehelfs nach Art. 51 Abs. 1 ZPO. Intertemporalrechtliche Anwendbarkeit nach Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO. Zeitlicher Anwendungsbereich im Verlauf des Prozesses ( Art. 51 Abs. 3 ZPO ; E. 3.2 und 3.4).
Art. 51 Abs. 1 ZPO Intertemporalrechtliche Anwendbarkeit nach Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO. Zeitlicher Anwendungsbereich im Verlauf des Prozesses ( Art. 51 Abs. 3 ZPO ; E. 3.2 und 3.4).
Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO Art. 51 Abs. 3 ZPO Erwägungen ab Seite 702
Erwägungen ab Seite 702 BGE 138 III 702 S. 702
BGE 138 III 702 S. 702
Aus den Erwägungen:
3.
3. 3.2 Die Vorinstanz verneinte die intertemporalrechtliche Anwendbarkeit von Art. 51 ZPO (SR 272). Sie vermochte daher den Mangel des Vorentscheids vom 1. März 2012 infolge der Mitwirkung des befangenen Handelsrichters Hablützel nicht gestützt auf diese Bestimmung zu beheben. Sie hielt dazu zunächst zutreffend und BGE 138 III 702 S. 703 unangefochten fest, auf das vorliegende, am 21. Mai 2010 eingeleitete Verfahren sei nach Art. 404 Abs. 1 ZPO bis zum Endentscheid, der das vorinstanzliche Verfahren abschliesst, das frühere kantonale Prozessrecht und nicht die ZPO (einschliesslich deren Art. 51) anwendbar (vgl. dazu BGE 138 I 1 E. 2.1 S. 2 f.). Sodann prüfte die Vorinstanz, ob die Anwendung von Art. 51 ZPO auf Art. 405 Abs. 1 ZPO gestützt werden könnte, wonach für die Rechtsmittel das Recht gilt, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist. Sie anerkannte zwar, dass diese Bestimmung auf alle Arten von Rechtsmitteln, namentlich auch auf Rechtsbehelfe anwendbar sei. Erfasst seien indessen nur die unter dem 9. Titel der ZPO ("Rechtsmittel") genannten Rechtsbehelfe, weshalb ein Gesuch nach Art. 51 ZPO nicht darunterfalle.
3.2 Art. 51 ZPO BGE 138 III 702 S. 703
Art. 404 Abs. 1 ZPO Art. 51 ZPO Art. 405 Abs. 1 ZPO Art. 51 ZPO (...)
3.4 Der Wortlaut von Art. 405 Abs. 1 ZPO spricht von "Rechtsmitteln" gegen einen eröffneten "Entscheid". Rechtsmittel im Sinne dieser Bestimmung richten sich damit gegen einen gerichtlichen Entscheid, mithin gegen einen formellen Entscheid des Gerichts, wenn von der Möglichkeit einer Rechtsverzögerungsbeschwerde gegen einen Nichtentscheid nach Art. 319 lit. c ZPO abgesehen wird (vgl. FREI/WILLISEGGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 6 f. zu Art. 405 ZPO ). Als Rechtsmittel in diesem Sinn werden in der Lehre die im 9. Titel der ZPO (Art. 308 ff.) aufgeführten Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe der Berufung, der Beschwerde, der Erläuterung und der Berichtigung genannt (FREI/WILLISEGGER, a.a.O., N. 6 zu Art. 405 ZPO ; DENIS TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, François Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 3 zu Art. 405 ZPO ; FREIBURGHAUS/AFHELDT, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 7 ff. zu Art. 405 ZPO ). Im Gegensatz zu Rechtsmitteln in diesem Sinn kann sich ein Aufhebungsantrag nach Art. 51 Abs. 1 ZPO gegen Amtshandlungen schlechthin richten, d.h. auch gegen Prozesshandlungen des Gerichts, die nicht in einem formellen Entscheid ergangen und eröffnet worden sind, wie z.B. die Einvernahme von Zeugen. Bei solchen handelt es sich um Realakte, bei denen der einzuschlagende Rechtsweg nicht immer einfach und klar vorgegeben ist, da eigentliche Rechtsmittel regelmässig eine Verfügung oder einen Erlass als Anfechtungsobjekt voraussetzen (vgl. BGE 128 I 167 E. 4.5 S. 174; BGE 121 I 87 E. 1b S. 91). BGE 138 III 702 S. 704 Bei Art. 51 Abs. 1 ZPO handelt es sich um eine Spezialbestimmung, welche die Aufhebung und Wiederholung von Amtshandlungen im weitesten Sinn ermöglicht, wenn ein Ausstandsgrund vor Abschluss bzw. während des laufenden Verfahrens vor der betreffenden Instanz entdeckt wird ( Art. 51 Abs. 3 ZPO e contrario), und die für diesen Fall die Geltendmachung des Ausstandsgrundes mittels Anfechtung eines Zwischenentscheides mit einem Rechtsmittel im eigentlichen Sinn ausschliesst. Die Ergreifung eines Rechtsmittels im Sinne von Art. 405 Abs. 1 ZPO kommt in zutreffender Auslegung von Art. 51 Abs. 3 ZPO zur Geltendmachung eines Ausstandsgrunds nur dann in Betracht, wenn der Ausstandsgrund nach Abschluss des Verfahrens vor der betreffenden Instanz (mithin nach Ergehen eines formellen Endentscheids), aber vor Ablauf der Rechtsmittelfrist, also vor der Rechtskraft des Entscheids entdeckt wird (Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221 ff., 7273 Ziff. 5.2.3 zu Art. 49 E-ZPO; TAPPY, a.a.O., N. 3 und 15 f. zu Art. 51 ZPO ; STEPHAN WULLSCHLEGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 10 zu Art. 51 ZPO ; MARK LIVSCHITZ, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 51 ZPO ).
3.4 Art. 405 Abs. 1 ZPO Art. 319 lit. c ZPO Art. 405 ZPO Art. 405 ZPO Art. 405 ZPO Art. 405 ZPO Art. 51 Abs. 1 ZPO BGE 138 III 702 S. 704
Art. 51 Abs. 1 ZPO Art. 51 Abs. 3 ZPO Art. 405 Abs. 1 ZPO Art. 51 Abs. 3 ZPO Art. 51 ZPO Art. 51 ZPO Art. 51 ZPO Die Vorinstanz verneinte damit zutreffend, dass Art. 51 Abs. 1 ZPO im vorliegenden Fall gestützt auf Art. 405 Abs. 1 ZPO angewendet werden kann. Da auf das Verfahren vor Handelsgericht im Übrigen das bisherige kantonale Prozessrecht anwendbar bleibt ( Art. 404 Abs. 1 ZPO ), fällt eine Anwendung von Art. 51 ZPO auch insoweit ausser Betracht.
Art. 51 Abs. 1 ZPO Art. 405 Abs. 1 ZPO Art. 404 Abs. 1 ZPO Art. 51 ZPO 3.5 Die Beschwerde 4A_277/2012 ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Nach dem Dargelegten fällt eine Aufhebung des Vorentscheids vom 1. März 2012 gestützt auf Art. 51 Abs. 1 ZPO intertemporalrechtlich ausser Betracht. Im Folgenden ist daher die gegen den Vorentscheid vom 1. März 2012 gerichtete Beschwerde 4A_217/2012 zu prüfen.
3.5 Art. 51 Abs. 1 ZPO Für die verfassungsrechtlichen Aspekte dieses Urteils siehe die in BGE 138 I 406 publizierten E. 5.3 und 5.4 S. 407 ff.
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Urteilskopf 138 III 702 106. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. Versicherung AG gegen Y. Versicherung (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_277/2012 / 4A_217/2012 vom 9. Oktober 2012 Regeste Anwendungsbereich des Rechtsbehelfs nach Art. 51 Abs. 1 ZPO. Intertemporalrechtliche Anwendbarkeit nach Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO. Zeitlicher Anwendungsbereich im Verlauf des Prozesses ( Art. 51 Abs. 3 ZPO ; E. 3.2 und 3.4). Erwägungen ab Seite 702 BGE 138 III 702 S. 702 Aus den Erwägungen: 3. 3.2 Die Vorinstanz verneinte die intertemporalrechtliche Anwendbarkeit von Art. 51 ZPO (SR 272). Sie vermochte daher den Mangel des Vorentscheids vom 1. März 2012 infolge der Mitwirkung des befangenen Handelsrichters Hablützel nicht gestützt auf diese Bestimmung zu beheben. Sie hielt dazu zunächst zutreffend und BGE 138 III 702 S. 703 unangefochten fest, auf das vorliegende, am 21. Mai 2010 eingeleitete Verfahren sei nach Art. 404 Abs. 1 ZPO bis zum Endentscheid, der das vorinstanzliche Verfahren abschliesst, das frühere kantonale Prozessrecht und nicht die ZPO (einschliesslich deren Art. 51) anwendbar (vgl. dazu BGE 138 I 1 E. 2.1 S. 2 f.). Sodann prüfte die Vorinstanz, ob die Anwendung von Art. 51 ZPO auf Art. 405 Abs. 1 ZPO gestützt werden könnte, wonach für die Rechtsmittel das Recht gilt, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist. Sie anerkannte zwar, dass diese Bestimmung auf alle Arten von Rechtsmitteln, namentlich auch auf Rechtsbehelfe anwendbar sei. Erfasst seien indessen nur die unter dem 9. Titel der ZPO ("Rechtsmittel") genannten Rechtsbehelfe, weshalb ein Gesuch nach Art. 51 ZPO nicht darunterfalle. (...) 3.4 Der Wortlaut von Art. 405 Abs. 1 ZPO spricht von "Rechtsmitteln" gegen einen eröffneten "Entscheid". Rechtsmittel im Sinne dieser Bestimmung richten sich damit gegen einen gerichtlichen Entscheid, mithin gegen einen formellen Entscheid des Gerichts, wenn von der Möglichkeit einer Rechtsverzögerungsbeschwerde gegen einen Nichtentscheid nach Art. 319 lit. c ZPO abgesehen wird (vgl. FREI/WILLISEGGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 6 f. zu Art. 405 ZPO ). Als Rechtsmittel in diesem Sinn werden in der Lehre die im 9. Titel der ZPO (Art. 308 ff.) aufgeführten Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe der Berufung, der Beschwerde, der Erläuterung und der Berichtigung genannt (FREI/WILLISEGGER, a.a.O., N. 6 zu Art. 405 ZPO ; DENIS TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, François Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 3 zu Art. 405 ZPO ; FREIBURGHAUS/AFHELDT, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 7 ff. zu Art. 405 ZPO ). Im Gegensatz zu Rechtsmitteln in diesem Sinn kann sich ein Aufhebungsantrag nach Art. 51 Abs. 1 ZPO gegen Amtshandlungen schlechthin richten, d.h. auch gegen Prozesshandlungen des Gerichts, die nicht in einem formellen Entscheid ergangen und eröffnet worden sind, wie z.B. die Einvernahme von Zeugen. Bei solchen handelt es sich um Realakte, bei denen der einzuschlagende Rechtsweg nicht immer einfach und klar vorgegeben ist, da eigentliche Rechtsmittel regelmässig eine Verfügung oder einen Erlass als Anfechtungsobjekt voraussetzen (vgl. BGE 128 I 167 E. 4.5 S. 174; BGE 121 I 87 E. 1b S. 91). BGE 138 III 702 S. 704 Bei Art. 51 Abs. 1 ZPO handelt es sich um eine Spezialbestimmung, welche die Aufhebung und Wiederholung von Amtshandlungen im weitesten Sinn ermöglicht, wenn ein Ausstandsgrund vor Abschluss bzw. während des laufenden Verfahrens vor der betreffenden Instanz entdeckt wird ( Art. 51 Abs. 3 ZPO e contrario), und die für diesen Fall die Geltendmachung des Ausstandsgrundes mittels Anfechtung eines Zwischenentscheides mit einem Rechtsmittel im eigentlichen Sinn ausschliesst. Die Ergreifung eines Rechtsmittels im Sinne von Art. 405 Abs. 1 ZPO kommt in zutreffender Auslegung von Art. 51 Abs. 3 ZPO zur Geltendmachung eines Ausstandsgrunds nur dann in Betracht, wenn der Ausstandsgrund nach Abschluss des Verfahrens vor der betreffenden Instanz (mithin nach Ergehen eines formellen Endentscheids), aber vor Ablauf der Rechtsmittelfrist, also vor der Rechtskraft des Entscheids entdeckt wird (Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221 ff., 7273 Ziff. 5.2.3 zu Art. 49 E-ZPO; TAPPY, a.a.O., N. 3 und 15 f. zu Art. 51 ZPO ; STEPHAN WULLSCHLEGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 10 zu Art. 51 ZPO ; MARK LIVSCHITZ, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 51 ZPO ). Die Vorinstanz verneinte damit zutreffend, dass Art. 51 Abs. 1 ZPO im vorliegenden Fall gestützt auf Art. 405 Abs. 1 ZPO angewendet werden kann. Da auf das Verfahren vor Handelsgericht im Übrigen das bisherige kantonale Prozessrecht anwendbar bleibt ( Art. 404 Abs. 1 ZPO ), fällt eine Anwendung von Art. 51 ZPO auch insoweit ausser Betracht. 3.5 Die Beschwerde 4A_277/2012 ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Nach dem Dargelegten fällt eine Aufhebung des Vorentscheids vom 1. März 2012 gestützt auf Art. 51 Abs. 1 ZPO intertemporalrechtlich ausser Betracht. Im Folgenden ist daher die gegen den Vorentscheid vom 1. März 2012 gerichtete Beschwerde 4A_217/2012 zu prüfen. Für die verfassungsrechtlichen Aspekte dieses Urteils siehe die in BGE 138 I 406 publizierten E. 5.3 und 5.4 S. 407 ff.
Urteilskopf
106. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. Versicherung AG gegen Y. Versicherung (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_277/2012 / 4A_217/2012 vom 9. Oktober 2012
Regeste Anwendungsbereich des Rechtsbehelfs nach Art. 51 Abs. 1 ZPO. Intertemporalrechtliche Anwendbarkeit nach Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO. Zeitlicher Anwendungsbereich im Verlauf des Prozesses ( Art. 51 Abs. 3 ZPO ; E. 3.2 und 3.4).
Regeste
Anwendungsbereich des Rechtsbehelfs nach Art. 51 Abs. 1 ZPO. Intertemporalrechtliche Anwendbarkeit nach Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO. Zeitlicher Anwendungsbereich im Verlauf des Prozesses ( Art. 51 Abs. 3 ZPO ; E. 3.2 und 3.4).
Art. 51 Abs. 1 ZPO Intertemporalrechtliche Anwendbarkeit nach Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO. Zeitlicher Anwendungsbereich im Verlauf des Prozesses ( Art. 51 Abs. 3 ZPO ; E. 3.2 und 3.4).
Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO Art. 51 Abs. 3 ZPO Erwägungen ab Seite 702
Erwägungen ab Seite 702 BGE 138 III 702 S. 702
BGE 138 III 702 S. 702
Aus den Erwägungen:
3.
3. 3.2 Die Vorinstanz verneinte die intertemporalrechtliche Anwendbarkeit von Art. 51 ZPO (SR 272). Sie vermochte daher den Mangel des Vorentscheids vom 1. März 2012 infolge der Mitwirkung des befangenen Handelsrichters Hablützel nicht gestützt auf diese Bestimmung zu beheben. Sie hielt dazu zunächst zutreffend und BGE 138 III 702 S. 703 unangefochten fest, auf das vorliegende, am 21. Mai 2010 eingeleitete Verfahren sei nach Art. 404 Abs. 1 ZPO bis zum Endentscheid, der das vorinstanzliche Verfahren abschliesst, das frühere kantonale Prozessrecht und nicht die ZPO (einschliesslich deren Art. 51) anwendbar (vgl. dazu BGE 138 I 1 E. 2.1 S. 2 f.). Sodann prüfte die Vorinstanz, ob die Anwendung von Art. 51 ZPO auf Art. 405 Abs. 1 ZPO gestützt werden könnte, wonach für die Rechtsmittel das Recht gilt, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist. Sie anerkannte zwar, dass diese Bestimmung auf alle Arten von Rechtsmitteln, namentlich auch auf Rechtsbehelfe anwendbar sei. Erfasst seien indessen nur die unter dem 9. Titel der ZPO ("Rechtsmittel") genannten Rechtsbehelfe, weshalb ein Gesuch nach Art. 51 ZPO nicht darunterfalle.
3.2 Art. 51 ZPO BGE 138 III 702 S. 703
Art. 404 Abs. 1 ZPO Art. 51 ZPO Art. 405 Abs. 1 ZPO Art. 51 ZPO (...)
3.4 Der Wortlaut von Art. 405 Abs. 1 ZPO spricht von "Rechtsmitteln" gegen einen eröffneten "Entscheid". Rechtsmittel im Sinne dieser Bestimmung richten sich damit gegen einen gerichtlichen Entscheid, mithin gegen einen formellen Entscheid des Gerichts, wenn von der Möglichkeit einer Rechtsverzögerungsbeschwerde gegen einen Nichtentscheid nach Art. 319 lit. c ZPO abgesehen wird (vgl. FREI/WILLISEGGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 6 f. zu Art. 405 ZPO ). Als Rechtsmittel in diesem Sinn werden in der Lehre die im 9. Titel der ZPO (Art. 308 ff.) aufgeführten Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe der Berufung, der Beschwerde, der Erläuterung und der Berichtigung genannt (FREI/WILLISEGGER, a.a.O., N. 6 zu Art. 405 ZPO ; DENIS TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, François Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 3 zu Art. 405 ZPO ; FREIBURGHAUS/AFHELDT, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 7 ff. zu Art. 405 ZPO ). Im Gegensatz zu Rechtsmitteln in diesem Sinn kann sich ein Aufhebungsantrag nach Art. 51 Abs. 1 ZPO gegen Amtshandlungen schlechthin richten, d.h. auch gegen Prozesshandlungen des Gerichts, die nicht in einem formellen Entscheid ergangen und eröffnet worden sind, wie z.B. die Einvernahme von Zeugen. Bei solchen handelt es sich um Realakte, bei denen der einzuschlagende Rechtsweg nicht immer einfach und klar vorgegeben ist, da eigentliche Rechtsmittel regelmässig eine Verfügung oder einen Erlass als Anfechtungsobjekt voraussetzen (vgl. BGE 128 I 167 E. 4.5 S. 174; BGE 121 I 87 E. 1b S. 91). BGE 138 III 702 S. 704 Bei Art. 51 Abs. 1 ZPO handelt es sich um eine Spezialbestimmung, welche die Aufhebung und Wiederholung von Amtshandlungen im weitesten Sinn ermöglicht, wenn ein Ausstandsgrund vor Abschluss bzw. während des laufenden Verfahrens vor der betreffenden Instanz entdeckt wird ( Art. 51 Abs. 3 ZPO e contrario), und die für diesen Fall die Geltendmachung des Ausstandsgrundes mittels Anfechtung eines Zwischenentscheides mit einem Rechtsmittel im eigentlichen Sinn ausschliesst. Die Ergreifung eines Rechtsmittels im Sinne von Art. 405 Abs. 1 ZPO kommt in zutreffender Auslegung von Art. 51 Abs. 3 ZPO zur Geltendmachung eines Ausstandsgrunds nur dann in Betracht, wenn der Ausstandsgrund nach Abschluss des Verfahrens vor der betreffenden Instanz (mithin nach Ergehen eines formellen Endentscheids), aber vor Ablauf der Rechtsmittelfrist, also vor der Rechtskraft des Entscheids entdeckt wird (Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221 ff., 7273 Ziff. 5.2.3 zu Art. 49 E-ZPO; TAPPY, a.a.O., N. 3 und 15 f. zu Art. 51 ZPO ; STEPHAN WULLSCHLEGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 10 zu Art. 51 ZPO ; MARK LIVSCHITZ, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 51 ZPO ).
3.4 Art. 405 Abs. 1 ZPO Art. 319 lit. c ZPO Art. 405 ZPO Art. 405 ZPO Art. 405 ZPO Art. 405 ZPO Art. 51 Abs. 1 ZPO BGE 138 III 702 S. 704
Art. 51 Abs. 1 ZPO Art. 51 Abs. 3 ZPO Art. 405 Abs. 1 ZPO Art. 51 Abs. 3 ZPO Art. 51 ZPO Art. 51 ZPO Art. 51 ZPO Die Vorinstanz verneinte damit zutreffend, dass Art. 51 Abs. 1 ZPO im vorliegenden Fall gestützt auf Art. 405 Abs. 1 ZPO angewendet werden kann. Da auf das Verfahren vor Handelsgericht im Übrigen das bisherige kantonale Prozessrecht anwendbar bleibt ( Art. 404 Abs. 1 ZPO ), fällt eine Anwendung von Art. 51 ZPO auch insoweit ausser Betracht.
Art. 51 Abs. 1 ZPO Art. 405 Abs. 1 ZPO Art. 404 Abs. 1 ZPO Art. 51 ZPO 3.5 Die Beschwerde 4A_277/2012 ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Nach dem Dargelegten fällt eine Aufhebung des Vorentscheids vom 1. März 2012 gestützt auf Art. 51 Abs. 1 ZPO intertemporalrechtlich ausser Betracht. Im Folgenden ist daher die gegen den Vorentscheid vom 1. März 2012 gerichtete Beschwerde 4A_217/2012 zu prüfen.
3.5 Art. 51 Abs. 1 ZPO Für die verfassungsrechtlichen Aspekte dieses Urteils siehe die in BGE 138 I 406 publizierten E. 5.3 und 5.4 S. 407 ff.
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Urteilskopf 138 III 705 107. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Schlichtungsbehörde für Mietverhältnisse (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_249/2012 vom 22. Juni 2012 Regeste Sistierung des Verfahrens vor der Mietschlichtungsstelle über die Fristen nach Art. 203 Abs. 1 und 4 ZPO hinaus. Anfechtungsobjekt der Rüge der Rechtsverzögerung und Beschwerdefrist (Art. 319 lit. b Ziff. 1 und lit. c sowie Art. 321 Abs. 1, 2 und 4 ZPO ). Anfechtungsobjekt der Rüge der Rechtsverzögerung (E. 2.1 und 2.2). Berechnung der Frist nach Art. 203 Abs. 4 ZPO bei Rückweisung des Verfahrens an die Schlichtungsstelle (E. 2.3.1). Sistierung des Verfahrens ohne Rücksicht auf Art. 203 Abs. 4 ZPO bis zum Entscheid des Bundesgerichts über ein Ausstandsbegehren (E. 2.3.2). Erwägungen ab Seite 705 BGE 138 III 705 S. 705 Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, seine kantonale Beschwerde habe sich entgegen der Annahme der Vorinstanz klarerweise nicht gegen den Sistierungsbeschluss und damit gegen eine auf einem formellen Entscheid beruhende Rechtsverzögerung gerichtet, sondern gegen das Verstreichenlassen der Frist nach Art. 203 Abs. 1 und 4 BGE 138 III 705 S. 706 ZPO (SR 272). Hätte der Beschwerdeführer die Sistierungsverfügung angefochten, wäre die Frist nach Art. 203 ZPO nicht abgelaufen gewesen, so dass er keine entsprechende Rüge hätte erheben können. 2.1 Wird eine prozessleitende Verfügung angefochten, so beträgt die Frist zur Einreichung einer Beschwerde im Sinne von Art. 319 ff. ZPO zehn Tage, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt ( Art. 321 Abs. 2 ZPO ). Gegen Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde eingereicht werden ( Art. 321 Abs. 4 ZPO ). Die Frist zur Anfechtung der Sistierungsverfügung vom 12. Januar 2012 war am 3. April 2012 bereits abgelaufen, zumal die jederzeitige Anfechtbarkeit nach Art. 321 Abs. 4 ZPO die Fälle vor Augen hat, in denen kein anfechtbarer Entscheid erging (NICOLAS JEANDIN, in: CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 12 zu Art. 321 ZPO ; FREIBURGHAUS/AFHELDT, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 6. zu Art. 321 ZPO ), und nicht zum Zuge kommt, sofern die Verzögerung durch einen den Parteien selbständig eröffneten anfechtbaren Entscheid bewirkt wird (SPÜHLER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 10 zu Art. 319 ZPO ; IVO W. HUNGERBÜHLER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 14 zu Art. 321 ZPO ). 2.2 Gemäss den Bestimmungen über das Schlichtungsverfahren hat die Verhandlung innert zwei Monaten seit Eingang des Gesuchs oder nach Abschluss des Schriftenwechsels stattzufinden ( Art. 203 Abs. 1 ZPO ). Mit Zustimmung der Parteien kann die Schlichtungsbehörde weitere Verhandlungen durchführen. Das Verfahren ist spätestens nach zwölf Monaten abzuschliessen ( Art. 203 Abs. 4 ZPO ). Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe sich in seiner Beschwerde nicht gegen den Sistierungsentscheid gewandt, sondern gegen das Verstreichenlassen der Fristen nach Art. 203 ZPO. Dem Sistierungsentscheid konnte der Beschwerdeführer indessen entnehmen, dass das Verfahren bis zum Entscheid des Bundesgerichts sistiert werden sollte. Wie lange das Verfahren vor Bundesgericht dauern würde, war nicht abzusehen. Für den Beschwerdeführer war daher erkennbar, dass beim Erlass des Sistierungsentscheides keine Rücksicht auf die Fristen nach Art. 203 ZPO genommen wurde. Damit hätte bereits die Sistierungsverfügung Anlass zu den vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen gegeben. Bereits aus diesem Grund ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden. BGE 138 III 705 S. 707 2.3 Aber auch davon abgesehen erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Nach Art. 126 Abs. 1 ZPO kann das Gericht das Verfahren sistieren, wenn die Zweckmässigkeit dies verlangt, namentlich wenn der Entscheid vom Ausgang eines anderen Verfahrens abhängig ist. Auch im Schlichtungsverfahren muss eine Sistierung zulässig sein, wenn die sofortige Durchführung der Verhandlung unzweckmässig erscheint. Die Botschaft erwähnt ausdrücklich die Möglichkeit, das Verfahren während der Jahresfrist von Art. 203 Abs. 4 ZPO pendent zu halten, um den Parteien Vergleichsverhandlungen zu ermöglichen, wobei das Verfahren allerdings auch in diesem Fall binnen Jahresfrist abzuschliessen ist (Botschaft zur ZPO, BBl 2006 7331 Ziff. 5.13 zu Art. 200 Abs. 4 E-ZPO). Eine Sistierung, die zu einer längeren Hängigkeit des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle führen kann, ist daher nur mit Zurückhaltung anzuordnen. 2.3.1 Zu beachten ist allerdings, dass die in Art. 203 Abs. 4 ZPO vorgesehene Jahresfrist die Verfahrensdauer vor der Schlichtungsbehörde regelt, nicht die Dauer eines allfälligen Rechtsmittelverfahrens. Der Beschwerdeführer wandte sich am 31. Mai 2011 an die Schlichtungsbehörde. Bereits am 9. Juni 2011 fällte diese ihren Nichteintretensentscheid. Erst mit dem Entscheid des Obergerichts vom 9. Dezember 2011 gelangte das Verfahren erneut vor die Schlichtungsstelle. Vor dieser dauert das Verfahren damit selbst zusammengerechnet noch keine 12 Monate. 2.3.2 Die Sistierung des Verfahrens ist aber auch davon abgesehen nicht zu beanstanden. Sowohl die ZPO ( Art. 50 Abs. 2 ZPO ) als auch das BGG ( Art. 92 BGG ) sehen die sofortige Anfechtbarkeit der Entscheide über Ausstandsbegehren vor, im Bestreben diese Fragen rasch zu klären, damit das Verfahren, für welches ein Ausstandsbegehren gestellt wurde, korrekt seinen Fortgang nehmen kann. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Sistierung zweckmässig. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, dass er im kantonalen Verfahren prozesskonform Umstände angeführt hätte, die einen materiellen Entscheid über die Streitfrage als dringlich erscheinen liessen. Führt die Schlichtungsbehörde die Verhandlung durch, bevor das Bundesgericht über die bei ihm hängige Beschwerde betreffend die korrekte Zusammensetzung und das Ausstandsbegehren (Verfahren 4A_3/2012) entschieden hat, besteht kein Anlass, das vom Beschwerdeführer abgelehnte Mitglied C. vom Verfahren auszuschliessen, da das Obergericht die Zusammensetzung der Schlichtungsbehörde nicht beanstandet hat. Der Beschwerdeführer beantragt aber vor Bundesgericht die BGE 138 III 705 S. 708 Durchführung der Schlichtungsverhandlung ohne C., was er mit Hinweis auf die von ihm als verletzt gerügten Fristen nach Art. 203 ZPO ohnehin nicht erreichen kann.
Urteilskopf
107. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Schlichtungsbehörde für Mietverhältnisse (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_249/2012 vom 22. Juni 2012
Regeste Sistierung des Verfahrens vor der Mietschlichtungsstelle über die Fristen nach Art. 203 Abs. 1 und 4 ZPO hinaus. Anfechtungsobjekt der Rüge der Rechtsverzögerung und Beschwerdefrist (Art. 319 lit. b Ziff. 1 und lit. c sowie Art. 321 Abs. 1, 2 und 4 ZPO ). Anfechtungsobjekt der Rüge der Rechtsverzögerung (E. 2.1 und 2.2). Berechnung der Frist nach Art. 203 Abs. 4 ZPO bei Rückweisung des Verfahrens an die Schlichtungsstelle (E. 2.3.1). Sistierung des Verfahrens ohne Rücksicht auf Art. 203 Abs. 4 ZPO bis zum Entscheid des Bundesgerichts über ein Ausstandsbegehren (E. 2.3.2).
Regeste
Sistierung des Verfahrens vor der Mietschlichtungsstelle über die Fristen nach Art. 203 Abs. 1 und 4 ZPO hinaus. Anfechtungsobjekt der Rüge der Rechtsverzögerung und Beschwerdefrist (Art. 319 lit. b Ziff. 1 und lit. c sowie Art. 321 Abs. 1, 2 und 4 ZPO ). Anfechtungsobjekt der Rüge der Rechtsverzögerung (E. 2.1 und 2.2). Berechnung der Frist nach Art. 203 Abs. 4 ZPO bei Rückweisung des Verfahrens an die Schlichtungsstelle (E. 2.3.1). Sistierung des Verfahrens ohne Rücksicht auf Art. 203 Abs. 4 ZPO bis zum Entscheid des Bundesgerichts über ein Ausstandsbegehren (E. 2.3.2).
Art. 203 Abs. 1 und 4 ZPO Art. 321 Abs. 1, 2 und 4 ZPO Anfechtungsobjekt der Rüge der Rechtsverzögerung (E. 2.1 und 2.2).
Berechnung der Frist nach Art. 203 Abs. 4 ZPO bei Rückweisung des Verfahrens an die Schlichtungsstelle (E. 2.3.1).
Art. 203 Abs. 4 ZPO Sistierung des Verfahrens ohne Rücksicht auf Art. 203 Abs. 4 ZPO bis zum Entscheid des Bundesgerichts über ein Ausstandsbegehren (E. 2.3.2).
Art. 203 Abs. 4 ZPO Erwägungen ab Seite 705
Erwägungen ab Seite 705 BGE 138 III 705 S. 705
BGE 138 III 705 S. 705
Aus den Erwägungen:
2. Der Beschwerdeführer macht geltend, seine kantonale Beschwerde habe sich entgegen der Annahme der Vorinstanz klarerweise nicht gegen den Sistierungsbeschluss und damit gegen eine auf einem formellen Entscheid beruhende Rechtsverzögerung gerichtet, sondern gegen das Verstreichenlassen der Frist nach Art. 203 Abs. 1 und 4 BGE 138 III 705 S. 706 ZPO (SR 272). Hätte der Beschwerdeführer die Sistierungsverfügung angefochten, wäre die Frist nach Art. 203 ZPO nicht abgelaufen gewesen, so dass er keine entsprechende Rüge hätte erheben können.
2. Art. 203 Abs. 1 und 4 BGE 138 III 705 S. 706 ZPO BGE 138 III 705 S. 706
Art. 203 ZPO 2.1 Wird eine prozessleitende Verfügung angefochten, so beträgt die Frist zur Einreichung einer Beschwerde im Sinne von Art. 319 ff. ZPO zehn Tage, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt ( Art. 321 Abs. 2 ZPO ). Gegen Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde eingereicht werden ( Art. 321 Abs. 4 ZPO ). Die Frist zur Anfechtung der Sistierungsverfügung vom 12. Januar 2012 war am 3. April 2012 bereits abgelaufen, zumal die jederzeitige Anfechtbarkeit nach Art. 321 Abs. 4 ZPO die Fälle vor Augen hat, in denen kein anfechtbarer Entscheid erging (NICOLAS JEANDIN, in: CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 12 zu Art. 321 ZPO ; FREIBURGHAUS/AFHELDT, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 6. zu Art. 321 ZPO ), und nicht zum Zuge kommt, sofern die Verzögerung durch einen den Parteien selbständig eröffneten anfechtbaren Entscheid bewirkt wird (SPÜHLER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 10 zu Art. 319 ZPO ; IVO W. HUNGERBÜHLER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 14 zu Art. 321 ZPO ).
2.1 Art. 319 ff. ZPO Art. 321 Abs. 2 ZPO Art. 321 Abs. 4 ZPO Art. 321 Abs. 4 ZPO Art. 321 ZPO Art. 321 ZPO Art. 319 ZPO Art. 321 ZPO 2.2 Gemäss den Bestimmungen über das Schlichtungsverfahren hat die Verhandlung innert zwei Monaten seit Eingang des Gesuchs oder nach Abschluss des Schriftenwechsels stattzufinden ( Art. 203 Abs. 1 ZPO ). Mit Zustimmung der Parteien kann die Schlichtungsbehörde weitere Verhandlungen durchführen. Das Verfahren ist spätestens nach zwölf Monaten abzuschliessen ( Art. 203 Abs. 4 ZPO ). Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe sich in seiner Beschwerde nicht gegen den Sistierungsentscheid gewandt, sondern gegen das Verstreichenlassen der Fristen nach Art. 203 ZPO. Dem Sistierungsentscheid konnte der Beschwerdeführer indessen entnehmen, dass das Verfahren bis zum Entscheid des Bundesgerichts sistiert werden sollte. Wie lange das Verfahren vor Bundesgericht dauern würde, war nicht abzusehen. Für den Beschwerdeführer war daher erkennbar, dass beim Erlass des Sistierungsentscheides keine Rücksicht auf die Fristen nach Art. 203 ZPO genommen wurde. Damit hätte bereits die Sistierungsverfügung Anlass zu den vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen gegeben. Bereits aus diesem Grund ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden. BGE 138 III 705 S. 707
2.2 Art. 203 Abs. 1 ZPO Art. 203 Abs. 4 ZPO Art. 203 ZPO Art. 203 ZPO BGE 138 III 705 S. 707
2.3 Aber auch davon abgesehen erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Nach Art. 126 Abs. 1 ZPO kann das Gericht das Verfahren sistieren, wenn die Zweckmässigkeit dies verlangt, namentlich wenn der Entscheid vom Ausgang eines anderen Verfahrens abhängig ist. Auch im Schlichtungsverfahren muss eine Sistierung zulässig sein, wenn die sofortige Durchführung der Verhandlung unzweckmässig erscheint. Die Botschaft erwähnt ausdrücklich die Möglichkeit, das Verfahren während der Jahresfrist von Art. 203 Abs. 4 ZPO pendent zu halten, um den Parteien Vergleichsverhandlungen zu ermöglichen, wobei das Verfahren allerdings auch in diesem Fall binnen Jahresfrist abzuschliessen ist (Botschaft zur ZPO, BBl 2006 7331 Ziff. 5.13 zu Art. 200 Abs. 4 E-ZPO). Eine Sistierung, die zu einer längeren Hängigkeit des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle führen kann, ist daher nur mit Zurückhaltung anzuordnen.
2.3 Art. 126 Abs. 1 ZPO Art. 203 Abs. 4 ZPO 2.3.1 Zu beachten ist allerdings, dass die in Art. 203 Abs. 4 ZPO vorgesehene Jahresfrist die Verfahrensdauer vor der Schlichtungsbehörde regelt, nicht die Dauer eines allfälligen Rechtsmittelverfahrens. Der Beschwerdeführer wandte sich am 31. Mai 2011 an die Schlichtungsbehörde. Bereits am 9. Juni 2011 fällte diese ihren Nichteintretensentscheid. Erst mit dem Entscheid des Obergerichts vom 9. Dezember 2011 gelangte das Verfahren erneut vor die Schlichtungsstelle. Vor dieser dauert das Verfahren damit selbst zusammengerechnet noch keine 12 Monate.
2.3.1 Art. 203 Abs. 4 ZPO 2.3.2 Die Sistierung des Verfahrens ist aber auch davon abgesehen nicht zu beanstanden. Sowohl die ZPO ( Art. 50 Abs. 2 ZPO ) als auch das BGG ( Art. 92 BGG ) sehen die sofortige Anfechtbarkeit der Entscheide über Ausstandsbegehren vor, im Bestreben diese Fragen rasch zu klären, damit das Verfahren, für welches ein Ausstandsbegehren gestellt wurde, korrekt seinen Fortgang nehmen kann. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Sistierung zweckmässig. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, dass er im kantonalen Verfahren prozesskonform Umstände angeführt hätte, die einen materiellen Entscheid über die Streitfrage als dringlich erscheinen liessen. Führt die Schlichtungsbehörde die Verhandlung durch, bevor das Bundesgericht über die bei ihm hängige Beschwerde betreffend die korrekte Zusammensetzung und das Ausstandsbegehren (Verfahren 4A_3/2012) entschieden hat, besteht kein Anlass, das vom Beschwerdeführer abgelehnte Mitglied C. vom Verfahren auszuschliessen, da das Obergericht die Zusammensetzung der Schlichtungsbehörde nicht beanstandet hat. Der Beschwerdeführer beantragt aber vor Bundesgericht die BGE 138 III 705 S. 708 Durchführung der Schlichtungsverhandlung ohne C., was er mit Hinweis auf die von ihm als verletzt gerügten Fristen nach Art. 203 ZPO ohnehin nicht erreichen kann.
2.3.2 Art. 50 Abs. 2 ZPO Art. 92 BGG BGE 138 III 705 S. 708
Art. 203 ZPO
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Urteilskopf 138 III 708 108. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_284/2012 vom 25. September 2012 Regeste Art. 31 des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Strassengüterverkehr (CMR); negative Feststellungsklage; Einrede der Rechtshängigkeit. Die Zuständigkeitsbestimmung von Art. 31 Abs. 1 CMR schliesst die negative Feststellungsklage nicht aus (E. 3.3). Die bei einem nach Art. 31 Abs. 1 CMR zuständigen Gericht erhobene negative Feststellungsklage begründet im Verfahren einer später erhobenen Leistungsklage nach Art. 31 Abs. 2 CMR die Einrede der Rechtshängigkeit (E. 3.4 und 3.5). Erwägungen ab Seite 708 BGE 138 III 708 S. 708 Aus den Erwägungen: 3. Die Parteien sind sich zu Recht darüber einig, dass im vorliegenden Fall das Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Strassengüterverkehr (CMR; SR 0.741.611) anwendbar ist. Das Übereinkommen gilt für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf Strassen, wenn der Ort der BGE 138 III 708 S. 709 Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort in zwei verschiedenen Staaten liegen und wenn mindestens der eine Vertragsstaat ist ( Art. 1 Abs. 1 CMR ). Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanzen hätten Art. 31 Abs. 2 CMR falsch ausgelegt und seien deshalb zu Unrecht auf ihre Leistungsklage nicht eingetreten. Sie bestreitet zunächst, dass eine negative Feststellungsklage nach Art. 31 Abs. 1 CMR überhaupt zulässig sei und bringt sinngemäss vor, das in den Niederlanden von der Beklagten befasste Gericht hätte auf deren Klage gar nicht eintreten dürfen. Sie rügt sodann, die Vorinstanz habe zu Unrecht Identität zwischen der in den Niederlanden hängigen negativen Feststellungsklage der Beklagten und ihrer Forderungsklage angenommen sowie zu Unrecht die Vollstreckbarkeit der negativen Feststellungsklage bejaht. 3.1 Für die Auslegung von Normen in internationalen Verträgen sind die Art. 31 ff. des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (Wiener Übereinkommen, VRK; SR 0.111) massgebend. Danach ist ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen ( Art. 31 Abs. 1 VRK ). Der Wortlaut einer Vertragsnorm in seiner gewöhnlichen Bedeutung und im systematischen Zusammenhang des Vertrags ist danach ebenso massgebend wie die beim Abschluss des Vertrags getroffenen Übereinkünfte ( Art. 31 Abs. 2 VRK ) und die spätere Übung bei der Anwendung des Vertrags, sofern daraus eine Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht ( Art. 31 Abs. 3 lit. b VRK ). In diesem Rahmen ist das Verständnis der Bestimmungen, wie sie in Urteilen der Gerichte anderer Vertragsstaaten zum Ausdruck kommt, zu berücksichtigen. Die Vorinstanz hat insofern zutreffend die zwei gleichentags ergangenen Urteile des deutschen Bundesgerichtshofs vom 20. November 2003, auf die sich die Beschwerdeführerin beruft (BGH I ZR 102/02 und I ZR 294/02), ebenso berücksichtigt wie das Urteil des österreichischen Obersten Gerichtshofs vom 17. Februar 2006 (OGH 10 Ob 147/05y) und das Urteil des englischen Court of Appeal vom 23. Januar 2001 ([2001] EWCA Civ 61), welche zur Auslegung von Art. 31 CMR ergangen sind. 3.2 Nach Art. 31 Abs. 1 CMR kann der Kläger, unter Vorbehalt einer Gerichtsstandsvereinbarung (zugunsten eines Gerichts eines Vertragsstaats), wegen aller Streitigkeiten aus einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung die Gerichte eines Staates anrufen, BGE 138 III 708 S. 710 auf dessen Gebiet (a) der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch deren Vermittlung der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist, oder (b) der Ort der Übernahme des Gutes oder der für die Ablieferung vorgesehene Ort liegt. Andere Gerichte können nicht angerufen werden. Art. 31 Abs. 2 CMR lautet: "Ist ein Verfahren bei einem nach Absatz 1 zuständigen Gericht wegen einer Streitigkeit im Sinne des genannten Absatzes anhängig oder ist durch ein solches Gericht in einer solchen Streitsache ein Urteil erlassen worden, so kann eine neue Klage wegen derselben Sache zwischen denselben Parteien nicht erhoben werden, es sei denn, dass die Entscheidung des Gerichtes, bei dem die erste Klage erhoben worden ist, in dem Staat nicht vollstreckt werden kann, in dem die neue Klage erhoben wird." In den Originalsprachen Französisch und Englisch: "Lorsque dans un litige visé au par. 1 du présent article une action est en instance devant une juridiction compétente aux termes de ce paragraphe, ou lorsque dans un tel litige un jugement a été prononcé par une telle juridiction, il ne peut être intenté aucune nouvelle action pour la même cause entre les mêmes parties à moins que la décision de la juridiction devant laquelle la première action a été intentée ne soit pas susceptible d'être exécutée dans le pays où la nouvelle action est intentée." "Where in respect of a claim referred to in paragraph 1 of this article an action is pending before a court or tribunal competent under that paragraph, or where in respect of such a claim a judgement has been entered by such a court or tribunal no new action shall be started between the same parties on the same grounds unless the judgement of the court or tribunal before which the first action was brought is not enforceable in the country in which the fresh proceedings are brought." 3.3 Art. 31 Abs. 1 CMR schliesst entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin die negative Feststellungsklage nicht aus. Danach gelten die Zuständigkeitsbestimmungen für sämtliche Streitigkeiten aus dem CMR unterliegenden Verträgen ("Pour tous litiges auxquelles donnent lieu les transports soumis à la présente Convention") und nicht nur für die Haftpflicht des Frachtführers. Die Zuständigkeit knüpft sodann an die Parteirolle im Prozess an und entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht an die Gläubigerstellung nach materiellem Recht, wenn nach dem Wortlaut der Norm "der Kläger (...) die Gerichte (...) anrufen" kann ("le demandeur peut saisir [...] les juridictions" bzw. "the plaintiff may bring an action in any court or tribunal"). BGE 138 III 708 S. 711 Für einen - impliziten - Ausschluss negativer Feststellungsklagen durch Art. 31 Abs. 1 CMR überhaupt ergeben sich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin weder aus der Systematik der Bestimmungen irgendwelche Anhaltspunkte noch liegt eine solche Ansicht den Entscheiden des deutschen Bundesgerichtshofs vom 20. November 2003 (BGH I ZR 102/02 und I ZR 294/02) zugrunde. Darin wird vielmehr die Zulässigkeit der - je früher eingereichten - negativen Feststellungsklage ausdrücklich bejaht, jedoch (analog der Praxis nach dem internen deutschen Recht, wonach das Rechtsschutzinteresse an einer negativen Feststellungsklage entfällt, wenn eine entsprechende Leistungsklage eingereicht wird) der Vorrang der Leistungsklage vor einer hängigen negativen Feststellungsklage auch für Klagen aus Verträgen bejaht, die dem CMR unterstehen. Zur Begründung wird angeführt, eine negative Feststellungsklage begründe die Einrede der Rechtshängigkeit im Sinne von Art. 31 Abs. 2 CMR nicht, weil dem Anspruchsteller das Wahlrecht nach Art. 31 Abs. 1 CMR nicht entzogen werden dürfe (so auch HERBER/PIPER, Internationales Strassentransportrecht, München 1996, N. 26 zu Art. 31 CMR ). Die Beschwerdeführerin belegt sodann nicht, dass der angebliche Wille der Parteien des Übereinkommens, negative Feststellungsklagen überhaupt auszuschliessen, aus Dokumenten beim Vertragsschluss abgeleitet werden könnte. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte gestützt auf Art. 31 Abs. 1 CMR vor einem zuständigen Gericht in den Niederlanden eine Klage eingereicht hat, mit der sie die Feststellung begehrt, dass sie der Klägerin (sowie weiteren Parteien) aus dem Zigarettendiebstahl nicht haftet, aus dem die Klägerin im vorliegenden Verfahren ihre Forderung ableitet. Es stellt sich allein die Frage, ob die Einrede der Rechtshängigkeit nach Art. 31 Abs. 2 CMR begründet ist. 3.4 Die Einrede der Rechtshängigkeit nach Art. 31 Abs. 2 CMR setzt zunächst voraus, dass dieselbe Sache zwischen denselben Parteien vor dem Gericht eines anderen Vertragsstaats hängig ist. Während vorliegend nicht umstritten ist, dass sich vor dem Gericht der Niederlande dieselben Parteien gegenüberstehen, bestreitet die Beschwerdeführerin, dass dieselbe Sache dort streitig ist. Sie begründet ihren Standpunkt im Wesentlichen im Sinne der Urteile des deutschen BGH aus dem Jahre 2003, die dem CMR eine Wertung über die Wahlmöglichkeiten des Forderungsgläubigers entnehmen, welche zum Ausschluss der Einrede der Rechtshängigkeit führt, wenn im hängigen Verfahren derselbe Anspruch Gegenstand einer negativen Feststellungsklage bildet. BGE 138 III 708 S. 712 Die Praxis des deutschen BGH ist in der Literatur umstritten (vgl. KLAUS DEMUTH, in: Kommentar zur CMR, Thume [Hrsg.], 2. Aufl., Frankfurt a.M. 2007, N. 58 zu Art. 31 CMR ; INGO KOLLER, Transportrecht, 7. Aufl., München 2010, N. 8 zu Art. 31 CMR ). Der österreichische Oberste Gerichtshof (Urteil des OGH 10 Ob 147/05y vom 17. Februar 2006) und der englische Court of Appeal (Urteil vom 23. Januar 2001, [2001] EWCA Civ 61) haben anders entschieden. Deren Ansicht kann die überzeugenderen Argumente für sich beanspruchen. So geht es allgemein um dieselbe Sache, wenn der Schuldner die Feststellung beansprucht, dass er aus einem bestimmten Ereignis nichts schulde und der Gläubiger aus demselben Sachverhalt eine Forderung einklagt. Dass es sowohl in den Niederlanden wie im vorliegenden Verfahren um die Ersatzpflicht der Beklagten aus dem Schaden geht, den der Zigarettendiebstahl verursacht hat, ist unbestritten. Gerade im internationalen Verhältnis, in dem unterschiedliche prozessuale Regelungen der Vertragsstaaten gelten, müssen über die Zuständigkeit - wozu die Rechtshängigkeit gehört - einfache und praktikable Regeln gelten. Eine Regelung, welche die negative Feststellungsklage grundsätzlich zulässt, jedoch der Leistungsklage in der gleichen Sache den Vorrang gewährt, führt zu Abgrenzungsfragen, wenn die Rechtshängigkeit oder die Rechtskraft in unterschiedlichen Prozessordnungen unterschiedlich definiert wird. Dies würde dem Ziel, sich widersprechende Urteile aus verschiedenen Vertragsstaaten zu verhindern, entgegenwirken (vgl. DEMUTH, a.a.O., N. 58 zu Art. 31 CMR ; KOLLER, a.a.O., N. 8 zu Art. 31 CMR Fn. 93). Es ist überdies, wie die Beschwerdeführerin mit ihrer Argumentation selbst beweist, nicht sehr folgerichtig, zwar die negative Feststellungsklage im Rahmen von Art. 31 Abs. 1 CMR grundsätzlich zuzulassen, sie jedoch mit der Begründung der eingeschränkten Wahlmöglichkeit nach dieser Bestimmung dennoch wieder auszuschliessen, sobald eine identische Leistungsklage eingereicht wird. Das CMR zeichnet jedenfalls weder in dieser Bestimmung noch in der allgemeinen Systematik einen Vorrang der Leistungsklage vor der identischen negativen Feststellungsklage vor. Dass die zutreffende Auslegung von Art. 31 Abs. 2 CMR mit der Praxis des EuGH zur Rechtshängigkeit nach Art. 21 des Brüsseler Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ; vgl. nunmehr Art. 27 EuGVVO; Urteile des EuGH vom 6. Dezember 1994 C-406/92 Tatry/Maciej Rataj, Slg. 1994 I-5460; vom 8. Dezember 1987 BGE 138 III 708 S. 713 C-144/86 Gubisch Maschinenfabrik/Palumbo, Slg. 1987 4871) und des schweizerischen Bundesgerichts zur entsprechenden Regelung des Lugano-Übereinkommens (LugÜ; SR 0.275.12; vgl. BGE 136 III 523 E. 6; BGE 125 III 346 E. 4b S. 349; BGE 123 III 414 E. 5) übereinstimmt, steht der richtigen Auslegung nicht entgegen, sondern kann als zusätzliche Bestätigung deren Richtigkeit angeführt werden. 3.5 Art. 31 Abs. 2 CMR behält schliesslich für die Einrede der Rechtshängigkeit vor, dass die Entscheidung des Gerichts, bei dem die erste Klage anhängig gemacht worden ist, in dem Staat nicht vollstreckt werden kann, in dem die neue Klage erhoben wird. Die Vollstreckung von Urteilen, mit denen festgestellt wird, dass eine Partei eine bestimmte Leistung nicht schuldet, erfolgt in gleicher Weise wie diejenige von Entscheidungen, mit denen eine Leistungsklage abgewiesen wird. Der Beklagte kann ihre Rechtskraft einredeweise geltend machen (vgl. HERBER/PIPER, a.a.O., N. 25 zu Art. 31 CMR mit Verweisen; DEMUTH, a.a.O., N. 59 zu Art. 31 CMR ; KOLLER, a.a.O., N. 8 zu Art. 31 CMR ; STAUB/HELM, Grosskommentar zum Handelsgesetzbuch, 4. Aufl., Berlin/New York 2002, N. 51 zu Art. 31 CMR ). In welcher Form die "Vollstreckung" erfolgt, regelt Art. 31 Abs. 2 in fine CMR nicht (vgl. auch das Urteil des englischen Court of Appeal vom 23. Januar 2001, [2001] EWCA Civ 61 Rz. 94,wonach "enforceable" im Kontext von Art. 31 Abs. 2 CMR im Sinne von "capable of being given effect" zu verstehen ist). Es ist nun jedoch nicht ersichtlich und die Beschwerdeführerin weist nicht nach, dass im vorliegenden Fall Anhaltspunkte dafür bestehen könnten, dass das Urteil der niederländischen Gerichte in der Schweiz nicht anerkannt und damit - je nach Ausgang des Verfahrens - in der Form durchgesetzt werden könnte, wie dies für entsprechende schweizerische Feststellungsurteile vorgesehen ist. 3.6 Die Vorinstanz hat Art. 31 CMR zutreffend ausgelegt mit dem Schluss, dass die Einrede der Rechtshängigkeit begründet ist und daher die Gerichte in der Schweiz unzuständig sind.
Urteilskopf
108. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_284/2012 vom 25. September 2012
Regeste Art. 31 des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Strassengüterverkehr (CMR); negative Feststellungsklage; Einrede der Rechtshängigkeit. Die Zuständigkeitsbestimmung von Art. 31 Abs. 1 CMR schliesst die negative Feststellungsklage nicht aus (E. 3.3). Die bei einem nach Art. 31 Abs. 1 CMR zuständigen Gericht erhobene negative Feststellungsklage begründet im Verfahren einer später erhobenen Leistungsklage nach Art. 31 Abs. 2 CMR die Einrede der Rechtshängigkeit (E. 3.4 und 3.5).
Regeste
Art. 31 des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Strassengüterverkehr (CMR); negative Feststellungsklage; Einrede der Rechtshängigkeit. Die Zuständigkeitsbestimmung von Art. 31 Abs. 1 CMR schliesst die negative Feststellungsklage nicht aus (E. 3.3). Die bei einem nach Art. 31 Abs. 1 CMR zuständigen Gericht erhobene negative Feststellungsklage begründet im Verfahren einer später erhobenen Leistungsklage nach Art. 31 Abs. 2 CMR die Einrede der Rechtshängigkeit (E. 3.4 und 3.5).
Die Zuständigkeitsbestimmung von Art. 31 Abs. 1 CMR schliesst die negative Feststellungsklage nicht aus (E. 3.3).
Art. 31 Abs. 1 CMR Die bei einem nach Art. 31 Abs. 1 CMR zuständigen Gericht erhobene negative Feststellungsklage begründet im Verfahren einer später erhobenen Leistungsklage nach Art. 31 Abs. 2 CMR die Einrede der Rechtshängigkeit (E. 3.4 und 3.5).
Art. 31 Abs. 1 CMR Art. 31 Abs. 2 CMR Erwägungen ab Seite 708
Erwägungen ab Seite 708 BGE 138 III 708 S. 708
BGE 138 III 708 S. 708
Aus den Erwägungen:
3. Die Parteien sind sich zu Recht darüber einig, dass im vorliegenden Fall das Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Strassengüterverkehr (CMR; SR 0.741.611) anwendbar ist. Das Übereinkommen gilt für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf Strassen, wenn der Ort der BGE 138 III 708 S. 709 Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort in zwei verschiedenen Staaten liegen und wenn mindestens der eine Vertragsstaat ist ( Art. 1 Abs. 1 CMR ). Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanzen hätten Art. 31 Abs. 2 CMR falsch ausgelegt und seien deshalb zu Unrecht auf ihre Leistungsklage nicht eingetreten. Sie bestreitet zunächst, dass eine negative Feststellungsklage nach Art. 31 Abs. 1 CMR überhaupt zulässig sei und bringt sinngemäss vor, das in den Niederlanden von der Beklagten befasste Gericht hätte auf deren Klage gar nicht eintreten dürfen. Sie rügt sodann, die Vorinstanz habe zu Unrecht Identität zwischen der in den Niederlanden hängigen negativen Feststellungsklage der Beklagten und ihrer Forderungsklage angenommen sowie zu Unrecht die Vollstreckbarkeit der negativen Feststellungsklage bejaht.
3. BGE 138 III 708 S. 709
Art. 1 Abs. 1 CMR Art. 31 Abs. 2 CMR Art. 31 Abs. 1 CMR 3.1 Für die Auslegung von Normen in internationalen Verträgen sind die Art. 31 ff. des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (Wiener Übereinkommen, VRK; SR 0.111) massgebend. Danach ist ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen ( Art. 31 Abs. 1 VRK ). Der Wortlaut einer Vertragsnorm in seiner gewöhnlichen Bedeutung und im systematischen Zusammenhang des Vertrags ist danach ebenso massgebend wie die beim Abschluss des Vertrags getroffenen Übereinkünfte ( Art. 31 Abs. 2 VRK ) und die spätere Übung bei der Anwendung des Vertrags, sofern daraus eine Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht ( Art. 31 Abs. 3 lit. b VRK ). In diesem Rahmen ist das Verständnis der Bestimmungen, wie sie in Urteilen der Gerichte anderer Vertragsstaaten zum Ausdruck kommt, zu berücksichtigen. Die Vorinstanz hat insofern zutreffend die zwei gleichentags ergangenen Urteile des deutschen Bundesgerichtshofs vom 20. November 2003, auf die sich die Beschwerdeführerin beruft (BGH I ZR 102/02 und I ZR 294/02), ebenso berücksichtigt wie das Urteil des österreichischen Obersten Gerichtshofs vom 17. Februar 2006 (OGH 10 Ob 147/05y) und das Urteil des englischen Court of Appeal vom 23. Januar 2001 ([2001] EWCA Civ 61), welche zur Auslegung von Art. 31 CMR ergangen sind.
3.1 Art. 31 Abs. 1 VRK Art. 31 Abs. 2 VRK Art. 31 Abs. 3 lit. b VRK Art. 31 CMR 3.2 Nach Art. 31 Abs. 1 CMR kann der Kläger, unter Vorbehalt einer Gerichtsstandsvereinbarung (zugunsten eines Gerichts eines Vertragsstaats), wegen aller Streitigkeiten aus einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung die Gerichte eines Staates anrufen, BGE 138 III 708 S. 710 auf dessen Gebiet (a) der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch deren Vermittlung der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist, oder (b) der Ort der Übernahme des Gutes oder der für die Ablieferung vorgesehene Ort liegt. Andere Gerichte können nicht angerufen werden.
3.2 Art. 31 Abs. 1 CMR BGE 138 III 708 S. 710
Art. 31 Abs. 2 CMR lautet:
Art. 31 Abs. 2 CMR "Ist ein Verfahren bei einem nach Absatz 1 zuständigen Gericht wegen einer Streitigkeit im Sinne des genannten Absatzes anhängig oder ist durch ein solches Gericht in einer solchen Streitsache ein Urteil erlassen worden, so kann eine neue Klage wegen derselben Sache zwischen denselben Parteien nicht erhoben werden, es sei denn, dass die Entscheidung des Gerichtes, bei dem die erste Klage erhoben worden ist, in dem Staat nicht vollstreckt werden kann, in dem die neue Klage erhoben wird."
In den Originalsprachen Französisch und Englisch:
"Lorsque dans un litige visé au par. 1 du présent article une action est en instance devant une juridiction compétente aux termes
de ce paragraphe, ou lorsque dans un tel litige un jugement a été prononcé par une telle juridiction, il ne peut être intenté aucune nouvelle action pour la même cause entre les mêmes parties à moins que la décision de la juridiction devant laquelle la première action a été intentée ne soit pas susceptible d'être exécutée dans le pays où la nouvelle action est intentée."
"Where in respect of a claim referred to in paragraph 1 of this article an action is pending before a court or tribunal competent under
that paragraph, or where in respect of such a claim a judgement has been entered by such a court or tribunal no new action shall be started between the same parties on the same grounds unless the judgement of the court or tribunal before which the first action was brought is not enforceable in the country in which the fresh proceedings are brought."
3.3 Art. 31 Abs. 1 CMR schliesst entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin die negative Feststellungsklage nicht aus. Danach gelten die Zuständigkeitsbestimmungen für sämtliche Streitigkeiten aus dem CMR unterliegenden Verträgen ("Pour tous litiges auxquelles donnent lieu les transports soumis à la présente Convention") und nicht nur für die Haftpflicht des Frachtführers. Die Zuständigkeit knüpft sodann an die Parteirolle im Prozess an und entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht an die Gläubigerstellung nach materiellem Recht, wenn nach dem Wortlaut der Norm "der Kläger (...) die Gerichte (...) anrufen" kann ("le demandeur peut saisir [...] les juridictions" bzw. "the plaintiff may bring an action in any court or tribunal"). BGE 138 III 708 S. 711
3.3 Art. 31 Abs. 1 CMR BGE 138 III 708 S. 711
Für einen - impliziten - Ausschluss negativer Feststellungsklagen durch Art. 31 Abs. 1 CMR überhaupt ergeben sich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin weder aus der Systematik der Bestimmungen irgendwelche Anhaltspunkte noch liegt eine solche Ansicht den Entscheiden des deutschen Bundesgerichtshofs vom 20. November 2003 (BGH I ZR 102/02 und I ZR 294/02) zugrunde. Darin wird vielmehr die Zulässigkeit der - je früher eingereichten - negativen Feststellungsklage ausdrücklich bejaht, jedoch (analog der Praxis nach dem internen deutschen Recht, wonach das Rechtsschutzinteresse an einer negativen Feststellungsklage entfällt, wenn eine entsprechende Leistungsklage eingereicht wird) der Vorrang der Leistungsklage vor einer hängigen negativen Feststellungsklage auch für Klagen aus Verträgen bejaht, die dem CMR unterstehen. Zur Begründung wird angeführt, eine negative Feststellungsklage begründe die Einrede der Rechtshängigkeit im Sinne von Art. 31 Abs. 2 CMR nicht, weil dem Anspruchsteller das Wahlrecht nach Art. 31 Abs. 1 CMR nicht entzogen werden dürfe (so auch HERBER/PIPER, Internationales Strassentransportrecht, München 1996, N. 26 zu Art. 31 CMR ). Die Beschwerdeführerin belegt sodann nicht, dass der angebliche Wille der Parteien des Übereinkommens, negative Feststellungsklagen überhaupt auszuschliessen, aus Dokumenten beim Vertragsschluss abgeleitet werden könnte.
Art. 31 Abs. 1 CMR Art. 31 Abs. 2 CMR Art. 31 Abs. 1 CMR Art. 31 CMR Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte gestützt auf Art. 31 Abs. 1 CMR vor einem zuständigen Gericht in den Niederlanden eine Klage eingereicht hat, mit der sie die Feststellung begehrt, dass sie der Klägerin (sowie weiteren Parteien) aus dem Zigarettendiebstahl nicht haftet, aus dem die Klägerin im vorliegenden Verfahren ihre Forderung ableitet. Es stellt sich allein die Frage, ob die Einrede der Rechtshängigkeit nach Art. 31 Abs. 2 CMR begründet ist.
Art. 31 Abs. 1 CMR Art. 31 Abs. 2 CMR 3.4 Die Einrede der Rechtshängigkeit nach Art. 31 Abs. 2 CMR setzt zunächst voraus, dass dieselbe Sache zwischen denselben Parteien vor dem Gericht eines anderen Vertragsstaats hängig ist. Während vorliegend nicht umstritten ist, dass sich vor dem Gericht der Niederlande dieselben Parteien gegenüberstehen, bestreitet die Beschwerdeführerin, dass dieselbe Sache dort streitig ist. Sie begründet ihren Standpunkt im Wesentlichen im Sinne der Urteile des deutschen BGH aus dem Jahre 2003, die dem CMR eine Wertung über die Wahlmöglichkeiten des Forderungsgläubigers entnehmen, welche zum Ausschluss der Einrede der Rechtshängigkeit führt, wenn im hängigen Verfahren derselbe Anspruch Gegenstand einer negativen Feststellungsklage bildet. BGE 138 III 708 S. 712
3.4 Art. 31 Abs. 2 CMR BGE 138 III 708 S. 712
Die Praxis des deutschen BGH ist in der Literatur umstritten (vgl. KLAUS DEMUTH, in: Kommentar zur CMR, Thume [Hrsg.], 2. Aufl., Frankfurt a.M. 2007, N. 58 zu Art. 31 CMR ; INGO KOLLER, Transportrecht, 7. Aufl., München 2010, N. 8 zu Art. 31 CMR ). Der österreichische Oberste Gerichtshof (Urteil des OGH 10 Ob 147/05y vom 17. Februar 2006) und der englische Court of Appeal (Urteil vom 23. Januar 2001, [2001] EWCA Civ 61) haben anders entschieden. Deren Ansicht kann die überzeugenderen Argumente für sich beanspruchen. So geht es allgemein um dieselbe Sache, wenn der Schuldner die Feststellung beansprucht, dass er aus einem bestimmten Ereignis nichts schulde und der Gläubiger aus demselben Sachverhalt eine Forderung einklagt. Dass es sowohl in den Niederlanden wie im vorliegenden Verfahren um die Ersatzpflicht der Beklagten aus dem Schaden geht, den der Zigarettendiebstahl verursacht hat, ist unbestritten. Gerade im internationalen Verhältnis, in dem unterschiedliche prozessuale Regelungen der Vertragsstaaten gelten, müssen über die Zuständigkeit - wozu die Rechtshängigkeit gehört - einfache und praktikable Regeln gelten. Eine Regelung, welche die negative Feststellungsklage grundsätzlich zulässt, jedoch der Leistungsklage in der gleichen Sache den Vorrang gewährt, führt zu Abgrenzungsfragen, wenn die Rechtshängigkeit oder die Rechtskraft in unterschiedlichen Prozessordnungen unterschiedlich definiert wird. Dies würde dem Ziel, sich widersprechende Urteile aus verschiedenen Vertragsstaaten zu verhindern, entgegenwirken (vgl. DEMUTH, a.a.O., N. 58 zu Art. 31 CMR ; KOLLER, a.a.O., N. 8 zu Art. 31 CMR Fn. 93).
Art. 31 CMR Art. 31 CMR Art. 31 CMR Art. 31 CMR Es ist überdies, wie die Beschwerdeführerin mit ihrer Argumentation selbst beweist, nicht sehr folgerichtig, zwar die negative Feststellungsklage im Rahmen von Art. 31 Abs. 1 CMR grundsätzlich zuzulassen, sie jedoch mit der Begründung der eingeschränkten Wahlmöglichkeit nach dieser Bestimmung dennoch wieder auszuschliessen, sobald eine identische Leistungsklage eingereicht wird. Das CMR zeichnet jedenfalls weder in dieser Bestimmung noch in der allgemeinen Systematik einen Vorrang der Leistungsklage vor der identischen negativen Feststellungsklage vor. Dass die zutreffende Auslegung von Art. 31 Abs. 2 CMR mit der Praxis des EuGH zur Rechtshängigkeit nach Art. 21 des Brüsseler Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ; vgl. nunmehr Art. 27 EuGVVO; Urteile des EuGH vom 6. Dezember 1994 C-406/92 Tatry/Maciej Rataj, Slg. 1994 I-5460; vom 8. Dezember 1987 BGE 138 III 708 S. 713 C-144/86 Gubisch Maschinenfabrik/Palumbo, Slg. 1987 4871) und des schweizerischen Bundesgerichts zur entsprechenden Regelung des Lugano-Übereinkommens (LugÜ; SR 0.275.12; vgl. BGE 136 III 523 E. 6; BGE 125 III 346 E. 4b S. 349; BGE 123 III 414 E. 5) übereinstimmt, steht der richtigen Auslegung nicht entgegen, sondern kann als zusätzliche Bestätigung deren Richtigkeit angeführt werden.
Art. 31 Abs. 1 CMR Art. 31 Abs. 2 CMR BGE 138 III 708 S. 713
3.5 Art. 31 Abs. 2 CMR behält schliesslich für die Einrede der Rechtshängigkeit vor, dass die Entscheidung des Gerichts, bei dem die erste Klage anhängig gemacht worden ist, in dem Staat nicht vollstreckt werden kann, in dem die neue Klage erhoben wird. Die Vollstreckung von Urteilen, mit denen festgestellt wird, dass eine Partei eine bestimmte Leistung nicht schuldet, erfolgt in gleicher Weise wie diejenige von Entscheidungen, mit denen eine Leistungsklage abgewiesen wird. Der Beklagte kann ihre Rechtskraft einredeweise geltend machen (vgl. HERBER/PIPER, a.a.O., N. 25 zu Art. 31 CMR mit Verweisen; DEMUTH, a.a.O., N. 59 zu Art. 31 CMR ; KOLLER, a.a.O., N. 8 zu Art. 31 CMR ; STAUB/HELM, Grosskommentar zum Handelsgesetzbuch, 4. Aufl., Berlin/New York 2002, N. 51 zu Art. 31 CMR ). In welcher Form die "Vollstreckung" erfolgt, regelt Art. 31 Abs. 2 in fine CMR nicht (vgl. auch das Urteil des englischen Court of Appeal vom 23. Januar 2001, [2001] EWCA Civ 61 Rz. 94,wonach "enforceable" im Kontext von Art. 31 Abs. 2 CMR im Sinne von "capable of being given effect" zu verstehen ist). Es ist nun jedoch nicht ersichtlich und die Beschwerdeführerin weist nicht nach, dass im vorliegenden Fall Anhaltspunkte dafür bestehen könnten, dass das Urteil der niederländischen Gerichte in der Schweiz nicht anerkannt und damit - je nach Ausgang des Verfahrens - in der Form durchgesetzt werden könnte, wie dies für entsprechende schweizerische Feststellungsurteile vorgesehen ist.
3.5 Art. 31 Abs. 2 CMR Art. 31 CMR Art. 31 CMR Art. 31 CMR Art. 31 CMR Art. 31 Abs. 2 CMR 3.6 Die Vorinstanz hat Art. 31 CMR zutreffend ausgelegt mit dem Schluss, dass die Einrede der Rechtshängigkeit begründet ist und daher die Gerichte in der Schweiz unzuständig sind.
3.6 Art. 31 CMR
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Urteilskopf
109. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. Lda. gegen Y. Ltd (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_50/2012 vom 16. Oktober 2012
Regeste Parteifähigkeit in internationalen Schiedsverfahren mit Sitz in der Schweiz; Einfluss des Konkurses auf die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung ( Art. 178 Abs. 2 IPRG ). Bestimmung der Parteifähigkeit in einem Schiedsverfahren nach dem 12. Kapitel IPRG (E. 3.3); Parteifähigkeit einer portugiesischen Konkursmasse (E. 3.4) und deren Bindung an die Schiedsvereinbarung (E. 3.6).
Regeste
Parteifähigkeit in internationalen Schiedsverfahren mit Sitz in der Schweiz; Einfluss des Konkurses auf die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung ( Art. 178 Abs. 2 IPRG ). Bestimmung der Parteifähigkeit in einem Schiedsverfahren nach dem 12. Kapitel IPRG (E. 3.3); Parteifähigkeit einer portugiesischen Konkursmasse (E. 3.4) und deren Bindung an die Schiedsvereinbarung (E. 3.6).
Art. 178 Abs. 2 IPRG Bestimmung der Parteifähigkeit in einem Schiedsverfahren nach dem 12. Kapitel IPRG (E. 3.3); Parteifähigkeit einer portugiesischen Konkursmasse (E. 3.4) und deren Bindung an die Schiedsvereinbarung (E. 3.6).
Erwägungen ab Seite 714
Erwägungen ab Seite 714 BGE 138 III 714 S. 714
BGE 138 III 714 S. 714
Aus den Erwägungen:
3. Die Beschwerdeführerin rügt, das Schiedsgericht habe seine Zuständigkeit zur Beurteilung der Streitsache zu Unrecht bejaht. Infolge des über sie eröffneten Insolvenzverfahrens in Portugal sei die Beschwerdeführerin nicht fähig, Partei eines Schiedsverfahrens zu sein. Dies ergebe sich aus Art. 87 Abs. 1 des portugiesischen Insolvenzgesetzes (p-IG). Nach Auffassung der Beschwerdeführerin hat das Schiedsgericht das portugiesische Insolvenzrecht falsch und BGE 138 III 714 S. 715 unter Missachtung der überzeugenden Darlegungen des von der Beschwerdeführerin angerufenen Experten interpretiert und zu Unrecht den Verlust der Fähigkeit der Beschwerdeführerin verneint, Partei eines Schiedsverfahrens zu sein.
3. BGE 138 III 714 S. 715
3.1 Das Schiedsgericht führte in der Begründung des angefochtenen Entscheids aus, dass seine Zuständigkeit namentlich davon abhänge, ob die Schiedsklausel gültig sei und die Parteien fähig seien, an einem Schiedsverfahren teilzunehmen. Diese Fragen stellten sich vorliegend namentlich in Bezug auf die Beschwerdeführerin, da über diese in Portugal der Konkurs verhängt worden sei.
3.1 3.1.1 In Bezug auf die Frage der Gültigkeit der Schiedsklausel verwies das Schiedsgericht auf Art. 178 Abs. 2 IPRG (SR 291). Danach ist die Schiedsvereinbarung gültig, wenn sie entweder dem von den Parteien gewählten, dem auf die Streitsache, insbesondere dem auf den Hauptvertrag anwendbaren oder dem schweizerischen Recht entspricht (Prinzip des favor validitatis ). Das Schiedsgericht erwog, dass gemäss BGE 117 II 94 die Schiedsvereinbarung nach schweizerischem Recht den Konkurs überlebt und den Konkursverwalter bindet. Damit habe die Insolvenz jedenfalls nach schweizerischem Recht keine Ungültigkeit der Schiedsklausel gegenüber der insolventen Beschwerdeführerin zur Folge. Es sei mithin von der Gültigkeit der Schiedsklausel auszugehen.
3.1.1 Art. 178 Abs. 2 IPRG 3.1.2 In Bezug auf die umstrittene Frage der Rechtsfähigkeit ermittelte das Schiedsgericht zunächst das anwendbare Recht. Es kam zum Schluss, dass die Rechts- und Parteifähigkeit einer juristischen Person vom Recht des Staates beherrscht werde, nach dessen Vorschriften die juristische Person organisiert (inkorporiert) ist. Die Rechtsfähigkeit der Beschwerdeführerin richte sich somit nach portugiesischem Recht.
3.1.2 Damit stellte sich für das Schiedsgericht die Frage nach dem Einfluss des portugiesischen Konkurses auf die Rechtsfähigkeit der Beschwerdeführerin.
3.1.2.1 Das Schiedsgericht führte diesbezüglich aus, dass eine portugiesische Insolvenzmasse gemäss dem Rechtsexperten der Beschwerdeführerin nicht mehr fähig sei, als Partei an einem Schiedsverfahren teilzunehmen. Nach Auffassung des Rechtsexperten der Beschwerdegegnerin führe die Konkurseröffnung nach portugiesischem Recht demgegenüber nicht zur Rechtsunfähigkeit der Insolvenzmasse. BGE 138 III 714 S. 716 Diese könne nicht als unfähig betrachtet werden, an einem Schiedsverfahren teilzunehmen.
3.1.2.1 BGE 138 III 714 S. 716
3.1.2.2 Gemäss den Ausführungen im angefochtenen Entscheid leitet die Beschwerdeführerin ihre Parteiunfähigkeit namentlich aus Art. 87 des portugiesischen Insolvenzgesetzes (p-IG) ab. Dieser steht unter dem Marginale "Convenções arbitrais" und lautet wie folgt:
3.1.2.2 "Fica suspensa a eficácia das convenções arbitrais em que o insolvente seja parte, respeitantes a litígios cujo resultado possa influenciar o valor da massa, sem prejuízo do disposto em tratados internacionais aplicáveis.
Os processos pendentes à data da declaração de insolvência prosseguirão porém os seus termos, sem prejuízo, se for o caso, do disposto no n. o 3 do artigo 85. o e no n. o 3 do artigo 128. o "
In der dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegenden englischen Übersetzung:
"Without prejudice to provisions contained in applicable international treaties, the efficacy of arbitral agreements relating to disputes that may potentially affect the value of the insolvency estate and to which the insolvent is party shall be suspended.
Procedures that are pending at the moment of the declaration of the insolvency shall continue, without prejudice to the provisions set forth in Article 85(3) and of the Article 128(3) if applicable."
In freier Übersetzung auf Deutsch:
"Vorbehältlich der Bestimmungen von Staatsverträgen wird die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen suspendiert, die sich auf Auseinandersetzungen beziehen, welche allenfalls den Wert der Insolvenzmasse beeinträchtigen können.
Im Zeitpunkt der lnsolvenzerklärung bereits hängige Schiedsverfahren werden fortgeführt, unter Vorbehalt der Artikel 85(3) und Artikel 128(3) [p-IG]."
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei die Suspension der Schiedsvereinbarung gemäss Art. 87 Abs. 1 p-IG zu verstehen als "Nichtigkeit oder Beendigung" der Gültigkeit der Schiedsklausel. Daraus resultiere die Rechtsunfähigkeit der Insolvenzmasse. Gemäss dem Rechtsexperten der Beschwerdeführerin hätten die portugiesischen Gesetzesredaktoren den Begriff der "Unwirksamkeit" nur deshalb demjenigen der "Nichtigkeit" bzw. "Beendigung" vorgezogen, damit Schiedsvereinbarungen wieder volle Wirksamkeit zurückerlangen können, sobald die Insolvenzsituation beendet sei ("to allow the agreements to return to full effect, if the insolvency situation ceases"). BGE 138 III 714 S. 717
BGE 138 III 714 S. 717
Gemäss dem Schiedsgericht findet diese Interpretation ausserhalb des Parteigutachtens der Beschwerdeführerin nur geringe Stütze. Die portugiesischen Gerichte hätten soweit ersichtlich denn auch noch keine Entscheide zur Auslegung von Art. 87 p-IG gefällt.
3.1.2.3 Das Schiedsgericht führte sodann aus, dass keiner der beiden Parteiexperten in der Lage gewesen sei, Rechtsprechung und Literaturmeinungen anzuführen, welche die These belegen würden, dass Art. 87 p-IG die Rechtsfähigkeit der Insolvenzmasse beeinflusse bzw. unberührt lasse.
3.1.2.3 Es treffe zwar zu, dass einige Lehrmeinungen Art. 87 Abs. 1 p-IG im Kontext der Rechtsfähigkeit erwähnten, andere Lehrmeinungen hielten jedoch dafür, dass sich Art. 87 Abs. 1 p-IG nur auf die Gültigkeit der Schiedsklausel bzw. auf deren persönlichen Geltungsbereich beziehe. Zudem würden jene Autoren, die Art. 87 Abs. 1 p-IG im Kontext der Rechtsfähigkeit erwähnen, nicht im Einzelnen ausführen, welche konkreten Auswirkungen die Insolvenz auf die Rechtsfähigkeit habe. Ein Autor erwähne beispielsweise lediglich, dass Schiedsvereinbarungen suspendiert würden. Ein anderer Autor führe aus, dass die insolvente Partei in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt werde, was indessen nicht zu einer Rechtsunfähigkeit im technischen Sinne führe. Ein weiterer Autor führe aus, dass die Insolvenzmasse nicht vollumfänglich rechtsunfähig sei.
Nach Ansicht des Schiedsgerichts lasse sich weder den Stellungnahmen der Parteiexperten noch den von den Parteien eingereichten Rechtsmaterialien eine überzeugende Antwort dazu entnehmen, ob sich Art. 87 Abs. 1 p-IG auf die Rechtsfähigkeit einer portugiesischen Insolvenzmasse bezieht bzw. gegebenenfalls der Beschwerdeführerin die Fähigkeit entzieht, Partei eines Schiedsverfahrens zu sein.
3.1.2.4 Davon ausgehend zog das Schiedsgericht in Erwägung, dass Art. 87 p-IG keinen ausdrücklichen Bezug auf die Rechtsfähigkeit bzw. den Einfluss der Insolvenz auf die Rechtsfähigkeit enthalte. Vielmehr beziehe sich Art. 87 p-IG auf die "Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen" ("efficacy of arbitral agreements"), terminologisch mithin eher auf die Gültigkeit von Schiedsvereinbarungen. Weiter ergebe sich aus Art. 87 Abs. 2 p-IG, dass eine (natürliche oder juristische) Person, über welche die Insolvenz nach Anhängigmachung eines Schiedsverfahrens eröffnet wurde, die Parteifähigkeit für das laufende Schiedsverfahren beibehalte. Aus Art. 85 Abs. 1 p-IG BGE 138 III 714 S. 718 ergebe sich sodann, dass eine Insolvenzmasse die Parteifähigkeit in Verfahren vor staatlichen Gerichten nicht verliere. Gemäss Art. 224 und 226 p-IG könne die insolvente Gesellschaft ihre Geschäfte unter der Aufsicht des Insolvenzverwalters weiterführen und wo das Gesetz die Handlungsbefugnis der insolventen Gesellschaft beschränke, könne der Insolvenzverwalter für diese handeln (Art. 81 Abs. 4 und Abs. 5 p-IG). Aus all dem ergibt sich für das Schiedsgericht, dass eine Insolvenzmasse ihre Rechtsfähigkeit nach portugiesischem Recht beibehalte.
3.1.2.4 BGE 138 III 714 S. 718
Schliesslich würden die Erklärungen des Parteiexperten der Beschwerdeführerin, weshalb die portugiesischen Gesetzesredaktoren in Art. 87 Abs. 1 p-IG den Begriff der "Unwirksamkeit" demjenigen der "Nichtigkeit" bzw. "Beendigung" vorgezogen hätten, nämlich "to allow the agreements to return to full effect, if the insolvency situation ceases", das Schiedsgericht in seiner Auffassung bestärken, dass Art. 87 Abs. 1 p-IG eher einen Aspekt der Gültigkeit der Schiedsklausel regle als einen Aspekt der Rechtsfähigkeit der Insolvenzmasse.
3.1.2.5 Zusammenfassend kam das Schiedsgericht zum Schluss, dass sich Art. 87 Abs. 1 p-IG auf die Gültigkeit der Schiedsklausel gegenüber einer Gemeinschuldnerin und nicht auf die Rechtsfähigkeit der Insolvenzmasse beziehe. Dies ergebe sich erstens aus dem Wortlaut der Norm, in dem von "Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen" ("efficacy of arbitral agreements") und nicht von "Rechtsfähigkeit" ("capacity") die Rede sei. Zweitens spreche auch der Vorbehalt von Staatsverträgen in Art. 87 Abs. 1 p-IG dagegen, dass sich die Norm auf die Rechtsfähigkeit beziehe. Denn es fänden sich keinerlei Hinweise darauf, dass der portugiesische Gesetzgeber die Frage der Rechtsfähigkeit portugiesischer Gesellschaften der Regelung durch Staatsverträge überlassen wollte, sei dies doch eine Materie, über welche nationale Gesetzgeber in der Regel selbst bestimmen wollten. Drittens sei für das Schiedsgericht unklar, wie ein angeblicher Verlust der Rechtsfähigkeit einer insolventen Partei von der Natur des Streites abhängig sein könne. In der portugiesischen Literatur werde nämlich vertreten, dass Rechtsfähigkeit ein absoluter Begriff sei.
3.1.2.5 Schliesslich hielt das Schiedsgericht den Einwänden der Beschwerdeführerin entgegen, dass in der gesamten portugiesischen Literatur kein einziger Autor die Meinung vertrete, dass eine portugiesische Insolvenzmasse rechtsunfähig sei. BGE 138 III 714 S. 719
BGE 138 III 714 S. 719
Nach Auffassung des Schiedsgerichts ist die Beschwerdeführerin somit eine nach portugiesischem Recht rechtsfähige Person, die als solche fähig ist, als Partei an einem Schiedsverfahren mit Sitz in der Schweiz teilzunehmen.
3.1.2.6 Diese Schlussfolgerungen ergänzte das Schiedsgericht mit Ausführungen zum Vivendi-Urteil des Bundesgerichts (Urteil 4A_428/2008 vom 31. März 2009 E. 3.1, in: ASA Bulletin 1/2010 S. 104 ff.), auf welches die Beschwerdeführerin ihre Argumentation, sie sei nicht parteifähig, massgeblich stützte. Das Schiedsgericht wies darauf hin, dass die im Vivendi-Fall umstrittene Norm (Art. 142 des polnischen Konkurs- und Sanierungsgesetzes) nach Auffassung polnischer Rechtsprofessoren einen Aspekt der Parteifähigkeit einer polnischen Insolvenzmasse regle. Das Schiedsgericht erwog, dass sich Art. 87 des portugiesischen Insolvenzgesetzes indessen in genau diesem Punkt grundlegend von der polnischen Norm unterscheide, da sie sich nicht auf die Rechtsfähigkeit der an einem Schiedsverfahren beteiligten Insolvenzmasse, sondern auf die Gültigkeit der Schiedsklausel beziehe. Nach Auffassung des Schiedsgerichts ist der Vivendi-Entscheid daher für das vorliegende Verfahren nicht von präjudizieller Bedeutung.
3.1.2.6 3.2 Die Fähigkeit, eine Schiedsvereinbarung abzuschliessen und in einem Schiedsverfahren als Partei aufzutreten (sog. subjektive Schiedsfähigkeit bzw. Schiedsfähigkeit ratione personae ; arbitrabilité subjective), ist im Rahmen der Zuständigkeitsbeschwerde nach Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG zu prüfen ( BGE 117 II 94 E. 5b S. 98 mit Hinweis; Urteile 4A_428/2008 vom 31. März 2009 E. 3.1, in: ASA Bulletin 1/2010 S. 104 ff.; 4P.126/1992 vom 13. Oktober 1992 E. 4a, in: SZIER 1994 S. 131 ff.). Dabei prüft das Bundesgericht die Zuständigkeitsrüge in rechtlicher Hinsicht frei, einschliesslich materiellrechtlicher Vorfragen, die für den Entscheid über die Zuständigkeit relevant sind (grundlegend: BGE 117 II 94 E. 5a S. 97; vgl. weiter BGE 129 III 727 E. 5.2.2 S. 733; BGE 128 III 50 E. 2a S. 54; BGE 119 II 380 E. 3c S. 383; je mit Hinweisen).
3.2 Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG Beurteilen sich solche Vorfragen nach ausländischem Recht, überprüft das Bundesgericht dessen Anwendung im Rahmen der Zuständigkeitsbeschwerde ebenfalls frei und mit voller Kognition. Dabei folgt das Bundesgericht der in der anwendbaren ausländischen Rechtsordnung klar herrschenden Auffassung und bei Kontroversen zwischen Rechtsprechung und Lehre der höchstrichterlichen Judikatur BGE 138 III 714 S. 720 (Urteile 4A_428/2008 vom 31. März 2009 E. 3.1, in: ASA Bulletin 1/2010 S. 104 ff.; 4P.137/2002 vom 4. Juli 2003 E. 7.2.1).
BGE 138 III 714 S. 720
3.3
3.3 3.3.1 Wie die objektive Schiedsfähigkeit ( Art. 177 Abs. 1 IPRG ) bestimmt sich die subjektive Schiedsfähigkeit in einem internationalen Schiedsverfahren mit Sitz in der Schweiz nach dem 12. Kapitel IPRG (vgl. PIERRE-YVES TSCHANZ, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, N. 60 zu Art. 178 IPRG ). Art. 177 Abs. 2 IPRG weist indessen nur für staatlich beherrschte bzw. organisierte Rechtsträger eine ausdrückliche Regelung zur subjektiven Schiedsfähigkeit auf. Namentlich zur vorliegend umstrittenen Frage der Parteifähigkeit nichtstaatlicher Parteien enthält das 12. Kapitel IPRG keine spezifische Bestimmung. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt daher der allgemeine prozessuale Grundsatz, wonach die Parteifähigkeit in einem Schiedsverfahren von der materiellrechtlichen Vorfrage der Rechtsfähigkeit abhängt (Urteil 4A_428/2008 vom 31. März 2009 E. 3.2, in: ASA Bulletin 1/2010 S. 104 ff. mit Hinweisen).
3.3.1 Art. 177 Abs. 1 IPRG Art. 178 IPRG Art. 177 Abs. 2 IPRG 3.3.2 Die Rechtsfähigkeit einer Partei in einem internationalen Schiedsverfahren mit Sitz in der Schweiz wird gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung durch das Personal- bzw. Gesellschaftsstatut, also durch das gemäss Art. 33 f. IPRG (für natürliche Personen) bzw. Art. 154, 155 lit. c IPRG (für Gesellschaften) anwendbare Recht bestimmt (Urteil 4A_428/2008 vom 31. März 2009 E. 3.2, in: ASA Bulletin 1/2010 S. 104 ff. mit Hinweisen).
3.3.2 Art. 154, 155 lit. c IPRG Gegen den Rückgriff auf Normen ausserhalb des 12. Kapitels IPRG wendet ein Teil der Lehre zwar ein, dass damit die Eigenständigkeit des 12. Kapitels als "Gesetz im Gesetz" bzw. "Arbitration Act" in Frage gestellt werde (GEORG NAEGELI, Die Auswirkungen der Konkurserklärung auf ein hängiges Schiedsverfahren, Jusletter 31. August 2009 Rz. 38 f.; AEBI/FREY, Impact of Bankruptcy on International Arbitration Proceedings, ASA Bulletin 1/2010 S. 118; KAUFMANN-KOHLER/LÉVY/SACCO, The Survival of the Arbitration Agreement and Arbitration Proceedings in Cases of Cross-Border Insolvency: An Analysis from the Swiss Perspective, Les Cahiers de l'Arbitrage, The Paris Journal of International Arbitration 2/2010 S. 377; MICHAEL GÜNTER, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Insolvenz, 2011, N. 370; kritisch auch FELIX DASSER, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010,N. 22 vor Art. 353-399 ZPO ). Das auf die Rechtsfähigkeit BGE 138 III 714 S. 721 anwendbare Recht sei vielmehr nach der schiedsrechtlichen Kollisionsnorm von Art. 187 Abs. 1 IPRG zu bestimmen (NAEGELI, a.a.O., Rz. 39; BERGER/KELLERHALS, International and domestic arbitration in Switzerland, 2. Aufl. 2010, Rz. 328). Diese Auffassung berücksichtigt jedoch nicht, dass Art. 187 Abs. 1 IPRG das auf die Streitsache anwendbare Recht regelt und dabei der Parteiautonomie den Vorrang gibt. Auf die (vorfrageweise) Bestimmung der Rechtsfähigkeit der Parteien ist Art. 187 Abs. 1 IPRG gerade nicht zugeschnitten (so zutreffend PIERRE-YVES TSCHANZ, a.a.O, N. 60 zu Art. 178 IPRG ; POUDRET/BESSON, Comparative law of international arbitration, 2 e éd. 2007, N. 271).
Art. 353-399 ZPO BGE 138 III 714 S. 721
Art. 187 Abs. 1 IPRG Art. 187 Abs. 1 IPRG Art. 187 Abs. 1 IPRG Art. 178 IPRG In Bezug auf die Rechtsfähigkeit der Schiedsparteien fehlt es somit an einer Kollisionsnorm im 12. Kapitel IPRG. Die Rechtsfähigkeit der Schiedsparteien ist folglich im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung mittels Rückgriffs auf die allgemeinen Normen von Art. 33 f. IPRG (für natürliche Personen) bzw. Art. 154, 155 lit. c IPRG (für juristische Personen) zu bestimmen.
Art. 154, 155 lit. c IPRG 3.3.3 Gemäss Art. 154 Abs. 1 IPRG unterstehen Gesellschaften dem Recht des Staates, nach dessen Vorschriften sie organisiert sind, wenn sie die darin vorgeschriebenen Publizitäts- oder Registrierungsvorschriften dieses Rechts erfüllen oder, falls solche Vorschriften nicht bestehen, wenn sie sich nach dem Recht dieses Staates organisiert haben (sog. Inkorporationstheorie; BGE 117 II 494 E. 4b S. 497). Unter Vorbehalt der Art. 156-161 IPRG bestimmt das auf die Gesellschaft anwendbare Recht insbesondere die Rechtsfähigkeit ( Art. 155 lit. c IPRG ; BGE 117 II 494 E. 4b S. 497; Urteil 4C.245/2001 vom 23. November 2001 E. 4d).
3.3.3 Art. 154 Abs. 1 IPRG Art. 156-161 IPRG Art. 155 lit. c IPRG 3.3.4 Unter Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit zu verstehen, Träger von Rechten und Pflichten zu sein (statt aller HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, Das Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 3. Aufl. 2012, N. 02.01; EUGEN BUCHER, Berner Kommentar, 1976, N. 8 zu Art. 11 ZGB ). Ein Gebilde ist rechtsfähig, wenn ihm Rechte und Pflichten zugeordnet werden können (BUCHER, a.a.O., N. 11 zu Art. 11 ZGB ).
3.3.4 Art. 11 ZGB Art. 11 ZGB BGE 138 III 714 S. 722
Art. 155 IPRG Die gleiche Regel muss auch in Bezug auf die Parteifähigkeit in einem Schiedsverfahren nach dem 12. Kapitel IPRG gelten. Weist das ausländische Gebilde nach dem Inkorporationsstatut Rechtspersönlichkeit auf, ist es in einem internationalen Schiedsverfahren mit Sitz in der Schweiz auch parteifähig. Allfällige spezifisch auf Schiedsverfahren bezogene Einschränkungen des Personal- oder Gesellschaftsstatuts, welche die Rechtspersönlichkeit des ausländischen Gebildes unberührt lassen, sind unter dem Gesichtspunkt der Fähigkeit, in einem Schiedsverfahren mit Sitz in der Schweiz als Partei aufzutreten, grundsätzlich unbeachtlich (vgl. TSCHANZ, a.a.O., N. 63 zu Art. 178 IPRG ).
Art. 178 IPRG 3.3.5 Die Beschwerdeführerin ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung portugiesischen Rechts verfasst ( Sociedade por quota limitada; Lda. ). Gemäss Art. 154 i.V.m. Art. 155 lit. c IPRG richtet sich - wie die Vorinstanz im Ergebnis zutreffend geschlossen hat - die Beurteilung der Rechtsfähigkeit der Beschwerdeführerin nach dem portugiesischen Recht. Dies bestreitet auch die Beschwerdeführerin nicht.
3.3.5 Art. 155 lit. c IPRG 3.4
3.4 3.4.1 Die Beschwerdeführerin ist indessen der Auffassung, die Vorinstanz habe das portugiesische Recht falsch angewendet. Sie macht unter anderem geltend, das portugiesische Recht unterscheide zwischen der Rechtspersönlichkeit als der "Eignung einer Person, Adressatin von rechtlichen Bestimmungen zu sein," und der Rechtsfähigkeit als dem "konkreten Mass der Rechte und Pflichten, die jemand haben kann". Die Rechtsfähigkeit habe im portugiesischen Recht mithin einen quantitativen Aspekt. Im Unterschied zur Rechtspersönlichkeit beurteile sich die Rechtsfähigkeit von juristischen Personen "nach dem Spezialitätsprinzip". Dies bedeute, dass die Rechtsfähigkeit einer portugiesischen Gesellschaft nur innerhalb der Schranken bestehe, welche ihr durch das Gesetz, die Statuten, Reglemente und Beschlüsse der Generalversammlung gesetzt werden. Namentlich hätten juristische Personen in Portugal keine Rechtsfähigkeit für BGE 138 III 714 S. 723 Handlungen, welche das Recht verbiete. Der Beschwerdeführerin fehle aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung die Fähigkeit, Partei eines Schiedsverfahrens zu sein, weil Art. 87 p-IG ihr diese Fähigkeit entzogen habe, einer insolventen Gesellschaft sei die Teilnahme an neuen Schiedsverfahren gesetzlich verboten und dies gehöre auch nicht zu dem auf die Liquidation eingeschränkten Zweck einer insolventen Gesellschaft.
3.4.1 BGE 138 III 714 S. 723
3.4.2 Diese Vorbringen verfangen nicht. Selbst wenn Art. 87 p-IG eine portugiesische Insolvenzmasse daran hinderte, in einem portugiesischen Schiedsverfahren als Partei aufzutreten, bliebe dies ohne Einfluss auf deren Parteifähigkeit in einem internationalen Schiedsverfahren mit Sitz in der Schweiz. Denn hierzu ist einzig entscheidend, dass das portugiesische Recht der Beschwerdeführerin Rechtspersönlichkeit einräumt, dieser mithin Rechte und Pflichten zugeordnet werden können (oben E. 3.3.3). Dies ist vorliegend unstreitig der Fall, was auch die Beschwerdeführerin zugibt, wenn sie ausführt: "Die Beschwerdeführerin macht gerade nicht geltend, dass insolvente Personen nicht rechtsfähig seien". In der Tat bestimmt Art. 5 des portugiesischen Gesetzbuches über Handelsgesellschaften ( Código das sociedades comerciais ), dass Handelsgesellschaften über Rechtspersönlichkeit verfügen. Die Rechtspersönlichkeit bleibt gemäss Art. 141 Abs. 1 lit. e i.V.m. Art. 146 Abs. 2 des nämlichen Gesetzbuches auch dann unberührt, wenn eine Gesellschaft infolge Konkurses liquidiert wird. Aus Art. 87 Abs. 2 p-IG, wonach Schiedsverfahren, die bei Konkurseröffnung hängig sind, weitergeführt werden können, ergibt sich schliesslich, dass die Rechtsfähigkeit einer Insolvenzmasse selbst in laufenden Schiedsverfahren nach portugiesischem Recht nicht tangiert wird.
3.4.2 Aus all dem folgt, dass eine portugiesische Insolvenzmasse bis zur vollständigen Liquidation weiterhin Trägerin von Rechten und Pflichten ist, also Rechtspersönlichkeit geniesst. Damit ist sie in einem Schiedsverfahren nach dem 12. Kapitel IPRG aber auch parteifähig (oben E. 3.3.3). Selbst wenn aus Art. 87 Abs. 1 p-IG eine wie auch immer geartete "Schiedsunfähigkeit" für künftige (portugiesische) Schiedsverfahren abgeleitet werden könnte, wäre diese mithin für die Parteifähigkeit nach schweizerischer lex arbitri unbeachtlich, solange die Insolvenzmasse über Rechtspersönlichkeit verfügt, was hier unstreitig ist. Damit erübrigt sich auch die Einholung eines weiteren Rechtsgutachtens, wie dies die Beschwerdeführerin beantragt hat. BGE 138 III 714 S. 724
BGE 138 III 714 S. 724
3.5 Die Beschwerdeführerin begründet ihre Rüge, die Vorinstanz habe ihr zu Unrecht die Parteifähigkeit nicht abgesprochen, sodann unter Hinweis auf das bereits erwähnte Vivendi-Urteil des Bundesgerichts (Urteil 4A_428/2008 vom 31. März 2009 E. 3.1, in: ASA Bulletin 1/2010 S. 104 ff.). Sie macht dabei namentlich geltend, das Bundesgericht habe in diesem Urteil "bestätigt, dass die Bestimmung eines Insolvenzgesetzes, welche einer Schiedsvereinbarung für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über eine Partei der Schiedsvereinbarung die Wirkung entzieht, dazu führt, dass die betroffene Partei die Fähigkeit verliert, an einem Schiedsverfahren als Partei teilzunehmen".
3.5 3.5.1 Die im Vivendi-Fall massgebliche Bestimmung von Art. 142 des polnischen Konkurs- und Sanierungsgesetzes (pKSG) lautete wie folgt:
3.5.1 "Any arbitration clause concluded by the bankrupt shall lose its legal effect as of the date bankruptcy is declared and any pending arbitration proceedings shall be discontinued."
Gemäss den Ausführungen des mit dem Vivendi-Fall befassten Schiedsgerichts, das sich unter anderem auf Gutachten polnischer Rechtsprofessoren stützte, hatte die polnische Insolvenzmasse mit Konkurseröffnung die Fähigkeit verloren, in einem Schiedsverfahren als Partei teilzunehmen. Das Bundesgericht sah keine Gründe, an dieser Rechtsauffassung zu zweifeln, und schloss, dass Art. 142 pKSG einer polnischen Konkursitin die subjektive Schiedsfähigkeit entziehe (Urteil 4A_428/2008 vom 31. März 2009 E. 3.3).
3.5.2 Dieser Entscheid wurde sowohl in der schweizerischen als auch in der internationalen Literatur breit diskutiert. Bis auf eine vereinzelte Generalkritik (PIERRE A. KARRER, The Swiss Federal Supreme Court got it wrong, wrong, wrong and wrong a fourth time, ASA Bulletin 1/2010 S. 111 f.), vertreten zahlreiche Kommentatoren die Meinung, das Bundesgericht habe folgerichtig argumentiert, soweit und sofern die dem Entscheid zugrunde gelegten Prämissen zutreffen, dass Art. 142 pKSG in der Tat die Parteifähigkeit einer polnischen Gemeinschuldnerin beeinträchtige und die kollisionsrechtliche Rechtsfrage als eine solche der Rechtsfähigkeit zu qualifizieren sei (AEBI/FREY, a.a.O., S. 120, 123; LARS MARKERT, Arbitrating in the Financial Crisis: Insolvency and Public Policy versus Arbitration and Party Autonomy - Which Law Governs?, Contemporary Asia Arbitration Journal 2/2009 S. 217, 233; SPOORENBERG/FELLRATH, The Uneasy Relationship between Arbitration and Bankruptcy, ILO Newsletter 30 July BGE 138 III 714 S. 725 2009; BERNHARD BERGER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Zivilprozessrecht im Jahre 2009, 3. Teil: Schiedsgerichtsbarkeit, ZBJV 147/2011 S. 555 ff.; wohl auch STEFAN KRÖLL, Arbitration and Insolvency - Selected Conflict of Laws Problems, in: Conflict of Laws in International Arbitration, Ferrari/Kröll [Hrsg.], München 2011, S. 232 f.).
3.5.2 BGE 138 III 714 S. 725
Die Kommentatoren kritisieren indessen nahezu einhellig, dass diese beiden Prämissen nicht zuträfen. Sie sind der Auffassung, dass das Bundesgericht die Rechtsfrage unzutreffend als eine solche der subjektiven Schiedsfähigkeit qualifiziert und Art. 142 pKSG zu Unrecht als eine die Parteifähigkeit einer polnischen Gemeinschuldnerin beeinträchtigende Norm ausgelegt habe. Art. 142 pKSG regle vielmehr einen Aspekt der Gültigkeit der Schiedsklausel und sei somit nach Art. 178 Abs. 2 IPRG ( favor validitatis ) unbeachtlich, da jedenfalls nach schweizerischem Recht die Schiedsklausel im Falle des Konkurses einer Schiedspartei weiterhin gültig bleibe (NAEGELI, a.a.O., N. 21 ff.; KRÖLL, a.a.O., S. 251; MARKERT, a.a.O., S. 233 f.; KAUFMANN- KOHLER/LÉVY/SACCO, a.a.O., S. 378 ff.; DOMITILLE BAIZEAU, Arbitration and insolvency: Issues of Applicable Law, in: New Developments in International Commercial Arbitration 2009, Müller/Rigozzi [Hrsg.],2009, S. 114 f.; MARK ROBERTSON, Cross-Border Insolvency and International Commercial Arbitration: Characterisation and Choice of Law Issues in Light of Elektrim S.A v. Vivendi S.A and Analysis of the European Insolvency Regulation, International Arbitration Law Review 2009 S. 129; GERHARD WAGNER, Insolvenz und Schiedsverfahren, KTS-Zeitschrift für Insolvenzrecht [...] 71/2010, S. 60; CHRISTIAN LUCZAK, Beschwerde gegen Schiedsgerichtsentscheide, in: Prozessieren vor Bundesgericht, Geiser und andere [Hrsg.], 3. Aufl.2011, Rz. 6.55; kritisch auch MICHAEL MRÀZ, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 34 zu Art. 393 ZPO und KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, Arbitrage international, 2. Aufl. 2010, Fn. 152, sowie aus rechtspolitischer Warte ansatzweise auch BERGER, a.a.O., S. 562).
Art. 178 Abs. 2 IPRG Art. 393 ZPO 3.5.3 Auf die am Vivendi-Urteil geübte Kritik braucht nicht im Einzelnen eingegangen zu werden. Denn die Beschwerdeführerin geht jedenfalls fehl, wenn sie im Vivendi-Urteil ein Präjudiz für den vorliegend zu entscheidenden Fall ausmachen will. Entgegen dem, was die Beschwerdeführerin zu suggerieren versucht, hat das Bundesgericht im Urteil 4A_428/2008 nämlich nicht in allgemeiner Weise "bestätigt", dass die Bestimmung eines ausländischen Insolvenzgesetzes, BGE 138 III 714 S. 726 welche die Unwirksamkeit einer Schiedsvereinbarung im Insolvenzfalle vorsieht, dazu führe, dass die Gemeinschuldnerin die "Fähigkeit" verliere, "an einem Schiedsverfahren als Partei teilzunehmen". Das Vivendi-Urteil ist vielmehr im spezifischen Kontext des polnischen Rechts und der dazu entwickelten Doktrin zu sehen, wie sie in den Gutachten polnischer Rechtsprofessoren zum Ausdruck gebracht wurde. Es kann weder verallgemeinert noch können die dortigen Ausführungen zum polnischen Recht auf andere Rechtsordnungen übertragen werden. Insbesondere kann die Beschwerdeführerin aus dem Umstand, dass der polnische Art. 142 pKSG ebenso wie der hier umstrittene portugiesische Art. 87 p-IG keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Rechts- bzw. Parteifähigkeit enthält, nicht ableiten, dass auch Art. 87 p-IG gleich wie die polnische Norm verstanden werden muss. Dies umso weniger, als eine solche Auslegung weder in der portugiesischen Rechtsprechung noch in der portugiesischen Doktrin vorherrschend ist, wie die Vorinstanz überzeugend nachgewiesen hat.
3.5.3 BGE 138 III 714 S. 726
3.6 Zusammenfassend ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Schiedsgericht zur Auffassung gelangte, dass Art. 87 Abs. 1 p-IG aufgrund des Prinzips des favor validitatis gemäss Art. 178 Abs. 2 IPRG für die vorliegende Streitsache unbeachtlich ist. Art. 87 Abs. 1 p-IG lässt die Rechtspersönlichkeit einer portugiesischen Gemeinschuldnerin unberührt und damit auch deren Parteifähigkeit in einem internationalen Schiedsverfahren mit Sitz in der Schweiz. Nach schweizerischer lex arbitri regelt Art. 87 Abs. 1 p-IG mithin einen Aspekt der materiellen Gültigkeit der Schiedsvereinbarung, welche sich nach Art. 178 Abs. 2 IPRG beurteilt. Jedenfalls nach schweizerischem Recht berührt ein Konkurs die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung nicht ( BGE 136 III 107 E. 2.5 S. 108), weshalb Art. 87 Abs. 1 p-IG der Schiedsklausel insoweit die Wirksamkeit nicht zu entziehen vermag. Dass im Übrigen die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung nicht handlungsfähig bzw. nicht berechtigt gewesen wäre, die Schiedsvereinbarung abzuschliessen, wird nicht behauptet.
3.6 Art. 178 Abs. 2 IPRG Art. 178 Abs. 2 IPRG 4. Die Beschwerdeführerin rügt sodann, die Vorinstanz habe Art. 87 Abs. 1 p-IG zu Unrecht nicht als loi d'application immédiate (Eingriffsnorm) angewendet und damit die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung gegenüber der Beschwerdeführerin zu Unrecht bejaht.
4. 4.1 Das Bundesgericht hat die Frage, ob und inwieweit ein Schiedsgericht bei der Beurteilung der Gültigkeit der Schiedsvereinbarung BGE 138 III 714 S. 727 drittstaatliche Eingriffsnormen zu berücksichtigen hat, bisher noch nie beurteilt. Auch der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, diese Frage in allgemeiner Weise zu beantworten, weist doch Art. 87 Abs. 1 p-IG klarerweise nicht den Charakter einer Eingriffsnorm auf:
4.1 BGE 138 III 714 S. 727
4.2 Als Eingriffsnorm müsste Art. 87 Abs. 1 p-IG vom portugiesischen Gesetzgeber unter anderem mit einem international zwingenden Anwendungswillen (KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, a.a.O., N. 663; KAUFMANN-KOHLER/LÉVY/SACCO, a.a.O., S. 385) und einem strikt zwingenden Charakter (POUDRET/BESSON, a.a.O., N. 706) versehen worden sein. Wie das Schiedsgericht zutreffend ausführte, ist ein solcher Anwendungswille in Art. 87 Abs. 1 p-IG indessen gerade nicht zu erkennen. Hätte nämlich der portugiesische Gesetzgeber Art. 87 Abs. 1 p-IG mit international zwingendem Anwendungswillen ausstatten wollen, hätte er kaum einen ausdrücklichen Vorbehalt von internationalem Recht in den Normtext aufgenommen. Dies vermag auch die Beschwerdeführerin mit dem blossen Einwand, Völkerrecht stehe stets über Landesrecht, nicht in Frage zu stellen. Die Beschwerdegegnerin wendet sodann zutreffend ein, dass Art. 87 Abs. 1 p-IG nicht einmal eine zwingende Norm ist, können doch gemäss Art. 192 Abs. 1 p-IG die Bestimmungen des portugiesischen Insolvenzgesetzes in einem Nachlassplan, dem alle Gläubiger zugestimmt haben, abbedungen werden. Art. 87 Abs. 1 p-IG weist folglich keinen zwingenden Charakter auf, was auch die Beschwerdeführerin in ihrer Replik nicht bestreitet. Die Vorinstanz hat Art. 87 Abs. 1 p-IG zu Recht nicht als loi d'application immédiate qualifiziert. Die Rüge erweist sich als unbegründet.
4.2
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Urteilskopf 138 III 728 110. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause A.X. contre Banque A. SA, Banque B. SA et C. (recours en matière civile) 4A_288/2012 du 9 octobre 2012 Regeste a Vorsorgliche Massnahmen ( Art. 261 ff. ZPO und Art. 98 BGG ); Rechenschaftsablegung ( Art. 400 Abs. 1 OR ). Ein Nichteintretensentscheid, der mit der Begründung, die beantragte Massnahme würde voraussetzen, dass über den streitigen Anspruch definitiv entschieden wird, ein Verfahren betreffend vorsorgliche Massnahmen abschliesst, kann nur aus den in Art. 98 BGG genannten Gründen angefochten werden (E. 2.2-2.5). Die Einschätzung, ein Begehren um Rechnungslegung könne nicht Anlass zu vorsorglichen Massnahmen geben, da es eine definitive Entscheidung über den aus Art. 400 Abs. 1 OR fliessenden Anspruch verlangt, ist nicht willkürlich (E. 2.7). Regeste b Rechtsschutz im summarischen Verfahren in klaren Fällen ( Art. 257 ZPO ). Die Voraussetzung der klaren Rechtslage ist im zu beurteilenden Fall nicht gegeben (E. 3). Erwägungen ab Seite 729 BGE 138 III 728 S. 729 Extrait des considérants: 2. 2.1 Le recourant invoque une violation des art. 261 et 262 CPC (RS 272). En substance, il reproche à la Cour de justice d'avoir considéré que la requête fondée sur l' art. 400 al. 1 CO, tendant à la remise de documents, d'informations et de rapports d'activité, ne peut pas être l'objet de la protection provisoire prévue aux dispositions précitées. 2.2 Se pose la question du pouvoir d'examen du Tribunal fédéral, eu égard à l' art. 98 LTF (cf. consid. 1.2 non publié). Il est évident que les mesures provisionnelles ordonnées en vertu des art. 261 ss CPC répondent à la notion de mesures provisionnelles au sens de l' art. 98 LTF. Elles ont un caractère temporaire et ne sont que l'accessoire d'une action au fond, qui réglera définitivement la situation juridique. Si le procès au fond n'est pas déjà pendant, ces mesures doivent être validées par l'ouverture d'une action, laquelle débouchera sur un jugement entraînant la caducité de ces mesures (cf. art. 263 et 268 al. 2 CPC ). En conséquence, lorsque le juge est saisi d'une requête visant à mettre un justiciable au bénéfice de la protection temporaire des art. 261 ss CPC, la décision à intervenir devra le plus souvent être qualifiée de décision sur mesures provisionnelles au sens de l' art. 98 LTF. Toutefois, il convient encore de s'assurer que la décision prise par le juge des mesures provisionnelles n'entraîne pas un effet définitif sur la prétention en cause. 2.3 Dans son message, le Conseil fédéral a invoqué trois motifs conduisant à limiter le pouvoir d'examen en matière de mesures provisionnelles: tout d'abord, le caractère temporaire de ces mesures implique que le Tribunal fédéral risque de devoir réexaminer les mêmes questions juridiques en cas de recours contre la décision principale définitive. Ensuite, ces mesures peuvent être ordonnées sur la base de simples vraisemblances et d'une analyse sommaire du droit; il serait incohérent d'octroyer un plein pouvoir de cognition au Tribunal BGE 138 III 728 S. 730 fédéral. Enfin, il s'agit de ne pas ouvrir les voies de recours plus largement que sous l'ancienne loi fédérale d'organisation judiciaire (OJ; RS 3 521), afin d'éviter une surcharge du Tribunal fédéral, notamment en matière civile (cf. Message du 28 février 2001 concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, FF 2001 4134 ch. 4.1.4.2; BERNARD CORBOZ, in Commentaire de la LTF, 2009, n° 2 ad art. 98 LTF ). Sous l'empire de l'OJ, les décisions sur mesures provisionnelles pouvaient tout au plus être l'objet d'un recours en nullité ou d'un recours de droit public pour violation des droits constitutionnels, à l'exclusion d'un recours en réforme (cf. par ex. ATF 127 III 390 consid. 1a; JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, vol. II, 1990, p. 279). Ce recours ordinaire n'était ouvert que contre des décisions finales ( art. 48 al. 1 OJ ). Cette notion, plus restrictive que celle consacrée à l' art. 90 LTF, englobait toute décision qui, d'une part, mettait un terme à la procédure entre les parties et, d'autre part, statuait sur le fond de la prétention ou s'y refusait pour un motif empêchant définitivement le justiciable d'actionner la même partie en invoquant la même prétention (cf. par ex. ATF 132 III 785 consid. 2 p. 789). Le caractère final ou non d'une décision se déterminait exclusivement en fonction de l'effet qu'elle revêtait sur le droit déduit en justice, indépendamment de la procédure suivie et de la qualification donnée à la décision. Ainsi, une décision rendue en procédure sommaire pouvait être qualifiée de finale, pour autant qu'elle réglât définitivement le sort de l'action; tel était en principe le cas si la décision avait été rendue à l'issue d'une procédure probatoire complète et se fondait sur une motivation exhaustive en droit ( ATF 126 III 445 consid. 3b p. 447; ATF 120 II 352 consid. 1b p. 354; POUDRET, op. cit., p. 267 n. 1.1.2 et p. 277 n. 1.1.5 ad art. 48 OJ ). Sous réserve d'exceptions (cf. ATF 126 III 445 consid. 3b), les décisions rendues en matière de mesures provisionnelles ne remplissaient pas ces exigences et n'étaient donc pas considérées comme des décisions finales au sens de l' art. 48 al. 1 OJ (arrêt 4P.311/2004 du 2 mars 2005 consid. 1.2, résumé in SJ 2005 I p. 492; cf. ATF 112 II 193 consid. 1b p. 196). Sous l'OJ, le Tribunal fédéral avait été saisi d'un recours en réforme contre une décision rejetant une demande en consultation des comptes de la société anonyme au motif que la créancière requérante ne justifiait pas d'un intérêt digne de protection ( art. 697h al. 2 CO ). Conformément au droit cantonal, la décision avait été rendue en BGE 138 III 728 S. 731 procédure sommaire, sur la base de la vraisemblance des faits et aprèsune administration limitée des moyens de preuve. Le Tribunal fédéral avait en substance relevé que la prétention invoquée ne pouvait pas donner lieu à une seconde procédure, puisqu'une fois la consultation exercée, la prétention de la requérante était épuisée. En conséquence, la décision rendue en procédure sommaire était revêtue de l'autorité de chose jugée en vertu du droit fédéral, et pouvait fairel'objet d'un recours en réforme. Le justiciable ne devait pas être privé de cette voie de recours du fait de l'application erronée d'une procédure sommaire limitant le degré de la preuve et l'administration des moyens de preuve ( ATF 120 II 352 ). 2.4 Il découle de ce qui précède que si la décision prise par le juge dans une procédure sommaire ou provisoire a un effet définitif sur le sort de l'action et exclut une procédure ordinaire ultérieure, il ne se justifie pas de restreindre les motifs de recours contre une telle décision. Ce qui valait sous l'OJ vaut aussi sous la LTF. En d'autres termes, lorsqu'il s'agit de définir le pouvoir d'examen dont dispose le Tribunal fédéral pour contrôler une décision rendue par le juge des mesures provisionnelles, il faut déterminer si cette décision revêt ou non un effet définitif, c'est-à-dire final au sens où l'entendait l'ancien art. 48 OJ, plus restrictif que l' art. 90 LTF. La jurisprudence ne dit pas autre chose lorsqu'elle précise que la qualification d'une décision comme jugement de fond ou comme mesure provisionnelle au sens de l' art. 98 LTF ne dépend pas de la procédure dont émane cette décision, mais bien de l'effet - provisoire ou définitif - que celle-ci revêt pour la prétention en cause: il s'agit de rechercher si la décision tranche définitivement une question de droit, sur la base d'un examen complet des faits et du droit, avec autorité de chose jugée ( ATF 133 III 589 consid. 1 p. 590). 2.5 En l'occurrence, le juge des mesures provisionnelles au sens des art. 261 ss CPC a renoncé à entrer en matière sur une demande en reddition de compte fondée sur l' art. 400 al. 1 CO, en faisant valoir que s'il statuait sur cette question, sa décision entraînerait un effet définitif pour la prétention en cause. En se refusant précisément à rendre une telle décision, il a laissé la porte ouverte à une procédure permettant un examen complet de la cause en fait et en droit. Sa décision ne revêt donc pas un effet définitif pour la prétention en cause. Il s'ensuit que l' art. 98 LTF est applicable, et que les motifs de recours sont restreints. BGE 138 III 728 S. 732 2.6 Le recourant invoque une violation des art. 261 ss CPC et explique pour quels motifs il estime erronée l'analyse juridique de la Cour de justice. Toutefois, il ne se plaint pas d'arbitraire dans l'application de ces dispositions. Il plaide certes que la décision attaquée est arbitraire, mais en faisant valoir qu'elle méconnaîtrait des éléments ressortant des pièces produites et qualifierait à tort la succession de conflictuelle. La recevabilité du grief prête ainsi à discussion. Le recourant invoque aussi l' art. 29 Cst. et une violation du droit d'être entendu, mais ses explications ne permettent pas d'inférer qu'il reprocherait à l'autorité intimée un refus de statuer, ce qui aurait pu poser la question d'une éventuelle possibilité de contrôler librement l'application du CPC (cf. arrêt 5A_453/2011 du 9 décembre 2011 consid. 1.2, in Plädoyer 2012 3 p. 68). Cela étant, il importe peu que le recourant n'ait pas invoqué l'arbitraire en relation avec les art. 261 ss CPC. En effet, le raisonnement juridique de la Cour de justice en est clairement exempt, pour les motifs exposés ci-dessous. 2.7 Sur le principe, le juge ne peut pas ordonner dans le cadre provisionnel une mesure qui, de par sa nature, implique un jugement définitif de la prétention à protéger (cf. ISAAK MEIER, Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes, 1983, p. 37, qui cite l'exemple d'une action constatatoire). Cette situation doit être distinguée de la mesure d'exécution anticipée provisoire telle que l'interdiction de faire concurrence qui peut, en pratique, revêtir un effet définitif (cf. FABIENNE HOHL, Procédure civile, tome II, 2 e éd. 2010, p. 334 n. 1830 et ATF 131 III 473 ). Le droit à la consultation des comptes de la SA ( art. 697h CO ) est une prétention de droit privé pouvant donner lieu à une action en justice. Toutefois, il n'est typiquement pas possible de procéder selon la voie provisionnelle. Une condamnation à présenter les comptes a pour effet de régler définitivement le sort du droit à la consultation et n'appelle pas de validation: une fois les comptes consultés, il n'y a plus de place pour une procédure ordinaire sur le même objet ( ATF 120 II 352 consid. 1a et 2b). Le droit à l'information et à la reddition de compte fondé sur le contrat de mandat est un droit accessoire indépendant, qui peut entant que tel faire l'objet d'une action en exécution (WALTER FELLMANN, Commentaire bernois, 1992, n° 88 ad art. 400 CO ). Plusieurs auteurs sont d'avis que la voie des mesures provisionnelles ne peut BGE 138 III 728 S. 733 pas être utilisée pour concrétiser un tel droit. Ces auteurs relèvent que si le jugeordonne au mandataire de fournir l'information ou les documents requis, il règle définitivement le sort de la prétention; celle-ci s'"épuise" avec la communication de l'information, qui offre entière satisfaction au mandant (HOHL, op. cit., p. 334 s. n. 1831 et 1836 s.; YVES WALDMANN, Informationsbeschaffung durch Zivilprozess, 2009, p. 266 et 272 s., approuvé par REMO MÜLLER, Konto und Erbgang - Informationsfluss zwischen Bank/Post und den Erben [...], in Jusletter 29 mars 2010 p. 26 note 115; ces deux derniers auteurs réservent toutefois des exceptions; apparemment contra JULIEN BROQUET, L'action en reddition de comptes et en restitution de l' art. 400 al. 1 CO, in Quelques actions en exécution, 2011, p. 73 s., pour qui la voie provisionnelle peut également être envisagée, même s'il admet qu'elle est ainsi détournée de son but originel). Au vu de ce qui précède, il n'était pas insoutenable d'appliquer à la reddition de compte de l' art. 400 al. 1 CO le même raisonnement que celui tenu par la jurisprudence pour le droit à la consultation des comptes de la SA. Le recourant objecte que l'ancien droit genevois connaissait la reddition de compte par voie provisionnelle et que cette solution devrait s'appliquer par analogie. Il est vrai que l'art. 324 al. 2 let. b de l'ancienne loi de procédure civile genevoise (aLPC/GE) autorisait le juge des mesures provisionnelles à ordonner la reddition de comptes lorsque le droit du requérant était évident ou reconnu. Toutefois, la doctrine n'avait pas manqué de souligner le caractère atypique de cette "mesure provisionnelle" et de remettre en question sa qualification (cf. notamment LAURA JACQUEMOUD-ROSSARI, Reddition de comptes et droit aux renseignements, SJ 2006 II p. 23 s. et 40). Conformément à la lettre même de la loi, doctrine et jurisprudence genevoises n'admettaient cette voie procédurale que si le requérant justifiait d'un droit certain, et pas seulement vraisemblable. Une validation par une procédure ultérieure n'était pas nécessaire. La jurisprudence fédérale avait relevé l'effet définitif de la décision ordonnant une telle mesure et admis la possibilité de recourir en réforme ( ATF 126 III 445 ; cf. aussi arrêt 5C.235/2004 du 24 mars 2005 consid. 1.2, qui se réfère à l' ATF 120 II 352 ). Le recourant ne saurait donc se méprendre sur la nature "provisionnelle" des décisions qui étaient rendues en application de l'art. 324 al. 2 let. b aLPC/GE. 2.8 Dans une argumentation très sommaire, le recourant paraît en outre se plaindre d'une violation de son droit à obtenir une décision BGE 138 III 728 S. 734 motivée. Pour autant que recevable, le grief devrait de toute façon être rejeté, dès lors que les raisons du refus d'appliquer la procédure provisionnelle ressortent clairement de la décision attaquée. Au demeurant, le recourant paraît surtout reprocher à la Cour de justice d'avoir opté pour une opinion doctrinale qui lui est défavorable; or, encore une fois, l'analyse juridique portée par l'autorité intimée n'a rien d'arbitraire. 3. 3.1 Le recourant se plaint ensuite d'arbitraire dans l'application de l' art. 257 CPC. La cour cantonale aurait exclu à tort la voie de la procédure sommaire pour les cas clairs. 3.2 La procédure pour les cas clairs prévue à l' art. 257 CPC permet au juge de statuer sur la prétention avec autorité de chose jugée, si les conditions d'application de cette procédure sommaire sont réalisées. La prétention est jugée sur le fond; elle n'est pas seulement déclarée exécutoire à titre provisoire - comme tel pouvait être le cas dans certaines procédures cantonales. L'admission de la requête exclut toute procédure ordinaire ultérieure (Message du 28 juin 2006 relatif au code de procédure civile suisse, FF 2006 6959 ch. 5.18). La procédure pour les cas clairs n'est donc pas une procédure provisionnelle au sens de l' art. 98 LTF, de sorte que les motifs de recours ne sont pas restreints. Le Tribunal fédéral revoit librement l'application de l' art. 257 CPC. 3.3 Selon l' art. 257 CPC, le tribunal admet l'application de la procédure sommaire à condition que, d'une part, l'état de fait ne soit pas litigieux, ou qu'il soit susceptible d'être immédiatement prouvé (let. a), et que, d'autre part, la situation juridique soit claire (let. b). Cette seconde condition est réalisée si l'application de la norme au cas concret s'impose de façon évidente au regard du texte légal ou sur la base d'une doctrine et d'une jurisprudence éprouvées ( ATF 138 III 123 consid. 2.1.2). Cette procédure accélérée est une option pour le justiciable (Message précité, FF 2006 6959), qui doit donc la solliciter, ce qui n'implique pas nécessairement d'utiliser les termes "cas clairs". En cas de doute, l'autorité doit interpeller le requérant (FRANÇOIS BOHNET, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 19 ad art. 257 CPC ). 3.4 La recevabilité du grief est douteuse. En effet, la Cour de justice a relevé que d'une part, le recourant n'avait pas requis d'entrée de cause l'application de cette procédure et que d'autre part, l'état de fait BGE 138 III 728 S. 735 de la succession était particulièrement conflictuel et la situation juridique particulièrement délicate. Le recourant ne critique pas le premier motif invoqué par la cour et se contente d'expliquer pour quelles raisons le cas clair était à son sens réalisé. Or, la jurisprudence exige, sous peine d'irrecevabilité, d'argumenter sur tous les motifs de l'arrêt attaqué dans la mesure où chacun d'eux suffit à sceller le sort de la cause (cf. ATF 133 IV 119 consid. 6.3). Quoi qu'il en soit, supposé recevable, le grief devrait de toute façon être rejeté pour les motifs exposés ci-dessous. 3.5 Le droit de l'héritier à obtenir des informations peut avoir un fondement contractuel ou successoral. Lorsque l'héritier exerce par une action séparée une prétention de nature contractuelle fondée sur les contrats conclus par le de cujus, il doit établir d'une part la relation contractuelle du défunt avec les tiers intimés, d'autre part l'acquisition de cette prétention par voie successorale. Même si la prétention a un fondement contractuel, il n'en demeure pas moins que la légitimation pour faire valoir ce droit relève, elle, du droit successoral (cf. ATF 132 III 677 consid. 3.4.2-3.4.4; ATF 135 III 185 consid. 3.4.2; ANDREAS SCHRÖDER, Erbrechtliche Informationsansprüche oder: die Geister, die ich rief...", successio 2011 p. 193 s.; BREITSCHMID/MATT, Informationsansprüche der Erben und ihre Durchsetzung, successio 2010 p. 92 et 93; MÜLLER, op. cit., p. 18 note 72). Lorsque l'héritier se prévaut d'un droit à l'information sur des avoirs dont le défunt était seulement l'ayant droit économique, il fait valoir un droit successoral, et non pas contractuel ( ATF 136 III 461 consid. 4 et 5.2; arrêt 5A_638/2009 du 13 septembre 2010 consid. 4.1, rés. in recht 29/2011 p. 134 et PJA 2012 p. 868). 3.6 Dans le cas concret, le recourant entend être renseigné non seulement sur des avoirs dont le défunt était directement titulaire, mais aussi sur des comptes dont le défunt était ayant droit économique. Ses conclusions relèvent donc partiellement du statut successoral, dont on ne saurait soutenir qu'il est clair. Une procédure en ouverture de la succession en Suisse était toujours pendante lorsque l'autorité précédente a rendu sa décision. Même si le jugement tunisien du 2 décembre 2003 a été reconnu en Suisse, se pose la question de la portée de cette reconnaissance par rapport à la procédure pendante. De surcroît, même en présupposant l'applicabilité du droit tunisien, l'on ignore de quelle façon ce droit règle la question de l'information sur des avoirs détenus par des entités dont le défunt était seulement l'ayant droit économique. BGE 138 III 728 S. 736 Le recourant se prévaut certes aussi d'un droit contractuel à l'information, régi par le droit suisse à défaut d'accord contraire ( art. 117 LDIP [RS 291]). Il doit toutefois justifier de l'acquisition de ce droit par voie successorale. Le recourant ne plaide à juste titre pas que la succession serait clairement régie par le droit suisse - lequel lui reconnaît effectivement la qualité d'héritier réservataire ( art. 457 et 471 CC ). Il soutient qu'il jouirait clairement de la même position en droit tunisien, comme l'attesteraient les décisions produites. Son statut ne serait du reste pas contesté par les intimés. Les prétendus aveux judiciaires des intimés sont inexistants. Les allégués sur la qualité d'héritier réservataire selon le droit tunisien n'ont pas été admis par les intimés, qui se sont référés aux jugements tunisiens en contestant les allégations pour le surplus. Quant à la communication partielle d'informations par deux des intimés, elle ne saurait s'interpréter comme une reconnaissance claire de la qualité d'héritier réservataire au regard du droit tunisien. Le jugement tunisien du 2 décembre 2003, confirmé par la Cour de cassation tunisienne le 19 octobre 2009, désigne un liquidateur chargé de répartir l'entier de la succession entre les héritiers, sans constater qui sont ces héritiers. Il a certes été fait droit à une requête émanant du recourant, mais ce simple élément ne permet pas de conclure que la qualité d'héritier, respectivement d'héritier réservataire, a été clairement reconnue au recourant par les tribunaux tunisiens, et encore moins que les droits contractuels du défunt ont clairement été transmis au recourant. Il s'ensuit que l'autorité d'appel n'a pas enfreint le droit fédéral en considérant que la situation juridique n'était pas claire.
Urteilskopf
110. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause A.X. contre Banque A. SA, Banque B. SA et C. (recours en matière civile)
4A_288/2012 du 9 octobre 2012
Regeste a Vorsorgliche Massnahmen ( Art. 261 ff. ZPO und Art. 98 BGG ); Rechenschaftsablegung ( Art. 400 Abs. 1 OR ). Ein Nichteintretensentscheid, der mit der Begründung, die beantragte Massnahme würde voraussetzen, dass über den streitigen Anspruch definitiv entschieden wird, ein Verfahren betreffend vorsorgliche Massnahmen abschliesst, kann nur aus den in Art. 98 BGG genannten Gründen angefochten werden (E. 2.2-2.5). Die Einschätzung, ein Begehren um Rechnungslegung könne nicht Anlass zu vorsorglichen Massnahmen geben, da es eine definitive Entscheidung über den aus Art. 400 Abs. 1 OR fliessenden Anspruch verlangt, ist nicht willkürlich (E. 2.7).
Regeste a
Vorsorgliche Massnahmen ( Art. 261 ff. ZPO und Art. 98 BGG ); Rechenschaftsablegung ( Art. 400 Abs. 1 OR ). Ein Nichteintretensentscheid, der mit der Begründung, die beantragte Massnahme würde voraussetzen, dass über den streitigen Anspruch definitiv entschieden wird, ein Verfahren betreffend vorsorgliche Massnahmen abschliesst, kann nur aus den in Art. 98 BGG genannten Gründen angefochten werden (E. 2.2-2.5). Die Einschätzung, ein Begehren um Rechnungslegung könne nicht Anlass zu vorsorglichen Massnahmen geben, da es eine definitive Entscheidung über den aus Art. 400 Abs. 1 OR fliessenden Anspruch verlangt, ist nicht willkürlich (E. 2.7).
Art. 261 ff. ZPO Art. 98 BGG Art. 400 Abs. 1 OR Ein Nichteintretensentscheid, der mit der Begründung, die beantragte Massnahme würde voraussetzen, dass über den streitigen Anspruch definitiv entschieden wird, ein Verfahren betreffend vorsorgliche Massnahmen abschliesst, kann nur aus den in Art. 98 BGG genannten Gründen angefochten werden (E. 2.2-2.5). Die Einschätzung, ein Begehren um Rechnungslegung könne nicht Anlass zu vorsorglichen Massnahmen geben, da es eine definitive Entscheidung über den aus Art. 400 Abs. 1 OR fliessenden Anspruch verlangt, ist nicht willkürlich (E. 2.7).
Art. 98 BGG Art. 400 Abs. 1 OR Regeste b Rechtsschutz im summarischen Verfahren in klaren Fällen ( Art. 257 ZPO ). Die Voraussetzung der klaren Rechtslage ist im zu beurteilenden Fall nicht gegeben (E. 3).
Regeste b
Rechtsschutz im summarischen Verfahren in klaren Fällen ( Art. 257 ZPO ). Die Voraussetzung der klaren Rechtslage ist im zu beurteilenden Fall nicht gegeben (E. 3).
Art. 257 ZPO Die Voraussetzung der klaren Rechtslage ist im zu beurteilenden Fall nicht gegeben (E. 3).
Erwägungen ab Seite 729
Erwägungen ab Seite 729 BGE 138 III 728 S. 729
BGE 138 III 728 S. 729
Extrait des considérants:
2.
2. 2.1 Le recourant invoque une violation des art. 261 et 262 CPC (RS 272). En substance, il reproche à la Cour de justice d'avoir considéré que la requête fondée sur l' art. 400 al. 1 CO, tendant à la remise de documents, d'informations et de rapports d'activité, ne peut pas être l'objet de la protection provisoire prévue aux dispositions précitées.
2.1 art. 261 et 262 CPC art. 400 al. 1 CO 2.2 Se pose la question du pouvoir d'examen du Tribunal fédéral, eu égard à l' art. 98 LTF (cf. consid. 1.2 non publié).
2.2 art. 98 LTF Il est évident que les mesures provisionnelles ordonnées en vertu des art. 261 ss CPC répondent à la notion de mesures provisionnelles au sens de l' art. 98 LTF. Elles ont un caractère temporaire et ne sont que l'accessoire d'une action au fond, qui réglera définitivement la situation juridique. Si le procès au fond n'est pas déjà pendant, ces mesures doivent être validées par l'ouverture d'une action, laquelle débouchera sur un jugement entraînant la caducité de ces mesures (cf. art. 263 et 268 al. 2 CPC ). En conséquence, lorsque le juge est saisi d'une requête visant à mettre un justiciable au bénéfice de la protection temporaire des art. 261 ss CPC, la décision à intervenir devra le plus souvent être qualifiée de décision sur mesures provisionnelles au sens de l' art. 98 LTF. Toutefois, il convient encore de s'assurer que la décision prise par le juge des mesures provisionnelles n'entraîne pas un effet définitif sur la prétention en cause. art. 261 ss CPC art. 98 LTF art. 263 et 268 al. 2 CPC art. 261 ss CPC art. 98 LTF 2.3 Dans son message, le Conseil fédéral a invoqué trois motifs conduisant à limiter le pouvoir d'examen en matière de mesures provisionnelles: tout d'abord, le caractère temporaire de ces mesures implique que le Tribunal fédéral risque de devoir réexaminer les mêmes questions juridiques en cas de recours contre la décision principale définitive. Ensuite, ces mesures peuvent être ordonnées sur la base de simples vraisemblances et d'une analyse sommaire du droit; il serait incohérent d'octroyer un plein pouvoir de cognition au Tribunal BGE 138 III 728 S. 730 fédéral. Enfin, il s'agit de ne pas ouvrir les voies de recours plus largement que sous l'ancienne loi fédérale d'organisation judiciaire (OJ; RS 3 521), afin d'éviter une surcharge du Tribunal fédéral, notamment en matière civile (cf. Message du 28 février 2001 concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, FF 2001 4134 ch. 4.1.4.2; BERNARD CORBOZ, in Commentaire de la LTF, 2009, n° 2 ad art. 98 LTF ).
2.3 BGE 138 III 728 S. 730
art. 98 LTF Sous l'empire de l'OJ, les décisions sur mesures provisionnelles pouvaient tout au plus être l'objet d'un recours en nullité ou d'un recours de droit public pour violation des droits constitutionnels, à l'exclusion d'un recours en réforme (cf. par ex. ATF 127 III 390 consid. 1a; JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, vol. II, 1990, p. 279). Ce recours ordinaire n'était ouvert que contre des décisions finales ( art. 48 al. 1 OJ ). Cette notion, plus restrictive que celle consacrée à l' art. 90 LTF, englobait toute décision qui, d'une part, mettait un terme à la procédure entre les parties et, d'autre part, statuait sur le fond de la prétention ou s'y refusait pour un motif empêchant définitivement le justiciable d'actionner la même partie en invoquant la même prétention (cf. par ex. ATF 132 III 785 consid. 2 p. 789). Le caractère final ou non d'une décision se déterminait exclusivement en fonction de l'effet qu'elle revêtait sur le droit déduit en justice, indépendamment de la procédure suivie et de la qualification donnée à la décision. Ainsi, une décision rendue en procédure sommaire pouvait être qualifiée de finale, pour autant qu'elle réglât définitivement le sort de l'action; tel était en principe le cas si la décision avait été rendue à l'issue d'une procédure probatoire complète et se fondait sur une motivation exhaustive en droit ( ATF 126 III 445 consid. 3b p. 447; ATF 120 II 352 consid. 1b p. 354; POUDRET, op. cit., p. 267 n. 1.1.2 et p. 277 n. 1.1.5 ad art. 48 OJ ). Sous réserve d'exceptions (cf. ATF 126 III 445 consid. 3b), les décisions rendues en matière de mesures provisionnelles ne remplissaient pas ces exigences et n'étaient donc pas considérées comme des décisions finales au sens de l' art. 48 al. 1 OJ (arrêt 4P.311/2004 du 2 mars 2005 consid. 1.2, résumé in SJ 2005 I p. 492; cf. ATF 112 II 193 consid. 1b p. 196). art. 48 al. 1 OJ art. 90 LTF art. 48 OJ art. 48 al. 1 OJ Sous l'OJ, le Tribunal fédéral avait été saisi d'un recours en réforme contre une décision rejetant une demande en consultation des comptes de la société anonyme au motif que la créancière requérante ne justifiait pas d'un intérêt digne de protection ( art. 697h al. 2 CO ). Conformément au droit cantonal, la décision avait été rendue en BGE 138 III 728 S. 731 procédure sommaire, sur la base de la vraisemblance des faits et aprèsune administration limitée des moyens de preuve. Le Tribunal fédéral avait en substance relevé que la prétention invoquée ne pouvait pas donner lieu à une seconde procédure, puisqu'une fois la consultation exercée, la prétention de la requérante était épuisée. En conséquence, la décision rendue en procédure sommaire était revêtue de l'autorité de chose jugée en vertu du droit fédéral, et pouvait fairel'objet d'un recours en réforme. Le justiciable ne devait pas être privé de cette voie de recours du fait de l'application erronée d'une procédure sommaire limitant le degré de la preuve et l'administration des moyens de preuve ( ATF 120 II 352 ). art. 697h al. 2 CO BGE 138 III 728 S. 731
2.4 Il découle de ce qui précède que si la décision prise par le juge dans une procédure sommaire ou provisoire a un effet définitif sur le sort de l'action et exclut une procédure ordinaire ultérieure, il ne se justifie pas de restreindre les motifs de recours contre une telle décision. Ce qui valait sous l'OJ vaut aussi sous la LTF. En d'autres termes, lorsqu'il s'agit de définir le pouvoir d'examen dont dispose le Tribunal fédéral pour contrôler une décision rendue par le juge des mesures provisionnelles, il faut déterminer si cette décision revêt ou non un effet définitif, c'est-à-dire final au sens où l'entendait l'ancien art. 48 OJ, plus restrictif que l' art. 90 LTF.
2.4 art. 48 OJ art. 90 LTF La jurisprudence ne dit pas autre chose lorsqu'elle précise que la qualification d'une décision comme jugement de fond ou comme mesure provisionnelle au sens de l' art. 98 LTF ne dépend pas de la procédure dont émane cette décision, mais bien de l'effet - provisoire ou définitif - que celle-ci revêt pour la prétention en cause: il s'agit de rechercher si la décision tranche définitivement une question de droit, sur la base d'un examen complet des faits et du droit, avec autorité de chose jugée ( ATF 133 III 589 consid. 1 p. 590). art. 98 LTF 2.5 En l'occurrence, le juge des mesures provisionnelles au sens des art. 261 ss CPC a renoncé à entrer en matière sur une demande en reddition de compte fondée sur l' art. 400 al. 1 CO, en faisant valoir que s'il statuait sur cette question, sa décision entraînerait un effet définitif pour la prétention en cause. En se refusant précisément à rendre une telle décision, il a laissé la porte ouverte à une procédure permettant un examen complet de la cause en fait et en droit. Sa décision ne revêt donc pas un effet définitif pour la prétention en cause. Il s'ensuit que l' art. 98 LTF est applicable, et que les motifs de recours sont restreints. BGE 138 III 728 S. 732
2.5 art. 261 ss CPC art. 400 al. 1 CO art. 98 LTF BGE 138 III 728 S. 732
2.6 Le recourant invoque une violation des art. 261 ss CPC et explique pour quels motifs il estime erronée l'analyse juridique de la Cour de justice. Toutefois, il ne se plaint pas d'arbitraire dans l'application de ces dispositions. Il plaide certes que la décision attaquée est arbitraire, mais en faisant valoir qu'elle méconnaîtrait des éléments ressortant des pièces produites et qualifierait à tort la succession de conflictuelle. La recevabilité du grief prête ainsi à discussion. Le recourant invoque aussi l' art. 29 Cst. et une violation du droit d'être entendu, mais ses explications ne permettent pas d'inférer qu'il reprocherait à l'autorité intimée un refus de statuer, ce qui aurait pu poser la question d'une éventuelle possibilité de contrôler librement l'application du CPC (cf. arrêt 5A_453/2011 du 9 décembre 2011 consid. 1.2, in Plädoyer 2012 3 p. 68).
2.6 art. 261 ss CPC art. 29 Cst. Cela étant, il importe peu que le recourant n'ait pas invoqué l'arbitraire en relation avec les art. 261 ss CPC. En effet, le raisonnement juridique de la Cour de justice en est clairement exempt, pour les motifs exposés ci-dessous. art. 261 ss CPC 2.7 Sur le principe, le juge ne peut pas ordonner dans le cadre provisionnel une mesure qui, de par sa nature, implique un jugement définitif de la prétention à protéger (cf. ISAAK MEIER, Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes, 1983, p. 37, qui cite l'exemple d'une action constatatoire). Cette situation doit être distinguée de la mesure d'exécution anticipée provisoire telle que l'interdiction de faire concurrence qui peut, en pratique, revêtir un effet définitif (cf. FABIENNE HOHL, Procédure civile, tome II, 2 e éd. 2010, p. 334 n. 1830 et ATF 131 III 473 ).
2.7 Le droit à la consultation des comptes de la SA ( art. 697h CO ) est une prétention de droit privé pouvant donner lieu à une action en justice. Toutefois, il n'est typiquement pas possible de procéder selon la voie provisionnelle. Une condamnation à présenter les comptes a pour effet de régler définitivement le sort du droit à la consultation et n'appelle pas de validation: une fois les comptes consultés, il n'y a plus de place pour une procédure ordinaire sur le même objet ( ATF 120 II 352 consid. 1a et 2b). art. 697h CO Le droit à l'information et à la reddition de compte fondé sur le contrat de mandat est un droit accessoire indépendant, qui peut entant que tel faire l'objet d'une action en exécution (WALTER FELLMANN, Commentaire bernois, 1992, n° 88 ad art. 400 CO ). Plusieurs auteurs sont d'avis que la voie des mesures provisionnelles ne peut BGE 138 III 728 S. 733 pas être utilisée pour concrétiser un tel droit. Ces auteurs relèvent que si le jugeordonne au mandataire de fournir l'information ou les documents requis, il règle définitivement le sort de la prétention; celle-ci s'"épuise" avec la communication de l'information, qui offre entière satisfaction au mandant (HOHL, op. cit., p. 334 s. n. 1831 et 1836 s.; YVES WALDMANN, Informationsbeschaffung durch Zivilprozess, 2009, p. 266 et 272 s., approuvé par REMO MÜLLER, Konto und Erbgang - Informationsfluss zwischen Bank/Post und den Erben [...], in Jusletter 29 mars 2010 p. 26 note 115; ces deux derniers auteurs réservent toutefois des exceptions; apparemment contra JULIEN BROQUET, L'action en reddition de comptes et en restitution de l' art. 400 al. 1 CO, in Quelques actions en exécution, 2011, p. 73 s., pour qui la voie provisionnelle peut également être envisagée, même s'il admet qu'elle est ainsi détournée de son but originel). art. 400 CO BGE 138 III 728 S. 733
art. 400 al. 1 CO Au vu de ce qui précède, il n'était pas insoutenable d'appliquer à la reddition de compte de l' art. 400 al. 1 CO le même raisonnement que celui tenu par la jurisprudence pour le droit à la consultation des comptes de la SA. art. 400 al. 1 CO Le recourant objecte que l'ancien droit genevois connaissait la reddition de compte par voie provisionnelle et que cette solution devrait s'appliquer par analogie. Il est vrai que l'art. 324 al. 2 let. b de l'ancienne loi de procédure civile genevoise (aLPC/GE) autorisait le juge des mesures provisionnelles à ordonner la reddition de comptes lorsque le droit du requérant était évident ou reconnu. Toutefois, la doctrine n'avait pas manqué de souligner le caractère atypique de cette "mesure provisionnelle" et de remettre en question sa qualification (cf. notamment LAURA JACQUEMOUD-ROSSARI, Reddition de comptes et droit aux renseignements, SJ 2006 II p. 23 s. et 40). Conformément à la lettre même de la loi, doctrine et jurisprudence genevoises n'admettaient cette voie procédurale que si le requérant justifiait d'un droit certain, et pas seulement vraisemblable. Une validation par une procédure ultérieure n'était pas nécessaire. La jurisprudence fédérale avait relevé l'effet définitif de la décision ordonnant une telle mesure et admis la possibilité de recourir en réforme ( ATF 126 III 445 ; cf. aussi arrêt 5C.235/2004 du 24 mars 2005 consid. 1.2, qui se réfère à l' ATF 120 II 352 ). Le recourant ne saurait donc se méprendre sur la nature "provisionnelle" des décisions qui étaient rendues en application de l'art. 324 al. 2 let. b aLPC/GE.
2.8 Dans une argumentation très sommaire, le recourant paraît en outre se plaindre d'une violation de son droit à obtenir une décision BGE 138 III 728 S. 734 motivée. Pour autant que recevable, le grief devrait de toute façon être rejeté, dès lors que les raisons du refus d'appliquer la procédure provisionnelle ressortent clairement de la décision attaquée. Au demeurant, le recourant paraît surtout reprocher à la Cour de justice d'avoir opté pour une opinion doctrinale qui lui est défavorable; or, encore une fois, l'analyse juridique portée par l'autorité intimée n'a rien d'arbitraire.
2.8 BGE 138 III 728 S. 734
3.
3. 3.1 Le recourant se plaint ensuite d'arbitraire dans l'application de l' art. 257 CPC. La cour cantonale aurait exclu à tort la voie de la procédure sommaire pour les cas clairs.
3.1 art. 257 CPC 3.2 La procédure pour les cas clairs prévue à l' art. 257 CPC permet au juge de statuer sur la prétention avec autorité de chose jugée, si les conditions d'application de cette procédure sommaire sont réalisées. La prétention est jugée sur le fond; elle n'est pas seulement déclarée exécutoire à titre provisoire - comme tel pouvait être le cas dans certaines procédures cantonales. L'admission de la requête exclut toute procédure ordinaire ultérieure (Message du 28 juin 2006 relatif au code de procédure civile suisse, FF 2006 6959 ch. 5.18).
3.2 art. 257 CPC La procédure pour les cas clairs n'est donc pas une procédure provisionnelle au sens de l' art. 98 LTF, de sorte que les motifs de recours ne sont pas restreints. Le Tribunal fédéral revoit librement l'application de l' art. 257 CPC. art. 98 LTF art. 257 CPC 3.3 Selon l' art. 257 CPC, le tribunal admet l'application de la procédure sommaire à condition que, d'une part, l'état de fait ne soit pas litigieux, ou qu'il soit susceptible d'être immédiatement prouvé (let. a), et que, d'autre part, la situation juridique soit claire (let. b). Cette seconde condition est réalisée si l'application de la norme au cas concret s'impose de façon évidente au regard du texte légal ou sur la base d'une doctrine et d'une jurisprudence éprouvées ( ATF 138 III 123 consid. 2.1.2). Cette procédure accélérée est une option pour le justiciable (Message précité, FF 2006 6959), qui doit donc la solliciter, ce qui n'implique pas nécessairement d'utiliser les termes "cas clairs". En cas de doute, l'autorité doit interpeller le requérant (FRANÇOIS BOHNET, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 19 ad art. 257 CPC ).
3.3 art. 257 CPC art. 257 CPC 3.4 La recevabilité du grief est douteuse. En effet, la Cour de justice a relevé que d'une part, le recourant n'avait pas requis d'entrée de cause l'application de cette procédure et que d'autre part, l'état de fait BGE 138 III 728 S. 735 de la succession était particulièrement conflictuel et la situation juridique particulièrement délicate. Le recourant ne critique pas le premier motif invoqué par la cour et se contente d'expliquer pour quelles raisons le cas clair était à son sens réalisé. Or, la jurisprudence exige, sous peine d'irrecevabilité, d'argumenter sur tous les motifs de l'arrêt attaqué dans la mesure où chacun d'eux suffit à sceller le sort de la cause (cf. ATF 133 IV 119 consid. 6.3). Quoi qu'il en soit, supposé recevable, le grief devrait de toute façon être rejeté pour les motifs exposés ci-dessous.
3.4 BGE 138 III 728 S. 735
3.5 Le droit de l'héritier à obtenir des informations peut avoir un fondement contractuel ou successoral. Lorsque l'héritier exerce par une action séparée une prétention de nature contractuelle fondée sur les contrats conclus par le de cujus, il doit établir d'une part la relation contractuelle du défunt avec les tiers intimés, d'autre part l'acquisition de cette prétention par voie successorale. Même si la prétention a un fondement contractuel, il n'en demeure pas moins que la légitimation pour faire valoir ce droit relève, elle, du droit successoral (cf. ATF 132 III 677 consid. 3.4.2-3.4.4; ATF 135 III 185 consid. 3.4.2; ANDREAS SCHRÖDER, Erbrechtliche Informationsansprüche oder: die Geister, die ich rief...", successio 2011 p. 193 s.; BREITSCHMID/MATT, Informationsansprüche der Erben und ihre Durchsetzung, successio 2010 p. 92 et 93; MÜLLER, op. cit., p. 18 note 72).
3.5 Lorsque l'héritier se prévaut d'un droit à l'information sur des avoirs dont le défunt était seulement l'ayant droit économique, il fait valoir un droit successoral, et non pas contractuel ( ATF 136 III 461 consid. 4 et 5.2; arrêt 5A_638/2009 du 13 septembre 2010 consid. 4.1, rés. in recht 29/2011 p. 134 et PJA 2012 p. 868).
3.6 Dans le cas concret, le recourant entend être renseigné non seulement sur des avoirs dont le défunt était directement titulaire, mais aussi sur des comptes dont le défunt était ayant droit économique. Ses conclusions relèvent donc partiellement du statut successoral, dont on ne saurait soutenir qu'il est clair. Une procédure en ouverture de la succession en Suisse était toujours pendante lorsque l'autorité précédente a rendu sa décision. Même si le jugement tunisien du 2 décembre 2003 a été reconnu en Suisse, se pose la question de la portée de cette reconnaissance par rapport à la procédure pendante. De surcroît, même en présupposant l'applicabilité du droit tunisien, l'on ignore de quelle façon ce droit règle la question de l'information sur des avoirs détenus par des entités dont le défunt était seulement l'ayant droit économique. BGE 138 III 728 S. 736
3.6 BGE 138 III 728 S. 736
Le recourant se prévaut certes aussi d'un droit contractuel à l'information, régi par le droit suisse à défaut d'accord contraire ( art. 117 LDIP [RS 291]). Il doit toutefois justifier de l'acquisition de ce droit par voie successorale. Le recourant ne plaide à juste titre pas que la succession serait clairement régie par le droit suisse - lequel lui reconnaît effectivement la qualité d'héritier réservataire ( art. 457 et 471 CC ). Il soutient qu'il jouirait clairement de la même position en droit tunisien, comme l'attesteraient les décisions produites. Son statut ne serait du reste pas contesté par les intimés. art. 117 LDIP art. 457 et 471 CC Les prétendus aveux judiciaires des intimés sont inexistants. Les allégués sur la qualité d'héritier réservataire selon le droit tunisien n'ont pas été admis par les intimés, qui se sont référés aux jugements tunisiens en contestant les allégations pour le surplus. Quant à la communication partielle d'informations par deux des intimés, elle ne saurait s'interpréter comme une reconnaissance claire de la qualité d'héritier réservataire au regard du droit tunisien.
Le jugement tunisien du 2 décembre 2003, confirmé par la Cour de cassation tunisienne le 19 octobre 2009, désigne un liquidateur chargé de répartir l'entier de la succession entre les héritiers, sans constater qui sont ces héritiers. Il a certes été fait droit à une requête émanant du recourant, mais ce simple élément ne permet pas de conclure que la qualité d'héritier, respectivement d'héritier réservataire, a été clairement reconnue au recourant par les tribunaux tunisiens, et encore moins que les droits contractuels du défunt ont clairement été transmis au recourant.
Il s'ensuit que l'autorité d'appel n'a pas enfreint le droit fédéral en considérant que la situation juridique n'était pas claire.
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Urteilskopf 138 III 737 111. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abtei- lung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_702/2012 vom 19. November 2012 Regeste Art. 256 ZGB und Art. 70 ZPO ; Vaterschaftsanfechtung; notwendige Streitgenossenschaft. Das materielle Recht bestimmt, in welchen Fällen mehrere Personen einen Prozess gemeinsam führen und ein Rechtsmittel gemeinsam ergreifen müssen. Ficht der Ehemann die Vermutung seiner Vaterschaft an, besteht zwischen Mutter und Kind eine notwendige (passive) Streitgenossenschaft, doch kann gegen das Urteil von der Mutter oder vom Kind allein ein Rechtsmittel ergriffen werden (E. 2-4). Sachverhalt ab Seite 737 BGE 138 III 737 S. 737 X. und Y. heirateten am 28. September 2000. Am 24. Oktober 2006 wurde die Tochter Z. geboren. Gegen Mutter und Kind erhob Y. eine Klage auf Anfechtung seiner Vaterschaft. Das Kind erhielt für die Führung des Prozesses einen Beistand und schloss auf Abweisung wegen Verwirkung der Klagefrist. X. verlangte ebenfalls die BGE 138 III 737 S. 738 Abweisung der Klage. Gemäss dem gerichtlich eingeholten DNA-Gutachten kann Y. als Vater des Kindes Z. mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Das Bezirksgericht stellte fest, dass Y. nicht der Vater von Z. ist. X. legte eine Berufung gegen Y. und Z. ein und begehrte, die Anfechtungsklage abzuweisen. Das Obergericht trat auf die Berufung nicht ein mit der Begründung, Mutter und Kind seien im Anfechtungsprozess notwendige Streitgenossen, weshalb die Mutter allein keine Berufung erheben könne. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde von X. (Beschwerdeführerin) gut und weist die Sache an das Obergericht zur Beurteilung der Berufung der Beschwerdeführerin zurück. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Anfechtungsprozess ist am 3. Januar 2011 eingeleitet worden. Das kantonale Verfahren hat deshalb insgesamt der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) unterstanden. Die "Notwendige Streitgenossenschaft" (Marginalie) wird in Art. 70 ZPO geregelt. Sind danach mehrere Personen an einem Rechtsverhältnis beteiligt, über das nur mit Wirkung für alle entschieden werden kann, so müssen sie gemeinsam klagen oder beklagt werden (Abs. 1). Rechtzeitige Prozesshandlungen eines Streitgenossen wirken auch für säumige Streitgenossen; ausgenommen ist das Ergreifen von Rechtsmitteln (Abs. 2). Laut Botschaft bestimmt das materielle Recht, in welchen Fällen eine gemeinsame Prozessführung notwendig ist. Wird die Klage in Fällen notwendiger Streitgenossenschaft nicht von allen Berechtigten erhoben oder nicht gegen alle Verpflichteten gerichtet, so fehlt die Aktiv- bzw. Passivlegitimation und die Klage wird als unbegründet abgewiesen. Für das Ergreifen von Rechtsmitteln gilt wie bei der Klageeinreichung, dass die gesamte Streitgenossenschaft handeln muss (vgl. Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7221, 7280 Ziff. 5.53 zu Art. 68 des Entwurfs). Die Botschaft ist dem Vorentwurf der Expertenkommission gefolgt (vgl. Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Vorentwurf der Expertenkommission, Juni 2003, Art. 62 S. 14, und Bericht zum Vorentwurf der Expertenkommission, Juni 2003, S. 37), obgleich im Vernehmlassungsverfahren unter anderem das gemeinsame Ergreifen von Rechtsmitteln durch notwendige Streitgenossen bei kurzen Fristen als problematisch bezeichnet wurde (vgl. Zusammenstellung der Vernehmlassungen, Vorentwurf für ein Bundesgesetz über die Schweizerische BGE 138 III 737 S. 739 Zivilprozessordnung [ZPO], 2004, S. 199 ff.). Die Eidgenössischen Räte haben dem bundesrätlichen Entwurf diskussionslos zugestimmt (AB 2007 S 508 und AB 2008 N 649). 3. Die materiell-rechtliche Ausgangslage zeigt sich wie folgt: 3.1 Die Beschwerdeparteien haben am 28. September 2000 geheiratet. Während der Ehe ist am 24. Oktober 2006 die Tochter Z. geboren. Das Kindesverhältnis zum Vater besteht hier kraft seiner Ehe mit der Mutter (vgl. Art. 252 Abs. 2 ZGB ). Der Ehemann gilt als Vater, wenn ein Kind während der Ehe geboren ist (vgl. Art. 255 Abs. 1 ZGB ). Die Vermutung der Vaterschaft kann gemäss Art. 256 ZGB vom Ehemann (Abs. 1 Ziff. 1) und vom Kind, wenn während seiner Unmündigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat (Abs. 1 Ziff. 2), beim Gericht angefochten werden, wobei sich die Klage des Ehemannes gegen das Kind und die Mutter und die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter richtet (Abs. 2). Dass sich die Anfechtungsklage des Ehemannes gegen das Kind und die Mutter richtet, war bereits in aArt. 253 Abs. 2 ZGB von 1907/12 vorgesehen (AS 24 233, 298 und BS 2 3, 47). Diesbezüglich hat die ZGB-Revision von 1976/78 nichts geändert (vgl. Botschaft an die Bundesversammlung vom 5. Juni 1974 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Kindesverhältnis], BBl 1974 II 1, 29 f. Ziff. 312.21). 3.2 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu aArt. 253 Abs. 2 ZGB besteht zwischen Mutter und Kind im Anfechtungsprozess eine notwendige (passive) Streitgenossenschaft, doch hindert dieser Umstand nicht daran, dass ein im Verfahren gegen Mutter und Kind ergangener Entscheid von der Mutter oder vom Kind allein weitergezogen werden kann. Begründet wurde die Rechtsprechung zunächst mit den Bestimmungen über den Bundeszivilprozess und den im Anfechtungsverfahren geltenden Prozessmaximen. In den Vordergrund rückte später die Begründung, es liesse sich nicht rechtfertigen, dass in der vorliegenden Prozesssituation dem Kinde, zufolge der entgegengesetzten Stellungnahme seiner mitbeklagten Mutter zur Klage, die Anrufung der obersten Instanz verunmöglicht sein sollte. Auf die Berufung des Kindes ist daher einzutreten, ohne dass die Mutter im Berufungsverfahren als dessen Streitgenossin oder gar als Berufungsbeklagte zu behandeln wäre. Davon, dass es zufolge des Ausscheidens der Mutter aus dem Verfahren zu sich widersprechenden Urteilen käme, wenn in Gutheissung der Berufung des Kindes allein die Klage gegen dieses abgewiesen würde, kann selbstverständlich BGE 138 III 737 S. 740 keine Rede sein. Der eheliche oder uneheliche Status einer Person ist ein einheitliches Rechtsverhältnis; das letztinstanzliche rechtsgestaltende Urteil darüber wirkt gegenüber allen am Rechtsverhältnis, nicht nur den am Prozesse in seiner letzten Phase, Beteiligten in gleicher Weise, also gegenüber Ehemann, Mutter und Kind gleich (vgl. BGE 82 II 1 S. 3 f.; BGE 87 II 281 E. 1 S. 284; BGE 95 II 291 E. 1 S. 294). Dass Mutter und Kind als notwendige Streitgenossen nicht gemeinsam, sondern je für sich allein ein Rechtsmittel gegen das die Anfechtungsklage gutheissende Urteil einlegen können, wurde in der späteren Rechtsprechung als eine Ausnahme von allgemeinen Grundsätzen für den Sonderfall von Statusklagen bezeichnet (vgl. BGE 130 III 550 E. 2.1.2 S. 552 f.) und auch nach Inkrafttreten von Art. 256 Abs. 2 ZGB diskussionslos anerkannt (vgl. Urteil 5A_240/2011 vom 6. Juli 2011 E. 3). 3.3 Die Rechtsprechung wird in den Kommentierungen des Kindesrechts unwidersprochen wiedergegeben (vgl. HEGNAUER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1964, N. 15 und 38 zu aArt. 253 ZGB, und 4. Aufl. 1984, N. 83 und 86 zu Art. 256 ZGB ; GUILLOD, in: Commentaire romand, Code civil, Bd. I, 2010, N. 12, und SCHWENZER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 9 zu Art. 256 ZGB ). Vereinzelt wird klargestellt, dass am eingeklagten Rechtsverhältnis an sich nur der Vater und das Kind beteiligt sind. Von Gesetzes wegen aber muss die Mutter neben dem Kind eingeklagt werden, hat doch die Beseitigung des Kindesverhältnisses für sie schwerwiegende moralische und materielle Auswirkungen (vgl. STETTLER, Das Kindesrecht, SPR Bd. III/2, 1992, § 11/I/B S. 173). Folgerichtig wird aus prozessualer Sicht darauf hingewiesen, dass auf der Beklagtenseite eine sog. uneigentliche notwendige Streitgenossenschaft vorliegt, die keine gemeinsame Prozessführung voraussetzt, zumal das Urteil zur Vaterschaft rechtsgestaltend wirkt und jedermann bindet (vgl. HABSCHEID, Schweizerisches Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht, 2. Aufl. 1990, N. 287 S. 156, mit Hinweis auf BGE 82 II 3 in Anm. 19; vgl. zum Begriff: BGE 136 III 534 E. 2.1 S. 535). 4. Seine abweichende Meinung begründet das Obergericht mit dem Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung und mit Hinweis auf eine Lehrmeinung zu Art. 70 ZPO. 4.1 Nach der zitierten Lehrmeinung bleibt für die Praxis, wonach Rechtsmittel betreffend Gestaltungsklagen, namentlich in Bezug auf die Anfechtung der Vaterschaft, von jedem Streitgenossen allein mit Wirkung für alle erhoben werden könnten, gemäss Art. 70 Abs. 2 BGE 138 III 737 S. 741 ZPO kein Raum mehr (vgl. ANNE-CATHERINE HAHN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 15 zu Art. 70 ZPO ). Davon gibt es wiederum abweichende Meinungen, die von der gemeinsamen Einlegung eines Rechtsmittels durch die notwendigen Streitgenossen Ausnahmen zur Verwirklichung des materiellen Rechts und zwecks Abwendung drohender Nachteile (z.B. Interessenkollisionen) zulassen wollen (vgl. RUGGLE, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 44 zu Art. 70 ZPO ) oder eine Weitergeltung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im vorliegenden Bereich anerkennen (vgl. DOMEJ, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 24 zu Art. 70 ZPO, S. 303). Entscheidend ist, dass nicht das Prozessrecht, sondern das materielle Recht bestimmt, in welchen Fällen mehrere Personen zur gemeinsamen Prozessführung verpflichtet sind (vgl. E. 2 hiervor). In Auslegung von aArt. 253 Abs. 2 ZGB und dem hier inhaltlich gleichlautenden Art. 256 Abs. 2 ZGB ist das Bundesgericht zum Ergebnis gelangt, dass wegen der Gefahr einer Kollision der Interessen von Mutter und Kind und mit Rücksicht auf die Gestaltungswirkung des eine Anfechtungsklage gutheissenden Urteils Mutter oder Kind allein ein Rechtsmittel einlegen dürfen (E. 3 hiervor). Daran ist festzuhalten und hat das Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung nichts geändert. Fallbezogen kommt hinzu, dass die Beschwerdeführerin ihre kantonale Berufung ausdrücklich auch gegen die Tochter gerichtet hat und in ihrer heutigen Beschwerde die Tochter als Verfahrensbeteiligte aufführt, womit in formeller Hinsicht der Einbezug des Kindes in das Rechtsmittelverfahren gewährleistet ist. 4.2 Das Bundesgericht hat auch nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) keinen begründeten Anlass gesehen, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen (vgl. Urteil 5A_240/2011 vom 6. Juli 2011 E. 3). Die obergerichtliche Auslegung, die Mutter des Kindes sei zur Berufung gegen das eine Anfechtungsklage gutheissende Urteil allein nicht berechtigt, führt dazu, dass sich am Verfahren vor Obergericht als Partei nicht mehr beteiligen kann, wer zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt ist. Die Ablehnung der Berufungsberechtigung in Anwendung von Art. 70 Abs. 2 ZPO verletzt somit Art. 111 Abs. 1 BGG, wonach die kantonalen Behörden die Rechtsmittelbefugnis nicht enger fassen dürfen, als dies für die Beschwerde an das Bundesgericht vorgesehen ist (vgl. Urteil 4A_33/2007 vom 27. September 2007 E. 2; für den öffentlich-rechtlichen BGE 138 III 737 S. 742 Bereich: BGE 138 II 162 E. 2.1.1 S. 164; BGE 137 II 30 E. 2.2.1 S. 32 f.). Die angefochtene Auslegung lässt sich auch unter dem Blickwinkel der Einheit der Verfahrensordnung nicht halten. 4.3 Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde gutgeheissen und der angefochtene Beschluss, auf die Berufung nicht einzutreten, aufgehoben werden. Auf die in der Eventualbegründung erhobenen Rügen gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege im kantonalen Berufungsverfahren ist damit nicht mehr einzugehen.
Urteilskopf
111. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abtei- lung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_702/2012 vom 19. November 2012
Regeste Art. 256 ZGB und Art. 70 ZPO ; Vaterschaftsanfechtung; notwendige Streitgenossenschaft. Das materielle Recht bestimmt, in welchen Fällen mehrere Personen einen Prozess gemeinsam führen und ein Rechtsmittel gemeinsam ergreifen müssen. Ficht der Ehemann die Vermutung seiner Vaterschaft an, besteht zwischen Mutter und Kind eine notwendige (passive) Streitgenossenschaft, doch kann gegen das Urteil von der Mutter oder vom Kind allein ein Rechtsmittel ergriffen werden (E. 2-4).
Regeste
Art. 256 ZGB und Art. 70 ZPO ; Vaterschaftsanfechtung; notwendige Streitgenossenschaft. Das materielle Recht bestimmt, in welchen Fällen mehrere Personen einen Prozess gemeinsam führen und ein Rechtsmittel gemeinsam ergreifen müssen. Ficht der Ehemann die Vermutung seiner Vaterschaft an, besteht zwischen Mutter und Kind eine notwendige (passive) Streitgenossenschaft, doch kann gegen das Urteil von der Mutter oder vom Kind allein ein Rechtsmittel ergriffen werden (E. 2-4).
Art. 256 ZGB Art. 70 ZPO Das materielle Recht bestimmt, in welchen Fällen mehrere Personen einen Prozess gemeinsam führen und ein Rechtsmittel gemeinsam ergreifen müssen. Ficht der Ehemann die Vermutung seiner Vaterschaft an, besteht zwischen Mutter und Kind eine notwendige (passive) Streitgenossenschaft, doch kann gegen das Urteil von der Mutter oder vom Kind allein ein Rechtsmittel ergriffen werden (E. 2-4).
Sachverhalt ab Seite 737
Sachverhalt ab Seite 737 BGE 138 III 737 S. 737
BGE 138 III 737 S. 737
X. und Y. heirateten am 28. September 2000. Am 24. Oktober 2006 wurde die Tochter Z. geboren. Gegen Mutter und Kind erhob Y. eine Klage auf Anfechtung seiner Vaterschaft. Das Kind erhielt für die Führung des Prozesses einen Beistand und schloss auf Abweisung wegen Verwirkung der Klagefrist. X. verlangte ebenfalls die BGE 138 III 737 S. 738 Abweisung der Klage. Gemäss dem gerichtlich eingeholten DNA-Gutachten kann Y. als Vater des Kindes Z. mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Das Bezirksgericht stellte fest, dass Y. nicht der Vater von Z. ist. X. legte eine Berufung gegen Y. und Z. ein und begehrte, die Anfechtungsklage abzuweisen. Das Obergericht trat auf die Berufung nicht ein mit der Begründung, Mutter und Kind seien im Anfechtungsprozess notwendige Streitgenossen, weshalb die Mutter allein keine Berufung erheben könne. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde von X. (Beschwerdeführerin) gut und weist die Sache an das Obergericht zur Beurteilung der Berufung der Beschwerdeführerin zurück.
BGE 138 III 737 S. 738
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. Der Anfechtungsprozess ist am 3. Januar 2011 eingeleitet worden. Das kantonale Verfahren hat deshalb insgesamt der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) unterstanden. Die "Notwendige Streitgenossenschaft" (Marginalie) wird in Art. 70 ZPO geregelt. Sind danach mehrere Personen an einem Rechtsverhältnis beteiligt, über das nur mit Wirkung für alle entschieden werden kann, so müssen sie gemeinsam klagen oder beklagt werden (Abs. 1). Rechtzeitige Prozesshandlungen eines Streitgenossen wirken auch für säumige Streitgenossen; ausgenommen ist das Ergreifen von Rechtsmitteln (Abs. 2). Laut Botschaft bestimmt das materielle Recht, in welchen Fällen eine gemeinsame Prozessführung notwendig ist. Wird die Klage in Fällen notwendiger Streitgenossenschaft nicht von allen Berechtigten erhoben oder nicht gegen alle Verpflichteten gerichtet, so fehlt die Aktiv- bzw. Passivlegitimation und die Klage wird als unbegründet abgewiesen. Für das Ergreifen von Rechtsmitteln gilt wie bei der Klageeinreichung, dass die gesamte Streitgenossenschaft handeln muss (vgl. Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7221, 7280 Ziff. 5.53 zu Art. 68 des Entwurfs). Die Botschaft ist dem Vorentwurf der Expertenkommission gefolgt (vgl. Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Vorentwurf der Expertenkommission, Juni 2003, Art. 62 S. 14, und Bericht zum Vorentwurf der Expertenkommission, Juni 2003, S. 37), obgleich im Vernehmlassungsverfahren unter anderem das gemeinsame Ergreifen von Rechtsmitteln durch notwendige Streitgenossen bei kurzen Fristen als problematisch bezeichnet wurde (vgl. Zusammenstellung der Vernehmlassungen, Vorentwurf für ein Bundesgesetz über die Schweizerische BGE 138 III 737 S. 739 Zivilprozessordnung [ZPO], 2004, S. 199 ff.). Die Eidgenössischen Räte haben dem bundesrätlichen Entwurf diskussionslos zugestimmt (AB 2007 S 508 und AB 2008 N 649).
2. Art. 70 ZPO BGE 138 III 737 S. 739
3. Die materiell-rechtliche Ausgangslage zeigt sich wie folgt:
3. 3.1 Die Beschwerdeparteien haben am 28. September 2000 geheiratet. Während der Ehe ist am 24. Oktober 2006 die Tochter Z. geboren. Das Kindesverhältnis zum Vater besteht hier kraft seiner Ehe mit der Mutter (vgl. Art. 252 Abs. 2 ZGB ). Der Ehemann gilt als Vater, wenn ein Kind während der Ehe geboren ist (vgl. Art. 255 Abs. 1 ZGB ). Die Vermutung der Vaterschaft kann gemäss Art. 256 ZGB vom Ehemann (Abs. 1 Ziff. 1) und vom Kind, wenn während seiner Unmündigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat (Abs. 1 Ziff. 2), beim Gericht angefochten werden, wobei sich die Klage des Ehemannes gegen das Kind und die Mutter und die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter richtet (Abs. 2). Dass sich die Anfechtungsklage des Ehemannes gegen das Kind und die Mutter richtet, war bereits in aArt. 253 Abs. 2 ZGB von 1907/12 vorgesehen (AS 24 233, 298 und BS 2 3, 47). Diesbezüglich hat die ZGB-Revision von 1976/78 nichts geändert (vgl. Botschaft an die Bundesversammlung vom 5. Juni 1974 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Kindesverhältnis], BBl 1974 II 1, 29 f. Ziff. 312.21).
3.1 Art. 252 Abs. 2 ZGB Art. 255 Abs. 1 ZGB Art. 256 ZGB 3.2 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu aArt. 253 Abs. 2 ZGB besteht zwischen Mutter und Kind im Anfechtungsprozess eine notwendige (passive) Streitgenossenschaft, doch hindert dieser Umstand nicht daran, dass ein im Verfahren gegen Mutter und Kind ergangener Entscheid von der Mutter oder vom Kind allein weitergezogen werden kann. Begründet wurde die Rechtsprechung zunächst mit den Bestimmungen über den Bundeszivilprozess und den im Anfechtungsverfahren geltenden Prozessmaximen. In den Vordergrund rückte später die Begründung, es liesse sich nicht rechtfertigen, dass in der vorliegenden Prozesssituation dem Kinde, zufolge der entgegengesetzten Stellungnahme seiner mitbeklagten Mutter zur Klage, die Anrufung der obersten Instanz verunmöglicht sein sollte. Auf die Berufung des Kindes ist daher einzutreten, ohne dass die Mutter im Berufungsverfahren als dessen Streitgenossin oder gar als Berufungsbeklagte zu behandeln wäre. Davon, dass es zufolge des Ausscheidens der Mutter aus dem Verfahren zu sich widersprechenden Urteilen käme, wenn in Gutheissung der Berufung des Kindes allein die Klage gegen dieses abgewiesen würde, kann selbstverständlich BGE 138 III 737 S. 740 keine Rede sein. Der eheliche oder uneheliche Status einer Person ist ein einheitliches Rechtsverhältnis; das letztinstanzliche rechtsgestaltende Urteil darüber wirkt gegenüber allen am Rechtsverhältnis, nicht nur den am Prozesse in seiner letzten Phase, Beteiligten in gleicher Weise, also gegenüber Ehemann, Mutter und Kind gleich (vgl. BGE 82 II 1 S. 3 f.; BGE 87 II 281 E. 1 S. 284; BGE 95 II 291 E. 1 S. 294). Dass Mutter und Kind als notwendige Streitgenossen nicht gemeinsam, sondern je für sich allein ein Rechtsmittel gegen das die Anfechtungsklage gutheissende Urteil einlegen können, wurde in der späteren Rechtsprechung als eine Ausnahme von allgemeinen Grundsätzen für den Sonderfall von Statusklagen bezeichnet (vgl. BGE 130 III 550 E. 2.1.2 S. 552 f.) und auch nach Inkrafttreten von Art. 256 Abs. 2 ZGB diskussionslos anerkannt (vgl. Urteil 5A_240/2011 vom 6. Juli 2011 E. 3).
3.2 BGE 138 III 737 S. 740
Art. 256 Abs. 2 ZGB 3.3 Die Rechtsprechung wird in den Kommentierungen des Kindesrechts unwidersprochen wiedergegeben (vgl. HEGNAUER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1964, N. 15 und 38 zu aArt. 253 ZGB, und 4. Aufl. 1984, N. 83 und 86 zu Art. 256 ZGB ; GUILLOD, in: Commentaire romand, Code civil, Bd. I, 2010, N. 12, und SCHWENZER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 9 zu Art. 256 ZGB ). Vereinzelt wird klargestellt, dass am eingeklagten Rechtsverhältnis an sich nur der Vater und das Kind beteiligt sind. Von Gesetzes wegen aber muss die Mutter neben dem Kind eingeklagt werden, hat doch die Beseitigung des Kindesverhältnisses für sie schwerwiegende moralische und materielle Auswirkungen (vgl. STETTLER, Das Kindesrecht, SPR Bd. III/2, 1992, § 11/I/B S. 173). Folgerichtig wird aus prozessualer Sicht darauf hingewiesen, dass auf der Beklagtenseite eine sog. uneigentliche notwendige Streitgenossenschaft vorliegt, die keine gemeinsame Prozessführung voraussetzt, zumal das Urteil zur Vaterschaft rechtsgestaltend wirkt und jedermann bindet (vgl. HABSCHEID, Schweizerisches Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht, 2. Aufl. 1990, N. 287 S. 156, mit Hinweis auf BGE 82 II 3 in Anm. 19; vgl. zum Begriff: BGE 136 III 534 E. 2.1 S. 535).
3.3 Art. 256 ZGB Art. 256 ZGB 4. Seine abweichende Meinung begründet das Obergericht mit dem Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung und mit Hinweis auf eine Lehrmeinung zu Art. 70 ZPO.
4. Art. 70 ZPO 4.1 Nach der zitierten Lehrmeinung bleibt für die Praxis, wonach Rechtsmittel betreffend Gestaltungsklagen, namentlich in Bezug auf die Anfechtung der Vaterschaft, von jedem Streitgenossen allein mit Wirkung für alle erhoben werden könnten, gemäss Art. 70 Abs. 2 BGE 138 III 737 S. 741 ZPO kein Raum mehr (vgl. ANNE-CATHERINE HAHN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 15 zu Art. 70 ZPO ). Davon gibt es wiederum abweichende Meinungen, die von der gemeinsamen Einlegung eines Rechtsmittels durch die notwendigen Streitgenossen Ausnahmen zur Verwirklichung des materiellen Rechts und zwecks Abwendung drohender Nachteile (z.B. Interessenkollisionen) zulassen wollen (vgl. RUGGLE, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 44 zu Art. 70 ZPO ) oder eine Weitergeltung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im vorliegenden Bereich anerkennen (vgl. DOMEJ, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 24 zu Art. 70 ZPO, S. 303). Entscheidend ist, dass nicht das Prozessrecht, sondern das materielle Recht bestimmt, in welchen Fällen mehrere Personen zur gemeinsamen Prozessführung verpflichtet sind (vgl. E. 2 hiervor). In Auslegung von aArt. 253 Abs. 2 ZGB und dem hier inhaltlich gleichlautenden Art. 256 Abs. 2 ZGB ist das Bundesgericht zum Ergebnis gelangt, dass wegen der Gefahr einer Kollision der Interessen von Mutter und Kind und mit Rücksicht auf die Gestaltungswirkung des eine Anfechtungsklage gutheissenden Urteils Mutter oder Kind allein ein Rechtsmittel einlegen dürfen (E. 3 hiervor). Daran ist festzuhalten und hat das Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung nichts geändert. Fallbezogen kommt hinzu, dass die Beschwerdeführerin ihre kantonale Berufung ausdrücklich auch gegen die Tochter gerichtet hat und in ihrer heutigen Beschwerde die Tochter als Verfahrensbeteiligte aufführt, womit in formeller Hinsicht der Einbezug des Kindes in das Rechtsmittelverfahren gewährleistet ist.
4.1 Art. 70 Abs. 2 BGE 138 III 737 S. 741 ZPO BGE 138 III 737 S. 741
Art. 70 ZPO Art. 70 ZPO Art. 70 ZPO Art. 256 Abs. 2 ZGB 4.2 Das Bundesgericht hat auch nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) keinen begründeten Anlass gesehen, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen (vgl. Urteil 5A_240/2011 vom 6. Juli 2011 E. 3). Die obergerichtliche Auslegung, die Mutter des Kindes sei zur Berufung gegen das eine Anfechtungsklage gutheissende Urteil allein nicht berechtigt, führt dazu, dass sich am Verfahren vor Obergericht als Partei nicht mehr beteiligen kann, wer zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt ist. Die Ablehnung der Berufungsberechtigung in Anwendung von Art. 70 Abs. 2 ZPO verletzt somit Art. 111 Abs. 1 BGG, wonach die kantonalen Behörden die Rechtsmittelbefugnis nicht enger fassen dürfen, als dies für die Beschwerde an das Bundesgericht vorgesehen ist (vgl. Urteil 4A_33/2007 vom 27. September 2007 E. 2; für den öffentlich-rechtlichen BGE 138 III 737 S. 742 Bereich: BGE 138 II 162 E. 2.1.1 S. 164; BGE 137 II 30 E. 2.2.1 S. 32 f.). Die angefochtene Auslegung lässt sich auch unter dem Blickwinkel der Einheit der Verfahrensordnung nicht halten.
4.2 Art. 70 Abs. 2 ZPO Art. 111 Abs. 1 BGG BGE 138 III 737 S. 742
4.3 Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde gutgeheissen und der angefochtene Beschluss, auf die Berufung nicht einzutreten, aufgehoben werden. Auf die in der Eventualbegründung erhobenen Rügen gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege im kantonalen Berufungsverfahren ist damit nicht mehr einzugehen.
4.3
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Urteilskopf 138 III 742 112. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Grundbuchamt A. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_593/2012 vom 1. November 2012 Regeste Art. 732 Abs. 2 ZGB ; Plan für das Grundbuch. Ein privat erstellter Plan, namentlich auch der Architektenplan, ist kein Auszug des Planes für das Grundbuch im Sinn der vorgenannten Bestimmung (E. 2). Sachverhalt ab Seite 742 BGE 138 III 742 S. 742 A. Die X. AG ist Eigentümerin des Grundstücks GBB-1. Mit öffentlicher Urkunde vom 19. Januar 2012 räumten ihr die Eigentümer des Nachbargrundstückes GBB-2 ein Näherbaurecht ein. Inhalt dieser Dienstbarkeit ist das Recht zur Erstellung einer Baute auf einer Länge von 37,64 m im Abstand von 3,745 bis 3,985 m zur Grundstücksgrenze. B. Mit Anmeldung vom 23. Januar 2012 ersuchte die X. AG das Grundbuchamt (...) zu Gunsten ihres und zu Lasten des BGE 138 III 742 S. 743 Nachbargrundstücks das Näherbaurecht im Grundbuch einzutragen. Dabei reichte sie dem Grundbuchamt einen Architektenplan ein, worin die im Unterabstand zu erstellende Baute eingezeichnet ist. Mit Verfügung vom 7. Februar 2012 wies das Grundbuchamt die Anmeldung ab mit der Begründung, der eingereichte Architektenplan stelle keinen Plan für das Grundbuch im Sinn von Art. 732 Abs. 2 ZGB dar. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 10. Juli 2012 ab. C. Gegen diesen Entscheid hat die X. AG am 20. August 2012 eine Beschwerde in Zivilsachen eingereicht mit den Begehren um dessen Aufhebung und Anweisung des Grundbuchamtes, das fragliche Näherbaurecht einzutragen. (...) (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Streitgegenstand ist, ob ein Architektenplan als Plan für das Grundbuch im Sinn von Art. 732 Abs. 2 ZGB dienen kann. Das Grundbuchamt wie auch das Obergericht haben die Frage verneint und befunden, im Kanton Luzern seien entsprechend dem Informationsschreiben der Leitung Gruppe Grundbuch vom 19. Dezember 2011 nur drei Varianten als Plan für das Grundbuch zu akzeptieren, nämlich der Plan des Geometers (Format A4 oder A3), der Ausdruck aus dem GRAVIS oder der Ausdruck aus dem Geoportal. Die Beschwerdeführerin hält dies für bundesrechtswidrig bzw. der ratio legis von Art. 732 Abs. 2 ZGB widersprechend, indem der Sinn und Zweck der zeichnerischen Darstellung einzig darin bestehe, spätere Meinungsverschiedenheiten zwischen den Rechtsnachfolgern zu vermeiden. Vorliegend entspreche der Architektenplan exakt dem Grundbuchplan, wie er im Internet aufgeschaltet sei, und die geplante Lagerhalle sei massstabgetreu eingezeichnet; der Architektenplan entspreche somit im Ergebnis dem Plan des Geometers. 2.1 Das Näherbaurecht wird in der Form einer Dienstbarkeit begründet. Diese belastet ein Grundstück immer als Ganzes. Die Parteien können die Ausübung einer Dienstbarkeit jedoch auf einen Teil des Grundstücks beschränken, was beim Näherbaurecht regelmässig zutrifft; diesfalls muss der betreffende Teil anhand des Vertrages bzw. eines Planes eruiert werden können (HÜRLIMANN-KAUP, Neuerungen im Dienstbarkeitsrecht, in: Die Dienstbarkeiten und das neue Schuldbriefrecht, 2012, S. 36). BGE 138 III 742 S. 744 2.2 Im Rahmen der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Sachenrechtsrevision wurde diesbezüglich Art. 732 ZGB neu gefasst und präzisiert: Beschränkt sich die Ausübung einer Dienstbarkeit auf einen Teil des Grundstücks und ist die örtliche Lage im Rechtsgrundausweis nicht genügend bestimmbar umschrieben, so ist sie gemäss Art. 732 Abs. 2 ZGB in einem Auszug des Planes für das Grundbuch zeichnerisch darzustellen. Was ein "Plan für das Grundbuch" ist, wird aufgrund der Verweise in Art. 950 ZGB, Art. 29 Abs. 2 lit. e und Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 2007 über Geoinformation (Geoinformationsgesetz, GeoIG; SR 510.62) sowie Art. 2 lit. f der Grundbuchverordnung vom 23. September 2011 (GBV; SR 211.432.1) in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung vom 18. November 1992 über die amtliche Vermessung (VAV; SR 211.432.2) verbindlich definiert: "Es handelt sich um einen aus den Daten der amtlichen Vermessung erstellten analogen oder digitalen graphischen Auszug, der als Bestandteil des Grundbuchs die Liegenschaften sowie die flächenmässig ausgeschiedenen selbständigen und dauernden Rechte und Bergwerke abgrenzt; ihm kommen die Rechtswirkungen von Eintragungen im Grundbuch zu." Der Plan für das Grundbuch ist mithin ein graphischer Auszug aus dem Grunddatensatz, der die Grundstücke voneinander abgrenzt und am öffentlichen Glauben des Grundbuches teilhat (vgl. ZOBL, Grundbuchrecht, 2. Aufl. 2004, Rz. 233 und 235). Gemäss der Botschaft zur Revision des Sachenrechts ist im Zusammenhang mit Art. 732 Abs. 2 ZGB kein eigentlicher, vom Geometer ausgestellter und unterzeichneter Plan, wie dies bislang praxisgemäss in verschiedenen Kantonen verlangt wurde, erforderlich; es soll vielmehr ein Auszug aus dem Plan für das Grundbuch, der beispielsweise aus dem Internet heruntergeladen wurde und auf welchem die Grundstücksgrenzen und die Lage der Gebäude sichtbar sind, genügen (vgl. Botschaft vom 27. Juni 2007 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht], BBl 2007 5310 Ziff. 2.2.1.1). In der Lehre wird darauf hingewiesen, dass es sich um einen aktuellen Plan desNachführungsgeometers mit sichtbaren Grundstückgrenzen und Grundstücknummern handeln muss, wobei die Einzeichnungen der Dienstbarkeiten nicht zwingend vom Nachführungsgeometer vorgenommen werden müssen (PFÄFFLI, Neuerungen im Dienstbarkeitsrecht, in: Revision des Immobiliarsachenrechts, 2011, S. 121; derselbe Dienstbarkeitsvertrag und grundbuchlicher Vollzug, in: Die Dienstbarkeiten BGE 138 III 742 S. 745 und das neue Schuldbriefrecht, 2012, S. 89; PFÄFFLI/BYLAND, Sachenrecht und Notar: Neuerungen, Der bernische Notar 2011 S. 80; ARNET, Neuerungen bei den Dienstbarkeiten, in: Revision des Sachenrechts - ein erster Überblick für Eilige, 2012, S. 10 f.; SCHMID, Das Dienstbarkeitsrecht im Lichte der Revision des Immobiliarsachenrechts, ZBGR 93/2012 S. 157). Im Unterschied zur amtlichen Vermessung, welche als Bestandteil des Grundbuches die genauen Grenzverläufe der Grundstücke festhält, finden die privaten Einzeichnungen keinen Eingang ins Vermessungswerk und sie bilden auch nicht Gegenstand des öffentlichen Glaubens (PFÄFFLI, Dienstbarkeiten: Neuerungen mit besonderer Berücksichtigung des Bereinigungsverfahrens, ZBGR 91/2010 S. 362). Während nach dem Gesagten die Parteien die Einzeichnungen selber vornehmen können, genügt ein privat erstellter Plan nach neuem Recht nicht mehr (SCHMID/HÜRLIMANN-KAUP, Sachenrecht, 4. Aufl. 2012, Rz. 1246; HÜRLIMANN-KAUP, a.a.O., S. 36; anders das frühere Recht, vgl. Urteil 5A_641/2008 vom 8. Januar 2009 E. 4.1; anders auch in noch unvermessenen Gebieten, vgl. Botschaft, BBl 2007 5310 Ziff. 2.2.1.1). Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass der von ihr eingereichte Plan materiell allen Anforderungen genüge oder sogar darüber hinausgehe, stösst deshalb ins Leere. Sie geht ferner deshalb an der Sache vorbei, weil die materielle Prüfungsbefugnis des Grundbuchverwalters beschränkt ist (vgl. BGE 124 III 341 E. 2b) und ihm - ebenso dem verurkundenden Notar - auch faktisch nicht zuzumuten wäre, die Übereinstimmung der im Architektenplan eingezeichneten Grenzverläufe auf ihre tatsächliche Übereinstimmung mit dem Vermessungswerk abzugleichen. Indes hat der Grundbuchverwalter, soweit die örtliche Lage im Rechtsgrundausweis nicht genügend bestimmbar umschrieben werden kann und deshalb ein Plan nötig ist, gemäss Art. 70 Abs. 3 GBV zu prüfen, ob es sich dabei um einen Auszug des Planes für das Grundbuch handelt. Dass ein Architektenplan nicht zwingend den Daten der amtlichen Vermessung entsprechen muss, stellt im Übrigen auch die Beschwerdeführerin nicht in Abrede. Insbesondere ist, selbst wenn der Architekt die Rohdaten online direkt in sein eigenes System übernommen hat, nicht sichergestellt, dass diese in der Folge nicht verändert worden sind. Das ist nicht der Fall, wenn der Plan direkt aus den Registerdaten der amtlichen Vermessung generiert und über das Publikationsportal ausgedruckt wird. Theoretisch wäre auch hier eine anschliessende Manipulation möglich; indes würde es sich um eine bewusste Änderung BGE 138 III 742 S. 746 handeln, während es bei den ins eigene System gelesenen Daten ohne weiteres zu unbeabsichtigten Veränderungen kommen kann. 2.3 Aus dem vorstehend Gesagten ergibt sich, dass ein Architektenplan nicht als Plan für das Grundbuch im Sinn von Art. 732 Abs. 2 ZGB taugt und die Beschwerde in Zivilsachen deshalb abzuweisen ist.
Urteilskopf
112. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Grundbuchamt A. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_593/2012 vom 1. November 2012
Regeste Art. 732 Abs. 2 ZGB ; Plan für das Grundbuch. Ein privat erstellter Plan, namentlich auch der Architektenplan, ist kein Auszug des Planes für das Grundbuch im Sinn der vorgenannten Bestimmung (E. 2).
Regeste
Art. 732 Abs. 2 ZGB ; Plan für das Grundbuch. Ein privat erstellter Plan, namentlich auch der Architektenplan, ist kein Auszug des Planes für das Grundbuch im Sinn der vorgenannten Bestimmung (E. 2).
Art. 732 Abs. 2 ZGB Ein privat erstellter Plan, namentlich auch der Architektenplan, ist kein Auszug des Planes für das Grundbuch im Sinn der vorgenannten Bestimmung (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 742
Sachverhalt ab Seite 742 BGE 138 III 742 S. 742
BGE 138 III 742 S. 742
A. Die X. AG ist Eigentümerin des Grundstücks GBB-1. Mit öffentlicher Urkunde vom 19. Januar 2012 räumten ihr die Eigentümer des Nachbargrundstückes GBB-2 ein Näherbaurecht ein. Inhalt dieser Dienstbarkeit ist das Recht zur Erstellung einer Baute auf einer Länge von 37,64 m im Abstand von 3,745 bis 3,985 m zur Grundstücksgrenze.
A. B. Mit Anmeldung vom 23. Januar 2012 ersuchte die X. AG das Grundbuchamt (...) zu Gunsten ihres und zu Lasten des BGE 138 III 742 S. 743 Nachbargrundstücks das Näherbaurecht im Grundbuch einzutragen. Dabei reichte sie dem Grundbuchamt einen Architektenplan ein, worin die im Unterabstand zu erstellende Baute eingezeichnet ist.
B. BGE 138 III 742 S. 743
Mit Verfügung vom 7. Februar 2012 wies das Grundbuchamt die Anmeldung ab mit der Begründung, der eingereichte Architektenplan stelle keinen Plan für das Grundbuch im Sinn von Art. 732 Abs. 2 ZGB dar.
Art. 732 Abs. 2 ZGB Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 10. Juli 2012 ab.
C. Gegen diesen Entscheid hat die X. AG am 20. August 2012 eine Beschwerde in Zivilsachen eingereicht mit den Begehren um dessen Aufhebung und Anweisung des Grundbuchamtes, das fragliche Näherbaurecht einzutragen. (...)
C. (Auszug)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. Streitgegenstand ist, ob ein Architektenplan als Plan für das Grundbuch im Sinn von Art. 732 Abs. 2 ZGB dienen kann. Das Grundbuchamt wie auch das Obergericht haben die Frage verneint und befunden, im Kanton Luzern seien entsprechend dem Informationsschreiben der Leitung Gruppe Grundbuch vom 19. Dezember 2011 nur drei Varianten als Plan für das Grundbuch zu akzeptieren, nämlich der Plan des Geometers (Format A4 oder A3), der Ausdruck aus dem GRAVIS oder der Ausdruck aus dem Geoportal. Die Beschwerdeführerin hält dies für bundesrechtswidrig bzw. der ratio legis von Art. 732 Abs. 2 ZGB widersprechend, indem der Sinn und Zweck der zeichnerischen Darstellung einzig darin bestehe, spätere Meinungsverschiedenheiten zwischen den Rechtsnachfolgern zu vermeiden. Vorliegend entspreche der Architektenplan exakt dem Grundbuchplan, wie er im Internet aufgeschaltet sei, und die geplante Lagerhalle sei massstabgetreu eingezeichnet; der Architektenplan entspreche somit im Ergebnis dem Plan des Geometers.
2. Art. 732 Abs. 2 ZGB Art. 732 Abs. 2 ZGB 2.1 Das Näherbaurecht wird in der Form einer Dienstbarkeit begründet. Diese belastet ein Grundstück immer als Ganzes. Die Parteien können die Ausübung einer Dienstbarkeit jedoch auf einen Teil des Grundstücks beschränken, was beim Näherbaurecht regelmässig zutrifft; diesfalls muss der betreffende Teil anhand des Vertrages bzw. eines Planes eruiert werden können (HÜRLIMANN-KAUP, Neuerungen im Dienstbarkeitsrecht, in: Die Dienstbarkeiten und das neue Schuldbriefrecht, 2012, S. 36). BGE 138 III 742 S. 744
2.1 BGE 138 III 742 S. 744
2.2 Im Rahmen der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Sachenrechtsrevision wurde diesbezüglich Art. 732 ZGB neu gefasst und präzisiert: Beschränkt sich die Ausübung einer Dienstbarkeit auf einen Teil des Grundstücks und ist die örtliche Lage im Rechtsgrundausweis nicht genügend bestimmbar umschrieben, so ist sie gemäss Art. 732 Abs. 2 ZGB in einem Auszug des Planes für das Grundbuch zeichnerisch darzustellen.
2.2 Art. 732 ZGB Art. 732 Abs. 2 ZGB Was ein "Plan für das Grundbuch" ist, wird aufgrund der Verweise in Art. 950 ZGB, Art. 29 Abs. 2 lit. e und Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 2007 über Geoinformation (Geoinformationsgesetz, GeoIG; SR 510.62) sowie Art. 2 lit. f der Grundbuchverordnung vom 23. September 2011 (GBV; SR 211.432.1) in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung vom 18. November 1992 über die amtliche Vermessung (VAV; SR 211.432.2) verbindlich definiert: "Es handelt sich um einen aus den Daten der amtlichen Vermessung erstellten analogen oder digitalen graphischen Auszug, der als Bestandteil des Grundbuchs die Liegenschaften sowie die flächenmässig ausgeschiedenen selbständigen und dauernden Rechte und Bergwerke abgrenzt; ihm kommen die Rechtswirkungen von Eintragungen im Grundbuch zu." Der Plan für das Grundbuch ist mithin ein graphischer Auszug aus dem Grunddatensatz, der die Grundstücke voneinander abgrenzt und am öffentlichen Glauben des Grundbuches teilhat (vgl. ZOBL, Grundbuchrecht, 2. Aufl. 2004, Rz. 233 und 235).
Art. 950 ZGB Art. 7 Abs. 1 der Verordnung vom 18. November 1992 über die amtliche Vermessung (VAV; SR 211.432.2) Gemäss der Botschaft zur Revision des Sachenrechts ist im Zusammenhang mit Art. 732 Abs. 2 ZGB kein eigentlicher, vom Geometer ausgestellter und unterzeichneter Plan, wie dies bislang praxisgemäss in verschiedenen Kantonen verlangt wurde, erforderlich; es soll vielmehr ein Auszug aus dem Plan für das Grundbuch, der beispielsweise aus dem Internet heruntergeladen wurde und auf welchem die Grundstücksgrenzen und die Lage der Gebäude sichtbar sind, genügen (vgl. Botschaft vom 27. Juni 2007 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht], BBl 2007 5310 Ziff. 2.2.1.1). In der Lehre wird darauf hingewiesen, dass es sich um einen aktuellen Plan desNachführungsgeometers mit sichtbaren Grundstückgrenzen und Grundstücknummern handeln muss, wobei die Einzeichnungen der Dienstbarkeiten nicht zwingend vom Nachführungsgeometer vorgenommen werden müssen (PFÄFFLI, Neuerungen im Dienstbarkeitsrecht, in: Revision des Immobiliarsachenrechts, 2011, S. 121; derselbe Dienstbarkeitsvertrag und grundbuchlicher Vollzug, in: Die Dienstbarkeiten BGE 138 III 742 S. 745 und das neue Schuldbriefrecht, 2012, S. 89; PFÄFFLI/BYLAND, Sachenrecht und Notar: Neuerungen, Der bernische Notar 2011 S. 80; ARNET, Neuerungen bei den Dienstbarkeiten, in: Revision des Sachenrechts - ein erster Überblick für Eilige, 2012, S. 10 f.; SCHMID, Das Dienstbarkeitsrecht im Lichte der Revision des Immobiliarsachenrechts, ZBGR 93/2012 S. 157). Im Unterschied zur amtlichen Vermessung, welche als Bestandteil des Grundbuches die genauen Grenzverläufe der Grundstücke festhält, finden die privaten Einzeichnungen keinen Eingang ins Vermessungswerk und sie bilden auch nicht Gegenstand des öffentlichen Glaubens (PFÄFFLI, Dienstbarkeiten: Neuerungen mit besonderer Berücksichtigung des Bereinigungsverfahrens, ZBGR 91/2010 S. 362).
Art. 732 Abs. 2 ZGB BGE 138 III 742 S. 745
Während nach dem Gesagten die Parteien die Einzeichnungen selber vornehmen können, genügt ein privat erstellter Plan nach neuem Recht nicht mehr (SCHMID/HÜRLIMANN-KAUP, Sachenrecht, 4. Aufl. 2012, Rz. 1246; HÜRLIMANN-KAUP, a.a.O., S. 36; anders das frühere Recht, vgl. Urteil 5A_641/2008 vom 8. Januar 2009 E. 4.1; anders auch in noch unvermessenen Gebieten, vgl. Botschaft, BBl 2007 5310 Ziff. 2.2.1.1). Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass der von ihr eingereichte Plan materiell allen Anforderungen genüge oder sogar darüber hinausgehe, stösst deshalb ins Leere. Sie geht ferner deshalb an der Sache vorbei, weil die materielle Prüfungsbefugnis des Grundbuchverwalters beschränkt ist (vgl. BGE 124 III 341 E. 2b) und ihm - ebenso dem verurkundenden Notar - auch faktisch nicht zuzumuten wäre, die Übereinstimmung der im Architektenplan eingezeichneten Grenzverläufe auf ihre tatsächliche Übereinstimmung mit dem Vermessungswerk abzugleichen. Indes hat der Grundbuchverwalter, soweit die örtliche Lage im Rechtsgrundausweis nicht genügend bestimmbar umschrieben werden kann und deshalb ein Plan nötig ist, gemäss Art. 70 Abs. 3 GBV zu prüfen, ob es sich dabei um einen Auszug des Planes für das Grundbuch handelt. Dass ein Architektenplan nicht zwingend den Daten der amtlichen Vermessung entsprechen muss, stellt im Übrigen auch die Beschwerdeführerin nicht in Abrede. Insbesondere ist, selbst wenn der Architekt die Rohdaten online direkt in sein eigenes System übernommen hat, nicht sichergestellt, dass diese in der Folge nicht verändert worden sind. Das ist nicht der Fall, wenn der Plan direkt aus den Registerdaten der amtlichen Vermessung generiert und über das Publikationsportal ausgedruckt wird. Theoretisch wäre auch hier eine anschliessende Manipulation möglich; indes würde es sich um eine bewusste Änderung BGE 138 III 742 S. 746 handeln, während es bei den ins eigene System gelesenen Daten ohne weiteres zu unbeabsichtigten Veränderungen kommen kann.
Art. 70 Abs. 3 GBV BGE 138 III 742 S. 746
2.3 Aus dem vorstehend Gesagten ergibt sich, dass ein Architektenplan nicht als Plan für das Grundbuch im Sinn von Art. 732 Abs. 2 ZGB taugt und die Beschwerde in Zivilsachen deshalb abzuweisen ist.
2.3 Art. 732 Abs. 2 ZGB
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Urteilskopf 138 III 746 113. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_160/2012 vom 17. Oktober 2012 Regeste Herabsetzung einer Konventionalstrafe, die im Wegfall einer Forderung besteht ( Art. 163 Abs. 3 OR ); Verzugszinsen. Rechtsnatur der Herabsetzung. Verzugszinsen für die Forderung, die bei Verfall der Konventionalstrafe hätte wegfallen sollen und die teilweise bestehen bleibt, sind nicht erst ab dem Entscheid über den Umfang der Herabsetzung geschuldet. Das Vertrauen in den Bestand der ungekürzten, mit Recht und Billigkeit nicht mehr vereinbaren Konventionalstrafe wird nicht geschützt. Es kommt der gewöhnliche Zinssatz zur Anwendung (E. 6). Sachverhalt ab Seite 747 BGE 138 III 746 S. 747 Für den Sachverhalt vgl. BGE 135 III 433 Erwägungen Aus den Erwägungen: 6. Die Vorinstanz hat dem Beschwerdegegner auf dem geschuldeten Betrag Zins zu 5 % seit dem 16. April 2002 zugesprochen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, aufgrund von Ziffer 3.2 der Vereinbarung vom 19. Juli 2001 und den feststehenden Vertragsverletzungen des Beschwerdegegners sei die letzte Rate vollständig untergegangen. Soweit die Vorinstanz dem Beschwerdegegner in Anwendung der Grundsätze der Konventionalstrafe dennoch einen Betrag zusprechen wolle, fälle sie ein Gestaltungsurteil, das eine neue Forderung begründe. Auf dieser könne erst ab dem Urteil der Vorinstanz Verzugszins geschuldet sein. Zudem sei der Zinssatz von 5 % wesentlich höher als die Renditen, die auf einem Sparkonto im Zeitraum, für den die Zinsen zugesprochen wurden, hätten erzielt werden können. So profitiere der Beschwerdegegner und würden die Grundsätze der Konventionalstrafe in ihr Gegenteil verkehrt. 6.1 Die rechtliche Qualifikation der Herabsetzung ist in der Lehre umstritten (vgl. MIGUEL SOGO, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile des materiellen Rechts und ihre Auswirkungen auf das Verfahren, 2007, S. 84; GASPARD COUCHEPIN, La clause pénale, 2008, S. 186 f. Rz. 928 ff.; MEHMET ERDEM, La clause pénale, Ankara 2006, S. 150 ff.; BENTELE, Die Konventionalstrafe nach Art. 160-163 OR, 1994, S. 51 und 123 f.; je mit Hinweisen). Die wohl vorherrschende Lehre qualifiziert die Herabsetzung zwar in der Tat als Gestaltungsurteil (vgl. die Hinweise bei COUCHEPIN, a.a.O., S. 187 Rz. 932; BENTELE, a.a.O., S. 123), analog der in Deutschland zu § 343 BGB herrschenden Lehre (VOLKER RIEBLE, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Berlin 2004, N. 39 und 45 zu § 343 BGB mit Hinweisen, wobei dem Urteil Rückwirkung zuerkannt wird; vgl. zum Einfluss von § 343 BGB auf die schweizerische Rechtsprechung: WALTER SCHOCH, Begriff, Anwendung und Sicherung der Konventionalstrafe [...], 1935, S. 65 f.; ROGER SECRÉTAN, Étude sur la clause pénale en droit suisse [...], 1917, S. 128 f.). Im Gegensatz zur entsprechenden Regel in § 343 BGB, die bestimmt, dass eine unverhältnismässig hohe Strafe auf Antrag des Schuldners durch Urteil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden kann, erwähnt BGE 138 III 746 S. 748 Art. 163 Abs. 3 OR, dessen Wurzeln auf aArt. 182 OR und damit vor die Schaffung von § 343 BGB zurückgehen (SECRÉTAN, a.a.O., S. 119; SCHOCH, a.a.O., S. 65; BECKER, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1941, N. 25 zu Art. 163 OR ; zu aArt. 182 OR vgl. FRANCIS MAULER, De la nature de la clause pénale, 1898, S. 48 ff.; MAX STAHEL, Die Conventionalstrafe mit specieller Berücksichtigung des schweizerischen Obligationenrechtes, 1898, S. 115 ff.), aber weder das Antragserfordernis, noch dass die Herabsetzung durch Urteil erfolge. 6.1.1 Die Diskussion um die richterliche Herabsetzung einer Konventionalstrafe drehte sich historisch um die Frage, ob es dem Richter zukomme, Privatverträge abzuändern (vgl. schon BLUNTSCHLI, Das zürcherische Obligationenrecht, mit Erläuterungen, 1855, S. 49 f. zu § 970 des zürcherischen Obligationenrechts; MAULER, a.a.O., S. 85 ff.; SECRÉTAN, a.a.O., S. 119 ff.; STAHEL, a.a.O., S. 115). Aus der Tatsache, dass der Richter mit der Herabsetzung in die Privatautonomie der Parteien eingreift und das zwischen ihnen vertraglich "fest und unzweifelhaft Vereinbarte" abändert (so zu aArt. 182 OR schon BGE 21 640 E. 4 S. 645), folgt indes nicht zwingend, dass es sich bei der Herabsetzung um ein Gestaltungsurteil handelt. So stützt das Bundesgericht in BGE 41 II 138 E. 1 S. 143 seinen Entscheid auf eine Lehrmeinung, wonach die Befugnis des Richters zur Ermässigung der Busse als ein von dem sittlichen Bewusstsein gefordertes Ausgleichsmittel gegen den Missbrauch des formalen Rechts erscheine (HERMANN HABICHT, Die Einwirkung des bürgerlichen Gesetzbuchs auf zuvor entstandene Rechtsverhältnisse, 3. Aufl., Jena 1901, S. 250). Dies spricht eher dafür, die Herabsetzung der Konventionalstrafe als einen im Gesetz ausdrücklich geregelten Anwendungsfall des Rechtsmissbrauchsverbots nach Art. 2 ZGB anzusehen, auf den das Bundesgericht auch die Anpassung von Verträgen zufolge veränderter Verhältnisse ("clausula rebus sic stantibus") abgestützt hat ( BGE 107 II 343 E. 2 S. 348 mit Hinweisen; in der jüngeren Rechtsprechung wurde die dogmatische Grundlage für die Vertragsanpassung allerdings offengelassen: BGE 127 III 300 E. 5b S. 304). 6.1.2 Betrachtet man die Möglichkeit der Herabsetzung als Ausfluss der Pflicht zum Handeln nach Treu und Glauben, greift der Richter nicht gestaltend in den Vertrag ein, sondern stellt lediglich im Streitfall fest, ob sich das Festhalten an der gesamten vereinbarten Konventionalstrafe mit Treu und Glauben (beziehungsweise mit Recht und Billigkeit) noch vereinbaren lässt. Damit ist die BGE 138 III 746 S. 749 Konventionalstrafe von Anfang an nur im reduzierten Masse geschuldet, da der Vertragspartner aufgrund der gesamten Umstände bei Verfall der Konventionalstrafe nach Treu und Glauben nicht den vollen Betrag verlangen darf. 6.1.3 Das Bundesgericht hat die Auffassung, der Ermässigung durch den Richter dürfe keine rückwirkende Kraft zukommen, bereits in einem zu aArt. 182 OR ergangenen Entscheid verworfen und erkannt, das Vertrauen auf den Bestand der Konventionalstrafe könne den Konventionalstrafgläubiger nicht vor den Verzugsfolgen schützen, wenn er seinen Anspruch aus der Konventionalstrafe zur Verrechnung mit einer Schuld verwendet und dieser nachträglich reduziert wird (Urteil des Bundesgerichts vom 16. Juni 1905 i.S. Trüb & Cie gegen Burgy E. 7, auszugsweise publ. in: Revue der Gerichtspraxis im Gebiete des Bundescivilrechts 24/1906 Nr. 23 S. 50 f.; vgl. auch BECKER, Berner Kommentar, 1. Aufl. 1917 [Vorauflage], N. 16 zu Art. 163 OR ; SCHOCH, a.a.O., S. 70 Fn. 3). Es trifft daher entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nicht zu, dass die letzte Rate zunächst untergegangen ist. Vielmehr blieb zufolge des Übermasses der Konventionalstrafe die letzte Rate im Umfang von Fr. 170'000.- geschuldet. Damit hat der Beschwerdegegner Anspruch auf Verzugszins. 6.2 Auch die Höhe des Verzugszinses von 5 % ist nicht zu beanstanden. Dass sich diese für den Gläubiger je nach Marktlage als mehr oder weniger vorteilhaft erweist, ist eine Folge der gesetzlichen Fixierung ( Art. 104 Abs. 1 OR ). Diese kann durchaus dazu führen, dass die Konventionalstrafe für den Beschwerdegegner faktisch gemildert wird. Dass aber überhaupt Verzugszins geschuldet ist, hat die Beschwerdeführerin zu vertreten, die in einem mit Recht und Billigkeit nicht mehr vereinbaren Masse an der Konventionalstrafe festhielt. Der Einwand, durch die Höhe der Verzugszinsen würden die Grundsätze der Konventionalstrafe in ihr Gegenteil verkehrt, ist nicht stichhaltig.
Urteilskopf
113. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_160/2012 vom 17. Oktober 2012
Regeste Herabsetzung einer Konventionalstrafe, die im Wegfall einer Forderung besteht ( Art. 163 Abs. 3 OR ); Verzugszinsen. Rechtsnatur der Herabsetzung. Verzugszinsen für die Forderung, die bei Verfall der Konventionalstrafe hätte wegfallen sollen und die teilweise bestehen bleibt, sind nicht erst ab dem Entscheid über den Umfang der Herabsetzung geschuldet. Das Vertrauen in den Bestand der ungekürzten, mit Recht und Billigkeit nicht mehr vereinbaren Konventionalstrafe wird nicht geschützt. Es kommt der gewöhnliche Zinssatz zur Anwendung (E. 6).
Regeste
Herabsetzung einer Konventionalstrafe, die im Wegfall einer Forderung besteht ( Art. 163 Abs. 3 OR ); Verzugszinsen. Rechtsnatur der Herabsetzung. Verzugszinsen für die Forderung, die bei Verfall der Konventionalstrafe hätte wegfallen sollen und die teilweise bestehen bleibt, sind nicht erst ab dem Entscheid über den Umfang der Herabsetzung geschuldet. Das Vertrauen in den Bestand der ungekürzten, mit Recht und Billigkeit nicht mehr vereinbaren Konventionalstrafe wird nicht geschützt. Es kommt der gewöhnliche Zinssatz zur Anwendung (E. 6).
Art. 163 Abs. 3 OR Rechtsnatur der Herabsetzung.
Verzugszinsen für die Forderung, die bei Verfall der Konventionalstrafe hätte wegfallen sollen und die teilweise bestehen bleibt, sind nicht erst ab dem Entscheid über den Umfang der Herabsetzung geschuldet. Das Vertrauen in den Bestand der ungekürzten, mit Recht und Billigkeit nicht mehr vereinbaren Konventionalstrafe wird nicht geschützt. Es kommt der gewöhnliche Zinssatz zur Anwendung (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 747
Sachverhalt ab Seite 747 BGE 138 III 746 S. 747
BGE 138 III 746 S. 747
Für den Sachverhalt vgl. BGE 135 III 433
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
6. Die Vorinstanz hat dem Beschwerdegegner auf dem geschuldeten Betrag Zins zu 5 % seit dem 16. April 2002 zugesprochen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, aufgrund von Ziffer 3.2 der Vereinbarung vom 19. Juli 2001 und den feststehenden Vertragsverletzungen des Beschwerdegegners sei die letzte Rate vollständig untergegangen. Soweit die Vorinstanz dem Beschwerdegegner in Anwendung der Grundsätze der Konventionalstrafe dennoch einen Betrag zusprechen wolle, fälle sie ein Gestaltungsurteil, das eine neue Forderung begründe. Auf dieser könne erst ab dem Urteil der Vorinstanz Verzugszins geschuldet sein. Zudem sei der Zinssatz von 5 % wesentlich höher als die Renditen, die auf einem Sparkonto im Zeitraum, für den die Zinsen zugesprochen wurden, hätten erzielt werden können. So profitiere der Beschwerdegegner und würden die Grundsätze der Konventionalstrafe in ihr Gegenteil verkehrt.
6. 6.1 Die rechtliche Qualifikation der Herabsetzung ist in der Lehre umstritten (vgl. MIGUEL SOGO, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile des materiellen Rechts und ihre Auswirkungen auf das Verfahren, 2007, S. 84; GASPARD COUCHEPIN, La clause pénale, 2008, S. 186 f. Rz. 928 ff.; MEHMET ERDEM, La clause pénale, Ankara 2006, S. 150 ff.; BENTELE, Die Konventionalstrafe nach Art. 160-163 OR, 1994, S. 51 und 123 f.; je mit Hinweisen). Die wohl vorherrschende Lehre qualifiziert die Herabsetzung zwar in der Tat als Gestaltungsurteil (vgl. die Hinweise bei COUCHEPIN, a.a.O., S. 187 Rz. 932; BENTELE, a.a.O., S. 123), analog der in Deutschland zu § 343 BGB herrschenden Lehre (VOLKER RIEBLE, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Berlin 2004, N. 39 und 45 zu § 343 BGB mit Hinweisen, wobei dem Urteil Rückwirkung zuerkannt wird; vgl. zum Einfluss von § 343 BGB auf die schweizerische Rechtsprechung: WALTER SCHOCH, Begriff, Anwendung und Sicherung der Konventionalstrafe [...], 1935, S. 65 f.; ROGER SECRÉTAN, Étude sur la clause pénale en droit suisse [...], 1917, S. 128 f.). Im Gegensatz zur entsprechenden Regel in § 343 BGB, die bestimmt, dass eine unverhältnismässig hohe Strafe auf Antrag des Schuldners durch Urteil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden kann, erwähnt BGE 138 III 746 S. 748 Art. 163 Abs. 3 OR, dessen Wurzeln auf aArt. 182 OR und damit vor die Schaffung von § 343 BGB zurückgehen (SECRÉTAN, a.a.O., S. 119; SCHOCH, a.a.O., S. 65; BECKER, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1941, N. 25 zu Art. 163 OR ; zu aArt. 182 OR vgl. FRANCIS MAULER, De la nature de la clause pénale, 1898, S. 48 ff.; MAX STAHEL, Die Conventionalstrafe mit specieller Berücksichtigung des schweizerischen Obligationenrechtes, 1898, S. 115 ff.), aber weder das Antragserfordernis, noch dass die Herabsetzung durch Urteil erfolge.
6.1 Art. 160-163 OR BGE 138 III 746 S. 748
Art. 163 Abs. 3 OR Art. 163 OR 6.1.1 Die Diskussion um die richterliche Herabsetzung einer Konventionalstrafe drehte sich historisch um die Frage, ob es dem Richter zukomme, Privatverträge abzuändern (vgl. schon BLUNTSCHLI, Das zürcherische Obligationenrecht, mit Erläuterungen, 1855, S. 49 f. zu § 970 des zürcherischen Obligationenrechts; MAULER, a.a.O., S. 85 ff.; SECRÉTAN, a.a.O., S. 119 ff.; STAHEL, a.a.O., S. 115). Aus der Tatsache, dass der Richter mit der Herabsetzung in die Privatautonomie der Parteien eingreift und das zwischen ihnen vertraglich "fest und unzweifelhaft Vereinbarte" abändert (so zu aArt. 182 OR schon BGE 21 640 E. 4 S. 645), folgt indes nicht zwingend, dass es sich bei der Herabsetzung um ein Gestaltungsurteil handelt. So stützt das Bundesgericht in BGE 41 II 138 E. 1 S. 143 seinen Entscheid auf eine Lehrmeinung, wonach die Befugnis des Richters zur Ermässigung der Busse als ein von dem sittlichen Bewusstsein gefordertes Ausgleichsmittel gegen den Missbrauch des formalen Rechts erscheine (HERMANN HABICHT, Die Einwirkung des bürgerlichen Gesetzbuchs auf zuvor entstandene Rechtsverhältnisse, 3. Aufl., Jena 1901, S. 250). Dies spricht eher dafür, die Herabsetzung der Konventionalstrafe als einen im Gesetz ausdrücklich geregelten Anwendungsfall des Rechtsmissbrauchsverbots nach Art. 2 ZGB anzusehen, auf den das Bundesgericht auch die Anpassung von Verträgen zufolge veränderter Verhältnisse ("clausula rebus sic stantibus") abgestützt hat ( BGE 107 II 343 E. 2 S. 348 mit Hinweisen; in der jüngeren Rechtsprechung wurde die dogmatische Grundlage für die Vertragsanpassung allerdings offengelassen: BGE 127 III 300 E. 5b S. 304).
6.1.1 BGE 41 II 138 Art. 2 ZGB 6.1.2 Betrachtet man die Möglichkeit der Herabsetzung als Ausfluss der Pflicht zum Handeln nach Treu und Glauben, greift der Richter nicht gestaltend in den Vertrag ein, sondern stellt lediglich im Streitfall fest, ob sich das Festhalten an der gesamten vereinbarten Konventionalstrafe mit Treu und Glauben (beziehungsweise mit Recht und Billigkeit) noch vereinbaren lässt. Damit ist die BGE 138 III 746 S. 749 Konventionalstrafe von Anfang an nur im reduzierten Masse geschuldet, da der Vertragspartner aufgrund der gesamten Umstände bei Verfall der Konventionalstrafe nach Treu und Glauben nicht den vollen Betrag verlangen darf.
6.1.2 BGE 138 III 746 S. 749
6.1.3 Das Bundesgericht hat die Auffassung, der Ermässigung durch den Richter dürfe keine rückwirkende Kraft zukommen, bereits in einem zu aArt. 182 OR ergangenen Entscheid verworfen und erkannt, das Vertrauen auf den Bestand der Konventionalstrafe könne den Konventionalstrafgläubiger nicht vor den Verzugsfolgen schützen, wenn er seinen Anspruch aus der Konventionalstrafe zur Verrechnung mit einer Schuld verwendet und dieser nachträglich reduziert wird (Urteil des Bundesgerichts vom 16. Juni 1905 i.S. Trüb & Cie gegen Burgy E. 7, auszugsweise publ. in: Revue der Gerichtspraxis im Gebiete des Bundescivilrechts 24/1906 Nr. 23 S. 50 f.; vgl. auch BECKER, Berner Kommentar, 1. Aufl. 1917 [Vorauflage], N. 16 zu Art. 163 OR ; SCHOCH, a.a.O., S. 70 Fn. 3). Es trifft daher entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nicht zu, dass die letzte Rate zunächst untergegangen ist. Vielmehr blieb zufolge des Übermasses der Konventionalstrafe die letzte Rate im Umfang von Fr. 170'000.- geschuldet. Damit hat der Beschwerdegegner Anspruch auf Verzugszins.
6.1.3 Art. 163 OR 6.2 Auch die Höhe des Verzugszinses von 5 % ist nicht zu beanstanden. Dass sich diese für den Gläubiger je nach Marktlage als mehr oder weniger vorteilhaft erweist, ist eine Folge der gesetzlichen Fixierung ( Art. 104 Abs. 1 OR ). Diese kann durchaus dazu führen, dass die Konventionalstrafe für den Beschwerdegegner faktisch gemildert wird. Dass aber überhaupt Verzugszins geschuldet ist, hat die Beschwerdeführerin zu vertreten, die in einem mit Recht und Billigkeit nicht mehr vereinbaren Masse an der Konventionalstrafe festhielt. Der Einwand, durch die Höhe der Verzugszinsen würden die Grundsätze der Konventionalstrafe in ihr Gegenteil verkehrt, ist nicht stichhaltig.
6.2 Art. 104 Abs. 1 OR
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Urteilskopf 138 III 750 114. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause République du Chili contre Z. (recours en matière civile) 4A_292/2012 du 16 octobre 2012 Regeste Von einem ausländischen Staat im Dienst des Chefs einer ständigen Mission beschäftigte ausländische Hausangestellte; Garantieerklärung des Arbeitgebers gegenüber der Schweiz; Rechtswahl zugunsten des ausländischen Rechts ( Art. 342 Abs. 2 OR ; Art. 18 IPRG ). Durch die Unterzeichnung der Garantieerklärung hat sich der ausländische Staat gegenüber der Schweiz verpflichtet, die Lohn- und Arbeitsbedingungen einzuhalten, die auf eine in Genf arbeitende Hausangestellte anwendbar sind. Diese öffentlichrechtliche Verpflichtung hat gemäss Art. 342 Abs. 2 OR zivilrechtliche Wirkungen, indem sich die Hausangestellte vor dem Zivilgericht auf sie berufen kann (E. 2.3 und 2.4). Da Art. 342 Abs. 2 OR eine unmittelbar anwendbare Bestimmung im Sinne von Art. 18 IPRG ist, tritt das von den Parteien gewählte ausländische Recht gegenüber dem anwendbaren schweizerischen Recht zurück (E. 2.5). Erwägungen ab Seite 751 BGE 138 III 750 S. 751 Extrait des considérants: 2. 2.3 L' art. 342 al. 2 CO autorise une partie à un contrat de travail à agir civilement afin d'obtenir l'exécution d'une obligation de droit public imposée à son cocontractant par des dispositions fédérales ou cantonales sur le travail et susceptible d'être l'objet d'un contrat individuel de travail. L'obligation de droit public peut résulter directement d'une norme générale et abstraite, mais elle peut également être fondée sur une décision ( ATF 135 III 162 consid. 3.2.1 p. 166). Dans le domaine du droit des étrangers ordinaire, le Tribunal fédéral a appliqué l' art. 342 al. 2 CO en rapport avec l'art. 9 al. 1 de l'ordonnance du 6 octobre 1986 limitant le nombre des étrangers (OLE, en vigueur jusqu'au 31 décembre 2007; cf. actuellement art. 22 LEtr [RS 142.20] et art. 22 de l'ordonnance du 24 octobre 2007 relative à l'admission, au séjour et à l'exercice d'une activité lucrative [OASA; RS 142.201]), disposition qui soumettait l'autorisation nécessaire pour exercer une activité lucrative, notamment, à la garantie que le travailleur bénéficie des conditions de rémunération usuelles dans la localité et la profession en question. Il a ainsi admis qu'une fois l'autorisation délivrée, l'employeur est tenu, en vertu d'une obligation de droit public, de respecter les conditions qui l'assortissent, en particulier le salaire approuvé par l'autorité administrative; le travailleur dispose alors d'une prétention qu'il peut exercer devant les juridictions civiles, le juge civil étant lié par les conditions de rémunération fixées dans l'autorisation délivrée pour un emploi donné ( ATF 122 III 110 consid. 4d p. 114/115; ATF 129 III 618 consid. 5.1 p. 621/622 et consid. 6.1 p. 623). Plus récemment, le Tribunal fédéral a eu à trancher le cas d'une domestique privée étrangère travaillant à Genève au service d'une diplomate auprès d'une mission permanente ( ATF 135 III 162 ). La procédure permettant à l'employée de maison de travailler en Suisse n'était pas régie par le droit des étrangers ordinaire, mais impliquait l'octroi par le DFAE d'une carte de légitimation, valant à la fois titre de séjour et autorisation de travail dans un domaine délimité. Pour obtenir la carte de légitimation "F" en faveur de son employée de maison, l'employeuse avait remis aux autorités suisses notamment une déclaration de garantie, dans laquelle elle confirmait avoir pris connaissance des dispositions de la directive du 1 er mai 1998 du DFAE sur l'engagement des domestiques privés par les BGE 138 III 750 S. 752 fonctionnaires internationaux, alors applicable; l'une des conditions posées par la dite directive était de travailler à plein temps pour un seul et même employeur. Le Tribunal fédéral en a déduit que l'employeuse, en signant la déclaration de garantie, s'était obligée envers les autorités suisses à engager à plein temps la domestique et que celle-cipouvait se prévaloir de cette obligation de droit publicdevant le jugecivil en vertu de l' art. 342 al. 2 CO (consid. 3.2.2 p. 168). 2.4 Le cas présent présente de larges similitudes avec l'affaire ayant fait l'objet de l' ATF 135 III 162. A l'instar de la domestique partie à cette dernière procédure, l'intimée ne travaillait pas à la Mission permanente, mais comme employée de maison à la résidence privée de l'Ambassadeur. Certes, comme elle avait conclu le contrat de travail avec l'Etat recourant, elle n'était pas une "domestique privée", engagée par un membre du personnel de la mission permanente et bénéficiant à ce titre d'une carte de légitimation de type "F" (cf. ch. 1.2 de la directive du DFAE sur l'engagement des domestiques privés par les membres du personnel des missions diplomatiques, des missions permanentes, des postes consulaires et des organisations internationales en Suisse, en vigueur jusqu'au 30 juin 2011 [ci-après: directive sur les domestiques privés]; actuellement, art. 2 al. 1 et 2 de l'ordonnance du 6 juin 2011 sur les conditions d'entrée, de séjour et de travail des domestiques privés des personnes bénéficiaires de privilèges, d'immunités et de facilités [ordonnance sur les domestiques privés, ODPr; RS 192.126]). Titulaire d'une carte de légitimation de type "E" et engagée sur la base d'un contrat de droit privé, l'intimée n'était pas non plus un membre du "personnel de service", employé de carrière de l'Etat recourant sur la base du droit public de cet Etat, mais un membre du "personnel local", soumis à la directive CD 3 du 1 er avril 1987 de la Mission permanente de la Suisse relative au recrutement du personnel administratif et technique ainsi que du personnel de service par les Missions permanentes (cf. ch. 1.3 et 1.4 de la directive sur les domestiques privés; actuellement, art. 3 al. 2 ODPr et art. 5 de l'ordonnance du 7 décembre 2007 relative à la loi fédérale sur les privilèges, les immunités et les facilités, ainsi que sur les aides financières accordés par la Suisse en tant qu'Etat hôte [ordonnance sur l'Etat hôte, OLEH; RS 192.121]). Cependant, plus que le statut accordé à l'intimée, c'est la procédure suivie pour que la gouvernante puisse venir travailler légalement en Suisse qui est déterminante. A cet égard, il ressort de l'état de fait cantonal que l'Etat recourant, par sa Mission permanente, a fourni à la Mission suisse à Genève trois formules, dont la BGE 138 III 750 S. 753 déclaration de garantie de l'employeur. Le dépôt de ces documents a permis la délivrance à l'intimée du visa pour prise d'activité lucrative en Suisse, puis de la carte de légitimation de type "E", celle-ci valant à la fois titre de séjour et autorisation de travail (cf. ATF 135 III 162 consid. 3.2.2 p. 167). Il s'avère ainsi que la déclaration de garantieétait nécessaire pour que l'intimée obtienne l'autorisation de travailleren Suisse. Or, cette déclaration de l'employeur comprend en particulier l'engagement de traiterl'employé aux conditions de rémunération et de travail en usage dans la localité et la profession concernées. Force est dès lors de conclure que, comme dans le cas envisagé dans l' ATF 135 III 162, l'employeur a, en signant la déclaration de garantie, souscrit à une obligation de droit public envers les autorités suisses. Les conditions de rémunération et de travail que l'Etat recourant s'est engagé à respecter comprennent en tout cas celles résultant de dispositions impératives de la loi suisse applicable. En l'espèce, fondé sur l' art. 360a al. 1 CO entré en vigueur le 1 er juin 2004, le canton de Genève a déclaré impératifs, à partir du 3 mai 2005, les salaires minimaux figurant dans le contrat-type de travail genevois du 30 mars 2004 pour les travailleurs de l'économie domestique à temps complet et à temps partiel, en vigueur jusqu'au 31 décembre 2011 (ci-après: CTT; cf. modifications du CTT du 1 er mars 2005 et du 13 mars 2007). Par ailleurs, l' art. 329a al. 1 CO, auquel il ne peut être dérogé en défaveur du travailleur (cf. art. 362 al. 1 CO ), prévoit une durée minimale de vacances de quatre semaines par année de service pour les travailleurs âgés de plus de 20 ans. Enfin, un délai de congé inférieur à un mois ne pouvait être convenu entre les parties (cf. art. 335c al. 2 2 e phrase CO). 2.5 A ce stade du raisonnement, il apparaît, a priori, que l'employée de maison dispose d'une prétention de droit privé, déduite de l' art. 342 al. 2 CO, lui permettant d'obtenir l'exécution de l'obligation de droit public à la charge de l'employeur (cf. ATF 135 III 162 consid. 3.2.2 in fine p. 169). Il faut relever toutefois que les parties ont convenu d'une élection de droit en faveur du droit chilien. Il se pose dès lors la question de savoir si, sur les trois points en jeu (montant du salaire, durée des vacances et délai de congé), le droit suisse trouve tout de même à s'appliquer. Le droit étranger choisi par les parties peut être mis à l'écart lorsque des lois suisses dites d'application immédiate doivent être prises en compte ( art. 18 LDIP [RS 291]; aspect dit positif de l'ordre public BGE 138 III 750 S. 754 suisse). Ces normes sont, en règle générale, des dispositions impératives qui répondent le plus souvent à des intérêts essentiels d'ordre social, politique ou économique ( ATF 136 III 23 consid. 6.6.1 p. 35; ATF 135 III 614 consid. 4.2. p. 617); elles ont été édictées dans l'intérêt public de telle sorte que leur application de préférence au droit étranger désigné par la règle de conflit s'impose dans l'intérêt public pour autant qu'il existe un rapport suffisamment étroit avec la Suisse. Les lois d'application immédiate excluent l'application du droit étranger indépendamment du résultat auquel ledit droit aurait abouti ( ATF 136 III 23 consid. 6.6.1 p. 35 et les arrêts cités). En soumettant la délivrance de l'autorisation de travail à l'exigence que l'employeur s'engage à respecter les conditions de rémunération et de travail valables dans le lieu et la profession en cause, la Suisse poursuit un intérêt public lié au maintien de la paix sociale, en préservant les travailleurs suisses d'une sous-enchère salariale induite par la main-d'oeuvre étrangère, d'une part et en protégeant les travailleurs étrangers eux-mêmes, d'autre part (cf. ATF 122 III 110 consid. 4d p. 114/115; ATF 129 III 618 consid. 5.1 p. 621/622 et consid. 6.1 p. 623; ATF 135 III 162 consid. 3.2.2 p. 167). La règle appliquée dans le cas présent répond à un intérêt essentiel d'ordre social et apparaît ainsi comme d'application immédiate. Comme on l'a vu, l' art. 342 al. 2 CO attribue des effets de droit civil à l'obligation de droit public mise à la charge de l'employeur de respecter les conditions de salaire et de travail applicables à un domestique travaillant à Genève. Dans la mesure où cette obligation de droitpublic relève de l'ordre public suisse, il se justifie, en parallèle, de ranger l' art. 342 al. 2 CO parmi les dispositions d'application immédiate au sens de l' art. 18 LDIP (BERNARD DUTOIT, Droit international privé suisse, 4 e éd. 2005, n° 8 ad art. 18 LDIP ; FRANK VISCHER, Zürcher Kommentar zum IPRG, 2 e éd. 2004, n° 15 ad art. 18 LDIP ; VISCHER/HUBER/OSER, Internationales Vertragsrecht, 2 e éd. 2000, n° 798 p. 367). Il s'ensuit que le droit chilien choisi par les parties doit céder le pas au droit suisse sur les questions du salaire, y compris pendant le délai de congé, et de l'indemnisation des vacances non prises, domaines dans lesquels l'intimée peut faire valoir directement des prétentions fondées sur le droit suisse. En conclusion, le grief tiré d'une violation de la LDIP se révèle mal fondé.
Urteilskopf
114. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause République du Chili contre Z. (recours en matière civile)
4A_292/2012 du 16 octobre 2012
Regeste Von einem ausländischen Staat im Dienst des Chefs einer ständigen Mission beschäftigte ausländische Hausangestellte; Garantieerklärung des Arbeitgebers gegenüber der Schweiz; Rechtswahl zugunsten des ausländischen Rechts ( Art. 342 Abs. 2 OR ; Art. 18 IPRG ). Durch die Unterzeichnung der Garantieerklärung hat sich der ausländische Staat gegenüber der Schweiz verpflichtet, die Lohn- und Arbeitsbedingungen einzuhalten, die auf eine in Genf arbeitende Hausangestellte anwendbar sind. Diese öffentlichrechtliche Verpflichtung hat gemäss Art. 342 Abs. 2 OR zivilrechtliche Wirkungen, indem sich die Hausangestellte vor dem Zivilgericht auf sie berufen kann (E. 2.3 und 2.4). Da Art. 342 Abs. 2 OR eine unmittelbar anwendbare Bestimmung im Sinne von Art. 18 IPRG ist, tritt das von den Parteien gewählte ausländische Recht gegenüber dem anwendbaren schweizerischen Recht zurück (E. 2.5).
Regeste
Von einem ausländischen Staat im Dienst des Chefs einer ständigen Mission beschäftigte ausländische Hausangestellte; Garantieerklärung des Arbeitgebers gegenüber der Schweiz; Rechtswahl zugunsten des ausländischen Rechts ( Art. 342 Abs. 2 OR ; Art. 18 IPRG ). Durch die Unterzeichnung der Garantieerklärung hat sich der ausländische Staat gegenüber der Schweiz verpflichtet, die Lohn- und Arbeitsbedingungen einzuhalten, die auf eine in Genf arbeitende Hausangestellte anwendbar sind. Diese öffentlichrechtliche Verpflichtung hat gemäss Art. 342 Abs. 2 OR zivilrechtliche Wirkungen, indem sich die Hausangestellte vor dem Zivilgericht auf sie berufen kann (E. 2.3 und 2.4). Da Art. 342 Abs. 2 OR eine unmittelbar anwendbare Bestimmung im Sinne von Art. 18 IPRG ist, tritt das von den Parteien gewählte ausländische Recht gegenüber dem anwendbaren schweizerischen Recht zurück (E. 2.5).
Art. 342 Abs. 2 OR Art. 18 IPRG Durch die Unterzeichnung der Garantieerklärung hat sich der ausländische Staat gegenüber der Schweiz verpflichtet, die Lohn- und Arbeitsbedingungen einzuhalten, die auf eine in Genf arbeitende Hausangestellte anwendbar sind. Diese öffentlichrechtliche Verpflichtung hat gemäss Art. 342 Abs. 2 OR zivilrechtliche Wirkungen, indem sich die Hausangestellte vor dem Zivilgericht auf sie berufen kann (E. 2.3 und 2.4). Da Art. 342 Abs. 2 OR eine unmittelbar anwendbare Bestimmung im Sinne von Art. 18 IPRG ist, tritt das von den Parteien gewählte ausländische Recht gegenüber dem anwendbaren schweizerischen Recht zurück (E. 2.5).
Art. 342 Abs. 2 OR Art. 342 Abs. 2 OR Art. 18 IPRG Erwägungen ab Seite 751
Erwägungen ab Seite 751 BGE 138 III 750 S. 751
BGE 138 III 750 S. 751
Extrait des considérants:
2.
2. 2.3 L' art. 342 al. 2 CO autorise une partie à un contrat de travail à agir civilement afin d'obtenir l'exécution d'une obligation de droit public imposée à son cocontractant par des dispositions fédérales ou cantonales sur le travail et susceptible d'être l'objet d'un contrat individuel de travail. L'obligation de droit public peut résulter directement d'une norme générale et abstraite, mais elle peut également être fondée sur une décision ( ATF 135 III 162 consid. 3.2.1 p. 166).
2.3 art. 342 al. 2 CO Dans le domaine du droit des étrangers ordinaire, le Tribunal fédéral a appliqué l' art. 342 al. 2 CO en rapport avec l'art. 9 al. 1 de l'ordonnance du 6 octobre 1986 limitant le nombre des étrangers (OLE, en vigueur jusqu'au 31 décembre 2007; cf. actuellement art. 22 LEtr [RS 142.20] et art. 22 de l'ordonnance du 24 octobre 2007 relative à l'admission, au séjour et à l'exercice d'une activité lucrative [OASA; RS 142.201]), disposition qui soumettait l'autorisation nécessaire pour exercer une activité lucrative, notamment, à la garantie que le travailleur bénéficie des conditions de rémunération usuelles dans la localité et la profession en question. Il a ainsi admis qu'une fois l'autorisation délivrée, l'employeur est tenu, en vertu d'une obligation de droit public, de respecter les conditions qui l'assortissent, en particulier le salaire approuvé par l'autorité administrative; le travailleur dispose alors d'une prétention qu'il peut exercer devant les juridictions civiles, le juge civil étant lié par les conditions de rémunération fixées dans l'autorisation délivrée pour un emploi donné ( ATF 122 III 110 consid. 4d p. 114/115; ATF 129 III 618 consid. 5.1 p. 621/622 et consid. 6.1 p. 623). art. 342 al. 2 CO Plus récemment, le Tribunal fédéral a eu à trancher le cas d'une domestique privée étrangère travaillant à Genève au service d'une diplomate auprès d'une mission permanente ( ATF 135 III 162 ). La procédure permettant à l'employée de maison de travailler en Suisse n'était pas régie par le droit des étrangers ordinaire, mais impliquait l'octroi par le DFAE d'une carte de légitimation, valant à la fois titre de séjour et autorisation de travail dans un domaine délimité. Pour obtenir la carte de légitimation "F" en faveur de son employée de maison, l'employeuse avait remis aux autorités suisses notamment une déclaration de garantie, dans laquelle elle confirmait avoir pris connaissance des dispositions de la directive du 1 er mai 1998 du DFAE sur l'engagement des domestiques privés par les BGE 138 III 750 S. 752 fonctionnaires internationaux, alors applicable; l'une des conditions posées par la dite directive était de travailler à plein temps pour un seul et même employeur. Le Tribunal fédéral en a déduit que l'employeuse, en signant la déclaration de garantie, s'était obligée envers les autorités suisses à engager à plein temps la domestique et que celle-cipouvait se prévaloir de cette obligation de droit publicdevant le jugecivil en vertu de l' art. 342 al. 2 CO (consid. 3.2.2 p. 168).
BGE 138 III 750 S. 752
art. 342 al. 2 CO 2.4 Le cas présent présente de larges similitudes avec l'affaire ayant fait l'objet de l' ATF 135 III 162. A l'instar de la domestique partie à cette dernière procédure, l'intimée ne travaillait pas à la Mission permanente, mais comme employée de maison à la résidence privée de l'Ambassadeur. Certes, comme elle avait conclu le contrat de travail avec l'Etat recourant, elle n'était pas une "domestique privée", engagée par un membre du personnel de la mission permanente et bénéficiant à ce titre d'une carte de légitimation de type "F" (cf. ch. 1.2 de la directive du DFAE sur l'engagement des domestiques privés par les membres du personnel des missions diplomatiques, des missions permanentes, des postes consulaires et des organisations internationales en Suisse, en vigueur jusqu'au 30 juin 2011 [ci-après: directive sur les domestiques privés]; actuellement, art. 2 al. 1 et 2 de l'ordonnance du 6 juin 2011 sur les conditions d'entrée, de séjour et de travail des domestiques privés des personnes bénéficiaires de privilèges, d'immunités et de facilités [ordonnance sur les domestiques privés, ODPr; RS 192.126]). Titulaire d'une carte de légitimation de type "E" et engagée sur la base d'un contrat de droit privé, l'intimée n'était pas non plus un membre du "personnel de service", employé de carrière de l'Etat recourant sur la base du droit public de cet Etat, mais un membre du "personnel local", soumis à la directive CD 3 du 1 er avril 1987 de la Mission permanente de la Suisse relative au recrutement du personnel administratif et technique ainsi que du personnel de service par les Missions permanentes (cf. ch. 1.3 et 1.4 de la directive sur les domestiques privés; actuellement, art. 3 al. 2 ODPr et art. 5 de l'ordonnance du 7 décembre 2007 relative à la loi fédérale sur les privilèges, les immunités et les facilités, ainsi que sur les aides financières accordés par la Suisse en tant qu'Etat hôte [ordonnance sur l'Etat hôte, OLEH; RS 192.121]).
2.4 art. 3 al. 2 ODPr Cependant, plus que le statut accordé à l'intimée, c'est la procédure suivie pour que la gouvernante puisse venir travailler légalement en Suisse qui est déterminante. A cet égard, il ressort de l'état de fait cantonal que l'Etat recourant, par sa Mission permanente, a fourni à la Mission suisse à Genève trois formules, dont la BGE 138 III 750 S. 753 déclaration de garantie de l'employeur. Le dépôt de ces documents a permis la délivrance à l'intimée du visa pour prise d'activité lucrative en Suisse, puis de la carte de légitimation de type "E", celle-ci valant à la fois titre de séjour et autorisation de travail (cf. ATF 135 III 162 consid. 3.2.2 p. 167). Il s'avère ainsi que la déclaration de garantieétait nécessaire pour que l'intimée obtienne l'autorisation de travailleren Suisse. Or, cette déclaration de l'employeur comprend en particulier l'engagement de traiterl'employé aux conditions de rémunération et de travail en usage dans la localité et la profession concernées. Force est dès lors de conclure que, comme dans le cas envisagé dans l' ATF 135 III 162, l'employeur a, en signant la déclaration de garantie, souscrit à une obligation de droit public envers les autorités suisses.
BGE 138 III 750 S. 753
Les conditions de rémunération et de travail que l'Etat recourant s'est engagé à respecter comprennent en tout cas celles résultant de dispositions impératives de la loi suisse applicable. En l'espèce, fondé sur l' art. 360a al. 1 CO entré en vigueur le 1 er juin 2004, le canton de Genève a déclaré impératifs, à partir du 3 mai 2005, les salaires minimaux figurant dans le contrat-type de travail genevois du 30 mars 2004 pour les travailleurs de l'économie domestique à temps complet et à temps partiel, en vigueur jusqu'au 31 décembre 2011 (ci-après: CTT; cf. modifications du CTT du 1 er mars 2005 et du 13 mars 2007). Par ailleurs, l' art. 329a al. 1 CO, auquel il ne peut être dérogé en défaveur du travailleur (cf. art. 362 al. 1 CO ), prévoit une durée minimale de vacances de quatre semaines par année de service pour les travailleurs âgés de plus de 20 ans. Enfin, un délai de congé inférieur à un mois ne pouvait être convenu entre les parties (cf. art. 335c al. 2 2 e phrase CO). art. 360a al. 1 CO art. 329a al. 1 CO art. 362 al. 1 CO art. 335c al. 2 2 2.5 A ce stade du raisonnement, il apparaît, a priori, que l'employée de maison dispose d'une prétention de droit privé, déduite de l' art. 342 al. 2 CO, lui permettant d'obtenir l'exécution de l'obligation de droit public à la charge de l'employeur (cf. ATF 135 III 162 consid. 3.2.2 in fine p. 169). Il faut relever toutefois que les parties ont convenu d'une élection de droit en faveur du droit chilien. Il se pose dès lors la question de savoir si, sur les trois points en jeu (montant du salaire, durée des vacances et délai de congé), le droit suisse trouve tout de même à s'appliquer.
2.5 art. 342 al. 2 CO Le droit étranger choisi par les parties peut être mis à l'écart lorsque des lois suisses dites d'application immédiate doivent être prises en compte ( art. 18 LDIP [RS 291]; aspect dit positif de l'ordre public BGE 138 III 750 S. 754 suisse). Ces normes sont, en règle générale, des dispositions impératives qui répondent le plus souvent à des intérêts essentiels d'ordre social, politique ou économique ( ATF 136 III 23 consid. 6.6.1 p. 35; ATF 135 III 614 consid. 4.2. p. 617); elles ont été édictées dans l'intérêt public de telle sorte que leur application de préférence au droit étranger désigné par la règle de conflit s'impose dans l'intérêt public pour autant qu'il existe un rapport suffisamment étroit avec la Suisse. Les lois d'application immédiate excluent l'application du droit étranger indépendamment du résultat auquel ledit droit aurait abouti ( ATF 136 III 23 consid. 6.6.1 p. 35 et les arrêts cités). art. 18 LDIP BGE 138 III 750 S. 754
En soumettant la délivrance de l'autorisation de travail à l'exigence que l'employeur s'engage à respecter les conditions de rémunération et de travail valables dans le lieu et la profession en cause, la Suisse poursuit un intérêt public lié au maintien de la paix sociale, en préservant les travailleurs suisses d'une sous-enchère salariale induite par la main-d'oeuvre étrangère, d'une part et en protégeant les travailleurs étrangers eux-mêmes, d'autre part (cf. ATF 122 III 110 consid. 4d p. 114/115; ATF 129 III 618 consid. 5.1 p. 621/622 et consid. 6.1 p. 623; ATF 135 III 162 consid. 3.2.2 p. 167). La règle appliquée dans le cas présent répond à un intérêt essentiel d'ordre social et apparaît ainsi comme d'application immédiate.
Comme on l'a vu, l' art. 342 al. 2 CO attribue des effets de droit civil à l'obligation de droit public mise à la charge de l'employeur de respecter les conditions de salaire et de travail applicables à un domestique travaillant à Genève. Dans la mesure où cette obligation de droitpublic relève de l'ordre public suisse, il se justifie, en parallèle, de ranger l' art. 342 al. 2 CO parmi les dispositions d'application immédiate au sens de l' art. 18 LDIP (BERNARD DUTOIT, Droit international privé suisse, 4 e éd. 2005, n° 8 ad art. 18 LDIP ; FRANK VISCHER, Zürcher Kommentar zum IPRG, 2 e éd. 2004, n° 15 ad art. 18 LDIP ; VISCHER/HUBER/OSER, Internationales Vertragsrecht, 2 e éd. 2000, n° 798 p. 367). art. 342 al. 2 CO art. 342 al. 2 CO art. 18 LDIP art. 18 LDIP art. 18 LDIP Il s'ensuit que le droit chilien choisi par les parties doit céder le pas au droit suisse sur les questions du salaire, y compris pendant le délai de congé, et de l'indemnisation des vacances non prises, domaines dans lesquels l'intimée peut faire valoir directement des prétentions fondées sur le droit suisse.
En conclusion, le grief tiré d'une violation de la LDIP se révèle mal fondé.
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Urteilskopf
115. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Bank X. AG gegen A. und A. gegen Bank X. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_127/2012 / 4A_141/2012 vom 30. Oktober 2012
Regeste Art. 400 Abs. 1 OR ; Vermögensverwaltung durch eine Bank; Herausgabe von Vertriebsentschädigungen für Anlageprodukte. Herausgabepflicht für Bestandespflegekommissionen, die der vermögensverwaltenden Bank von konzernfremden Produktanbietern entrichtet werden (E. 4 und 5). Verzicht des Kunden auf Ablieferung der Vertriebsentschädigung (E. 6). Herausgabepflicht für Bestandespflegekommissionen, die der Bank für Produkte von Konzerngesellschaften zufliessen (E. 8).
Regeste
Art. 400 Abs. 1 OR ; Vermögensverwaltung durch eine Bank; Herausgabe von Vertriebsentschädigungen für Anlageprodukte. Herausgabepflicht für Bestandespflegekommissionen, die der vermögensverwaltenden Bank von konzernfremden Produktanbietern entrichtet werden (E. 4 und 5). Verzicht des Kunden auf Ablieferung der Vertriebsentschädigung (E. 6). Herausgabepflicht für Bestandespflegekommissionen, die der Bank für Produkte von Konzerngesellschaften zufliessen (E. 8).
Art. 400 Abs. 1 OR Herausgabepflicht für Bestandespflegekommissionen, die der vermögensverwaltenden Bank von konzernfremden Produktanbietern entrichtet werden (E. 4 und 5).
Verzicht des Kunden auf Ablieferung der Vertriebsentschädigung (E. 6).
Herausgabepflicht für Bestandespflegekommissionen, die der Bank für Produkte von Konzerngesellschaften zufliessen (E. 8).
Sachverhalt ab Seite 755
Sachverhalt ab Seite 755 BGE 138 III 755 S. 755
BGE 138 III 755 S. 755
A. A. (Kläger) verfügt über ein Wertschriftendepot bei der Bank X. AG (Beklagte). Nach dem Tod seines Vaters, der seit dem Jahr 1988 ein Depot bei der Beklagten unterhalten hatte, wurden dessen Wertschriften im Sommer 2006 auf die ebenfalls von der Beklagten geführten Depots des Klägers, seiner Mutter und seiner Schwester übertragen. Die Beklagte führte die Wertschriftendepots gestützt auf Vermögensverwaltungsverträge und legte das Vermögen jeweils zu einem wesentlichen Teil in Anlagefonds und strukturierte Produkte an. Dabei erhielt sie als Vertriebsträgerin verschiedener Anlageprodukte Vertriebsentschädigungen. Beim Grossteil der eingesetzten Anlagefonds und strukturierten Produkte handelt es sich um Anlageprodukte von mit der Beklagten verbundenen Konzerngesellschaften, BGE 138 III 755 S. 756 zu einem geringeren Teil um Anlageprodukte von Anbietern ausserhalb des Konzerns der Beklagten.
A. BGE 138 III 755 S. 756
Im Laufe des Jahres 2007 gelangte der Kläger zur Auffassung, er und seine Familienangehörigen hätten gestützt auf Art. 400 Abs. 1 OR Anspruch auf Information über sowie auf Herausgabe von Zahlungen, welche die Beklagte im Zusammenhang mit den in ihren Depots liegenden Werten von Dritten (insbesondere Fondsanbietern) erhalten habe. Die Beklagte bestritt eine Offenlegungs- und Herausgabepflicht; sofern und soweit sie Vergütungen von Fondsanbietern erhalten habe, handle es sich dabei um Vertriebsentschädigungen für Eigenleistungen der Bank, die sie den Fondsleitungen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Anlagefonds erbracht habe, weshalb ein innerer Zusammenhang mit den vom Kläger bzw. seinen Verwandten erteilten Vermögensverwaltungsaufträgen nicht gegeben sei.
Art. 400 Abs. 1 OR Im März 2008 traten die Mutter und die Schwester des Klägers ihm ihre Ansprüche gegen die Beklagte im Zusammenhang mit Wertschriften in ihren eigenen Depots sowie ihre anteilsmässigen Ansprüche als Miterbinnen betreffend Wertschriften im vormaligen Depot des Verstorbenen ab.
B.
B. B.a Am 28. Mai 2008 klagte A. beim Bezirksgericht Zürich gegen die Bank X. AG auf Zahlung von Fr. 100'000.-, zuzüglich Zins zu 5 % ab Fälligkeit der Teilforderung, unter Vorbehalt der Nachklage. Dabei wies er darauf hin, die Bezifferung der Forderung beruhe unvermeidlich auf einer Schätzung, zu der er gestützt auf einen durchschnittlichen Wert des Depots seines Vaters von 6 Mio. Fr. und der Annahme gelangte, dass die Beklagte für einen Drittel dieses Werts Retrozessionen in der Höhe von einem Prozent, d.h. Fr. 20'000.- pro Jahr, erhalten habe. Der Kläger berief sich auf einen Zeitraum von zehn Jahren vor Klageeinleitung und klagte ausgehend davon einstweilen die Hälfte, also Fr. 100'000.-, ein.
B.a Die Beklagte bestritt sowohl einen Herausgabeanspruch als auch die Pflicht zur Rechenschaftsablegung. Für die von ihr freiwillig eingereichten Vertriebsverträge erliess das Bezirksgericht Zürich Schutzmassnahmen nach kantonalem Verfahrensrecht.
Mit Urteil vom 26. August 2009 wies das Bezirksgericht Zürich die Klage ab.
B.b Eine vom Kläger gegen den bezirksgerichtlichen Entscheid vom 26. August 2009 erhobene Berufung hiess das Obergericht des BGE 138 III 755 S. 757 Kantons Zürich mit Urteil vom 13. Januar 2012 teilweise gut und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von Fr. 1'538.60 (Dispositiv-Ziffer 1 Abs. 1). Im Übrigen wies es die Klage ab (Dispositiv-Ziffer 1 Abs. 2).
B.b BGE 138 III 755 S. 757
Das Obergericht bejahte einen inneren Zusammenhang zwischen den der Beklagten von konzernfremden Produktanbietern zugeflossenen sog. Bestandespflegekommissionen, die sich nach dem platzierten Volumen berechnen, und den Vermögensverwaltungsaufträgen des Klägers und dessen Familienangehörigen; diese Zahlungen seien als zusätzlich erlangte Vergütung für die erfolgreiche Platzierung der Produkte in den Kundendepots herauszugeben. Es liess den Einwand der Beklagten nicht gelten, die Bestandespflegekommissionen stützten sich auf "eigenständige, genuine Leistungen", weshalb ihnen der von der Rechtsprechung für die Anwendbarkeit von Art. 400 Abs. 1 OR geforderte innere Zusammenhang zum Vermögensverwaltungsmandat fehle. Zwar sei glaubhaft, dass die Bestandespflegekommission neben ihrem Charakter als Zusatzvergütung auch konkret anfallende Kosten für den Fondsvertrieb decke; die Beklagte habe aber bewusst keine konkreten Angaben dazu gemacht, was sie für den Vertrieb im Einzelnen aufwende, weshalb prozessual keine andere Wahl bleibe, als die auf die Depots des Klägers und seiner Familienangehörigen entfallenden Kommissionen als reine Retrozessionen zu behandeln. Entsprechendes gelte für die strukturierten Produkte, welche die Beklagte im Rahmen der Vermögensverwaltungsverträge mit dem Kläger bzw. seinen Familienangehörigen eingesetzt hat.
Art. 400 Abs. 1 OR Das Obergericht bejahte daher einen Herausgabeanspruch für Bestandespflegekommissionen, welche die Beklagte für sechs in den fraglichen Depots gehaltene Anlageprodukte im Zeitraum vom 29. Mai 1998 bis zum 28. Mai 2008 von Anbietern ausserhalb ihres Konzerns erhalten hatte. Es sprach dem Kläger - nachdem die Beklagte die konkret vereinnahmten Bestandespflegekommissionen im weiteren Verfahrensverlauf offengelegt hatte - den entsprechenden Betrag von Fr. 1'538.60 zu. Für Vertriebsentschädigungen, die der Beklagten von ihren Konzerngesellschaften zugeflossen waren, lehnte das Obergericht einen Ablieferungsanspruch hingegen ab.
C. Beide Parteien haben gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. Januar 2012 beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben.
C. Die Beklagte beantragt im Verfahren 4A_127/2012 im Wesentlichen, es sei Dispositiv-Ziffer 1 Abs. 1 des angefochtenen Urteils BGE 138 III 755 S. 758 aufzuheben und die Klage abzuweisen; eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
BGE 138 III 755 S. 758
Der Kläger beantragt dem Bundesgericht im Verfahren 4A_141/2012 die Gutheissung seiner Klage unter Aufhebung des obergerichtlichen Urteils vom 13. Januar 2012; eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesgericht vereinigt die beiden Beschwerdeverfahren. Es weist die Beschwerde der Beklagten (4A_127/2012) ab, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerde des Klägers (4A_141/2012) heisst das Bundesgericht teilweise gut, es hebt das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. Januar 2012 auf und weist die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
Beschwerde der Beklagten (4A_127/2012)
4. Die Beklagte wirft dem Obergericht vor, es habe eine Herausgabepflicht für die Bestandespflegekommissionen, die ihr von konzernfremden Produktanbietern zugeflossen sind, zu Unrecht bejaht.
4. 4.1 Die Beklagte steht in einem doppelten Vertragsverhältnis: Sie verwaltet einerseits das Wertschriftenvermögen des Klägers (bzw. seiner Familienangehörigen, die im Folgenden nicht mehr separat erwähnt werden) und vertreibt andererseits Anlagefondsanteile. Den Vertrieb dieser Fondsanteile übernimmt sie aufgrund von Verträgen, die sie mit verschiedenen Fondsleitungen abgeschlossen hat.
4.1 Das Entgelt, das die Beklagte als Vertriebsträgerin nach den ins Recht gelegten Verträgen von den Fondsleitungen erhält, besteht einerseits in Kommissionen für die Ausgabe und Rücknahme von Fondsanteilen, die dem Anleger beim Kauf und Verkauf von Fondsanteilen direkt in Rechnung gestellt werden. Andererseits erhält sie als Vergütung einen Teil der von den Fondsleitungen dem Fondsvermögen - und damit indirekt sämtlichen Fondsanlegern - belasteten Verwaltungskommission (Management Fee), die periodisch, meist jährlich, für die Leitung und Verwaltung des Fonds sowie den Vertrieb der Fondsanteile erhoben wird; dieser Teil der Verwaltungskommission, der als Vergütung an Vertriebsträger fliesst, wird als Bestandespflegekommission bezeichnet. Das Herausgabebegehren des Klägers bezieht sich ausschliesslich auf die von der Beklagten erhaltenen Bestandespflegekommissionen. BGE 138 III 755 S. 759
BGE 138 III 755 S. 759
Die Vorinstanz beschreibt die Bestandespflegekommissionen, die im vorliegenden Verfahren zur Beurteilung stehen, aufgrund der unbestrittenen Darstellung der Beklagten. Nach den Vertriebsverträgen, welche die Beklagte im kantonalen Verfahren vorgelegt hat, wird die Bestandespflegekommission nach dem Wert aller an einem bestimmten Stichtag in den Depots der Vertriebsträgerin lagernden Fondsprodukte bemessen, die von der Vertriebsvereinbarung erfasst werden; der in Prozenten definierte Entschädigungs- oder Retrosatz wird mit dem Anlagevolumen multipliziert. Je höher das Volumen der von der Beklagten am Stichtag gehaltenen Fondsanteile ist, desto höher ist mitunter der für die Bemessung massgebende Entschädigungssatz. Die Bestandespflegekommission wird der Beklagten nicht für einzelne Transaktionen oder pro Kunde und Anlageeinheit bezahlt, sondern für den gesamten von ihr gehaltenen Anlagebestand. Die Beklagte bezieht als Vertriebsträgerin demnach von den Fondsleitungen, deren Anteile sie vertreibt, eine Vergütung nach Prozenten der von ihr in den Depots ihrer Kunden lagernden Fondsanteile, wobei die Vergütung umso höher ausfällt, je grösser der Bestand solcher Anteile ist.
4.2 Die Beklagte verwaltet das Wertschriftendepot des Klägers, indem sie nach eigenem Ermessen Aktien, Obligationen sowie (überwiegend) Finanzprodukte (wie Anlagefonds und strukturierte Produkte) für den Kläger erwirbt und gegebenenfalls wieder verkauft. Auf den zwischen den Parteien abgeschlossenen Vermögensverwaltungsvertrag sind die auftragsrechtlichen Regeln anwendbar (vgl. BGE 137 III 393 E. 2.1 S. 395; BGE 132 III 460 E. 4 S. 463 mit Hinweisen). Der Beauftragte ist nach Art. 400 Abs. 1 OR verpflichtet, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und alles, was ihm infolge derselben aus irgendeinem Grund zugekommen ist, zu erstatten. Die Ablieferungspflicht betrifft nicht nur diejenigen Vermögenswerte, die der Beauftragte direkt vom Auftraggeber zur Erfüllung des Auftrags erhält, sondern auch indirekte Vorteile, die dem Beauftragten infolge der Auftragsausführung von Dritten zukommen. Der Beauftragte soll durch den Auftrag - abgesehen von einem allfälligen Honorar - weder gewinnen noch verlieren; er hat daher alle Vermögenswerte herauszugeben, die in einem inneren Zusammenhang zur Auftragsausführung stehen. Behalten darf der Beauftragte nur, was er lediglich bei Gelegenheit der Auftragsausführung, ohne inneren Zusammenhang mit dem ihm erteilten Auftrag, von Dritten erhält ( BGE 138 III 137 E. 5.3.1 S. 141 f.; BGE 137 III 393 E. 2.1 S. 395; BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464 mit Hinweisen). BGE 138 III 755 S. 760 Zu den indirekten Vorteilen, die der Herausgabepflicht unterstehen, zählen etwa Rabatte, Provisionen oder Schmiergelder. Ob die Zuwendung nach dem Willen des Dritten ausschliesslich dem Beauftragten zugutekommen soll oder nicht, spielt dabei keine Rolle ( BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464 mit Hinweisen).
4.2 Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 760
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gehören zu den indirekten Vorteilen des Beauftragten unter anderem sogenannte Retrozessionen bzw. Rückvergütungen; darunter werden etwa Zahlungen verstanden, die dem Vermögensverwalter gestützt auf eine entsprechende Vereinbarung mit der Depotbank aus vereinnahmten Gebühren zufliessen. Rückvergütungen werden dem Beauftragten ausgerichtet, weil er im Rahmen des Auftrags bestimmte Verwaltungshandlungen vornimmt oder veranlasst: sie fallen im Zusammenhang mit der Verwaltung des Vermögens an und unterliegen der Herausgabepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR ( BGE 137 III 393 E. 2.1 S. 395 f.; BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464 f. mit Hinweisen).
Art. 400 Abs. 1 OR 5.
5. 5.1 Die beiden in der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheide zur Herausgabepflicht für Rückvergütungen ( BGE 132 III 460 und BGE 137 III 393 ) betrafen Auftragsverhältnisse zwischen einem Auftraggeber und einem externen Vermögensverwalter. In der Literatur wird kontrovers diskutiert, ob die genannten Grundsätze auch auf den Fall einer Bank anzuwenden sind, die als Vermögensverwalterin für einen Kunden tätig ist, wenn sie in diesem Rahmen Anlagefonds oder strukturierte Produkte für den Kunden erwirbt und vom Produktanbieter (etwa einer Fondsgesellschaft) einen Teil der von diesem erhobenen Verwaltungsgebühren in Form von Bestandespflegekommissionen erhält.
5.1 Ein Teil der Lehre vertritt die Ansicht, von Banken vereinnahmte Vertriebsentschädigungen für Anlageprodukte wie Anlagefonds und strukturierte Produkte seien von Retrozessionen zu unterscheiden und daher nicht nach Art. 400 Abs. 1 OR herausgabepflichtig (SANDRO ABEGGLEN, "Retrozession" ist nicht gleich "Retrozession", SZW 2007 S. 128 ff.;NOBEL/STIRNIMANN, Zur Behandlung von Entschädigungen im Vertrieb von Anlagefonds- und strukturierten Produkten durch Banken, SZW 2007 S. 348; PHILIPPE MEYER, Retrozessionen, Finder's Fees und Vertriebsentschädigungen im Schweizerischen Bankgeschäft, SZW 2011 S. 188; RAPHAEL PREISIG, Der Vertrieb von Anlagefonds durch Banken, 2011, S. 159 ff.; THOMAS JUTZI, Der öffentliche Vertrieb von kollektiven Kapitalanlagen, recht 2011 S. 75; BGE 138 III 755 S. 761 JAEGER/HAUTLE, Retrozessionen versus Bestandespflegekommissionen im Vermögensverwaltungsgeschäft, Anwaltsrevue 10/2008 S. 439 ff.; ROMEO CERUTTI, Rechtliche Aspekte der Vermögensverwaltung im Schweizer Universalbankensystem, ZSR 2008 I S. 89 ff.; LOMBARDINI/MACALUSO, Rétrocessions et rétributions dans le domaine bancaire, AJP 2008 S. 182 ff.; VITO ROBERTO, Die auftragsrechtliche Herausgabepflicht des "Erlangten" [nachfolgend: Herausgabepflicht], ZSR2009 I S. 41 ff.; derselbe, Vertriebsprovisionen: Entschädigung des Beauftragten oder dem Auftraggeber zustehender Vermögenswert?, Jusletter 5. Januar 2009). Dabei wird unter anderem vorgebracht, es fehle den Vertriebsentschädigungen der Bank am inneren Zusammenhang mit dem Vermögensverwaltungsauftrag, da damit gegenüber dem Produktanbieter erbrachte (Vertriebs-)Leistungen entschädigt würden, die durch die Vermögensverwaltungsgebühr nicht gedeckt seien. Zudem werden aufsichtsrechtliche Argumente gegen eine Herausgabepflicht ins Feld geführt.
Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 761
Andere Autoren sind demgegenüber der Meinung, dass es sich bei Vertriebsentschädigungen, die der Bank von Produktanbietern zufliessen, um herausgabepflichtige Zuwendungen handle (SUSAN EMMENEGGER, Anlagekosten: Retrozessionen im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, in: Anlagerecht, Emmenegger [Hrsg.],2007, S. 70 ff.; FABIAN SCHMID, Retrozessionen und Anlagefonds[nachfolgend:Anlagefonds], Jusletter 21. Mai 2007 Rz. 45 ff.; ROLF KUHN, Anlagefonds und strukturierte Produkte, TREX 2009 S. 39, soweit ein Vermögensverwaltungsvertrag mit der Bank besteht; FABIEN AEPLI, Retrocessions and other Finder's Fees in the Asset Management and Investment Funds' Fields, in: Aktuelle Entwicklungen des Europäischen und Internationalen Wirtschaftsrechts, Baudenbacher [Hrsg.],Bd. X, 2008, S. 34 ff.; P. CHRISTOPH GUTZWILLER, Rechtsfragen der Vermögensverwaltung, 2008, S. 204 ff.; WEBER/ISELI, Vertriebsträger im Finanzmarktrecht, 2008, Rz. 390, 398; MONIKA ROTH, Retrozessionen und Interessenkonflikte - wenn der Berater in Tat und Wahrheit ein Verkäufer ist[nachfolgend: Retrozessionen], ZBJV2010 S. 533, 536 f.; vgl. dieselbe, Das Dreiecksverhältnis Kunde - Bank - Vermögensverwalter, 2007, Rz. 154 ff.).
5.2 Die Beklagte rügt zu Unrecht, die Vorinstanz habe Art. 400 Abs. 1 OR verletzt, indem sie sich über die Auffassung der strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts im Entscheid 6B_223/2010 vom 13. Januar 2011 hinweggesetzt habe, wonach keine rechtlich relevante Verknüpfung zwischen dem Auftrag des Kunden zum BGE 138 III 755 S. 762 Kauf von Fondsanteilen und den von der Bank vereinnahmten Vertriebsentschädigungen bestehe. Die Vorinstanz hat zur Beurteilung des eingeklagten Herausgabeanspruchs zu Recht nicht unbesehen auf diesen Entscheid abgestellt, dem die Prüfung einer strafrechtlich relevanten Vermögensschädigung einer Bank durch den angestellten Geschäftsführer im Hinblick auf den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung ( Art. 158 Ziff. 1 StGB ) zugrunde lag. Sie hat vielmehr zutreffend berücksichtigt, dass sich das ins Feld geführte Urteil nicht näher mit dem Anwendungsbereich von Art. 400 Abs. 1 OR und den Voraussetzungen der Ablieferungspflicht auseinandersetzt. Von einem Grundsatzentscheid, der für den vorliegend zu beurteilenden Herausgabeanspruch zu beachten wäre, kann entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht keine Rede sein.
5.2 Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 762
Art. 158 Ziff. 1 StGB Art. 400 Abs. 1 OR 5.3 Die Pflicht zur Ablieferung ist - wie die Rechenschaftspflicht - ein zentrales Element der Fremdnützigkeit des Auftrags ( BGE 137 III 393 E. 2.3 S. 397; BGE 132 III 460 E. 4.2 S. 465 f.). Die Herausgabepflicht lässt sich als Konkretisierung der Treuepflicht nach Art. 398 Abs. 2 OR verstehen. Sie garantiert die Einhaltung der Treuepflicht und stellt insofern eine präventive Massnahme zur Wahrung der Interessen des Auftraggebers dar, indem sie der Gefahr vorbeugt, der Beauftragte könnte sich aufgrund der Zuwendung eines Dritten veranlasst sehen, die Interessen des Auftraggebers nicht ausreichend zu berücksichtigen ( BGE 137 III 393 E. 2.3 S. 397). Dies verkennt die Beklagte, wenn sie vorbringt, es handle sich bei der Treuepflicht und der Herausgabepflicht um zwei Aspekte des Auftragsrechts, die nicht miteinander zu vermengen seien.
5.3 Art. 398 Abs. 2 OR Wann von einem inneren Zusammenhang der Zuwendung eines Dritten zur Auftragsausführung auszugehen ist, kann nicht für alle Auftragsverhältnisse ein für allemal umschrieben werden. Die mit der Herausgabepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR angestrebte Vorbeugung von Interessenkonflikten zur Sicherung der Fremdnützigkeit ist - neben dem damit verbundenen Grundsatz, dass der Beauftragte (abgesehen vom Honorar) durch den Auftrag weder gewinnen noch verlieren soll - der massgebende Gesichtspunkt bei der Beurteilung, ob der Vermögensvorteil dem Beauftragten infolge der Auftragsausübung oder lediglich bei Gelegenheit der Auftragserfüllung, ohne inneren Zusammenhang mit dem ihm erteilten Auftrag, von Dritten zugekommen ist. Bei Zuwendungen Dritter ist ein innerer Zusammenhang schon dann zu bejahen, wenn die Gefahr besteht, der Beauftragte könnte sich dadurch veranlasst sehen, die Interessen des Auftraggebers nicht ausreichend zu berücksichtigen (WALTER BGE 138 III 755 S. 763 FELLMANN, Berner Kommentar, 1992, N. 128 zu Art. 400 OR ; NÄNNI/VON DER CRONE, Rückvergütungen im Recht der unabhängigen Vermögensverwaltung, SZW 2006 S. 379; EMMENEGGER/SCHMID, Die Herausgabepflicht des Beauftragten, in: Mélanges en l'honneur de Pierre Tercier, 2008, S. 219). Nicht erforderlich ist im Hinblick auf die Herausgabepflicht demgegenüber, dass er sich tatsächlich pflichtwidrig verhält oder der Auftraggeber einen konkreten Nachteil erleidet (vgl. FELLMANN, a.a.O., N. 128 zu Art. 400 OR ; EMMENEGGER/SCHMID, a.a.O., S. 219; EMMENEGGER, a.a.O., S. 76; rechtsvergleichend etwa SOERGEL/BEUTHIEN, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Aufl. 2012, N. 13 zu § 667 BGB; STAUDINGER/MARTINEK, in: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2006, N. 12 zu § 667 BGB; CHRISTOPH BENICKE, Wertpapiervermögensverwaltung, Tübingen 2006, S. 924 f.).
Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 763
Art. 400 OR Art. 400 OR 5.4 Die Beklagte weist grundsätzlich zutreffend darauf hin, dass sich die umstrittenen Bestandespflegekommissionen von den vom Bundesgericht in BGE 132 III 460 und BGE 137 III 393 beurteilten Retrozessionen insofern unterscheiden, als sie nicht Zahlungen betreffen, die ihr aus beim Auftraggeber direkt erhobenen Gebühren zugeflossen sind. Im Gegensatz zu den in diesen beiden Entscheiden umschriebenen Retrozessionen handelt es sich bei den vorliegend zu beurteilenden Bestandespflegekommissionen nicht um Rückvergütungen aus einer beim Endkunden unmittelbar erhobenen Gebühr; vielmehr werden sie der Beklagten als Vertriebsträgerin aus der Verwaltungskommission vergütet, die dem Fondsvermögen wiederkehrend, meist jährlich, gemäss Fondsreglement belastet wird und die den Ertrag des Fondsvermögens schmälert, der dem Anleger anteilsmässig zusteht. Die Beklagte verkennt jedoch, dass es bei der Beurteilung, ob die Zuwendung eines Dritten von Art. 400 Abs. 1 OR erfasst wird, nicht darauf ankommt, ob diese unter einen bestimmten Begriff der "Retrozession" fällt (in diese Richtung jedoch JAEGER/HAUTLE, a.a.O., S. 439 f.). Herausgabepflichtig sind neben den Vermögenswerten, die der Beauftragte direkt vom Auftraggeber zur Erfüllung des Auftrags erhält, vielmehr auch allgemein indirekte Vorteile, die dem Beauftragten - unabhängig von deren Bezeichnung - infolge der Auftragsausführung von Dritten zukommen; dazu gehören unter anderem - jedoch nicht ausschliesslich - Retrozessionen im beschriebenen Sinn ( BGE 137 III 393 E. 2.1 S. 395 f.; BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464 f.).
5.4 Art. 400 Abs. 1 OR Dass die Zuwendung nicht aus einer unmittelbar beim auftragerteilenden Kunden erhobenen Gebühr fliesst, sondern aus einer dem BGE 138 III 755 S. 764 Sondervermögen - an dem der Kunde anteilsmässig beteiligt ist - belasteten Verwaltungsgebühr, schliesst die Vergütung ebenso wenig vom Anwendungsbereich von Art. 400 Abs. 1 OR aus wie der Umstand, dass ihre Berechnung anhand des Gesamtbestands der jeweiligen Produkte bei der Beklagten und nicht für jeden Kunden einzeln erfolgt (vgl. FELLMANN, a.a.O., N. 131 zu Art. 400 OR ; FRANZ WERRO, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2. Aufl. 2012, N. 13 zu Art. 400 OR ; ROLF H. WEBER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 14 zu Art. 400 OR ; BENICKE, a.a.O., S. 928). Im Hinblick auf die Anwendbarkeit von Art. 400 Abs. 1 OR ist auch nicht ausschlaggebend, ob es sich beim Beauftragten um einen externen Vermögensverwalter oder eine vermögensverwaltende Bank handelt; die Bestimmung ist auf sämtliche Auftragsverhältnisse anwendbar.
BGE 138 III 755 S. 764
Art. 400 Abs. 1 OR Art. 400 OR Art. 400 OR Art. 400 OR Art. 400 Abs. 1 OR 5.5 Art. 400 Abs. 1 OR Es ist unbestritten, dass zwischen den Parteien ein Vermögensverwaltungsverhältnis besteht, in dessen Rahmen die Beklagte gegen Entgelt eigenständig Anlageentscheide für den Kläger gefällt und unter anderem Fondsanteile sowie strukturierte Produkte erwoben und veräussert hat. Die Vermögensverwaltung unterscheidet sich von anderen Vertragsbeziehungen mit einer Bank, wie der reinen Konto-/Depot-Beziehung oder dem Anlageberatungsvertrag (vgl. BGE 133 III 97 E. 7.1 S. 102) dadurch, dass die Bank die auszuführenden Transaktionen im Rahmen der vereinbarten Anlagestrategie selbst bestimmt. Bei ihr besteht eine umfassende Interessenwahrungspflicht des Verwalters gegenüber dem Kunden ( BGE 119 II 333 E. 5a S. 335; vgl. auch BGE 133 III 97 E. 7.1 S. 102). Nicht zu beurteilen ist damit, wie es sich bei anderen Vertragsverhältnissen mit der Herausgabepflicht verhält, so insbesondere, wenn die Bank Anlageprodukte lediglich auf einen entsprechenden Kundenauftrag hin erwirbt (sogenannte "Execution-Only-Beziehung"; dazu etwa ABEGGLEN, a.a.O., S. 126 ff.; EMMENEGGER, a.a.O., S. 71 f.). BGE 138 III 755 S. 765
BGE 138 III 755 S. 765
5.6 Die Bestandespflegekommissionen, welche die Beklagte von Dritten erhielt, bestimmen sich nicht nach dem erbrachten Aufwand, sondern nach dem Erfolg der Vertriebsbemühungen, wie die Beklagte im kantonalen Verfahren selbst anerkannte. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese Vergütungen in erster Linie auf Absatz ausgerichtet sind und damit die erfolgreiche Platzierung der Produkte bei Kunden entschädigen. Dies bestätigt auch der von der Beklagten vorgebrachte Umstand, dass die zweite Bemessungskomponente neben dem platzierten Volumen, nämlich der Entschädigungssatz, dessen Höhe von der Grösse der Bank bzw. von der Anzahl potentieller Kunden abhängig ist, sie "hauptsächlich für ihre Platzierungskraft bzw. wirtschaftliche Grösse" und damit für den von ihr geschaffenen "Aggregierungseffekt" (Zurverfügungstellen des aufgebauten Vertriebsapparats bzw. Zugang zu einem bestimmten Kundenpool) entschädige (vgl. in diesem Zusammenhang auch NOBEL/STIRNIMANN, a.a.O., S. 348, wonach die Bestandespflegekommission wirtschaftlich "die Bezahlung für den Zugang zu einem bestimmten Kundenpool" darstelle; PREISIG, a.a.O., S. 103, wonach die Höhe des Entschädigungssatzes durch die Attraktivität der Bank als Vertriebskanal bestimmt wird und in der Regel progressiv ausgestaltet ist).
5.6 Der mit der Vergütung für die erfolgreiche Platzierung der fraglichen Finanzprodukte verbundene Anreiz, diese im Rahmen des bestehenden Vermögensverwaltungsmandats einzusetzen, steht im Zielkonflikt mit der Verpflichtung der Beklagten zur umfassenden Interessenwahrung gegenüber dem Kläger. Die Bestandespflegekommissionen sind der Beklagten im strittigen Umfang nur zugeflossen, weil ihr durch das Vermögensverwaltungsmandat vom Kläger eine Position eingeräumt wurde, die es ihr erlaubte, entsprechende Anlageentscheide selbständig vorzunehmen. Insoweit stellen sie, wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat, eine zusätzlich erlangte Vergütung für die erfolgreiche Platzierung der fraglichen Produkte beim Kläger dar. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die Bank erlange diesen Vorteil nicht aus der Auftragsausführung für den einzelnen Kunden, sondern ausschliesslich aufgrund der Abnahme grosser Mengen und damit als Folge eines ihr zuzurechnenden Grössenvorteils (so aber NOBEL/STIRNIMANN, a.a.O., S. 348; vgl. auch ROBERTO, Herausgabepflicht, a.a.O., S. 42, der von einer Entschädigung für den "Bündelungseffekt" spricht). Eine derartige Argumentation übersieht, dass gerade durch die vermögensverwaltende Disposition über zahlreiche Vermögen die grösseren Volumen überhaupt erst ermöglicht BGE 138 III 755 S. 766 werden (FRANK A. SCHÄFER, in: Handbuch der Vermögensverwaltung, Schäfer und andere [Hrsg.], München 2012, § 11 Rz. 20). Der mit der Bestandespflegekommission einhergehende Interessenkonflikt ist nicht zu übersehen, besteht doch ein Anreiz der Bank, durch eigene Entscheidung einen Bestand bestimmter Anlageprodukte zu begründen, zu erhalten oder zu erhöhen, auch wenn dies möglicherweise nicht durch die Interessen des Kunden gerechtfertigt ist (vgl. BENICKE, a.a.O., S. 928; LUC THÉVENOZ, Conflicts of Interest in the Distribution of Investment Funds, in: Conflicts of Interest, Thévenoz und andere [Hrsg.], 2007, S. 348, 350). Damit stehen die vereinnahmten Vergütungen in einem inneren Zusammenhang mit der Auftragsausführung durch die Beklagte.
BGE 138 III 755 S. 766
5.7 Der Einwand der Beklagten, mit der Bestandespflegekommission würden neben ihrer "Platzierungskraft" auch "verschiedenartige, genuine Vertriebsleistungen ausgerichtet", verfängt nicht. Der Umstand, dass ihr im Hinblick auf die Platzierung der fraglichen Produkte auch Aufwand (für Personal, Einrichtung technischer Systeme zur Abwicklung der Geschäfte usw.) entstanden sein soll, ändert nichts am inneren Zusammenhang mit dem Vermögensverwaltungsmandat; der beschriebene Interessenkonflikt besteht aufgrund der mit der erfolgsabhängigen Vergütung verbundenen Anreize auch dann, wenn damit darüber hinaus allfällig entstandener Aufwand für den Produktvertrieb mitentschädigt wird. Anders zu beurteilen wäre gegebenenfalls - wie die Beklagte grundsätzlich zutreffend vorbringt - eine andere Form des Entgelts des Vertriebsträgers, die den Vertriebsaufwand konkret entschädigt (wie etwa für das Einrichten von fondsspezifischen Prozessen, das Vorrätighalten und die Abgabe von Marketing- und rechtlichen Dokumenten der Fondsleitung, das Weiterleiten gesetzlich vorgeschriebener und anderer Publikationen, die Wahrnehmung von durch den Produktanbieter delegierten geldwäschereirechtlich oder regulatorisch bedingten Abklärungspflichten, das Erstellen von Fondsresearch-Material; den Betrieb und den Unterhalt einer elektronischen Vertriebs- und Informationsplattform für Drittanbieter usw.). Eine derartige Entschädigung steht jedoch vorliegend nicht zur Diskussion.
5.7 Die Beklagte bringt überdies zu Unrecht vor, solange der Vertriebsträger marktgerecht für die gegenüber der Fondsleitung erbrachte Vertriebsleistung entschädigt werde, falle eine Herausgabepflicht für die erhaltene Vertriebsentschädigung ausser Betracht. Zu beurteilen ist nicht, ob die zwischen dem Vertriebsträger und der Fondsleitung BGE 138 III 755 S. 767 vereinbarte Vertriebsentschädigung zulässig, angemessen, marktgerecht oder übermässig ist. Massgebend ist im Hinblick auf die Herausgabepflicht nicht dieses Vertragsverhältnis, sondern dasjenige zwischen der vermögensverwaltenden Bank und dem Kunden: Anhand der zwischen den Parteien des Vermögensverwaltungsvertrags bestehenden Interessenwahrungspflichten ist zu beurteilen, ob angesichts der von der Bestandespflegekommission ausgehenden finanziellen Anreize - jedoch unabhängig von deren Rechtsgrundlage - ein innerer Zusammenhang zur Auftragsausführung besteht (vgl. AEPLI, a.a.O., S. 43; EMMENEGGER, a.a.O., S. 75). Der von der Beklagten ins Feld geführte Umstand, dass sich die von ihr vereinnahmten Bestandespflegekommissionen im Rahmen der Entschädigungen bewegten, die auch andere grosse Vertriebsträger entgegennehmen, vermag eine Herausgabepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR damit nicht auszuschliessen.
BGE 138 III 755 S. 767
Art. 400 Abs. 1 OR Allfällige Aufwendungen sind dem Beauftragten nach auftragsrechtlichen Grundsätzen gestützt auf seinen Anspruch auf Auslagenersatz ( Art. 402 Abs. 1 OR ) durch den Auftraggeber zu entschädigen, sofern sie nicht bereits durch das Auftragshonorar abgegolten werden (FABIAN SCHMID, Retrozessionen an externe Vermögensverwalter, 2009, S. 159). Die Beklagte hat im vorinstanzlichen Verfahren nach den Feststellungen im angefochtenen Entscheid allerdings bewusst auf die Substantiierung konkreter Aufwendungen verzichtet, womit solche im zu beurteilenden Fall ausser Betracht fallen. Die Beklagte zeigt in diesem Zusammenhang weder eine Verletzung von Bundesrecht noch eine verfassungswidrige Anwendung kantonalen Verfahrensrechts auf; insbesondere ist nicht ersichtlich, inwiefern der Vorinstanz eine unzutreffende Beweislastverteilung ( Art. 8 ZGB ) vorzuwerfen wäre. Entsprechendes gilt für die Aufwendungen für die Entwicklung, die Aufsetzung und den Vertrieb strukturierter Produkte, bezüglich derer die Beklagte im Übrigen keine eigenständigen Rügen erhebt, sondern auf ihre Ausführungen zu den Bestandespflegekommissionen für Anlagefonds verweist.
Art. 402 Abs. 1 OR Art. 8 ZGB 5.8 Die Beklagte bringt im Weiteren vor, die kollektivanlagerechtliche Regelung der Vertriebsentschädigung gehe Art. 400 Abs. 1 OR vor, und beruft sich auf ein aufsichtsrechtliches Verbot der Weiterleitung solcher Vergütungen.
5.8 Art. 400 Abs. 1 OR 5.8.1 Das Sonderprivat- und Aufsichtsrecht des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagengesetz, KAG; SR 951.31) bzw. des damaligen Bundesgesetzes vom BGE 138 III 755 S. 768 18. März 1994 über die Anlagefonds (Anlagefondsgesetz, AFG; AS 1994 2523) gehe davon aus, dass Vertriebskosten dem Fondsvermögen zugunsten der Vertriebsträger (und nicht der Anleger) belastet werden dürften. Die einschlägigen kollektivanlagerechtlichen Vorschriften seien zeitlich lange nach Art. 400 OR erlassen worden. Damit komme ihnen als leges posteriores und leges speciales Vorrang gegenüber den auftragsrechtlichen Bestimmungen zu.
5.8.1 BGE 138 III 755 S. 768
Art. 400 OR Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht ist nicht ausschlaggebend, dass das Kollektivanlagerecht die Verwendung eines Teils der Verwaltungskommission für den Vertrieb von Fondsanteilen als zulässig erachtet, sofern diese Vertriebsentschädigung ausdrücklich im Fondsvertrag vorgesehen ist (vgl. Art. 38 Abs. 6 der Verordnung vom 22. November 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen [Kollektivanlagenverordnung, KKV; SR 951.311] ). Zu beurteilen ist nicht die Zulässigkeit der Entrichtung von Vertriebsentschädigungen durch die Fondsleitung an Vertriebsträger, sondern ein allfälliger Herausgabeanspruch des Kunden aufgrund eines bestimmten - nicht fondsspezifischen - Auftragsverhältnisses zum Vertriebsträger (vgl. auch PREISIG, a.a.O., S. 98). Die Beklagte vermag keine Bestimmungen des AFG oder des KAG aufzuzeigen, die das Verhältnis zwischen dem Anleger und dem Vertriebsträger, geschweige denn die Frage der Herausgabepflicht, in Abweichung vom allgemeinen Vertragsrecht regeln würden.
Art. 38 Abs. 6 der Verordnung vom 22. November 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen [Kollektivanlagenverordnung, KKV; SR 951.311] Im Gegenteil bestehen hinsichtlich der Pflichten des Vertriebsträgers offensichtliche Ähnlichkeiten mit dem Auftragsrecht, indem auch das Kollektivanlagerecht die Vertriebsträger neben einer transparenten Rechenschaftsablegung unter anderem dazu verpflichtet, unabhängig zu handeln und ausschliesslich die Interessen der Anleger zu wahren ( Art. 20 Abs. 1 KAG ; vgl. EMMENEGGER, a.a.O., S. 79; ROTH, Retrozessionen, a.a.O., S. 544). Die Bank trifft im Übrigen auch als Effektenhändlerin gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG; SR 954.1) eine Treuepflicht gegenüber ihren Kunden; dabei hat sie insbesondere sicherzustellen, dass allfällige Interessenkonflikte ihre Kunden nicht benachteiligen. Die aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen organisatorischen Massnahmen zur Vermeidung einer Benachteiligung der Kunden sind dabei unabhängig von einer privatrechtlichen Herausgabepflicht zu gewährleisten. Während das Verhältnis zwischen Anleger, Fondsleitung und Depotbank ausführlich geregelt wird (vgl. Art. 6 ff. AFG, Art. 26 ff. KAG ), lässt sich BGE 138 III 755 S. 769 dem Kollektivanlagerecht keine Bestimmung entnehmen, welche die Herausgabepflicht von Bestandespflegekommissionen für Anlagefonds im Rahmen eines Vermögensverwaltungsverhältnisses zwischen dem Kunden und dem vermögensverwaltenden Vertriebsträger in Abweichung von Art. 400 Abs. 1 OR regeln und einen besonderen Rechtsgrund für die Einbehaltung darstellen würde.
Art. 20 Abs. 1 KAG Art. 11 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG; SR 954.1) Art. 6 ff. AFG Art. 26 ff. KAG BGE 138 III 755 S. 769
Art. 400 Abs. 1 OR 5.8.2 Die Beklagte beruft sich im Weiteren darauf, es sei ihr aufsichtsrechtlich verboten, erhaltene Bestandespflegekommissionen an Endkunden weiterzuleiten. Dem Konzept der kollektiven Kapitalanlage entspreche eine strikte Pflicht zur Gleichbehandlung der Anleger, die für das AFG in der Rechtsprechung wiederholt bestätigt und in Art. 7 Abs. 1 KAG ausdrücklich normiert worden sei. Entsprechend hätten grundsätzlich alle Anleger die genau gleiche Verwaltungskommission zu zahlen. Würde nun eine Ablieferungspflicht von Vertriebsentschädigungen der Vertriebsträger bejaht, so käme ein Anleger in den Genuss einer reduzierten Verwaltungsgebühr, bloss weil zufälligerweise noch ein Auftragsverhältnis mit dem Vertriebsträger des Fonds bestehe, so dass Anleger, die in keinem Auftragsverhältnis zum Vertriebsträger stehen oder gar nicht über einen Vertriebsträger Fondsanteile erwerben, benachteiligt wären; dies verstiesse gegen den in Art. 12 AFG bzw. Art. 20 KAG verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz. Um die Gleichbehandlung zu gewährleisten, so die Beklagte weiter, sehe die Richtlinie der Swiss Fund Association (SFA) für Transparenz bei Verwaltungskommissionen vom 7. Juni 2005 denn auch ein ausdrückliches Verbot für Fondsleitungen vor, Rückvergütungen an andere als in der Richtlinie genannte institutionelle Anleger zu bezahlen (vgl. Ziff. 4 Abs. 3). Dieses sei nach seinem Sinn und Zweck auch von den Vertriebsträgern zu beachten, was auch von der damaligen Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) in einem Diskussionspapier vom 5. September 2008 bestätigt worden sei. Die von der SFA erlassene Richtlinie sei von der EBK am 30. Juni 2005 als Mindeststandard anerkannt worden, womit deren Verletzung zu aufsichtsrechtlichen Sanktionen führen würde.
5.8.2 Art. 7 Abs. 1 KAG Art. 12 AFG Art. 20 KAG Auch in der Lehre wird teilweise gestützt auf Art. 20 Abs. 1 lit. a KAG und Ziff. 4 Abs. 3 der SFA-Richtlinie für Transparenz bei Verwaltungskommissionen vom 7. Juni 2005 die Meinung vertreten, es sei Vertriebsträgern (wie vorliegend der Beklagten) aufsichtsrechtlich verboten, Bestandespflegekommissionen an sogenannte Endanleger (wie den Kläger) weiterzuleiten (ABEGGLEN, a.a.O., S. 132 f.; NOBEL/STIRNIMANN, a.a.O., S. 353 f.; a.M. AEPLI, a.a.O., S. 39; SCHMID, BGE 138 III 755 S. 770 Anlagefonds, a.a.O., Rz. 40; EMMENEGGER, a.a.O., S. 79 f.). Es erscheint allerdings fraglich, ob Ziff. 4 der von der damaligen EBK als Mindeststandard anerkannten SFA-Richtlinie über die Zulässigkeit der Zahlung von (eigens definierten) Rückvergütungen und Bestandespflegekommissionen durch Fondsleitungen hinaus auch die Frage der Weiterleitung entsprechender Zahlungen durch Vertriebsträger regelt (vgl. auch PETER CH. HSU, Retrozessionen, Provisionen und Finder's Fees, 2006, S. 75; PREISIG, a.a.O., S. 95, die aufgrund der SFA-Richtlinie lediglich auf die Zulässigkeit von Vertriebsvergütungen und nicht auf ein Weiterleitungsverbot schliessen). Das von der Beklagten erwähnte Verbot der Ausrichtung an andere (als die einzeln aufgeführten) institutionellen Anleger sowie Endanleger (Ziff. 4 Abs. 3) betrifft nach Wortlaut und Systematik die sogenannten Rückvergütungen, d.h. Zahlungen (Rabatte) aus der Verwaltungskommission an Anleger; bei diesen stellt sich das Problem der relativen Gleichbehandlung der Anleger, nicht aber die Problematik von Retrozessionen im Sinne von Anreizen Dritter (vgl. HSU, a.a.O., S. 71 f.). Demgegenüber werden Bestandespflegekommissionen, d.h. Zahlungen aus der Verwaltungskommission an den Vertrieb (vgl. die Begriffsbestimmung in Ziff. 3), wie sie der Beklagten zuflossen, daran anschliessend in Ziff. 4 Abs. 4 und 5 geregelt. Darin werden vier verschiedene Arten von Vertriebsträgern und -partnern aufgeführt, an die Bestandespflegekommissionen bezahlt werden dürfen; gleichzeitig wird festgehalten, dass die Ausrichtung von Bestandespflegekommissionen an andere Vertriebsträger und -partner nicht zulässig ist, ohne dass dabei Endanleger erwähnt würden.
Art. 20 Abs. 1 lit. a KAG BGE 138 III 755 S. 770
Inwiefern von den Regelungen in Ziff. 4 Abs. 3 und 5 der erwähnten SFA-Richtlinie auch eine Weiterleitung von Bestandespflegekommissionen des Vertriebsträgers erfasst sein soll, die sich aus der privatrechtlichen Herausgabepflicht gestützt auf ein fondsunabhängiges Auftragsverhältnis ergibt, erschliesst sich auf Anhieb ebenso wenig wie ein aus der Treuepflicht nach Art. 12 Abs. 1 AFG bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. a KAG abgeleitetes angebliches Weiterleitungsverbot (vgl. zur relativen Gleichbehandlungspflicht etwa MARKUS PFENNINGER, in: Basler Kommentar, Kollektivanlagengesetz, 2009, N. 18 zu Art. 20 KAG ). Die Frage eines aufsichtsrechtlichen Verbots braucht jedoch nicht abschliessend geklärt zu werden, da auch ein solches Verbot nichts am Herausgabeanspruch des Klägers ändern würde. Es obliegt der Beklagten, ihre Verträge so zu gestalten, dass sie ihren aufsichtsrechtlichen Pflichten auch dann nachkommen kann, BGE 138 III 755 S. 771 wenn sie gleichzeitig verschiedene Verträge mit Fondsleitungen und mit Bankkunden eingeht. Sollten die Tätigkeiten als Vertriebsträgerin einerseits und als Vermögensverwalterin andererseits aufgrund eines aufsichtsrechtlichen Verbots nicht miteinander vereinbar sein, müsste dies letztlich zum Verzicht auf eine der beiden Tätigkeiten führen. Gegenüber dem Kläger lässt sich aus einem angeblichen Weiterleitungsverbot demgegenüber nichts zugunsten der Beklagten ableiten.
Art. 12 Abs. 1 AFG Art. 20 Abs. 1 lit. a KAG Art. 20 KAG BGE 138 III 755 S. 771
Sodann ist die Pflicht zur Herausgabe nach Art. 400 Abs. 1 OR nicht zwingend, vielmehr kann der Auftraggeber auf die Ablieferung verzichten ( BGE 137 III 393 E. 2.2 S. 396; BGE 132 III 460 E. 4.2 S. 465). Der Beklagten war es demnach möglich, ihre Vertragsverhältnisse derart auszugestalten, dass sie sowohl ihren (angeblichen) aufsichtsrechtlichen Vorgaben als auch ihren vertraglichen Verpflichtungen genügen konnte. Durch eine vertragliche Regelung hinsichtlich des mit den Bestandespflegekommissionen verbundenen potentiellen Interessenkonflikts würden auch die von der Beklagten für den Fall einer Bejahung einer Herausgabepflicht befürchteten und von ihr als unhaltbar erachteten aufsichtsrechtlichen und ordnungspolitischen Ergebnisse ausser Betracht fallen. Weder in einer im Rahmen der Selbstregulierung von einer Branchenorganisation erlassenen Richtlinienbestimmung noch in einer behördlichen Äusserung in einem blossen Diskussionspapier kann ein Rechtsgrund erblickt werden, der eine Einbehaltung zugeflossener Bestandespflegekommissionen in Abweichung der privatrechtlichen Gesetzesbestimmung von Art. 400 Abs. 1 OR rechtfertigen würde.
Art. 400 Abs. 1 OR Art. 400 Abs. 1 OR Dem Kläger steht demnach - unter Vorbehalt eines gültigen Verzichts - ein Herausgabeanspruch für die Bestandespflegekommissionen zu, die der Beklagten von konzernfremden Produktanbietern zugeflossen sind.
6. Die Beklagte bringt im Sinne eines Eventualstandpunkts vor, der Kläger habe auf die Ablieferung der Vertriebsentschädigungen verzichtet.
6. 6.1 Während sich die Beklagte im vorinstanzlichen Verfahren noch auf den Standpunkt stellte, gestützt auf den Vermögensverwaltungsvertrag mit dem Kläger vom 17. September 2006 bzw. die entsprechenden Verträge mit seinen Verwandten vom 15. März 2005, vom 16. September 2006 sowie vom 17. Dezember 2006 liege zumindest ein teilweiser Verzicht vor, beruft sie sich vor Bundesgericht zu Recht nicht mehr auf einen entsprechenden Verzicht. Vielmehr bringt sie BGE 138 III 755 S. 772 nunmehr ausschliesslich vor, ein Herausgabeverzicht ergebe sich jeweils gestützt auf den abgeschlossenen Fondsvertrag.
6.1 BGE 138 III 755 S. 772
6.2 Die Beklagte hat den Fondsvertrag mit der Fondsleitung und der Depotbank, auf den sie sich beruft, gestützt auf den Vermögensverwaltungsauftrag als Vertreterin des Klägers selbst abgeschlossen. Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist das Kontrahieren eines Vertreters mit sich selbst grundsätzlich unzulässig, weil es regelmässig zu Interessenkollisionen führt ( BGE 127 III 332 E. 2a S. 333; 126 III E. 3a S. 363). Dies muss angesichts der Gefahr der Benachteiligung des Vertretenen auch gelten, wenn - wie vorliegend - der Vertreter einen Verzicht des Vertretenen auf vertragliche Ansprüche ihm gegenüber aus einem mit Dritten abgeschlossenen Vertrag ableiten will. Dass der Kläger den von ihr angeblich erklärten Verzicht nachträglich genehmigt hätte, macht die Beklagte zu Recht nicht geltend. Die Beklagte kann daher aus dem von ihr als Vertreterin des Klägers angeblich erklärten Verzicht auf gegenüber ihr selbst bestehende Herausgabeansprüche nichts zu ihren Gunsten ableiten.
6.2 6.3 Abgesehen davon legt die Beklagte nicht einmal ansatzweise dar, inwiefern sie als Zahlungsempfängerin aufgeführt und welche konkreten Berechnungsansätze der von ihr vereinnahmten Bestandespflegekommissionen dem Kläger mit den Fondsverträgen offengelegt worden wären. Insbesondere reicht es entgegen ihrer Ansicht nicht aus, dass die maximal mögliche Höhe der Vertriebsentschädigung bekannt sei, zumal diese (logisch) zwingend immer begrenzt sei durch die im Fondsprospekt aufgeführte Verwaltungskommission, aus der sie bezahlt werde (vgl. BGE 137 III 393 E. 2.6 S. 402). Im Hinblick auf einen gültigen Verzicht muss der Vermögensverwaltungskunde vielmehr die Parameter kennen, die zur Berechnung des Gesamtbetrags der Bestandespflegekommissionen notwendig sind und einen Vergleich mit dem vereinbarten Vermögensverwaltungshonorar erlauben. Hierzu gehören zumindest die Eckwerte der bestehenden Vereinbarungen mit Dritten sowie die Grössenordnung der zu erwartenden Entschädigungen (vgl. BGE 137 III 393 E. 2.4 S. 399).
6.3 Letzterem Erfordernis wird beim Vorausverzicht auch beim Einsatz von Anlagefonds und strukturierten Produkten in der Vermögensverwaltung Genüge getan, wenn die Höhe der erwarteten Bestandespflegekommissionen in einer Prozentbandbreite des verwalteten Vermögens angegeben wird. Damit wird dem Auftraggeber ermöglicht, BGE 138 III 755 S. 773 im Hinblick auf einen Verzicht sowohl die Gesamtkosten der Vermögensverwaltung zu erfassen als auch die beim Vermögensverwalter aufgrund der konkreten Anreizstrukturen vorhandenen Interessenkonflikte zu erkennen (vgl. BGE 137 III 393 E. 2.4 S. 399 f.). Dass diese Voraussetzungen erfüllt worden wären, legt die Beklagte nicht dar, weshalb ein Verzicht - unabhängig von der Problematik des Vertretungsverhältnisses - von vornherein ausser Betracht fällt.
BGE 138 III 755 S. 773
Die Vorinstanz hat daher gestützt auf Art. 400 Abs. 1 OR einen Anspruch des Klägers auf Herausgabe der Bestandespflegekommissionen zu Recht geschützt, die der Beklagten von konzernfremden Produktanbietern ausgerichtet wurden.
Art. 400 Abs. 1 OR 7. Die Beschwerde der Beklagten erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
7. Beschwerde des Klägers (4A_141/2012 )
8. Der Kläger wirft der Vorinstanz vor, sie habe eine Herausgabepflicht der Beklagten für Bestandespflegekommissionen, die ihr von Konzerngesellschaften zugeflossen sind, zu Unrecht verneint.
8. 8.1 Die Vorinstanz erwog, zwar seien die Vertriebsentschädigungen zahlenden Konzerngesellschaften der Beklagten rechtlich selbständige Gesellschaften mit eigener Rechnungslegung, jedoch befänden sich diese Einheiten unter einer einheitlichen Leitung in einem Konzernverbund, weshalb die zwischen ihnen erfolgten Zahlungen "bei einer konsolidierten Betrachtungsweise als konzernneutral zu werten" seien. Es sei mit der Beklagten davon auszugehen, dass "in Anlehnung an eine wirtschaftliche Betrachtungsweise" der Kunde dem Konzern gegenüberstehe und konzerninterne Zahlungen für die Beklagte nicht als wirtschaftlich fremd im Sinne von Art. 400 Abs. 1 OR anzusehen seien, da die Gesellschaften des Konzernverbunds vom gleichen wirtschaftlich Berechtigten gehalten würden. Entsprechend wies die Vorinstanz einen Herausgabeanspruch für der Beklagten zugeflossene Bestandespflegekommissionen ab, die auf den Einsatz von Anlageprodukten von Konzerngesellschaften zurückzuführen sind.
8.1 Art. 400 Abs. 1 OR 8.2 Die Ablieferungspflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR betrifft neben denjenigen Vermögenswerten, die der Beauftragte direkt vom Auftraggeber zur Erfüllung des Auftrags erhält, auch indirekte Vorteile, die dem Beauftragten infolge der Auftragsausführung zukommen ( BGE 137 III 393 E. 2.1 S. 395; BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464; vgl. auch BGE 138 III 755 S. 774 BGE 138 III 137 E. 5.3.1 S. 141). Eine Herausgabepflicht für indirekte Vorteile in Form von Vertriebsentschädigungen setzt demnach voraus, dass solche dem Beauftragten von einem Dritten geleistet wurden. An einer derartigen Zuwendung fehlt es etwa, wenn die beauftragte Vermögensverwaltungsgesellschaft die betroffenen Finanzprodukte selbst herausgibt und vertreibt, was nach der Behauptung der Beklagten bei den strukturierten Eigenprodukten im Depot des Klägers zutreffen soll, jedoch aus den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid nicht hervorgeht. Mangels Zahlung fällt in diesem Fall eine Herausgabepflicht ausser Betracht (EMMENEGGER, a.a.O., S. 74). Entsprechendes gilt, wenn zwischen der Fondsleitungsgesellschaft und dem Vermögensverwalter - etwa weil beide der gleichen Unternehmensgruppe angehören - auf Rückvergütungen verzichtet wird (vgl. BENICKE, a.a.O., S. 936 f.).
8.2 Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 774
Die Vorinstanz stützte ihre (knappe) Begründung für den Ausschluss konzerninterner Zahlungen vom Anwendungsbereich von Art. 400 Abs. 1 OR auf zwei Lehrmeinungen (HSU, a.a.O., S. 77 f., sowie NOBEL/STIRNIMANN, a.a.O., S. 347). Darin wird insbesondere argumentiert, aus Sicht des Bankkonzernrechts handle es sich bei einer Vertriebsentschädigung, die eine als Produktanbieterin (Fondsleitung oder Emittentin) fungierende Konzerngesellschaft an die mit dem Vertrieb betraute Konzerngesellschaft leistet, "nicht um eine Zahlung zwischen zwei juristisch fremden Personen". Der Bankkonzern sei eine unternehmerische Einheit; die Fremdheit sei jedoch eine Voraussetzung für die Anwendung von Art. 400 Abs. 1 OR (NOBEL/STIRNIMANN, a.a.O., S. 347; vgl. auch SANDRO ABEGGLEN, Der Bankkonzern in der Schnittmenge von Privat- und Aufsichtsrecht; zugleich zur Rechenschafts- und Ablieferungspflicht bei konzerninternen Vergütungen [nachfolgend: Bankkonzern], in: Festschrift Roland von Büren, 2009, S. 662 ff.; CERUTTI, a.a.O., S. 92). Darüber hinaus wird die Ansicht vertreten, formell betrachtet scheine es sich bei Vergütungen innerhalb des Konzerns oder einer Finanzgruppe teilweise um Retrozessionen zu handeln; materiell erfolge jedoch nur eine (meist) steuerlich motivierte Gewinnverschiebung von einer Einheit der Gruppe zur anderen (HSU, a.a.O., S. 78).
Art. 400 Abs. 1 OR Art. 400 Abs. 1 OR 8.3 Der pauschale Verweis der Vorinstanz auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise unter Berücksichtigung des Konzernverbunds vermag einen Ausschluss der Herausgabe von Bestandespflegekommissionen, die der Beklagten für den Einsatz von Anlageprodukten von Gesellschaften ihrer Unternehmensgruppe zugeflossen sind, nicht zu begründen. BGE 138 III 755 S. 775
8.3 BGE 138 III 755 S. 775
Zunächst leuchtet nicht ein, weshalb Art. 400 Abs. 1 OR von vornherein keine Anwendung auf konzernintern bezahlte Vertriebsentschädigungen finden soll. Die Schweiz kennt kein systematisch kodifiziertes Konzernrecht; der Konzern wird von der Rechtsordnung nur punktuell erfasst und geregelt (dazu ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 663 ff.; PREISIG, a.a.O., S. 191 ff.). Art. 663e Abs. 1 OR enthält zwar im Hinblick auf die zu erstellende Konzernrechnung eine gesetzliche Definition des Konzerns; diesem kommt jedoch keine eigene Rechtspersönlichkeit zu. Grundsätzlich wird die juristische Selbstständigkeit von Konzerngesellschaften anerkannt; trotz Konzernrechnung hat jede Konzerngesellschaft einzeln für ihre Verbindlichkeiten einzustehen, unabhängig davon, ob diese vertraglich, deliktisch oder durch ungerechtfertigte Bereicherung begründet wurden (statt vieler ROLAND VON BÜREN, Der Konzern, SPR Bd. VIII/6, 2. Aufl. 2005, S. 177; vgl. auch BGE 137 III 550 E. 2.3.1 S. 552).
Art. 400 Abs. 1 OR Art. 663e Abs. 1 OR Bei der Haftung können sich zwar aufgrund der Konzernrealität zum Schutz Dritter Besonderheiten ergeben (vgl. BGE 137 III 550 ff. zur Vermischung der Sphären der Mutter- und Tochtergesellschaft; BGE 124 III 297 E. 6; BGE 120 II 331 ff. betreffend erwecktes Vertrauen in das Konzernverhalten der Muttergesellschaft; BGE 132 III 489 E. 3.2; BGE 121 III 319 E. 5a betreffend Durchgriff infolge Rechtsmissbrauchs, wobei ein Durchgriff zugunsten der juristischen Person oder deren Gesellschafter nicht zugelassen wird). Diese wirken sich jedoch nicht zugunsten der Konzerngesellschaft aus, sondern dienen im Gegenteil dem Schutz aussenstehender Dritter. Das Vertragsrecht wirkt stets zwischen natürlichen oder juristischen Personen; mangels Rechtspersönlichkeit kann der Konzern als solcher nicht Vertragspartei sein. Auch das Steuerrecht knüpft an der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Konzerngesellschaften an, während der Konzern selbst kein Steuersubjekt ist (vgl. BGE 132 I 29 E. 5.2 S. 40). Geschäfte innerhalb des Konzerns werden steuerlich so behandelt, als ob sie zwischen juristisch und wirtschaftlich unabhängigen Unternehmen erfolgt wären. Nur ausnahmsweise wird der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns Rechnung getragen, etwa indem zur Verhinderung einer Dreifachbesteuerung Beteiligungserträge steuerlich begünstigt werden (VON BÜREN, a.a.O., S. 445 ff.). Im Bereich des Bankenaufsichtsrechts wird eine Finanzgruppe sodann - aus Gründen des Gläubiger- und Funktionsschutzes - ausgeprägt als Einheit behandelt (vgl. Art. 3b ff. des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen [Bankengesetz, BankG; SR 952.0] ). BGE 138 III 755 S. 776
Art. 3b ff. des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen [Bankengesetz, BankG; SR 952.0] BGE 138 III 755 S. 776
Zwar wird die wirtschaftliche Verflechtung von Konzerngesellschaften von der Rechtsordnung fallweise berücksichtigt. Auch wenn namentlich das Gesellschafts- und Bankenrecht der wirtschaftlichen Einheit eines Bankkonzerns in verschiedener Hinsicht Rechnung trägt (vgl. NOBEL/STIRNIMANN, a.a.O., S. 347), so lässt sich daraus entgegen der in der Beschwerdeantwort geäusserten Ansicht kein allgemeines Prinzip ableiten, das zur Nichtanwendbarkeit von Art. 400 Abs. 1 OR auf konzerninterne Zahlungen führen würde. Insbesondere gilt es zu beachten, dass die verschiedenen konzernrechtlichen Normen und Grundsätze vorwiegend dem Schutz der Gläubiger dienen, einen Aktionärs- bzw. Minderheitenschutz verwirklichen oder einen allgemeinen Funktionsschutz bezwecken (so zutreffend PREISIG, a.a.O., S. 197 f.; vgl. auch ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 675 ff.). Die Gründe für eine Einheitsbetrachtung des Konzerns in bestimmten öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wie sie etwa der steuerrechtlichen Behandlung von Beteiligungserträgen zugrunde liegen, lassen sich nicht auf privatrechtliche Vertragsverhältnisse übertragen. Aus der Berücksichtigung des Konzernverbunds in den erwähnten Regelungsbereichen einen Schutz des Konzerns gegenüber Vertragspartnern von Konzerngesellschaften oder gar eine Sonderbehandlung von Bankkonzerngesellschaften bezüglich ihrer auftragsrechtlichen Pflichten ableiten zu wollen, wie dies die Beklagte zu vertreten scheint, wäre verfehlt. Insbesondere kann ihrer Ansicht nicht gefolgt werden, es müsse einer Konzerngesellschaft aufgrund des Erfordernisses zur Erstellung einer konsolidierten Jahresrechnung ( Art. 663e OR ), mit der die (rechnerische) Eliminierung sämtlicher konzerninterner Zahlungsvorgänge einhergehe, umgekehrt gestattet sein, gegenüber Gläubigern geltend zu machen, dass die Zahlungen zwischen Konzerngesellschaften gar nicht erfolgt seien bzw. spätestens mit der Konzernrechnung wieder eliminiert würden (so aber ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 674). Wie andere privatrechtliche Ansprüche knüpft auch Art. 400 Abs. 1 OR an bestimmte Tatbestandsvoraussetzungen an, die - sind sie erfüllt - eine Forderung des Auftraggebers begründen. Bereits erfolgte Vorgänge können nicht im Hinblick auf bestimmte (als unerwünscht erachtete) Rechtsfolgen unter Verweis auf eine konsolidierte Rechnungslegung nachträglich ausgeblendet werden.
Art. 400 Abs. 1 OR Art. 663e OR Art. 400 Abs. 1 OR Entgegen der Ansicht der Vorinstanz kann sich die Beklagte daher gegenüber ihrem Vertragspartner nicht einfach auf die wirtschaftliche Einheit ihres Konzerns berufen und eine Herausgabe von Bestandespflegekommissionen nach Art. 400 Abs. 1 OR für BGE 138 III 755 S. 777 konzerneigene Produkte mit dem Hinweis darauf verweigern, die zahlende Gesellschaft sei mit ihr verbunden. Der Vermögensverwaltungsvertrag besteht zwischen dem Kläger und der Beklagten, nicht etwa mit deren Konzern, dem keine Rechtspersönlichkeit zukommt. Es kann dem Auftraggeber trotz des Konzernverhältnisses nicht verwehrt sein, sich auf die bestehenden rechtlichen Verhältnisse und tatsächlichen Vorgänge zu berufen, an die das Vertragsrecht Rechtsfolgen knüpft. Entsprechend ist bei der Beurteilung der vertraglichen Ansprüche des Klägers nicht unter Hinweis auf die "wirtschaftliche Realität" oder die finanzielle Einheit des Konzerns auszublenden, dass es sich bei den Gesellschaften, die Bestandespflegekommissionen ausgerichtet haben, um rechtlich selbständige juristische Personen handelt (vgl. EMMENEGGER, a.a.O., S. 73; im Ergebnis bereits WIEGAND/ZELLWEGER-GUTKNECHT, Privatrechtliche Probleme der Vermögensverwaltung, in: Vermögensverwaltung und Nachlassplanung, Wiegand [Hrsg.], 2005, S. 44 Fn. 65). Der Beklagten kann daher nicht gefolgt werden, wenn sie dafürhält, konzerninterne Zahlungen könnten keine herausgabepflichtigen Leistungen eines Dritten darstellen.
Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 777
Unerheblich ist im Übrigen ihr Vorbringen, die konzerninterne Entrichtung von Vertriebsentschädigungen durch Fondsleitungsgesellschaften sei angeblich steuerrechtlich vorgeschrieben. Steuerliche Gründe vermögen die Transparenz- und Herausgabevorschriften im Auftragsverhältnis nicht auszuhebeln (EMMENEGGER, a.a.O., S. 73). Ebenso wenig verfängt ihr Einwand, sie hätte die konzerninternen Vertriebsentschädigungen und damit ihre Pflicht zu deren Ablieferung nicht nur aus steuerlichen, sondern auch aus regulatorischen Gründen nicht vermeiden können, weshalb eine entsprechende Anordnung höchst widersprüchlich und stossend wäre. Die Geschäftstätigkeit kann innerhalb des von der Rechtsordnung vorgegebenen Rahmens frei gestaltet werden. Die steuerrechtlichen, regulatorischen und privatrechtlichen Auswirkungen dieser Tätigkeit sind dabei in Kauf zu nehmen. Ist ein angestrebtes Ergebnis durch die (innerhalb des vorgegebenen rechtlichen Rahmens) frei wählbare Vorgehens- und Organisationsweise nicht zu erzielen, so bleibt letztlich nur der Verzicht auf die Tätigkeit in der beabsichtigten Form. Abgesehen davon, dass sich aus öffentlich-rechtlichen Vorgaben nicht unbesehen auf privatrechtliche Vertragspflichten schliessen lässt, kann der Beklagten ohnehin nicht gefolgt werden, weil der Herausgabeanspruch nach Art. 400 Abs. 1 OR nicht zwingend ist, sondern vertraglich darauf verzichtet werden kann, womit der Beklagten eine BGE 138 III 755 S. 778 freiwillige Gestaltungsmöglichkeit durchaus offenstand ( BGE 137 III 393 E. 2.2 S. 396; BGE 132 III 460 E. 4.2 S. 465). Die Bank kann sich schliesslich auch nicht darauf berufen, eine konzerninterne Zahlung hätte auch unterbleiben oder ebenso gut als Dividende oder in einer anderen gesellschaftsrechtlichen Form erfolgen können (so aber ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 687); solche Sachverhalte stehen vorliegend nicht zur Diskussion.
Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 778
8.4 Entscheidend ist im Hinblick auf den Zweck der Herausgabepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR daher nicht, ob die Bestandespflegekommission dem Beauftragten von einer Konzerngesellschaft oder einer konzernfremden Gesellschaft entrichtet wurde, die insoweit beide als Dritte zu betrachten sind, sondern ob damit die Gefahr verbunden ist, der Beauftragte könnte sich aufgrund der Zuwendung veranlasst sehen, die Interessen des Auftraggebers nicht ausreichend zu berücksichtigen. Entgegen den Vorbringen der Beklagten ist demnach nicht massgebend, ob der Vermögensverwaltungskunde die Bank bzw. die deren Anlageprodukte auflegenden Konzerngesellschaften als Einheit "und die Produkte als unter dem einheitlichen Brand der Bank hergestellte Produkte" wahrnimmt oder nicht, oder ob er über die interne Organisation des Bankkonzerns informiert bzw. daran interessiert ist (vgl. aber ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 673 f., 684). Daraus lässt sich jedenfalls nicht auf einen fehlenden Interessenkonflikt im Zusammenhang mit Bestandespflegekommissionen, geschweige denn auf einen Verzicht auf deren Herausgabe schliessen. Vielmehr gilt es unter Berücksichtigung des mit der Herausgabepflicht bezweckten präventiven Schutzes des Auftraggebers vor einer Missachtung der Interessenwahrungspflicht zu beurteilen, ob die Besorgnis bestand, die Bank könnte die Interessen des Auftraggebers ausser Acht lassen.
8.4 Art. 400 Abs. 1 OR 8.5 Ein Interessenkonflikt der vermögensverwaltenden Bank besteht bei Bestandespflegekommissionen unabhängig davon, ob sie von einer konzernfremden oder einer verbundenen Gesellschaft ausgerichtet werden. Fällt eine Bank - wie vorliegend die Beklagte - im Rahmen eines Vermögensverwaltungsmandats Anlageentscheide für den Kunden und verdient sie bei deren Platzierung mittels Bestandespflegekommissionen an den von ihr selbst getätigten Anlagen mit, sind die Kundeninteressen gefährdet. Es besteht auch beim Einsatz konzerneigener Anlageprodukte die Gefahr, dass die Bank ihre Verwaltungstätigkeit nicht im Interesse des Auftraggebers ausübt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, zusätzliche BGE 138 III 755 S. 779 Entschädigungen zu erhalten (so etwa auch das Urteil des BGH vom 19. Dezember 2006, in: Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen [BGHZ] 170/2007 S. 226 Rz. 2 und E. 4b/aa betreffenddie Aufklärungspflicht der Bank über Rückvergütungen für hauseigene Produkte; vgl. auch ROLF SETHE, Treuepflichten der Banken bei der Vermögensanlage [nachfolgend: Treuepflichten], Archiv fürdie civilistische Praxis [AcP] 1-2/2012 S. 141; derselbe, Die Zulässigkeit von Zuwendungen bei Wertpapierdienstleistungen, in: Festschrift Gerd Nobbe, Köln 2009, S. 782, 790). Die Problematik des Interessenkonflikts stellt sich bei konzerneigenen Produkten eher noch verschärft, indem ein besonderer Anreiz der Bank besteht, die Anlagen mit Blick auf die Bestandespflegekommission auszurichten, da sie mit der Wahl eines konzerneigenen Produkts nicht nur selbst eine Zuwendung erhält, sondern gleichzeitig eine andere Konzerngesellschaft mit dem Produkt verbundene Gebühren vereinnahmt (zutreffend EMMENEGGER, a.a.O., S. 73 f.).
8.5 BGE 138 III 755 S. 779
Mitunter wird mit Blick auf die Interessenkonflikte ins Feld geführt, Kunden hätten davon auszugehen, dass eine Bank bevorzugt eigene Produkte berücksichtigt (vgl. etwa ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 684; HERBERT WOHLMANN, Arbeitsteilung im Konzern und ihre Relevanz gegenüber Dritten, SJZ 104/2008 S. 164; HSU, a.a.O., S. 79, nach dem ein Bankkunde zudem bei Drittprodukten davon ausgehen müsse, dass die Bank primär Produkte berücksichtigen werde, für die sie Vertriebsvereinbarungen abgeschlossen hat; vgl. auch das Urteil des BGH vom 19. Dezember 2006, a.a.O., E. 4a in Bezug auf Anlageempfehlungen). Dies erscheint insbesondere bei der entgeltlich erbrachten Vermögensverwaltung, bei der sich der Beauftragte zur umfassenden Interessenwahrung verpflichtet, als äusserst fraglich (vgl. EMMENEGGER, a.a.O., S. 74, die zutreffend darauf hinweist, dass der bankinterne Vermögensverwalter einer Konzernbank den Kundeninteressen genauso verpflichtet ist wie sein externes Pendant; BENICKE, a.a.O., S. 938, nach dem es mit der Interessenwahrungspflicht nicht vereinbar ist, bei gleicher Qualität der angebotenen Dienstleistungen das teurere Angebot auszuwählen, weil der Verwalter daran ein eigenes Interesse hat; vgl. auch SETHE, Treuepflichten, a.a.O., S. 141; SCHÄFER, a.a.O., § 11 Rz. 20 ff.). Jedenfalls führt dies nicht dazu, dass die mit dem Einsatz eigener Produkte verbundenen Interessenkonflikte bei der Beurteilung der Aufklärungs- und Herausgabepflicht ausser Betracht fallen. Ebenso wenig kann sich die Bank darauf berufen, es bestünden auch ohne BGE 138 III 755 S. 780 konzerninterne Rückvergütungen Anreize, dem Kunden gruppeneigene Produkte zu verkaufen (vgl. demgegenüber HSU, a.a.O., S. 78 f.; ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 685, der im Zusammenhang mit dem Einsatz gruppeneigener Produkte zwar von einem Interessenkonflikt ausgeht, diesen jedoch als "durch Offenlegung gelöst" erachtet). Der Umstand, dass beim Einsatz konzerneigener Anlageprodukte zusätzliche Interessenkonflikte bestehen können, rechtfertigt im Hinblick auf die auftragsrechtliche Herausgabepflicht jedenfalls keine bevorzugte Behandlung konzerninterner Bestandespflegekommissionen im Vergleich zu entsprechenden Zahlungen konzernfremder Produktanbieter. Werden konzernintern keine Rückvergütungen ausgerichtet, erhält der Verwalter nichts, was nach Art. 400 Abs. 1 OR herausgegeben werden könnte. Fliessen jedoch solche Zahlungen, so ist ein innerer Zusammenhang mit der Auftragsausführung zu bejahen und es ist nicht ersichtlich, weshalb sie nicht ebenfalls der Herausgabepflicht unterliegen sollen.
BGE 138 III 755 S. 780
Art. 400 Abs. 1 OR 8.6 Wie auch die Ausführungen in der Beschwerdeantwort bestätigen, lässt der mit dem Kläger abgeschlossene Vermögensverwaltungsvertrag den Einsatz von Anlageinstrumenten der Beklagten oder mit ihr verbundener Gesellschaften zu, ist jedoch nicht auf solche beschränkt; vielmehr wird in der Vereinbarung als zulässig erachtet, Instrumente von Drittanbietern einzusetzen, ohne bestimmten Produkten den Vorrang einzuräumen. Die Beklagte hatte im Rahmen des Vermögensverwaltungsmandats die Anlagen (wie Festgeldanlagen, Aktien, Obligationen, Anlagefonds, strukturierte Produkte usw.) auf Rechnung des Klägers nach eigenem Ermessen zu tätigen und demnach sowohl eine Wahl zwischen Anlageinstrumenten von Drittanbietern (mit oder ohne Bestandespflegekommissionen) und eigenen Produkten bzw. solchen ihrer Konzerngesellschaften zu treffen, als auch etwa zu entscheiden zwischen Anlageinstrumenten und Direktanlagen in Aktien oder Obligationen, für die keine Bestandespflegekommissionen gezahlt werden. Damit bestand nicht nur bei den Anlageprodukten konzernfremder Dritter, sondern auch bei konzerneigenen Produkten ein Anreiz der Beklagten, ihre Verwaltungstätigkeit an den damit verbundenen Vergütungen auszurichten, und - unter anderem anstelle von Produkten ohne Rückvergütungen oder Direktanlagen - gerade solche Anlagen zu tätigen und zu halten, auch wenn dies durch die Interessen des Klägers möglicherweise nicht gerechtfertigt war. Der Interessenkonflikt der Beklagten ist nicht von der Hand zu weisen. BGE 138 III 755 S. 781
8.6 BGE 138 III 755 S. 781
Entgegen dem angefochtenen Entscheid sind demnach Bestandespflegekommissionen, die der Beklagten für Produkte von Konzerngesellschaften zugeflossen sind, im Hinblick auf die Herausgabepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR nicht anders zu behandeln als die entsprechenden Zahlungen konzernfremder Gesellschaften.
Art. 400 Abs. 1 OR
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Urteilskopf
115. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Bank X. AG gegen A. und A. gegen Bank X. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_127/2012 / 4A_141/2012 vom 30. Oktober 2012
Regeste Art. 400 Abs. 1 OR ; Vermögensverwaltung durch eine Bank; Herausgabe von Vertriebsentschädigungen für Anlageprodukte. Herausgabepflicht für Bestandespflegekommissionen, die der vermögensverwaltenden Bank von konzernfremden Produktanbietern entrichtet werden (E. 4 und 5). Verzicht des Kunden auf Ablieferung der Vertriebsentschädigung (E. 6). Herausgabepflicht für Bestandespflegekommissionen, die der Bank für Produkte von Konzerngesellschaften zufliessen (E. 8).
Regeste
Art. 400 Abs. 1 OR ; Vermögensverwaltung durch eine Bank; Herausgabe von Vertriebsentschädigungen für Anlageprodukte. Herausgabepflicht für Bestandespflegekommissionen, die der vermögensverwaltenden Bank von konzernfremden Produktanbietern entrichtet werden (E. 4 und 5). Verzicht des Kunden auf Ablieferung der Vertriebsentschädigung (E. 6). Herausgabepflicht für Bestandespflegekommissionen, die der Bank für Produkte von Konzerngesellschaften zufliessen (E. 8).
Art. 400 Abs. 1 OR Herausgabepflicht für Bestandespflegekommissionen, die der vermögensverwaltenden Bank von konzernfremden Produktanbietern entrichtet werden (E. 4 und 5).
Verzicht des Kunden auf Ablieferung der Vertriebsentschädigung (E. 6).
Herausgabepflicht für Bestandespflegekommissionen, die der Bank für Produkte von Konzerngesellschaften zufliessen (E. 8).
Sachverhalt ab Seite 755
Sachverhalt ab Seite 755 BGE 138 III 755 S. 755
BGE 138 III 755 S. 755
A. A. (Kläger) verfügt über ein Wertschriftendepot bei der Bank X. AG (Beklagte). Nach dem Tod seines Vaters, der seit dem Jahr 1988 ein Depot bei der Beklagten unterhalten hatte, wurden dessen Wertschriften im Sommer 2006 auf die ebenfalls von der Beklagten geführten Depots des Klägers, seiner Mutter und seiner Schwester übertragen. Die Beklagte führte die Wertschriftendepots gestützt auf Vermögensverwaltungsverträge und legte das Vermögen jeweils zu einem wesentlichen Teil in Anlagefonds und strukturierte Produkte an. Dabei erhielt sie als Vertriebsträgerin verschiedener Anlageprodukte Vertriebsentschädigungen. Beim Grossteil der eingesetzten Anlagefonds und strukturierten Produkte handelt es sich um Anlageprodukte von mit der Beklagten verbundenen Konzerngesellschaften, BGE 138 III 755 S. 756 zu einem geringeren Teil um Anlageprodukte von Anbietern ausserhalb des Konzerns der Beklagten.
A. BGE 138 III 755 S. 756
Im Laufe des Jahres 2007 gelangte der Kläger zur Auffassung, er und seine Familienangehörigen hätten gestützt auf Art. 400 Abs. 1 OR Anspruch auf Information über sowie auf Herausgabe von Zahlungen, welche die Beklagte im Zusammenhang mit den in ihren Depots liegenden Werten von Dritten (insbesondere Fondsanbietern) erhalten habe. Die Beklagte bestritt eine Offenlegungs- und Herausgabepflicht; sofern und soweit sie Vergütungen von Fondsanbietern erhalten habe, handle es sich dabei um Vertriebsentschädigungen für Eigenleistungen der Bank, die sie den Fondsleitungen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Anlagefonds erbracht habe, weshalb ein innerer Zusammenhang mit den vom Kläger bzw. seinen Verwandten erteilten Vermögensverwaltungsaufträgen nicht gegeben sei.
Art. 400 Abs. 1 OR Im März 2008 traten die Mutter und die Schwester des Klägers ihm ihre Ansprüche gegen die Beklagte im Zusammenhang mit Wertschriften in ihren eigenen Depots sowie ihre anteilsmässigen Ansprüche als Miterbinnen betreffend Wertschriften im vormaligen Depot des Verstorbenen ab.
B.
B. B.a Am 28. Mai 2008 klagte A. beim Bezirksgericht Zürich gegen die Bank X. AG auf Zahlung von Fr. 100'000.-, zuzüglich Zins zu 5 % ab Fälligkeit der Teilforderung, unter Vorbehalt der Nachklage. Dabei wies er darauf hin, die Bezifferung der Forderung beruhe unvermeidlich auf einer Schätzung, zu der er gestützt auf einen durchschnittlichen Wert des Depots seines Vaters von 6 Mio. Fr. und der Annahme gelangte, dass die Beklagte für einen Drittel dieses Werts Retrozessionen in der Höhe von einem Prozent, d.h. Fr. 20'000.- pro Jahr, erhalten habe. Der Kläger berief sich auf einen Zeitraum von zehn Jahren vor Klageeinleitung und klagte ausgehend davon einstweilen die Hälfte, also Fr. 100'000.-, ein.
B.a Die Beklagte bestritt sowohl einen Herausgabeanspruch als auch die Pflicht zur Rechenschaftsablegung. Für die von ihr freiwillig eingereichten Vertriebsverträge erliess das Bezirksgericht Zürich Schutzmassnahmen nach kantonalem Verfahrensrecht.
Mit Urteil vom 26. August 2009 wies das Bezirksgericht Zürich die Klage ab.
B.b Eine vom Kläger gegen den bezirksgerichtlichen Entscheid vom 26. August 2009 erhobene Berufung hiess das Obergericht des BGE 138 III 755 S. 757 Kantons Zürich mit Urteil vom 13. Januar 2012 teilweise gut und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von Fr. 1'538.60 (Dispositiv-Ziffer 1 Abs. 1). Im Übrigen wies es die Klage ab (Dispositiv-Ziffer 1 Abs. 2).
B.b BGE 138 III 755 S. 757
Das Obergericht bejahte einen inneren Zusammenhang zwischen den der Beklagten von konzernfremden Produktanbietern zugeflossenen sog. Bestandespflegekommissionen, die sich nach dem platzierten Volumen berechnen, und den Vermögensverwaltungsaufträgen des Klägers und dessen Familienangehörigen; diese Zahlungen seien als zusätzlich erlangte Vergütung für die erfolgreiche Platzierung der Produkte in den Kundendepots herauszugeben. Es liess den Einwand der Beklagten nicht gelten, die Bestandespflegekommissionen stützten sich auf "eigenständige, genuine Leistungen", weshalb ihnen der von der Rechtsprechung für die Anwendbarkeit von Art. 400 Abs. 1 OR geforderte innere Zusammenhang zum Vermögensverwaltungsmandat fehle. Zwar sei glaubhaft, dass die Bestandespflegekommission neben ihrem Charakter als Zusatzvergütung auch konkret anfallende Kosten für den Fondsvertrieb decke; die Beklagte habe aber bewusst keine konkreten Angaben dazu gemacht, was sie für den Vertrieb im Einzelnen aufwende, weshalb prozessual keine andere Wahl bleibe, als die auf die Depots des Klägers und seiner Familienangehörigen entfallenden Kommissionen als reine Retrozessionen zu behandeln. Entsprechendes gelte für die strukturierten Produkte, welche die Beklagte im Rahmen der Vermögensverwaltungsverträge mit dem Kläger bzw. seinen Familienangehörigen eingesetzt hat.
Art. 400 Abs. 1 OR Das Obergericht bejahte daher einen Herausgabeanspruch für Bestandespflegekommissionen, welche die Beklagte für sechs in den fraglichen Depots gehaltene Anlageprodukte im Zeitraum vom 29. Mai 1998 bis zum 28. Mai 2008 von Anbietern ausserhalb ihres Konzerns erhalten hatte. Es sprach dem Kläger - nachdem die Beklagte die konkret vereinnahmten Bestandespflegekommissionen im weiteren Verfahrensverlauf offengelegt hatte - den entsprechenden Betrag von Fr. 1'538.60 zu. Für Vertriebsentschädigungen, die der Beklagten von ihren Konzerngesellschaften zugeflossen waren, lehnte das Obergericht einen Ablieferungsanspruch hingegen ab.
C. Beide Parteien haben gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. Januar 2012 beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben.
C. Die Beklagte beantragt im Verfahren 4A_127/2012 im Wesentlichen, es sei Dispositiv-Ziffer 1 Abs. 1 des angefochtenen Urteils BGE 138 III 755 S. 758 aufzuheben und die Klage abzuweisen; eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
BGE 138 III 755 S. 758
Der Kläger beantragt dem Bundesgericht im Verfahren 4A_141/2012 die Gutheissung seiner Klage unter Aufhebung des obergerichtlichen Urteils vom 13. Januar 2012; eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesgericht vereinigt die beiden Beschwerdeverfahren. Es weist die Beschwerde der Beklagten (4A_127/2012) ab, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerde des Klägers (4A_141/2012) heisst das Bundesgericht teilweise gut, es hebt das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. Januar 2012 auf und weist die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
Beschwerde der Beklagten (4A_127/2012)
4. Die Beklagte wirft dem Obergericht vor, es habe eine Herausgabepflicht für die Bestandespflegekommissionen, die ihr von konzernfremden Produktanbietern zugeflossen sind, zu Unrecht bejaht.
4. 4.1 Die Beklagte steht in einem doppelten Vertragsverhältnis: Sie verwaltet einerseits das Wertschriftenvermögen des Klägers (bzw. seiner Familienangehörigen, die im Folgenden nicht mehr separat erwähnt werden) und vertreibt andererseits Anlagefondsanteile. Den Vertrieb dieser Fondsanteile übernimmt sie aufgrund von Verträgen, die sie mit verschiedenen Fondsleitungen abgeschlossen hat.
4.1 Das Entgelt, das die Beklagte als Vertriebsträgerin nach den ins Recht gelegten Verträgen von den Fondsleitungen erhält, besteht einerseits in Kommissionen für die Ausgabe und Rücknahme von Fondsanteilen, die dem Anleger beim Kauf und Verkauf von Fondsanteilen direkt in Rechnung gestellt werden. Andererseits erhält sie als Vergütung einen Teil der von den Fondsleitungen dem Fondsvermögen - und damit indirekt sämtlichen Fondsanlegern - belasteten Verwaltungskommission (Management Fee), die periodisch, meist jährlich, für die Leitung und Verwaltung des Fonds sowie den Vertrieb der Fondsanteile erhoben wird; dieser Teil der Verwaltungskommission, der als Vergütung an Vertriebsträger fliesst, wird als Bestandespflegekommission bezeichnet. Das Herausgabebegehren des Klägers bezieht sich ausschliesslich auf die von der Beklagten erhaltenen Bestandespflegekommissionen. BGE 138 III 755 S. 759
BGE 138 III 755 S. 759
Die Vorinstanz beschreibt die Bestandespflegekommissionen, die im vorliegenden Verfahren zur Beurteilung stehen, aufgrund der unbestrittenen Darstellung der Beklagten. Nach den Vertriebsverträgen, welche die Beklagte im kantonalen Verfahren vorgelegt hat, wird die Bestandespflegekommission nach dem Wert aller an einem bestimmten Stichtag in den Depots der Vertriebsträgerin lagernden Fondsprodukte bemessen, die von der Vertriebsvereinbarung erfasst werden; der in Prozenten definierte Entschädigungs- oder Retrosatz wird mit dem Anlagevolumen multipliziert. Je höher das Volumen der von der Beklagten am Stichtag gehaltenen Fondsanteile ist, desto höher ist mitunter der für die Bemessung massgebende Entschädigungssatz. Die Bestandespflegekommission wird der Beklagten nicht für einzelne Transaktionen oder pro Kunde und Anlageeinheit bezahlt, sondern für den gesamten von ihr gehaltenen Anlagebestand. Die Beklagte bezieht als Vertriebsträgerin demnach von den Fondsleitungen, deren Anteile sie vertreibt, eine Vergütung nach Prozenten der von ihr in den Depots ihrer Kunden lagernden Fondsanteile, wobei die Vergütung umso höher ausfällt, je grösser der Bestand solcher Anteile ist.
4.2 Die Beklagte verwaltet das Wertschriftendepot des Klägers, indem sie nach eigenem Ermessen Aktien, Obligationen sowie (überwiegend) Finanzprodukte (wie Anlagefonds und strukturierte Produkte) für den Kläger erwirbt und gegebenenfalls wieder verkauft. Auf den zwischen den Parteien abgeschlossenen Vermögensverwaltungsvertrag sind die auftragsrechtlichen Regeln anwendbar (vgl. BGE 137 III 393 E. 2.1 S. 395; BGE 132 III 460 E. 4 S. 463 mit Hinweisen). Der Beauftragte ist nach Art. 400 Abs. 1 OR verpflichtet, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und alles, was ihm infolge derselben aus irgendeinem Grund zugekommen ist, zu erstatten. Die Ablieferungspflicht betrifft nicht nur diejenigen Vermögenswerte, die der Beauftragte direkt vom Auftraggeber zur Erfüllung des Auftrags erhält, sondern auch indirekte Vorteile, die dem Beauftragten infolge der Auftragsausführung von Dritten zukommen. Der Beauftragte soll durch den Auftrag - abgesehen von einem allfälligen Honorar - weder gewinnen noch verlieren; er hat daher alle Vermögenswerte herauszugeben, die in einem inneren Zusammenhang zur Auftragsausführung stehen. Behalten darf der Beauftragte nur, was er lediglich bei Gelegenheit der Auftragsausführung, ohne inneren Zusammenhang mit dem ihm erteilten Auftrag, von Dritten erhält ( BGE 138 III 137 E. 5.3.1 S. 141 f.; BGE 137 III 393 E. 2.1 S. 395; BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464 mit Hinweisen). BGE 138 III 755 S. 760 Zu den indirekten Vorteilen, die der Herausgabepflicht unterstehen, zählen etwa Rabatte, Provisionen oder Schmiergelder. Ob die Zuwendung nach dem Willen des Dritten ausschliesslich dem Beauftragten zugutekommen soll oder nicht, spielt dabei keine Rolle ( BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464 mit Hinweisen).
4.2 Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 760
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gehören zu den indirekten Vorteilen des Beauftragten unter anderem sogenannte Retrozessionen bzw. Rückvergütungen; darunter werden etwa Zahlungen verstanden, die dem Vermögensverwalter gestützt auf eine entsprechende Vereinbarung mit der Depotbank aus vereinnahmten Gebühren zufliessen. Rückvergütungen werden dem Beauftragten ausgerichtet, weil er im Rahmen des Auftrags bestimmte Verwaltungshandlungen vornimmt oder veranlasst: sie fallen im Zusammenhang mit der Verwaltung des Vermögens an und unterliegen der Herausgabepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR ( BGE 137 III 393 E. 2.1 S. 395 f.; BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464 f. mit Hinweisen).
Art. 400 Abs. 1 OR 5.
5. 5.1 Die beiden in der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheide zur Herausgabepflicht für Rückvergütungen ( BGE 132 III 460 und BGE 137 III 393 ) betrafen Auftragsverhältnisse zwischen einem Auftraggeber und einem externen Vermögensverwalter. In der Literatur wird kontrovers diskutiert, ob die genannten Grundsätze auch auf den Fall einer Bank anzuwenden sind, die als Vermögensverwalterin für einen Kunden tätig ist, wenn sie in diesem Rahmen Anlagefonds oder strukturierte Produkte für den Kunden erwirbt und vom Produktanbieter (etwa einer Fondsgesellschaft) einen Teil der von diesem erhobenen Verwaltungsgebühren in Form von Bestandespflegekommissionen erhält.
5.1 Ein Teil der Lehre vertritt die Ansicht, von Banken vereinnahmte Vertriebsentschädigungen für Anlageprodukte wie Anlagefonds und strukturierte Produkte seien von Retrozessionen zu unterscheiden und daher nicht nach Art. 400 Abs. 1 OR herausgabepflichtig (SANDRO ABEGGLEN, "Retrozession" ist nicht gleich "Retrozession", SZW 2007 S. 128 ff.;NOBEL/STIRNIMANN, Zur Behandlung von Entschädigungen im Vertrieb von Anlagefonds- und strukturierten Produkten durch Banken, SZW 2007 S. 348; PHILIPPE MEYER, Retrozessionen, Finder's Fees und Vertriebsentschädigungen im Schweizerischen Bankgeschäft, SZW 2011 S. 188; RAPHAEL PREISIG, Der Vertrieb von Anlagefonds durch Banken, 2011, S. 159 ff.; THOMAS JUTZI, Der öffentliche Vertrieb von kollektiven Kapitalanlagen, recht 2011 S. 75; BGE 138 III 755 S. 761 JAEGER/HAUTLE, Retrozessionen versus Bestandespflegekommissionen im Vermögensverwaltungsgeschäft, Anwaltsrevue 10/2008 S. 439 ff.; ROMEO CERUTTI, Rechtliche Aspekte der Vermögensverwaltung im Schweizer Universalbankensystem, ZSR 2008 I S. 89 ff.; LOMBARDINI/MACALUSO, Rétrocessions et rétributions dans le domaine bancaire, AJP 2008 S. 182 ff.; VITO ROBERTO, Die auftragsrechtliche Herausgabepflicht des "Erlangten" [nachfolgend: Herausgabepflicht], ZSR2009 I S. 41 ff.; derselbe, Vertriebsprovisionen: Entschädigung des Beauftragten oder dem Auftraggeber zustehender Vermögenswert?, Jusletter 5. Januar 2009). Dabei wird unter anderem vorgebracht, es fehle den Vertriebsentschädigungen der Bank am inneren Zusammenhang mit dem Vermögensverwaltungsauftrag, da damit gegenüber dem Produktanbieter erbrachte (Vertriebs-)Leistungen entschädigt würden, die durch die Vermögensverwaltungsgebühr nicht gedeckt seien. Zudem werden aufsichtsrechtliche Argumente gegen eine Herausgabepflicht ins Feld geführt.
Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 761
Andere Autoren sind demgegenüber der Meinung, dass es sich bei Vertriebsentschädigungen, die der Bank von Produktanbietern zufliessen, um herausgabepflichtige Zuwendungen handle (SUSAN EMMENEGGER, Anlagekosten: Retrozessionen im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, in: Anlagerecht, Emmenegger [Hrsg.],2007, S. 70 ff.; FABIAN SCHMID, Retrozessionen und Anlagefonds[nachfolgend:Anlagefonds], Jusletter 21. Mai 2007 Rz. 45 ff.; ROLF KUHN, Anlagefonds und strukturierte Produkte, TREX 2009 S. 39, soweit ein Vermögensverwaltungsvertrag mit der Bank besteht; FABIEN AEPLI, Retrocessions and other Finder's Fees in the Asset Management and Investment Funds' Fields, in: Aktuelle Entwicklungen des Europäischen und Internationalen Wirtschaftsrechts, Baudenbacher [Hrsg.],Bd. X, 2008, S. 34 ff.; P. CHRISTOPH GUTZWILLER, Rechtsfragen der Vermögensverwaltung, 2008, S. 204 ff.; WEBER/ISELI, Vertriebsträger im Finanzmarktrecht, 2008, Rz. 390, 398; MONIKA ROTH, Retrozessionen und Interessenkonflikte - wenn der Berater in Tat und Wahrheit ein Verkäufer ist[nachfolgend: Retrozessionen], ZBJV2010 S. 533, 536 f.; vgl. dieselbe, Das Dreiecksverhältnis Kunde - Bank - Vermögensverwalter, 2007, Rz. 154 ff.).
5.2 Die Beklagte rügt zu Unrecht, die Vorinstanz habe Art. 400 Abs. 1 OR verletzt, indem sie sich über die Auffassung der strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts im Entscheid 6B_223/2010 vom 13. Januar 2011 hinweggesetzt habe, wonach keine rechtlich relevante Verknüpfung zwischen dem Auftrag des Kunden zum BGE 138 III 755 S. 762 Kauf von Fondsanteilen und den von der Bank vereinnahmten Vertriebsentschädigungen bestehe. Die Vorinstanz hat zur Beurteilung des eingeklagten Herausgabeanspruchs zu Recht nicht unbesehen auf diesen Entscheid abgestellt, dem die Prüfung einer strafrechtlich relevanten Vermögensschädigung einer Bank durch den angestellten Geschäftsführer im Hinblick auf den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung ( Art. 158 Ziff. 1 StGB ) zugrunde lag. Sie hat vielmehr zutreffend berücksichtigt, dass sich das ins Feld geführte Urteil nicht näher mit dem Anwendungsbereich von Art. 400 Abs. 1 OR und den Voraussetzungen der Ablieferungspflicht auseinandersetzt. Von einem Grundsatzentscheid, der für den vorliegend zu beurteilenden Herausgabeanspruch zu beachten wäre, kann entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht keine Rede sein.
5.2 Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 762
Art. 158 Ziff. 1 StGB Art. 400 Abs. 1 OR 5.3 Die Pflicht zur Ablieferung ist - wie die Rechenschaftspflicht - ein zentrales Element der Fremdnützigkeit des Auftrags ( BGE 137 III 393 E. 2.3 S. 397; BGE 132 III 460 E. 4.2 S. 465 f.). Die Herausgabepflicht lässt sich als Konkretisierung der Treuepflicht nach Art. 398 Abs. 2 OR verstehen. Sie garantiert die Einhaltung der Treuepflicht und stellt insofern eine präventive Massnahme zur Wahrung der Interessen des Auftraggebers dar, indem sie der Gefahr vorbeugt, der Beauftragte könnte sich aufgrund der Zuwendung eines Dritten veranlasst sehen, die Interessen des Auftraggebers nicht ausreichend zu berücksichtigen ( BGE 137 III 393 E. 2.3 S. 397). Dies verkennt die Beklagte, wenn sie vorbringt, es handle sich bei der Treuepflicht und der Herausgabepflicht um zwei Aspekte des Auftragsrechts, die nicht miteinander zu vermengen seien.
5.3 Art. 398 Abs. 2 OR Wann von einem inneren Zusammenhang der Zuwendung eines Dritten zur Auftragsausführung auszugehen ist, kann nicht für alle Auftragsverhältnisse ein für allemal umschrieben werden. Die mit der Herausgabepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR angestrebte Vorbeugung von Interessenkonflikten zur Sicherung der Fremdnützigkeit ist - neben dem damit verbundenen Grundsatz, dass der Beauftragte (abgesehen vom Honorar) durch den Auftrag weder gewinnen noch verlieren soll - der massgebende Gesichtspunkt bei der Beurteilung, ob der Vermögensvorteil dem Beauftragten infolge der Auftragsausübung oder lediglich bei Gelegenheit der Auftragserfüllung, ohne inneren Zusammenhang mit dem ihm erteilten Auftrag, von Dritten zugekommen ist. Bei Zuwendungen Dritter ist ein innerer Zusammenhang schon dann zu bejahen, wenn die Gefahr besteht, der Beauftragte könnte sich dadurch veranlasst sehen, die Interessen des Auftraggebers nicht ausreichend zu berücksichtigen (WALTER BGE 138 III 755 S. 763 FELLMANN, Berner Kommentar, 1992, N. 128 zu Art. 400 OR ; NÄNNI/VON DER CRONE, Rückvergütungen im Recht der unabhängigen Vermögensverwaltung, SZW 2006 S. 379; EMMENEGGER/SCHMID, Die Herausgabepflicht des Beauftragten, in: Mélanges en l'honneur de Pierre Tercier, 2008, S. 219). Nicht erforderlich ist im Hinblick auf die Herausgabepflicht demgegenüber, dass er sich tatsächlich pflichtwidrig verhält oder der Auftraggeber einen konkreten Nachteil erleidet (vgl. FELLMANN, a.a.O., N. 128 zu Art. 400 OR ; EMMENEGGER/SCHMID, a.a.O., S. 219; EMMENEGGER, a.a.O., S. 76; rechtsvergleichend etwa SOERGEL/BEUTHIEN, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Aufl. 2012, N. 13 zu § 667 BGB; STAUDINGER/MARTINEK, in: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2006, N. 12 zu § 667 BGB; CHRISTOPH BENICKE, Wertpapiervermögensverwaltung, Tübingen 2006, S. 924 f.).
Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 763
Art. 400 OR Art. 400 OR 5.4 Die Beklagte weist grundsätzlich zutreffend darauf hin, dass sich die umstrittenen Bestandespflegekommissionen von den vom Bundesgericht in BGE 132 III 460 und BGE 137 III 393 beurteilten Retrozessionen insofern unterscheiden, als sie nicht Zahlungen betreffen, die ihr aus beim Auftraggeber direkt erhobenen Gebühren zugeflossen sind. Im Gegensatz zu den in diesen beiden Entscheiden umschriebenen Retrozessionen handelt es sich bei den vorliegend zu beurteilenden Bestandespflegekommissionen nicht um Rückvergütungen aus einer beim Endkunden unmittelbar erhobenen Gebühr; vielmehr werden sie der Beklagten als Vertriebsträgerin aus der Verwaltungskommission vergütet, die dem Fondsvermögen wiederkehrend, meist jährlich, gemäss Fondsreglement belastet wird und die den Ertrag des Fondsvermögens schmälert, der dem Anleger anteilsmässig zusteht. Die Beklagte verkennt jedoch, dass es bei der Beurteilung, ob die Zuwendung eines Dritten von Art. 400 Abs. 1 OR erfasst wird, nicht darauf ankommt, ob diese unter einen bestimmten Begriff der "Retrozession" fällt (in diese Richtung jedoch JAEGER/HAUTLE, a.a.O., S. 439 f.). Herausgabepflichtig sind neben den Vermögenswerten, die der Beauftragte direkt vom Auftraggeber zur Erfüllung des Auftrags erhält, vielmehr auch allgemein indirekte Vorteile, die dem Beauftragten - unabhängig von deren Bezeichnung - infolge der Auftragsausführung von Dritten zukommen; dazu gehören unter anderem - jedoch nicht ausschliesslich - Retrozessionen im beschriebenen Sinn ( BGE 137 III 393 E. 2.1 S. 395 f.; BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464 f.).
5.4 Art. 400 Abs. 1 OR Dass die Zuwendung nicht aus einer unmittelbar beim auftragerteilenden Kunden erhobenen Gebühr fliesst, sondern aus einer dem BGE 138 III 755 S. 764 Sondervermögen - an dem der Kunde anteilsmässig beteiligt ist - belasteten Verwaltungsgebühr, schliesst die Vergütung ebenso wenig vom Anwendungsbereich von Art. 400 Abs. 1 OR aus wie der Umstand, dass ihre Berechnung anhand des Gesamtbestands der jeweiligen Produkte bei der Beklagten und nicht für jeden Kunden einzeln erfolgt (vgl. FELLMANN, a.a.O., N. 131 zu Art. 400 OR ; FRANZ WERRO, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2. Aufl. 2012, N. 13 zu Art. 400 OR ; ROLF H. WEBER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 14 zu Art. 400 OR ; BENICKE, a.a.O., S. 928). Im Hinblick auf die Anwendbarkeit von Art. 400 Abs. 1 OR ist auch nicht ausschlaggebend, ob es sich beim Beauftragten um einen externen Vermögensverwalter oder eine vermögensverwaltende Bank handelt; die Bestimmung ist auf sämtliche Auftragsverhältnisse anwendbar.
BGE 138 III 755 S. 764
Art. 400 Abs. 1 OR Art. 400 OR Art. 400 OR Art. 400 OR Art. 400 Abs. 1 OR 5.5 Art. 400 Abs. 1 OR Es ist unbestritten, dass zwischen den Parteien ein Vermögensverwaltungsverhältnis besteht, in dessen Rahmen die Beklagte gegen Entgelt eigenständig Anlageentscheide für den Kläger gefällt und unter anderem Fondsanteile sowie strukturierte Produkte erwoben und veräussert hat. Die Vermögensverwaltung unterscheidet sich von anderen Vertragsbeziehungen mit einer Bank, wie der reinen Konto-/Depot-Beziehung oder dem Anlageberatungsvertrag (vgl. BGE 133 III 97 E. 7.1 S. 102) dadurch, dass die Bank die auszuführenden Transaktionen im Rahmen der vereinbarten Anlagestrategie selbst bestimmt. Bei ihr besteht eine umfassende Interessenwahrungspflicht des Verwalters gegenüber dem Kunden ( BGE 119 II 333 E. 5a S. 335; vgl. auch BGE 133 III 97 E. 7.1 S. 102). Nicht zu beurteilen ist damit, wie es sich bei anderen Vertragsverhältnissen mit der Herausgabepflicht verhält, so insbesondere, wenn die Bank Anlageprodukte lediglich auf einen entsprechenden Kundenauftrag hin erwirbt (sogenannte "Execution-Only-Beziehung"; dazu etwa ABEGGLEN, a.a.O., S. 126 ff.; EMMENEGGER, a.a.O., S. 71 f.). BGE 138 III 755 S. 765
BGE 138 III 755 S. 765
5.6 Die Bestandespflegekommissionen, welche die Beklagte von Dritten erhielt, bestimmen sich nicht nach dem erbrachten Aufwand, sondern nach dem Erfolg der Vertriebsbemühungen, wie die Beklagte im kantonalen Verfahren selbst anerkannte. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese Vergütungen in erster Linie auf Absatz ausgerichtet sind und damit die erfolgreiche Platzierung der Produkte bei Kunden entschädigen. Dies bestätigt auch der von der Beklagten vorgebrachte Umstand, dass die zweite Bemessungskomponente neben dem platzierten Volumen, nämlich der Entschädigungssatz, dessen Höhe von der Grösse der Bank bzw. von der Anzahl potentieller Kunden abhängig ist, sie "hauptsächlich für ihre Platzierungskraft bzw. wirtschaftliche Grösse" und damit für den von ihr geschaffenen "Aggregierungseffekt" (Zurverfügungstellen des aufgebauten Vertriebsapparats bzw. Zugang zu einem bestimmten Kundenpool) entschädige (vgl. in diesem Zusammenhang auch NOBEL/STIRNIMANN, a.a.O., S. 348, wonach die Bestandespflegekommission wirtschaftlich "die Bezahlung für den Zugang zu einem bestimmten Kundenpool" darstelle; PREISIG, a.a.O., S. 103, wonach die Höhe des Entschädigungssatzes durch die Attraktivität der Bank als Vertriebskanal bestimmt wird und in der Regel progressiv ausgestaltet ist).
5.6 Der mit der Vergütung für die erfolgreiche Platzierung der fraglichen Finanzprodukte verbundene Anreiz, diese im Rahmen des bestehenden Vermögensverwaltungsmandats einzusetzen, steht im Zielkonflikt mit der Verpflichtung der Beklagten zur umfassenden Interessenwahrung gegenüber dem Kläger. Die Bestandespflegekommissionen sind der Beklagten im strittigen Umfang nur zugeflossen, weil ihr durch das Vermögensverwaltungsmandat vom Kläger eine Position eingeräumt wurde, die es ihr erlaubte, entsprechende Anlageentscheide selbständig vorzunehmen. Insoweit stellen sie, wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat, eine zusätzlich erlangte Vergütung für die erfolgreiche Platzierung der fraglichen Produkte beim Kläger dar. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die Bank erlange diesen Vorteil nicht aus der Auftragsausführung für den einzelnen Kunden, sondern ausschliesslich aufgrund der Abnahme grosser Mengen und damit als Folge eines ihr zuzurechnenden Grössenvorteils (so aber NOBEL/STIRNIMANN, a.a.O., S. 348; vgl. auch ROBERTO, Herausgabepflicht, a.a.O., S. 42, der von einer Entschädigung für den "Bündelungseffekt" spricht). Eine derartige Argumentation übersieht, dass gerade durch die vermögensverwaltende Disposition über zahlreiche Vermögen die grösseren Volumen überhaupt erst ermöglicht BGE 138 III 755 S. 766 werden (FRANK A. SCHÄFER, in: Handbuch der Vermögensverwaltung, Schäfer und andere [Hrsg.], München 2012, § 11 Rz. 20). Der mit der Bestandespflegekommission einhergehende Interessenkonflikt ist nicht zu übersehen, besteht doch ein Anreiz der Bank, durch eigene Entscheidung einen Bestand bestimmter Anlageprodukte zu begründen, zu erhalten oder zu erhöhen, auch wenn dies möglicherweise nicht durch die Interessen des Kunden gerechtfertigt ist (vgl. BENICKE, a.a.O., S. 928; LUC THÉVENOZ, Conflicts of Interest in the Distribution of Investment Funds, in: Conflicts of Interest, Thévenoz und andere [Hrsg.], 2007, S. 348, 350). Damit stehen die vereinnahmten Vergütungen in einem inneren Zusammenhang mit der Auftragsausführung durch die Beklagte.
BGE 138 III 755 S. 766
5.7 Der Einwand der Beklagten, mit der Bestandespflegekommission würden neben ihrer "Platzierungskraft" auch "verschiedenartige, genuine Vertriebsleistungen ausgerichtet", verfängt nicht. Der Umstand, dass ihr im Hinblick auf die Platzierung der fraglichen Produkte auch Aufwand (für Personal, Einrichtung technischer Systeme zur Abwicklung der Geschäfte usw.) entstanden sein soll, ändert nichts am inneren Zusammenhang mit dem Vermögensverwaltungsmandat; der beschriebene Interessenkonflikt besteht aufgrund der mit der erfolgsabhängigen Vergütung verbundenen Anreize auch dann, wenn damit darüber hinaus allfällig entstandener Aufwand für den Produktvertrieb mitentschädigt wird. Anders zu beurteilen wäre gegebenenfalls - wie die Beklagte grundsätzlich zutreffend vorbringt - eine andere Form des Entgelts des Vertriebsträgers, die den Vertriebsaufwand konkret entschädigt (wie etwa für das Einrichten von fondsspezifischen Prozessen, das Vorrätighalten und die Abgabe von Marketing- und rechtlichen Dokumenten der Fondsleitung, das Weiterleiten gesetzlich vorgeschriebener und anderer Publikationen, die Wahrnehmung von durch den Produktanbieter delegierten geldwäschereirechtlich oder regulatorisch bedingten Abklärungspflichten, das Erstellen von Fondsresearch-Material; den Betrieb und den Unterhalt einer elektronischen Vertriebs- und Informationsplattform für Drittanbieter usw.). Eine derartige Entschädigung steht jedoch vorliegend nicht zur Diskussion.
5.7 Die Beklagte bringt überdies zu Unrecht vor, solange der Vertriebsträger marktgerecht für die gegenüber der Fondsleitung erbrachte Vertriebsleistung entschädigt werde, falle eine Herausgabepflicht für die erhaltene Vertriebsentschädigung ausser Betracht. Zu beurteilen ist nicht, ob die zwischen dem Vertriebsträger und der Fondsleitung BGE 138 III 755 S. 767 vereinbarte Vertriebsentschädigung zulässig, angemessen, marktgerecht oder übermässig ist. Massgebend ist im Hinblick auf die Herausgabepflicht nicht dieses Vertragsverhältnis, sondern dasjenige zwischen der vermögensverwaltenden Bank und dem Kunden: Anhand der zwischen den Parteien des Vermögensverwaltungsvertrags bestehenden Interessenwahrungspflichten ist zu beurteilen, ob angesichts der von der Bestandespflegekommission ausgehenden finanziellen Anreize - jedoch unabhängig von deren Rechtsgrundlage - ein innerer Zusammenhang zur Auftragsausführung besteht (vgl. AEPLI, a.a.O., S. 43; EMMENEGGER, a.a.O., S. 75). Der von der Beklagten ins Feld geführte Umstand, dass sich die von ihr vereinnahmten Bestandespflegekommissionen im Rahmen der Entschädigungen bewegten, die auch andere grosse Vertriebsträger entgegennehmen, vermag eine Herausgabepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR damit nicht auszuschliessen.
BGE 138 III 755 S. 767
Art. 400 Abs. 1 OR Allfällige Aufwendungen sind dem Beauftragten nach auftragsrechtlichen Grundsätzen gestützt auf seinen Anspruch auf Auslagenersatz ( Art. 402 Abs. 1 OR ) durch den Auftraggeber zu entschädigen, sofern sie nicht bereits durch das Auftragshonorar abgegolten werden (FABIAN SCHMID, Retrozessionen an externe Vermögensverwalter, 2009, S. 159). Die Beklagte hat im vorinstanzlichen Verfahren nach den Feststellungen im angefochtenen Entscheid allerdings bewusst auf die Substantiierung konkreter Aufwendungen verzichtet, womit solche im zu beurteilenden Fall ausser Betracht fallen. Die Beklagte zeigt in diesem Zusammenhang weder eine Verletzung von Bundesrecht noch eine verfassungswidrige Anwendung kantonalen Verfahrensrechts auf; insbesondere ist nicht ersichtlich, inwiefern der Vorinstanz eine unzutreffende Beweislastverteilung ( Art. 8 ZGB ) vorzuwerfen wäre. Entsprechendes gilt für die Aufwendungen für die Entwicklung, die Aufsetzung und den Vertrieb strukturierter Produkte, bezüglich derer die Beklagte im Übrigen keine eigenständigen Rügen erhebt, sondern auf ihre Ausführungen zu den Bestandespflegekommissionen für Anlagefonds verweist.
Art. 402 Abs. 1 OR Art. 8 ZGB 5.8 Die Beklagte bringt im Weiteren vor, die kollektivanlagerechtliche Regelung der Vertriebsentschädigung gehe Art. 400 Abs. 1 OR vor, und beruft sich auf ein aufsichtsrechtliches Verbot der Weiterleitung solcher Vergütungen.
5.8 Art. 400 Abs. 1 OR 5.8.1 Das Sonderprivat- und Aufsichtsrecht des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagengesetz, KAG; SR 951.31) bzw. des damaligen Bundesgesetzes vom BGE 138 III 755 S. 768 18. März 1994 über die Anlagefonds (Anlagefondsgesetz, AFG; AS 1994 2523) gehe davon aus, dass Vertriebskosten dem Fondsvermögen zugunsten der Vertriebsträger (und nicht der Anleger) belastet werden dürften. Die einschlägigen kollektivanlagerechtlichen Vorschriften seien zeitlich lange nach Art. 400 OR erlassen worden. Damit komme ihnen als leges posteriores und leges speciales Vorrang gegenüber den auftragsrechtlichen Bestimmungen zu.
5.8.1 BGE 138 III 755 S. 768
Art. 400 OR Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht ist nicht ausschlaggebend, dass das Kollektivanlagerecht die Verwendung eines Teils der Verwaltungskommission für den Vertrieb von Fondsanteilen als zulässig erachtet, sofern diese Vertriebsentschädigung ausdrücklich im Fondsvertrag vorgesehen ist (vgl. Art. 38 Abs. 6 der Verordnung vom 22. November 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen [Kollektivanlagenverordnung, KKV; SR 951.311] ). Zu beurteilen ist nicht die Zulässigkeit der Entrichtung von Vertriebsentschädigungen durch die Fondsleitung an Vertriebsträger, sondern ein allfälliger Herausgabeanspruch des Kunden aufgrund eines bestimmten - nicht fondsspezifischen - Auftragsverhältnisses zum Vertriebsträger (vgl. auch PREISIG, a.a.O., S. 98). Die Beklagte vermag keine Bestimmungen des AFG oder des KAG aufzuzeigen, die das Verhältnis zwischen dem Anleger und dem Vertriebsträger, geschweige denn die Frage der Herausgabepflicht, in Abweichung vom allgemeinen Vertragsrecht regeln würden.
Art. 38 Abs. 6 der Verordnung vom 22. November 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen [Kollektivanlagenverordnung, KKV; SR 951.311] Im Gegenteil bestehen hinsichtlich der Pflichten des Vertriebsträgers offensichtliche Ähnlichkeiten mit dem Auftragsrecht, indem auch das Kollektivanlagerecht die Vertriebsträger neben einer transparenten Rechenschaftsablegung unter anderem dazu verpflichtet, unabhängig zu handeln und ausschliesslich die Interessen der Anleger zu wahren ( Art. 20 Abs. 1 KAG ; vgl. EMMENEGGER, a.a.O., S. 79; ROTH, Retrozessionen, a.a.O., S. 544). Die Bank trifft im Übrigen auch als Effektenhändlerin gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG; SR 954.1) eine Treuepflicht gegenüber ihren Kunden; dabei hat sie insbesondere sicherzustellen, dass allfällige Interessenkonflikte ihre Kunden nicht benachteiligen. Die aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen organisatorischen Massnahmen zur Vermeidung einer Benachteiligung der Kunden sind dabei unabhängig von einer privatrechtlichen Herausgabepflicht zu gewährleisten. Während das Verhältnis zwischen Anleger, Fondsleitung und Depotbank ausführlich geregelt wird (vgl. Art. 6 ff. AFG, Art. 26 ff. KAG ), lässt sich BGE 138 III 755 S. 769 dem Kollektivanlagerecht keine Bestimmung entnehmen, welche die Herausgabepflicht von Bestandespflegekommissionen für Anlagefonds im Rahmen eines Vermögensverwaltungsverhältnisses zwischen dem Kunden und dem vermögensverwaltenden Vertriebsträger in Abweichung von Art. 400 Abs. 1 OR regeln und einen besonderen Rechtsgrund für die Einbehaltung darstellen würde.
Art. 20 Abs. 1 KAG Art. 11 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG; SR 954.1) Art. 6 ff. AFG Art. 26 ff. KAG BGE 138 III 755 S. 769
Art. 400 Abs. 1 OR 5.8.2 Die Beklagte beruft sich im Weiteren darauf, es sei ihr aufsichtsrechtlich verboten, erhaltene Bestandespflegekommissionen an Endkunden weiterzuleiten. Dem Konzept der kollektiven Kapitalanlage entspreche eine strikte Pflicht zur Gleichbehandlung der Anleger, die für das AFG in der Rechtsprechung wiederholt bestätigt und in Art. 7 Abs. 1 KAG ausdrücklich normiert worden sei. Entsprechend hätten grundsätzlich alle Anleger die genau gleiche Verwaltungskommission zu zahlen. Würde nun eine Ablieferungspflicht von Vertriebsentschädigungen der Vertriebsträger bejaht, so käme ein Anleger in den Genuss einer reduzierten Verwaltungsgebühr, bloss weil zufälligerweise noch ein Auftragsverhältnis mit dem Vertriebsträger des Fonds bestehe, so dass Anleger, die in keinem Auftragsverhältnis zum Vertriebsträger stehen oder gar nicht über einen Vertriebsträger Fondsanteile erwerben, benachteiligt wären; dies verstiesse gegen den in Art. 12 AFG bzw. Art. 20 KAG verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz. Um die Gleichbehandlung zu gewährleisten, so die Beklagte weiter, sehe die Richtlinie der Swiss Fund Association (SFA) für Transparenz bei Verwaltungskommissionen vom 7. Juni 2005 denn auch ein ausdrückliches Verbot für Fondsleitungen vor, Rückvergütungen an andere als in der Richtlinie genannte institutionelle Anleger zu bezahlen (vgl. Ziff. 4 Abs. 3). Dieses sei nach seinem Sinn und Zweck auch von den Vertriebsträgern zu beachten, was auch von der damaligen Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) in einem Diskussionspapier vom 5. September 2008 bestätigt worden sei. Die von der SFA erlassene Richtlinie sei von der EBK am 30. Juni 2005 als Mindeststandard anerkannt worden, womit deren Verletzung zu aufsichtsrechtlichen Sanktionen führen würde.
5.8.2 Art. 7 Abs. 1 KAG Art. 12 AFG Art. 20 KAG Auch in der Lehre wird teilweise gestützt auf Art. 20 Abs. 1 lit. a KAG und Ziff. 4 Abs. 3 der SFA-Richtlinie für Transparenz bei Verwaltungskommissionen vom 7. Juni 2005 die Meinung vertreten, es sei Vertriebsträgern (wie vorliegend der Beklagten) aufsichtsrechtlich verboten, Bestandespflegekommissionen an sogenannte Endanleger (wie den Kläger) weiterzuleiten (ABEGGLEN, a.a.O., S. 132 f.; NOBEL/STIRNIMANN, a.a.O., S. 353 f.; a.M. AEPLI, a.a.O., S. 39; SCHMID, BGE 138 III 755 S. 770 Anlagefonds, a.a.O., Rz. 40; EMMENEGGER, a.a.O., S. 79 f.). Es erscheint allerdings fraglich, ob Ziff. 4 der von der damaligen EBK als Mindeststandard anerkannten SFA-Richtlinie über die Zulässigkeit der Zahlung von (eigens definierten) Rückvergütungen und Bestandespflegekommissionen durch Fondsleitungen hinaus auch die Frage der Weiterleitung entsprechender Zahlungen durch Vertriebsträger regelt (vgl. auch PETER CH. HSU, Retrozessionen, Provisionen und Finder's Fees, 2006, S. 75; PREISIG, a.a.O., S. 95, die aufgrund der SFA-Richtlinie lediglich auf die Zulässigkeit von Vertriebsvergütungen und nicht auf ein Weiterleitungsverbot schliessen). Das von der Beklagten erwähnte Verbot der Ausrichtung an andere (als die einzeln aufgeführten) institutionellen Anleger sowie Endanleger (Ziff. 4 Abs. 3) betrifft nach Wortlaut und Systematik die sogenannten Rückvergütungen, d.h. Zahlungen (Rabatte) aus der Verwaltungskommission an Anleger; bei diesen stellt sich das Problem der relativen Gleichbehandlung der Anleger, nicht aber die Problematik von Retrozessionen im Sinne von Anreizen Dritter (vgl. HSU, a.a.O., S. 71 f.). Demgegenüber werden Bestandespflegekommissionen, d.h. Zahlungen aus der Verwaltungskommission an den Vertrieb (vgl. die Begriffsbestimmung in Ziff. 3), wie sie der Beklagten zuflossen, daran anschliessend in Ziff. 4 Abs. 4 und 5 geregelt. Darin werden vier verschiedene Arten von Vertriebsträgern und -partnern aufgeführt, an die Bestandespflegekommissionen bezahlt werden dürfen; gleichzeitig wird festgehalten, dass die Ausrichtung von Bestandespflegekommissionen an andere Vertriebsträger und -partner nicht zulässig ist, ohne dass dabei Endanleger erwähnt würden.
Art. 20 Abs. 1 lit. a KAG BGE 138 III 755 S. 770
Inwiefern von den Regelungen in Ziff. 4 Abs. 3 und 5 der erwähnten SFA-Richtlinie auch eine Weiterleitung von Bestandespflegekommissionen des Vertriebsträgers erfasst sein soll, die sich aus der privatrechtlichen Herausgabepflicht gestützt auf ein fondsunabhängiges Auftragsverhältnis ergibt, erschliesst sich auf Anhieb ebenso wenig wie ein aus der Treuepflicht nach Art. 12 Abs. 1 AFG bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. a KAG abgeleitetes angebliches Weiterleitungsverbot (vgl. zur relativen Gleichbehandlungspflicht etwa MARKUS PFENNINGER, in: Basler Kommentar, Kollektivanlagengesetz, 2009, N. 18 zu Art. 20 KAG ). Die Frage eines aufsichtsrechtlichen Verbots braucht jedoch nicht abschliessend geklärt zu werden, da auch ein solches Verbot nichts am Herausgabeanspruch des Klägers ändern würde. Es obliegt der Beklagten, ihre Verträge so zu gestalten, dass sie ihren aufsichtsrechtlichen Pflichten auch dann nachkommen kann, BGE 138 III 755 S. 771 wenn sie gleichzeitig verschiedene Verträge mit Fondsleitungen und mit Bankkunden eingeht. Sollten die Tätigkeiten als Vertriebsträgerin einerseits und als Vermögensverwalterin andererseits aufgrund eines aufsichtsrechtlichen Verbots nicht miteinander vereinbar sein, müsste dies letztlich zum Verzicht auf eine der beiden Tätigkeiten führen. Gegenüber dem Kläger lässt sich aus einem angeblichen Weiterleitungsverbot demgegenüber nichts zugunsten der Beklagten ableiten.
Art. 12 Abs. 1 AFG Art. 20 Abs. 1 lit. a KAG Art. 20 KAG BGE 138 III 755 S. 771
Sodann ist die Pflicht zur Herausgabe nach Art. 400 Abs. 1 OR nicht zwingend, vielmehr kann der Auftraggeber auf die Ablieferung verzichten ( BGE 137 III 393 E. 2.2 S. 396; BGE 132 III 460 E. 4.2 S. 465). Der Beklagten war es demnach möglich, ihre Vertragsverhältnisse derart auszugestalten, dass sie sowohl ihren (angeblichen) aufsichtsrechtlichen Vorgaben als auch ihren vertraglichen Verpflichtungen genügen konnte. Durch eine vertragliche Regelung hinsichtlich des mit den Bestandespflegekommissionen verbundenen potentiellen Interessenkonflikts würden auch die von der Beklagten für den Fall einer Bejahung einer Herausgabepflicht befürchteten und von ihr als unhaltbar erachteten aufsichtsrechtlichen und ordnungspolitischen Ergebnisse ausser Betracht fallen. Weder in einer im Rahmen der Selbstregulierung von einer Branchenorganisation erlassenen Richtlinienbestimmung noch in einer behördlichen Äusserung in einem blossen Diskussionspapier kann ein Rechtsgrund erblickt werden, der eine Einbehaltung zugeflossener Bestandespflegekommissionen in Abweichung der privatrechtlichen Gesetzesbestimmung von Art. 400 Abs. 1 OR rechtfertigen würde.
Art. 400 Abs. 1 OR Art. 400 Abs. 1 OR Dem Kläger steht demnach - unter Vorbehalt eines gültigen Verzichts - ein Herausgabeanspruch für die Bestandespflegekommissionen zu, die der Beklagten von konzernfremden Produktanbietern zugeflossen sind.
6. Die Beklagte bringt im Sinne eines Eventualstandpunkts vor, der Kläger habe auf die Ablieferung der Vertriebsentschädigungen verzichtet.
6. 6.1 Während sich die Beklagte im vorinstanzlichen Verfahren noch auf den Standpunkt stellte, gestützt auf den Vermögensverwaltungsvertrag mit dem Kläger vom 17. September 2006 bzw. die entsprechenden Verträge mit seinen Verwandten vom 15. März 2005, vom 16. September 2006 sowie vom 17. Dezember 2006 liege zumindest ein teilweiser Verzicht vor, beruft sie sich vor Bundesgericht zu Recht nicht mehr auf einen entsprechenden Verzicht. Vielmehr bringt sie BGE 138 III 755 S. 772 nunmehr ausschliesslich vor, ein Herausgabeverzicht ergebe sich jeweils gestützt auf den abgeschlossenen Fondsvertrag.
6.1 BGE 138 III 755 S. 772
6.2 Die Beklagte hat den Fondsvertrag mit der Fondsleitung und der Depotbank, auf den sie sich beruft, gestützt auf den Vermögensverwaltungsauftrag als Vertreterin des Klägers selbst abgeschlossen. Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist das Kontrahieren eines Vertreters mit sich selbst grundsätzlich unzulässig, weil es regelmässig zu Interessenkollisionen führt ( BGE 127 III 332 E. 2a S. 333; 126 III E. 3a S. 363). Dies muss angesichts der Gefahr der Benachteiligung des Vertretenen auch gelten, wenn - wie vorliegend - der Vertreter einen Verzicht des Vertretenen auf vertragliche Ansprüche ihm gegenüber aus einem mit Dritten abgeschlossenen Vertrag ableiten will. Dass der Kläger den von ihr angeblich erklärten Verzicht nachträglich genehmigt hätte, macht die Beklagte zu Recht nicht geltend. Die Beklagte kann daher aus dem von ihr als Vertreterin des Klägers angeblich erklärten Verzicht auf gegenüber ihr selbst bestehende Herausgabeansprüche nichts zu ihren Gunsten ableiten.
6.2 6.3 Abgesehen davon legt die Beklagte nicht einmal ansatzweise dar, inwiefern sie als Zahlungsempfängerin aufgeführt und welche konkreten Berechnungsansätze der von ihr vereinnahmten Bestandespflegekommissionen dem Kläger mit den Fondsverträgen offengelegt worden wären. Insbesondere reicht es entgegen ihrer Ansicht nicht aus, dass die maximal mögliche Höhe der Vertriebsentschädigung bekannt sei, zumal diese (logisch) zwingend immer begrenzt sei durch die im Fondsprospekt aufgeführte Verwaltungskommission, aus der sie bezahlt werde (vgl. BGE 137 III 393 E. 2.6 S. 402). Im Hinblick auf einen gültigen Verzicht muss der Vermögensverwaltungskunde vielmehr die Parameter kennen, die zur Berechnung des Gesamtbetrags der Bestandespflegekommissionen notwendig sind und einen Vergleich mit dem vereinbarten Vermögensverwaltungshonorar erlauben. Hierzu gehören zumindest die Eckwerte der bestehenden Vereinbarungen mit Dritten sowie die Grössenordnung der zu erwartenden Entschädigungen (vgl. BGE 137 III 393 E. 2.4 S. 399).
6.3 Letzterem Erfordernis wird beim Vorausverzicht auch beim Einsatz von Anlagefonds und strukturierten Produkten in der Vermögensverwaltung Genüge getan, wenn die Höhe der erwarteten Bestandespflegekommissionen in einer Prozentbandbreite des verwalteten Vermögens angegeben wird. Damit wird dem Auftraggeber ermöglicht, BGE 138 III 755 S. 773 im Hinblick auf einen Verzicht sowohl die Gesamtkosten der Vermögensverwaltung zu erfassen als auch die beim Vermögensverwalter aufgrund der konkreten Anreizstrukturen vorhandenen Interessenkonflikte zu erkennen (vgl. BGE 137 III 393 E. 2.4 S. 399 f.). Dass diese Voraussetzungen erfüllt worden wären, legt die Beklagte nicht dar, weshalb ein Verzicht - unabhängig von der Problematik des Vertretungsverhältnisses - von vornherein ausser Betracht fällt.
BGE 138 III 755 S. 773
Die Vorinstanz hat daher gestützt auf Art. 400 Abs. 1 OR einen Anspruch des Klägers auf Herausgabe der Bestandespflegekommissionen zu Recht geschützt, die der Beklagten von konzernfremden Produktanbietern ausgerichtet wurden.
Art. 400 Abs. 1 OR 7. Die Beschwerde der Beklagten erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
7. Beschwerde des Klägers (4A_141/2012 )
8. Der Kläger wirft der Vorinstanz vor, sie habe eine Herausgabepflicht der Beklagten für Bestandespflegekommissionen, die ihr von Konzerngesellschaften zugeflossen sind, zu Unrecht verneint.
8. 8.1 Die Vorinstanz erwog, zwar seien die Vertriebsentschädigungen zahlenden Konzerngesellschaften der Beklagten rechtlich selbständige Gesellschaften mit eigener Rechnungslegung, jedoch befänden sich diese Einheiten unter einer einheitlichen Leitung in einem Konzernverbund, weshalb die zwischen ihnen erfolgten Zahlungen "bei einer konsolidierten Betrachtungsweise als konzernneutral zu werten" seien. Es sei mit der Beklagten davon auszugehen, dass "in Anlehnung an eine wirtschaftliche Betrachtungsweise" der Kunde dem Konzern gegenüberstehe und konzerninterne Zahlungen für die Beklagte nicht als wirtschaftlich fremd im Sinne von Art. 400 Abs. 1 OR anzusehen seien, da die Gesellschaften des Konzernverbunds vom gleichen wirtschaftlich Berechtigten gehalten würden. Entsprechend wies die Vorinstanz einen Herausgabeanspruch für der Beklagten zugeflossene Bestandespflegekommissionen ab, die auf den Einsatz von Anlageprodukten von Konzerngesellschaften zurückzuführen sind.
8.1 Art. 400 Abs. 1 OR 8.2 Die Ablieferungspflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR betrifft neben denjenigen Vermögenswerten, die der Beauftragte direkt vom Auftraggeber zur Erfüllung des Auftrags erhält, auch indirekte Vorteile, die dem Beauftragten infolge der Auftragsausführung zukommen ( BGE 137 III 393 E. 2.1 S. 395; BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464; vgl. auch BGE 138 III 755 S. 774 BGE 138 III 137 E. 5.3.1 S. 141). Eine Herausgabepflicht für indirekte Vorteile in Form von Vertriebsentschädigungen setzt demnach voraus, dass solche dem Beauftragten von einem Dritten geleistet wurden. An einer derartigen Zuwendung fehlt es etwa, wenn die beauftragte Vermögensverwaltungsgesellschaft die betroffenen Finanzprodukte selbst herausgibt und vertreibt, was nach der Behauptung der Beklagten bei den strukturierten Eigenprodukten im Depot des Klägers zutreffen soll, jedoch aus den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid nicht hervorgeht. Mangels Zahlung fällt in diesem Fall eine Herausgabepflicht ausser Betracht (EMMENEGGER, a.a.O., S. 74). Entsprechendes gilt, wenn zwischen der Fondsleitungsgesellschaft und dem Vermögensverwalter - etwa weil beide der gleichen Unternehmensgruppe angehören - auf Rückvergütungen verzichtet wird (vgl. BENICKE, a.a.O., S. 936 f.).
8.2 Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 774
Die Vorinstanz stützte ihre (knappe) Begründung für den Ausschluss konzerninterner Zahlungen vom Anwendungsbereich von Art. 400 Abs. 1 OR auf zwei Lehrmeinungen (HSU, a.a.O., S. 77 f., sowie NOBEL/STIRNIMANN, a.a.O., S. 347). Darin wird insbesondere argumentiert, aus Sicht des Bankkonzernrechts handle es sich bei einer Vertriebsentschädigung, die eine als Produktanbieterin (Fondsleitung oder Emittentin) fungierende Konzerngesellschaft an die mit dem Vertrieb betraute Konzerngesellschaft leistet, "nicht um eine Zahlung zwischen zwei juristisch fremden Personen". Der Bankkonzern sei eine unternehmerische Einheit; die Fremdheit sei jedoch eine Voraussetzung für die Anwendung von Art. 400 Abs. 1 OR (NOBEL/STIRNIMANN, a.a.O., S. 347; vgl. auch SANDRO ABEGGLEN, Der Bankkonzern in der Schnittmenge von Privat- und Aufsichtsrecht; zugleich zur Rechenschafts- und Ablieferungspflicht bei konzerninternen Vergütungen [nachfolgend: Bankkonzern], in: Festschrift Roland von Büren, 2009, S. 662 ff.; CERUTTI, a.a.O., S. 92). Darüber hinaus wird die Ansicht vertreten, formell betrachtet scheine es sich bei Vergütungen innerhalb des Konzerns oder einer Finanzgruppe teilweise um Retrozessionen zu handeln; materiell erfolge jedoch nur eine (meist) steuerlich motivierte Gewinnverschiebung von einer Einheit der Gruppe zur anderen (HSU, a.a.O., S. 78).
Art. 400 Abs. 1 OR Art. 400 Abs. 1 OR 8.3 Der pauschale Verweis der Vorinstanz auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise unter Berücksichtigung des Konzernverbunds vermag einen Ausschluss der Herausgabe von Bestandespflegekommissionen, die der Beklagten für den Einsatz von Anlageprodukten von Gesellschaften ihrer Unternehmensgruppe zugeflossen sind, nicht zu begründen. BGE 138 III 755 S. 775
8.3 BGE 138 III 755 S. 775
Zunächst leuchtet nicht ein, weshalb Art. 400 Abs. 1 OR von vornherein keine Anwendung auf konzernintern bezahlte Vertriebsentschädigungen finden soll. Die Schweiz kennt kein systematisch kodifiziertes Konzernrecht; der Konzern wird von der Rechtsordnung nur punktuell erfasst und geregelt (dazu ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 663 ff.; PREISIG, a.a.O., S. 191 ff.). Art. 663e Abs. 1 OR enthält zwar im Hinblick auf die zu erstellende Konzernrechnung eine gesetzliche Definition des Konzerns; diesem kommt jedoch keine eigene Rechtspersönlichkeit zu. Grundsätzlich wird die juristische Selbstständigkeit von Konzerngesellschaften anerkannt; trotz Konzernrechnung hat jede Konzerngesellschaft einzeln für ihre Verbindlichkeiten einzustehen, unabhängig davon, ob diese vertraglich, deliktisch oder durch ungerechtfertigte Bereicherung begründet wurden (statt vieler ROLAND VON BÜREN, Der Konzern, SPR Bd. VIII/6, 2. Aufl. 2005, S. 177; vgl. auch BGE 137 III 550 E. 2.3.1 S. 552).
Art. 400 Abs. 1 OR Art. 663e Abs. 1 OR Bei der Haftung können sich zwar aufgrund der Konzernrealität zum Schutz Dritter Besonderheiten ergeben (vgl. BGE 137 III 550 ff. zur Vermischung der Sphären der Mutter- und Tochtergesellschaft; BGE 124 III 297 E. 6; BGE 120 II 331 ff. betreffend erwecktes Vertrauen in das Konzernverhalten der Muttergesellschaft; BGE 132 III 489 E. 3.2; BGE 121 III 319 E. 5a betreffend Durchgriff infolge Rechtsmissbrauchs, wobei ein Durchgriff zugunsten der juristischen Person oder deren Gesellschafter nicht zugelassen wird). Diese wirken sich jedoch nicht zugunsten der Konzerngesellschaft aus, sondern dienen im Gegenteil dem Schutz aussenstehender Dritter. Das Vertragsrecht wirkt stets zwischen natürlichen oder juristischen Personen; mangels Rechtspersönlichkeit kann der Konzern als solcher nicht Vertragspartei sein. Auch das Steuerrecht knüpft an der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Konzerngesellschaften an, während der Konzern selbst kein Steuersubjekt ist (vgl. BGE 132 I 29 E. 5.2 S. 40). Geschäfte innerhalb des Konzerns werden steuerlich so behandelt, als ob sie zwischen juristisch und wirtschaftlich unabhängigen Unternehmen erfolgt wären. Nur ausnahmsweise wird der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns Rechnung getragen, etwa indem zur Verhinderung einer Dreifachbesteuerung Beteiligungserträge steuerlich begünstigt werden (VON BÜREN, a.a.O., S. 445 ff.). Im Bereich des Bankenaufsichtsrechts wird eine Finanzgruppe sodann - aus Gründen des Gläubiger- und Funktionsschutzes - ausgeprägt als Einheit behandelt (vgl. Art. 3b ff. des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen [Bankengesetz, BankG; SR 952.0] ). BGE 138 III 755 S. 776
Art. 3b ff. des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen [Bankengesetz, BankG; SR 952.0] BGE 138 III 755 S. 776
Zwar wird die wirtschaftliche Verflechtung von Konzerngesellschaften von der Rechtsordnung fallweise berücksichtigt. Auch wenn namentlich das Gesellschafts- und Bankenrecht der wirtschaftlichen Einheit eines Bankkonzerns in verschiedener Hinsicht Rechnung trägt (vgl. NOBEL/STIRNIMANN, a.a.O., S. 347), so lässt sich daraus entgegen der in der Beschwerdeantwort geäusserten Ansicht kein allgemeines Prinzip ableiten, das zur Nichtanwendbarkeit von Art. 400 Abs. 1 OR auf konzerninterne Zahlungen führen würde. Insbesondere gilt es zu beachten, dass die verschiedenen konzernrechtlichen Normen und Grundsätze vorwiegend dem Schutz der Gläubiger dienen, einen Aktionärs- bzw. Minderheitenschutz verwirklichen oder einen allgemeinen Funktionsschutz bezwecken (so zutreffend PREISIG, a.a.O., S. 197 f.; vgl. auch ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 675 ff.). Die Gründe für eine Einheitsbetrachtung des Konzerns in bestimmten öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wie sie etwa der steuerrechtlichen Behandlung von Beteiligungserträgen zugrunde liegen, lassen sich nicht auf privatrechtliche Vertragsverhältnisse übertragen. Aus der Berücksichtigung des Konzernverbunds in den erwähnten Regelungsbereichen einen Schutz des Konzerns gegenüber Vertragspartnern von Konzerngesellschaften oder gar eine Sonderbehandlung von Bankkonzerngesellschaften bezüglich ihrer auftragsrechtlichen Pflichten ableiten zu wollen, wie dies die Beklagte zu vertreten scheint, wäre verfehlt. Insbesondere kann ihrer Ansicht nicht gefolgt werden, es müsse einer Konzerngesellschaft aufgrund des Erfordernisses zur Erstellung einer konsolidierten Jahresrechnung ( Art. 663e OR ), mit der die (rechnerische) Eliminierung sämtlicher konzerninterner Zahlungsvorgänge einhergehe, umgekehrt gestattet sein, gegenüber Gläubigern geltend zu machen, dass die Zahlungen zwischen Konzerngesellschaften gar nicht erfolgt seien bzw. spätestens mit der Konzernrechnung wieder eliminiert würden (so aber ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 674). Wie andere privatrechtliche Ansprüche knüpft auch Art. 400 Abs. 1 OR an bestimmte Tatbestandsvoraussetzungen an, die - sind sie erfüllt - eine Forderung des Auftraggebers begründen. Bereits erfolgte Vorgänge können nicht im Hinblick auf bestimmte (als unerwünscht erachtete) Rechtsfolgen unter Verweis auf eine konsolidierte Rechnungslegung nachträglich ausgeblendet werden.
Art. 400 Abs. 1 OR Art. 663e OR Art. 400 Abs. 1 OR Entgegen der Ansicht der Vorinstanz kann sich die Beklagte daher gegenüber ihrem Vertragspartner nicht einfach auf die wirtschaftliche Einheit ihres Konzerns berufen und eine Herausgabe von Bestandespflegekommissionen nach Art. 400 Abs. 1 OR für BGE 138 III 755 S. 777 konzerneigene Produkte mit dem Hinweis darauf verweigern, die zahlende Gesellschaft sei mit ihr verbunden. Der Vermögensverwaltungsvertrag besteht zwischen dem Kläger und der Beklagten, nicht etwa mit deren Konzern, dem keine Rechtspersönlichkeit zukommt. Es kann dem Auftraggeber trotz des Konzernverhältnisses nicht verwehrt sein, sich auf die bestehenden rechtlichen Verhältnisse und tatsächlichen Vorgänge zu berufen, an die das Vertragsrecht Rechtsfolgen knüpft. Entsprechend ist bei der Beurteilung der vertraglichen Ansprüche des Klägers nicht unter Hinweis auf die "wirtschaftliche Realität" oder die finanzielle Einheit des Konzerns auszublenden, dass es sich bei den Gesellschaften, die Bestandespflegekommissionen ausgerichtet haben, um rechtlich selbständige juristische Personen handelt (vgl. EMMENEGGER, a.a.O., S. 73; im Ergebnis bereits WIEGAND/ZELLWEGER-GUTKNECHT, Privatrechtliche Probleme der Vermögensverwaltung, in: Vermögensverwaltung und Nachlassplanung, Wiegand [Hrsg.], 2005, S. 44 Fn. 65). Der Beklagten kann daher nicht gefolgt werden, wenn sie dafürhält, konzerninterne Zahlungen könnten keine herausgabepflichtigen Leistungen eines Dritten darstellen.
Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 777
Unerheblich ist im Übrigen ihr Vorbringen, die konzerninterne Entrichtung von Vertriebsentschädigungen durch Fondsleitungsgesellschaften sei angeblich steuerrechtlich vorgeschrieben. Steuerliche Gründe vermögen die Transparenz- und Herausgabevorschriften im Auftragsverhältnis nicht auszuhebeln (EMMENEGGER, a.a.O., S. 73). Ebenso wenig verfängt ihr Einwand, sie hätte die konzerninternen Vertriebsentschädigungen und damit ihre Pflicht zu deren Ablieferung nicht nur aus steuerlichen, sondern auch aus regulatorischen Gründen nicht vermeiden können, weshalb eine entsprechende Anordnung höchst widersprüchlich und stossend wäre. Die Geschäftstätigkeit kann innerhalb des von der Rechtsordnung vorgegebenen Rahmens frei gestaltet werden. Die steuerrechtlichen, regulatorischen und privatrechtlichen Auswirkungen dieser Tätigkeit sind dabei in Kauf zu nehmen. Ist ein angestrebtes Ergebnis durch die (innerhalb des vorgegebenen rechtlichen Rahmens) frei wählbare Vorgehens- und Organisationsweise nicht zu erzielen, so bleibt letztlich nur der Verzicht auf die Tätigkeit in der beabsichtigten Form. Abgesehen davon, dass sich aus öffentlich-rechtlichen Vorgaben nicht unbesehen auf privatrechtliche Vertragspflichten schliessen lässt, kann der Beklagten ohnehin nicht gefolgt werden, weil der Herausgabeanspruch nach Art. 400 Abs. 1 OR nicht zwingend ist, sondern vertraglich darauf verzichtet werden kann, womit der Beklagten eine BGE 138 III 755 S. 778 freiwillige Gestaltungsmöglichkeit durchaus offenstand ( BGE 137 III 393 E. 2.2 S. 396; BGE 132 III 460 E. 4.2 S. 465). Die Bank kann sich schliesslich auch nicht darauf berufen, eine konzerninterne Zahlung hätte auch unterbleiben oder ebenso gut als Dividende oder in einer anderen gesellschaftsrechtlichen Form erfolgen können (so aber ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 687); solche Sachverhalte stehen vorliegend nicht zur Diskussion.
Art. 400 Abs. 1 OR BGE 138 III 755 S. 778
8.4 Entscheidend ist im Hinblick auf den Zweck der Herausgabepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR daher nicht, ob die Bestandespflegekommission dem Beauftragten von einer Konzerngesellschaft oder einer konzernfremden Gesellschaft entrichtet wurde, die insoweit beide als Dritte zu betrachten sind, sondern ob damit die Gefahr verbunden ist, der Beauftragte könnte sich aufgrund der Zuwendung veranlasst sehen, die Interessen des Auftraggebers nicht ausreichend zu berücksichtigen. Entgegen den Vorbringen der Beklagten ist demnach nicht massgebend, ob der Vermögensverwaltungskunde die Bank bzw. die deren Anlageprodukte auflegenden Konzerngesellschaften als Einheit "und die Produkte als unter dem einheitlichen Brand der Bank hergestellte Produkte" wahrnimmt oder nicht, oder ob er über die interne Organisation des Bankkonzerns informiert bzw. daran interessiert ist (vgl. aber ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 673 f., 684). Daraus lässt sich jedenfalls nicht auf einen fehlenden Interessenkonflikt im Zusammenhang mit Bestandespflegekommissionen, geschweige denn auf einen Verzicht auf deren Herausgabe schliessen. Vielmehr gilt es unter Berücksichtigung des mit der Herausgabepflicht bezweckten präventiven Schutzes des Auftraggebers vor einer Missachtung der Interessenwahrungspflicht zu beurteilen, ob die Besorgnis bestand, die Bank könnte die Interessen des Auftraggebers ausser Acht lassen.
8.4 Art. 400 Abs. 1 OR 8.5 Ein Interessenkonflikt der vermögensverwaltenden Bank besteht bei Bestandespflegekommissionen unabhängig davon, ob sie von einer konzernfremden oder einer verbundenen Gesellschaft ausgerichtet werden. Fällt eine Bank - wie vorliegend die Beklagte - im Rahmen eines Vermögensverwaltungsmandats Anlageentscheide für den Kunden und verdient sie bei deren Platzierung mittels Bestandespflegekommissionen an den von ihr selbst getätigten Anlagen mit, sind die Kundeninteressen gefährdet. Es besteht auch beim Einsatz konzerneigener Anlageprodukte die Gefahr, dass die Bank ihre Verwaltungstätigkeit nicht im Interesse des Auftraggebers ausübt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, zusätzliche BGE 138 III 755 S. 779 Entschädigungen zu erhalten (so etwa auch das Urteil des BGH vom 19. Dezember 2006, in: Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen [BGHZ] 170/2007 S. 226 Rz. 2 und E. 4b/aa betreffenddie Aufklärungspflicht der Bank über Rückvergütungen für hauseigene Produkte; vgl. auch ROLF SETHE, Treuepflichten der Banken bei der Vermögensanlage [nachfolgend: Treuepflichten], Archiv fürdie civilistische Praxis [AcP] 1-2/2012 S. 141; derselbe, Die Zulässigkeit von Zuwendungen bei Wertpapierdienstleistungen, in: Festschrift Gerd Nobbe, Köln 2009, S. 782, 790). Die Problematik des Interessenkonflikts stellt sich bei konzerneigenen Produkten eher noch verschärft, indem ein besonderer Anreiz der Bank besteht, die Anlagen mit Blick auf die Bestandespflegekommission auszurichten, da sie mit der Wahl eines konzerneigenen Produkts nicht nur selbst eine Zuwendung erhält, sondern gleichzeitig eine andere Konzerngesellschaft mit dem Produkt verbundene Gebühren vereinnahmt (zutreffend EMMENEGGER, a.a.O., S. 73 f.).
8.5 BGE 138 III 755 S. 779
Mitunter wird mit Blick auf die Interessenkonflikte ins Feld geführt, Kunden hätten davon auszugehen, dass eine Bank bevorzugt eigene Produkte berücksichtigt (vgl. etwa ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 684; HERBERT WOHLMANN, Arbeitsteilung im Konzern und ihre Relevanz gegenüber Dritten, SJZ 104/2008 S. 164; HSU, a.a.O., S. 79, nach dem ein Bankkunde zudem bei Drittprodukten davon ausgehen müsse, dass die Bank primär Produkte berücksichtigen werde, für die sie Vertriebsvereinbarungen abgeschlossen hat; vgl. auch das Urteil des BGH vom 19. Dezember 2006, a.a.O., E. 4a in Bezug auf Anlageempfehlungen). Dies erscheint insbesondere bei der entgeltlich erbrachten Vermögensverwaltung, bei der sich der Beauftragte zur umfassenden Interessenwahrung verpflichtet, als äusserst fraglich (vgl. EMMENEGGER, a.a.O., S. 74, die zutreffend darauf hinweist, dass der bankinterne Vermögensverwalter einer Konzernbank den Kundeninteressen genauso verpflichtet ist wie sein externes Pendant; BENICKE, a.a.O., S. 938, nach dem es mit der Interessenwahrungspflicht nicht vereinbar ist, bei gleicher Qualität der angebotenen Dienstleistungen das teurere Angebot auszuwählen, weil der Verwalter daran ein eigenes Interesse hat; vgl. auch SETHE, Treuepflichten, a.a.O., S. 141; SCHÄFER, a.a.O., § 11 Rz. 20 ff.). Jedenfalls führt dies nicht dazu, dass die mit dem Einsatz eigener Produkte verbundenen Interessenkonflikte bei der Beurteilung der Aufklärungs- und Herausgabepflicht ausser Betracht fallen. Ebenso wenig kann sich die Bank darauf berufen, es bestünden auch ohne BGE 138 III 755 S. 780 konzerninterne Rückvergütungen Anreize, dem Kunden gruppeneigene Produkte zu verkaufen (vgl. demgegenüber HSU, a.a.O., S. 78 f.; ABEGGLEN, Bankkonzern, a.a.O., S. 685, der im Zusammenhang mit dem Einsatz gruppeneigener Produkte zwar von einem Interessenkonflikt ausgeht, diesen jedoch als "durch Offenlegung gelöst" erachtet). Der Umstand, dass beim Einsatz konzerneigener Anlageprodukte zusätzliche Interessenkonflikte bestehen können, rechtfertigt im Hinblick auf die auftragsrechtliche Herausgabepflicht jedenfalls keine bevorzugte Behandlung konzerninterner Bestandespflegekommissionen im Vergleich zu entsprechenden Zahlungen konzernfremder Produktanbieter. Werden konzernintern keine Rückvergütungen ausgerichtet, erhält der Verwalter nichts, was nach Art. 400 Abs. 1 OR herausgegeben werden könnte. Fliessen jedoch solche Zahlungen, so ist ein innerer Zusammenhang mit der Auftragsausführung zu bejahen und es ist nicht ersichtlich, weshalb sie nicht ebenfalls der Herausgabepflicht unterliegen sollen.
BGE 138 III 755 S. 780
Art. 400 Abs. 1 OR 8.6 Wie auch die Ausführungen in der Beschwerdeantwort bestätigen, lässt der mit dem Kläger abgeschlossene Vermögensverwaltungsvertrag den Einsatz von Anlageinstrumenten der Beklagten oder mit ihr verbundener Gesellschaften zu, ist jedoch nicht auf solche beschränkt; vielmehr wird in der Vereinbarung als zulässig erachtet, Instrumente von Drittanbietern einzusetzen, ohne bestimmten Produkten den Vorrang einzuräumen. Die Beklagte hatte im Rahmen des Vermögensverwaltungsmandats die Anlagen (wie Festgeldanlagen, Aktien, Obligationen, Anlagefonds, strukturierte Produkte usw.) auf Rechnung des Klägers nach eigenem Ermessen zu tätigen und demnach sowohl eine Wahl zwischen Anlageinstrumenten von Drittanbietern (mit oder ohne Bestandespflegekommissionen) und eigenen Produkten bzw. solchen ihrer Konzerngesellschaften zu treffen, als auch etwa zu entscheiden zwischen Anlageinstrumenten und Direktanlagen in Aktien oder Obligationen, für die keine Bestandespflegekommissionen gezahlt werden. Damit bestand nicht nur bei den Anlageprodukten konzernfremder Dritter, sondern auch bei konzerneigenen Produkten ein Anreiz der Beklagten, ihre Verwaltungstätigkeit an den damit verbundenen Vergütungen auszurichten, und - unter anderem anstelle von Produkten ohne Rückvergütungen oder Direktanlagen - gerade solche Anlagen zu tätigen und zu halten, auch wenn dies durch die Interessen des Klägers möglicherweise nicht gerechtfertigt war. Der Interessenkonflikt der Beklagten ist nicht von der Hand zu weisen. BGE 138 III 755 S. 781
8.6 BGE 138 III 755 S. 781
Entgegen dem angefochtenen Entscheid sind demnach Bestandespflegekommissionen, die der Beklagten für Produkte von Konzerngesellschaften zugeflossen sind, im Hinblick auf die Herausgabepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR nicht anders zu behandeln als die entsprechenden Zahlungen konzernfremder Gesellschaften.
Art. 400 Abs. 1 OR
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Urteilskopf 138 III 76 11. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. L. GmbH gegen M. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_532/2011 vom 31. Januar 2012 Regeste a Anfechtbarkeit eines Entscheids betreffend vorsorgliche Beweisführung vor Bundesgericht ( Art. 158 ZPO ; Art. 90 BGG ). Der in einem eigenständigen Verfahren ergangene Entscheid, mit dem ein Gesuch um vorsorgliche Beweisführung gemäss Art. 158 ZPO abgewiesen wurde, ist ein Endentscheid i.S. von Art. 90 BGG (E. 1.2). Regeste b Verhältnis des patentgesetzlichen Anspruchs auf genaue Beschreibung ( Art. 77 PatG ) zur vorsorglichen Beweisführung ( Art. 158 ZPO ); schutzwürdiges Interesse an einer vorsorglichen Beweisführung ( Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO ). Beim Anspruch auf eine genaue Beschreibung gemäss Art. 77 PatG handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch i.S. von Art. 158 Abs. 1 lit. a ZPO. Andere Beweismittel wie z.B. ein Augenschein können in einer patentrechtlichen Streitigkeit gestützt auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO vorsorglich abgenommen werden (E. 2.4.1); Begriff des schutzwürdigen Interesses an einer vorsorglichen Beweisführung gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO (E. 2.4.2). Sachverhalt ab Seite 77 BGE 138 III 76 S. 77 A. Die L. GmbH (Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin) ist Inhaberin des europäischen Patents EP v., das auch in der Schweiz eingetragen ist und ein Verfahren zum "Aufgeben einer Schlammmasse auf bewegtes Mischmaterial" zum Gegenstand hat. BGE 138 III 76 S. 78 Mit Eingabe vom 11. April 2011 stellte die Gesuchstellerin dem Handelsgericht des Kantons Aargau folgende Anträge: "1. Es sei gerichtlich (a) ein Augenschein der Anlage zur Schlammzuführung bei der Beschickung des Feuerraums in der Kehrichtverbrennungsanlage N. anzuordnen, und (b) die entsprechende Anlage im Rahmen dieses Augenscheins zu dokumentieren. 2. Über die Kosten dieser vorsorglichen Beweisführung sei mit der Hauptsache zu entscheiden." Zur Begründung führte die Gesuchstellerin im Wesentlichen aus, sie wolle mittels vorsorglicher Beweisführung gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO (SR 272) ihre Beweis- und Prozessaussichten für einen allfälligen Patentverletzungsprozess gegen die M. AG (Gesuchsgegnerin und Beschwerdegegnerin) abklären. Die Gesuchsgegnerin habe eine "mittelbare Patentverletzung" begangen, indem sie der Betreiberin der Kehrichtverbrennungsanlage N. im Rahmen der Erstellung der Anlage namentlich verschiedene Komponenten für die Schlammzuführung geliefert habe. Das patentgeschützte Verfahren werde in der Kehrichtverbrennungsanlage N. offensichtlich ohne Lizenz genutzt. Mit der betreffenden Lieferung habe die Gesuchsgegnerin der Betreiberin der Kehrichtverbrennungsanlage die Verletzung des Patents ermöglicht, was eine "mittelbare Patentverletzung" darstelle. Der anbegehrte Augenschein sei geeignet, ein Hauptverfahren zu vermeiden. Mit Entscheid vom 9. August 2011 wies das Handelsgericht des Kantons Aargau das Gesuch um vorsorgliche Beweisführung ab (Ziff. 1), auferlegte die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 8'000.- der Gesuchstellerin (Ziff. 2) und verpflichtete diese, der Gesuchsgegnerin deren Parteikosten in richterlich festgesetzter Höhe von Fr. 4'650.70 zu ersetzen (Ziff. 3). B. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht unter anderem, es sei die Ziffer 1 des Entscheids des Handelsgerichts des Kantons Aargau vom 9. August 2011 aufzuheben und das Gesuch um vorsorgliche Beweisführung gutzuheissen. (Zusammenfassung) Erwägungen BGE 138 III 76 S. 79 Aus den Erwägungen: 1. (...) 1.2 Der angefochtene Entscheid betrifft ein Gesuch um vorsorgliche Beweisführung, auf das die Bestimmungen über die vorsorglichen Massnahmen Anwendung finden ( Art. 158 Abs. 2 ZPO ). Massnahmenentscheide gelten nur dann als Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG, wenn sie in einem eigenständigen Verfahren ergehen. Selbständig eröffnete Massnahmenentscheide, die vor oder während eines Hauptverfahrens erlassen werden und nur für die Dauer des Hauptverfahrens Bestand haben bzw. unter der Bedingung, dass ein Hauptverfahren eingeleitet wird, stellen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG dar ( BGE 134 I 83 E. 3.1 S. 86 f.). Der vorliegend angefochtene Entscheid ist in einem Gesuchsverfahren betreffend vorsorgliche Beweisführung ergangen, das von der Einleitung eines ordentlichen Hauptverfahrens unabhängig und damit eigenständig ist. Mit dem angefochtenen Entscheid wurde das Gesuch abgewiesen und damit das Gesuchsverfahren zum Abschluss gebracht. Es handelt sich folglich um einen Endentscheid i.S. von Art. 90 BGG (vgl. auch Urteil 5A_433/2007 vom 18. September 2007 E. 1, nicht publ. in: BGE 133 III 638, betreffend eine vorsorgliche Beweisführung nach früherem Berner Zivilprozessrecht). Dagegen ist die Beschwerde in Zivilsachen zulässig. (...) 2. (...) 2.4 2.4.1 Art. 158 ZPO regelt die vorsorgliche Beweisführung. Nach Abs. 1 nimmt das Gericht jederzeit Beweis ab, wenn das Gesetz einen entsprechenden Anspruch gewährt (lit. a) oder die gesuchstellende Partei eine Gefährdung der Beweismittel oder ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft macht (lit. b). Nach Abs. 2 finden die Bestimmungen über die vorsorglichen Massnahmen Anwendung. Art. 77 PatG (SR 232.14) in der vom Inkrafttreten der ZPO am 1. Januar 2011 bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 20. März 2009 über das Bundespatentgericht (PatGG; SR 173.41) am 1. Januar 2012 geltenden Fassung besteht aus einem Absatz und sieht vor, dass eine Person, die um die Anordnung vorsorglicher Massnahmen ersucht, insbesondere verlangen kann, dass das Gericht eine genaue Beschreibung der angeblich widerrechtlich angewendeten Verfahren (lit. a Ziff. 1) oder der hergestellten Erzeugnisse und BGE 138 III 76 S. 80 der zur Herstellung dienenden Einrichtungen und Geräte (lit. a Ziff. 2) anordnet (AS 2010 1739). Diese Norm entspricht Abs. 1 lit. b der auf 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Fassung von Art. 77 PatG (AS 2010 513, 2011 2241). Gemäss Abs. 2 hat die Partei, die eine genaue Beschreibung beantragt, glaubhaft zu machen, dass ein ihr zustehender Anspruch verletzt ist oder eine Verletzung zu befürchten ist. Beim Anspruch auf eine genaue Beschreibung gemäss Art. 77 PatG (in alter wie neuer Fassung) handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch i.S. von Art. 158 Abs. 1 lit. a ZPO (WALTER FELLMANN, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 9 zu Art. 158 ZPO ; PETER GUYAN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 2 zu Art. 158 ZPO ; Botschaft vom 7. Dezember 2007 zum Patentgerichtsgesetz, BBl 2007 455, 495). Unter den Voraussetzungen von Art. 77 PatG kann damit eine genaue Beschreibung von Verfahren, Erzeugnissen sowie zur Herstellung dienenden Hilfsmitteln gestützt auf Art. 158 Abs. 1 lit. a ZPO bereits vor einem allfälligen Hauptverfahren als vorsorgliche Beweismassnahme verlangt werden. Davon unabhängig ist die von der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall beantragte Durchführung eines Augenscheins i.S. von Art. 181 f. ZPO als vorsorgliche Beweismassnahme gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO. Dass den Parteien auch bei patentrechtlichen Streitigkeiten die Möglichkeit offensteht, die vorsorgliche Abnahme anderer Beweismittel als der genauen Beschreibung nach Art. 77 PatG, also z.B. die Einvernahme von Zeugen, die Edition von Konstruktionszeichnungen oder Wartungshandbüchern etc., gestützt auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO zu erwirken, wird in der Literatur als selbstverständlich erachtet (MARK SCHWEIZER, Vorsorgliche Beweisabnahme nach schweizerischer Zivilprozessordnung und Patentgesetz, ZZZ 2010 S. 16; ders., Der Anspruch auf genaue Beschreibung gemäss Art. 77 PatG -Gedanken eines Mitglieds des Bundespatentgerichts, sic! 12/2010, S. 932; sodann FABIAN WIGGER, Der neue Immaterialgüterrechtsprozess, sic! 2/2011, S. 147 f. mit Hinweis auf Voten von Andri Hess-Blumer und Felix Addor). Es ist in der Tat kein Grund ersichtlich, weshalb das allgemeine zivilprozessuale Instrumentarium nicht auch im Bereich des Patentrechts zur Anwendung gelangen soll. Ein Augenschein gemäss Art. 181 f. ZPO kann auch in patentrechtlichen Streitigkeiten gestützt auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO als vorsorgliche Beweismassnahme angeordnet werden, BGE 138 III 76 S. 81 sofern die gesuchstellende Partei ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft macht. Der Begründung der Vorinstanz kann damit insoweit nicht gefolgt werden, als sie eine vorsorgliche Durchführung eines Augenscheins gestützt auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO nur dann als zulässig erachten will, wenn gleichzeitig die spezialgesetzlichen Voraussetzungen von Art. 77 PatG erfüllt sind. 2.4.2 Gemäss der Botschaft wird mit dem Begriff des schutzwürdigen Interesses in Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO auf die Möglichkeit Bezug genommen, eine vorsorgliche Beweisführung auch zur Abklärung der Beweis- und Prozessaussichten durchzuführen. Diese Möglichkeit soll dazu beitragen, aussichtslose Prozesse zu vermeiden (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7315). Mit der blossen Behauptung eines Bedürfnisses, Beweis- und Prozessaussichten abzuklären, ist ein schutzwürdiges Interesse an einer vorsorglichen Beweisführung jedoch noch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Eine vorsorgliche Beweisführung kann nur mit Blick auf einen konkreten materiellrechtlichen Anspruch verlangt werden, hängt doch das Interesse an einer Beweisabnahme vom Interesse an der Durchsetzung eines damit zu beweisenden Anspruchs ab. Die Gesuchstellerin, die sich auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO stützt, muss daher glaubhaft machen, dass ein Sachverhalt vorliegt, gestützt auf den ihr das materielle Recht einen Anspruch gegen die Gesuchsgegnerin gewährt, und zu dessen Beweis das abzunehmende Beweismittel dienen kann (SCHWEIZER, a.a.O., S. 7; ISAAK MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 311; HANS SCHMID, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Kurzkommentar, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 4 zu Art. 158 ZPO ; JOHANN ZÜRCHER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 15 zu Art. 158 ZPO ; LAURENT KILLIAS UND ANDERE, Gewährt Art. 158 ZPO eine "pre-trial discovery" nach US-amerikanischem Recht?, in: Innovatives Recht, Festschrift für Ivo Schwander, Lorandi/Staehelin [Hrsg.], 2011, S. 941; in diesem Sinne auch FRANCESCO TREZZINI, in: Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC], 2011, S. 760; a.M. aber wohl WALTER FELLMANN, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 23 zu Art. 158 ZPO, der auch im Anwendungsbereich von Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO keine Glaubhaftmachung eines Hauptanspruches zu verlangen scheint). Lediglich für Tatsachen, die mit dem vorsorglich BGE 138 III 76 S. 82 abzunehmenden Beweismittel bewiesen werden sollen, kann keine eigentliche Glaubhaftmachung verlangt werden, denn sonst würde der Zweck von Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO, die vorprozessuale Abklärung von Beweisaussichten zu ermöglichen, vereitelt. Stellt das abzunehmende Beweismittel das einzige dar, mit dem die Gesuchstellerin ihren Anspruch beweisen kann, muss es genügen, dass sie das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen lediglich substanziiert behauptet (vgl. SCHWEIZER, a.a.O., S. 7 f.). 2.4.3 Die Vorinstanz hat Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO im Ergebnis nicht willkürlich angewendet, wenn sie von der Beschwerdeführerin zwar nicht die Glaubhaftmachung der mit dem beantragten Augenschein zu beweisenden patentverletzenden Handlung verlangt hat, sehr wohl aber der Voraussetzungen einer Teilnahmehandlung gemäss Art. 66 lit. d PatG, auf welche die Beschwerdeführerin ihren Anspruch aus "mittelbarer Patentverletzung" vornehmlich stützt. Dass die Vorinstanz auch Art. 66 lit. d PatG willkürlich ausgelegt hätte, macht die Beschwerdeführerin zu Recht nicht geltend. Die Rüge, die Vorinstanz habe in willkürlicher Weise den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Klärung der Beweis- und Prozessaussichten vereitelt, ist damit unbegründet.
Urteilskopf
11. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. L. GmbH gegen M. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_532/2011 vom 31. Januar 2012
Regeste a Anfechtbarkeit eines Entscheids betreffend vorsorgliche Beweisführung vor Bundesgericht ( Art. 158 ZPO ; Art. 90 BGG ). Der in einem eigenständigen Verfahren ergangene Entscheid, mit dem ein Gesuch um vorsorgliche Beweisführung gemäss Art. 158 ZPO abgewiesen wurde, ist ein Endentscheid i.S. von Art. 90 BGG (E. 1.2).
Regeste a
Anfechtbarkeit eines Entscheids betreffend vorsorgliche Beweisführung vor Bundesgericht ( Art. 158 ZPO ; Art. 90 BGG ). Der in einem eigenständigen Verfahren ergangene Entscheid, mit dem ein Gesuch um vorsorgliche Beweisführung gemäss Art. 158 ZPO abgewiesen wurde, ist ein Endentscheid i.S. von Art. 90 BGG (E. 1.2).
Art. 158 ZPO Art. 90 BGG Der in einem eigenständigen Verfahren ergangene Entscheid, mit dem ein Gesuch um vorsorgliche Beweisführung gemäss Art. 158 ZPO abgewiesen wurde, ist ein Endentscheid i.S. von Art. 90 BGG (E. 1.2).
Art. 158 ZPO Art. 90 BGG Regeste b Verhältnis des patentgesetzlichen Anspruchs auf genaue Beschreibung ( Art. 77 PatG ) zur vorsorglichen Beweisführung ( Art. 158 ZPO ); schutzwürdiges Interesse an einer vorsorglichen Beweisführung ( Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO ). Beim Anspruch auf eine genaue Beschreibung gemäss Art. 77 PatG handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch i.S. von Art. 158 Abs. 1 lit. a ZPO. Andere Beweismittel wie z.B. ein Augenschein können in einer patentrechtlichen Streitigkeit gestützt auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO vorsorglich abgenommen werden (E. 2.4.1); Begriff des schutzwürdigen Interesses an einer vorsorglichen Beweisführung gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO (E. 2.4.2).
Regeste b
Verhältnis des patentgesetzlichen Anspruchs auf genaue Beschreibung ( Art. 77 PatG ) zur vorsorglichen Beweisführung ( Art. 158 ZPO ); schutzwürdiges Interesse an einer vorsorglichen Beweisführung ( Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO ). Beim Anspruch auf eine genaue Beschreibung gemäss Art. 77 PatG handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch i.S. von Art. 158 Abs. 1 lit. a ZPO. Andere Beweismittel wie z.B. ein Augenschein können in einer patentrechtlichen Streitigkeit gestützt auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO vorsorglich abgenommen werden (E. 2.4.1); Begriff des schutzwürdigen Interesses an einer vorsorglichen Beweisführung gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO (E. 2.4.2).
Art. 77 PatG Art. 158 ZPO Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO Beim Anspruch auf eine genaue Beschreibung gemäss Art. 77 PatG handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch i.S. von Art. 158 Abs. 1 lit. a ZPO. Andere Beweismittel wie z.B. ein Augenschein können in einer patentrechtlichen Streitigkeit gestützt auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO vorsorglich abgenommen werden (E. 2.4.1); Begriff des schutzwürdigen Interesses an einer vorsorglichen Beweisführung gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO (E. 2.4.2).
Art. 77 PatG Art. 158 Abs. 1 lit. a ZPO Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO Sachverhalt ab Seite 77
Sachverhalt ab Seite 77 BGE 138 III 76 S. 77
BGE 138 III 76 S. 77
A. Die L. GmbH (Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin) ist Inhaberin des europäischen Patents EP v., das auch in der Schweiz eingetragen ist und ein Verfahren zum "Aufgeben einer Schlammmasse auf bewegtes Mischmaterial" zum Gegenstand hat. BGE 138 III 76 S. 78
A. BGE 138 III 76 S. 78
Mit Eingabe vom 11. April 2011 stellte die Gesuchstellerin dem Handelsgericht des Kantons Aargau folgende Anträge:
"1. Es sei gerichtlich
(a) ein Augenschein der Anlage zur Schlammzuführung bei der Beschickung des Feuerraums in der Kehrichtverbrennungsanlage N. anzuordnen, und
(b) die entsprechende Anlage im Rahmen dieses Augenscheins zu dokumentieren.
2. Über die Kosten dieser vorsorglichen Beweisführung sei mit der Hauptsache zu entscheiden."
Zur Begründung führte die Gesuchstellerin im Wesentlichen aus, sie wolle mittels vorsorglicher Beweisführung gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO (SR 272) ihre Beweis- und Prozessaussichten für einen allfälligen Patentverletzungsprozess gegen die M. AG (Gesuchsgegnerin und Beschwerdegegnerin) abklären. Die Gesuchsgegnerin habe eine "mittelbare Patentverletzung" begangen, indem sie der Betreiberin der Kehrichtverbrennungsanlage N. im Rahmen der Erstellung der Anlage namentlich verschiedene Komponenten für die Schlammzuführung geliefert habe. Das patentgeschützte Verfahren werde in der Kehrichtverbrennungsanlage N. offensichtlich ohne Lizenz genutzt. Mit der betreffenden Lieferung habe die Gesuchsgegnerin der Betreiberin der Kehrichtverbrennungsanlage die Verletzung des Patents ermöglicht, was eine "mittelbare Patentverletzung" darstelle. Der anbegehrte Augenschein sei geeignet, ein Hauptverfahren zu vermeiden.
Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO Mit Entscheid vom 9. August 2011 wies das Handelsgericht des Kantons Aargau das Gesuch um vorsorgliche Beweisführung ab (Ziff. 1), auferlegte die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 8'000.- der Gesuchstellerin (Ziff. 2) und verpflichtete diese, der Gesuchsgegnerin deren Parteikosten in richterlich festgesetzter Höhe von Fr. 4'650.70 zu ersetzen (Ziff. 3).
B. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht unter anderem, es sei die Ziffer 1 des Entscheids des Handelsgerichts des Kantons Aargau vom 9. August 2011 aufzuheben und das Gesuch um vorsorgliche Beweisführung gutzuheissen.
B. (Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen BGE 138 III 76 S. 79 Aus den Erwägungen:
BGE 138 III 76 S. 79
1. (...)
1. 1.2 Der angefochtene Entscheid betrifft ein Gesuch um vorsorgliche Beweisführung, auf das die Bestimmungen über die vorsorglichen Massnahmen Anwendung finden ( Art. 158 Abs. 2 ZPO ). Massnahmenentscheide gelten nur dann als Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG, wenn sie in einem eigenständigen Verfahren ergehen. Selbständig eröffnete Massnahmenentscheide, die vor oder während eines Hauptverfahrens erlassen werden und nur für die Dauer des Hauptverfahrens Bestand haben bzw. unter der Bedingung, dass ein Hauptverfahren eingeleitet wird, stellen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG dar ( BGE 134 I 83 E. 3.1 S. 86 f.).
1.2 Art. 158 Abs. 2 ZPO Art. 90 BGG Art. 93 BGG Der vorliegend angefochtene Entscheid ist in einem Gesuchsverfahren betreffend vorsorgliche Beweisführung ergangen, das von der Einleitung eines ordentlichen Hauptverfahrens unabhängig und damit eigenständig ist. Mit dem angefochtenen Entscheid wurde das Gesuch abgewiesen und damit das Gesuchsverfahren zum Abschluss gebracht. Es handelt sich folglich um einen Endentscheid i.S. von Art. 90 BGG (vgl. auch Urteil 5A_433/2007 vom 18. September 2007 E. 1, nicht publ. in: BGE 133 III 638, betreffend eine vorsorgliche Beweisführung nach früherem Berner Zivilprozessrecht). Dagegen ist die Beschwerde in Zivilsachen zulässig.
Art. 90 BGG (...)
2. (...)
2. 2.4
2.4 2.4.1 Art. 158 ZPO regelt die vorsorgliche Beweisführung. Nach Abs. 1 nimmt das Gericht jederzeit Beweis ab, wenn das Gesetz einen entsprechenden Anspruch gewährt (lit. a) oder die gesuchstellende Partei eine Gefährdung der Beweismittel oder ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft macht (lit. b). Nach Abs. 2 finden die Bestimmungen über die vorsorglichen Massnahmen Anwendung.
2.4.1 Art. 158 ZPO Art. 77 PatG (SR 232.14) in der vom Inkrafttreten der ZPO am 1. Januar 2011 bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 20. März 2009 über das Bundespatentgericht (PatGG; SR 173.41) am 1. Januar 2012 geltenden Fassung besteht aus einem Absatz und sieht vor, dass eine Person, die um die Anordnung vorsorglicher Massnahmen ersucht, insbesondere verlangen kann, dass das Gericht eine genaue Beschreibung der angeblich widerrechtlich angewendeten Verfahren (lit. a Ziff. 1) oder der hergestellten Erzeugnisse und BGE 138 III 76 S. 80 der zur Herstellung dienenden Einrichtungen und Geräte (lit. a Ziff. 2) anordnet (AS 2010 1739). Diese Norm entspricht Abs. 1 lit. b der auf 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Fassung von Art. 77 PatG (AS 2010 513, 2011 2241). Gemäss Abs. 2 hat die Partei, die eine genaue Beschreibung beantragt, glaubhaft zu machen, dass ein ihr zustehender Anspruch verletzt ist oder eine Verletzung zu befürchten ist.
Art. 77 PatG BGE 138 III 76 S. 80
Art. 77 PatG Beim Anspruch auf eine genaue Beschreibung gemäss Art. 77 PatG (in alter wie neuer Fassung) handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch i.S. von Art. 158 Abs. 1 lit. a ZPO (WALTER FELLMANN, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 9 zu Art. 158 ZPO ; PETER GUYAN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 2 zu Art. 158 ZPO ; Botschaft vom 7. Dezember 2007 zum Patentgerichtsgesetz, BBl 2007 455, 495). Unter den Voraussetzungen von Art. 77 PatG kann damit eine genaue Beschreibung von Verfahren, Erzeugnissen sowie zur Herstellung dienenden Hilfsmitteln gestützt auf Art. 158 Abs. 1 lit. a ZPO bereits vor einem allfälligen Hauptverfahren als vorsorgliche Beweismassnahme verlangt werden.
Art. 77 PatG Art. 158 Abs. 1 lit. a ZPO Art. 158 ZPO Art. 158 ZPO Art. 77 PatG Art. 158 Abs. 1 lit. a ZPO Davon unabhängig ist die von der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall beantragte Durchführung eines Augenscheins i.S. von Art. 181 f. ZPO als vorsorgliche Beweismassnahme gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO. Dass den Parteien auch bei patentrechtlichen Streitigkeiten die Möglichkeit offensteht, die vorsorgliche Abnahme anderer Beweismittel als der genauen Beschreibung nach Art. 77 PatG, also z.B. die Einvernahme von Zeugen, die Edition von Konstruktionszeichnungen oder Wartungshandbüchern etc., gestützt auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO zu erwirken, wird in der Literatur als selbstverständlich erachtet (MARK SCHWEIZER, Vorsorgliche Beweisabnahme nach schweizerischer Zivilprozessordnung und Patentgesetz, ZZZ 2010 S. 16; ders., Der Anspruch auf genaue Beschreibung gemäss Art. 77 PatG -Gedanken eines Mitglieds des Bundespatentgerichts, sic! 12/2010, S. 932; sodann FABIAN WIGGER, Der neue Immaterialgüterrechtsprozess, sic! 2/2011, S. 147 f. mit Hinweis auf Voten von Andri Hess-Blumer und Felix Addor). Es ist in der Tat kein Grund ersichtlich, weshalb das allgemeine zivilprozessuale Instrumentarium nicht auch im Bereich des Patentrechts zur Anwendung gelangen soll. Ein Augenschein gemäss Art. 181 f. ZPO kann auch in patentrechtlichen Streitigkeiten gestützt auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO als vorsorgliche Beweismassnahme angeordnet werden, BGE 138 III 76 S. 81 sofern die gesuchstellende Partei ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft macht.
Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO Art. 77 PatG Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO Art. 77 PatG Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO BGE 138 III 76 S. 81
Der Begründung der Vorinstanz kann damit insoweit nicht gefolgt werden, als sie eine vorsorgliche Durchführung eines Augenscheins gestützt auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO nur dann als zulässig erachten will, wenn gleichzeitig die spezialgesetzlichen Voraussetzungen von Art. 77 PatG erfüllt sind.
Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO Art. 77 PatG 2.4.2 Gemäss der Botschaft wird mit dem Begriff des schutzwürdigen Interesses in Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO auf die Möglichkeit Bezug genommen, eine vorsorgliche Beweisführung auch zur Abklärung der Beweis- und Prozessaussichten durchzuführen. Diese Möglichkeit soll dazu beitragen, aussichtslose Prozesse zu vermeiden (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7315). Mit der blossen Behauptung eines Bedürfnisses, Beweis- und Prozessaussichten abzuklären, ist ein schutzwürdiges Interesse an einer vorsorglichen Beweisführung jedoch noch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Eine vorsorgliche Beweisführung kann nur mit Blick auf einen konkreten materiellrechtlichen Anspruch verlangt werden, hängt doch das Interesse an einer Beweisabnahme vom Interesse an der Durchsetzung eines damit zu beweisenden Anspruchs ab. Die Gesuchstellerin, die sich auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO stützt, muss daher glaubhaft machen, dass ein Sachverhalt vorliegt, gestützt auf den ihr das materielle Recht einen Anspruch gegen die Gesuchsgegnerin gewährt, und zu dessen Beweis das abzunehmende Beweismittel dienen kann (SCHWEIZER, a.a.O., S. 7; ISAAK MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 311; HANS SCHMID, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Kurzkommentar, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 4 zu Art. 158 ZPO ; JOHANN ZÜRCHER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 15 zu Art. 158 ZPO ; LAURENT KILLIAS UND ANDERE, Gewährt Art. 158 ZPO eine "pre-trial discovery" nach US-amerikanischem Recht?, in: Innovatives Recht, Festschrift für Ivo Schwander, Lorandi/Staehelin [Hrsg.], 2011, S. 941; in diesem Sinne auch FRANCESCO TREZZINI, in: Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC], 2011, S. 760; a.M. aber wohl WALTER FELLMANN, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 23 zu Art. 158 ZPO, der auch im Anwendungsbereich von Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO keine Glaubhaftmachung eines Hauptanspruches zu verlangen scheint). Lediglich für Tatsachen, die mit dem vorsorglich BGE 138 III 76 S. 82 abzunehmenden Beweismittel bewiesen werden sollen, kann keine eigentliche Glaubhaftmachung verlangt werden, denn sonst würde der Zweck von Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO, die vorprozessuale Abklärung von Beweisaussichten zu ermöglichen, vereitelt. Stellt das abzunehmende Beweismittel das einzige dar, mit dem die Gesuchstellerin ihren Anspruch beweisen kann, muss es genügen, dass sie das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen lediglich substanziiert behauptet (vgl. SCHWEIZER, a.a.O., S. 7 f.).
2.4.2 Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO Art. 158 ZPO Art. 158 ZPO Art. 158 ZPO Art. 158 ZPO Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO BGE 138 III 76 S. 82
Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO 2.4.3 Die Vorinstanz hat Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO im Ergebnis nicht willkürlich angewendet, wenn sie von der Beschwerdeführerin zwar nicht die Glaubhaftmachung der mit dem beantragten Augenschein zu beweisenden patentverletzenden Handlung verlangt hat, sehr wohl aber der Voraussetzungen einer Teilnahmehandlung gemäss Art. 66 lit. d PatG, auf welche die Beschwerdeführerin ihren Anspruch aus "mittelbarer Patentverletzung" vornehmlich stützt. Dass die Vorinstanz auch Art. 66 lit. d PatG willkürlich ausgelegt hätte, macht die Beschwerdeführerin zu Recht nicht geltend. Die Rüge, die Vorinstanz habe in willkürlicher Weise den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Klärung der Beweis- und Prozessaussichten vereitelt, ist damit unbegründet.
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Urteilskopf 138 III 781 116. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Bank Z. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_295/2012 vom 21. November 2012 Regeste Art. 8 ZGB ; Art. 437 i.V.m. 436 Abs. 1 OR; Kommissionsvertrag; Vermutung des Selbsteintritts. Bezeichnet sich ein zur Beschaffung von Wertschriften beauftragter Kommissionär in der Abrechnung als Selbstkontrahent, ohne eine andere Person als Verkäuferin zu nennen, so wird vermutet, er habe aus Eigenbeständen geliefert (E. 3.3-3.5). Die Beweislast der Widerlegung trägt der Kommissionär (E. 3.5.3). Erwägungen ab Seite 781 BGE 138 III 781 S. 781 Aus den Erwägungen: 3. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den Sachverhalt willkürlich und in Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften, insbesondere Art. 8 ZGB, insofern unrichtig festgestellt, als sie davon ausging, die Beschwerdegegnerin habe die dem Beschwerdeführer verkauften Aktien über die Börse beschafft. 3.1 Die erste Instanz hat dem Kläger (Beschwerdeführer) den Beweis dafür auferlegt, dass er 4'500 Namenaktien der W. AG aus BGE 138 III 781 S. 782 Eigenbeständen der damaligen Y. erworben habe. Als einziges Beweismittel hat der Kläger eine von der Y. erstellte Wertschriftenabrechnung vom 28. Juni 1996 eingereicht. In dieser erklärte die Y., sie habe die Aktien dem Beschwerdeführer "aufgrund der Statuten und Usanzen der Zürcher Effektenbörse als Selbstkontrahent" verkauft. Beide kantonalen Instanzen hielten diese Urkunde nicht für geeignet, die Herkunft der Aktien zu beweisen. Die Vorinstanz erwog, die Wertschriftenabrechnung besage lediglich, dass die Y. den Auftrag aufgrund der Statuten und Usanzen der Zürcher Effektenbörse als "Selbstkontrahent" ausgeführt habe. Das genüge angesichts der Bestreitungen der Beklagten nicht für den Nachweis, dass die Y. die an den Kläger verkauften Aktien der W. AG aus den Eigenbeständen bezogen habe. Bezüglich dieser Frage ging die Vorinstanz mithin zulasten des Klägers von Beweislosigkeit aus. 3.2 Demgegenüber vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, die Beschwerdegegnerin trage die Beweislast für ihre Behauptung, wonach die an den Kläger verkauften Aktien über die Börse gekauft worden seien, weil sie aus diesem Umstand für sich Rechte im Sinne von Art. 8 ZGB ableiten wolle. 3.3 Nach Art. 8 ZGB hat, wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. Beim Kommissionsvertrag wird die Beweislastgrundregel des Art. 8 ZGB durch eine gesetzliche Vermutung ergänzt: Bei Kommissionen zum Einkauf von Wertpapieren, die einen Börsenpreis haben, ist die Kommissionärin, wenn der Kommittent nicht etwas anderes bestimmt hat, befugt, die Wertpapiere, die sie einkaufen soll, als Verkäuferin selbst zu liefern ( Art. 436 Abs. 1 OR ). Meldet die Kommissionärin in den Fällen, wo der Eintritt als Eigenhändlerin zugestanden ist, die Ausführung des Auftrages, ohne eine andere Person als Verkäuferin namhaft zu machen, so ist anzunehmen, dass sie selbst die Verpflichtung einer Verkäuferin auf sich genommen habe ( Art. 437 OR ). 3.4 Die Vorinstanz erwog, es sei in Wertschriftenabrechnungen häufig auch dann von einem Selbsteintritt, von "Selbstkontrahent" die Rede, wenn der Auftrag über die Börse abgewickelt wurde. Die Behauptung der Beklagten, dass von einem unechten Selbsteintritt auszugehen sei und die fraglichen Aktien an der Börse erworben wurden, sei daher mit der vom Kläger eingereichten Wertschriftenabrechnung nicht widerlegt. BGE 138 III 781 S. 783 3.5 Der Beschwerdeführer rügt, es könne nicht Sache des Klägers sein, die Entlastungsbehauptung der Beklagten, wonach von einem unechten Selbsteintritt auszugehen sei, zu widerlegen. 3.5.1 Der Gesetzeswortlaut von Art. 437 OR unterscheidet nicht zwischen einem echten und einem unechten Selbsteintritt, sondern knüpft schlicht an den Inhalt der Ausführungsmeldung des Kommissionärs an. Teilt dieser die Ausführung des Auftrages mit, ohne eine andere Person als Verkäufer zu nennen, so ist der Eintritt als Eigenhändler i.S. von Art. 436 Abs. 1 OR anzunehmen bzw. - ausweislich des Randtitels zu Art. 437 OR - zu vermuten. Dies gilt in den Fällen, wo der Eintritt als Eigenhändler zugestanden ist, was gemäss Art. 436 Abs. 1 OR u.a. zutrifft, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Auftrag den Einkauf von Wertpapieren betrifft, die einen Börsenpreis haben, und der Kommittent nicht etwas anderes bestimmt hat. Diesfalls ist der Kommissionär befugt, statt die Wertpapiere bei einem Dritten einzukaufen, diese selbst als Verkäufer zu liefern. 3.5.2 In der Lehre ist die Ansicht anzutreffen, dass zu unterscheiden sei, ob der Kommissionär dem Kommittenten die Ausführung des Geschäfts ohne Bezeichnung der Gegenpartei meldet, bevor er überhaupt ein Drittgeschäft abgeschlossen (VON PLANTA/LENZ, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 2a zu Art. 437 OR sowie VON PLANTA/FLEGBO-BERNEY, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2. Aufl. 2012, N. 2a zu Art. 437 OR ) oder aber nachdem er mit einem Dritten das Erwerbsgeschäft abgeschlossen hat (VON PLANTA/LENZ, a.a.O., N. 2b zu Art. 437 OR sowie VON PLANTA/FLEGBO-BERNEY, a.a.O., N. 2b zu Art. 437 OR ). Im zweiten Fall soll Art. 437 OR nicht zur Anwendung kommen, weil mit dem Abschluss des Drittgeschäfts das Selbsteintrittsrecht des Kommissionärs untergegangen sei. Wäre dem nicht so, könnte der Kommissionär je nach Marktpreisentwicklung den Selbsteintritt erklären bzw. darauf verzichten und so die guten Geschäfte für sich behalten, die schlechten jedoch an den Kommittenten weitergeben (HOFSTETTER, Der Auftrag [...], in: Obligationenrecht, SPR Bd. VII/6, 2. Aufl. 2000, S. 211 f. Ziff. 2d). 3.5.3 Der Gesetzeswortlaut bietet für eine solche Unterscheidung keine Stütze. In jedem Falle aber hätte diese den Zweck, den Kommittenten vor der Auswirkung des latenten Interessenkonflikts des Eigenhändlers zu schützen. Auf den vorliegenden Fall übertragen, würde sie das Gegenteil bewirken: Dem Kommittenten würde in der Frage, ob überhaupt ein Selbsteintritt vorliege, das Beweisrisiko zugeschoben. BGE 138 III 781 S. 784 Die Frage kann indessen offenbleiben, weil im vorliegenden Fall nicht die Preisgestaltung strittig ist, sondern die Herkunft der von der Beschwerdegegnerin gelieferten Aktien. Indem sich die Beschwerdegegnerin in ihrer Wertschriftenabrechnung bezüglich der Ausführung des Auftrages als Selbstkontrahentin bezeichnete, ohne eine andere Person als Verkäuferin zu nennen, löste sie die Vermutung aus, sie habe als Kommissionärin im Sinne von Art. 437 i.V.m. 436 Abs. 1 OR von der Befugnis Gebrauch gemacht, auf den Einkauf der Aktien, die sie einkaufen sollte, bei einem Dritten zu verzichten, weil sie entsprechende Wertpapiere bereits in ihrem Eigentum hatte (GAUTSCHI, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1962, N. 1b zu Art. 437 OR ). Die Vermutung ist widerlegbar (GAUTSCHI, a.a.O.; TERCIER/FAVRE/PEDRAZZINI, Les contrats spéciaux, 4. Aufl. 2009, N. 5878); die Beweislast der Widerlegung durch Nachweis eines Börsenkaufs trägt aber die Beschwerdegegnerin als Kommissionärin (HANS PETER WALTER, in: Berner Kommentar, 2012, N. 412, 418 zu Art. 8 ZGB ). Indem die Vorinstanz die Beweislast bezüglich der Beschaffungsweise der Aktien dem Beschwerdeführer auferlegte, verletzte sie Art. 436 Abs. 1 und 437 OR i.V.m. Art. 8 ZGB.
Urteilskopf
116. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Bank Z. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_295/2012 vom 21. November 2012
Regeste Art. 8 ZGB ; Art. 437 i.V.m. 436 Abs. 1 OR; Kommissionsvertrag; Vermutung des Selbsteintritts. Bezeichnet sich ein zur Beschaffung von Wertschriften beauftragter Kommissionär in der Abrechnung als Selbstkontrahent, ohne eine andere Person als Verkäuferin zu nennen, so wird vermutet, er habe aus Eigenbeständen geliefert (E. 3.3-3.5). Die Beweislast der Widerlegung trägt der Kommissionär (E. 3.5.3).
Regeste
Art. 8 ZGB ; Art. 437 i.V.m. 436 Abs. 1 OR; Kommissionsvertrag; Vermutung des Selbsteintritts. Bezeichnet sich ein zur Beschaffung von Wertschriften beauftragter Kommissionär in der Abrechnung als Selbstkontrahent, ohne eine andere Person als Verkäuferin zu nennen, so wird vermutet, er habe aus Eigenbeständen geliefert (E. 3.3-3.5). Die Beweislast der Widerlegung trägt der Kommissionär (E. 3.5.3).
Art. 8 ZGB Bezeichnet sich ein zur Beschaffung von Wertschriften beauftragter Kommissionär in der Abrechnung als Selbstkontrahent, ohne eine andere Person als Verkäuferin zu nennen, so wird vermutet, er habe aus Eigenbeständen geliefert (E. 3.3-3.5). Die Beweislast der Widerlegung trägt der Kommissionär (E. 3.5.3).
Erwägungen ab Seite 781
Erwägungen ab Seite 781 BGE 138 III 781 S. 781
BGE 138 III 781 S. 781
Aus den Erwägungen:
3. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den Sachverhalt willkürlich und in Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften, insbesondere Art. 8 ZGB, insofern unrichtig festgestellt, als sie davon ausging, die Beschwerdegegnerin habe die dem Beschwerdeführer verkauften Aktien über die Börse beschafft.
3. Art. 8 ZGB 3.1 Die erste Instanz hat dem Kläger (Beschwerdeführer) den Beweis dafür auferlegt, dass er 4'500 Namenaktien der W. AG aus BGE 138 III 781 S. 782 Eigenbeständen der damaligen Y. erworben habe. Als einziges Beweismittel hat der Kläger eine von der Y. erstellte Wertschriftenabrechnung vom 28. Juni 1996 eingereicht. In dieser erklärte die Y., sie habe die Aktien dem Beschwerdeführer "aufgrund der Statuten und Usanzen der Zürcher Effektenbörse als Selbstkontrahent" verkauft. Beide kantonalen Instanzen hielten diese Urkunde nicht für geeignet, die Herkunft der Aktien zu beweisen. Die Vorinstanz erwog, die Wertschriftenabrechnung besage lediglich, dass die Y. den Auftrag aufgrund der Statuten und Usanzen der Zürcher Effektenbörse als "Selbstkontrahent" ausgeführt habe. Das genüge angesichts der Bestreitungen der Beklagten nicht für den Nachweis, dass die Y. die an den Kläger verkauften Aktien der W. AG aus den Eigenbeständen bezogen habe. Bezüglich dieser Frage ging die Vorinstanz mithin zulasten des Klägers von Beweislosigkeit aus.
3.1 BGE 138 III 781 S. 782
3.2 Demgegenüber vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, die Beschwerdegegnerin trage die Beweislast für ihre Behauptung, wonach die an den Kläger verkauften Aktien über die Börse gekauft worden seien, weil sie aus diesem Umstand für sich Rechte im Sinne von Art. 8 ZGB ableiten wolle.
3.2 Art. 8 ZGB 3.3 Nach Art. 8 ZGB hat, wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. Beim Kommissionsvertrag wird die Beweislastgrundregel des Art. 8 ZGB durch eine gesetzliche Vermutung ergänzt: Bei Kommissionen zum Einkauf von Wertpapieren, die einen Börsenpreis haben, ist die Kommissionärin, wenn der Kommittent nicht etwas anderes bestimmt hat, befugt, die Wertpapiere, die sie einkaufen soll, als Verkäuferin selbst zu liefern ( Art. 436 Abs. 1 OR ). Meldet die Kommissionärin in den Fällen, wo der Eintritt als Eigenhändlerin zugestanden ist, die Ausführung des Auftrages, ohne eine andere Person als Verkäuferin namhaft zu machen, so ist anzunehmen, dass sie selbst die Verpflichtung einer Verkäuferin auf sich genommen habe ( Art. 437 OR ).
3.3 Art. 8 ZGB Art. 8 ZGB Art. 436 Abs. 1 OR Art. 437 OR 3.4 Die Vorinstanz erwog, es sei in Wertschriftenabrechnungen häufig auch dann von einem Selbsteintritt, von "Selbstkontrahent" die Rede, wenn der Auftrag über die Börse abgewickelt wurde. Die Behauptung der Beklagten, dass von einem unechten Selbsteintritt auszugehen sei und die fraglichen Aktien an der Börse erworben wurden, sei daher mit der vom Kläger eingereichten Wertschriftenabrechnung nicht widerlegt. BGE 138 III 781 S. 783
3.4 BGE 138 III 781 S. 783
3.5 Der Beschwerdeführer rügt, es könne nicht Sache des Klägers sein, die Entlastungsbehauptung der Beklagten, wonach von einem unechten Selbsteintritt auszugehen sei, zu widerlegen.
3.5 3.5.1 Der Gesetzeswortlaut von Art. 437 OR unterscheidet nicht zwischen einem echten und einem unechten Selbsteintritt, sondern knüpft schlicht an den Inhalt der Ausführungsmeldung des Kommissionärs an. Teilt dieser die Ausführung des Auftrages mit, ohne eine andere Person als Verkäufer zu nennen, so ist der Eintritt als Eigenhändler i.S. von Art. 436 Abs. 1 OR anzunehmen bzw. - ausweislich des Randtitels zu Art. 437 OR - zu vermuten. Dies gilt in den Fällen, wo der Eintritt als Eigenhändler zugestanden ist, was gemäss Art. 436 Abs. 1 OR u.a. zutrifft, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Auftrag den Einkauf von Wertpapieren betrifft, die einen Börsenpreis haben, und der Kommittent nicht etwas anderes bestimmt hat. Diesfalls ist der Kommissionär befugt, statt die Wertpapiere bei einem Dritten einzukaufen, diese selbst als Verkäufer zu liefern.
3.5.1 Art. 437 OR Art. 436 Abs. 1 OR Art. 437 OR Art. 436 Abs. 1 OR 3.5.2 In der Lehre ist die Ansicht anzutreffen, dass zu unterscheiden sei, ob der Kommissionär dem Kommittenten die Ausführung des Geschäfts ohne Bezeichnung der Gegenpartei meldet, bevor er überhaupt ein Drittgeschäft abgeschlossen (VON PLANTA/LENZ, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 2a zu Art. 437 OR sowie VON PLANTA/FLEGBO-BERNEY, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2. Aufl. 2012, N. 2a zu Art. 437 OR ) oder aber nachdem er mit einem Dritten das Erwerbsgeschäft abgeschlossen hat (VON PLANTA/LENZ, a.a.O., N. 2b zu Art. 437 OR sowie VON PLANTA/FLEGBO-BERNEY, a.a.O., N. 2b zu Art. 437 OR ). Im zweiten Fall soll Art. 437 OR nicht zur Anwendung kommen, weil mit dem Abschluss des Drittgeschäfts das Selbsteintrittsrecht des Kommissionärs untergegangen sei. Wäre dem nicht so, könnte der Kommissionär je nach Marktpreisentwicklung den Selbsteintritt erklären bzw. darauf verzichten und so die guten Geschäfte für sich behalten, die schlechten jedoch an den Kommittenten weitergeben (HOFSTETTER, Der Auftrag [...], in: Obligationenrecht, SPR Bd. VII/6, 2. Aufl. 2000, S. 211 f. Ziff. 2d).
3.5.2 Art. 437 OR Art. 437 OR Art. 437 OR Art. 437 OR Art. 437 OR 3.5.3 Der Gesetzeswortlaut bietet für eine solche Unterscheidung keine Stütze. In jedem Falle aber hätte diese den Zweck, den Kommittenten vor der Auswirkung des latenten Interessenkonflikts des Eigenhändlers zu schützen. Auf den vorliegenden Fall übertragen, würde sie das Gegenteil bewirken: Dem Kommittenten würde in der Frage, ob überhaupt ein Selbsteintritt vorliege, das Beweisrisiko zugeschoben. BGE 138 III 781 S. 784
3.5.3 BGE 138 III 781 S. 784
Die Frage kann indessen offenbleiben, weil im vorliegenden Fall nicht die Preisgestaltung strittig ist, sondern die Herkunft der von der Beschwerdegegnerin gelieferten Aktien. Indem sich die Beschwerdegegnerin in ihrer Wertschriftenabrechnung bezüglich der Ausführung des Auftrages als Selbstkontrahentin bezeichnete, ohne eine andere Person als Verkäuferin zu nennen, löste sie die Vermutung aus, sie habe als Kommissionärin im Sinne von Art. 437 i.V.m. 436 Abs. 1 OR von der Befugnis Gebrauch gemacht, auf den Einkauf der Aktien, die sie einkaufen sollte, bei einem Dritten zu verzichten, weil sie entsprechende Wertpapiere bereits in ihrem Eigentum hatte (GAUTSCHI, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1962, N. 1b zu Art. 437 OR ). Die Vermutung ist widerlegbar (GAUTSCHI, a.a.O.; TERCIER/FAVRE/PEDRAZZINI, Les contrats spéciaux, 4. Aufl. 2009, N. 5878); die Beweislast der Widerlegung durch Nachweis eines Börsenkaufs trägt aber die Beschwerdegegnerin als Kommissionärin (HANS PETER WALTER, in: Berner Kommentar, 2012, N. 412, 418 zu Art. 8 ZGB ). Indem die Vorinstanz die Beweislast bezüglich der Beschaffungsweise der Aktien dem Beschwerdeführer auferlegte, verletzte sie Art. 436 Abs. 1 und 437 OR i.V.m. Art. 8 ZGB.
Art. 437 OR Art. 8 ZGB Art. 436 Abs. 1 und 437 OR Art. 8 ZGB
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Urteilskopf 138 III 785 117. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. Société coopérative contre A. et consorts (recours en matière civile) 4A_356/2012 du 16 octobre 2012 Regeste Art. 842 OR ; Genossenschaft, Ausscheiden eines Genossenschafters durch Austritt. Unzulässigkeit einer statutarischen Bestimmung einer Genossenschaft, die das austretende Mitglied verpflichtet, eine schadensunabhängige Auslösungssumme zu leisten, d.h. ohne dass die Genossenschaft ihre durch den Austritt verursachte Schädigung dartun muss (E. 2.1). Anwendung auf den konkreten Fall (E. 2.2). Erwägungen ab Seite 785 BGE 138 III 785 S. 785 Extrait des considérants: 2. (...) 2.1 La sortie d'un coopérateur de la société coopérative par démission fait l'objet notamment de l' art. 842 CO. A teneur de l'alinéa 1 er de cette disposition, tout associé a le droit de sortir de la société aussi longtemps que la dissolution n'a pas été décidée. Il est ainsi conféré à l'associé, de par la loi, un droit subjectif légal de sortir de la société coopérative en donnant sa démission, droit BGE 138 III 785 S. 786 qui ne peut pas être supprimé par les statuts ni lui être retiré (ALFRED L. SCHWARTZ, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. II, 4 e éd. 2012, n° 2 ad art. 842 CO ; ANNE HÉRITIER LACHAT, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. II, 2008, n° 5 ad art. 842 CO ). Des limitations au droit de sortie peuvent toutefois être prévues par les statuts de la société ( art. 832 ch. 3 et 833 ch. 4 CO ) ou sur une base conventionnelle (art. 842 al. 3 et 843 al. 1 CO). Il est ainsi permis de créer des restrictions, sur le plan financier, en imposant aux associés sortants l'obligation de verser une indemnité équitable à la société si la sortie, en raison des circonstances où elle a lieu, cause un sérieux préjudice à la société ou en compromet l'existence (cf. art. 842 al. 2 CO ). Des restrictions sont également possibles sur le plan des délais, en excluant la sortie pour une période de cinq ans au plus ( art. 843 al. 1 CO ). Selon une ancienne jurisprudence, les statuts de la coopérative peuvent subordonner le droit de sortie de l'associé à d'autres conditions que celles résultant des art. 842 al. 2 et 843 al. 1 CO, pour autant toutefois que l'exercice de ce droit n'en soit pas rendu onéreux à l'excès au sens de l' art. 842 al. 3 CO ( ATF 89 II 138 consid. 4b p. 150). Ce précédent a été approuvé par la doctrine (PETER FORSTMOSER, Berner Kommentar, 1974, n° 13 ad art. 842 CO ; SCHWARTZ, op. cit., n° 5 ad art. 842 CO ; MATTHIAS COURVOISIER, in Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Roberto/Trüeb [éd.], 2 e éd. 2012, n° 7 ad art. 842 CO ; HÉRITIER LACHAT, op. cit., n° 11 ad art. 842 CO ; nuancé : JACQUES-ANDRÉ REYMOND, La coopérative, TDPS vol. VIII/3/1, 1996, p. 116/117). Les restrictions statutaires à la liberté de sortie d'un associé peuvent être incluses dans les statuts originaires de la coopérative ou introduites pendant le cours de la vie sociale, à la majorité des deux tiers des voix émises ( art. 888 al. 2 CO ; FORSTMOSER, op. cit., n° 25 ad art. 842 CO ; REYMOND, op. cit., p. 111 infra; HÉRITIER LACHAT, op. cit., n° 16 ad art. 842 CO ). Il est ainsi licite que les statuts d'une société coopérative d'habitation oblige un membre sortant à vendre un bien-fonds à un acquéreur qui entre dans la coopérative ( ATF 89 II 138 ). Il est également possible de lier la sortie de la coopérative à la fin automatique d'un bail (BJM 1975 p. 147), à la perte du droit à une rente qui n'est pas encore exigible ( ATF 80 II 123 consid. 2) ou à une réduction à 90 % de la réserve mathématique, s'agissant de la créance de sortie d'un employeur BGE 138 III 785 S. 787 à l'encontre d'une institution de prévoyance pour le personnel ( ATF 115 V 362 consid. 6). En revanche, la doctrine majoritaire est d'avis que sont contraires à la loi les statuts qui contraignent l'associé sortant à verser une indemnité de départ dite indépendante, c'est-à-dire sans que la coopérative soit tenue de démontrer l'existence d'un préjudice entraîné par la démission de l'associé, à l'exemple d'une clause pénale (FORSTMOSER, op. cit., n os 27 et 31 ad art. 842 CO ; PETER ROTHENBÜHLER, Austritt und Ausschluss aus der Genossenschaft, 1984, p. 66/67; REYMOND, op. cit., p. 113; HANS-JAKOB STUDER, Die Auslösungssumme im schweizerischen Genossenschaftsrecht, 1977, p. 90; contra: HÉRITIER LACHAT, op. cit., n° 17 ad art. 842 CO ). Cette opinion est convaincante. En effet, à l' art. 842 al. 2 CO, le législateur a expressément soumis le versement d'une indemnité équitable par l'associé sortant au profit de la coopérative à la circonstance que la démission entraîne un sérieux préjudice à la société ou en compromette l'existence. Il apparaît ainsi que le paiement d'une indemnité constitue une compensation pour les inconvénients que suscite pour la société le principe du libre droit de sortie de l'associé. Or le versement d'une indemnité indépendante de tout dommage créé à la société pourrait pratiquement rendre très difficile, voire même annihiler, la liberté de sortie, qui est garantie à tout sociétaire par l' art. 842 al. 1 CO. La clause statutaire qui institue une indemnité de cette nature est illicite au sens de l' art. 20 al. 1 CO ( ATF 80 II 123 consid. 3c), c'est-à-dire nulle "ungültig", comme le sont les conditions de sortie onéreuses à l'excès en vertu de l' art. 842 al. 3 CO (cf. SCHWARTZ, op. cit., n° 13 ad art. 842 CO ; HÉRITIER LACHAT, op. cit., n° 15 ad art. 842 CO ). Ces considérations théoriques amènent le Tribunal fédéral à retenir la solution suivante. 2.2 D'après l'art. 6 des statuts de la recourante, dans leur version du 30 juin 2008, le sociétaire sortant est tenu au versement à la coopérative d'une indemnité de 500 fr. par part sociale, sans qu'il soit nécessaire, pour que l'indemnité soit due, que la sortie entraîne un dommage à la société ou en compromette l'existence. On voit donc que cette clause statutaire instaure, pour l'associé démissionnaire, le versement automatique au bénéfice de la coopérative d'une indemnité en argent, en ce sens que la société est dispensée de prouver avoir subi un dommage provoqué par la démission. Cette BGE 138 III 785 S. 788 clause, qui a le caractère d'une peine conventionnelle (cf. art. 160 et 161 al. 1 CO ), est illicite, et par conséquent nulle. Partant, la cour cantonale a nié à juste titre le droit pour la recourante d'obtenir, sur la base de ses statuts, une indemnité de sortie dite indépendante de la part des intimés démissionnaires.
Urteilskopf
117. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. Société coopérative contre A. et consorts (recours en matière civile)
4A_356/2012 du 16 octobre 2012
Regeste Art. 842 OR ; Genossenschaft, Ausscheiden eines Genossenschafters durch Austritt. Unzulässigkeit einer statutarischen Bestimmung einer Genossenschaft, die das austretende Mitglied verpflichtet, eine schadensunabhängige Auslösungssumme zu leisten, d.h. ohne dass die Genossenschaft ihre durch den Austritt verursachte Schädigung dartun muss (E. 2.1). Anwendung auf den konkreten Fall (E. 2.2).
Regeste
Art. 842 OR ; Genossenschaft, Ausscheiden eines Genossenschafters durch Austritt. Unzulässigkeit einer statutarischen Bestimmung einer Genossenschaft, die das austretende Mitglied verpflichtet, eine schadensunabhängige Auslösungssumme zu leisten, d.h. ohne dass die Genossenschaft ihre durch den Austritt verursachte Schädigung dartun muss (E. 2.1). Anwendung auf den konkreten Fall (E. 2.2).
Art. 842 OR Unzulässigkeit einer statutarischen Bestimmung einer Genossenschaft, die das austretende Mitglied verpflichtet, eine schadensunabhängige Auslösungssumme zu leisten, d.h. ohne dass die Genossenschaft ihre durch den Austritt verursachte Schädigung dartun muss (E. 2.1).
Anwendung auf den konkreten Fall (E. 2.2).
Erwägungen ab Seite 785
Erwägungen ab Seite 785 BGE 138 III 785 S. 785
BGE 138 III 785 S. 785
Extrait des considérants:
2. (...)
2. 2.1 La sortie d'un coopérateur de la société coopérative par démission fait l'objet notamment de l' art. 842 CO.
2.1 art. 842 CO A teneur de l'alinéa 1 er de cette disposition, tout associé a le droit de sortir de la société aussi longtemps que la dissolution n'a pas été décidée. Il est ainsi conféré à l'associé, de par la loi, un droit subjectif légal de sortir de la société coopérative en donnant sa démission, droit BGE 138 III 785 S. 786 qui ne peut pas être supprimé par les statuts ni lui être retiré (ALFRED L. SCHWARTZ, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. II, 4 e éd. 2012, n° 2 ad art. 842 CO ; ANNE HÉRITIER LACHAT, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. II, 2008, n° 5 ad art. 842 CO ).
BGE 138 III 785 S. 786
art. 842 CO art. 842 CO Des limitations au droit de sortie peuvent toutefois être prévues par les statuts de la société ( art. 832 ch. 3 et 833 ch. 4 CO ) ou sur une base conventionnelle (art. 842 al. 3 et 843 al. 1 CO). Il est ainsi permis de créer des restrictions, sur le plan financier, en imposant aux associés sortants l'obligation de verser une indemnité équitable à la société si la sortie, en raison des circonstances où elle a lieu, cause un sérieux préjudice à la société ou en compromet l'existence (cf. art. 842 al. 2 CO ). Des restrictions sont également possibles sur le plan des délais, en excluant la sortie pour une période de cinq ans au plus ( art. 843 al. 1 CO ). art. 832 ch. 3 et 833 ch. 4 CO art. 842 al. 2 CO art. 843 al. 1 CO Selon une ancienne jurisprudence, les statuts de la coopérative peuvent subordonner le droit de sortie de l'associé à d'autres conditions que celles résultant des art. 842 al. 2 et 843 al. 1 CO, pour autant toutefois que l'exercice de ce droit n'en soit pas rendu onéreux à l'excès au sens de l' art. 842 al. 3 CO ( ATF 89 II 138 consid. 4b p. 150). Ce précédent a été approuvé par la doctrine (PETER FORSTMOSER, Berner Kommentar, 1974, n° 13 ad art. 842 CO ; SCHWARTZ, op. cit., n° 5 ad art. 842 CO ; MATTHIAS COURVOISIER, in Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Roberto/Trüeb [éd.], 2 e éd. 2012, n° 7 ad art. 842 CO ; HÉRITIER LACHAT, op. cit., n° 11 ad art. 842 CO ; nuancé : JACQUES-ANDRÉ REYMOND, La coopérative, TDPS vol. VIII/3/1, 1996, p. 116/117). art. 842 al. 3 CO art. 842 CO art. 842 CO art. 842 CO art. 842 CO Les restrictions statutaires à la liberté de sortie d'un associé peuvent être incluses dans les statuts originaires de la coopérative ou introduites pendant le cours de la vie sociale, à la majorité des deux tiers des voix émises ( art. 888 al. 2 CO ; FORSTMOSER, op. cit., n° 25 ad art. 842 CO ; REYMOND, op. cit., p. 111 infra; HÉRITIER LACHAT, op. cit., n° 16 ad art. 842 CO ). art. 888 al. 2 CO art. 842 CO art. 842 CO Il est ainsi licite que les statuts d'une société coopérative d'habitation oblige un membre sortant à vendre un bien-fonds à un acquéreur qui entre dans la coopérative ( ATF 89 II 138 ). Il est également possible de lier la sortie de la coopérative à la fin automatique d'un bail (BJM 1975 p. 147), à la perte du droit à une rente qui n'est pas encore exigible ( ATF 80 II 123 consid. 2) ou à une réduction à 90 % de la réserve mathématique, s'agissant de la créance de sortie d'un employeur BGE 138 III 785 S. 787 à l'encontre d'une institution de prévoyance pour le personnel ( ATF 115 V 362 consid. 6).
BGE 138 III 785 S. 787
En revanche, la doctrine majoritaire est d'avis que sont contraires à la loi les statuts qui contraignent l'associé sortant à verser une indemnité de départ dite indépendante, c'est-à-dire sans que la coopérative soit tenue de démontrer l'existence d'un préjudice entraîné par la démission de l'associé, à l'exemple d'une clause pénale (FORSTMOSER, op. cit., n os 27 et 31 ad art. 842 CO ; PETER ROTHENBÜHLER, Austritt und Ausschluss aus der Genossenschaft, 1984, p. 66/67; REYMOND, op. cit., p. 113; HANS-JAKOB STUDER, Die Auslösungssumme im schweizerischen Genossenschaftsrecht, 1977, p. 90; contra: HÉRITIER LACHAT, op. cit., n° 17 ad art. 842 CO ). art. 842 CO art. 842 CO Cette opinion est convaincante. En effet, à l' art. 842 al. 2 CO, le législateur a expressément soumis le versement d'une indemnité équitable par l'associé sortant au profit de la coopérative à la circonstance que la démission entraîne un sérieux préjudice à la société ou en compromette l'existence. Il apparaît ainsi que le paiement d'une indemnité constitue une compensation pour les inconvénients que suscite pour la société le principe du libre droit de sortie de l'associé. Or le versement d'une indemnité indépendante de tout dommage créé à la société pourrait pratiquement rendre très difficile, voire même annihiler, la liberté de sortie, qui est garantie à tout sociétaire par l' art. 842 al. 1 CO. art. 842 al. 2 CO art. 842 al. 1 CO La clause statutaire qui institue une indemnité de cette nature est illicite au sens de l' art. 20 al. 1 CO ( ATF 80 II 123 consid. 3c), c'est-à-dire nulle "ungültig", comme le sont les conditions de sortie onéreuses à l'excès en vertu de l' art. 842 al. 3 CO (cf. SCHWARTZ, op. cit., n° 13 ad art. 842 CO ; HÉRITIER LACHAT, op. cit., n° 15 ad art. 842 CO ). art. 20 al. 1 CO art. 842 al. 3 CO art. 842 CO art. 842 CO Ces considérations théoriques amènent le Tribunal fédéral à retenir la solution suivante.
2.2 D'après l'art. 6 des statuts de la recourante, dans leur version du 30 juin 2008, le sociétaire sortant est tenu au versement à la coopérative d'une indemnité de 500 fr. par part sociale, sans qu'il soit nécessaire, pour que l'indemnité soit due, que la sortie entraîne un dommage à la société ou en compromette l'existence.
2.2 On voit donc que cette clause statutaire instaure, pour l'associé démissionnaire, le versement automatique au bénéfice de la coopérative d'une indemnité en argent, en ce sens que la société est dispensée de prouver avoir subi un dommage provoqué par la démission. Cette BGE 138 III 785 S. 788 clause, qui a le caractère d'une peine conventionnelle (cf. art. 160 et 161 al. 1 CO ), est illicite, et par conséquent nulle.
BGE 138 III 785 S. 788
art. 160 et 161 al. 1 CO Partant, la cour cantonale a nié à juste titre le droit pour la recourante d'obtenir, sur la base de ses statuts, une indemnité de sortie dite indépendante de la part des intimés démissionnaires.
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Urteilskopf 138 III 788 118. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A.A. contre B.A. (recours en matière civile) 5A_452/2012 du 30 octobre 2012 Regeste Art. 313 Abs. 2 lit. c ZPO ; Dahinfallen der Anschlussberufung. Zulässigkeit des Rückzugs der Berufung. Auswirkung des Rückzugs der Berufung auf die Anschlussberufung (E. 4 und 5). Sachverhalt ab Seite 788 BGE 138 III 788 S. 788 A. Le divorce des époux A. a été prononcé par jugement du Tribunal de première instance du canton de Genève du 9 mars 2011. B. B.a Le 14 avril 2011, Mme B.A. a interjeté appel contre ce jugement par-devant la Cour de justice du canton de Genève, remettant notamment en cause le montant des contributions qui lui ont été allouées pour son propre entretien, ainsi que celui de son fils. B.b Le 19 août 2011, M. A.A. a répondu à l'appel interjeté par son ex-épouse, concluant à son rejet, et formé un appel joint pour contester notamment le montant arrêté par le Tribunal de première instance au titre d'avoirs de prévoyance professionnelle accumulés pendant la durée du mariage. BGE 138 III 788 S. 789 B.c Par courrier du 13 décembre 2011, la Cour de justice a communiqué à M. A.A. la réponse à son appel joint tout en indiquant que la cause était mise en délibération et qu'une décision serait rendue ultérieurement. B.d Par "arrêt" préparatoire du 7 mars 2012, la Cour de justice a invité la caisse de prévoyance professionnelle de l'époux à fournir tout renseignement et document concernant les avoirs de prévoyance professionnelle accumulés par lui durant le mariage. B.e Par lettre du 28 mars 2012, Mme B.A. a retiré son appel. B.f Par décision du 15 mai 2012, la Cour de justice a pris acte du retrait de l'appel, déclaré par conséquent l'appel joint formé par M. A.A. caduc, rayé la cause du rôle et statué sur les frais de la procédure. C. Par arrêt du 30 octobre 2012, le Tribunal fédéral a rejeté le recours interjeté par M. A.A. contre cette décision. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 4. Aux termes de l' art. 313 al. 2 let. c CPC (RS 272), l'appel joint devient caduc lorsque l'appel principal est retiré avant le début des délibérations ("vor Beginn der Urteilsberatung"; "prima che il giudice inizi a deliberare"). 4.1 Il y a lieu de déterminer à quel stade du procès intervient le moment désigné par l'expression "avant le début des délibérations" et quelle conséquence le retrait de l'appel principal entraîne pour l'appel joint. 4.2 Dans la procédure ordinaire de première instance, on trouve la mention des délibérations à l' art. 229 al. 3 CPC. Selon cette disposition, lorsqu'il établit les faits d'office, le tribunal admet des faits et moyens de preuve nouveaux " jusqu'aux délibérations". Les faits et l'ensemble des moyens de preuve à disposition des parties doivent en effet être portés à la connaissance du juge avant la clôture des débats principaux, puisque c'est en se basant sur son appréciation des faits et des preuves qu'il appliquera - dans le cadre des délibérations - le droit aux faits constatés et rendra sa décision ( art. 236 CPC ). On en déduit que les délibérations commencent après la clôture des débats principaux (titre du chapitre 3), lesquels comprennent les différentes phases suivantes: les premières plaidoiries ( art. 228 BGE 138 III 788 S. 790 CPC ), l'administration des preuves ( art. 231 CPC ) - pour autant qu'elles n'aient pas encore été intégralement administrées dans le cadre de débats d'instruction que le tribunal aurait d'ores et déjà pu ordonner en vertu de l' art. 226 CPC - et les plaidoiries finales ( art. 232 CPC ; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, n os 11.119 ss; HOHL, Procédure civile, tome II, 2 e éd. 2010, n os 1172 et 1240 à 1251; SPÜHLER/DOLGE/GEHRI, Schweizerisches Zivilprozessrecht und Grundzüge des internationalen Zivilprozessrechts, 9 e éd. 2010, p. 307 à 309, n os 122 à 131; TAPPY, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n o 3 ad art. 228 CPC ; LEUENBERGER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2010, n° 1 ad art. 228 CPC ). Le terme " jusqu'aux délibérations" utilisé à l' art. 229 al. 3 CPC vise le même moment du déroulement de la procédure que l'expression " avant le début des délibérations" figurant à l' art. 313 al. 2 let. c CPC. En effet, la procédure d'appel, même si elle a généralement un développement plus restreint, comprend les mêmes phases dans la mesure où l'instance d'appel peut notamment ordonner des débats principaux ( art. 316 al. 1 CPC ) au cours desquels elle peut administrer des preuves ( art. 316 al. 3 CPC ). Du texte et de la systématique de la loi, on peut par conséquent déduire que, dans le cadre de l'application de cette norme également, les délibérations constituent une étape procédurale distincte qui ne peut débuter qu'une fois les débats principaux clos. 4.3 Il ressort en outre du Message du 28 juin 2006 relatif au Code de procédure civile suisse que le sort de l'appel joint dépend de celui de l'appel principal (cf. FF 2006 6841 ss, 6980 s. ad art. 309 et 310). Le tribunal ne statue par conséquent sur l'appel joint que s'il est entré en matière sur l'appel principal. Si ce dernier a été valablement retiré, le juge ne peut plus traiter l'appel joint, qui sera de ce fait déclaré caduc. 4.4 Enfin, le but de l'appel joint est d'offrir à la partie adverse un moyen de contre-attaquer à l'appel interjeté par l'appelant principal (Message précité, FF 2006 6981 ad art. 309 et 310). Une partie à la procédure peut en effet, alors même qu'elle n'est pas pleinement satisfaite de la décision rendue, renoncer à interjeter un appel, notamment pour éviter de prolonger la procédure, pour échapper à des frais supplémentaires (HOHL, op. cit., n° 2218) ou par gain de paix (JEANDIN, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n o 1 ad art 313 BGE 138 III 788 S. 791 CPC ). Une fois qu'elle a eu connaissance de l'appel introduit par sa partie adverse, les motifs qui l'ont poussée à renoncer à faire appel peuvent toutefois avoir perdu leur signification, de sorte que l'appel joint lui permet de conclure à la modification du jugement au détriment de l'appelant principal, l'objet de l'appel joint n'étant pas limité à celui de l'appel principal (Message précité, FF 2006 6981 ad art. 309 et 310). L'appel joint n'a toutefois plus de raison d'être une fois l'appel principal retiré, dès lors que, si une partie n'était pas satisfaite du jugement de première instance, elle avait la possibilité de déposer un appel principal dans le délai de l' art. 311 al. 1 CPC. Il est par conséquent conforme au but de l' art. 313 al. 2 let. c CPC de déclarer l'appel joint caduc à la suite du retrait de l'appel principal, faute de quoi la partie qui forme un appel joint se verrait systématiquement octroyer un délai d'appel plus long que celui dont dispose l'appelant principal, ce qui n'est de toute évidence pas le but poursuivi par le législateur. 4.5 En résumé, il résulte de l'interprétation de la loi, d'une part, que l'appel principal peut être retiré jusqu'à la clôture des débats principaux, phase qui est suivie du début des délibérations et, d'autre part, que si l'appel principal a été valablement retiré, le tribunal ne peut entrer en matière sur l'appel joint. 5. En l'espèce, il ressort de son courrier du 13 décembre 2011, que la Cour de justice avait, dans un premier temps, décidé de ne pas rouvrir la procédure d'administration des preuves et avait mis la cause en délibération. Elle est toutefois revenue sur cette décision, puisque dans son "arrêt" préparatoire du 7 mars 2012, elle a décidé qu'il se justifiait d'administrer d'autres preuves concernant les avoirs de prévoyance professionnelle accumulés par le mari - précisément remis en cause par ce dernier dans son appel joint. S'il est certes probable que les motifs détaillés contenus dans l'arrêt préparatoire aient incité l'appelante à retirer son appel principal, il n'en demeure pas moins que le choix de la Cour de justice d'ouvrir à nouveau la procédure probatoire a entraîné l'annulation de sa précédente décision de mettre la cause en délibération. L'appel principal a par conséquent été retiré encore durant la phase d'administration des preuves, de sorte que ce retrait est intervenu avant "le début des délibérations" au sens de l' art. 313 al. 2 let. c CPC. Le recourant ne soutient d'ailleurs pas que le retrait aurait dû être considéré comme nul car intervenu tardivement, mais semble davantage souhaiter que BGE 138 III 788 S. 792 le sort de son appel joint soit dissocié de celui de l'appel principal et que la Cour ne statue par conséquent que sur son seul appel joint, ce qui est manifestement contraire au but de la norme litigieuse (cf. supra consid. 4.4). Il s'ensuit que le retrait de l'appel principal est intervenu valablement, de sorte que l'appel joint du recourant dont le sort est lié à l'appel principal a, à juste titre, été déclaré caduc.
Urteilskopf
118. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A.A. contre B.A. (recours en matière civile)
5A_452/2012 du 30 octobre 2012
Regeste Art. 313 Abs. 2 lit. c ZPO ; Dahinfallen der Anschlussberufung. Zulässigkeit des Rückzugs der Berufung. Auswirkung des Rückzugs der Berufung auf die Anschlussberufung (E. 4 und 5).
Regeste
Art. 313 Abs. 2 lit. c ZPO ; Dahinfallen der Anschlussberufung. Zulässigkeit des Rückzugs der Berufung. Auswirkung des Rückzugs der Berufung auf die Anschlussberufung (E. 4 und 5).
Art. 313 Abs. 2 lit. c ZPO Zulässigkeit des Rückzugs der Berufung. Auswirkung des Rückzugs der Berufung auf die Anschlussberufung (E. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 788
Sachverhalt ab Seite 788 BGE 138 III 788 S. 788
BGE 138 III 788 S. 788
A. Le divorce des époux A. a été prononcé par jugement du Tribunal de première instance du canton de Genève du 9 mars 2011.
A. B.
B. B.a Le 14 avril 2011, Mme B.A. a interjeté appel contre ce jugement par-devant la Cour de justice du canton de Genève, remettant notamment en cause le montant des contributions qui lui ont été allouées pour son propre entretien, ainsi que celui de son fils.
B.a B.b Le 19 août 2011, M. A.A. a répondu à l'appel interjeté par son ex-épouse, concluant à son rejet, et formé un appel joint pour contester notamment le montant arrêté par le Tribunal de première instance au titre d'avoirs de prévoyance professionnelle accumulés pendant la durée du mariage. BGE 138 III 788 S. 789
B.b BGE 138 III 788 S. 789
B.c Par courrier du 13 décembre 2011, la Cour de justice a communiqué à M. A.A. la réponse à son appel joint tout en indiquant que la cause était mise en délibération et qu'une décision serait rendue ultérieurement.
B.c B.d Par "arrêt" préparatoire du 7 mars 2012, la Cour de justice a invité la caisse de prévoyance professionnelle de l'époux à fournir tout renseignement et document concernant les avoirs de prévoyance professionnelle accumulés par lui durant le mariage.
B.d B.e Par lettre du 28 mars 2012, Mme B.A. a retiré son appel.
B.e B.f Par décision du 15 mai 2012, la Cour de justice a pris acte du retrait de l'appel, déclaré par conséquent l'appel joint formé par M. A.A. caduc, rayé la cause du rôle et statué sur les frais de la procédure.
B.f C. Par arrêt du 30 octobre 2012, le Tribunal fédéral a rejeté le recours interjeté par M. A.A. contre cette décision.
C. (résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
4. Aux termes de l' art. 313 al. 2 let. c CPC (RS 272), l'appel joint devient caduc lorsque l'appel principal est retiré avant le début des délibérations ("vor Beginn der Urteilsberatung"; "prima che il giudice inizi a deliberare").
4. art. 313 al. 2 let 4.1 Il y a lieu de déterminer à quel stade du procès intervient le moment désigné par l'expression "avant le début des délibérations" et quelle conséquence le retrait de l'appel principal entraîne pour l'appel joint.
4.1 4.2 Dans la procédure ordinaire de première instance, on trouve la mention des délibérations à l' art. 229 al. 3 CPC. Selon cette disposition, lorsqu'il établit les faits d'office, le tribunal admet des faits et moyens de preuve nouveaux " jusqu'aux délibérations". Les faits et l'ensemble des moyens de preuve à disposition des parties doivent en effet être portés à la connaissance du juge avant la clôture des débats principaux, puisque c'est en se basant sur son appréciation des faits et des preuves qu'il appliquera - dans le cadre des délibérations - le droit aux faits constatés et rendra sa décision ( art. 236 CPC ). On en déduit que les délibérations commencent après la clôture des débats principaux (titre du chapitre 3), lesquels comprennent les différentes phases suivantes: les premières plaidoiries ( art. 228 BGE 138 III 788 S. 790 CPC ), l'administration des preuves ( art. 231 CPC ) - pour autant qu'elles n'aient pas encore été intégralement administrées dans le cadre de débats d'instruction que le tribunal aurait d'ores et déjà pu ordonner en vertu de l' art. 226 CPC - et les plaidoiries finales ( art. 232 CPC ; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, n os 11.119 ss; HOHL, Procédure civile, tome II, 2 e éd. 2010, n os 1172 et 1240 à 1251; SPÜHLER/DOLGE/GEHRI, Schweizerisches Zivilprozessrecht und Grundzüge des internationalen Zivilprozessrechts, 9 e éd. 2010, p. 307 à 309, n os 122 à 131; TAPPY, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n o 3 ad art. 228 CPC ; LEUENBERGER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2010, n° 1 ad art. 228 CPC ).
4.2 art. 229 al. 3 CPC art. 236 CPC art. 228 BGE 138 III 788 S. 790 CPC BGE 138 III 788 S. 790
art. 231 CPC art. 226 CPC art. 232 CPC art. 228 CPC art. 228 CPC Le terme " jusqu'aux délibérations" utilisé à l' art. 229 al. 3 CPC vise le même moment du déroulement de la procédure que l'expression " avant le début des délibérations" figurant à l' art. 313 al. 2 let. c CPC. En effet, la procédure d'appel, même si elle a généralement un développement plus restreint, comprend les mêmes phases dans la mesure où l'instance d'appel peut notamment ordonner des débats principaux ( art. 316 al. 1 CPC ) au cours desquels elle peut administrer des preuves ( art. 316 al. 3 CPC ). Du texte et de la systématique de la loi, on peut par conséquent déduire que, dans le cadre de l'application de cette norme également, les délibérations constituent une étape procédurale distincte qui ne peut débuter qu'une fois les débats principaux clos. art. 229 al. 3 CPC art. 313 al. 2 let art. 316 al. 1 CPC art. 316 al. 3 CPC 4.3 Il ressort en outre du Message du 28 juin 2006 relatif au Code de procédure civile suisse que le sort de l'appel joint dépend de celui de l'appel principal (cf. FF 2006 6841 ss, 6980 s. ad art. 309 et 310). Le tribunal ne statue par conséquent sur l'appel joint que s'il est entré en matière sur l'appel principal. Si ce dernier a été valablement retiré, le juge ne peut plus traiter l'appel joint, qui sera de ce fait déclaré caduc.
4.3 4.4 Enfin, le but de l'appel joint est d'offrir à la partie adverse un moyen de contre-attaquer à l'appel interjeté par l'appelant principal (Message précité, FF 2006 6981 ad art. 309 et 310). Une partie à la procédure peut en effet, alors même qu'elle n'est pas pleinement satisfaite de la décision rendue, renoncer à interjeter un appel, notamment pour éviter de prolonger la procédure, pour échapper à des frais supplémentaires (HOHL, op. cit., n° 2218) ou par gain de paix (JEANDIN, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n o 1 ad art 313 BGE 138 III 788 S. 791 CPC ). Une fois qu'elle a eu connaissance de l'appel introduit par sa partie adverse, les motifs qui l'ont poussée à renoncer à faire appel peuvent toutefois avoir perdu leur signification, de sorte que l'appel joint lui permet de conclure à la modification du jugement au détriment de l'appelant principal, l'objet de l'appel joint n'étant pas limité à celui de l'appel principal (Message précité, FF 2006 6981 ad art. 309 et 310). L'appel joint n'a toutefois plus de raison d'être une fois l'appel principal retiré, dès lors que, si une partie n'était pas satisfaite du jugement de première instance, elle avait la possibilité de déposer un appel principal dans le délai de l' art. 311 al. 1 CPC. Il est par conséquent conforme au but de l' art. 313 al. 2 let. c CPC de déclarer l'appel joint caduc à la suite du retrait de l'appel principal, faute de quoi la partie qui forme un appel joint se verrait systématiquement octroyer un délai d'appel plus long que celui dont dispose l'appelant principal, ce qui n'est de toute évidence pas le but poursuivi par le législateur.
4.4 art 313 BGE 138 III 788 S. 791 CPC BGE 138 III 788 S. 791
art. 311 al. 1 CPC art. 313 al. 2 let 4.5 En résumé, il résulte de l'interprétation de la loi, d'une part, que l'appel principal peut être retiré jusqu'à la clôture des débats principaux, phase qui est suivie du début des délibérations et, d'autre part, que si l'appel principal a été valablement retiré, le tribunal ne peut entrer en matière sur l'appel joint.
4.5 5. En l'espèce, il ressort de son courrier du 13 décembre 2011, que la Cour de justice avait, dans un premier temps, décidé de ne pas rouvrir la procédure d'administration des preuves et avait mis la cause en délibération. Elle est toutefois revenue sur cette décision, puisque dans son "arrêt" préparatoire du 7 mars 2012, elle a décidé qu'il se justifiait d'administrer d'autres preuves concernant les avoirs de prévoyance professionnelle accumulés par le mari - précisément remis en cause par ce dernier dans son appel joint.
5. S'il est certes probable que les motifs détaillés contenus dans l'arrêt préparatoire aient incité l'appelante à retirer son appel principal, il n'en demeure pas moins que le choix de la Cour de justice d'ouvrir à nouveau la procédure probatoire a entraîné l'annulation de sa précédente décision de mettre la cause en délibération. L'appel principal a par conséquent été retiré encore durant la phase d'administration des preuves, de sorte que ce retrait est intervenu avant "le début des délibérations" au sens de l' art. 313 al. 2 let. c CPC. Le recourant ne soutient d'ailleurs pas que le retrait aurait dû être considéré comme nul car intervenu tardivement, mais semble davantage souhaiter que BGE 138 III 788 S. 792 le sort de son appel joint soit dissocié de celui de l'appel principal et que la Cour ne statue par conséquent que sur son seul appel joint, ce qui est manifestement contraire au but de la norme litigieuse (cf. supra consid. 4.4). Il s'ensuit que le retrait de l'appel principal est intervenu valablement, de sorte que l'appel joint du recourant dont le sort est lié à l'appel principal a, à juste titre, été déclaré caduc. art. 313 al. 2 let BGE 138 III 788 S. 792
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Urteilskopf 138 III 792 119. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_203/2012 vom 17. Oktober 2012 Regeste Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO ; aArt. 273 Abs. 4 und aArt. 274f Abs. 1 OR; Schlichtungsverfahren betreffend Streitigkeiten aus der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen; Übergangsrecht. Hat die Schlichtungsbehörde in einem mietrechtlichen Schlichtungsverfahren, das vor Inkrafttreten der ZPO rechtshängig war, danach über die Gültigkeit einer Kündigung und die Erstreckung des Mietverhältnisses entschieden, bestimmt sich die Frist zur Anrufung des Gerichts nach altem Recht (E. 2). Erwägungen ab Seite 792 BGE 138 III 792 S. 792 Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Gemäss aArt. 274f Abs. 1 OR wird ein Entscheid der Schlichtungsbehörde rechtskräftig, wenn die Partei, die unterlegen ist, nicht innert 30 Tagen den Richter anruft. Bezüglich dieser Frist kamen die kantonalen Gerichtsferien nicht zur Anwendung ( BGE 123 III 67 BGE 138 III 792 S. 793 E. 2). Im kantonalen Verfahren anerkannte der Beschwerdeführer, dass er die Frist gemäss aArt. 247f Abs. 1 OR, welche drei Tage vor Ostern am 21. April 2011 ablief, mit der Klage vom 4. Mai 2011 nicht eingehalten hatte. Er machte jedoch geltend, nach dem Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) am 1. Januar 2011 sei die Frist gemäss Art. 145 Abs. 1 lit. a ZPO vom siebten Tag vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern stillgestanden und damit eingehalten worden. 2.2 Die Übergangsbestimmungen der ZPO sehen vor, dass für Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtshängig sind, das bisherige Verfahrensrecht bis zum Abschluss vor der betroffenen Instanz gilt ( Art. 404 Abs. 1 ZPO ). Für die Rechtsmittel gilt das Recht, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist ( Art. 405 Abs. 1 ZPO ). 2.3 Ein Teil der Lehre vertritt die Meinung, das Schlichtungsverfahren sei ein selbstständiges Verfahren, das durch die Schlichtungsbehörde als betroffene Instanz im Sinne von Art. 404 Abs. 1 ZPO abgeschlossen werde, weshalb für das anschliessende gerichtliche Verfahren nach dem Inkrafttreten der ZPO diese anwendbar sei (FRIDOLIN WALTHER, Das Übergangsrecht zur neuen ZPO, offene Fragen und mögliche Antworten, SZZP 2010 S. 409 ff., 412 f.; FRANCESCO TREZZINI, in: Commentario al Codice di diritto processurale civile svizzero [CPC], Bruno Cocchi und andere [Hrsg.], 2011, N. 2 zu Art. 404ZPO; TANJA DOMEJ, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Paul Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 2 zu Art. 404 ZPO ; DOMINIK GASSER, Schweizerische ZPO, Checkliste für Tag 1, Anwaltsrevue 13/2010 S. 255 ff., 256; SUTTER-SOMM/SEILER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Thomas Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 9 zu Art. 404 ZPO ).Zum Teil wird angenommen, auch wenn sich nach einem altrechtlichen Schlichtungsverfahren das gerichtliche Verfahren nach neuem Recht richte, sei eine Klagebewilligung mit altrechtlicher Gültigkeitsdauer zu erteilen (GASSER, a.a.O., S. 256; ZINON KOUMBARAKIS, Das Schlichtungsverfahren in Mietsachen nach der neuen Zivilprozessordnung, in: Aktuelle Fragen zum Mietrecht, Beat Rohrer [Hrsg.], 2012, S. 117 ff.und 122 f.; Kreisschreiben des Obergerichts des Kantons Bern vom 30. September 2010, SZZP 2011 S. 164; WALTHER, a.a.O., S. 414 f., der jedoch hinsichtlich des Stillstands der altrechtlichen Frist die Anwendung des neuen Rechts befürwortet). Schliesslich wird die Meinung vertreten, unter der Instanz, welche das Verfahren nach Art. 404 BGE 138 III 792 S. 794 Abs. 1 ZPO abschliesse, sei bloss eine gerichtliche Instanz mit Entscheidkompetenz, nicht jedoch eine Schlichtungsbehörde zu verstehen. Führe ein unter altem Recht rechtshängiges Schlichtungsverfahren zu keiner Einigung, sei daher das anschliessende Gerichtsverfahren nach altem Recht durchzuführen (FREI/WILLISEGGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 10 f. zu Art. 404 ZPO ; ANDREAS FREI, Knifflige Fragen zum Übergangsrecht, Plädoyer 2011 1 S. 33; DAVID LACHAT, Procédure civile en matière de baux et loyers, 2011, S. 34; IVO SCHWANDER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner und andere [Hrsg.],2011, N. 28 zu Art. 404 ZPO ; DENIS TAPPY, in: Code de procédure civile commenté, François Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 11 f.und 18 zu Art. 404 ZPO ; derselbe : Le droit transitoire applicable lors de l'introduction de la nouvelle procédure civile unifiée, JdT 2010 III S. 11 ff., 18 ff.; im Ergebnis ebenso: HOFMANN/LÜSCHER, Le Code de procédure civile, 2009, S. 236). 2.4 Das Obergericht ging in Übereinstimmung mit der letztgenannten Meinung davon aus, die Schlichtungsbehörde habe mit ihrem Entscheid vom 15. Februar 2011 kein Verfahren im Sinne von Art. 404 Abs. 1 ZPO abgeschlossen, weshalb sich die Anrufung des Richters nach aArt. 247f Abs. 1 OR und nicht nach der ZPO richte. 2.5 Der Beschwerdeführer rügt, gemäss zutreffender Lehrmeinung schliesse ein Entscheid der Schlichtungsbehörde das Verfahren vor der betroffenen Instanz im Sinne von Art. 404 Abs. 1 ZPO ab. Die Vorinstanz habe daher diese Übergangsbestimmung verletzt, indem sie bezüglich der Klagefrist nicht Art. 145 Abs. 1 lit. a ZPO zur Anwendung gebracht habe. 2.6 2.6.1 Die Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung führt zum Übergangrecht aus, Prozesse, die bei Inkrafttreten der vereinheitlichten ZPO hängig seien, schlössen die Instanz nach bisherigem (kantonalem) Prozessrecht ab; für ein anschliessendes innerkantonales Rechtsmittel gelte dann aber die ZPO (BBl 2006 7407 Ziff. 5.26.2). Entsprechend erläuterte Ständerat Wicki als Kommissionssprecher, für Prozesse, die bei Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung hängig sind, sei bis zum Urteil das bisherige kantonale Prozessrecht massgebend (AB 2007 S 644). Die Botschaft und diese Erläuterungen zeigen, dass der Gesetzgeber bei der übergangsrechtlichen Regelung in Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO vom kantonalen Instanzenzug ausging und bei BGE 138 III 792 S. 795 rechtshängigen Verfahren die weitere Geltung des alten Prozessrechts für das erstinstanzliche Entscheid-, nicht jedoch das kantonale Rechtsmittelverfahren vorsah (vgl. TAPPY, Le droit transitoire, a.a.O., S. 18 ff. und 36 f.). Demnach ist unter "Abschluss des Verfahrens vor der betroffenen Instanz" im Sinne von Art. 404 Abs. 1 ZPO der Abschluss eines erstinstanzlichen Entscheid- oder allenfalls eines zweitinstanzlichen Rechtsmittelverfahrens zu verstehen. Nach diesem Konzept stellt das erfolglose Schlichtungsverfahren als Prozessvoraussetzung grundsätzlich die Einleitung des Entscheidverfahrens vor dem erstinstanzlichen Gericht dar. 2.6.2 Jedoch stellt sich die Frage, ob die Schlichtungsbehörde nicht dadurch, dass sie - wie im vorliegenden Fall - gemäss aArt. 273 Abs. 4 OR einen Entscheid fällt, zum erstinstanzlichen Gericht wird. Das Bundesgericht hat diese Frage in anderem Zusammenhang mit der Begründung verneint, mit der Erteilung von gewissen Entscheidbefugnissen habe der Gesetzgeber die Schlichtungsbehörde nicht in ein erstinstanzliches Gericht umwandeln wollen. Vielmehr sei ein Entscheid der Schlichtungsbehörde gemäss der Zwecksetzung des Schlichtungsverfahrens, eine gütliche Einigung der Parteien zu erreichen, als letzter Einigungsvorschlag zu verstehen, den die Parteien akzeptieren oder durch die Anrufung des Gerichts ablehnen könnten. Entsprechend fielen solche Entscheide mit der Anrufung des Richters ohne Weiteres dahin. Sie wirkten sich auf das richterliche Verfahren nur als "prima facie-Vorentscheide" aus, welche die Rollenverteilung im Prozess festlegten ( BGE 135 III 253 E. 2.4 S. 257 f. mit Hinweisen). 2.6.3 Aufgrund dieser Rechtsprechung ist davon auszugehen, das bundesrechtlich vorgesehene Mietschlichtungsverfahren, wie es vor dem Inkrafttreten der ZPO geregelt war, habe mit einem darin ergangenen Entscheid über die Gültigkeit einer Kündigung und die Erstreckung des Mietverhältnisses lediglich in einen prima facie-Vorentscheid gemündet, der keine "Instanz" im Sinne von Art. 404 Abs. 1 ZPO abschloss (FREI/WILLISEGGER, a.a.O., N. 11 zu Art. 404 ZPO ; LACHAT, a.a.O., S. 34). In diesem Sinne erwähnt auch die Botschaft zur ZPO, die Vorentscheide der Schlichtungsbehörden in bestimmten Streitigkeiten aus Miete und Pacht seien im Grunde genommen nur Urteilsvorschläge gewesen (BBl 2006 7333 Ziff. 5.13). Die Vorinstanz hat somit bundesrechtskonform erkannt, dass sich die Anrufung des Gerichts nach einem solchen Vorentscheid nach altem Recht richtet. BGE 138 III 792 S. 796 2.6.4 Dies wird dadurch bestätigt, dass die ZPO bei Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen keine Vorentscheide der Schlichtungsbehörde und demgemäss auch keine entsprechende Regelung für die Anrufung des Gerichts mehr vorsieht. Als Ersatz dafür kann nach Art. 210 Abs. 1 lit. b ZPO die Schlichtungsbehörde Urteilsvorschläge unterbreiten, welche nach Art. 211 Abs. 1 ZPO als angenommen gelten, wenn keine Partei sie innert 20 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung ablehnt (vgl. FLORENCE DOMINÉ BECKER, La procédure de conciliation en matière de bail au regard du Code de procédure civile suisse, Plaidoyer 2011 1 S. 39 ff., 43). Von dieser Kompetenzänderung geht auch der Beschwerdeführer aus, wenn er geltend macht, die Schlichtungsbehörde hätte richtigerweise eine Rechtsmittelbelehrung gemäss Art. 211 Abs. 1 ZPO vorsehen müssen. Er lässt jedoch ausser Acht, dass diese Regelung nach dem Gesagten übergangsrechtlich nicht anwendbar ist und ihm auch die analoge Anwendung der neu für Urteilsvorschläge vorgesehenen zwanzigtägigen Ablehnungsfrist nicht helfen könnte, da diese am 11. April 2011, d.h. noch vor dem Fristenstillstand gemäss Art. 145 Abs. 1 lit. a ZPO, abgelaufen wäre.
Urteilskopf
119. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_203/2012 vom 17. Oktober 2012
Regeste Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO ; aArt. 273 Abs. 4 und aArt. 274f Abs. 1 OR; Schlichtungsverfahren betreffend Streitigkeiten aus der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen; Übergangsrecht. Hat die Schlichtungsbehörde in einem mietrechtlichen Schlichtungsverfahren, das vor Inkrafttreten der ZPO rechtshängig war, danach über die Gültigkeit einer Kündigung und die Erstreckung des Mietverhältnisses entschieden, bestimmt sich die Frist zur Anrufung des Gerichts nach altem Recht (E. 2).
Regeste
Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO ; aArt. 273 Abs. 4 und aArt. 274f Abs. 1 OR; Schlichtungsverfahren betreffend Streitigkeiten aus der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen; Übergangsrecht. Hat die Schlichtungsbehörde in einem mietrechtlichen Schlichtungsverfahren, das vor Inkrafttreten der ZPO rechtshängig war, danach über die Gültigkeit einer Kündigung und die Erstreckung des Mietverhältnisses entschieden, bestimmt sich die Frist zur Anrufung des Gerichts nach altem Recht (E. 2).
Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO Hat die Schlichtungsbehörde in einem mietrechtlichen Schlichtungsverfahren, das vor Inkrafttreten der ZPO rechtshängig war, danach über die Gültigkeit einer Kündigung und die Erstreckung des Mietverhältnisses entschieden, bestimmt sich die Frist zur Anrufung des Gerichts nach altem Recht (E. 2).
Erwägungen ab Seite 792
Erwägungen ab Seite 792 BGE 138 III 792 S. 792
BGE 138 III 792 S. 792
Aus den Erwägungen:
2.
2. 2.1 Gemäss aArt. 274f Abs. 1 OR wird ein Entscheid der Schlichtungsbehörde rechtskräftig, wenn die Partei, die unterlegen ist, nicht innert 30 Tagen den Richter anruft. Bezüglich dieser Frist kamen die kantonalen Gerichtsferien nicht zur Anwendung ( BGE 123 III 67 BGE 138 III 792 S. 793 E. 2). Im kantonalen Verfahren anerkannte der Beschwerdeführer, dass er die Frist gemäss aArt. 247f Abs. 1 OR, welche drei Tage vor Ostern am 21. April 2011 ablief, mit der Klage vom 4. Mai 2011 nicht eingehalten hatte. Er machte jedoch geltend, nach dem Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) am 1. Januar 2011 sei die Frist gemäss Art. 145 Abs. 1 lit. a ZPO vom siebten Tag vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern stillgestanden und damit eingehalten worden.
2.1 BGE 138 III 792 S. 793
Art. 145 Abs. 1 lit. a ZPO 2.2 Die Übergangsbestimmungen der ZPO sehen vor, dass für Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtshängig sind, das bisherige Verfahrensrecht bis zum Abschluss vor der betroffenen Instanz gilt ( Art. 404 Abs. 1 ZPO ). Für die Rechtsmittel gilt das Recht, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist ( Art. 405 Abs. 1 ZPO ).
2.2 Art. 404 Abs. 1 ZPO Art. 405 Abs. 1 ZPO 2.3 Ein Teil der Lehre vertritt die Meinung, das Schlichtungsverfahren sei ein selbstständiges Verfahren, das durch die Schlichtungsbehörde als betroffene Instanz im Sinne von Art. 404 Abs. 1 ZPO abgeschlossen werde, weshalb für das anschliessende gerichtliche Verfahren nach dem Inkrafttreten der ZPO diese anwendbar sei (FRIDOLIN WALTHER, Das Übergangsrecht zur neuen ZPO, offene Fragen und mögliche Antworten, SZZP 2010 S. 409 ff., 412 f.; FRANCESCO TREZZINI, in: Commentario al Codice di diritto processurale civile svizzero [CPC], Bruno Cocchi und andere [Hrsg.], 2011, N. 2 zu Art. 404ZPO; TANJA DOMEJ, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Paul Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 2 zu Art. 404 ZPO ; DOMINIK GASSER, Schweizerische ZPO, Checkliste für Tag 1, Anwaltsrevue 13/2010 S. 255 ff., 256; SUTTER-SOMM/SEILER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Thomas Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 9 zu Art. 404 ZPO ).Zum Teil wird angenommen, auch wenn sich nach einem altrechtlichen Schlichtungsverfahren das gerichtliche Verfahren nach neuem Recht richte, sei eine Klagebewilligung mit altrechtlicher Gültigkeitsdauer zu erteilen (GASSER, a.a.O., S. 256; ZINON KOUMBARAKIS, Das Schlichtungsverfahren in Mietsachen nach der neuen Zivilprozessordnung, in: Aktuelle Fragen zum Mietrecht, Beat Rohrer [Hrsg.], 2012, S. 117 ff.und 122 f.; Kreisschreiben des Obergerichts des Kantons Bern vom 30. September 2010, SZZP 2011 S. 164; WALTHER, a.a.O., S. 414 f., der jedoch hinsichtlich des Stillstands der altrechtlichen Frist die Anwendung des neuen Rechts befürwortet). Schliesslich wird die Meinung vertreten, unter der Instanz, welche das Verfahren nach Art. 404 BGE 138 III 792 S. 794 Abs. 1 ZPO abschliesse, sei bloss eine gerichtliche Instanz mit Entscheidkompetenz, nicht jedoch eine Schlichtungsbehörde zu verstehen. Führe ein unter altem Recht rechtshängiges Schlichtungsverfahren zu keiner Einigung, sei daher das anschliessende Gerichtsverfahren nach altem Recht durchzuführen (FREI/WILLISEGGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 10 f. zu Art. 404 ZPO ; ANDREAS FREI, Knifflige Fragen zum Übergangsrecht, Plädoyer 2011 1 S. 33; DAVID LACHAT, Procédure civile en matière de baux et loyers, 2011, S. 34; IVO SCHWANDER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner und andere [Hrsg.],2011, N. 28 zu Art. 404 ZPO ; DENIS TAPPY, in: Code de procédure civile commenté, François Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 11 f.und 18 zu Art. 404 ZPO ; derselbe : Le droit transitoire applicable lors de l'introduction de la nouvelle procédure civile unifiée, JdT 2010 III S. 11 ff., 18 ff.; im Ergebnis ebenso: HOFMANN/LÜSCHER, Le Code de procédure civile, 2009, S. 236).
2.3 Art. 404 Abs. 1 ZPO Art. 404 ZPO Art. 404 ZPO Art. 404 BGE 138 III 792 S. 794 Abs. 1 ZPO BGE 138 III 792 S. 794
Art. 404 ZPO Art. 404 ZPO Art. 404 ZPO 2.4 Das Obergericht ging in Übereinstimmung mit der letztgenannten Meinung davon aus, die Schlichtungsbehörde habe mit ihrem Entscheid vom 15. Februar 2011 kein Verfahren im Sinne von Art. 404 Abs. 1 ZPO abgeschlossen, weshalb sich die Anrufung des Richters nach aArt. 247f Abs. 1 OR und nicht nach der ZPO richte.
2.4 Art. 404 Abs. 1 ZPO 2.5 Der Beschwerdeführer rügt, gemäss zutreffender Lehrmeinung schliesse ein Entscheid der Schlichtungsbehörde das Verfahren vor der betroffenen Instanz im Sinne von Art. 404 Abs. 1 ZPO ab. Die Vorinstanz habe daher diese Übergangsbestimmung verletzt, indem sie bezüglich der Klagefrist nicht Art. 145 Abs. 1 lit. a ZPO zur Anwendung gebracht habe.
2.5 Art. 404 Abs. 1 ZPO Art. 145 Abs. 1 lit. a ZPO 2.6
2.6 2.6.1 Die Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung führt zum Übergangrecht aus, Prozesse, die bei Inkrafttreten der vereinheitlichten ZPO hängig seien, schlössen die Instanz nach bisherigem (kantonalem) Prozessrecht ab; für ein anschliessendes innerkantonales Rechtsmittel gelte dann aber die ZPO (BBl 2006 7407 Ziff. 5.26.2). Entsprechend erläuterte Ständerat Wicki als Kommissionssprecher, für Prozesse, die bei Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung hängig sind, sei bis zum Urteil das bisherige kantonale Prozessrecht massgebend (AB 2007 S 644). Die Botschaft und diese Erläuterungen zeigen, dass der Gesetzgeber bei der übergangsrechtlichen Regelung in Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO vom kantonalen Instanzenzug ausging und bei BGE 138 III 792 S. 795 rechtshängigen Verfahren die weitere Geltung des alten Prozessrechts für das erstinstanzliche Entscheid-, nicht jedoch das kantonale Rechtsmittelverfahren vorsah (vgl. TAPPY, Le droit transitoire, a.a.O., S. 18 ff. und 36 f.). Demnach ist unter "Abschluss des Verfahrens vor der betroffenen Instanz" im Sinne von Art. 404 Abs. 1 ZPO der Abschluss eines erstinstanzlichen Entscheid- oder allenfalls eines zweitinstanzlichen Rechtsmittelverfahrens zu verstehen. Nach diesem Konzept stellt das erfolglose Schlichtungsverfahren als Prozessvoraussetzung grundsätzlich die Einleitung des Entscheidverfahrens vor dem erstinstanzlichen Gericht dar.
2.6.1 Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO BGE 138 III 792 S. 795
Art. 404 Abs. 1 ZPO 2.6.2 Jedoch stellt sich die Frage, ob die Schlichtungsbehörde nicht dadurch, dass sie - wie im vorliegenden Fall - gemäss aArt. 273 Abs. 4 OR einen Entscheid fällt, zum erstinstanzlichen Gericht wird. Das Bundesgericht hat diese Frage in anderem Zusammenhang mit der Begründung verneint, mit der Erteilung von gewissen Entscheidbefugnissen habe der Gesetzgeber die Schlichtungsbehörde nicht in ein erstinstanzliches Gericht umwandeln wollen. Vielmehr sei ein Entscheid der Schlichtungsbehörde gemäss der Zwecksetzung des Schlichtungsverfahrens, eine gütliche Einigung der Parteien zu erreichen, als letzter Einigungsvorschlag zu verstehen, den die Parteien akzeptieren oder durch die Anrufung des Gerichts ablehnen könnten. Entsprechend fielen solche Entscheide mit der Anrufung des Richters ohne Weiteres dahin. Sie wirkten sich auf das richterliche Verfahren nur als "prima facie-Vorentscheide" aus, welche die Rollenverteilung im Prozess festlegten ( BGE 135 III 253 E. 2.4 S. 257 f. mit Hinweisen).
2.6.2 2.6.3 Aufgrund dieser Rechtsprechung ist davon auszugehen, das bundesrechtlich vorgesehene Mietschlichtungsverfahren, wie es vor dem Inkrafttreten der ZPO geregelt war, habe mit einem darin ergangenen Entscheid über die Gültigkeit einer Kündigung und die Erstreckung des Mietverhältnisses lediglich in einen prima facie-Vorentscheid gemündet, der keine "Instanz" im Sinne von Art. 404 Abs. 1 ZPO abschloss (FREI/WILLISEGGER, a.a.O., N. 11 zu Art. 404 ZPO ; LACHAT, a.a.O., S. 34). In diesem Sinne erwähnt auch die Botschaft zur ZPO, die Vorentscheide der Schlichtungsbehörden in bestimmten Streitigkeiten aus Miete und Pacht seien im Grunde genommen nur Urteilsvorschläge gewesen (BBl 2006 7333 Ziff. 5.13). Die Vorinstanz hat somit bundesrechtskonform erkannt, dass sich die Anrufung des Gerichts nach einem solchen Vorentscheid nach altem Recht richtet. BGE 138 III 792 S. 796
2.6.3 Art. 404 Abs. 1 ZPO Art. 404 ZPO BGE 138 III 792 S. 796
2.6.4 Dies wird dadurch bestätigt, dass die ZPO bei Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen keine Vorentscheide der Schlichtungsbehörde und demgemäss auch keine entsprechende Regelung für die Anrufung des Gerichts mehr vorsieht. Als Ersatz dafür kann nach Art. 210 Abs. 1 lit. b ZPO die Schlichtungsbehörde Urteilsvorschläge unterbreiten, welche nach Art. 211 Abs. 1 ZPO als angenommen gelten, wenn keine Partei sie innert 20 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung ablehnt (vgl. FLORENCE DOMINÉ BECKER, La procédure de conciliation en matière de bail au regard du Code de procédure civile suisse, Plaidoyer 2011 1 S. 39 ff., 43). Von dieser Kompetenzänderung geht auch der Beschwerdeführer aus, wenn er geltend macht, die Schlichtungsbehörde hätte richtigerweise eine Rechtsmittelbelehrung gemäss Art. 211 Abs. 1 ZPO vorsehen müssen. Er lässt jedoch ausser Acht, dass diese Regelung nach dem Gesagten übergangsrechtlich nicht anwendbar ist und ihm auch die analoge Anwendung der neu für Urteilsvorschläge vorgesehenen zwanzigtägigen Ablehnungsfrist nicht helfen könnte, da diese am 11. April 2011, d.h. noch vor dem Fristenstillstand gemäss Art. 145 Abs. 1 lit. a ZPO, abgelaufen wäre.
2.6.4 Art. 210 Abs. 1 lit. b ZPO Art. 211 Abs. 1 ZPO Art. 211 Abs. 1 ZPO Art. 145 Abs. 1 lit. a ZPO
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Urteilskopf 138 III 797 120. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Z. AG in Liquidation (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_133/2012 vom 30. August 2012 Regeste Art. 82 Abs. 1 SchKG ; Schuldanerkennung; unterzeichnete Anerkennung eines Kontokorrentsaldos. Die unterschriftliche Anerkennung eines Kontokorrentsaldos verliert mit dem Vortrag des anerkannten Saldos auf neue Rechnung ihre Eignung als Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG (E. 4.2). Sachverhalt ab Seite 797 BGE 138 III 797 S. 797 A. X. ist Alleinaktionär der Z. AG in Liquidation, über die am 22. September 2010 der Konkurs eröffnet worden war. Am 27. Dezember 2010 leitete die konkursite Gesellschaft gegen X. für Fr. 12'706'545.45 nebst Zins zu 5 Prozent seit 15. Dezember 2010 die Betreibung ein (Zahlungsbefehl Nr. 1 des Betreibungsamts A.). Der Betriebene erhob Rechtsvorschlag. B. Auf Gesuch der Z. AG in Liquidation erteilte die Einzelrichterin der Abteilung 2 des Bezirksgerichts Kriens in der erwähnten Betreibung für Fr. 6'824'784.81 nebst Zins zu 5 Prozent seit 15. Dezember 2010 die provisorische Rechtsöffnung. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 15. Dezember 2011 ab. BGE 138 III 797 S. 798 C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 9. Februar 2012 wendet sich X. (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er beantragt, den Entscheid des Obergerichts und denjenigen des Bezirksgerichts Kriens aufzuheben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt den Entscheid des Obergerichts auf und weist das Rechtsöffnungsgesuch der Beschwerdegegnerin ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. (...) 4.2 Das Bundesgericht hat sich bis anhin nicht abschliessend zur Frage geäussert, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die unterzeichnete Anerkennung eines Kontokorrentsaldos ihre Eigenschaft als Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG einbüsst, wenn das ihr zugrunde liegende vertragliche Kontokorrentverhältnis weitergeführt wird (vgl. BGE 132 III 480 E. 5 S. 483). In einem amtlich nicht veröffentlichten Urteil betreffend den Kontokorrentvertrag zwischen einer Geschäftsbank und einem privaten Kreditnehmer billigt das Bundesgericht zwar die Ansicht des dortigen Beschwerdeführers, wonach die Anerkennung von auf neue Rechnung übertragenen Saldi aufgrund der novatorischen Wirkung gemäss Art. 117 Abs. 2 OR zur Folge habe, dass die früheren Richtigbefundanzeigen ihre Wirkung als Schuldanerkennungen im Sinne von Art. 82 SchKG verlören (Urteil 5P.334/1993 vom 18. November 1993 E. 3, in: Rep. 1994 S. 257). Aus dieser Rechtsprechung folgt allerdings nicht, dass die Titelqualität eines unterschriftlich anerkannten Kontokorrentsaldos erst dann entfiele, wenn der Schuldner zu einem späteren Zeitpunkt einen weiteren, neuen Saldo anerkennt und damit im Sinne von Art. 117 Abs. 2 OR eine Novation der Kontokorrentforderung bewirkt (so NAEF, Conto corrente e rigetto provvisorio dell'opposizione, RDAT 1997 II S. 252). Wird der Saldo einer abgeschlossenen Rechnungsperiode in einem fortgesetzten Kontokorrentverhältnis nicht bezahlt, sondern einverständlich auf neue Rechnung vorgetragen, so verliert er dadurch seine selbständige Natur und wird zu einem Posten dieser neuen Rechnung, bestimmt, in dem Saldo derselben aufzugehen ( BGE 19 I 401 E. 5 S. 408 f.). Dies aber bedeutet aus betreibungsrechtlicher Sicht nichts anderes, als dass die unterschriftliche Anerkennung eines Kontokorrentsaldos ihre Eignung als provisorischer Rechtsöffnungstitel mit dem Vortrag des anerkannten Saldos auf neue Rechnung verliert. Als Schuldanerkennung im Sinne von BGE 138 III 797 S. 799 Art. 82 Abs. 1 SchKG taugt eine solche Richtigbefundanzeige nur, wenn der Schuldner sie nach erfolgter Kündigung des Kontokorrentvertrages ausgestellt hat und wenn der anerkannte Saldo nicht auf neue Rechnung vorgetragen wurde und auf dem Konto auch keine weiteren materiellen Geschäftstransaktionen stattgefunden haben.
Urteilskopf
120. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Z. AG in Liquidation (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_133/2012 vom 30. August 2012
Regeste Art. 82 Abs. 1 SchKG ; Schuldanerkennung; unterzeichnete Anerkennung eines Kontokorrentsaldos. Die unterschriftliche Anerkennung eines Kontokorrentsaldos verliert mit dem Vortrag des anerkannten Saldos auf neue Rechnung ihre Eignung als Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG (E. 4.2).
Regeste
Art. 82 Abs. 1 SchKG ; Schuldanerkennung; unterzeichnete Anerkennung eines Kontokorrentsaldos. Die unterschriftliche Anerkennung eines Kontokorrentsaldos verliert mit dem Vortrag des anerkannten Saldos auf neue Rechnung ihre Eignung als Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG (E. 4.2).
Art. 82 Abs. 1 SchKG Die unterschriftliche Anerkennung eines Kontokorrentsaldos verliert mit dem Vortrag des anerkannten Saldos auf neue Rechnung ihre Eignung als Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG (E. 4.2).
Art. 82 Abs. 1 SchKG Sachverhalt ab Seite 797
Sachverhalt ab Seite 797 BGE 138 III 797 S. 797
BGE 138 III 797 S. 797
A. X. ist Alleinaktionär der Z. AG in Liquidation, über die am 22. September 2010 der Konkurs eröffnet worden war. Am 27. Dezember 2010 leitete die konkursite Gesellschaft gegen X. für Fr. 12'706'545.45 nebst Zins zu 5 Prozent seit 15. Dezember 2010 die Betreibung ein (Zahlungsbefehl Nr. 1 des Betreibungsamts A.). Der Betriebene erhob Rechtsvorschlag.
A. B. Auf Gesuch der Z. AG in Liquidation erteilte die Einzelrichterin der Abteilung 2 des Bezirksgerichts Kriens in der erwähnten Betreibung für Fr. 6'824'784.81 nebst Zins zu 5 Prozent seit 15. Dezember 2010 die provisorische Rechtsöffnung. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 15. Dezember 2011 ab. BGE 138 III 797 S. 798
B. BGE 138 III 797 S. 798
C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 9. Februar 2012 wendet sich X. (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er beantragt, den Entscheid des Obergerichts und denjenigen des Bezirksgerichts Kriens aufzuheben.
C. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt den Entscheid des Obergerichts auf und weist das Rechtsöffnungsgesuch der Beschwerdegegnerin ab.
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
4. (...)
4. 4.2 Das Bundesgericht hat sich bis anhin nicht abschliessend zur Frage geäussert, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die unterzeichnete Anerkennung eines Kontokorrentsaldos ihre Eigenschaft als Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG einbüsst, wenn das ihr zugrunde liegende vertragliche Kontokorrentverhältnis weitergeführt wird (vgl. BGE 132 III 480 E. 5 S. 483). In einem amtlich nicht veröffentlichten Urteil betreffend den Kontokorrentvertrag zwischen einer Geschäftsbank und einem privaten Kreditnehmer billigt das Bundesgericht zwar die Ansicht des dortigen Beschwerdeführers, wonach die Anerkennung von auf neue Rechnung übertragenen Saldi aufgrund der novatorischen Wirkung gemäss Art. 117 Abs. 2 OR zur Folge habe, dass die früheren Richtigbefundanzeigen ihre Wirkung als Schuldanerkennungen im Sinne von Art. 82 SchKG verlören (Urteil 5P.334/1993 vom 18. November 1993 E. 3, in: Rep. 1994 S. 257). Aus dieser Rechtsprechung folgt allerdings nicht, dass die Titelqualität eines unterschriftlich anerkannten Kontokorrentsaldos erst dann entfiele, wenn der Schuldner zu einem späteren Zeitpunkt einen weiteren, neuen Saldo anerkennt und damit im Sinne von Art. 117 Abs. 2 OR eine Novation der Kontokorrentforderung bewirkt (so NAEF, Conto corrente e rigetto provvisorio dell'opposizione, RDAT 1997 II S. 252). Wird der Saldo einer abgeschlossenen Rechnungsperiode in einem fortgesetzten Kontokorrentverhältnis nicht bezahlt, sondern einverständlich auf neue Rechnung vorgetragen, so verliert er dadurch seine selbständige Natur und wird zu einem Posten dieser neuen Rechnung, bestimmt, in dem Saldo derselben aufzugehen ( BGE 19 I 401 E. 5 S. 408 f.). Dies aber bedeutet aus betreibungsrechtlicher Sicht nichts anderes, als dass die unterschriftliche Anerkennung eines Kontokorrentsaldos ihre Eignung als provisorischer Rechtsöffnungstitel mit dem Vortrag des anerkannten Saldos auf neue Rechnung verliert. Als Schuldanerkennung im Sinne von BGE 138 III 797 S. 799 Art. 82 Abs. 1 SchKG taugt eine solche Richtigbefundanzeige nur, wenn der Schuldner sie nach erfolgter Kündigung des Kontokorrentvertrages ausgestellt hat und wenn der anerkannte Saldo nicht auf neue Rechnung vorgetragen wurde und auf dem Konto auch keine weiteren materiellen Geschäftstransaktionen stattgefunden haben.
4.2 Art. 82 Abs. 1 SchKG Art. 117 Abs. 2 OR Art. 82 SchKG Art. 117 Abs. 2 OR BGE 19 I 401 BGE 138 III 797 S. 799
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Urteilskopf 138 III 799 121. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. SA (recours en matière civile) 4A_304/2012 du 14 novembre 2012 Regeste Art. 7 ZPO, Art. 74 Abs. 2 lit. b und Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG ; einzige kantonale Instanz. Ermächtigt das Bundesrecht, wie zum Beispiel in Art. 7 ZPO, die Kantone, eine einzige kantonale Instanz vorzusehen, und haben diese von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht, entscheidet die kantonale Instanz rechtsgültig als einzige kantonale Instanz ( Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG ) und ist die Beschwerde in Zivilsachen unabhängig vom Streitwert zulässig ( Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG ; E. 1.1). Erwägungen ab Seite 800 BGE 138 III 799 S. 800 Extrait des considérants: 1. 1.1 Selon l' art. 7 CPC (RS 272), les cantons peuvent instituer un tribunal qui statue en tant qu'instance cantonale unique sur les litiges portant sur les assurances complémentaires à l'assurance-maladie sociale selon la loi fédérale du 8 mars 1994 sur l'assurance-maladie (LAMal; RS 832.10). Le canton de Genève a fait usage de cette faculté en prévoyant, à l' art. 134 al. 1 let. c de la loi genevoise du 26 septembre 2010 sur l'organisation judiciaire (LOJ; RSG E 2 05), que la Chambre des assurances sociales connaît en instance cantonale unique des contestations relatives aux assurances complémentaires à l'assurance-maladie obligatoire. Avec l'entrée en vigueur du CPC, l'art. 74 al. 2 let. b et l' art. 75 al. 2 let. a LTF ont été modifiés en ce sens que la formule "une loi fédérale prescrit une instance cantonale unique" a été remplacée par la phrase "une loi fédérale prévoit une instance cantonale unique". Il ressort clairement des travaux préparatoires que la volonté du législateur, en adoptant cette modification, était d'englober non seulement les cas où le droit fédéral impose une instance cantonale unique, mais aussi les cas où il permet au droit cantonal de prévoir une instance cantonale unique et que le droit cantonal a fait usage de cette faculté (Procès-verbal de la séance du 3 avril 2008 de la Commission des affaires juridiques du Conseil national, p. 9; cf. arrêts 4A_595/2011 du 17 février 2012 consid. 1.1; 4A_445/2010 du 1 er décembre 2010 consid. 1.1; 4A_412/2010 du 27 septembre 2010 consid. 1.2.3). Il résulte donc de l' art. 7 CPC que l'on se trouve en présence d'un cas où, selon la nouvelle formulation de la LTF, une loi fédérale prévoit une instance cantonale unique. En conséquence, la cour cantonale a valablement statué en instance unique ( art. 75 al. 2 let. a LTF ) et le recours est recevable sans égard à la valeur litigieuse ( art. 74 al. 2 let. b LTF ). L'argumentation de l'intimée tendant à l'irrecevabilité du recours doit donc être rejetée.
Urteilskopf
121. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. SA (recours en matière civile)
4A_304/2012 du 14 novembre 2012
Regeste Art. 7 ZPO, Art. 74 Abs. 2 lit. b und Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG ; einzige kantonale Instanz. Ermächtigt das Bundesrecht, wie zum Beispiel in Art. 7 ZPO, die Kantone, eine einzige kantonale Instanz vorzusehen, und haben diese von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht, entscheidet die kantonale Instanz rechtsgültig als einzige kantonale Instanz ( Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG ) und ist die Beschwerde in Zivilsachen unabhängig vom Streitwert zulässig ( Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG ; E. 1.1).
Regeste
Art. 7 ZPO, Art. 74 Abs. 2 lit. b und Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG ; einzige kantonale Instanz. Ermächtigt das Bundesrecht, wie zum Beispiel in Art. 7 ZPO, die Kantone, eine einzige kantonale Instanz vorzusehen, und haben diese von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht, entscheidet die kantonale Instanz rechtsgültig als einzige kantonale Instanz ( Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG ) und ist die Beschwerde in Zivilsachen unabhängig vom Streitwert zulässig ( Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG ; E. 1.1).
Art. 7 ZPO Art. 74 Abs. 2 lit. b und Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG Ermächtigt das Bundesrecht, wie zum Beispiel in Art. 7 ZPO, die Kantone, eine einzige kantonale Instanz vorzusehen, und haben diese von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht, entscheidet die kantonale Instanz rechtsgültig als einzige kantonale Instanz ( Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG ) und ist die Beschwerde in Zivilsachen unabhängig vom Streitwert zulässig ( Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG ; E. 1.1).
Art. 7 ZPO Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG Erwägungen ab Seite 800
Erwägungen ab Seite 800 BGE 138 III 799 S. 800
BGE 138 III 799 S. 800
Extrait des considérants:
1.
1. 1.1 Selon l' art. 7 CPC (RS 272), les cantons peuvent instituer un tribunal qui statue en tant qu'instance cantonale unique sur les litiges portant sur les assurances complémentaires à l'assurance-maladie sociale selon la loi fédérale du 8 mars 1994 sur l'assurance-maladie (LAMal; RS 832.10). Le canton de Genève a fait usage de cette faculté en prévoyant, à l' art. 134 al. 1 let. c de la loi genevoise du 26 septembre 2010 sur l'organisation judiciaire (LOJ; RSG E 2 05), que la Chambre des assurances sociales connaît en instance cantonale unique des contestations relatives aux assurances complémentaires à l'assurance-maladie obligatoire.
1.1 art. 7 CPC art. 134 al. 1 let Avec l'entrée en vigueur du CPC, l'art. 74 al. 2 let. b et l' art. 75 al. 2 let. a LTF ont été modifiés en ce sens que la formule "une loi fédérale prescrit une instance cantonale unique" a été remplacée par la phrase "une loi fédérale prévoit une instance cantonale unique". Il ressort clairement des travaux préparatoires que la volonté du législateur, en adoptant cette modification, était d'englober non seulement les cas où le droit fédéral impose une instance cantonale unique, mais aussi les cas où il permet au droit cantonal de prévoir une instance cantonale unique et que le droit cantonal a fait usage de cette faculté (Procès-verbal de la séance du 3 avril 2008 de la Commission des affaires juridiques du Conseil national, p. 9; cf. arrêts 4A_595/2011 du 17 février 2012 consid. 1.1; 4A_445/2010 du 1 er décembre 2010 consid. 1.1; 4A_412/2010 du 27 septembre 2010 consid. 1.2.3). art. 75 al. 2 let. a LTF Il résulte donc de l' art. 7 CPC que l'on se trouve en présence d'un cas où, selon la nouvelle formulation de la LTF, une loi fédérale prévoit une instance cantonale unique. art. 7 CPC En conséquence, la cour cantonale a valablement statué en instance unique ( art. 75 al. 2 let. a LTF ) et le recours est recevable sans égard à la valeur litigieuse ( art. 74 al. 2 let. b LTF ). art. 75 al. 2 let. a LTF art. 74 al. 2 let. b LTF L'argumentation de l'intimée tendant à l'irrecevabilité du recours doit donc être rejetée.
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Urteilskopf
12. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen A. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_372/2011 vom 7. November 2011
Regeste Altes und revidiertes Lugano-Übereinkommen; Übergangsrecht; Zustellungsnachweis bei Säumnisurteil; Art. 63 LugÜ ; Art. 327a ZPO ; Art. 46 Nr. 2 aLugÜ. Wurde vor dem Inkrafttreten des revidierten LugÜ für die Schweiz im Ausland ein Entscheid erlassen, kommt bezüglich seiner Anerkennung und Vollstreckung in der Schweiz gemäss Art. 63 LugÜ noch das alte LugÜ zur Anwendung (E. 2.1). Art. 327a ZPO kommt nur auf Vollstreckungsverfahren zur Anwendung, welche sich nach dem revidierten LugÜ richten (E. 2.2). Zum Nachweis einer nicht grenzüberschreitenden Zustellung des den Rechtsstreit einleitenden Schriftstücks gemäss Art. 46 Nr. 2 aLugÜ genügt die Bestätigung des zustellenden Staates, wenn der Empfänger im Rechtsbehelfsverfahren nicht bestreitet, im Zustellungszeitpunkt in diesem Staat Wohnsitz gehabt zu haben (E. 3).
Regeste
Altes und revidiertes Lugano-Übereinkommen; Übergangsrecht; Zustellungsnachweis bei Säumnisurteil; Art. 63 LugÜ ; Art. 327a ZPO ; Art. 46 Nr. 2 aLugÜ. Wurde vor dem Inkrafttreten des revidierten LugÜ für die Schweiz im Ausland ein Entscheid erlassen, kommt bezüglich seiner Anerkennung und Vollstreckung in der Schweiz gemäss Art. 63 LugÜ noch das alte LugÜ zur Anwendung (E. 2.1). Art. 327a ZPO kommt nur auf Vollstreckungsverfahren zur Anwendung, welche sich nach dem revidierten LugÜ richten (E. 2.2). Zum Nachweis einer nicht grenzüberschreitenden Zustellung des den Rechtsstreit einleitenden Schriftstücks gemäss Art. 46 Nr. 2 aLugÜ genügt die Bestätigung des zustellenden Staates, wenn der Empfänger im Rechtsbehelfsverfahren nicht bestreitet, im Zustellungszeitpunkt in diesem Staat Wohnsitz gehabt zu haben (E. 3).
Art. 63 LugÜ Art. 327a ZPO Wurde vor dem Inkrafttreten des revidierten LugÜ für die Schweiz im Ausland ein Entscheid erlassen, kommt bezüglich seiner Anerkennung und Vollstreckung in der Schweiz gemäss Art. 63 LugÜ noch das alte LugÜ zur Anwendung (E. 2.1).
Art. 63 LugÜ Art. 327a ZPO kommt nur auf Vollstreckungsverfahren zur Anwendung, welche sich nach dem revidierten LugÜ richten (E. 2.2).
Art. 327a ZPO Zum Nachweis einer nicht grenzüberschreitenden Zustellung des den Rechtsstreit einleitenden Schriftstücks gemäss Art. 46 Nr. 2 aLugÜ genügt die Bestätigung des zustellenden Staates, wenn der Empfänger im Rechtsbehelfsverfahren nicht bestreitet, im Zustellungszeitpunkt in diesem Staat Wohnsitz gehabt zu haben (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 83
Sachverhalt ab Seite 83 BGE 138 III 82 S. 83
BGE 138 III 82 S. 83
A. Mit Mahnbescheid vom 27. Mai 2010 (Aktenzeichen I Nc 120/10) verpflichtete das Bezirksgericht Warschau, 1. Zivilabteilung, A. (Beschwerdegegner), der X. (Beschwerdeführerin), einer polnischen GmbH mit Sitz in Y., den Betrag von PLN 665'765.05 zu bezahlen.
A. B. Die Beschwerdeführerin ersuchte den Einzelrichter am Kantonsgericht Zug am 16. September 2010, diesen Mahnbescheid zu anerkennen und für vollstreckbar zu erklären. Als Beilage zu diesem Gesuch hat die Beschwerdeführerin dem Einzelrichter namentlich eine Bescheinigung des Bezirksgerichts Warschau vom 4. November 2010 samt Übersetzungen eingereicht. Darin bescheinigt das Bezirksgericht Warschau, dass vor dem Bezirksgericht unter dem Aktenzeichen I Nc 120/10 aufgrund der Klage der Beschwerdeführerin der Prozess gegen den Beschwerdegegner auf Zahlung von PLZ 665'765.05 anhängig war, am 27. Mai 2010 der Mahnbescheid erlassen wurde und der Beschwerdegegner am 17. Juni 2010 BGE 138 III 82 S. 84 eine Abschrift des Mahnbescheides samt einer Abschrift der Klageschrift erhalten hat.
B. BGE 138 III 82 S. 84
Der Einzelrichter forderte die Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 21. Dezember 2010 auf, innert 10 Tagen die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift jener Urkunde vorzulegen, aus welcher sich ergibt, dass das den Rechtsstreit einleitende (...) Schriftstück dem Beschwerdegegner zugestellt worden ist. Am 7. Januar 2011 nahm die Beschwerdeführerin dazu schriftlich Stellung, ohne jedoch weitere Unterlagen nachzureichen. Der Einzelrichter wies das Anerkennungs- und Vollstreckbarkeitsgesuch der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 12. Januar 2011 (...) ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zug am 12. Mai 2011 ab.
C. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des Obergerichts vom 12. Mai 2011 aufzuheben und den Mahnbescheid des Bezirksgerichts Warschau vom 27. Mai 2010 anzuerkennen und als vollstreckbar zu erklären. (...)
C. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
(Auszug)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2.
2. 2.1 Das Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (aLugÜ; AS 1991 2436) wurde durch das gleichnamige Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 (LugÜ; SR 0.275.12) revidiert. Die revidierte Fassung trat für die Schweiz am 1. Januar 2011 in Kraft. Da die ausländische Entscheidung, deren Anerkennung und Vollstreckung in der Schweiz verlangt wird, vor dem Inkrafttreten des revidierten LugÜ für die Schweiz erlassen wurde, gelangt dieses gemäss Art. 63 LugÜ auf die vorliegende Streitsache noch nicht zur Anwendung, sondern es gelten weiterhin die Bestimmungen des aLugÜ (Urteil 4A_366/2011 vom 31. Oktober 2011 E. 1; DASSER/FREY, Übergangsrechtliche Stolpersteine des revidierten Lugano-Übereinkommens, Jusletter 11. April 2011, Rz. 15 f.; vgl. auch TANJA DOMEJ, in: Lugano Übereinkommen, Kommentar, Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 2. Aufl. 2011, N. 11 zu Art. 63 LugÜ ). Dies hat die Vorinstanz zutreffend erkannt, was von der Beschwerdeführerin zu Recht nicht beanstandet wird. BGE 138 III 82 S. 85
2.1 Art. 63 LugÜ Art. 63 LugÜ BGE 138 III 82 S. 85
2.2 Daraus folgt, dass die Vorinstanz entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keine Bundesrechtsverletzung begangen hat, wenn sie Art. 327a ZPO (SR 272) nicht angewendet hat. Diese Bestimmung unter der Marginalie "Vollstreckbarerklärung nach Lugano-Übereinkommen" ist auf kantonale Beschwerden abgestimmt, die sich ausdrücklich gegen Entscheide des Vollstreckungsgerichts nach den Art. 38-52 des Lugano-Übereinkommens in der revidierten Fassung vom 30. Oktober 2007 richten, nicht aber auf Vollstreckbarkeitsentscheide, die noch nach der alten Version des Lugano-Übereinkommens zu beurteilen sind. Demnach gelangte entsprechend der Auffassung der Vorinstanz für das kantonale Beschwerdeverfahren Art. 326 ZPO zur Anwendung, denn die Einzelheiten des Verfahrens betreffend den Rechtsbehelf des Gläubigers gegen die Verweigerung der Vollstreckbarerklärung richten sich nach dem autonomen Recht des Vollstreckungsstaates (JAN KROPHOLLER, Europäisches Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Heidelberg 1998, N. 9 zu Art. 40 aEuGVÜ/aLugÜ; DANIEL STAEHELIN, in: Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 2008, N. 10 zu Art. 40 aLugÜ). Dass die Vorinstanz die neu eingereichten Unterlagen ausser Acht liess, ist daher entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zu beanstanden. Soweit die Beschwerdeführerin aus diesen Urkunden ableitet, der Beschwerdegegner habe sich auf das Verfahren vor dem Bezirksgericht Warschau eingelassen, weshalb es eines Nachweises der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks nicht bedurfte und die Vorinstanz mit der betreffenden Anforderung gegen Art. 27 aLugÜ und Art. 5 Abs. 2 des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und aussergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen (HZÜ; SR 0.274.131) verstossen habe, ist sie damit nicht zu hören.
2.2 Art. 327a ZPO Art. 326 ZPO 3.
3. 3.1 Nach Art. 46 Nr. 2 aLugÜ hat die Partei, welche die Anerkennung einer Entscheidung geltend macht oder die Zwangsvollstreckung betreiben will, bei einer im Versäumnisverfahren ergangenen Entscheidung die Unterschrift [recte: Urschrift] oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde vorzulegen, aus der sich ergibt, dass das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück der säumigen Partei zugestellt worden ist.
3.1 3.2 Die Vorinstanz stellte nicht in Frage, dass es sich bei dem der Klageschrift beigelegten Mahnbescheid um das BGE 138 III 82 S. 86 verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 46 Nr. 2 aLugÜ handelt. Dem ist beizupflichten, geht daraus doch einerseits hervor, dass dem Beschwerdegegner eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides gesetzt wurde, um entweder die verlangte Zahlung zu leisten oder Einsprache zu erheben, wie auch andererseits, dass die Entscheidung am 2. Juli 2010 rechtskräftig wurde, nachdem die betreffende Zustellung (gemäss Zustellungsbescheinigung) am 17. Juni 2010 erfolgt war. Damit ist die Analogie zum "Mahnbescheid" nach deutschem Recht augenfällig. Wurde kein Einspruch erhoben, ist daher davon auszugehen, der Mahnbescheid stelle dasjenige Schriftstück dar, dessen ordnungsgemässe und rechtzeitige Zustellung den Beklagten in die Lage versetzt, seine Rechte vor Erlass einer vollstreckbaren Entscheidung im Urteilsstaat geltend zu machen (vgl. BGE 123 III 374 E. 3b S. 380 f.; KROPHOLLER, a.a.O., N. 24 zu Art. 27 aEuGVÜ/aLugÜ; GEORG NAEGELI, in: Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 2008, N. 16 zu Art. 46 aLugÜ).
3.2 BGE 138 III 82 S. 86
3.3 Die Vorinstanz hält demgegenüber sinngemäss dafür, die Zustellbescheinigung des Bezirksgerichts Warschau vom 4. November 2010 könne nicht als Urkunde angesehen werden, aus der sich die Zustellung des den Rechtsstreit einleitenden Schriftstücks an den Beschwerdegegner ergebe. Aus dieser Bescheinigung lasse sich nicht entnehmen, wie die Zustellung an den Beschwerdegegner erfolgt sei. Es lägen auch keine Belege vor, nach welchen dieser im Mai 2010 - rund eineinhalb Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages - immer noch an der im Darlehensvertrag vom 15. September 2008 angegebenen Adresse in Warschau Wohnsitz gehabt habe, weshalb dies nicht erstellt sei. Insbesondere fehle eine entsprechende Erklärung der Einwohnerkontrolle von Warschau. Das Kantonsgericht habe daher zu Recht festgestellt, es fehle ein Nachweis dafür, dass der Beschwerdegegner im Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids Wohnsitz in Polen gehabt habe. Da der Beschwerdegegner heute unbestrittenermassen Wohnsitz in der Schweiz habe, gehe es vorliegend entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht um die Zustellung eines Vollstreckungsbescheids nach polnischem Recht, sondern um die Zustellung eines gerichtlichen Schriftstücks im Ausland nach dem Haager Zustellungsübereinkommen. Nach Art. 6 HZÜ habe die zentrale Behörde des ersuchten Staates oder jede hierzu bestimmte Behörde einen Zustellungsnachweis auszustellen. Auf dem Gebiet des Kantons Zug sei dies das BGE 138 III 82 S. 87 Obergericht. Einen derartigen Zustellnachweis habe die Beschwerdeführerin dem Kantonsgericht nicht eingereicht, auch nicht, nachdem ihr Frist gesetzt worden war, um die Unterschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde vorzulegen, aus der sich ergebe, dass das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück dem Beschwerdegegner zugestellt worden sei. Weil ein Zustellnachweis des Kantons Zug fehle, sei das Gesuch um Anerkennung und Vollstreckbarerklärung abzuweisen.
3.3 BGE 138 III 82 S. 87
3.4 Die Beschwerdeführerin wendet ein, die Vorinstanz habe Art. 46 Nr. 2 aLugÜ verletzt, indem sie die Zustellungsbescheinigung des Warschauer Gerichts nicht als Zustellungsnachweis im Sinne dieser Bestimmung qualifiziert und die Anerkennung des ausländischen Urteils mangels eines Zustellungsnachweises des Obergerichts Zug verweigert habe.
3.4 3.5
3.5 3.5.1 Die in Art. 46 Nr. 2 aLugÜ verlangte Vorlage der Urkunde, aus der sich ergibt, dass das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück der säumigen Partei zugestellt worden ist, soll die Nachprüfung der Gewährung des rechtlichen Gehörs ermöglichen und ist daher diesem Zweck entsprechend auszulegen. Demnach muss die vorgelegte Urkunde dem Richter des Vollstreckungsstaates erlauben, die Ordnungsmässigkeit der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstückes zu überprüfen (Urteil 5P.471/2002 vom 12. Februar 2003 E. 3.2.1 mit Hinweisen, in: Pra 2003 Nr. 142 S. 767). Diese Ordnungsmässigkeit richtet sich bei nicht grenzüberschreitenden Zustellungen unter Vorbehalt des Ordre public ausschliesslich nach dem Recht des Urteilsstaates (FRIDOLIN WALTHER, in: Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 2008, N. 47 zu Art. 27 aLugÜ). Danach bestimmt sich namentlich, wie die Zustellungsurkunde auszusehen hat. Zumindest die Tatsache der Zustellung muss sich jedoch direkt daraus ergeben (NAEGELI, a.a.O., N. 20 f. zu Art. 46 aLugÜ; Urteil 5P.471/2002 vom 12. Februar 2003 E. 3.2.2, in: Pra 2003 Nr. 142 S. 767).
3.5.1 3.5.2 BGE 138 III 82 S. 88
3.5.3 Das Vollstreckungsgericht hat zwar die Voraussetzungen der Vollstreckbarkeit von Amtes wegen zu prüfen. Es hat sich dabei jedoch vom Grundsatz leiten zu lassen, dass das Übereinkommen von einer "automatischen" Anerkennung ausländischer Entscheidungen ausgeht, weshalb die Beweislast für das Vorliegen von Verweigerungsgründen diejenige Partei trifft, welche sich der Anerkennung widersetzt (WALTHER, a.a.O., N. 1 zu Art. 26 aLugÜ). Das bedeutet, dass im erstinstanzlichen Anerkennungsverfahren, das auf einseitigen Antrag durchgeführt wird (Art. 34 Abs. 1 aLugÜ), das Gericht im Wesentlichen die generelle Anwendbarkeit des Übereinkommens zu klären und die Vollständigkeit sowie Aussagekraft der vom Gesuchsteller unabdingbar beizubringenden Urkunden im Sinne von Art. 46 und 47 aLugÜ zu überprüfen hat. Tatbestandsermittlungen von Amtes wegen haben dagegen nicht zu erfolgen (DANIEL STAEHELIN, in: Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 2008, N. 10 zu Art. 34 aLugÜ mit Hinweisen). Eine einlässliche Prüfung der Anerkennungsversagungsgründe kann ohnehin erst im Rechtsbehelfsverfahren stattfinden, nachdem auch der Gesuchsgegner zu Wort gekommen ist (LEUCH/MARBACH/KELLERHALS/STERCHI, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl. 2000, N. 2 zu Art. 400a aZPO/BE mit Hinweisen). Dabei BGE 138 III 82 S. 89 ist zu beachten, dass der Wortlaut von Art. 326 Abs. 1 ZPO im Beschwerdeverfahren neue Anträge, Tatsachenbehauptungen und Beweismittel ausschliesst. Da jedoch das Rechtsbehelfsverfahren für den Schuldner die erste Möglichkeit darstellt, sich überhaupt zur Vollstreckbarerklärung zu äussern, muss er in der Lage sein, vor der Rechtsbehelfsinstanz "neue" Anträge zu stellen und diese mit den entsprechenden Tatsachenbehauptungen und den dazu gehörenden Beweismitteln zu untermauern (HOFMANN/KUNZ, in: Basler Kommentar, LugÜ, 2011, N. 56 zu Art. 43 LugÜ mit Hinweisen). Das Novenverbot im Beschwerdeverfahren im Sinne von Art. 326 Abs. 1 ZPO, welches der Prozessbeschleunigung dient (ALEXANDER BRUNNER, in: ZPO, Kurzkommentar, Paul Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 1 zu Art. 326 ZPO ), muss insoweit eine Ausnahme erfahren. Dabei kann offenbleiben, ob eine solche wegen der besonderen Natur des Exequaturverfahrens nach dem Lugano-Übereinkommen auf den in Art. 326 Abs. 2 ZPO genannten Vorbehalt besonderer Gesetzesbestimmungen abgestützt werden könnte, da ohne diese Ausnahme der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und damit übergeordnetes Recht verletzt würde, was der Gesetzgeber mit der Einführung von Art. 326 Abs. 1 ZPO nicht beabsichtigt haben konnte.
3.5.3 BGE 138 III 82 S. 89
Art. 326 Abs. 1 ZPO Art. 43 LugÜ Art. 326 Abs. 1 ZPO Art. 326 ZPO Art. 326 Abs. 2 ZPO Art. 29 Abs. 2 BV Art. 326 Abs. 1 ZPO 3.6 Vorliegend steht eine Auslandzustellung gerade nicht zur Debatte. Vielmehr bescheinigt das Warschauer Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, dass der Beschwerdegegner am 17. Juni 2010 eine Abschrift davon mit einer Abschrift der Klageschrift in Polen erhalten hat. Dieser Bescheinigung lässt sich die erfolgreiche Zustellung der Urkunden an einem bestimmten Tag an den Beschwerdegegner "direkt" entnehmen. Dieser hat vor der Vorinstanz den Erhalt der genannten Dokumente nicht bestritten, und er hat auch nicht geltend gemacht, er habe im Zustellungszeitpunkt im Kanton Zug Wohnsitz gehabt, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre (vgl. E. 3.5.3 hiervor). Wenn die Vorinstanz trotz fehlender Bestreitung des Wohnsitzes in Polen durch den Beschwerdegegner die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Zustellungsbescheinigung nicht genügen liess und einzig aus dem Umstand, dass der Beschwerdegegner im Zeitpunkt des Eingangs des Gesuchs um Vollstreckbarkeitserklärung im Kanton Zug wohnte, die Rechtsgültigkeit der Bescheinigung in Zweifel zog, hat sie die Anforderungen an den Nachweis der korrekten Zustellung des prozesseinleitenden Schriftstücks im Sinne von Art. 46 Nr. 2 aLugÜ überspannt und insoweit gegen Bundesrecht verstossen.
3.6
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Urteilskopf 138 III 90 13. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Bundesamt für Justiz gegen Handelsregisteramt des Kantons Zürich (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_425/2011 vom 12. Dezember 2011 Regeste Führung des Handelsregisters; Behördenbeschwerde; Selbsteintritt; Art. 47 Abs. 4 und 5 RVOG ; Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV ; Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 und Art. 76 Abs. 2 BGG. Gestützt auf das Selbsteintrittsrecht ist das Bundesamt für Justiz legitimiert, an Stelle des ihm untergeordneten Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV Beschwerde zu erheben (E. 2). Sachverhalt ab Seite 90 BGE 138 III 90 S. 90 A. Am 2. März 2010 verfügte das Handelsregisteramt des Kantons Zürich die Auflösung der X. GmbH wegen fehlenden Rechtsdomizils. Einen gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs der X. GmbH bzw. ihres Geschäftsführers A. wies die Justizdirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 16. Juni 2010 ab. Das Bundesamt für Justiz (BJ) führte am 27. Juli 2010 Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, die Verfügung der Justizdirektion vom 16. Juni 2010 aufzuheben und selber zu entscheiden, eventuell die Angelegenheit zur weiteren Abklärung an das BGE 138 III 90 S. 91 Handelsregisteramt des Kantons Zürich zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht verneinte die Beschwerdelegitimation des BJ und trat daher auf die Beschwerde mit Beschluss vom 1. Juni 2011 nicht ein. B. Das BJ (Beschwerdeführer) erhebt Beschwerde in Zivilsachen mit dem Begehren, der Beschluss des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 1. Juni 2011 sei aufzuheben. Das Handelsregisteramt des Kantons Zürich (Beschwerdegegner) und die X. GmbH liessen sich nicht vernehmen. A. konnte die Beschwerde nicht zugestellt werden. Das Verwaltungsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Gegen Entscheide nach Art. 72 Abs. 2 BGG, darunter auch Entscheide über die Führung des Handelsregisters (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 BGG), steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabengebiet verletzen kann ( Art. 76 Abs. 2 BGG ). 2.2 Der Bundesrat hat in Art. 5 Abs. 2 der Handelsregisterverordnung (HRegV; SR 221.411) in der Version vom 29. September 1997 das BJ zur Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht und zu den kantonalen Rechtsmitteln gegen Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden ermächtigt (AS 1997 2230). Die am 17. Oktober 2007 total revidierte Handelsregisterverordnung ermächtigt in Art. 5 Abs. 2 lit. e das Eidgenössische Amt für das Handelsregister (EHRA) im Bundesamt für Justiz zur selbstständigen Beschwerdeführung an das Bundesgericht gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts und der kantonalen Gerichte. Im Begleitbericht zur Totalrevision der Handelsregisterverordnung vom 28. März 2007, Vernehmlassungsentwurf, wurde dazu auf S. 7 ausgeführt (vgl. www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/1399/Bericht.pdf ): "Eine weitere Kompetenzverschiebung ergibt sich bei den Rechtsmitteln gegen Entscheide der kantonalen Instanzen in Handelsregistersachen. Bisher war das BJ zur Beschwerdeführung an das Bundesgericht und zu den kantonalen Rechtsmitteln gegen Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden berechtigt. Diese Aufteilung der Kompetenzen ist insofern wenig BGE 138 III 90 S. 92 sachgerecht, als das EHRA im Rahmen der Genehmigung der Eintragungen u.U. über dieselben Rechtsfragen zu befinden hat. Es erscheint daher kohärenter, wenn sämtliche Zuständigkeiten im Zusammenhang mit der Oberaufsicht auf dieselbe Stelle vereint werden. Demgemäss wird im Entwurf vorgeschlagen, die Befugnis zur Beschwerdeführung gegen Entscheide der kantonalen Gerichte in Handelsregistersachen direkt dem EHRA zu übertragen." 2.3 Unter Berufung auf diesen Bericht ging das Verwaltungsgericht davon aus, gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV sei nicht mehr das BJ, sondern nur noch das EHRA beschwerdelegitimiert. 2.4 Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, der Bundesrat habe zwar in Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV dem EHRA unmittelbar die Beschwerdelegitimation zuerkannt, damit dieselbe Hierarchieebene im BJ über alle operativen Geschäfte im Handelsregisterbereich entscheidberechtigt sei. Daraus könne aber nicht abgeleitet werden, der Bundesrat habe dem BJ die Möglichkeit entziehen wollen, wichtige oder heikle Geschäfte aufgrund des Selbsteintrittsrechts der höheren Hierarchiestufen gemäss Art. 47 Abs. 4 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 (RVOG; SR 172. 010) an sich zu ziehen. Die Beschwerdekompetenz des EHRA gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV bedeute daher nicht, dass dem BJ die Möglichkeit genommen werden solle, anstelle der neu zuständigen, ihm unterstellten Organisationsstufe zu entscheiden. 2.5 Das Bundesgericht hat bei einer vom Vorsteher des EHRA und von seiner Vorgesetzten (der Vizedirektorin des BJ) unterzeichneten Beschwerde gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV das EHRA als beschwerdelegitimiert erachtet (Urteil 4A_578/2010 vom 11. April 2011 E. 1.2.2, nicht publ. in: BGE 137 III 217 ). Damit wurde in diesem Entscheid die Frage nicht beantwortet, ob das BJ legitimiert ist, anstelle des EHRA eine Beschwerde zu erheben. 2.6 Gemäss Art. 47 Abs. 4 RVOG können die übergeordneten Verwaltungseinheiten und der Bundesrat jederzeit einzelne Geschäfte zum Entscheid an sich ziehen. Dieses Vorgehen wird als "Evokation" oder "Selbsteintritt" bezeichnet, weil die übergeordnete Behörde dabei gestützt auf ihre Dienstaufsicht selber bzw. an Stelle ihrer untergeordneten Einheit handelt, anstatt diese zum Entscheid anzuweisen (TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, § 6 Rz. 7 S. 46; THOMAS SÄGESSER, Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz [RVOG], 2007, N. 36 zu Art. 47 RVOG ). Der in Art. 47 RVOG verwendete Begriff der BGE 138 III 90 S. 93 "Entscheidung" ist in einem weiten Sinne zu verstehen und umfasst neben der Kompetenz zum Erlass von Verfügungen namentlich auch die Kompetenz zur Beschwerdeerhebung (SÄGESSER, a.a.O., N. 8 zu Art. 47 RVOG ; vgl. auch Botschaft zum RVOG vom 20. Oktober 1993, BBl 1993 III 997 ff., 1097). Gemäss Art. 47 Abs. 5 RVOG wird der Selbsteintritt bei nach der Gesetzgebung über die Bundesrechtspflege zwingend zu berücksichtigenden Zuständigkeiten ausgeschlossen. Mit diesem Ausschluss sollte vermieden werden, dass infolge des Selbsteintritts eine Instanz wegfällt und deshalb die Beschwerdemöglichkeiten der Betroffenen nicht mehr vollständig gewährt werden (Botschaft zum RVOG, a.a.O., 1098; SÄGESSER, a.a.O., N. 40 zu Art. 47 RVOG ). Diese Gefahr besteht jedoch bei Behördenbeschwerden, welche in Handelsregistersachen auch vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement erhoben werden können ( Art. 76 Abs. 2 BGG ), nicht, weshalb keine zwingend zu berücksichtigende Zuständigkeit im Sinne von Art. 47 Abs. 5 RVOG vorliegt. Das EHRA ist in die Organisation des BJ eingegliedert und wird von diesem geführt ( Art. 8 Abs. 1 lit. c der Organisationsverordnung vom 17. November 1999 für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement [SR 172.213.1] ; Urteil 4A_578/2010 E. 1.2.2 mit Hinweis, nicht publ. in: BGE 137 III 217 ). Das BJ ist daher als übergeordnete Verwaltungseinheit gestützt auf das Selbsteintrittsrecht berechtigt, an Stelle des EHRA Behördenbeschwerde zu erheben. Dass der Bundesrat dem BJ diese Kompetenz mit der Einführung von Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV hätte entziehen wollen, ist nicht ersichtlich, zumal diese Bestimmung vom EHRA "im Bundesamt für Justiz" spricht, was dessen Überordnung betont. Demnach ist die Beschwerdelegitimation des BJ zu bejahen und - da auch die übrigen Voraussetzungen gegeben sind - auf seine Beschwerde einzutreten.
Urteilskopf
13. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Bundesamt für Justiz gegen Handelsregisteramt des Kantons Zürich (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_425/2011 vom 12. Dezember 2011
Regeste Führung des Handelsregisters; Behördenbeschwerde; Selbsteintritt; Art. 47 Abs. 4 und 5 RVOG ; Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV ; Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 und Art. 76 Abs. 2 BGG. Gestützt auf das Selbsteintrittsrecht ist das Bundesamt für Justiz legitimiert, an Stelle des ihm untergeordneten Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV Beschwerde zu erheben (E. 2).
Regeste
Führung des Handelsregisters; Behördenbeschwerde; Selbsteintritt; Art. 47 Abs. 4 und 5 RVOG ; Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV ; Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 und Art. 76 Abs. 2 BGG. Gestützt auf das Selbsteintrittsrecht ist das Bundesamt für Justiz legitimiert, an Stelle des ihm untergeordneten Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV Beschwerde zu erheben (E. 2).
Art. 47 Abs. 4 und 5 RVOG Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV Art. 76 Abs. 2 BGG Gestützt auf das Selbsteintrittsrecht ist das Bundesamt für Justiz legitimiert, an Stelle des ihm untergeordneten Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV Beschwerde zu erheben (E. 2).
Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV Sachverhalt ab Seite 90
Sachverhalt ab Seite 90 BGE 138 III 90 S. 90
BGE 138 III 90 S. 90
A. Am 2. März 2010 verfügte das Handelsregisteramt des Kantons Zürich die Auflösung der X. GmbH wegen fehlenden Rechtsdomizils. Einen gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs der X. GmbH bzw. ihres Geschäftsführers A. wies die Justizdirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 16. Juni 2010 ab.
A. Das Bundesamt für Justiz (BJ) führte am 27. Juli 2010 Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, die Verfügung der Justizdirektion vom 16. Juni 2010 aufzuheben und selber zu entscheiden, eventuell die Angelegenheit zur weiteren Abklärung an das BGE 138 III 90 S. 91 Handelsregisteramt des Kantons Zürich zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht verneinte die Beschwerdelegitimation des BJ und trat daher auf die Beschwerde mit Beschluss vom 1. Juni 2011 nicht ein.
BGE 138 III 90 S. 91
B. Das BJ (Beschwerdeführer) erhebt Beschwerde in Zivilsachen mit dem Begehren, der Beschluss des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 1. Juni 2011 sei aufzuheben.
B. Das Handelsregisteramt des Kantons Zürich (Beschwerdegegner) und die X. GmbH liessen sich nicht vernehmen. A. konnte die Beschwerde nicht zugestellt werden. Das Verwaltungsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2.
2. 2.1 Gegen Entscheide nach Art. 72 Abs. 2 BGG, darunter auch Entscheide über die Führung des Handelsregisters (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 BGG), steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabengebiet verletzen kann ( Art. 76 Abs. 2 BGG ).
2.1 Art. 72 Abs. 2 BGG Art. 76 Abs. 2 BGG 2.2 Der Bundesrat hat in Art. 5 Abs. 2 der Handelsregisterverordnung (HRegV; SR 221.411) in der Version vom 29. September 1997 das BJ zur Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht und zu den kantonalen Rechtsmitteln gegen Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden ermächtigt (AS 1997 2230). Die am 17. Oktober 2007 total revidierte Handelsregisterverordnung ermächtigt in Art. 5 Abs. 2 lit. e das Eidgenössische Amt für das Handelsregister (EHRA) im Bundesamt für Justiz zur selbstständigen Beschwerdeführung an das Bundesgericht gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts und der kantonalen Gerichte. Im Begleitbericht zur Totalrevision der Handelsregisterverordnung vom 28. März 2007, Vernehmlassungsentwurf, wurde dazu auf S. 7 ausgeführt (vgl. www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/1399/Bericht.pdf ):
2.2 "Eine weitere Kompetenzverschiebung ergibt sich bei den Rechtsmitteln gegen Entscheide der kantonalen Instanzen in Handelsregistersachen. Bisher war das BJ zur Beschwerdeführung an das Bundesgericht und zu den kantonalen Rechtsmitteln gegen Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden berechtigt. Diese Aufteilung der Kompetenzen ist insofern wenig BGE 138 III 90 S. 92 sachgerecht, als das EHRA im Rahmen der Genehmigung der Eintragungen u.U. über dieselben Rechtsfragen zu befinden hat. Es erscheint daher kohärenter, wenn sämtliche Zuständigkeiten im Zusammenhang mit der Oberaufsicht auf dieselbe Stelle vereint werden. Demgemäss wird im Entwurf vorgeschlagen, die Befugnis zur Beschwerdeführung gegen Entscheide der kantonalen Gerichte in Handelsregistersachen direkt dem EHRA zu übertragen."
BGE 138 III 90 S. 92
2.3 Unter Berufung auf diesen Bericht ging das Verwaltungsgericht davon aus, gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV sei nicht mehr das BJ, sondern nur noch das EHRA beschwerdelegitimiert.
2.3 Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV 2.4 Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, der Bundesrat habe zwar in Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV dem EHRA unmittelbar die Beschwerdelegitimation zuerkannt, damit dieselbe Hierarchieebene im BJ über alle operativen Geschäfte im Handelsregisterbereich entscheidberechtigt sei. Daraus könne aber nicht abgeleitet werden, der Bundesrat habe dem BJ die Möglichkeit entziehen wollen, wichtige oder heikle Geschäfte aufgrund des Selbsteintrittsrechts der höheren Hierarchiestufen gemäss Art. 47 Abs. 4 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 (RVOG; SR 172. 010) an sich zu ziehen. Die Beschwerdekompetenz des EHRA gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV bedeute daher nicht, dass dem BJ die Möglichkeit genommen werden solle, anstelle der neu zuständigen, ihm unterstellten Organisationsstufe zu entscheiden.
2.4 Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV 2.5 Das Bundesgericht hat bei einer vom Vorsteher des EHRA und von seiner Vorgesetzten (der Vizedirektorin des BJ) unterzeichneten Beschwerde gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV das EHRA als beschwerdelegitimiert erachtet (Urteil 4A_578/2010 vom 11. April 2011 E. 1.2.2, nicht publ. in: BGE 137 III 217 ). Damit wurde in diesem Entscheid die Frage nicht beantwortet, ob das BJ legitimiert ist, anstelle des EHRA eine Beschwerde zu erheben.
2.5 Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV 2.6 Gemäss Art. 47 Abs. 4 RVOG können die übergeordneten Verwaltungseinheiten und der Bundesrat jederzeit einzelne Geschäfte zum Entscheid an sich ziehen. Dieses Vorgehen wird als "Evokation" oder "Selbsteintritt" bezeichnet, weil die übergeordnete Behörde dabei gestützt auf ihre Dienstaufsicht selber bzw. an Stelle ihrer untergeordneten Einheit handelt, anstatt diese zum Entscheid anzuweisen (TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, § 6 Rz. 7 S. 46; THOMAS SÄGESSER, Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz [RVOG], 2007, N. 36 zu Art. 47 RVOG ). Der in Art. 47 RVOG verwendete Begriff der BGE 138 III 90 S. 93 "Entscheidung" ist in einem weiten Sinne zu verstehen und umfasst neben der Kompetenz zum Erlass von Verfügungen namentlich auch die Kompetenz zur Beschwerdeerhebung (SÄGESSER, a.a.O., N. 8 zu Art. 47 RVOG ; vgl. auch Botschaft zum RVOG vom 20. Oktober 1993, BBl 1993 III 997 ff., 1097). Gemäss Art. 47 Abs. 5 RVOG wird der Selbsteintritt bei nach der Gesetzgebung über die Bundesrechtspflege zwingend zu berücksichtigenden Zuständigkeiten ausgeschlossen. Mit diesem Ausschluss sollte vermieden werden, dass infolge des Selbsteintritts eine Instanz wegfällt und deshalb die Beschwerdemöglichkeiten der Betroffenen nicht mehr vollständig gewährt werden (Botschaft zum RVOG, a.a.O., 1098; SÄGESSER, a.a.O., N. 40 zu Art. 47 RVOG ). Diese Gefahr besteht jedoch bei Behördenbeschwerden, welche in Handelsregistersachen auch vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement erhoben werden können ( Art. 76 Abs. 2 BGG ), nicht, weshalb keine zwingend zu berücksichtigende Zuständigkeit im Sinne von Art. 47 Abs. 5 RVOG vorliegt. Das EHRA ist in die Organisation des BJ eingegliedert und wird von diesem geführt ( Art. 8 Abs. 1 lit. c der Organisationsverordnung vom 17. November 1999 für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement [SR 172.213.1] ; Urteil 4A_578/2010 E. 1.2.2 mit Hinweis, nicht publ. in: BGE 137 III 217 ). Das BJ ist daher als übergeordnete Verwaltungseinheit gestützt auf das Selbsteintrittsrecht berechtigt, an Stelle des EHRA Behördenbeschwerde zu erheben. Dass der Bundesrat dem BJ diese Kompetenz mit der Einführung von Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV hätte entziehen wollen, ist nicht ersichtlich, zumal diese Bestimmung vom EHRA "im Bundesamt für Justiz" spricht, was dessen Überordnung betont. Demnach ist die Beschwerdelegitimation des BJ zu bejahen und - da auch die übrigen Voraussetzungen gegeben sind - auf seine Beschwerde einzutreten.
2.6 Art. 47 Abs. 4 RVOG Art. 47 RVOG Art. 47 RVOG BGE 138 III 90 S. 93
Art. 47 RVOG Art. 47 Abs. 5 RVOG Art. 47 RVOG Art. 76 Abs. 2 BGG Art. 47 Abs. 5 RVOG Art. 8 Abs. 1 lit. c der Organisationsverordnung vom 17. November 1999 für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement [SR 172.213.1] Art. 5 Abs. 2 lit. e HRegV
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Urteilskopf 138 III 94 14. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Handelsgericht des Kantons Zürich (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_168/2011 vom 16. Januar 2012 Regeste Anfechtung eines Zwischenentscheides über die Zuständigkeit ausschliesslich im Kostenpunkt ( Art. 92 und 93 BGG ). Beanstandet eine Partei einen Zwischenentscheid über die Zuständigkeit ausschliesslich im Kostenpunkt, findet die Ausnahmeregelung nach Art. 92 BGG keine Anwendung. Die Anfechtbarkeit richtet sich vielmehr nach Art. 93 BGG (E. 2). Ausnahmsweiser Verzicht auf die Erhebung von Kosten (E. 3). Erwägungen ab Seite 94 BGE 138 III 94 S. 94 Aus den Erwägungen: 2. Die Vorinstanz hat die Unzuständigkeitseinrede der Beschwerdeführerin verworfen und damit einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 92 BGG gefällt (zum Begriff vgl. BGE 135 III 566 E. 1.1 S. 568 f. mit Hinweisen). 2.1 Vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit wenn möglich nur einmal befassen soll ( BGE 134 III 188 E. 2.2 S. 191; BGE 133 III 629 E. 2.1 S. 631), sieht das Gesetz Ausnahmen vor, namentlich mit Bezug auf Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und den Ausstand, die als solche angefochten werden können und müssen, da im Rahmen der Anfechtung des Endentscheids nicht mehr darauf zurückgekommen werden kann ( Art. 92 BGG ). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass prozessökonomische Gründe und BGE 138 III 94 S. 95 die Parteiinteressen erheischen, über gewisse im Zwischenentscheid behandelte gerichtsorganisatorische Fragen endgültig zu entscheiden, bevor das Verfahren weiter geführt wird. Es soll einer Partei nicht die volle Prozessführung einschliesslich der Beweisführung bis zum Endentscheid zugemutet werden mit dem Risiko, dass die Gegenpartei das instanzabschliessende Urteil mit Aussicht auf Erfolg wegen Unzuständigkeit anficht und das gesamte Verfahren wiederholt werden müsste (UHLMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 13 zu Art. 92 BGG ; VON WERDT, in: Bundesgerichtsgesetz, 2007, Seiler/von Werdt/Güngerich [Hrsg.], N. 6 zu Art. 92 BGG ; DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, 2008, N. 3283 zu Art. 92 und 93 BGG ). 2.2 Mit Bezug auf die Frage der Zuständigkeit hat die Beschwerdeführerin den Zwischenentscheid des Handelsgerichts aber gerade nicht angefochten. Die in einem kantonalen Entscheid in einer Zivilsache ergangene Kosten- und Entschädigungsregelung kann zwar selbstständig mit Beschwerde in Zivilsachen angefochten werden, wenn, wie im zu beurteilenden Fall, bezüglich der Hauptsache die Beschwerde in Zivilsachen offensteht und dafür keine besonderen Verfahrenswege vorgeschrieben sind ( BGE 134 I 159 E. 1.1 S. 160 mit Hinweisen). Die Gründe, die rechtfertigen, dass Zwischenentscheide über die Zuständigkeit nach Art. 92 BGG ausnahmsweise sofort anzufechten sind, entfallen aber, wenn die beschwerdeführende Partei die Zuständigkeit vor Bundesgericht nicht anficht. Für die Statuierung einer Ausnahme vom Grundsatz, wonach sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll ( BGE 134 III 188 E. 2.2 S. 191; BGE 133 III 629 E. 2.1 S. 631), besteht unter diesen Umständen kein Anlass, zumal die Ausnahme restriktiv zu handhaben ist. 2.3 Werden einzig die Kostenfolgen beanstandet, erscheint es nicht gerechtfertigt, Zwischenentscheide über die Zuständigkeit anders als andere Zwischenentscheide zu behandeln, in denen die Kostenverlegung auch erst angefochten werden kann, nachdem der Endentscheid ergangen ist ( BGE 135 III 329 ). Der Anwendungsbereich von Art. 92 BGG ist teleologisch auf diejenige Fälle einzuschränken, in denen vor Bundesgericht Fragen der Zuständigkeit oder des Ausstandes thematisiert werden. Die blosse Anfechtung der Nebenfolgen der Abweisung einer Unzuständigkeitseinrede richtet sich daher nicht nach Art. 92 BGG, sondern wie bei jedem anderen Zwischenentscheid im Sinne des BGG nach Art. 93 BGG. Wird die Zuständigkeit nicht BGE 138 III 94 S. 96 in Frage gestellt, können mithin, wenn keine Ausnahme nach Art. 93 Abs. 1 BGG gegeben ist, die Kostenfolgen des Zwischenentscheides über die Zuständigkeit beim Bundesgericht nur im Rahmen von Art. 93 Abs. 3 BGG mit Beschwerde gegen den Endentscheid angefochten werden ( BGE 135 III 329 E. 1 S. 331 ff.; Urteil des Bundesgerichts 4A_128/2009 vom 1. Juli 2009 E. 1). 2.4 Dass der Beschwerdeführerin aufgrund der festgesetzten Höhe der Kosten des Zwischenentscheides ein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstehen könnte ( Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ), ist namentlich mit Blick auf die spätere Anfechtbarkeit des Endentscheides nicht ersichtlich. Etwas anderes legt die Beschwerdeführerin auch nicht dar. 3. Damit erweist sich die Beschwerde als unzulässig, weshalb nicht darauf einzutreten ist. Da Art. 92 BGG nach seinem Wortlaut die sofortige Anfechtung der Zwischenentscheide über die Zuständigkeit verlangt und das Bundesgericht sich zu dessen Tragweite bis anhin nicht geäussert hat, erscheint angemessen, ausnahmsweise von der Auferlegung von Kosten für das Verfahren vor Bundesgericht abzusehen.
Urteilskopf
14. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Handelsgericht des Kantons Zürich (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_168/2011 vom 16. Januar 2012
Regeste Anfechtung eines Zwischenentscheides über die Zuständigkeit ausschliesslich im Kostenpunkt ( Art. 92 und 93 BGG ). Beanstandet eine Partei einen Zwischenentscheid über die Zuständigkeit ausschliesslich im Kostenpunkt, findet die Ausnahmeregelung nach Art. 92 BGG keine Anwendung. Die Anfechtbarkeit richtet sich vielmehr nach Art. 93 BGG (E. 2). Ausnahmsweiser Verzicht auf die Erhebung von Kosten (E. 3).
Regeste
Anfechtung eines Zwischenentscheides über die Zuständigkeit ausschliesslich im Kostenpunkt ( Art. 92 und 93 BGG ). Beanstandet eine Partei einen Zwischenentscheid über die Zuständigkeit ausschliesslich im Kostenpunkt, findet die Ausnahmeregelung nach Art. 92 BGG keine Anwendung. Die Anfechtbarkeit richtet sich vielmehr nach Art. 93 BGG (E. 2). Ausnahmsweiser Verzicht auf die Erhebung von Kosten (E. 3).
Art. 92 und 93 BGG Beanstandet eine Partei einen Zwischenentscheid über die Zuständigkeit ausschliesslich im Kostenpunkt, findet die Ausnahmeregelung nach Art. 92 BGG keine Anwendung. Die Anfechtbarkeit richtet sich vielmehr nach Art. 93 BGG (E. 2).
Art. 92 BGG Art. 93 BGG Ausnahmsweiser Verzicht auf die Erhebung von Kosten (E. 3).
Erwägungen ab Seite 94
Erwägungen ab Seite 94 BGE 138 III 94 S. 94
BGE 138 III 94 S. 94
Aus den Erwägungen:
2. Die Vorinstanz hat die Unzuständigkeitseinrede der Beschwerdeführerin verworfen und damit einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 92 BGG gefällt (zum Begriff vgl. BGE 135 III 566 E. 1.1 S. 568 f. mit Hinweisen).
2. Art. 92 BGG 2.1 Vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit wenn möglich nur einmal befassen soll ( BGE 134 III 188 E. 2.2 S. 191; BGE 133 III 629 E. 2.1 S. 631), sieht das Gesetz Ausnahmen vor, namentlich mit Bezug auf Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und den Ausstand, die als solche angefochten werden können und müssen, da im Rahmen der Anfechtung des Endentscheids nicht mehr darauf zurückgekommen werden kann ( Art. 92 BGG ). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass prozessökonomische Gründe und BGE 138 III 94 S. 95 die Parteiinteressen erheischen, über gewisse im Zwischenentscheid behandelte gerichtsorganisatorische Fragen endgültig zu entscheiden, bevor das Verfahren weiter geführt wird. Es soll einer Partei nicht die volle Prozessführung einschliesslich der Beweisführung bis zum Endentscheid zugemutet werden mit dem Risiko, dass die Gegenpartei das instanzabschliessende Urteil mit Aussicht auf Erfolg wegen Unzuständigkeit anficht und das gesamte Verfahren wiederholt werden müsste (UHLMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 13 zu Art. 92 BGG ; VON WERDT, in: Bundesgerichtsgesetz, 2007, Seiler/von Werdt/Güngerich [Hrsg.], N. 6 zu Art. 92 BGG ; DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, 2008, N. 3283 zu Art. 92 und 93 BGG ).
2.1 Art. 92 BGG BGE 138 III 94 S. 95
Art. 92 BGG Art. 92 BGG Art. 92 und 93 BGG 2.2 Mit Bezug auf die Frage der Zuständigkeit hat die Beschwerdeführerin den Zwischenentscheid des Handelsgerichts aber gerade nicht angefochten. Die in einem kantonalen Entscheid in einer Zivilsache ergangene Kosten- und Entschädigungsregelung kann zwar selbstständig mit Beschwerde in Zivilsachen angefochten werden, wenn, wie im zu beurteilenden Fall, bezüglich der Hauptsache die Beschwerde in Zivilsachen offensteht und dafür keine besonderen Verfahrenswege vorgeschrieben sind ( BGE 134 I 159 E. 1.1 S. 160 mit Hinweisen). Die Gründe, die rechtfertigen, dass Zwischenentscheide über die Zuständigkeit nach Art. 92 BGG ausnahmsweise sofort anzufechten sind, entfallen aber, wenn die beschwerdeführende Partei die Zuständigkeit vor Bundesgericht nicht anficht. Für die Statuierung einer Ausnahme vom Grundsatz, wonach sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll ( BGE 134 III 188 E. 2.2 S. 191; BGE 133 III 629 E. 2.1 S. 631), besteht unter diesen Umständen kein Anlass, zumal die Ausnahme restriktiv zu handhaben ist.
2.2 Art. 92 BGG 2.3 Werden einzig die Kostenfolgen beanstandet, erscheint es nicht gerechtfertigt, Zwischenentscheide über die Zuständigkeit anders als andere Zwischenentscheide zu behandeln, in denen die Kostenverlegung auch erst angefochten werden kann, nachdem der Endentscheid ergangen ist ( BGE 135 III 329 ). Der Anwendungsbereich von Art. 92 BGG ist teleologisch auf diejenige Fälle einzuschränken, in denen vor Bundesgericht Fragen der Zuständigkeit oder des Ausstandes thematisiert werden. Die blosse Anfechtung der Nebenfolgen der Abweisung einer Unzuständigkeitseinrede richtet sich daher nicht nach Art. 92 BGG, sondern wie bei jedem anderen Zwischenentscheid im Sinne des BGG nach Art. 93 BGG. Wird die Zuständigkeit nicht BGE 138 III 94 S. 96 in Frage gestellt, können mithin, wenn keine Ausnahme nach Art. 93 Abs. 1 BGG gegeben ist, die Kostenfolgen des Zwischenentscheides über die Zuständigkeit beim Bundesgericht nur im Rahmen von Art. 93 Abs. 3 BGG mit Beschwerde gegen den Endentscheid angefochten werden ( BGE 135 III 329 E. 1 S. 331 ff.; Urteil des Bundesgerichts 4A_128/2009 vom 1. Juli 2009 E. 1).
2.3 Art. 92 BGG Art. 92 BGG Art. 93 BGG BGE 138 III 94 S. 96
Art. 93 Abs. 1 BGG Art. 93 Abs. 3 BGG 2.4 Dass der Beschwerdeführerin aufgrund der festgesetzten Höhe der Kosten des Zwischenentscheides ein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstehen könnte ( Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ), ist namentlich mit Blick auf die spätere Anfechtbarkeit des Endentscheides nicht ersichtlich. Etwas anderes legt die Beschwerdeführerin auch nicht dar.
2.4 Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG 3. Damit erweist sich die Beschwerde als unzulässig, weshalb nicht darauf einzutreten ist. Da Art. 92 BGG nach seinem Wortlaut die sofortige Anfechtung der Zwischenentscheide über die Zuständigkeit verlangt und das Bundesgericht sich zu dessen Tragweite bis anhin nicht geäussert hat, erscheint angemessen, ausnahmsweise von der Auferlegung von Kosten für das Verfahren vor Bundesgericht abzusehen.
3. Art. 92 BGG
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Urteilskopf
15. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_662/2011 vom 18. Januar 2012
Regeste Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ; Ehegattenunterhalt während des Getrenntlebens; Konkubinat. Auswirkungen eines nichtehelichen Zusammenlebens auf den Unterhaltsanspruch im Rahmen gerichtlicher Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft (E. 2 und 3).
Regeste
Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ; Ehegattenunterhalt während des Getrenntlebens; Konkubinat. Auswirkungen eines nichtehelichen Zusammenlebens auf den Unterhaltsanspruch im Rahmen gerichtlicher Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft (E. 2 und 3).
Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB Auswirkungen eines nichtehelichen Zusammenlebens auf den Unterhaltsanspruch im Rahmen gerichtlicher Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft (E. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 97
Sachverhalt ab Seite 97 BGE 138 III 97 S. 97
BGE 138 III 97 S. 97
X. (Ehemann und Beschwerdeführer), Jahrgang 1977, und Y. (Ehefrau und Beschwerdegegnerin), Jahrgang 1976, heirateten im April 2005. Sie wurden Eltern der Kinder T. und S., geboren im Februar 2006 und im Januar 2009. Die Beschwerdegegnerin lernte im Oktober 2009 einen anderen Mann kennen, mit dem sie seit Ende Januar 2010 zusammenlebt. Aus dieser Beziehung ist im Oktober 2010 das Kind K. hervorgegangen.
Am 1. Februar 2010 stellte der Beschwerdeführer ein Gesuch um Regelung des Getrenntlebens. Das Gerichtspräsidium stellte die Kinder T. und S. unter die Obhut der Beschwerdegegnerin, regelte das BGE 138 III 97 S. 98 Besuchs- und Ferienrecht und verpflichtete den Beschwerdeführer, Kinderunterhaltsbeiträge von monatlich je Fr. 700.- zuzüglich Kinderzulagen und der Beschwerdegegnerin an den persönlichen Unterhalt monatlich Fr. 1'019.10 vom 1. Februar 2010 bis 30. Juni 2010 und von Fr. 1'045.30 ab 1. Juli 2010 zu bezahlen.
BGE 138 III 97 S. 98
Der Beschwerdeführer focht seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Beschwerdegegnerin an mit den Begehren, es sei festzuhalten, dass der erstinstanzlich festgesetzte Ehegattenunterhalt aufgehoben werde, solange die Beschwerdegegnerin in der heutigen Lebensgemeinschaft mit ihrem neuen Lebenspartner lebe, umgehend aber wieder auflebe, sofern das Konkubinat beendet werde. Das Obergericht wies die Beschwerde ab. Der Beschwerdeführer ist an das Bundesgericht gelangt, das seine Beschwerde abweist, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. Vor Bundesgericht ist zur Hauptsache streitig, ob und wie sich das Zusammenleben der Beschwerdegegnerin mit einem neuen Partner auf ihren Unterhaltsanspruch im Rahmen gerichtlicher Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft auswirkt. Die rechtliche Ausgangslage zeigt sich unter Willkürgesichtspunkten wie folgt:
2. 2.1 Wo die Ehegatten sich einig sind, den gemeinsamen Haushalt aufzuheben, hat das Eheschutzgericht die Berechtigung zum Getrenntleben förmlich zu bewilligen und dessen Folgen zu regeln. Unter dieser Voraussetzung wird dem Ehegatten, der zuvor den gemeinsamen Haushalt verlassen hat, um mit einem neuen Partner zusammenzuleben, der Anspruch auf Unterhalt nicht gleichsam von Gesetzes wegen aberkannt. Dasselbe gilt aber auch, wo die Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes aus anderen Gründen berechtigt ist, insbesondere vom anderen Ehegatten herbeigeführt wurde, oder im Hinblick auf die spätere Scheidung verlangt wird. Ist die Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes insoweit begründet, muss das Gericht auf Begehren eines Ehegatten, die Geldbeiträge, die der eine Ehegatte dem andern schuldet, festsetzen ( Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ; vgl. SPYCHER/HAUSHEER, Handbuch des Unterhaltsrechts, 2. Aufl. 2010, N. 10.03 f. S. 675 f. und N. 10.23 ff. S. 687 f., und BRUNNER, im zit. Handbuch, N. 04.50 f. S. 194 f.; je mit Hinweisen).
2.1 Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB 2.2 BGE 138 III 97 S. 99
Art. 163 ZGB Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB Art. 163 ZGB Art. 163 ZGB Art. 125 ZGB 2.3 Wie sich das Zusammenleben eines Ehegatten in einer neuen Partnerschaft unterhaltsrechtlich auswirkt, ist im konkreten Einzelfall zu prüfen. Es lassen sich dabei mehrere Tatbestände unterscheiden, die - unter Willkürgesichtspunkten - folgende Schlüsse gestatten:
2.3 2.3.1 BGE 138 III 97 S. 100
Art. 163 ZGB Art. 163 ZGB Art. 129 ZGB 2.3.2 Erfolgt keine finanzielle Unterstützung oder sind entsprechende Leistungen des neuen Partners nicht nachweisbar, kann immerhin eine sog. (einfache) Wohn- und Lebensgemeinschaft ("communauté de toit et de table"; "comunione di tetto e di tavola") vorliegen, die Einsparungen in den Lebenshaltungskosten mit sich bringt. Entscheidend ist dabei nicht die Dauer der Partnerschaft, sondern der wirtschaftliche Vorteil, der daraus gezogen wird. In Anlehnung an die betreibungsrechtlichen Richtlinien tragen die Partner die gemeinschaftlichen Kosten (Grundbetrag, Miete usw.) anteilsmässig, selbst wenn die tatsächliche Beteiligung geringer sein sollte. Diese Kostenersparnis ist im Bedarf des unterhaltsberechtigten wie im Übrigen auch des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu berücksichtigen (vgl. Urteil 5P.90/2002 vom 1. Juli 2002 E. 2b, zusammengefasst in: FamPra.ch 2002 S. 813; seither: Urteile 5D_94/2009 vom 16. September 2009 E. 2.2 und 5A_453/2009 vom 9. November 2009 E. 4.2.3, in: FamPra.ch 2010 S. 160).
2.3.2 2.3.3 Schliesslich ist auch im Rahmen des Eheschutzes nicht ausgeschlossen, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte in einem sog. qualifizierten oder gefestigten Konkubinat lebt. Darunter versteht die Rechtsprechung eine auf längere Zeit, wenn nicht auf Dauer angelegte umfassende Lebensgemeinschaft zweier Personen unterschiedlichen Geschlechts mit grundsätzlich Ausschliesslichkeitscharakter, die sowohl eine geistig-seelische als auch eine wirtschaftliche Komponente aufweist. Verkürzt wird diese etwa auch als Wohn-, BGE 138 III 97 S. 101 Tisch- und Bettgemeinschaft ("communauté de toit, de table et de lit"; "comunione di tetto, di tavola e di letto") bezeichnet. Das Gericht hat diesbezüglich eine Würdigung sämtlicher massgebender Faktoren vorzunehmen, wobei für die Beurteilung der Qualität einer Lebensgemeinschaft die gesamten Umstände des Zusammenlebens von Bedeutung sind. Der Unterhaltsanspruch fällt weg, wenn der Ehegatte in einer festen Beziehung lebt, die ihm ähnliche Vorteile bietet wie eine Ehe. Entscheidend ist dabei nicht (mehr) das Kriterium des Rechtsmissbrauchs, sondern vielmehr, ob der Unterhaltsberechtigte mit seinem neuen Partner eine so enge Lebensgemeinschaft bildet, dass dieser bereit ist, ihm Beistand und Unterstützung zu leisten, wie es Art. 159 Abs. 3 ZGB von Ehegatten fordert. Ob die Partner über die dazu notwendigen finanziellen Mittel überhaupt verfügen, ist unerheblich (vgl. für den Eheschutz: Urteile 5P.135/2005 vom 22. Juli 2005 E. 2.1, in: FamPra.ch 2005 S. 926, und 5P.485/2006 vom 20. Juni 2007 E. 2.3.1, zusammengefasst in: FamPra.ch 2007 S. 894, mit Hinweisen).
2.3.3 BGE 138 III 97 S. 101
Art. 159 Abs. 3 ZGB 3. Die Anwendung der dargelegten Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt unter Willkürgesichtspunkten Folgendes.
3. 3.1 Die Parteien sind sich im kantonalen Verfahren einig gewesen, den gemeinsamen Haushalt aufzuheben, hat doch der Beschwerdeführer am 1. Februar 2010 ein entsprechendes Gesuch gestellt, dem die Beschwerdegegnerin zugestimmt hat. Dass sie die eheliche Wohnung Ende Januar verlassen hat und zu ihrem neuen Partner gezogen ist, hat ihren Unterhaltsanspruch deshalb nicht beeinträchtigen können. Davon durfte das Gerichtspräsidium ausgehen. Dessen Befugnis, die Berechtigung der Parteien zum Getrenntleben festzustellen und über dessen Folgen zu entscheiden, hat der Beschwerdeführer vor Obergericht denn auch nicht angefochten (vgl. E. 2.1 hiervor).
3.1 3.2 Zur Vereinbarung der Ehegatten, wie sie die Aufgaben und die Geldmittel unter sich aufgeteilt haben, hat das Obergericht festgehalten, die Beschwerdegegnerin habe sich offenbar um die Kinder und den Haushalt gekümmert, während der Beschwerdeführer einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass vor der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes die Beschwerdegegnerin ihren Beitrag an den Familienunterhalt durch Besorgung des Haushaltes und Betreuung der Kinder erbracht und er die Geldmittel beschafft hat. Da diese Mittel beschränkt sind und die getrennte Haushaltführung zusätzliche Kosten verursacht, ist zu prüfen gewesen, wie die Vereinbarung der Parteien über BGE 138 III 97 S. 102 Aufgabenteilung und Geldleistungen angepasst werden kann. Dabei hat dasObergericht die Kriterien für den nachehelichen Unterhalt miteinbeziehen müssen, ist doch das Eheschutzverfahren zwecks Verhandlungen über eine Scheidungsvereinbarung vom 23. Dezember 2010 bis zum 10. Mai 2011 sistiert worden und insoweit auch unbestritten geblieben, dass mit einer Wiederaufnahme des gemeinsamenHaushaltes nicht mehr ernsthaft gerechnet werden kann. Auch nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes hat die Beschwerdegegnerin ihre heute drei und sechs Jahre alten Kinder zu betreuen, die gerichtlich unter ihre Obhut gestellt wurden. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit darf ihr insoweit nicht zugemutet werden (vgl. BGE 115 II 6 E. 3c S. 10; BGE 137 III 102 E. 4.2.2.2 S. 109), so dass der Beschwerdeführer weiterhin für ihren Unterhalt aufzukommen hat und die entsprechenden Geldbeiträge im Sinne von Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB schuldet. Der angefochtene Entscheid erweist sich auch zu dieser Fragestellung (vgl. E. 2.2 hiervor) im Ergebnis als willkürfrei.
3.2 BGE 138 III 97 S. 102
Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB 3.3 Vor Obergericht war streitig, ob die Beschwerdegegnerin von ihrem neuen Partner finanziell unterstützt wird oder für ihren Lebensunterhalt selber aufkommen und ihrem neuen Partner einen vertraglich vereinbarten Mietzins bezahlen muss (vgl. zu dieser Frage: E. 2.3.1 hiervor).
3.3 3.3.1 Das Obergericht ist davon ausgegangen, die Beschwerdegegnerin habe glaubhaft dargetan, dass sie ihren Lebensunterhalt mangels zureichender Unterhaltsleistungen des Beschwerdeführers im Wesentlichen mittels Unterstützungsbeiträgen ihrer Eltern bestritten habe und ihrem Lebenspartner einen monatlichen Mietzins für die Mitbenützung seines Einfamilienhauses bezahle. Die Darstellung der Beschwerdegegnerin, die Beziehung zwischen ihr und ihren Partner sei von keinem eheähnlichen Unterstützungswillen getragen, erscheine als plausibel.
3.3.1 3.3.2 Eine Verfassungsverletzung erblickt der Beschwerdeführer darin, dass das Obergericht im kantonalen Beschwerdeverfahren zusätzliche Beweisurkunden berücksichtigt habe, zu denen er nicht habe Stellung nehmen können. Dass sie von ihren Eltern regelmässig finanziell unterstützt werde und einen Anteil der Miete des gemeinsam mit dem neuen Partner bewohnten Hauses bezahlen müsse, hat die Beschwerdegegnerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren behauptet und in ihrer Beschwerdeantwort vor Obergericht mit zusätzlichen Belegen untermauert. Die Eingabe wurde dem BGE 138 III 97 S. 103 Beschwerdeführer zugestellt (Verfügung vom 14. Dezember 2010) und das Verfahren anschliessend zwecks Vergleichsgesprächen sistiert (Verfügung vom 23. Dezember 2010). Spätestens nach der formellen Aufhebung der Sistierung (Verfügung vom 10. Mai 2011) hätte der Beschwerdeführer ausreichend Anlass und bis zum Ergehen des Entscheids am 15. August 2011 auch genügend Zeit und Gelegenheit gehabt, sich gegen eine Berücksichtigung der Beweisurkunden zu verwahren oder dazu vorsorglich Stellung zu nehmen (vgl. BGE 133 I 100 E. 4.8 S. 105; Urteil 5A_705/2010 vom 14. März 2011 E. 2.2). Seine Rüge in einem Zeitpunkt, wo die Beweiswürdigung zu seinem Nachteil ausgefallen ist, kann nicht gehört werden (vgl. BGE 127 II 227 E. 1b S. 230; Urteil 5A_92/2008 vom 25. Juni 2008 E. 3.3.1).
3.3.2 BGE 138 III 97 S. 103
3.3.3 Inwiefern die obergerichtliche Annahme, die belegten Zahlungen der Eltern an die Beschwerdegegnerin seien für deren Unterhalt bestimmt, willkürlich sein soll, ist mit einem blossen Hinweis auf den Betreibungsregisterauszug der Beschwerdegegnerin nicht dargetan. Teilweise wird auf Quittungen vielmehr vermerkt "für Essen + Unterhalt". Die Feststellung über den Unterhaltszweck der Zahlungen kann nicht beanstandet werden. Aufgrund der erhobenen Rügen erscheint auch das obergerichtliche Beweisergebnis insgesamt nicht als willkürlich, wonach nicht glaubhaft gemacht ist, dass die Beschwerdegegnerin von ihrem neuen Partner finanziell unterstützt wird.
3.3.3 3.4 Hauptstreitpunkt war im kantonalen Verfahren, ob das Zusammenleben der Beschwerdegegnerin mit ihrem neuen Partner lediglich als sog. (einfache) Wohn- und Lebensgemeinschaft zu gelten hat oder als sog. qualifiziertes Konkubinat anerkannt werden muss (vgl. zu dieser Frage: E. 2.3.2 und 2.3.3 hiervor).
3.4 3.4.1 Das Obergericht hat festgehalten, das Zusammenleben der Beschwerdegegnerin in der neuen Partnerschaft habe Ende Januar 2010 begonnen und sei insoweit von nur kurzer Dauer. Da die Beschwerdegegnerin ihren neuen Partner erst im Oktober 2009 kennengelernt, ihm aber bereits am 15. Oktober 2010 eine gemeinsame Tochter geboren habe, erscheine ihre Darstellung einer ungeplanten Schwangerschaft nicht als abwegig. Schliesslich hat das Obergericht die Ansicht geteilt, der behördliche Abklärungsbericht vom 14. Juni 2010 habe nicht die neue Beziehung der Beschwerdegegnerin, sondern die neue Wohn- und Lebenssituation der bei ihr wohnhaften Kinder T. und S. beurteilt. Ihre im Abklärungsbericht wiedergegebenen Aussagen seien vor dem Hintergrund dieses Abklärungsgegenstandes zu BGE 138 III 97 S. 104 würdigen und könnten weder Schlüsse auf die Qualität ihrer neuen Partnerschaft gestatten noch als Eingeständnis eines qualifizierten Konkubinats gelten. Ein gutes Einvernehmen und gewisse gemeinsame Interessen, wie sie im Abklärungsbericht zum Ausdruck kämen, seien sodann die Voraussetzung jeder Liebesbeziehung schlechthin. Mit Rücksicht auf sämtliche Umstände des konkreten Einzelfalls hat das Obergericht angenommen, die Beschwerdegegnerin lebe mit ihrem neuen Partner lediglich in einer (einfachen) Wohn- und Lebensgemeinschaft, die bloss reduzierte Lebenshaltungskosten der Beteiligten mit sich bringe. Der Beschwerdeführer rügt als willkürlich, dass das Obergericht ein qualifiziertes Konkubinat verneint habe, obwohl die Beschwerdegegnerin seit Ende Januar 2010 mit ihrem neuen Partner zusammenlebe, mit ihm eine Tochter habe und den Haushalt der Familie führe, bestehend aus der Beschwerdegegnerin und ihrem Partner, der gemeinsamen Tochter und den beiden Kindern der Parteien. Aus dem Abklärungsbericht vom 14. Juni 2010 gehe zudem hervor, dass die Beschwerdegegnerin selber von einer neuen Familie mit ihrem heutigen Partner und damit von einem qualifizierten Konkubinat ausgehe.
3.4.1 BGE 138 III 97 S. 104
3.4.2 Die tatsächlichen Voraussetzungen, die rechtlich auf ein qualifiziertes Konkubinat zu schliessen gestatten, hat der Unterhaltsschuldner im ordentlichen Verfahren voll zu beweisen ( Art. 8 ZGB ; vgl. BGE 118 II 235 E. 3c S. 238) und im Eheschutzverfahren glaubhaft zu machen (vgl. BGE 118 II 376 E. 3 S. 377 und 378 E. 3b S. 381). Bei einem Konkubinat, das im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens bereits fünf Jahre gedauert hat, ist im Sinne einer Tatsachenvermutung grundsätzlich davon auszugehen, es handle sich um eine Schicksalsgemeinschaft ähnlich einer Ehe (vgl. BGE 118 II 235 E. 3a S. 237). Auf diese Tatsachenvermutung kann sich der Beschwerdeführer, wie er das selber einräumt, nicht berufen, da die Beschwerdegegnerin erst seit Januar 2010 mit ihrem neuen Partner zusammenlebt. Die Geburt des gemeinsamen Kindes der Konkubinatspartner ändert an der den Beschwerdeführer treffenden Last der Glaubhaftmachung nichts (vgl. Urteil C.447/1987 vom 19. Januar 1988 E. 5, zit. bei BÜHLER/SPÜHLER, Berner Kommentar, Ergänzungsband, 1991, N. 23 zu aArt. 153 ZGB).
3.4.2 Art. 8 ZGB 3.4.3 BGE 138 III 97 S. 105
3.4.4 Für den Entscheid über die Obhutszuteilung hat das Gerichtspräsidium einen Bericht zu den Fragen einholen lassen, wie die aktuellen Verhältnisse der Kinder T. und S. an ihrem neuen Wohnort seien und ob Kindesschutzmassnahmen notwendig seien. Der Abklärungsbericht wurde am 14. Juni 2010 erstattet und zu den Gerichtsakten genommen. In seiner abschliessenden Stellungnahme zum BGE 138 III 97 S. 106 Beweisergebnis hat der Beschwerdeführer beanstandet, der Abklärungsbericht entbehre jeglicher Objektivität, sei als Grundlage für einen Entscheid kaum brauchbar und basiere einzig auf Grundlagen, die der Verfasser aus Erzählungen der Beschwerdegegnerin erhalten habe. Vor Obergericht hat sich der Beschwerdeführer auf den Bericht als Hauptbeweismittel für das Vorliegen eines qualifizierten Konkubinats berufen. Dass das Obergericht in diesem Punkt weder auf die Feststellungen im Bericht noch auf die darin wiedergegebenen Aussagen der Beschwerdegegnerin hat abstellen wollen, erweist sich nicht als willkürlich. Gegenstand des Abklärungsberichts waren die für die Obhutszuteilung entscheidenden Lebensverhältnisse der Kinder an ihrem neuen Wohnort und nicht die für die Unterhaltsregelung massgebende Beziehung zwischen der Beschwerdegegnerin und ihrem neuen Partner. Die Äusserungen und Feststellungen im Abklärungsbericht betreffen die Erziehungsfähigkeit der Eltern, die Möglichkeit der persönlichen Betreuung der Kleinkinder usw. (vgl. BGE 136 I 178 E. 5.3 S. 180 f.), sagen aber unmittelbar nichts zum Gehalt der neuen Partnerschaft der Beschwerdegegnerin und durften deshalb willkürfrei als dafür nicht zur Glaubhaftmachung geeignet gewürdigt werden.
3.4.4 BGE 138 III 97 S. 106
3.4.5 Unter Willkürgesichtspunkten kann die obergerichtliche Verneinung eines qualifizierten Konkubinats insgesamt nicht beanstandet werden ( Art. 9 BV ; vgl. zum Begriff: BGE 136 III 552 E. 4.2 S. 560). Vor Obergericht unbestritten geblieben ist, dass der Beschwerdegegnerin die Einsparungen, die sich aus der (einfachen) Wohn- und Lebensgemeinschaft mit ihrem neuen Partner ergeben, im Bedarf anzurechnen sind.
3.4.5 Art. 9 BV 3.5 Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit der Beschwerdeführer beantragt, ihn zu Unterhaltsbeiträgen zu verpflichten, die einzustellen seien, solange das heutige Zusammenleben der Beschwerdegegnerin mit ihrem neuen Partner andauere. Da ein qualifiziertes Konkubinat willkürfrei verneint werden durfte, kann offenbleiben, ob die beantragte Vorgehensweise, die für den nachehelichen Unterhalt entwickelt wurde (vgl. Urteil 5A_81/2008 vom 11. Juni 2008 E. 5.1.1, in: FamPra.ch 2008 S. 945), auch für den Unterhalt im Rahmen von Eheschutzmassnahmen angezeigt ist, die bei Eintritt von Veränderungen jederzeit angepasst werden können (vgl. Urteil 5D_94/2009 vom 16. September 2009 E. 2.2, zit. bei SPYCHER/HAUSHEER, a.a.O., N. 10.27 S. 688).
3.5
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Urteilskopf 139 III 110 15. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Schweizerische Eidgenossenschaft gegen X. GmbH (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_443/2012 vom 5. Februar 2013 Regeste Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG ; Art. 72 f. PatG; sachliche Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für gegen den Staat gerichtete Patentverletzungsklagen. Massgebende Haftungs- und Zuständigkeitsordnung für vermögensrechtliche Ersatzansprüche gegen den Staat wegen angeblicher Patentverletzung (E. 2.2). Anwendbarkeit des Patentgesetzes sowie Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für Unterlassungsklagen ( Art. 72 PatG ) gegen den Bund (E. 2.3). Erwägungen ab Seite 111 BGE 139 III 110 S. 111 Aus den Erwägungen: 2. Die Schweizerische Eidgenossenschaft (Beklagte, Beschwerdeführerin) bestreitet die sachliche Zuständigkeit des Bundespatentgerichts. Sie wirft ihm vor, dem angefochtenen Beschluss einen falschen Streitgegenstand zugrunde gelegt, die Abgrenzung zwischen zivilrechtlichen und öffentlichrechtlichen Streitigkeiten rechtsfehlerhaft vorgenommen sowie die Schranken des Bundeszivilrechts - insbesondere des Patentgesetzes (PatG; SR 232.14) - verkannt zu haben. 2.1 Das Bundespatentgericht ist nach Art. 26 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 20. März 2009 über das Bundespatentgericht (Patentgerichtsgesetz, PatGG; SR 173.41) ausschliesslich zuständig für Bestandes- und Verletzungsklagen sowie Klagen auf Erteilung einer Lizenz betreffend Patente. Nach der Zuständigkeitsregelung des Patentgerichtsgesetzes sind nur diejenigen Klagen ausschliesslich vom Bundespatentgericht zu beurteilen, welche die Anwendung materiellen Patentrechts bedingen (Botschaft vom 7. Dezember 2007 zum Patentgerichtsgesetz, BBl 2007 483 Ziff. 2.4). Dazu gehören unter anderem Klagen auf Unterlassung oder Beseitigung ( Art. 72 PatG ) und Klagen auf Schadenersatz ( Art. 73 PatG, der in Abs. 1 auf die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts verweist; vgl. PETER HEINRICH, PatG/EPÜ, Kommentar [...], 2. Aufl. 2010, N. 5 zu Art. 76 PatG ; BBl 2007 482 Ziff. 2.4). BGE 139 III 110 S. 112 Zu beurteilen ist einerseits, ob das Bundespatentgericht gestützt auf diese Bestimmungen zuständig ist, über einen auf eine angebliche Patentrechtsverletzung des Bundes beim Betrieb seines LSVA-Erfassungssystems gestützten Unterlassungsanspruch zu befinden, und andererseits, ob das Bundespatentgericht für die Beurteilung eines daraus abgeleiteten Schadenersatzanspruchs gegen den Bund zuständig ist. 2.2 2.2.1 Soweit er nicht amtlich, sondern gewerblich tätig wird, ist der Staat den Regeln des Privatrechts und damit sowohl der privatrechtlichen Haftungsordnung (vgl. Art. 41 ff. OR ) als auch der Gesetzgebung zum Immaterialgüterrecht unterstellt wie ein nichtstaatliches Unternehmen (vgl. TOBIAS JAAG, Staats- und Beamtenhaftung, in: SBVR Bd. I/3, Heinrich Koller und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2006, Rz. 25 f.; LUCAS DAVID UND ANDERE, Der Rechtsschutz im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, SIWR Bd. I/2, 3. Aufl. 2011, Rz. 251). Die Vorinstanz hat zutreffend festgehalten, dass die LSVA-Erhebungsinfrastruktur Teil des Verwaltungsvermögens der Beschwerdeführerin ist und ausschliesslich öffentlichen Zwecken dient. Die LSVA-Erhebungsinfrastruktur, deren Betrieb nach Auffassung der X. GmbH (Klägerin, Beschwerdegegnerin) ihr Patentrecht verletzen soll, dient unmittelbar der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben. Zu Recht beruft sich denn auch die Beschwerdegegnerin nicht darauf, es handle sich beim strittigen Betrieb der technischen Infrastruktur zur Erhebung der LSVA um eine gewerbliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin, die als solche allgemein der Privatrechtsordnung unterworfen wäre. 2.2.2 Öffentliche Beamte und Angestellte haften an sich auch für Tätigkeiten, die sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen ausführen, nach Bundeszivilrecht ( Art. 41 ff. OR ), sofern der Gesetzgeber keine abweichenden Bestimmungen festgesetzt hat ( Art. 61 Abs. 1 OR ). Das Gemeinwesen selbst haftet aber für die Schädigung durch seine Funktionäre nur nach Massgabe des öffentlichen Rechts ( Art. 59 Abs. 1 ZGB ), es sei denn, es handle sich um gewerbliche Verrichtungen, welche eine Organ- oder Geschäftsherrenhaftung auszulösen vermögen ( Art. 55 ZGB bzw. Art. 55 OR ; BGE 111 II 149 E. 3a S. 151; BGE 108 II 334 E. 3 S. 335 f.; BGE 101 II 177 E. 2b S. 184 f.; vgl. auch BGE 124 III 418 E. 1b S. 420 f.). Entsprechend hält auch Art. 11 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten BGE 139 III 110 S. 113 (VG; SR 170.32) fest, dass der Bund nach den privatrechtlichen Bestimmungen haftet, soweit er als Subjekt des Zivilrechts auftritt. Vorbehalten bleibt eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Bundes sodann bei Tatbeständen, die unter die Haftpflichtbestimmungen anderer Erlasse fallen (vgl. Art. 3 Abs. 2 VG ). Dazu gehören etwa die Bestimmungen der Spezialgesetzgebung über die Gefährdungshaftungen (z.B. Kernenergiehaftpflichtgesetz [KHG; SR 732.44], Elektrizitätsgesetz [EleG; SR 734.0], Eisenbahngesetz [EBG; SR 742.101], Strassenverkehrsgesetz [SVG; SR 741.01]), die nicht zwischen privatem und staatlichem Schädiger unterscheiden, sondern die Haftpflicht ausschliesslich an eine spezifische Betriebsgefahr anknüpfen. Im Sinne einer Ausnahme von der Haftung nach öffentlichem Recht zählt die Rechtsprechung dazu auch Art. 56 OR über die Tierhalterhaftpflicht (vgl. BGE 126 III 14 E. 1a S. 16; BGE 115 II 237 E. 2 S. 241 ff. mit einem Vorbehalt für jene Fälle, in denen ein Tier, so etwa ein Polizeihund, unmittelbar als "Werkzeug" für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben eingesetzt wird) sowie Art. 58 OR bezüglich der Werkeigentümerhaftpflicht von Bund, Kantonen und Gemeinden (vgl. BGE 129 III 65 E. 1 S. 66 f.; BGE 98 II 40 E. 1 S. 42 f.; BGE 96 II 337 E. 2a S. 341; zur Haftung des Gemeinwesens etwa ROLAND BREHM, Berner Kommentar, 3. Aufl. 2006, N. 6 ff. zu Art. 61 OR ). Unabhängig davon, ob der Bund öffentlichrechtlich oder privatrechtlich tätig ist, untersteht er in diesen Bereichen den Kausalhaftungen des Privatrechts (vgl. BGE 115 II 237 E. 2b und 2c S. 244 f.; JAAG, a.a.O., Rz. 29 ff.). 2.2.3 Die Beschwerdegegnerin richtet den von ihr eingeklagten Schadenersatz-, Bereicherungs- bzw. Gewinnherausgabeanspruch über Fr. 62'466'022.85, den sie auf Bundesprivatrecht ( Art. 73 Abs. 1 PatG i.V.m. Art. 41 ff., 62 ff. bzw. 423 OR) stützt, nicht gegen einen Beamten oder Angestellten der Bundes, sondern unmittelbar gegen die Eidgenossenschaft. Eine solche privatrechtliche Haftung des Bundes kommt - abgesehen von den erwähnten Ausnahmen bestimmter Kausalhaftungen, die im konkreten Fall nicht zur Diskussion stehen - nur im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit in Betracht. Im Hinblick auf die Anwendbarkeit des öffentlichen Verantwortlichkeitsrechts einerseits oder des privaten Haftungsrechts andererseits sowie den entsprechenden Rechtsweg ist entscheidend, ob das als widerrechtlich erachtete Verhalten des Staats in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe oder in Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit erfolgte. Die Beschwerdeführerin bringt insoweit zu Recht vor, dass BGE 139 III 110 S. 114 im vorliegenden Fall nicht auf ein irgendwie geartetes Rechtsverhältnis zwischen den Parteien oder auf das angeblich verletzte Rechtsgut bzw. die in der Klagebegründung angerufene Rechtsnorm abgestellt werden kann. Das staatliche Verantwortlichkeitsrecht bezweckt gerade eine allgemeine Haftungsordnung auch für diejenigen Fälle, in denen in Ausübung einer amtlichen Tätigkeit widerrechtlich Schaden verursacht wird, ohne dass ein vorbestehendes Rechtsverhältnis zur geschädigten Person bestehen würde. Ein solches ist nicht Voraussetzung der Staatshaftung (vgl. Art. 3 Abs. 1 VG ). Entgegen dem angefochtenen Entscheid ist daher die Unterscheidung zwischen einem hoheitlichen Rechtsverhältnis gegenüber den Abgabepflichtigen und einem nichthoheitlichen Rechtsverhältnis der Beschwerdeführerin gegenüber der Beschwerdegegnerin für die zu beurteilende Frage nicht zielführend. Ausschlaggebend ist im Hinblick auf die massgebende Verantwortlichkeitsordnung vielmehr die Natur der angeblich haftungsbegründenden Tätigkeit des Gemeinwesens. Zu Recht hat die Vorinstanz die Anwendbarkeit der privatrechtlichen Haftungsordnung nicht daraus abgeleitet, dass die Beschwerdeführerin zur Beschaffung der fraglichen LSVA-Erhebungsinfrastruktur mit Dritten privatrechtliche Verträge abgeschlossen hat. Aus dem Umstand, dass am Ende des Submissionsverfahrens mit dem berücksichtigten Anbieter ein privatrechtlicher Vertrag abgeschlossen wird, lässt sich keine allgemeine privatrechtliche Haftung des Gemeinwesens gegenüber nicht berücksichtigten Anbietern, geschweige denn gegenüber nur mittelbar beteiligten Dritten ableiten (vgl. nunmehr zur Staatshaftung vielmehr Art. 34 f. des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen [BöB; SR 172. 056.1]; vgl. auch PETER GALLI UND ANDERE, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, Bd. I, 2. Aufl. 2007, Rz. 941 ff.). Nach den Feststellungen des angefochtenen Entscheids war die Beschwerdegegnerin nicht Lieferantin von Gütern und Dienstleistungen für die Beschwerdeführerin. 2.2.4 Der Betrieb der LSVA-Erhebungsinfrastruktur durch die Beschwerdeführerin, in deren Rahmen nach Ansicht der Beschwerdegegnerin ein Patent verletzt wird, dient unmittelbar der Erhebung von Abgaben und damit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben. Die strittige Verwendung der technischen Infrastruktur durch die Beschwerdeführerin zur Erfassung der erforderlichen Daten im Hinblick auf die zu erhebende leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe erfolgt unbestreitbar im Rahmen der Wahrnehmung einer BGE 139 III 110 S. 115 öffentlichen Aufgabe. Eine gewerbliche Tätigkeit, die grundsätzlich Privaten wie Nichtprivaten offensteht und bei welcher etwa die Erzielung von Gewinn eine Rolle spielt, liegt beim fraglichen Betrieb der technischen Infrastruktur nicht vor (vgl. ULRICH HÄFELIN UND ANDERE, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 2270; BGE 128 III 76 E. 1a S. 78 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin tritt beim Betrieb ihrer Erhebungsinfrastruktur nicht als Subjekt des Zivilrechts auf (vgl. Art. 11 Abs. 1 VG ). Ebenso wenig liegt ein Fall eines privatrechtlichen Kausalhaftungstatbestands vor, dem der Bund ausnahmsweise auch bei Ausübung einer öffentlichrechtlichen Tätigkeit unterstehen würde (vgl. Art. 3 Abs. 2 VG ). Das Patentgesetz sieht keine besondere Verantwortlichkeitsordnung vor, die allgemein auch für das Gemeinwesen gelten würde, sondern verweist hinsichtlich der Schadenersatzklage vielmehr auf das Obligationenrecht ( Art. 73 Abs. 1 PatG ). Indem die Vorinstanz den behaupteten Sachverhalt der privatrechtlichen Haftungsordnung unterstellt wissen wollte und sich zur Beurteilung des gestützt auf die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts ( Art. 41 ff., 62 ff. und 423 OR ) eingeklagten Schadenersatz-, Bereicherungs- bzw. Gewinnherausgabeanspruchs über Fr. 62'466'022.85 für zuständig erklärte, verletzte sie Bundesrecht im Sinne von Art. 95 lit. a BGG. Die Haftung der Beschwerdeführerin beurteilt sich vielmehr nach dem Verantwortlichkeitsgesetz des Bundes, für dessen Anwendung das Bundespatentgericht nicht zuständig ist (vgl. Art. 10 VG ). 2.3 Von der vermögensrechtlichen Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin zu unterscheiden ist die Frage, ob sie als Gemeinwesen eine Patentverletzung begehen und gegen sie eine auf das Patentgesetz gestützte Unterlassungsklage ( Art. 72 PatG ) eingereicht werden kann, die nach Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG vom Bundespatentgericht zu beurteilen ist. 2.3.1 Im Gegensatz zur Staatshaftungsordnung besteht keine umfassende öffentlichrechtliche Regelung zum Umgang des Gemeinwesens mit gewerblichen Schutzrechten. Das Patentrecht ist Eigentum im Sinne von Art. 26 Abs. 1 BV und als solches Schutzobjekt der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie ( BGE 126 III 129 E. 8a S. 148). Die aus dem Patent erwachsenden absoluten Rechte ergeben sich aus der Gesetzgebung zum Patentrecht, das dem Privatrecht zugeordnet wird. Wie öffentlichrechtliche Körperschaften Inhaber von Patenten sein können, haben sie im Gegenzug auch die sich aus BGE 139 III 110 S. 116 dem Patentrecht ergebenden Beschränkungen zu beachten; sie dürfen sich bei ihrer Tätigkeit ebenso wenig wie Private über Schutzrechte Dritter hinwegsetzen (vgl. DAVID UND ANDERE, a.a.O., Rz. 254; HEINRICH, a.a.O., N. 47 zu Art. 8 PatG ). Die Beschwerdeführerin räumt denn auch zutreffend ein, dass es sich bei der Beurteilung des Bestands und der Verletzung des Patents um zivilrechtliche Fragen handelt. Der Patentschutz gilt insoweit umfassend und ergibt sich auch für das Gemeinwesen aus den Bestimmungen des Patengesetzes über die Voraussetzungen und Wirkungen des Patents (vgl. Art. 1 ff. PatG ): Nach Art. 8 Abs. 1 PatG verschafft das Patent seinem Inhaber eine ausschliessliche Nutzungsbefugnis und damit das Recht, andere von der Benützung der Erfindung auszuschliessen. Dies schliesst ein, dass auch das hoheitlich handelnde Gemeinwesen nicht ohne Weiteres befugt ist, patentrechtlich geschützte Erfindungen ohne entsprechende Ermächtigung des Patentinhabers zu benutzen, selbst wenn dies in Verfolgung öffentlicher Interessen geschieht (vgl. DAVID UND ANDERE, a.a.O., Rz. 254; rechtsvergleichend das Urteil des BGH vom 21. Februar 1989, publiziert in: Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen [BGHZ] 107/1990 S. 46, 52). Das Gemeinwesen wird somit auch im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben vom Ausschliesslichkeitsrecht nach Art. 8 PatG erfasst und ist insoweit grundsätzlich dem patentrechtlichen Unterlassungsanspruch (Art. 72 i.V.m. 66 PatG) ausgesetzt. 2.3.2 Soweit einzelne Schutzrechte dem Gemeinwesen hinderlich sind, hat der Gesetzgeber allfällige Interessenkollisionen zwischen Staat und privaten Schutzrechtsinhabern vorauszusehen und angemessen zu lösen (DAVID UND ANDERE, a.a.O., Rz. 254). Einschränkungen des Patentrechts aus Gründen des öffentlichen Interesses sind gesetzlich in Art. 32 (Enteignung) und Art. 40 PatG (Lizenz im öffentlichen Interesse) ausdrücklich vorgesehen. Darin kommt zum Ausdruck, dass das Ausschliesslichkeitsrecht des Patentinhabers ( Art. 8 PatG ) - und damit einhergehend der daraus erwachsende Unterlassungsanspruch (vgl. Art. 72 PatG ) - zugunsten des öffentlichen Interesses Einschränkungen unterliegen kann. Die Vorinstanz hat ausgehend von diesen Bestimmungen zutreffend erwogen, dass das Bestehen eines öffentlichen Interesses im Patentrecht nicht das entscheidende Kriterium im Hinblick auf den massgebenden Rechtsweg sein kann. Gerade die Möglichkeit der Einräumung einer Lizenz nach Art. 40 PatG verdeutlicht, dass im Bereich des Patentschutzes BGE 139 III 110 S. 117 nach dem Willen des Gesetzgebers mitunter öffentliche Interessen in einem Zivilverfahren zu beurteilen sind. Dies geht auch aus Art. 40e Abs. 1 Satz 2 PatG hervor, nach dem für die Einräumung einer solchen Lizenz, die als besondere Form der Enteignung verstanden werden kann (BLUM/PEDRAZZINI, Das Schweizerische Patentrecht, 2. Aufl. 1975, S. 614), bei öffentlichem, nicht gewerblichem Gebrauch weniger strenge Voraussetzungen gelten. 2.3.3 Die Schweiz hat sich nach Art. 31 des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS; Anhang 1C zum Abkommen vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation; SR 0.632.20) international dazu verpflichtet, nur staatsvertraglich begrenzte Ausnahmen von den ausschliesslichen Rechten aus dem Patent vorzusehen ( Art. 30 TRIPS ) und unter anderem bei einer Benutzung des Gegenstands eines Patents durch die Regierung ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers diesem eine nach den Umständen des Einzelfalls angemessene Vergütung zu zahlen ( Art. 31 lit. h TRIPS ), wobei die Rechtsgültigkeit des Entscheids über die Erlaubnis zu einer solchen Benutzung sowie der Entscheid über die vorgesehene Vergütung der gerichtlichen Überprüfung unterliegen ( Art. 31 lit. i und j TRIPS ). Die auch für die Lizenz im öffentlichen Interesse ( Art. 40 PatG ) geltende Bestimmung von Art. 40e PatG ist als Folge des TRIPS-Vertrags eingefügt worden (HEINRICH, a.a.O., N. 1 zu Art. 40e PatG ) und erwähnt in Abs. 1 Satz 2 in Übereinstimmung mit Art. 31 lit. b TRIPS, dass Bemühungen um Erteilung einer vertraglichen Lizenz zu angemessenen Marktbedingungen unter anderem nicht notwendig sind bei öffentlichem, nicht gewerblichem Gebrauch. Art. 31 TRIPS bezieht sich sodann ausdrücklich auch auf die Benutzung durch die Regierung oder von ihr ermächtigte Dritte; eine Zwangslizenz nach Art. 31 lit. b TRIPS kann demnach jeder natürlichen oder juristischen Person des privaten oder öffentlichen Rechts erteilt werden (FOCKE HÖHNE, in: TRIPs, Jan Busche/Peter-Tobias Stoll [Hrsg.], Köln 2007, N. 13 zu Art. 31 TRIPS ). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist nicht ersichtlich, weshalb nach dem gleichermassen offen gehaltenen Wortlaut von Art. 40 Abs. 1 PatG das Gemeinwesen nicht zur Klage auf Erteilung einer Lizenz im öffentlichen Interesse legitimiert sein soll. Sie verkennt mit ihrem Vorbringen insbesondere, dass Art. 40 PatG nicht darauf beschränkt ist, den anspruchsberechtigten Personen eine marktwirtschaftliche Tätigkeit im Schutzbereich eines Patents zu ermöglichen, sondern nach der gesetzlichen BGE 139 III 110 S. 118 Regelung ( Art. 40e Abs. 1 Satz 2 PatG ) ausdrücklich auch bei öffentlichem, nicht gewerblichem Gebrauch zur Anwendung kommen kann. Bei der Klage nach Art. 40 Abs. 1 PatG handelt es sich ungeachtet der Parteien um eine Zivilklage; zudem steht fest, dass zur Beurteilung der Voraussetzungen einer Lizenz im öffentlichen Interesse nach Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG das Bundespatentgericht ausschliesslich zuständig ist (HEINRICH, a.a.O., N. 8 zu Art. 40e PatG ). 2.3.4 Der Vergleich der Beschwerdeführerin mit den nachbarrechtlichen Abwehransprüchen des Grundeigentümers wegen übermässiger Immissionen (vgl. Art. 679 ZGB ), die von einem öffentlichen Werk ausgehen, verfängt nicht. Zwar trifft zu, dass solche privatrechtlichen Abwehransprüche unter bestimmten Voraussetzungen dem vorrangigen öffentlichen Interesse weichen müssen und daher nicht zivilrechtlich durchgesetzt werden können, wobei an ihre Stelle ein Anspruch auf enteignungsrechtliche Entschädigung tritt (vgl. BGE 134 III 248 E. 5.1 S. 252 f. mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall, dem eine angebliche Patentverletzung durch den Betrieb der LSVA-Erhebungsinfrastruktur zugrunde liegt, kann jedoch nicht von der Immissionsproblematik entsprechenden Verhältnissen ausgegangen werden. Die Einschränkung der Anwendbarkeit des Bundeszivilrechts hinsichtlich der nachbarrechtlichen Abwehransprüche des Grundeigentümers folgt aus der Erkenntnis, dass die ordentliche Nutzung von Grundstücken des Verwaltungsvermögens (z.B. durch Bahnanlagen, Strassen oder Flugplätze) regelmässig zu Immissionen führt, die unausweichliche Folgen ihrer Zweckbestimmung sind, weshalb sie von den davon betroffenen Grundeigentümern - gegebenenfalls gegen enteignungsrechtliche Entschädigung - geduldet werden müssen und auch der Rechtsweg an die Zivilgerichte eingeschränkt ist (vgl. BGE 132 III 49 E. 2.3 S. 52 f.). Eine mit Grundstücken vergleichbare Ausgangslage, bei der eine bestimmte Nutzung des Verwaltungsvermögens bzw. die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe unweigerlich mit Schutzrechtsverletzungen verbunden wäre, die im öffentlichen Interesse geduldet werden müssten, liegt bei Rechten an geistigem Eigentum, deren Grenzen - insbesondere bei Patentrechten - häufig nur mit Schwierigkeiten ermittelt werden können, nicht vor. Die Beschwerdegegnerin macht daher zutreffend geltend, dass sich die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu den privatrechtlichen BGE 139 III 110 S. 119 Abwehrrechten des Nachbarrechts nicht auf die konkret zur Diskussion stehende Problematik allfälliger Schutzrechtsverletzungen durch das Gemeinwesen übertragen lässt. Das Bundesgericht hat im Übrigen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich seine Rechtsprechung, die mit dem erheblichen öffentlichen Interesse am Strassen- und Schienenverkehr begründet wird, nicht ohne Weiteres auf andere Nutzungen von Strassen und Plätzen im Gemeingebrauch und schon gar nicht unbesehen auf das übrige Verwaltungsvermögen übertragen lässt ( BGE 132 III 49 E. 2.3 S. 53). Der Vergleich der Beschwerdeführerin zeigt immerhin auf, dass auch die Gegenstände des Verwaltungsvermögens grundsätzlich dem Zivilrecht unterstehen und selbst im Nachbarrecht eine auf das Eigentum gestützte Unterlassungsklage gegen das Gemeinwesen vor dem Zivilgericht nicht in jedem Fall ausgeschlossen ist ( BGE 132 III 49 E. 2.3 S. 52 f. mit Hinweisen). 2.3.5 Ob der Beschwerdegegnerin im konkreten Fall ein patentrechtlicher Unterlassungsanspruch (vgl. Art. 72 i.V.m. 66 PatG) zusteht oder ob die von der Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren eingewendeten Einschränkungen des Patentschutzes einem solchen Anspruch aus Gründen des öffentlichen Interesses in - unmittelbarer oder gegebenenfalls analoger - Anwendung von Art. 40 PatG entgegenstehen, beschlägt nicht die Frage der sachlichen Zuständigkeit des Bundespatentgerichts, sondern diejenige der Begründetheit der Klageanträge. Im Übrigen stellt die Beschwerdegegnerin zu Recht nicht in Frage, dass eine Lizenz im öffentlichen Interesse auch während der Patentverletzung gerichtlich durchgesetzt werden kann (vgl. HEINRICH, a.a.O., N. 2 zu Art. 40e PatG ; ANDRI HESS-BLUMER, Patent Trolls, sic! 12/2009 S. 862 f.). Ebenso wenig, wie im vorliegenden Verfahren zu entscheiden ist, ob tatsächlich ein patentrechtlicher Unterlassungsanspruch der Beschwerdegegnerin gegenüber der Beschwerdeführerin besteht, ist im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren über die Zuständigkeitsfrage zu vertiefen, ob ein Unterlassungsanspruch als aus dem Patent hervorgehendes Recht gegebenenfalls nach Art. 32 Abs. 1 PatG enteignet werden könnte (vgl. BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O., S. 268 ff.). 2.3.6 Der Vorinstanz ist keine Bundesrechtsverletzung vorzuwerfen, soweit sie davon ausgegangen ist, dass der eingeklagte patentrechtliche Unterlassungsanspruch nach Art. 72 PatG auch gegenüber der Beschwerdeführerin geltend gemacht werden kann. Das Bundespatentgericht ist zu dessen Beurteilung - im Gegensatz zum BGE 139 III 110 S. 120 eingeklagten Ausgleichsanspruch, der sich auch in Bezug auf den Rechtsweg nach dem Verantwortlichkeitsgesetz richtet - nach Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG ausschliesslich zuständig.
Urteilskopf
15. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Schweizerische Eidgenossenschaft gegen X. GmbH (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_443/2012 vom 5. Februar 2013
Regeste Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG ; Art. 72 f. PatG; sachliche Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für gegen den Staat gerichtete Patentverletzungsklagen. Massgebende Haftungs- und Zuständigkeitsordnung für vermögensrechtliche Ersatzansprüche gegen den Staat wegen angeblicher Patentverletzung (E. 2.2). Anwendbarkeit des Patentgesetzes sowie Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für Unterlassungsklagen ( Art. 72 PatG ) gegen den Bund (E. 2.3).
Regeste
Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG ; Art. 72 f. PatG; sachliche Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für gegen den Staat gerichtete Patentverletzungsklagen. Massgebende Haftungs- und Zuständigkeitsordnung für vermögensrechtliche Ersatzansprüche gegen den Staat wegen angeblicher Patentverletzung (E. 2.2). Anwendbarkeit des Patentgesetzes sowie Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für Unterlassungsklagen ( Art. 72 PatG ) gegen den Bund (E. 2.3).
Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG Massgebende Haftungs- und Zuständigkeitsordnung für vermögensrechtliche Ersatzansprüche gegen den Staat wegen angeblicher Patentverletzung (E. 2.2). Anwendbarkeit des Patentgesetzes sowie Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für Unterlassungsklagen ( Art. 72 PatG ) gegen den Bund (E. 2.3).
Art. 72 PatG Erwägungen ab Seite 111
Erwägungen ab Seite 111 BGE 139 III 110 S. 111
BGE 139 III 110 S. 111
Aus den Erwägungen:
2. Die Schweizerische Eidgenossenschaft (Beklagte, Beschwerdeführerin) bestreitet die sachliche Zuständigkeit des Bundespatentgerichts. Sie wirft ihm vor, dem angefochtenen Beschluss einen falschen Streitgegenstand zugrunde gelegt, die Abgrenzung zwischen zivilrechtlichen und öffentlichrechtlichen Streitigkeiten rechtsfehlerhaft vorgenommen sowie die Schranken des Bundeszivilrechts - insbesondere des Patentgesetzes (PatG; SR 232.14) - verkannt zu haben.
2. 2.1 Das Bundespatentgericht ist nach Art. 26 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 20. März 2009 über das Bundespatentgericht (Patentgerichtsgesetz, PatGG; SR 173.41) ausschliesslich zuständig für Bestandes- und Verletzungsklagen sowie Klagen auf Erteilung einer Lizenz betreffend Patente. Nach der Zuständigkeitsregelung des Patentgerichtsgesetzes sind nur diejenigen Klagen ausschliesslich vom Bundespatentgericht zu beurteilen, welche die Anwendung materiellen Patentrechts bedingen (Botschaft vom 7. Dezember 2007 zum Patentgerichtsgesetz, BBl 2007 483 Ziff. 2.4). Dazu gehören unter anderem Klagen auf Unterlassung oder Beseitigung ( Art. 72 PatG ) und Klagen auf Schadenersatz ( Art. 73 PatG, der in Abs. 1 auf die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts verweist; vgl. PETER HEINRICH, PatG/EPÜ, Kommentar [...], 2. Aufl. 2010, N. 5 zu Art. 76 PatG ; BBl 2007 482 Ziff. 2.4). BGE 139 III 110 S. 112
2.1 Art. 26 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 20. März 2009 über das Bundespatentgericht (Patentgerichtsgesetz, PatGG; SR 173.41) Art. 72 PatG Art. 73 PatG Art. 76 PatG BGE 139 III 110 S. 112
Zu beurteilen ist einerseits, ob das Bundespatentgericht gestützt auf diese Bestimmungen zuständig ist, über einen auf eine angebliche Patentrechtsverletzung des Bundes beim Betrieb seines LSVA-Erfassungssystems gestützten Unterlassungsanspruch zu befinden, und andererseits, ob das Bundespatentgericht für die Beurteilung eines daraus abgeleiteten Schadenersatzanspruchs gegen den Bund zuständig ist.
2.2
2.2 2.2.1 Soweit er nicht amtlich, sondern gewerblich tätig wird, ist der Staat den Regeln des Privatrechts und damit sowohl der privatrechtlichen Haftungsordnung (vgl. Art. 41 ff. OR ) als auch der Gesetzgebung zum Immaterialgüterrecht unterstellt wie ein nichtstaatliches Unternehmen (vgl. TOBIAS JAAG, Staats- und Beamtenhaftung, in: SBVR Bd. I/3, Heinrich Koller und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2006, Rz. 25 f.; LUCAS DAVID UND ANDERE, Der Rechtsschutz im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, SIWR Bd. I/2, 3. Aufl. 2011, Rz. 251). Die Vorinstanz hat zutreffend festgehalten, dass die LSVA-Erhebungsinfrastruktur Teil des Verwaltungsvermögens der Beschwerdeführerin ist und ausschliesslich öffentlichen Zwecken dient. Die LSVA-Erhebungsinfrastruktur, deren Betrieb nach Auffassung der X. GmbH (Klägerin, Beschwerdegegnerin) ihr Patentrecht verletzen soll, dient unmittelbar der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben. Zu Recht beruft sich denn auch die Beschwerdegegnerin nicht darauf, es handle sich beim strittigen Betrieb der technischen Infrastruktur zur Erhebung der LSVA um eine gewerbliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin, die als solche allgemein der Privatrechtsordnung unterworfen wäre.
2.2.1 Art. 41 ff. OR 2.2.2 Öffentliche Beamte und Angestellte haften an sich auch für Tätigkeiten, die sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen ausführen, nach Bundeszivilrecht ( Art. 41 ff. OR ), sofern der Gesetzgeber keine abweichenden Bestimmungen festgesetzt hat ( Art. 61 Abs. 1 OR ). Das Gemeinwesen selbst haftet aber für die Schädigung durch seine Funktionäre nur nach Massgabe des öffentlichen Rechts ( Art. 59 Abs. 1 ZGB ), es sei denn, es handle sich um gewerbliche Verrichtungen, welche eine Organ- oder Geschäftsherrenhaftung auszulösen vermögen ( Art. 55 ZGB bzw. Art. 55 OR ; BGE 111 II 149 E. 3a S. 151; BGE 108 II 334 E. 3 S. 335 f.; BGE 101 II 177 E. 2b S. 184 f.; vgl. auch BGE 124 III 418 E. 1b S. 420 f.). Entsprechend hält auch Art. 11 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten BGE 139 III 110 S. 113 (VG; SR 170.32) fest, dass der Bund nach den privatrechtlichen Bestimmungen haftet, soweit er als Subjekt des Zivilrechts auftritt. Vorbehalten bleibt eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Bundes sodann bei Tatbeständen, die unter die Haftpflichtbestimmungen anderer Erlasse fallen (vgl. Art. 3 Abs. 2 VG ). Dazu gehören etwa die Bestimmungen der Spezialgesetzgebung über die Gefährdungshaftungen (z.B. Kernenergiehaftpflichtgesetz [KHG; SR 732.44], Elektrizitätsgesetz [EleG; SR 734.0], Eisenbahngesetz [EBG; SR 742.101], Strassenverkehrsgesetz [SVG; SR 741.01]), die nicht zwischen privatem und staatlichem Schädiger unterscheiden, sondern die Haftpflicht ausschliesslich an eine spezifische Betriebsgefahr anknüpfen. Im Sinne einer Ausnahme von der Haftung nach öffentlichem Recht zählt die Rechtsprechung dazu auch Art. 56 OR über die Tierhalterhaftpflicht (vgl. BGE 126 III 14 E. 1a S. 16; BGE 115 II 237 E. 2 S. 241 ff. mit einem Vorbehalt für jene Fälle, in denen ein Tier, so etwa ein Polizeihund, unmittelbar als "Werkzeug" für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben eingesetzt wird) sowie Art. 58 OR bezüglich der Werkeigentümerhaftpflicht von Bund, Kantonen und Gemeinden (vgl. BGE 129 III 65 E. 1 S. 66 f.; BGE 98 II 40 E. 1 S. 42 f.; BGE 96 II 337 E. 2a S. 341; zur Haftung des Gemeinwesens etwa ROLAND BREHM, Berner Kommentar, 3. Aufl. 2006, N. 6 ff. zu Art. 61 OR ). Unabhängig davon, ob der Bund öffentlichrechtlich oder privatrechtlich tätig ist, untersteht er in diesen Bereichen den Kausalhaftungen des Privatrechts (vgl. BGE 115 II 237 E. 2b und 2c S. 244 f.; JAAG, a.a.O., Rz. 29 ff.).
2.2.2 Art. 41 ff. OR Art. 61 Abs. 1 OR Art. 59 Abs. 1 ZGB Art. 55 ZGB Art. 55 OR BGE 139 III 110 S. 113
Art. 3 Abs. 2 VG Art. 56 OR Art. 58 OR Art. 61 OR 2.2.3 Die Beschwerdegegnerin richtet den von ihr eingeklagten Schadenersatz-, Bereicherungs- bzw. Gewinnherausgabeanspruch über Fr. 62'466'022.85, den sie auf Bundesprivatrecht ( Art. 73 Abs. 1 PatG i.V.m. Art. 41 ff., 62 ff. bzw. 423 OR) stützt, nicht gegen einen Beamten oder Angestellten der Bundes, sondern unmittelbar gegen die Eidgenossenschaft. Eine solche privatrechtliche Haftung des Bundes kommt - abgesehen von den erwähnten Ausnahmen bestimmter Kausalhaftungen, die im konkreten Fall nicht zur Diskussion stehen - nur im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit in Betracht.
2.2.3 Art. 73 Abs. 1 PatG Im Hinblick auf die Anwendbarkeit des öffentlichen Verantwortlichkeitsrechts einerseits oder des privaten Haftungsrechts andererseits sowie den entsprechenden Rechtsweg ist entscheidend, ob das als widerrechtlich erachtete Verhalten des Staats in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe oder in Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit erfolgte. Die Beschwerdeführerin bringt insoweit zu Recht vor, dass BGE 139 III 110 S. 114 im vorliegenden Fall nicht auf ein irgendwie geartetes Rechtsverhältnis zwischen den Parteien oder auf das angeblich verletzte Rechtsgut bzw. die in der Klagebegründung angerufene Rechtsnorm abgestellt werden kann. Das staatliche Verantwortlichkeitsrecht bezweckt gerade eine allgemeine Haftungsordnung auch für diejenigen Fälle, in denen in Ausübung einer amtlichen Tätigkeit widerrechtlich Schaden verursacht wird, ohne dass ein vorbestehendes Rechtsverhältnis zur geschädigten Person bestehen würde. Ein solches ist nicht Voraussetzung der Staatshaftung (vgl. Art. 3 Abs. 1 VG ). Entgegen dem angefochtenen Entscheid ist daher die Unterscheidung zwischen einem hoheitlichen Rechtsverhältnis gegenüber den Abgabepflichtigen und einem nichthoheitlichen Rechtsverhältnis der Beschwerdeführerin gegenüber der Beschwerdegegnerin für die zu beurteilende Frage nicht zielführend. Ausschlaggebend ist im Hinblick auf die massgebende Verantwortlichkeitsordnung vielmehr die Natur der angeblich haftungsbegründenden Tätigkeit des Gemeinwesens.
BGE 139 III 110 S. 114
Art. 3 Abs. 1 VG Zu Recht hat die Vorinstanz die Anwendbarkeit der privatrechtlichen Haftungsordnung nicht daraus abgeleitet, dass die Beschwerdeführerin zur Beschaffung der fraglichen LSVA-Erhebungsinfrastruktur mit Dritten privatrechtliche Verträge abgeschlossen hat. Aus dem Umstand, dass am Ende des Submissionsverfahrens mit dem berücksichtigten Anbieter ein privatrechtlicher Vertrag abgeschlossen wird, lässt sich keine allgemeine privatrechtliche Haftung des Gemeinwesens gegenüber nicht berücksichtigten Anbietern, geschweige denn gegenüber nur mittelbar beteiligten Dritten ableiten (vgl. nunmehr zur Staatshaftung vielmehr Art. 34 f. des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen [BöB; SR 172. 056.1]; vgl. auch PETER GALLI UND ANDERE, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, Bd. I, 2. Aufl. 2007, Rz. 941 ff.). Nach den Feststellungen des angefochtenen Entscheids war die Beschwerdegegnerin nicht Lieferantin von Gütern und Dienstleistungen für die Beschwerdeführerin.
2.2.4 Der Betrieb der LSVA-Erhebungsinfrastruktur durch die Beschwerdeführerin, in deren Rahmen nach Ansicht der Beschwerdegegnerin ein Patent verletzt wird, dient unmittelbar der Erhebung von Abgaben und damit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben. Die strittige Verwendung der technischen Infrastruktur durch die Beschwerdeführerin zur Erfassung der erforderlichen Daten im Hinblick auf die zu erhebende leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe erfolgt unbestreitbar im Rahmen der Wahrnehmung einer BGE 139 III 110 S. 115 öffentlichen Aufgabe. Eine gewerbliche Tätigkeit, die grundsätzlich Privaten wie Nichtprivaten offensteht und bei welcher etwa die Erzielung von Gewinn eine Rolle spielt, liegt beim fraglichen Betrieb der technischen Infrastruktur nicht vor (vgl. ULRICH HÄFELIN UND ANDERE, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 2270; BGE 128 III 76 E. 1a S. 78 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin tritt beim Betrieb ihrer Erhebungsinfrastruktur nicht als Subjekt des Zivilrechts auf (vgl. Art. 11 Abs. 1 VG ). Ebenso wenig liegt ein Fall eines privatrechtlichen Kausalhaftungstatbestands vor, dem der Bund ausnahmsweise auch bei Ausübung einer öffentlichrechtlichen Tätigkeit unterstehen würde (vgl. Art. 3 Abs. 2 VG ).
2.2.4 BGE 139 III 110 S. 115
Art. 11 Abs. 1 VG Art. 3 Abs. 2 VG Das Patentgesetz sieht keine besondere Verantwortlichkeitsordnung vor, die allgemein auch für das Gemeinwesen gelten würde, sondern verweist hinsichtlich der Schadenersatzklage vielmehr auf das Obligationenrecht ( Art. 73 Abs. 1 PatG ). Indem die Vorinstanz den behaupteten Sachverhalt der privatrechtlichen Haftungsordnung unterstellt wissen wollte und sich zur Beurteilung des gestützt auf die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts ( Art. 41 ff., 62 ff. und 423 OR ) eingeklagten Schadenersatz-, Bereicherungs- bzw. Gewinnherausgabeanspruchs über Fr. 62'466'022.85 für zuständig erklärte, verletzte sie Bundesrecht im Sinne von Art. 95 lit. a BGG. Die Haftung der Beschwerdeführerin beurteilt sich vielmehr nach dem Verantwortlichkeitsgesetz des Bundes, für dessen Anwendung das Bundespatentgericht nicht zuständig ist (vgl. Art. 10 VG ).
Art. 73 Abs. 1 PatG Art. 41 ff., 62 ff. und 423 OR Art. 95 lit. a BGG Art. 10 VG 2.3 Von der vermögensrechtlichen Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin zu unterscheiden ist die Frage, ob sie als Gemeinwesen eine Patentverletzung begehen und gegen sie eine auf das Patentgesetz gestützte Unterlassungsklage ( Art. 72 PatG ) eingereicht werden kann, die nach Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG vom Bundespatentgericht zu beurteilen ist.
2.3 Art. 72 PatG Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG 2.3.1 Im Gegensatz zur Staatshaftungsordnung besteht keine umfassende öffentlichrechtliche Regelung zum Umgang des Gemeinwesens mit gewerblichen Schutzrechten. Das Patentrecht ist Eigentum im Sinne von Art. 26 Abs. 1 BV und als solches Schutzobjekt der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie ( BGE 126 III 129 E. 8a S. 148). Die aus dem Patent erwachsenden absoluten Rechte ergeben sich aus der Gesetzgebung zum Patentrecht, das dem Privatrecht zugeordnet wird. Wie öffentlichrechtliche Körperschaften Inhaber von Patenten sein können, haben sie im Gegenzug auch die sich aus BGE 139 III 110 S. 116 dem Patentrecht ergebenden Beschränkungen zu beachten; sie dürfen sich bei ihrer Tätigkeit ebenso wenig wie Private über Schutzrechte Dritter hinwegsetzen (vgl. DAVID UND ANDERE, a.a.O., Rz. 254; HEINRICH, a.a.O., N. 47 zu Art. 8 PatG ). Die Beschwerdeführerin räumt denn auch zutreffend ein, dass es sich bei der Beurteilung des Bestands und der Verletzung des Patents um zivilrechtliche Fragen handelt.
2.3.1 Art. 26 Abs. 1 BV BGE 139 III 110 S. 116
Art. 8 PatG Der Patentschutz gilt insoweit umfassend und ergibt sich auch für das Gemeinwesen aus den Bestimmungen des Patengesetzes über die Voraussetzungen und Wirkungen des Patents (vgl. Art. 1 ff. PatG ): Nach Art. 8 Abs. 1 PatG verschafft das Patent seinem Inhaber eine ausschliessliche Nutzungsbefugnis und damit das Recht, andere von der Benützung der Erfindung auszuschliessen. Dies schliesst ein, dass auch das hoheitlich handelnde Gemeinwesen nicht ohne Weiteres befugt ist, patentrechtlich geschützte Erfindungen ohne entsprechende Ermächtigung des Patentinhabers zu benutzen, selbst wenn dies in Verfolgung öffentlicher Interessen geschieht (vgl. DAVID UND ANDERE, a.a.O., Rz. 254; rechtsvergleichend das Urteil des BGH vom 21. Februar 1989, publiziert in: Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen [BGHZ] 107/1990 S. 46, 52). Das Gemeinwesen wird somit auch im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben vom Ausschliesslichkeitsrecht nach Art. 8 PatG erfasst und ist insoweit grundsätzlich dem patentrechtlichen Unterlassungsanspruch (Art. 72 i.V.m. 66 PatG) ausgesetzt.
Art. 1 ff. PatG Art. 8 Abs. 1 PatG Art. 8 PatG 2.3.2 Soweit einzelne Schutzrechte dem Gemeinwesen hinderlich sind, hat der Gesetzgeber allfällige Interessenkollisionen zwischen Staat und privaten Schutzrechtsinhabern vorauszusehen und angemessen zu lösen (DAVID UND ANDERE, a.a.O., Rz. 254). Einschränkungen des Patentrechts aus Gründen des öffentlichen Interesses sind gesetzlich in Art. 32 (Enteignung) und Art. 40 PatG (Lizenz im öffentlichen Interesse) ausdrücklich vorgesehen. Darin kommt zum Ausdruck, dass das Ausschliesslichkeitsrecht des Patentinhabers ( Art. 8 PatG ) - und damit einhergehend der daraus erwachsende Unterlassungsanspruch (vgl. Art. 72 PatG ) - zugunsten des öffentlichen Interesses Einschränkungen unterliegen kann. Die Vorinstanz hat ausgehend von diesen Bestimmungen zutreffend erwogen, dass das Bestehen eines öffentlichen Interesses im Patentrecht nicht das entscheidende Kriterium im Hinblick auf den massgebenden Rechtsweg sein kann. Gerade die Möglichkeit der Einräumung einer Lizenz nach Art. 40 PatG verdeutlicht, dass im Bereich des Patentschutzes BGE 139 III 110 S. 117 nach dem Willen des Gesetzgebers mitunter öffentliche Interessen in einem Zivilverfahren zu beurteilen sind. Dies geht auch aus Art. 40e Abs. 1 Satz 2 PatG hervor, nach dem für die Einräumung einer solchen Lizenz, die als besondere Form der Enteignung verstanden werden kann (BLUM/PEDRAZZINI, Das Schweizerische Patentrecht, 2. Aufl. 1975, S. 614), bei öffentlichem, nicht gewerblichem Gebrauch weniger strenge Voraussetzungen gelten.
2.3.2 Art. 40 PatG Art. 8 PatG Art. 72 PatG Art. 40 PatG BGE 139 III 110 S. 117
Art. 40e Abs. 1 Satz 2 PatG 2.3.3 Die Schweiz hat sich nach Art. 31 des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS; Anhang 1C zum Abkommen vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation; SR 0.632.20) international dazu verpflichtet, nur staatsvertraglich begrenzte Ausnahmen von den ausschliesslichen Rechten aus dem Patent vorzusehen ( Art. 30 TRIPS ) und unter anderem bei einer Benutzung des Gegenstands eines Patents durch die Regierung ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers diesem eine nach den Umständen des Einzelfalls angemessene Vergütung zu zahlen ( Art. 31 lit. h TRIPS ), wobei die Rechtsgültigkeit des Entscheids über die Erlaubnis zu einer solchen Benutzung sowie der Entscheid über die vorgesehene Vergütung der gerichtlichen Überprüfung unterliegen ( Art. 31 lit. i und j TRIPS ).
2.3.3 Art. 30 TRIPS Art. 31 lit. h TRIPS Art. 31 lit. i und j TRIPS Die auch für die Lizenz im öffentlichen Interesse ( Art. 40 PatG ) geltende Bestimmung von Art. 40e PatG ist als Folge des TRIPS-Vertrags eingefügt worden (HEINRICH, a.a.O., N. 1 zu Art. 40e PatG ) und erwähnt in Abs. 1 Satz 2 in Übereinstimmung mit Art. 31 lit. b TRIPS, dass Bemühungen um Erteilung einer vertraglichen Lizenz zu angemessenen Marktbedingungen unter anderem nicht notwendig sind bei öffentlichem, nicht gewerblichem Gebrauch. Art. 31 TRIPS bezieht sich sodann ausdrücklich auch auf die Benutzung durch die Regierung oder von ihr ermächtigte Dritte; eine Zwangslizenz nach Art. 31 lit. b TRIPS kann demnach jeder natürlichen oder juristischen Person des privaten oder öffentlichen Rechts erteilt werden (FOCKE HÖHNE, in: TRIPs, Jan Busche/Peter-Tobias Stoll [Hrsg.], Köln 2007, N. 13 zu Art. 31 TRIPS ). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist nicht ersichtlich, weshalb nach dem gleichermassen offen gehaltenen Wortlaut von Art. 40 Abs. 1 PatG das Gemeinwesen nicht zur Klage auf Erteilung einer Lizenz im öffentlichen Interesse legitimiert sein soll. Sie verkennt mit ihrem Vorbringen insbesondere, dass Art. 40 PatG nicht darauf beschränkt ist, den anspruchsberechtigten Personen eine marktwirtschaftliche Tätigkeit im Schutzbereich eines Patents zu ermöglichen, sondern nach der gesetzlichen BGE 139 III 110 S. 118 Regelung ( Art. 40e Abs. 1 Satz 2 PatG ) ausdrücklich auch bei öffentlichem, nicht gewerblichem Gebrauch zur Anwendung kommen kann.
Art. 40 PatG Art. 40e PatG Art. 40e PatG Art. 31 lit. b TRIPS Art. 31 TRIPS Art. 31 lit. b TRIPS Art. 31 TRIPS Art. 40 Abs. 1 PatG Art. 40 PatG BGE 139 III 110 S. 118
Art. 40e Abs. 1 Satz 2 PatG Bei der Klage nach Art. 40 Abs. 1 PatG handelt es sich ungeachtet der Parteien um eine Zivilklage; zudem steht fest, dass zur Beurteilung der Voraussetzungen einer Lizenz im öffentlichen Interesse nach Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG das Bundespatentgericht ausschliesslich zuständig ist (HEINRICH, a.a.O., N. 8 zu Art. 40e PatG ).
Art. 40 Abs. 1 PatG Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG Art. 40e PatG 2.3.4 Der Vergleich der Beschwerdeführerin mit den nachbarrechtlichen Abwehransprüchen des Grundeigentümers wegen übermässiger Immissionen (vgl. Art. 679 ZGB ), die von einem öffentlichen Werk ausgehen, verfängt nicht. Zwar trifft zu, dass solche privatrechtlichen Abwehransprüche unter bestimmten Voraussetzungen dem vorrangigen öffentlichen Interesse weichen müssen und daher nicht zivilrechtlich durchgesetzt werden können, wobei an ihre Stelle ein Anspruch auf enteignungsrechtliche Entschädigung tritt (vgl. BGE 134 III 248 E. 5.1 S. 252 f. mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall, dem eine angebliche Patentverletzung durch den Betrieb der LSVA-Erhebungsinfrastruktur zugrunde liegt, kann jedoch nicht von der Immissionsproblematik entsprechenden Verhältnissen ausgegangen werden. Die Einschränkung der Anwendbarkeit des Bundeszivilrechts hinsichtlich der nachbarrechtlichen Abwehransprüche des Grundeigentümers folgt aus der Erkenntnis, dass die ordentliche Nutzung von Grundstücken des Verwaltungsvermögens (z.B. durch Bahnanlagen, Strassen oder Flugplätze) regelmässig zu Immissionen führt, die unausweichliche Folgen ihrer Zweckbestimmung sind, weshalb sie von den davon betroffenen Grundeigentümern - gegebenenfalls gegen enteignungsrechtliche Entschädigung - geduldet werden müssen und auch der Rechtsweg an die Zivilgerichte eingeschränkt ist (vgl. BGE 132 III 49 E. 2.3 S. 52 f.). Eine mit Grundstücken vergleichbare Ausgangslage, bei der eine bestimmte Nutzung des Verwaltungsvermögens bzw. die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe unweigerlich mit Schutzrechtsverletzungen verbunden wäre, die im öffentlichen Interesse geduldet werden müssten, liegt bei Rechten an geistigem Eigentum, deren Grenzen - insbesondere bei Patentrechten - häufig nur mit Schwierigkeiten ermittelt werden können, nicht vor.
2.3.4 Art. 679 ZGB Die Beschwerdegegnerin macht daher zutreffend geltend, dass sich die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu den privatrechtlichen BGE 139 III 110 S. 119 Abwehrrechten des Nachbarrechts nicht auf die konkret zur Diskussion stehende Problematik allfälliger Schutzrechtsverletzungen durch das Gemeinwesen übertragen lässt. Das Bundesgericht hat im Übrigen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich seine Rechtsprechung, die mit dem erheblichen öffentlichen Interesse am Strassen- und Schienenverkehr begründet wird, nicht ohne Weiteres auf andere Nutzungen von Strassen und Plätzen im Gemeingebrauch und schon gar nicht unbesehen auf das übrige Verwaltungsvermögen übertragen lässt ( BGE 132 III 49 E. 2.3 S. 53). Der Vergleich der Beschwerdeführerin zeigt immerhin auf, dass auch die Gegenstände des Verwaltungsvermögens grundsätzlich dem Zivilrecht unterstehen und selbst im Nachbarrecht eine auf das Eigentum gestützte Unterlassungsklage gegen das Gemeinwesen vor dem Zivilgericht nicht in jedem Fall ausgeschlossen ist ( BGE 132 III 49 E. 2.3 S. 52 f. mit Hinweisen).
BGE 139 III 110 S. 119
2.3.5 Ob der Beschwerdegegnerin im konkreten Fall ein patentrechtlicher Unterlassungsanspruch (vgl. Art. 72 i.V.m. 66 PatG) zusteht oder ob die von der Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren eingewendeten Einschränkungen des Patentschutzes einem solchen Anspruch aus Gründen des öffentlichen Interesses in - unmittelbarer oder gegebenenfalls analoger - Anwendung von Art. 40 PatG entgegenstehen, beschlägt nicht die Frage der sachlichen Zuständigkeit des Bundespatentgerichts, sondern diejenige der Begründetheit der Klageanträge. Im Übrigen stellt die Beschwerdegegnerin zu Recht nicht in Frage, dass eine Lizenz im öffentlichen Interesse auch während der Patentverletzung gerichtlich durchgesetzt werden kann (vgl. HEINRICH, a.a.O., N. 2 zu Art. 40e PatG ; ANDRI HESS-BLUMER, Patent Trolls, sic! 12/2009 S. 862 f.).
2.3.5 Art. 40 PatG Art. 40e PatG Ebenso wenig, wie im vorliegenden Verfahren zu entscheiden ist, ob tatsächlich ein patentrechtlicher Unterlassungsanspruch der Beschwerdegegnerin gegenüber der Beschwerdeführerin besteht, ist im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren über die Zuständigkeitsfrage zu vertiefen, ob ein Unterlassungsanspruch als aus dem Patent hervorgehendes Recht gegebenenfalls nach Art. 32 Abs. 1 PatG enteignet werden könnte (vgl. BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O., S. 268 ff.).
Art. 32 Abs. 1 PatG 2.3.6 Der Vorinstanz ist keine Bundesrechtsverletzung vorzuwerfen, soweit sie davon ausgegangen ist, dass der eingeklagte patentrechtliche Unterlassungsanspruch nach Art. 72 PatG auch gegenüber der Beschwerdeführerin geltend gemacht werden kann. Das Bundespatentgericht ist zu dessen Beurteilung - im Gegensatz zum BGE 139 III 110 S. 120 eingeklagten Ausgleichsanspruch, der sich auch in Bezug auf den Rechtsweg nach dem Verantwortlichkeitsgesetz richtet - nach Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG ausschliesslich zuständig.
2.3.6 Art. 72 PatG BGE 139 III 110 S. 120
Art. 26 Abs. 1 lit. a PatGG
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Urteilskopf 139 III 120 16. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Banque Y. SA (recours en matière civile) 4A_425/2012 du 26 février 2013 Regeste Anschein der Befangenheit eines beisitzenden Richters ( Art. 47 ZPO, Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK ); Entdeckung eines Ablehnungsgrundes nach Abschluss des Verfahrens ( Art. 51 Abs. 3 und Art. 328 Abs. 1 ZPO ). Ein Rechtsanwalt, der die Funktion eines beisitzenden Richters in einer Berufungsinstanz in Mietsachen bekleidet, erscheint objektiv als befangen, wenn er in einem anderen hängigen Verfahren die Gegenpartei einer der vor dieser Instanz prozessierenden Parteien vertritt (E. 3.2). Prozessrechtliche Folgen der Entdeckung eines Ausstandsgrundes nach der Mitteilung des kantonalen Entscheides, aber vor Ablauf der Rechtsmittelfrist (E. 3.1). Sachverhalt ab Seite 120 BGE 139 III 120 S. 120 A. Par jugement du 16 mars 2011, le Tribunal des baux et loyers du canton de Genève a déclaré irrecevable la requête que le bailleur X. avait déposée le 13 janvier 2011 en vue d'obtenir l'expulsion de la Banque Y. SA d'un appartement loué par elle dans un immeuble sis à Genève. BGE 139 III 120 S. 121 Saisie d'un appel du bailleur, la Chambre des baux et loyers de la Cour de justice (ci-après: la Chambre des baux et loyers) a confirmé ledit jugement par arrêt du 18 juin 2012. B. Le 27 juin 2012, X., par l'entremise de son conseil, a adressé à la Chambre des baux et loyers une demande de récusation dirigée contre le Juge assesseur Pierre Stastny (ci-après: le juge assesseur), l'un des cinq membres de la juridiction d'appel ayant rendu l'arrêt précité. Par lettre du 2 juillet 2012, la Chambre des baux et loyers lui a répondu qu'elle n'était plus saisie du dossier depuis qu'elle avait prononcé son arrêt dans la cause en litige. Relancée par l'intéressé, la cour cantonale lui a confirmé, dans un courrier du 5 juillet 2012, qu'elle était dessaisie de la procédure en question. Elle lui a indiqué que la voie d'un recours au Tribunal fédéral restait ouverte. C. Le 16 juillet 2012, X. (ci-après: le recourant) a formé un recours en matière civile aux fins d'obtenir l'annulation de l'arrêt du 18 juin 2012 et des décisions des 2 et 5 juillet 2012. Il y invite le Tribunal fédéral à ordonner à la cour cantonale de traiter sa demande de récusation du 27 juin 2012; subsidiairement, il lui demande de prononcer la récusation du juge assesseur. La Banque Y. SA (ci-après: l'intimée) a renoncé à se déterminer sur le recours. La Chambre des baux et loyers se réfère, quant à elle, aux considérants de son arrêt. En annexe à un courrier du 11 octobre 2012, le recourant a communiqué au Tribunal fédéral une copie, caviardée, d'un arrêt du 8 octobre 2012 concernant le même juge assesseur. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. En vertu de l'adage lata sententia iudex desinit esse iudex, le juge est dessaisi de la cause à partir du moment où il a rendu son jugement. Sous réserve de diverses exceptions, il voit alors sa compétence s'éteindre relativement à la cause jugée (arrêt 4A_14/2012 du 2 mai 2012 consid. 3.1.1 et les références; FABIENNE HOHL, Procédure civile, tome I, 2001, n os 1265-1268). En particulier, il n'est plus habilité à statuer sur une demande de récusation formulée ultérieurement dans le cadre de la même procédure (arrêt 4A_451/2012 du 1 er novembre 2012 consid. 2). Conformément à l' art. 51 al. 3 CPC, si un motif de BGE 139 III 120 S. 122 récusation n'est découvert qu'après la clôture de la procédure, les dispositions sur la révision ( art. 328 ss CPC ) sont applicables. En refusant d'entrer en matière sur la demande de récusation que le recourant lui avait soumise le 2 juillet 2012, postérieurement à la notification de l'arrêt du 18 juin 2012, et qu'il avait renouvelée le 5 juillet 2012, la Chambre des baux et loyers a fait une application correcte du principe ainsi codifié. Il suit de là que le recours en matière civile doit être rejeté dans la mesure où il a trait aux décisions prises les 2 et 5 juillet 2012 par l'autorité intimée. Partant, ces deux décisions ne seront pas annulées et la Chambre des baux et loyers ne sera pas invitée à traiter la demande de récusation du 27 juin 2012. 3. Le présent recours porte encore sur l'arrêt rendu le 18 juin 2012 par la Chambre des baux et loyers. Avant d'examiner ses mérites, il sied d'apporter quelques précisions quant à sa recevabilité. 3.1 3.1.1 Selon l' art. 75 al. 1 LTF, le recours est recevable contre les décisions rendues par les autorités cantonales de dernière instance, ce qui implique que les griefs soulevés en instance fédérale ne soient pas susceptibles d'un recours au niveau cantonal ( ATF 138 III 130 consid. 2.1). L' art. 51 al. 3 CPC, on l'a vu, déclare applicables les dispositions sur la révision si un motif de récusation n'est découvert qu'après la clôture de la procédure. En vertu de l' art. 328 al. 1 CPC, seule une décision "entrée en force" peut faire l'objet d'une demande de révision auprès du tribunal qui a statué en dernière instance. A contrario, si le motif de récusation est découvert après la clôture de la procédure (i.e. une fois la décision attaquable rendue) mais avant l'écoulement du délai de recours, autrement dit avant que la décision litigieuse soit revêtue de la force de chose jugée formelle, il doit être invoqué dans le cadre de ce recours ( ATF 138 III 702 consid. 3.4 p. 704; DENIS TAPPY, in Code de procédure civile commenté, 2011, n° 16 ad art. 51 CPC ; MARK LIVSCHITZ, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [éd.], 2010, n° 6 ad art. 51 CPC ; STEPHAN WULLSCHLEGER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2010, n° 10 ad art. 51 CPC ; DAVID RÜETSCHI, in Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, vol. I, 2012, n° 8 ad art. 51 CPC ). BGE 139 III 120 S. 123 En l'espèce, le recourant a découvert le motif de révision à réception de l'arrêt du 18 juin 2012. Partant, c'est à juste titre qu'il l'invoque dans son recours en matière civile. Quoi qu'il en soit, le Tribunal fédéral a jugé récemment, dans une cause comparable, que, pour admettre la recevabilité d'un tel recours formé devant lui, il n'était pas nécessaire que la partie recourante ait fait usage de la possibilité de demander la révision du jugement attaqué (arrêt 4A_733/2011 du 16 juillet 2012 consid. 1.2 et les arrêts cités). Force est d'admettre, dans ces conditions, que l'arrêt déféré constitue une décision prise par une autorité cantonale de dernière instance, au sens de l' art. 75 al. 1 LTF. 3.1.2 Dans un recours au Tribunal fédéral, aucun fait nouveau ni preuve nouvelle ne peut être présenté à moins de résulter de la décision de l'autorité précédente ( art. 99 al. 1 LTF ). L'exclusion des faits et moyens de preuve nouveaux est la règle. Aussi bien, le Tribunal fédéral est juge du droit, et non du fait. Cette règle connaît une exception lorsque c'est la décision de l'autorité précédente qui, pour la première fois, a rendu pertinents ces faits ou moyens de preuve. Il peut s'agir, notamment, de faits et moyens de preuve qui se rapportent à la procédure conduite devant l'instance précédente, telle une prétendue irrégularité affectant la composition de l'autorité ayant rendu la décision querellée (arrêt 4A_18/2010 du 15 mars 2010 consid. 2.1). En revanche, le Tribunal fédéral ne peut pas tenir compte de faits ou moyens de preuve survenus postérieurement au prononcé de la décision entreprise, c'est-à-dire de véritables nova ( ATF 133 IV 342 consid. 2.1 et les arrêts cités). Il appartient, le cas échéant, au recourant d'exposer les raisons pour lesquelles il considère être en droit de présenter exceptionnellement des faits ou des moyens de preuve nouveaux ( ATF 133 III 393 consid. 3). Sans être contredit, le recourant soutient qu'il n'a appris qu'à la lecture de l'arrêt du 18 juin 2012 que le juge assesseur faisait partie de la composition de la cour ayant statué sur son appel alors que, selon lui, ce magistrat aurait dû se récuser. Comme c'est l'arrêt cantonal qui justifie de présenter, pour la première fois, les faits et moyens de preuve nouveaux concernant le juge assesseur, ceux-ci sont recevables. Tel n'est pas le cas, en revanche, s'agissant d'un véritable novum, de la copie caviardée de l'arrêt du 8 octobre 2012. Abstraction sera donc faite, ci-après, de ce moyen de preuve. BGE 139 III 120 S. 124 3.2 Le recourant soutient que, du fait de la présence en son sein du juge assesseur, l'autorité intimée ne constituait pas un tribunal indépendant et impartial. 3.2.1 La garantie minimale d'un tribunal indépendant et impartial, telle qu'elle résulte des art. 30 al. 1 Cst. et 6 par. 1 CEDH - lesquels ont, de ce point de vue, la même portée - permet, indépendamment du droit de procédure (en l'occurrence l' art. 47 CPC ), de demander la récusation d'un juge dont la situation ou le comportement est de nature à susciter des doutes quant à son impartialité. Elle vise à éviter que des circonstances extérieures à l'affaire puissent influencer le jugement en faveur ou au détriment d'une partie. Elle n'impose pas la récusation seulement lorsqu'une prévention effective est établie, parce qu'une disposition relevant du for intérieur ne peut guère être prouvée; il suffit que les circonstances donnent l'apparence d'une prévention et fassent redouter une activité partiale du magistrat. Cependant, seules les circonstances objectivement constatées doivent être prises en compte, les impressions purement subjectives de la partie qui demande la récusation n'étant pas décisives ( ATF 138 I 1 consid. 2.2 et les arrêts cités). L'avocat qui exerce les fonctions de juge apparaît objectivement partial non seulement lorsque, dans le cadre d'une autre procédure, il représente ou a représenté l'une des parties à la procédure dans laquelle il siège, mais également lorsqu'il représente ou a représenté récemment la partie adverse de cette partie ( ATF 135 I 14 consid. 4.1-4.3 confirmé par l' ATF 138 I 406 consid. 5.4). Selon un principe général, la partie qui a connaissance d'un motif de récusation doit l'invoquer aussitôt, sous peine d'être déchue du droit de s'en prévaloir ultérieurement ( ATF 138 I 1 consid. 2.2 p. 4 et les arrêts cités; voir aussi l' art. 49 al. 1 CPC ). Il est, en effet, contraire aux règles de la bonne foi de garder en réserve le moyen tiré de la composition irrégulière du tribunal pour ne l'invoquer qu'en cas d'issue défavorable de la procédure ( ATF 136 III 605 consid. 3.2.2). Cela ne signifie toutefois pas que l'identité des juges appelés à statuer doive nécessairement être communiquée de manière expresse au justiciable; il suffit que le nom de ceux-ci ressorte d'une publication générale facilement accessible, par exemple l'annuaire officiel. La partie assistée d'un avocat est en tout cas présumée connaître la composition régulière du tribunal. En revanche, un motif de prévention concernant un juge suppléant peut, en principe, encore être valablement soulevé dans le cadre d'une procédure de recours, car le justiciable BGE 139 III 120 S. 125 pouvait partir de l'idée que la juridiction inférieure statuerait dans sa composition ordinaire. Cette jurisprudence au sujet des juges suppléants doit s'appliquer de la même manière quand il s'agit d'examiner si un justiciable devait ou non s'attendre à la présence d'un assesseur qui est appelé à fonctionner, de cas en cas, dans la composition du tribunal saisi de l'affaire ( ATF 128 V 82 consid. 2b et les références). 3.2.2 En l'espèce, le recourant n'a appris qu'à réception de l'arrêt attaqué, rendu le 18 juin 2012 par la Chambre d'appel des baux et loyers, que l'avocat Stastny avait statué sur son appel, conjointement avec quatre autres juges, en tant que juge assesseur représentant les groupements de locataires, conformément à l'art. 121 al. 1 de la loi genevoise du 26 septembre 2010 sur l'organisation judiciaire (RSG E 2 05). Il s'est prévalu sans tarder, dans le cadre de sa double demande de récusation, puis dans son recours au Tribunal fédéral, de la composition irrégulière de la juridiction d'appel cantonale, en raison de la participation du juge assesseur prénommé. Dès lors, son droit d'invoquer pareil moyen n'est pas périmé. Sans être contredit ni par la cour cantonale ni par l'intimée, le recourant allègue et prouve par pièces que le juge assesseur est intervenu, en 2010, comme conseil des parties adverses dans deux autres procédures contentieuses non connexes auxquelles lui, le recourant, est partie et qui sont toujours pendantes, l'une devant la Chambre des baux et loyers, l'autre devant le Tribunal des baux et loyers. Selon la jurisprudence susmentionnée (cf. consid. 3.2.1, 2 e §), de telles circonstances sont objectivement de nature à susciter des doutes quant à l'impartialité du juge assesseur en question à l'égard du recourant. L'expérience enseigne, en effet, qu'une partie à un procès reporte souvent ses sentiments négatifs contre sa partie adverse sur l'avocat de celle-ci au point de le considérer comme un adversaire, à l'égal de cette partie. Aussi est-il compréhensible qu'une partie n'attende pas d'un juge assesseur qu'il se comporte soudainement en toute impartialité envers elle, alors qu'il la combat ou l'a combattue dans une autre procédure en sa qualité de représentant de sa partie adverse ( ATF 135 I 14 consid. 4.3 p. 18). L'apparence de prévention était si évidente, en l'occurrence, que le juge assesseur aurait dû se récuser spontanément (cf. art. 48 CPC ). Partant, le moyen tiré de la violation de la garantie d'un tribunal indépendant et impartial s'avère fondé. Cette garantie revêtant un BGE 139 III 120 S. 126 caractère formel, sa violation doit entraîner l'annulation de la décision attaquée, indépendamment des chances de succès de la thèse que le recourant soutient dans la procédure au fond (arrêt 4A_217/2012 du 9 octobre 2012 consid. 6, non publié in ATF 138 I 406 ). En conclusion, il y a lieu d'admettre partiellement le recours en matière civile, d'annuler l'arrêt attaqué et de renvoyer la cause à la Chambre des baux et loyers pour qu'elle statue à nouveau sur l'appel du recourant sans la participation du juge assesseur.
Urteilskopf
16. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Banque Y. SA (recours en matière civile)
4A_425/2012 du 26 février 2013
Regeste Anschein der Befangenheit eines beisitzenden Richters ( Art. 47 ZPO, Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK ); Entdeckung eines Ablehnungsgrundes nach Abschluss des Verfahrens ( Art. 51 Abs. 3 und Art. 328 Abs. 1 ZPO ). Ein Rechtsanwalt, der die Funktion eines beisitzenden Richters in einer Berufungsinstanz in Mietsachen bekleidet, erscheint objektiv als befangen, wenn er in einem anderen hängigen Verfahren die Gegenpartei einer der vor dieser Instanz prozessierenden Parteien vertritt (E. 3.2). Prozessrechtliche Folgen der Entdeckung eines Ausstandsgrundes nach der Mitteilung des kantonalen Entscheides, aber vor Ablauf der Rechtsmittelfrist (E. 3.1).
Regeste
Anschein der Befangenheit eines beisitzenden Richters ( Art. 47 ZPO, Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK ); Entdeckung eines Ablehnungsgrundes nach Abschluss des Verfahrens ( Art. 51 Abs. 3 und Art. 328 Abs. 1 ZPO ). Ein Rechtsanwalt, der die Funktion eines beisitzenden Richters in einer Berufungsinstanz in Mietsachen bekleidet, erscheint objektiv als befangen, wenn er in einem anderen hängigen Verfahren die Gegenpartei einer der vor dieser Instanz prozessierenden Parteien vertritt (E. 3.2). Prozessrechtliche Folgen der Entdeckung eines Ausstandsgrundes nach der Mitteilung des kantonalen Entscheides, aber vor Ablauf der Rechtsmittelfrist (E. 3.1).
Art. 47 ZPO Art. 30 Abs. 1 BV Art. 6 Ziff. 1 EMRK Art. 51 Abs. 3 und Art. 328 Abs. 1 ZPO Ein Rechtsanwalt, der die Funktion eines beisitzenden Richters in einer Berufungsinstanz in Mietsachen bekleidet, erscheint objektiv als befangen, wenn er in einem anderen hängigen Verfahren die Gegenpartei einer der vor dieser Instanz prozessierenden Parteien vertritt (E. 3.2).
Prozessrechtliche Folgen der Entdeckung eines Ausstandsgrundes nach der Mitteilung des kantonalen Entscheides, aber vor Ablauf der Rechtsmittelfrist (E. 3.1).
Sachverhalt ab Seite 120
Sachverhalt ab Seite 120 BGE 139 III 120 S. 120
BGE 139 III 120 S. 120
A. Par jugement du 16 mars 2011, le Tribunal des baux et loyers du canton de Genève a déclaré irrecevable la requête que le bailleur X. avait déposée le 13 janvier 2011 en vue d'obtenir l'expulsion de la Banque Y. SA d'un appartement loué par elle dans un immeuble sis à Genève. BGE 139 III 120 S. 121
A. BGE 139 III 120 S. 121
Saisie d'un appel du bailleur, la Chambre des baux et loyers de la Cour de justice (ci-après: la Chambre des baux et loyers) a confirmé ledit jugement par arrêt du 18 juin 2012.
B. Le 27 juin 2012, X., par l'entremise de son conseil, a adressé à la Chambre des baux et loyers une demande de récusation dirigée contre le Juge assesseur Pierre Stastny (ci-après: le juge assesseur), l'un des cinq membres de la juridiction d'appel ayant rendu l'arrêt précité.
B. Par lettre du 2 juillet 2012, la Chambre des baux et loyers lui a répondu qu'elle n'était plus saisie du dossier depuis qu'elle avait prononcé son arrêt dans la cause en litige.
Relancée par l'intéressé, la cour cantonale lui a confirmé, dans un courrier du 5 juillet 2012, qu'elle était dessaisie de la procédure en question. Elle lui a indiqué que la voie d'un recours au Tribunal fédéral restait ouverte.
C. Le 16 juillet 2012, X. (ci-après: le recourant) a formé un recours en matière civile aux fins d'obtenir l'annulation de l'arrêt du 18 juin 2012 et des décisions des 2 et 5 juillet 2012. Il y invite le Tribunal fédéral à ordonner à la cour cantonale de traiter sa demande de récusation du 27 juin 2012; subsidiairement, il lui demande de prononcer la récusation du juge assesseur.
C. La Banque Y. SA (ci-après: l'intimée) a renoncé à se déterminer sur le recours. La Chambre des baux et loyers se réfère, quant à elle, aux considérants de son arrêt.
En annexe à un courrier du 11 octobre 2012, le recourant a communiqué au Tribunal fédéral une copie, caviardée, d'un arrêt du 8 octobre 2012 concernant le même juge assesseur.
(résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
2. En vertu de l'adage lata sententia iudex desinit esse iudex, le juge est dessaisi de la cause à partir du moment où il a rendu son jugement. Sous réserve de diverses exceptions, il voit alors sa compétence s'éteindre relativement à la cause jugée (arrêt 4A_14/2012 du 2 mai 2012 consid. 3.1.1 et les références; FABIENNE HOHL, Procédure civile, tome I, 2001, n os 1265-1268). En particulier, il n'est plus habilité à statuer sur une demande de récusation formulée ultérieurement dans le cadre de la même procédure (arrêt 4A_451/2012 du 1 er novembre 2012 consid. 2). Conformément à l' art. 51 al. 3 CPC, si un motif de BGE 139 III 120 S. 122 récusation n'est découvert qu'après la clôture de la procédure, les dispositions sur la révision ( art. 328 ss CPC ) sont applicables.
2. art. 51 al. 3 CPC BGE 139 III 120 S. 122
art. 328 ss CPC En refusant d'entrer en matière sur la demande de récusation que le recourant lui avait soumise le 2 juillet 2012, postérieurement à la notification de l'arrêt du 18 juin 2012, et qu'il avait renouvelée le 5 juillet 2012, la Chambre des baux et loyers a fait une application correcte du principe ainsi codifié.
Il suit de là que le recours en matière civile doit être rejeté dans la mesure où il a trait aux décisions prises les 2 et 5 juillet 2012 par l'autorité intimée. Partant, ces deux décisions ne seront pas annulées et la Chambre des baux et loyers ne sera pas invitée à traiter la demande de récusation du 27 juin 2012.
3. Le présent recours porte encore sur l'arrêt rendu le 18 juin 2012 par la Chambre des baux et loyers. Avant d'examiner ses mérites, il sied d'apporter quelques précisions quant à sa recevabilité.
3. 3.1
3.1 3.1.1 Selon l' art. 75 al. 1 LTF, le recours est recevable contre les décisions rendues par les autorités cantonales de dernière instance, ce qui implique que les griefs soulevés en instance fédérale ne soient pas susceptibles d'un recours au niveau cantonal ( ATF 138 III 130 consid. 2.1).
3.1.1 art. 75 al. 1 LTF L' art. 51 al. 3 CPC, on l'a vu, déclare applicables les dispositions sur la révision si un motif de récusation n'est découvert qu'après la clôture de la procédure. En vertu de l' art. 328 al. 1 CPC, seule une décision "entrée en force" peut faire l'objet d'une demande de révision auprès du tribunal qui a statué en dernière instance. A contrario, si le motif de récusation est découvert après la clôture de la procédure (i.e. une fois la décision attaquable rendue) mais avant l'écoulement du délai de recours, autrement dit avant que la décision litigieuse soit revêtue de la force de chose jugée formelle, il doit être invoqué dans le cadre de ce recours ( ATF 138 III 702 consid. 3.4 p. 704; DENIS TAPPY, in Code de procédure civile commenté, 2011, n° 16 ad art. 51 CPC ; MARK LIVSCHITZ, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [éd.], 2010, n° 6 ad art. 51 CPC ; STEPHAN WULLSCHLEGER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2010, n° 10 ad art. 51 CPC ; DAVID RÜETSCHI, in Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, vol. I, 2012, n° 8 ad art. 51 CPC ). BGE 139 III 120 S. 123
art. 51 al. 3 CPC art. 328 al. 1 CPC art. 51 CPC art. 51 CPC art. 51 CPC art. 51 CPC BGE 139 III 120 S. 123
En l'espèce, le recourant a découvert le motif de révision à réception de l'arrêt du 18 juin 2012. Partant, c'est à juste titre qu'il l'invoque dans son recours en matière civile. Quoi qu'il en soit, le Tribunal fédéral a jugé récemment, dans une cause comparable, que, pour admettre la recevabilité d'un tel recours formé devant lui, il n'était pas nécessaire que la partie recourante ait fait usage de la possibilité de demander la révision du jugement attaqué (arrêt 4A_733/2011 du 16 juillet 2012 consid. 1.2 et les arrêts cités).
Force est d'admettre, dans ces conditions, que l'arrêt déféré constitue une décision prise par une autorité cantonale de dernière instance, au sens de l' art. 75 al. 1 LTF. art. 75 al. 1 LTF 3.1.2 Dans un recours au Tribunal fédéral, aucun fait nouveau ni preuve nouvelle ne peut être présenté à moins de résulter de la décision de l'autorité précédente ( art. 99 al. 1 LTF ). L'exclusion des faits et moyens de preuve nouveaux est la règle. Aussi bien, le Tribunal fédéral est juge du droit, et non du fait. Cette règle connaît une exception lorsque c'est la décision de l'autorité précédente qui, pour la première fois, a rendu pertinents ces faits ou moyens de preuve. Il peut s'agir, notamment, de faits et moyens de preuve qui se rapportent à la procédure conduite devant l'instance précédente, telle une prétendue irrégularité affectant la composition de l'autorité ayant rendu la décision querellée (arrêt 4A_18/2010 du 15 mars 2010 consid. 2.1). En revanche, le Tribunal fédéral ne peut pas tenir compte de faits ou moyens de preuve survenus postérieurement au prononcé de la décision entreprise, c'est-à-dire de véritables nova ( ATF 133 IV 342 consid. 2.1 et les arrêts cités). Il appartient, le cas échéant, au recourant d'exposer les raisons pour lesquelles il considère être en droit de présenter exceptionnellement des faits ou des moyens de preuve nouveaux ( ATF 133 III 393 consid. 3).
3.1.2 art. 99 al. 1 LTF Sans être contredit, le recourant soutient qu'il n'a appris qu'à la lecture de l'arrêt du 18 juin 2012 que le juge assesseur faisait partie de la composition de la cour ayant statué sur son appel alors que, selon lui, ce magistrat aurait dû se récuser. Comme c'est l'arrêt cantonal qui justifie de présenter, pour la première fois, les faits et moyens de preuve nouveaux concernant le juge assesseur, ceux-ci sont recevables. Tel n'est pas le cas, en revanche, s'agissant d'un véritable novum, de la copie caviardée de l'arrêt du 8 octobre 2012. Abstraction sera donc faite, ci-après, de ce moyen de preuve. BGE 139 III 120 S. 124
BGE 139 III 120 S. 124
3.2 Le recourant soutient que, du fait de la présence en son sein du juge assesseur, l'autorité intimée ne constituait pas un tribunal indépendant et impartial.
3.2 3.2.1 La garantie minimale d'un tribunal indépendant et impartial, telle qu'elle résulte des art. 30 al. 1 Cst. et 6 par. 1 CEDH - lesquels ont, de ce point de vue, la même portée - permet, indépendamment du droit de procédure (en l'occurrence l' art. 47 CPC ), de demander la récusation d'un juge dont la situation ou le comportement est de nature à susciter des doutes quant à son impartialité. Elle vise à éviter que des circonstances extérieures à l'affaire puissent influencer le jugement en faveur ou au détriment d'une partie. Elle n'impose pas la récusation seulement lorsqu'une prévention effective est établie, parce qu'une disposition relevant du for intérieur ne peut guère être prouvée; il suffit que les circonstances donnent l'apparence d'une prévention et fassent redouter une activité partiale du magistrat. Cependant, seules les circonstances objectivement constatées doivent être prises en compte, les impressions purement subjectives de la partie qui demande la récusation n'étant pas décisives ( ATF 138 I 1 consid. 2.2 et les arrêts cités).
3.2.1 art. 30 al. 1 Cst. art. 47 CPC L'avocat qui exerce les fonctions de juge apparaît objectivement partial non seulement lorsque, dans le cadre d'une autre procédure, il représente ou a représenté l'une des parties à la procédure dans laquelle il siège, mais également lorsqu'il représente ou a représenté récemment la partie adverse de cette partie ( ATF 135 I 14 consid. 4.1-4.3 confirmé par l' ATF 138 I 406 consid. 5.4).
Selon un principe général, la partie qui a connaissance d'un motif de récusation doit l'invoquer aussitôt, sous peine d'être déchue du droit de s'en prévaloir ultérieurement ( ATF 138 I 1 consid. 2.2 p. 4 et les arrêts cités; voir aussi l' art. 49 al. 1 CPC ). Il est, en effet, contraire aux règles de la bonne foi de garder en réserve le moyen tiré de la composition irrégulière du tribunal pour ne l'invoquer qu'en cas d'issue défavorable de la procédure ( ATF 136 III 605 consid. 3.2.2). Cela ne signifie toutefois pas que l'identité des juges appelés à statuer doive nécessairement être communiquée de manière expresse au justiciable; il suffit que le nom de ceux-ci ressorte d'une publication générale facilement accessible, par exemple l'annuaire officiel. La partie assistée d'un avocat est en tout cas présumée connaître la composition régulière du tribunal. En revanche, un motif de prévention concernant un juge suppléant peut, en principe, encore être valablement soulevé dans le cadre d'une procédure de recours, car le justiciable BGE 139 III 120 S. 125 pouvait partir de l'idée que la juridiction inférieure statuerait dans sa composition ordinaire. Cette jurisprudence au sujet des juges suppléants doit s'appliquer de la même manière quand il s'agit d'examiner si un justiciable devait ou non s'attendre à la présence d'un assesseur qui est appelé à fonctionner, de cas en cas, dans la composition du tribunal saisi de l'affaire ( ATF 128 V 82 consid. 2b et les références). art. 49 al. 1 CPC BGE 139 III 120 S. 125
3.2.2 En l'espèce, le recourant n'a appris qu'à réception de l'arrêt attaqué, rendu le 18 juin 2012 par la Chambre d'appel des baux et loyers, que l'avocat Stastny avait statué sur son appel, conjointement avec quatre autres juges, en tant que juge assesseur représentant les groupements de locataires, conformément à l'art. 121 al. 1 de la loi genevoise du 26 septembre 2010 sur l'organisation judiciaire (RSG E 2 05). Il s'est prévalu sans tarder, dans le cadre de sa double demande de récusation, puis dans son recours au Tribunal fédéral, de la composition irrégulière de la juridiction d'appel cantonale, en raison de la participation du juge assesseur prénommé. Dès lors, son droit d'invoquer pareil moyen n'est pas périmé.
3.2.2 Sans être contredit ni par la cour cantonale ni par l'intimée, le recourant allègue et prouve par pièces que le juge assesseur est intervenu, en 2010, comme conseil des parties adverses dans deux autres procédures contentieuses non connexes auxquelles lui, le recourant, est partie et qui sont toujours pendantes, l'une devant la Chambre des baux et loyers, l'autre devant le Tribunal des baux et loyers. Selon la jurisprudence susmentionnée (cf. consid. 3.2.1, 2 e §), de telles circonstances sont objectivement de nature à susciter des doutes quant à l'impartialité du juge assesseur en question à l'égard du recourant. L'expérience enseigne, en effet, qu'une partie à un procès reporte souvent ses sentiments négatifs contre sa partie adverse sur l'avocat de celle-ci au point de le considérer comme un adversaire, à l'égal de cette partie. Aussi est-il compréhensible qu'une partie n'attende pas d'un juge assesseur qu'il se comporte soudainement en toute impartialité envers elle, alors qu'il la combat ou l'a combattue dans une autre procédure en sa qualité de représentant de sa partie adverse ( ATF 135 I 14 consid. 4.3 p. 18). L'apparence de prévention était si évidente, en l'occurrence, que le juge assesseur aurait dû se récuser spontanément (cf. art. 48 CPC ). art. 48 CPC Partant, le moyen tiré de la violation de la garantie d'un tribunal indépendant et impartial s'avère fondé. Cette garantie revêtant un BGE 139 III 120 S. 126 caractère formel, sa violation doit entraîner l'annulation de la décision attaquée, indépendamment des chances de succès de la thèse que le recourant soutient dans la procédure au fond (arrêt 4A_217/2012 du 9 octobre 2012 consid. 6, non publié in ATF 138 I 406 ).
BGE 139 III 120 S. 126
En conclusion, il y a lieu d'admettre partiellement le recours en matière civile, d'annuler l'arrêt attaqué et de renvoyer la cause à la Chambre des baux et loyers pour qu'elle statue à nouveau sur l'appel du recourant sans la participation du juge assesseur.
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Urteilskopf
17. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen X. Ltd. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_496/2012 vom 25. Februar 2013
Regeste Materielle Rechtskraft; Identität von prozessualen Ansprüchen. Die Identität von prozessualen Ansprüchen beurteilt sich nach den Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt, d.h. dem Tatsachenfundament, auf das sich die Klagebegehren stützen (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 3). Eine behauptete arglistige Prozessführung ist mit Revision geltend zu machen (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 4).
Regeste
Materielle Rechtskraft; Identität von prozessualen Ansprüchen. Die Identität von prozessualen Ansprüchen beurteilt sich nach den Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt, d.h. dem Tatsachenfundament, auf das sich die Klagebegehren stützen (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 3). Eine behauptete arglistige Prozessführung ist mit Revision geltend zu machen (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 4).
Die Identität von prozessualen Ansprüchen beurteilt sich nach den Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt, d.h. dem Tatsachenfundament, auf das sich die Klagebegehren stützen (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 3).
Eine behauptete arglistige Prozessführung ist mit Revision geltend zu machen (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 4).
Sachverhalt ab Seite 126
Sachverhalt ab Seite 126 BGE 139 III 126 S. 126
BGE 139 III 126 S. 126
A.
A. A.a Am 28. Mai 2010 klagte die X.Y. Ltd. gegen A. beim Bezirksgericht Meilen auf Verurteilung zur Übertragung seiner Geschäftsanteile an der Z. GmbH auf die Klägerin, eventualiter Zug um Zug gegen Zahlung von EUR 25'090.-, sowie auf Ermächtigung der Klägerin zur Ersatzvornahme im Weigerungsfalle (Verfahren Nr. x). Im Laufe des Verfahrens trat die X. Ltd. an die Stelle der ursprünglichen Klägerin in den Prozess ein. BGE 139 III 126 S. 127
A.a BGE 139 III 126 S. 127
Mit Urteil vom 11. April 2011 hiess das Bezirksgericht Meilen im Kontumazialverfahren gemäss § 130 Abs. 1 ZPO /ZH die klägerischen Rechtsbegehren gut. Dieses Urteil erwuchs am 27. April 2011 in Rechtskraft. Ein Gesuch des A. vom 1. Juli 2011 um Wiederherstellung der Frist zur Erstattung einer Klageantwort, eventualiter um Wiederherstellung der Frist, um eine Begründung des Urteils vom 11. April 2011 zu verlangen, wurde am 2. August 2011 abgewiesen.
§ 130 Abs. 1 ZPO A.b Am 24. August 2011 erhob A. (Kläger) beim Bezirksgericht Meilen Klage gegen die X. Ltd. (Beklagte) mit dem Begehren, die Beklagte sei zu verurteilen, ihre Geschäftsanteile an der Z. GmbH auf den Kläger zu übertragen, eventualiter zur Zahlung von Fr. 37'750.- zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 1. Juni 2011, und es sei der Kläger im Falle der Weigerung der Übertragung der Geschäftsanteile zur Ersatzvornahme zu ermächtigen (Verfahren Nr. y).
A.b Der Kläger begründete seine Begehren damit, die Beklagte habe im früheren Verfahren Nr. x eine unerlaubte Handlung begangen, indem sie zur Erlangung der Übertragung seiner Geschäftsanteile an der Z. GmbH unwahre Behauptungen gemacht habe, auf welche das Bezirksgericht Meilen in seinem Kontumazurteil abgestellt habe. Damit habe die Beklagte "Prozessbetrug im Sinne von Art. 146 StGB " begangen.
Art. 146 StGB Auf Antrag der Beklagten beschränkte das Bezirksgericht Meilen das Verfahren in Anwendung von Art. 125 lit. a ZPO vorerst auf die Frage der abgeurteilten Sache. Es kam zum Schluss, dass die Rechtskraft des im Verfahren Nr. x ergangenen Urteils vom 11. April 2011 der Klage des A. entgegenstehe und trat dementsprechend mit Zirkulationsbeschluss vom 7. Mai 2012 auf diese nicht ein.
Art. 125 lit. a ZPO B. Gegen den Nichteintretensbeschluss vom 7. Mai 2012 erhob A. mit Eingabe vom 5. Juni 2012 Berufung an die II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich. Diese wurde mit Urteil vom 3. Juli 2012 abgewiesen.
B. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 5. September 2012 gegen die X. Ltd. (Beschwerdegegnerin) beantragt A. (Beschwerdeführer) dem Bundesgericht die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und erneuert seine vor dem Bezirksgericht Meilen gestellten Rechtsbegehren. (...)
C. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
(Auszug) BGE 139 III 126 S. 128
BGE 139 III 126 S. 128
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2.
2. 2.1 Die Vorinstanz entschied, die Rechtskraft des früheren Urteils stehe der Zulässigkeit der vorliegenden Klage entgegen. Es sei einer rechtskräftig unterlegenen Partei verwehrt, in einem neuen Prozess Schadenersatz zu verlangen mit der Begründung, das Urteil im ersten Prozess sei unrichtig, ihre Prozessgegnerin habe die Unrichtigkeit des Urteils verursacht und sie dadurch geschädigt. Vielmehr wäre nach Auffassung der Vorinstanz die Beseitigung der Rechtskraft anzustreben gewesen, indem die behauptete arglistige Prozessführung mit Revision geltend gemacht worden wäre.
2.1 2.2 Der Beschwerdeführer rügt vor Bundesgericht, der Entscheid der Vorinstanz verstosse gegen Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO. Seine Klage stütze sich auf Tatsachen, die sich nach der letzten Möglichkeit zur Noveneinbringung im früheren Verfahren ereignet hätten. Aus diesen Tatsachen leite er einen anderen als in jenem Verfahren beurteilten prozessualen Anspruch ab, der sich auf eine andere als die damals angewendete Rechtsgrundlage abstütze; deshalb könnten bereits zeitlogisch identische Streitgegenstände nicht vorliegen.
2.2 Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO 3. Gemäss Art. 59 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. e ZPO e contrario tritt ein Gericht auf die Klage nicht ein, wenn die Sache bereits rechtskräftig entschieden ist. Wann dies der Fall ist, regelt die ZPO nicht näher. Die bundesrätliche Botschaft hält dazu lediglich fest, es bestehe zu dieser Frage eine reiche Rechtsprechung und Literatur, die ihre Bedeutung auch unter der Herrschaft der ZPO vollumfänglich beibehalte (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221, 7278 ad Art. 62 E-ZPO).
3. 3.1 Materielle Rechtskraft bedeutet Massgeblichkeit eines formell rechtskräftigen Urteils in jedem späteren Verfahren unter denselben Parteien. Sie hat eine positive und eine negative Wirkung (statt aller SIMON ZINGG, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 95 zu Art. 59 ZPO ). In positiver Hinsicht bindet die materielle Rechtskraft das Gericht in einem späteren Prozess an alles, was im Urteilsdispositiv des früheren Prozesses festgestellt wurde (sog. Präjudizialitäts- oder Bindungswirkung, vgl. BGE 116 II 738 E. 3 S. 744; BGE 121 III 474 E. 4a S. 478). In negativer Hinsicht verbietet die materielle Rechtskraft jedem späteren Gericht, auf eine Klage einzutreten, deren Streitgegenstand mit dem rechtskräftig BGE 139 III 126 S. 129 beurteilten (res iudicata, d.h. abgeurteilte Sache i.S. von Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO ) identisch ist, sofern der Kläger nicht ein schutzwürdiges Interesse an Wiederholung des früheren Entscheids geltend machen kann (vgl. BGE 121 III 474 E. 2 S. 477; zum Wiederholungsinteresse MICHAEL BEGLINGER, Rechtskraft und Rechtskraftdurchbrechung im Zivilprozess, ZBJV 133/1997 S. 613). Die materielle Rechtskraft eines Urteils erstreckt sich nach dem Grundsatz der Präklusion auf den individualisierten Anspruch schlechthin und schliesst Angriffe auf sämtliche Tatsachen aus, die im Zeitpunkt des Urteils bereits bestanden hatten, unabhängig davon, ob sie den Parteien bekannt waren, von diesen vorgebracht oder vom Richter beweismässig als erstellt erachtet wurden (grundlegend BGE 115 II 187 E. 3b; vgl. ferner BGE 116 II 738 E. 2b S. 744; Urteil 5A_438/2007 vom 20. November 2007 E. 2.2.1).
3.1 Art. 59 ZPO BGE 139 III 126 S. 129
Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO 3.2 Die Beschwerde wirft vorab die Frage vom Stellenwert des Rechtsgrundes bei der Abgrenzung der Streitgegenstände auf.
3.2 3.2.1 Auf den ersten Blick könnte erscheinen, dass sich der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Identität von Streitgegenständen im Hinblick auf die negative Wirkung der materiellen Rechtskraft kein einheitliches Bild vom Stellenwert des Rechtsgrundes entnehmen lässt. Denn nach der einen Formel ist der mit einer Klage erhobene prozessuale Anspruch mit einem bereits rechtskräftig abgeurteilten identisch, "wenn der Anspruch dem Gericht aus demselben Rechtsgrund und gestützt auf den gleichen Sachverhalt erneut zur Beurteilung unterbreitet wird" (so u.a. im Urteil 4A_508/2010 vom 14. Februar 2011 E. 2.1; 4A_145/2009 vom 16. Juni 2009 E. 1.3; BGE 128 III 284 E. 3b ["lorsque, dans l'un et l'autre procès, les parties soumettent au juge la même prétention en se fondant sur les mêmes causes juridiques et les mêmes faits"]; BGE 125 III 241 E. 1 S. 242; 123 III 16 E. 2a S. 18; BGE 121 III 474 E. 4a S. 477; BGE 119 II 89 E. 2a S. 90; BGE 97 II 390 E. 4 S. 395), während eine andere, meist in Urteilen französischer oder italienischer Sprache verwendete Formel den Rechtsgrund nicht erwähnt ( BGE 136 III 123 E. 4.3.1 S. 126 ["l'objet du litige est déterminé par les conclusions de la demande et par les faits invoqués à l'appui de celle-ci, à savoir par le complexe de faits sur lequel les conclusions se fondent"]; Urteil 4A_487/2007 vom 19. Juni 2009 E. 7.1; BGE 125 III 8 E. 2 S. 10 ["una sentenza osta all'introduzione di un successivo processo civile ove quest'ultimo verta fra le stesse parti (limite soggettivo dell'autorità di cosa giudicata), riguardi l'identica pretesa e sia fondato sul medesimo complesso di fatti BGE 139 III 126 S. 130 (limiti oggettivi dell'autorità di cosa giudicata)"]; BGE 116 II 738 E. 2a S. 743). Jedenfalls ist Identität der Streitgegenstände zu verneinen, wenn zwar aus dem gleichen Rechtsgrund wie im Vorprozess geklagt wird, aber neue erhebliche Tatsachen geltend gemacht werden, die seitdem eingetreten sind und den Anspruch in der nunmehr eingeklagten Form erst entstehen liessen. Diesfalls stützt sich die neue Klage auf rechtsbegründende oder rechtsverändernde Tatsachen, die im früheren Prozess nicht zu beurteilen waren und ausserhalb der zeitlichen Grenzen der materiellen Rechtskraft des früheren Urteils liegen ( BGE 105 II 268 E. 2 S. 270; BGE 116 II 783 E. 2a; BGE 125 III 241 E. 2d S. 246).
3.2.1 BGE 139 III 126 S. 130
BGE 116 II 783 3.2.2 In der neueren Lehre ist die Frage aufgeworfen worden, ob es in der Formel zur Abgrenzung der Streitgegenstände der Erwähnung des Rechtsgrundes überhaupt bedürfe (SIMON ZINGG, a.a.O., N. 74 zu Art. 59 ZPO ; FRANCESCO TREZZINI, in: Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC], 2011, N. 452 zu Art. 59 ZPO S. 185; STEPHEN V. BERTI, Zur materiellen Rechtskraft nach schweizerischem Zivilprozessrecht, in: Festschrift zum Schweizerischen Juristentag 2011, Bommer/Berti [Hrsg.], 2011, S. 236 f.). Der Rechtsgrund könne ein sinnvolles Element der Identitätsbestimmung etwa in den Ausnahmefällen bilden, in denen die Kognition des erkennenden Gerichts durch verbindliche Parteidisposition beschränkt war (so im Urteil 4A_307/2011 vom 16. Dezember 2011 E. 2.4 i.f.; dazu LORENZ DROESE, SZZP 2012 S. 296 ff.). Hingegen habe das Gericht im Normalfall uneingeschränkter Kognition in Befolgung des Gebots der Rechtsanwendung von Amtes wegen (iura novit curia) gemäss Art. 57 ZPO alle in Frage kommenden Normen auf den Streitgegenstand anzuwenden (vgl. BERTI, a.a.O., S. 237).
3.2.2 Art. 59 ZPO Art. 59 ZPO Art. 57 ZPO 3.2.3 Das Bundesgericht hat die Ambivalenz im Zusammenhang mit den Formulierungen der Rechtsprechung, in denen der Rechtsgrund enthalten ist, und denjenigen, die ohne den Rechtsgrund auskommen, 1997 in einem nicht in der amtlichen Sammlung publizierten Urteil geklärt. Dort hielt es fest, dass der Begriff Rechtsgrund nicht im technischen Sinn als angerufene Rechtsnorm, sondern im Sinne des Entstehungsgrundes zu verstehen ist, worauf in BGE 123 III 16 E. 2a sowie BGE 121 III 474 E. 4a Bezug genommen wurde (Urteil 4C.384/1995 vom 1. Mai 1997 E. 2d). In beiden letztgenannten Entscheiden wird jeweils innerhalb der gleichen Erwägung einerseits (a.a.O., am Anfang der E. 2a bzw. 4a) Identität bejaht, "wenn der [prozessuale] Anspruch dem Richter aus demselben Rechtsgrund und gestützt auf BGE 139 III 126 S. 131 denselben Sachverhalt erneut zur Beurteilung unterbreitet wird", aber andererseits (a.a.O., am Ende der E. 2a bzw. 4a) die Identität von Rechtsbehauptungen (d.h. von prozessualen Ansprüchen) verneint, "wenn sie nicht auf denselben Tatsachen und rechtlichen Umständen beruhen". Die beiden Aussagen lassen sich miteinander in Einklang bringen durch die präzisierte Formel, dass die Identität von prozessualen Ansprüchen nach den Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt, d.h. dem Tatsachenfundament, auf das sich die Klagebegehren stützen, beurteilt wird (so Urteil 4A_574/2010 vom 21. März 2011 E. 2.3.1; BGE 136 III 123 E. 4.3.1 S. 126). Dabei ist der Begriff der Anspruchsidentität nicht grammatikalisch, sondern inhaltlich zu verstehen. Der neue prozessuale Anspruch ist deshalb trotz abweichender Umschreibung vom beurteilten nicht verschieden, wenn er in diesem bereits enthalten war oder wenn im neuen Verfahren das kontradiktorische Gegenteil zur Beurteilung gestellt wird ( BGE 123 III 16 S. 19 E. 2a).
3.2.3 BGE 139 III 126 S. 131
4. Die Vorinstanz hat erwogen, der Beschwerdeführer habe mit der vorliegenden Klage im Verhältnis zu jener der Beschwerdegegnerin als Klägerin im früheren Prozess nur teilweise das kontradiktorische Gegenteil zur Beurteilung gestellt. Dies sei zwar in Bezug auf das Hauptbegehren der Fall, das auf die Rückübertragung der gleichen Geschäftsanteile gerichtet sei, deren Übertragung die Beschwerdegegnerin im früheren Prozess erfolgreich eingeklagt habe. Indessen verlange der Beschwerdeführer mit seinem Eventualbegehren Anderes, nämlich die Bezahlung von Schadensersatz wegen einer behaupteten unerlaubten Handlung der Beschwerdegegnerin als Klägerin im früheren Prozess.
4. 4.1 Dem kann nur teilweise gefolgt werden. Denn wie die Vorinstanz an anderer Stelle festhält, stützt der Beschwerdeführer sein Hauptbegehren ebenfalls auf eine behauptete unerlaubte Handlung der Beschwerdegegnerin als Klägerin im früheren Prozess. Der Beschwerdeführer macht somit mit seinem Hauptbegehren die Behebung seines behaupteten Schadens in natura geltend, während er mit seinem Eventualbegehren Geldersatz verlangt. Das Eventualbegehren unterscheidet sich vom Hauptbegehren zwar grammatikalisch, nicht aber inhaltlich - der geforderte Geldbetrag bildet lediglich das Surrogat des mit den gleichen Tatsachen begründeten Hauptbegehrens. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz stellt der Beschwerdeführer deshalb nicht nur mit seinem Hauptbegehren, sondern auch mit seinem Eventualbegehren das kontradiktorische Gegenteil dessen zur Beurteilung, BGE 139 III 126 S. 132 was der Beschwerdegegnerin im früheren Prozess rechtskräftig zugesprochen wurde. So gilt für beide Klagebegehren, dass ihnen nur, wenn überhaupt, dann entsprochen werden könnte, wenn der Beschwerdeführer sie auf Tatsachen gestützt hätte, die ausserhalb der zeitlichen Grenzen der materiellen Rechtskraft des früheren Urteils lagen (E. 3.2.1; vgl. für einen solchen Fall Urteil 4C.314/2004 vom 17. November 2004). Das hat er aber nicht getan, wenn er als neue Tatsache die Irreführung des Gerichts vorbringt. Damit steht seinen Rechtsbegehren die res iudicata entgegen.
4.1 BGE 139 III 126 S. 132
4.2 Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf BGE 127 III 496 E. 3b/aa S. 499 f. zutreffend festgehalten, ein rechtskräftiges Urteil könne nicht von derjenigen Partei, die behauptet, es sei durch arglistiges Verhalten der Gegenpartei zustande gekommen, in einem nachfolgenden Schadenersatzprozess in Frage gestellt werden. Die behauptete arglistige Prozessführung müsse vielmehr mit Revision geltend gemacht werden.
4.2 4.3 4.4 Die in BGE 127 III 496 aufgestellten Grundsätze behalten, wie die Vorinstanz zutreffend erwog, auch unter der Schweizerischen Zivilprozessordnung ihre Gültigkeit. Gemäss Art. 328 Abs. 1 lit. b ZPO liegt nämlich ein Revisionsgrund vor, wenn ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder Vergehen zulasten einer Partei auf einen Entscheid eingewirkt wurde; eine Verurteilung durch das Strafgericht ist dabei nicht erforderlich und der Beweis kann auch auf andere Weise erbracht werden, wenn das Strafverfahren nicht durchführbar ist. Mit dieser Erleichterung hat der Gesetzgeber Bedenken der Lehre Rechnung getragen, wonach das Erfordernis eines formellen Strafverfahrens den Revisionsgrund übermässig einschränken würde (vgl. PICHONNAZ/MARCA, Mendacium pro veritate habetur?, Revue fribourgeoise de jurisprudence [RFJ] 2002 S. 34 Anm. 42 m.w.H.).
4.4 Art. 328 Abs. 1 lit. b ZPO
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Urteilskopf 139 III 133 18. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_605/2012 vom 22. Februar 2013 Regeste Rechtsmittel gegen einen gerichtlichen Vergleich. Gegen einen gerichtlichen Vergleich nach Art. 241 ZPO steht die Revision als Rechtsmittel offen ( Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO ; E. 1.3), während der Abschreibungsbeschluss nach Art. 241 Abs. 3 ZPO einzig hinsichtlich des Kostenpunkts mit Beschwerde anfechtbar ist (E. 1.2). Erwägungen ab Seite 133 BGE 139 III 133 S. 133 Aus den Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist ( BGE 137 III 417 E. 1; BGE 136 II 101 E. 1, BGE 136 II 470 E. 1; BGE 135 III 212 E. 1). 1.1 Wird ein Vergleich, eine Klageanerkennung oder ein Klagerückzug dem Gericht zu Protokoll gegeben, so haben die Parteien das Protokoll zu unterschreiben ( Art. 241 Abs. 1 ZPO ). Ein Vergleich, eine Klageanerkennung oder ein Klagerückzug hat die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheides ( Art. 241 Abs. 2 ZPO ). Das Gericht schreibt das Verfahren ab ( Art. 241 Abs. 3 ZPO ). 1.2 Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Abschreibungsbeschluss im Sinne von Art. 241 Abs. 3 ZPO. Dabei handelt es sich um einen rein deklaratorischen Akt, weil bereits der Vergleich als solcher den Prozess unmittelbar beendet (LAURENT KILLIAS, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. II, 2012, N. 28 f. zu Art. 241 ZPO ; PAUL OBERHAMMER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 10 zu Art. 241 ZPO ; GEORG NÄGELI, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 38 zu Art. 241 ZPO ; PASCAL LEUMANN LIEBSTER, in: Kommentar zur Schweizerischen BGE 139 III 133 S. 134 Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 23 zu Art. 241 ZPO ; MARKUS KRIECH, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 15 zu Art. 241 ZPO ; FRANCESCO TREZZINI, in: Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC] [...], 2011, N. 2 zu Art. 241 ZPO, S. 1068). Der Abschreibungsbeschluss beurkundet den Prozesserledigungsvorgang im Hinblick auf die Vollstreckung des Vergleichs (vgl. STEPHEN V. BERTI, Einführung in die Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 243; KILLIAS, a.a.O., N. 33 zu Art. 241 ZPO ), erfolgt aber abgesehen davon der guten Ordnung halber (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221, 7345 zu Art. 237 und 238), d.h. zum Zwecke der Geschäftskontrolle (THOMAS SUTTER-SOMM, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2012, N. 1139). Nach zutreffender Auffassung steht gegen den Abschreibungsbeschluss als solchen kein Rechtsmittel zu Verfügung (so die h.M.: KILLIAS, a.a.O., N. 49 zu Art. 241 ZPO ; SUTTER-SOMM, a.a.O., N. 1139; TREZZINI, a.a.O., N. 2 zu Art. 241 ZPO, S. 1068 ["inimpugnabilità"]; OBERHAMMER, a.a.O., N. 7 zu Art. 251 ZPO ; KRIECH, a.a.O., N. 16 zu Art. 241 ZPO ; a.M. JACQUES HALDY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 38 zu Art. 241 ZPO ). Der Abschreibungsbeschluss bildet mithin kein Anfechtungsobjekt, das mit Berufung oder Beschwerde nach ZPO bzw. - falls er von einer Vorinstanz i.S. von Art. 75 BGG ergangen ist - mit der Beschwerde nach BGG angefochten werden könnte. Lediglich der darin enthaltene Kostenentscheid ist anfechtbar ( Art. 110 ZPO ). 1.3 Der gerichtliche Vergleich selbst hat zwar die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheides ( Art. 241 Abs. 2 ZPO ), kann aber einzig mit Revision nach ZPO angefochten werden ( Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO ; Botschaft, a.a.O., S. 7380; Urteil 4A_269/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 3.1). In Bezug auf materielle oder prozessuale Mängel des Vergleichs ist die Revision mithin primäres und ausschliessliches Rechtsmittel (KILLIAS, a.a.O., N. 49 zu Art. 241 ZPO ; OBERHAMMER, a.a.O., N. 7 f., 12 zu Art. 241 ZPO ). Gegen einen Vergleich stehen weder die Berufung und Beschwerde nach ZPO noch die Beschwerde nach BGG offen. 1.4 Die Rügen des Beschwerdeführers betreffen ausschliesslich angebliche (materielle oder prozessuale) Mängel des Vergleichs, welche einzig mit Revision nach Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO geltend gemacht werden können. Der angefochtene Abschreibungsbeschluss ist BGE 139 III 133 S. 135 diesbezüglich kein taugliches Anfechtungsobjekt einer Beschwerde nach BGG. Rügen gegen den Kostenentscheid im Abschreibungsbeschluss bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Auf die Beschwerde ist somit mangels tauglichen Anfechtungsobjekts bzw. tauglicher Rügen nicht einzutreten.
Urteilskopf
18. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_605/2012 vom 22. Februar 2013
Regeste Rechtsmittel gegen einen gerichtlichen Vergleich. Gegen einen gerichtlichen Vergleich nach Art. 241 ZPO steht die Revision als Rechtsmittel offen ( Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO ; E. 1.3), während der Abschreibungsbeschluss nach Art. 241 Abs. 3 ZPO einzig hinsichtlich des Kostenpunkts mit Beschwerde anfechtbar ist (E. 1.2).
Regeste
Rechtsmittel gegen einen gerichtlichen Vergleich. Gegen einen gerichtlichen Vergleich nach Art. 241 ZPO steht die Revision als Rechtsmittel offen ( Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO ; E. 1.3), während der Abschreibungsbeschluss nach Art. 241 Abs. 3 ZPO einzig hinsichtlich des Kostenpunkts mit Beschwerde anfechtbar ist (E. 1.2).
Gegen einen gerichtlichen Vergleich nach Art. 241 ZPO steht die Revision als Rechtsmittel offen ( Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO ; E. 1.3), während der Abschreibungsbeschluss nach Art. 241 Abs. 3 ZPO einzig hinsichtlich des Kostenpunkts mit Beschwerde anfechtbar ist (E. 1.2).
Art. 241 ZPO Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO Art. 241 Abs. 3 ZPO Erwägungen ab Seite 133
Erwägungen ab Seite 133 BGE 139 III 133 S. 133
BGE 139 III 133 S. 133
Aus den Erwägungen:
1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist ( BGE 137 III 417 E. 1; BGE 136 II 101 E. 1, BGE 136 II 470 E. 1; BGE 135 III 212 E. 1).
1. 1.1 Wird ein Vergleich, eine Klageanerkennung oder ein Klagerückzug dem Gericht zu Protokoll gegeben, so haben die Parteien das Protokoll zu unterschreiben ( Art. 241 Abs. 1 ZPO ). Ein Vergleich, eine Klageanerkennung oder ein Klagerückzug hat die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheides ( Art. 241 Abs. 2 ZPO ). Das Gericht schreibt das Verfahren ab ( Art. 241 Abs. 3 ZPO ).
1.1 Art. 241 Abs. 1 ZPO Art. 241 Abs. 2 ZPO Art. 241 Abs. 3 ZPO 1.2 Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Abschreibungsbeschluss im Sinne von Art. 241 Abs. 3 ZPO. Dabei handelt es sich um einen rein deklaratorischen Akt, weil bereits der Vergleich als solcher den Prozess unmittelbar beendet (LAURENT KILLIAS, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. II, 2012, N. 28 f. zu Art. 241 ZPO ; PAUL OBERHAMMER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 10 zu Art. 241 ZPO ; GEORG NÄGELI, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 38 zu Art. 241 ZPO ; PASCAL LEUMANN LIEBSTER, in: Kommentar zur Schweizerischen BGE 139 III 133 S. 134 Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 23 zu Art. 241 ZPO ; MARKUS KRIECH, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 15 zu Art. 241 ZPO ; FRANCESCO TREZZINI, in: Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC] [...], 2011, N. 2 zu Art. 241 ZPO, S. 1068). Der Abschreibungsbeschluss beurkundet den Prozesserledigungsvorgang im Hinblick auf die Vollstreckung des Vergleichs (vgl. STEPHEN V. BERTI, Einführung in die Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 243; KILLIAS, a.a.O., N. 33 zu Art. 241 ZPO ), erfolgt aber abgesehen davon der guten Ordnung halber (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221, 7345 zu Art. 237 und 238), d.h. zum Zwecke der Geschäftskontrolle (THOMAS SUTTER-SOMM, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2012, N. 1139). Nach zutreffender Auffassung steht gegen den Abschreibungsbeschluss als solchen kein Rechtsmittel zu Verfügung (so die h.M.: KILLIAS, a.a.O., N. 49 zu Art. 241 ZPO ; SUTTER-SOMM, a.a.O., N. 1139; TREZZINI, a.a.O., N. 2 zu Art. 241 ZPO, S. 1068 ["inimpugnabilità"]; OBERHAMMER, a.a.O., N. 7 zu Art. 251 ZPO ; KRIECH, a.a.O., N. 16 zu Art. 241 ZPO ; a.M. JACQUES HALDY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 38 zu Art. 241 ZPO ). Der Abschreibungsbeschluss bildet mithin kein Anfechtungsobjekt, das mit Berufung oder Beschwerde nach ZPO bzw. - falls er von einer Vorinstanz i.S. von Art. 75 BGG ergangen ist - mit der Beschwerde nach BGG angefochten werden könnte. Lediglich der darin enthaltene Kostenentscheid ist anfechtbar ( Art. 110 ZPO ).
1.2 Art. 241 Abs. 3 ZPO Art. 241 ZPO Art. 241 ZPO Art. 241 ZPO BGE 139 III 133 S. 134
Art. 241 ZPO Art. 241 ZPO Art. 241 ZPO Art. 241 ZPO Art. 241 ZPO Art. 241 ZPO Art. 251 ZPO Art. 241 ZPO Art. 241 ZPO Art. 75 BGG Art. 110 ZPO 1.3 Der gerichtliche Vergleich selbst hat zwar die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheides ( Art. 241 Abs. 2 ZPO ), kann aber einzig mit Revision nach ZPO angefochten werden ( Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO ; Botschaft, a.a.O., S. 7380; Urteil 4A_269/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 3.1). In Bezug auf materielle oder prozessuale Mängel des Vergleichs ist die Revision mithin primäres und ausschliessliches Rechtsmittel (KILLIAS, a.a.O., N. 49 zu Art. 241 ZPO ; OBERHAMMER, a.a.O., N. 7 f., 12 zu Art. 241 ZPO ). Gegen einen Vergleich stehen weder die Berufung und Beschwerde nach ZPO noch die Beschwerde nach BGG offen.
1.3 Art. 241 Abs. 2 ZPO Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO Art. 241 ZPO Art. 241 ZPO 1.4 Die Rügen des Beschwerdeführers betreffen ausschliesslich angebliche (materielle oder prozessuale) Mängel des Vergleichs, welche einzig mit Revision nach Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO geltend gemacht werden können. Der angefochtene Abschreibungsbeschluss ist BGE 139 III 133 S. 135 diesbezüglich kein taugliches Anfechtungsobjekt einer Beschwerde nach BGG. Rügen gegen den Kostenentscheid im Abschreibungsbeschluss bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Auf die Beschwerde ist somit mangels tauglichen Anfechtungsobjekts bzw. tauglicher Rügen nicht einzutreten.
1.4 Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO BGE 139 III 133 S. 135
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Urteilskopf 139 III 135 19. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. contre B. et C. (recours en matière civile) 5A_355/2012 du 21 décembre 2012 Regeste Art. 80 Abs. 1 und Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG ; Art. 9 BV ; Arrest; definitiver Rechtsöffnungstitel; vorfrageweise Prüfung des Exequaturs eines ausländischen "nicht Lugano-Urteils" oder eines ausländischen Schiedsspruches. Ein ausländisches "nicht Lugano-Urteil" stellt einen definitiven Rechtsöffnungstitel dar und der Arrestrichter kann aufgrund einer summarischen rechtlichen Würdigung und auf der Grundlage der glaubhaft gemachten Tatsachen vorfrageweise das Exequatur eines solchen Urteils prüfen (E. 4). Sachverhalt ab Seite 136 BGE 139 III 135 S. 136 A. Le 14 avril 2011, un arbitre unique siégeant à Londres (UK) a rendu une sentence arbitrale dans un litige de nature contractuelle opposant B. et C., en qualité de demanderesses, à une société tierce et à A., en qualité de défendeurs. Il a notamment déclaré que A. était partie au contrat litigieux ( Share Purchase Agreement ), soumis à sa compétence en tant qu'arbitre unique, et ordonné que les défendeurs versent aux demanderesses la somme de 5'000'000 USD, leur remboursent leurs honoraires et frais juridiques s'élevant à 136'195 USD, et leur paient des intérêts au taux de 1,25 % par an sur la totalité ou une partie de la somme de 5'407'955 USD encore due entre la date de la réception de la sentence et la date du paiement intégral de la somme de 5'407'955 USD, plus les éventuels intérêts cumulés. B. B.a Le 5 juillet 2011, B. et C. ont requis du juge de paix du district de Nyon qu'il ordonne le séquestre, en vertu de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP, à concurrence de 4'587'568 fr., plus intérêts à 1,25 % l'an dès le 21 avril 2011, de la parcelle x de la Commune de D., propriété de A., de tous les meubles s'y trouvant, appartenant au prénommé, et de tous les avoirs et biens lui appartenant, de quelque nature et en quelque monnaie qu'ils soient, en mains de E. AG, à F. A l'appui de leur requête, elles ont notamment produit une copie certifiée de la sentence arbitrale du 14 avril 2011, une copie du courrier de la cour d'arbitrage du 29 juin 2011, confirmant que la sentence avait été notifiée aux défendeurs le 21 avril 2011, un affidavit du 28 juin 2011, émanant d'un conseil britannique, déclarant que la sentence arbitrale était devenue définitive et exécutoire, et un extrait du Registre foncier de D. Le même jour, le juge de paix a ordonné le séquestre demandé et a astreint les requérantes à fournir 50'000 fr. à titre de sûretés. B.b A. a fait opposition au séquestre. Il a fait valoir en substance que, faute d' exequatur préalable dans le cadre d'une procédure contradictoire, la sentence arbitrale du 14 avril 2011 ne constituait pas un titre de mainlevée définitive, de sorte que les conditions du séquestre de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP n'étaient pas remplies. Par décision du 11 octobre 2011, le juge de paix a admis l'opposition au séquestre, au motif que les créancières n'avaient pas rendu vraisemblables les conditions de la reconnaissance et de l'exécution de la sentence arbitrale. B.c Par arrêt du 12 avril 2012, la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois a admis le recours formé par B. et C. contre BGE 139 III 135 S. 137 cette décision. Il a réformé celle-ci en ce sens que l'opposition au séquestre est rejetée et l'ordonnance du 5 juillet 2011 confirmée. C. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours en matière civile formé par A. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 4. Il s'agit de déterminer s'il est arbitraire, au sens de l' art. 9 Cst., de retenir que le juge du séquestre peut déclarer exécutoire, à titre incident, un jugement étranger rendu dans un Etat qui n'est pas partie à la CL (RS 0.275.12) - ou une sentence arbitrale étrangère -, de sorte que cette décision vaut titre de mainlevée définitive au sens de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP. Aux termes de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP, le créancier d'une dette échue et non garantie par gage peut requérir le séquestre des biens du débiteur qui se trouvent en Suisse lorsqu'[il] possède contre le débiteur un titre de mainlevée définitive. Selon l' art. 271 al. 3 LP, dans les cas énoncés à l'al. 1 ch. 6 qui concernent un jugement rendu dans un Etat étranger auquel s'applique la CL, le juge statue aussi sur la constatation de la force exécutoire. 4.1 La loi s'interprète en premier lieu selon sa lettre (interprétation littérale). Si le texte n'est pas absolument clair, si plusieurs interprétations de celui-ci sont possibles, le juge recherchera la véritable portée de la norme au regard notamment de la volonté du législateur telle qu'elle ressort notamment des travaux préparatoires (interprétation historique), du but de la règle, de son esprit, ainsi que des valeurs sur lesquelles elle repose, singulièrement de l'intérêt protégé (interprétation téléologique) ou encore de sa relation avec d'autres dispositions légales (interprétation systématique; ATF 138 III 166 consid. 3.2; ATF 136 III 283 consid. 2.3.1; ATF 135 III 640 consid. 2.3.1). Lorsqu'il est appelé à interpréter une loi, le Tribunal fédéral adopte une position pragmatique en suivant ces différentes interprétations, sans les soumettre à un ordre de priorité ( ATF 137 III 344 consid. 5.1; ATF 133 III 257 consid. 2.4; ATF 131 III 623 consid. 2.4.4 et les références). 4.2 Le texte de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP fait mention d'un "titre de mainlevée définitive" ( definitiven Rechtsöffnungstitel; titolo definitivo di rigetto dell'opposizione ). Est un titre de mainlevée définitive, au sens de l' art. 80 al. 1 LP, "un jugement exécutoire". Tout comme cette dernière norme, l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP ne fait de BGE 139 III 135 S. 138 distinction ni entre les jugements rendus par une autorité suisse ou étrangère, ni, dans ce cas, entre les jugements "Lugano" ou "non Lugano". De l' art. 81 al. 3 LP, il ressort également que la notion de "titre de mainlevée définitive" englobe les jugements rendus "dans un autre Etat". 4.3 L' art. 271 LP a été modifié lors de l'entrée en vigueur, le 1 er janvier 2011, de la CL révisée de 2007. 4.3.1 Avant la révision de cette disposition, le créancier au bénéfice d'un jugement étranger - ou d'une sentence arbitrale étrangère - exécutoire, dont le débiteur était domicilié à l'étranger pouvait, s'il n'y avait pas d'autre cas de séquestre, requérir cette mesure conservatoire sur la base de l'ancien art. 271 al. 1 ch. 4 LP. Une procédure préalable d' exequatur (cf. art. 28 ss LDIP [RS 291]) n'était pas nécessaire; le juge du séquestre pouvait donc juger lui-même, à titre incident, si la décision étrangère sur laquelle se fondait la requête de séquestre était susceptible d' exequatur en vertu des dispositions de la LDIP ou d'un traité international, à la suite d'un examen sommaire du droit fondé sur les faits rendus simplement vraisemblables. Le caractère exécutoire du jugement étranger était ensuite jugé définitivement dans le procès ordinaire en validation du séquestre ( ATF 126 III 156 consid. 2; arrêts 5A_501/2010 du 20 janvier 2011 consid. 2.3.2; 5P.353/2004 du 21 février 2005 consid. 2.1; cf. notamment URS BOLLER, Arrest gestützt auf ausländische Entscheide - Erste Erfahrungen mit dem neuen Arrestrecht, PCEF 2011/2012 p. 33 ss [37]; FELIX C. MEIER-DIETERLE, in Kurzkommentar SchKG, 2009, n° 11 ad art. 271 LP ; NAEGELI/MARZORATI, Der definitive Rechtsöffnungstitel als neuer Arrestgrund - ein vollstreckungsrechtlicher Zankapfel, Jusletter 10 septembre 2012 n° 7; STOFFEL/CHABLOZ, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 72 ad art. 271 LP ). 4.3.2 Selon le Message du 18 février 2009 relatif à l'arrêté fédéral portant approbation et mise en oeuvre de la Convention de Lugano révisée (FF 2009 1497 ss [1537 s. ch. 4.1]), comme la CL révisée garantit un droit inconditionnel à des mesures conservatoires en première instance de la procédure d' exequatur (cf. art. 47 al. 2 CL ), l'existence d'un titre de mainlevée définitive comme cas de séquestre doit être inscrite au chiffre 6 de l' art. 271 al. 1 LP. Néanmoins, le nouveau cas de séquestre dépasse les objectifs de la CL révisée. Proposé pour l'ensemble des titres de mainlevée définitive, il est également applicable aux titres de mainlevée suisses (FF 2009 1533 ch. 2.7.5.2) BGE 139 III 135 S. 139 et, en principe, aux jugements étrangers émis en dehors du champ d'application de la CL (FF 2009 1538 ch. 4.1). Le nouveau ch. 6 rend donc inutile le renvoi aux jugements exécutoires que prévoyait dans son ancienne version l'art. 271 al. 1 ch. 4 (loc. cit.). En effet, lorsqu'un tel jugement existe, le motif du séquestre du ch. 6 est réalisé et les conditions supplémentaires prévues au ch. 4 n'ont pas à être examinées. En conséquence, l'expression "ou qu'elle se fonde sur un jugement exécutoire" qui figurait au ch. 4 est supprimée (loc. cit.). Le Message précise encore que le créancier bénéficie des avantages de la procédure d'exécution forcée "que la CLrév soit appliquée ou non" (FF 2009 1548 ch. 6.3 [qui parle à tort de "débiteur", au lieu de"créancier", comme c'est le cas dans les versions allemande (p. 1831) et italienne (p. 1490) du Message]). Il ressort de ce qui précède que le motif initial de la révision des règles sur le séquestre était de rendre le droit suisse compatible avec les exigences de la CL révisée quant aux mesures conservatoires. Cependant, la révision a dépassé cet objectif initial pour s'étendre à l'ensemble des jugements, qu'ils soient suisses ou étrangers - "Lugano" ou "non Lugano" - et améliorer ainsi la situation de tous les créanciers (BOLLER, op. cit., p. 41). Ainsi, la notion de titre de mainlevée définitive comprend tous les jugements suisses et étrangers (y compris les sentences arbitrales étrangères). Le Message ne fait pas état d'une volonté du législateur d'aggraver la situation des créanciers au bénéfice d'un jugement "non Lugano", telle que sus-exposée (cf. supra consid. 4.3.1). 4.4 La doctrine admet de manière quasi unanime qu'un jugement étranger "non Lugano" constitue un titre de mainlevée définitive au sens de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP (contra uniquement: WALTER A. STOFFEL, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 2 e éd. 2010, n° 109 ad art. 271 LP ). En revanche, les avis divergent sur la question de savoir si ce jugement doit, au préalable, faire l'objet d'une procédure d' exequatur indépendante et contradictoire (cf. art. 28 ss LDIP ). Pour certains auteurs, tel est le cas: seul le créancier au bénéfice d'un jugement "non Lugano" dont le débiteur est domicilié à l'étranger pourrait, selon eux, requérir le séquestre sur la base de l' art. 271 al. 1 ch. 4 LP, sans devoir obtenir une décision définitive d' exequatur au préalable (DANIEL STAEHELIN, in Lugano-Übereinkommen [LugÜ], 2 e éd. 2011, n os 20 ss ad art. 47 CL ; le même, Neues Arrestrecht ab 2011, BGE 139 III 135 S. 140 Jusletter 11 octobre 2010 n os 40 ss; cf. aussi, GUILLAUME/PELLATON, Le séquestre en tant que mesure conservatoire visant à garantir l'exécution des décisions en application de la Convention de Lugano, in Quelques actions en exécution, 2011, p. 178 ss [205 s.]; REISER/JENT-SØRENSEN, Exequatur und Arrest im Zusammenhang mit dem revidierten Lugano-Übereinkommen, RSJ 107/2011 p. 453 ss [459]; RODRIGO RODRIGUEZ, Sicherung und Vollstreckung nach revidiertem Lugano Übereinkommen, PJA 2009 p. 1550 ss [1557]). Pour d'autres, au contraire, le juge du séquestre peut prononcer la mesure conservatoire, après avoir statué à titre incident sur le caractère exécutoire du jugement "non Lugano", à la suite d'un examen sommaire du droit, fondé sur les faits rendus simplement vraisemblables (BOLLER, op. cit., p. 41 ss; GRÉGORY BOVEY, La révision de la Convention de Lugano et le séquestre, JdT 2012 II p. 80 ss [83 s.]; ANDREAS BUCHER, in Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, n° 18 ad art. 29 LDIP ; GASSER/MÜLLER/PIETSCH-KOJAN, Ein Jahr Schweizerische ZPO - ein Erfahrungsbericht, Revue de l'avocat 2012 p. 8 ss [14 s.]; HOFMANN/KUNZ, in Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2011, n° 72 ad art. 47 CL ; MICHAEL LAZOPOULOS, Arrestrecht - die wesentlichen Änderungen im Zusammenhang mit dem revidierten LugÜ und der Schweizerischen ZPO, PJA 2011 p. 608 ss [613]; FELIX C. MEIER-DIETERLE, Ausländische "nicht LugÜ-Entscheide" als Arrestgrund?, Jusletter 18 juillet 2011 n° 21; NAEGELI/MARZORATI, op. cit., n os 58 ss; JÜRG ROTH, Neues Arrestrecht im Nicht-LugÜ-Bereich: Der Ausländerarrest im Besonderen, in Vorsorglicher Rechtsschutz, 2011, p. 63 ss [74, 77 s.]; DANIEL SCHWANDER, Arrestrechtliche Neuerungen im Zuge der Umsetzung des revidierten Lugano-Übereinkommens, RJB 146/2010 p. 641 ss [656 s.]). 4.5 4.5.1 Un avis doctrinal soutenant de manière isolée le contraire (cf. supra consid. 4.4 in initio: STOFFEL, op. cit., n° 109 ad art. 271 LP ), il n'est pas arbitraire d'admettre que les jugements "non Lugano" - y compris les sentences arbitrales étrangères - constituent des titres de mainlevée définitive au sens de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP. En effet, la notion de titre de mainlevée définitive est définie à l' art. 80 al. 1 LP, qui prévoit que le créancier peut obtenir cette mainlevée s'il est au bénéfice d'un "jugement exécutoire". Il est incontesté que cette norme englobe tant les jugements suisses que les jugements étrangers. Cette interprétation est confirmée aussi par l' art. 81 al. 3 LP, BGE 139 III 135 S. 141 qui précise les moyens de défense du débiteur condamné par un jugement rendu de manière générale "dans un autre Etat", qu'il soit exécutable selon une convention internationale ou selon la LDIP (cf. notamment DANIEL STAEHELIN, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. I, 2 e éd. 2010, n os 59 ss ad art. 80 LP ; cf. aussi, au sujet de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP, BOLLER, op. cit., p. 36; BUCHER, op. cit., n° 18 ad art. 29 LDIP ; NAEGELI/MARZORATI, op. cit., n os 54 ss). L' art. 271 al. 1 ch. 6 LP, qui fait référence au "titre de mainlevée définitive", ne fait pas non plus de distinction entre les jugements. En outre, il ressort expressément du Message que les jugements étrangers "non Lugano" sont des titres de mainlevée définitive au sens de cette norme (FF 2009 1538 ch. 4.1). Ainsi, ces éléments d'interprétation conduisent à retenir qu'il n'est pas arbitraire de renoncer à différencier les jugements en fonction de leur provenance. 4.5.2 Pour les raisons qui suivent, il y a lieu d'admettre qu'il n'est également pas arbitraire de retenir que le juge du séquestre peut statuer à titre incident sur le caractère exécutoire de la décision (y compris une sentence arbitrale) étrangère "non Lugano", à la suite d'un examen sommaire du droit fondé sur les faits rendus simplement vraisemblables, au terme duquel il rend une décision provisoire, qui, par définition, n'acquiert pas force de chose jugée. Comme sous l'ancien droit (cf. supra consid. 4.3.1), le requérant devant rendre le cas de séquestre vraisemblable ( art. 272 al. 1 ch. 2 LP ), il devra démontrer que, prima facie, aucune objection ne s'oppose à la reconnaissance et à l'exécution de la décision. L'examen plus approfondi des conditions des art. 25 ss LDIP - et en cas de sentence arbitrale étrangère, celles de l'art. V de la Convention du 10 juin 1958 pour la reconnaissance et l'exécution des sentences arbitrales étrangères (RS 0.277.12; ci-après: Convention de New York) - aura lieu ultérieurement dans la procédure d'opposition à l'ordonnance de séquestre ( art. 278 LP ). En effet, bien qu'il n'exige pas expressément que le créancier au bénéfice d'une décision "non Lugano" en obtienne l' exequatur avant de requérir le séquestre, le texte de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP, qui fait référence à un "titre de mainlevée définitive", soit, selon l' art. 80 al. 1 LP, un "jugement exécutoire", n'est pas absolument clair et plusieurs interprétations de celui-ci sont possibles. En revanche, il ressort du Message précité, que la volonté du législateur était de prévoir un seul cas de séquestre pour tous les BGE 139 III 135 S. 142 créanciers au bénéfice d'un jugement exécutoire, sans distinction fondée sur la provenance de ce jugement, et de favoriser ainsi de manière générale le prononcé d'un séquestre (cf. supra consid. 4.3.2; FF 2009 1548 ch. 6.3; cf. aussi, BOLLER, op. cit., p. 42 s.; MEIER-DIETERLE, op. cit., Jusletter 18 juillet 2011 n° 19). Pour cette raison, le législateur a renoncé à exiger que le créancier au bénéfice d'un jugement étranger ne puisse requérir le séquestre que si son débiteur est domicilié à l'étranger. Ainsi, il n'a pas voulu placer les créanciers au bénéfice d'un jugement "non Lugano" dans une situation moins avantageuse que celle qui était la leur sous l'ancien art. 271 al. 1 ch. 4 LP (cf. supra consid. 4.3.1), en leur imposant d'obtenir au préalable une décision définitive d' exequatur pour pouvoir requérir le séquestre. Il y a également lieu d'admettre qu'il n'y a pas de lacune au nouveau chiffre 4 de l' art. 271 al. 1 LP, qui ne mentionne pas les jugements "non Lugano" comme condition alternative à l'octroi du séquestre. Par ailleurs, admettre une décision incidente d' exequatur du jugement "non Lugano" est en accord avec la procédure sommaire à laquelle le séquestre est soumis. Selon cette procédure, le cas de séquestre - en l'occurrence, l'existence d'un titre de mainlevée définitive -, doit seulement être admis provisoirement, au terme d'un examen sommaire du droit fondé sur la simple vraisemblance des faits ( ATF 138 III 636 consid. 4.3.2 p. 639 et les références). Si on imposait au créancier d'un jugement "non Lugano" d'obtenir une décision définitive d' exequatur, rendue sur la base d'un examen complet en fait et en droit, on s'écarterait des principes régissant la procédure sommaire (cf. notamment BOLLER, op. cit., p. 41). Une autre solution prévaut certes pour les jugements "Lugano", en vertu de l' art. 271 al. 3 LP, mais elle est justifiée par l'allègement des conditions d'obtention de l' exequatur. En effet, depuis la révision de la CL, la procédure préalable d' exequatur consacrée à l' art. 41 CL est unilatérale en première instance et l'examen de l'autorité saisie est limité à "l'achèvement des formalités prévues à l'art. 53", à savoir la production de la décision et du certificat de l' art. 54 CL. Le contrôle des motifs de refus de la reconnaissance des art. 34 et 35 CL est entièrement reporté au stade du recours ( art. 41 et 45 CL ). La CL de 2007 assure ainsi à la demande d'exécution un effet de surprise, empêchant le défendeur de soustraire ses biens à l'exécution forcée (BUCHER, op. cit., n os 1, 3 et 5 ad art. 41 CL ). Même si le juge du séquestre statue définitivement sur l' exequatur du jugement "Lugano", conformément à l' art. 271 al. 3 LP, l'effet de surprise est préservé. Tel ne serait pas le cas d'une BGE 139 III 135 S. 143 procédure d' exequatur préalable d'un jugement "non Lugano" puisque celle-ci est contradictoire en vertu des art. 25 ss LDIP (cf. art. 29 al. 2 LDIP ; art. V Convention de New York; notamment MEIER-DIETERLE, op. cit., Jusletter 18 juillet 2011 n os 15 et 24): l'effet de surprise, indispensable à la mise en oeuvre du séquestre, s'en trouverait compromis. En conclusion, il n'est pas arbitraire de considérer que le juge du séquestre doit statuer à titre incident sur le caractère exécutoire d'une décision étrangère "non Lugano". Au vu des conséquences de sa décision - certes provisoire - sur le patrimoine du débiteur, il lui appartient toutefois d'examiner avec soin les conditions de la reconnaissance et de l' exequatur, en particulier si le jugement étranger a été rendu par défaut ou dans un Etat avec lequel il n'existe aucune réciprocité en matière de reconnaissance et d'exécution des décisions. 4.6 Il s'ensuit que, en l'espèce, l'autorité cantonale n'a pas violé l' art. 9 Cst. dans l'application qu'elle a faite de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP, soit en rejetant l'opposition au séquestre après un examen incident du caractère exécutoire d'une sentence arbitrale étrangère soumise à la Convention de New York et en confirmant le séquestre. Partant, le grief d'arbitraire doit être rejeté.
Urteilskopf
19. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. contre B. et C. (recours en matière civile)
5A_355/2012 du 21 décembre 2012
Regeste Art. 80 Abs. 1 und Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG ; Art. 9 BV ; Arrest; definitiver Rechtsöffnungstitel; vorfrageweise Prüfung des Exequaturs eines ausländischen "nicht Lugano-Urteils" oder eines ausländischen Schiedsspruches. Ein ausländisches "nicht Lugano-Urteil" stellt einen definitiven Rechtsöffnungstitel dar und der Arrestrichter kann aufgrund einer summarischen rechtlichen Würdigung und auf der Grundlage der glaubhaft gemachten Tatsachen vorfrageweise das Exequatur eines solchen Urteils prüfen (E. 4).
Regeste
Art. 80 Abs. 1 und Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG ; Art. 9 BV ; Arrest; definitiver Rechtsöffnungstitel; vorfrageweise Prüfung des Exequaturs eines ausländischen "nicht Lugano-Urteils" oder eines ausländischen Schiedsspruches. Ein ausländisches "nicht Lugano-Urteil" stellt einen definitiven Rechtsöffnungstitel dar und der Arrestrichter kann aufgrund einer summarischen rechtlichen Würdigung und auf der Grundlage der glaubhaft gemachten Tatsachen vorfrageweise das Exequatur eines solchen Urteils prüfen (E. 4).
Art. 80 Abs. 1 und Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG Art. 9 BV Ein ausländisches "nicht Lugano-Urteil" stellt einen definitiven Rechtsöffnungstitel dar und der Arrestrichter kann aufgrund einer summarischen rechtlichen Würdigung und auf der Grundlage der glaubhaft gemachten Tatsachen vorfrageweise das Exequatur eines solchen Urteils prüfen (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 136
Sachverhalt ab Seite 136 BGE 139 III 135 S. 136
BGE 139 III 135 S. 136
A. Le 14 avril 2011, un arbitre unique siégeant à Londres (UK) a rendu une sentence arbitrale dans un litige de nature contractuelle opposant B. et C., en qualité de demanderesses, à une société tierce et à A., en qualité de défendeurs. Il a notamment déclaré que A. était partie au contrat litigieux ( Share Purchase Agreement ), soumis à sa compétence en tant qu'arbitre unique, et ordonné que les défendeurs versent aux demanderesses la somme de 5'000'000 USD, leur remboursent leurs honoraires et frais juridiques s'élevant à 136'195 USD, et leur paient des intérêts au taux de 1,25 % par an sur la totalité ou une partie de la somme de 5'407'955 USD encore due entre la date de la réception de la sentence et la date du paiement intégral de la somme de 5'407'955 USD, plus les éventuels intérêts cumulés.
A. B.
B. B.a Le 5 juillet 2011, B. et C. ont requis du juge de paix du district de Nyon qu'il ordonne le séquestre, en vertu de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP, à concurrence de 4'587'568 fr., plus intérêts à 1,25 % l'an dès le 21 avril 2011, de la parcelle x de la Commune de D., propriété de A., de tous les meubles s'y trouvant, appartenant au prénommé, et de tous les avoirs et biens lui appartenant, de quelque nature et en quelque monnaie qu'ils soient, en mains de E. AG, à F. A l'appui de leur requête, elles ont notamment produit une copie certifiée de la sentence arbitrale du 14 avril 2011, une copie du courrier de la cour d'arbitrage du 29 juin 2011, confirmant que la sentence avait été notifiée aux défendeurs le 21 avril 2011, un affidavit du 28 juin 2011, émanant d'un conseil britannique, déclarant que la sentence arbitrale était devenue définitive et exécutoire, et un extrait du Registre foncier de D.
B.a art. 271 al. 1 ch. 6 LP Le même jour, le juge de paix a ordonné le séquestre demandé et a astreint les requérantes à fournir 50'000 fr. à titre de sûretés.
B.b A. a fait opposition au séquestre. Il a fait valoir en substance que, faute d' exequatur préalable dans le cadre d'une procédure contradictoire, la sentence arbitrale du 14 avril 2011 ne constituait pas un titre de mainlevée définitive, de sorte que les conditions du séquestre de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP n'étaient pas remplies.
B.b art. 271 al. 1 ch. 6 LP Par décision du 11 octobre 2011, le juge de paix a admis l'opposition au séquestre, au motif que les créancières n'avaient pas rendu vraisemblables les conditions de la reconnaissance et de l'exécution de la sentence arbitrale.
B.c Par arrêt du 12 avril 2012, la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois a admis le recours formé par B. et C. contre BGE 139 III 135 S. 137 cette décision. Il a réformé celle-ci en ce sens que l'opposition au séquestre est rejetée et l'ordonnance du 5 juillet 2011 confirmée.
B.c BGE 139 III 135 S. 137
C. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours en matière civile formé par A.
C. (résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
4. Il s'agit de déterminer s'il est arbitraire, au sens de l' art. 9 Cst., de retenir que le juge du séquestre peut déclarer exécutoire, à titre incident, un jugement étranger rendu dans un Etat qui n'est pas partie à la CL (RS 0.275.12) - ou une sentence arbitrale étrangère -, de sorte que cette décision vaut titre de mainlevée définitive au sens de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP.
4. art. 9 Cst. art. 271 al. 1 ch. 6 LP Aux termes de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP, le créancier d'une dette échue et non garantie par gage peut requérir le séquestre des biens du débiteur qui se trouvent en Suisse lorsqu'[il] possède contre le débiteur un titre de mainlevée définitive. Selon l' art. 271 al. 3 LP, dans les cas énoncés à l'al. 1 ch. 6 qui concernent un jugement rendu dans un Etat étranger auquel s'applique la CL, le juge statue aussi sur la constatation de la force exécutoire. art. 271 al. 1 ch. 6 LP art. 271 al. 3 LP 4.1 La loi s'interprète en premier lieu selon sa lettre (interprétation littérale). Si le texte n'est pas absolument clair, si plusieurs interprétations de celui-ci sont possibles, le juge recherchera la véritable portée de la norme au regard notamment de la volonté du législateur telle qu'elle ressort notamment des travaux préparatoires (interprétation historique), du but de la règle, de son esprit, ainsi que des valeurs sur lesquelles elle repose, singulièrement de l'intérêt protégé (interprétation téléologique) ou encore de sa relation avec d'autres dispositions légales (interprétation systématique; ATF 138 III 166 consid. 3.2; ATF 136 III 283 consid. 2.3.1; ATF 135 III 640 consid. 2.3.1). Lorsqu'il est appelé à interpréter une loi, le Tribunal fédéral adopte une position pragmatique en suivant ces différentes interprétations, sans les soumettre à un ordre de priorité ( ATF 137 III 344 consid. 5.1; ATF 133 III 257 consid. 2.4; ATF 131 III 623 consid. 2.4.4 et les références).
4.1 4.2 Le texte de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP fait mention d'un "titre de mainlevée définitive" ( definitiven Rechtsöffnungstitel; titolo definitivo di rigetto dell'opposizione ). Est un titre de mainlevée définitive, au sens de l' art. 80 al. 1 LP, "un jugement exécutoire". Tout comme cette dernière norme, l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP ne fait de BGE 139 III 135 S. 138 distinction ni entre les jugements rendus par une autorité suisse ou étrangère, ni, dans ce cas, entre les jugements "Lugano" ou "non Lugano". De l' art. 81 al. 3 LP, il ressort également que la notion de "titre de mainlevée définitive" englobe les jugements rendus "dans un autre Etat".
4.2 art. 271 al. 1 ch. 6 LP art. 80 al. 1 LP art. 271 al. 1 ch. 6 LP BGE 139 III 135 S. 138
art. 81 al. 3 LP 4.3 L' art. 271 LP a été modifié lors de l'entrée en vigueur, le 1 er janvier 2011, de la CL révisée de 2007.
4.3 art. 271 LP 4.3.1 Avant la révision de cette disposition, le créancier au bénéfice d'un jugement étranger - ou d'une sentence arbitrale étrangère - exécutoire, dont le débiteur était domicilié à l'étranger pouvait, s'il n'y avait pas d'autre cas de séquestre, requérir cette mesure conservatoire sur la base de l'ancien art. 271 al. 1 ch. 4 LP. Une procédure préalable d' exequatur (cf. art. 28 ss LDIP [RS 291]) n'était pas nécessaire; le juge du séquestre pouvait donc juger lui-même, à titre incident, si la décision étrangère sur laquelle se fondait la requête de séquestre était susceptible d' exequatur en vertu des dispositions de la LDIP ou d'un traité international, à la suite d'un examen sommaire du droit fondé sur les faits rendus simplement vraisemblables. Le caractère exécutoire du jugement étranger était ensuite jugé définitivement dans le procès ordinaire en validation du séquestre ( ATF 126 III 156 consid. 2; arrêts 5A_501/2010 du 20 janvier 2011 consid. 2.3.2; 5P.353/2004 du 21 février 2005 consid. 2.1; cf. notamment URS BOLLER, Arrest gestützt auf ausländische Entscheide - Erste Erfahrungen mit dem neuen Arrestrecht, PCEF 2011/2012 p. 33 ss [37]; FELIX C. MEIER-DIETERLE, in Kurzkommentar SchKG, 2009, n° 11 ad art. 271 LP ; NAEGELI/MARZORATI, Der definitive Rechtsöffnungstitel als neuer Arrestgrund - ein vollstreckungsrechtlicher Zankapfel, Jusletter 10 septembre 2012 n° 7; STOFFEL/CHABLOZ, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 72 ad art. 271 LP ).
4.3.1 art. 271 al. 1 ch. 4 LP art. 28 ss LDIP art. 271 LP art. 271 LP 4.3.2 Selon le Message du 18 février 2009 relatif à l'arrêté fédéral portant approbation et mise en oeuvre de la Convention de Lugano révisée (FF 2009 1497 ss [1537 s. ch. 4.1]), comme la CL révisée garantit un droit inconditionnel à des mesures conservatoires en première instance de la procédure d' exequatur (cf. art. 47 al. 2 CL ), l'existence d'un titre de mainlevée définitive comme cas de séquestre doit être inscrite au chiffre 6 de l' art. 271 al. 1 LP. Néanmoins, le nouveau cas de séquestre dépasse les objectifs de la CL révisée. Proposé pour l'ensemble des titres de mainlevée définitive, il est également applicable aux titres de mainlevée suisses (FF 2009 1533 ch. 2.7.5.2) BGE 139 III 135 S. 139 et, en principe, aux jugements étrangers émis en dehors du champ d'application de la CL (FF 2009 1538 ch. 4.1). Le nouveau ch. 6 rend donc inutile le renvoi aux jugements exécutoires que prévoyait dans son ancienne version l'art. 271 al. 1 ch. 4 (loc. cit.). En effet, lorsqu'un tel jugement existe, le motif du séquestre du ch. 6 est réalisé et les conditions supplémentaires prévues au ch. 4 n'ont pas à être examinées. En conséquence, l'expression "ou qu'elle se fonde sur un jugement exécutoire" qui figurait au ch. 4 est supprimée (loc. cit.). Le Message précise encore que le créancier bénéficie des avantages de la procédure d'exécution forcée "que la CLrév soit appliquée ou non" (FF 2009 1548 ch. 6.3 [qui parle à tort de "débiteur", au lieu de"créancier", comme c'est le cas dans les versions allemande (p. 1831) et italienne (p. 1490) du Message]).
4.3.2 art. 47 al. 2 CL art. 271 al. 1 LP BGE 139 III 135 S. 139
Il ressort de ce qui précède que le motif initial de la révision des règles sur le séquestre était de rendre le droit suisse compatible avec les exigences de la CL révisée quant aux mesures conservatoires. Cependant, la révision a dépassé cet objectif initial pour s'étendre à l'ensemble des jugements, qu'ils soient suisses ou étrangers - "Lugano" ou "non Lugano" - et améliorer ainsi la situation de tous les créanciers (BOLLER, op. cit., p. 41). Ainsi, la notion de titre de mainlevée définitive comprend tous les jugements suisses et étrangers (y compris les sentences arbitrales étrangères). Le Message ne fait pas état d'une volonté du législateur d'aggraver la situation des créanciers au bénéfice d'un jugement "non Lugano", telle que sus-exposée (cf. supra consid. 4.3.1).
4.4 La doctrine admet de manière quasi unanime qu'un jugement étranger "non Lugano" constitue un titre de mainlevée définitive au sens de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP (contra uniquement: WALTER A. STOFFEL, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 2 e éd. 2010, n° 109 ad art. 271 LP ).
4.4 art. 271 al. 1 ch. 6 LP art. 271 LP En revanche, les avis divergent sur la question de savoir si ce jugement doit, au préalable, faire l'objet d'une procédure d' exequatur indépendante et contradictoire (cf. art. 28 ss LDIP ). art. 28 ss LDIP Pour certains auteurs, tel est le cas: seul le créancier au bénéfice d'un jugement "non Lugano" dont le débiteur est domicilié à l'étranger pourrait, selon eux, requérir le séquestre sur la base de l' art. 271 al. 1 ch. 4 LP, sans devoir obtenir une décision définitive d' exequatur au préalable (DANIEL STAEHELIN, in Lugano-Übereinkommen [LugÜ], 2 e éd. 2011, n os 20 ss ad art. 47 CL ; le même, Neues Arrestrecht ab 2011, BGE 139 III 135 S. 140 Jusletter 11 octobre 2010 n os 40 ss; cf. aussi, GUILLAUME/PELLATON, Le séquestre en tant que mesure conservatoire visant à garantir l'exécution des décisions en application de la Convention de Lugano, in Quelques actions en exécution, 2011, p. 178 ss [205 s.]; REISER/JENT-SØRENSEN, Exequatur und Arrest im Zusammenhang mit dem revidierten Lugano-Übereinkommen, RSJ 107/2011 p. 453 ss [459]; RODRIGO RODRIGUEZ, Sicherung und Vollstreckung nach revidiertem Lugano Übereinkommen, PJA 2009 p. 1550 ss [1557]). art. 271 al. 1 ch. 4 LP art. 47 CL BGE 139 III 135 S. 140
Pour d'autres, au contraire, le juge du séquestre peut prononcer la mesure conservatoire, après avoir statué à titre incident sur le caractère exécutoire du jugement "non Lugano", à la suite d'un examen sommaire du droit, fondé sur les faits rendus simplement vraisemblables (BOLLER, op. cit., p. 41 ss; GRÉGORY BOVEY, La révision de la Convention de Lugano et le séquestre, JdT 2012 II p. 80 ss [83 s.]; ANDREAS BUCHER, in Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, n° 18 ad art. 29 LDIP ; GASSER/MÜLLER/PIETSCH-KOJAN, Ein Jahr Schweizerische ZPO - ein Erfahrungsbericht, Revue de l'avocat 2012 p. 8 ss [14 s.]; HOFMANN/KUNZ, in Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2011, n° 72 ad art. 47 CL ; MICHAEL LAZOPOULOS, Arrestrecht - die wesentlichen Änderungen im Zusammenhang mit dem revidierten LugÜ und der Schweizerischen ZPO, PJA 2011 p. 608 ss [613]; FELIX C. MEIER-DIETERLE, Ausländische "nicht LugÜ-Entscheide" als Arrestgrund?, Jusletter 18 juillet 2011 n° 21; NAEGELI/MARZORATI, op. cit., n os 58 ss; JÜRG ROTH, Neues Arrestrecht im Nicht-LugÜ-Bereich: Der Ausländerarrest im Besonderen, in Vorsorglicher Rechtsschutz, 2011, p. 63 ss [74, 77 s.]; DANIEL SCHWANDER, Arrestrechtliche Neuerungen im Zuge der Umsetzung des revidierten Lugano-Übereinkommens, RJB 146/2010 p. 641 ss [656 s.]). art. 29 LDIP art. 47 CL 4.5
4.5 4.5.1 Un avis doctrinal soutenant de manière isolée le contraire (cf. supra consid. 4.4 in initio: STOFFEL, op. cit., n° 109 ad art. 271 LP ), il n'est pas arbitraire d'admettre que les jugements "non Lugano" - y compris les sentences arbitrales étrangères - constituent des titres de mainlevée définitive au sens de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP.
4.5.1 art. 271 LP art. 271 al. 1 ch. 6 LP En effet, la notion de titre de mainlevée définitive est définie à l' art. 80 al. 1 LP, qui prévoit que le créancier peut obtenir cette mainlevée s'il est au bénéfice d'un "jugement exécutoire". Il est incontesté que cette norme englobe tant les jugements suisses que les jugements étrangers. Cette interprétation est confirmée aussi par l' art. 81 al. 3 LP, BGE 139 III 135 S. 141 qui précise les moyens de défense du débiteur condamné par un jugement rendu de manière générale "dans un autre Etat", qu'il soit exécutable selon une convention internationale ou selon la LDIP (cf. notamment DANIEL STAEHELIN, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. I, 2 e éd. 2010, n os 59 ss ad art. 80 LP ; cf. aussi, au sujet de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP, BOLLER, op. cit., p. 36; BUCHER, op. cit., n° 18 ad art. 29 LDIP ; NAEGELI/MARZORATI, op. cit., n os 54 ss). L' art. 271 al. 1 ch. 6 LP, qui fait référence au "titre de mainlevée définitive", ne fait pas non plus de distinction entre les jugements. En outre, il ressort expressément du Message que les jugements étrangers "non Lugano" sont des titres de mainlevée définitive au sens de cette norme (FF 2009 1538 ch. 4.1). Ainsi, ces éléments d'interprétation conduisent à retenir qu'il n'est pas arbitraire de renoncer à différencier les jugements en fonction de leur provenance. art. 80 al. 1 LP art. 81 al. 3 LP BGE 139 III 135 S. 141
art. 80 LP art. 271 al. 1 ch. 6 LP art. 29 LDIP art. 271 al. 1 ch. 6 LP 4.5.2 Pour les raisons qui suivent, il y a lieu d'admettre qu'il n'est également pas arbitraire de retenir que le juge du séquestre peut statuer à titre incident sur le caractère exécutoire de la décision (y compris une sentence arbitrale) étrangère "non Lugano", à la suite d'un examen sommaire du droit fondé sur les faits rendus simplement vraisemblables, au terme duquel il rend une décision provisoire, qui, par définition, n'acquiert pas force de chose jugée. Comme sous l'ancien droit (cf. supra consid. 4.3.1), le requérant devant rendre le cas de séquestre vraisemblable ( art. 272 al. 1 ch. 2 LP ), il devra démontrer que, prima facie, aucune objection ne s'oppose à la reconnaissance et à l'exécution de la décision. L'examen plus approfondi des conditions des art. 25 ss LDIP - et en cas de sentence arbitrale étrangère, celles de l'art. V de la Convention du 10 juin 1958 pour la reconnaissance et l'exécution des sentences arbitrales étrangères (RS 0.277.12; ci-après: Convention de New York) - aura lieu ultérieurement dans la procédure d'opposition à l'ordonnance de séquestre ( art. 278 LP ).
4.5.2 art. 272 al. 1 ch. 2 LP art. 25 ss LDIP art. 278 LP En effet, bien qu'il n'exige pas expressément que le créancier au bénéfice d'une décision "non Lugano" en obtienne l' exequatur avant de requérir le séquestre, le texte de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP, qui fait référence à un "titre de mainlevée définitive", soit, selon l' art. 80 al. 1 LP, un "jugement exécutoire", n'est pas absolument clair et plusieurs interprétations de celui-ci sont possibles. art. 271 al. 1 ch. 6 LP art. 80 al. 1 LP En revanche, il ressort du Message précité, que la volonté du législateur était de prévoir un seul cas de séquestre pour tous les BGE 139 III 135 S. 142 créanciers au bénéfice d'un jugement exécutoire, sans distinction fondée sur la provenance de ce jugement, et de favoriser ainsi de manière générale le prononcé d'un séquestre (cf. supra consid. 4.3.2; FF 2009 1548 ch. 6.3; cf. aussi, BOLLER, op. cit., p. 42 s.; MEIER-DIETERLE, op. cit., Jusletter 18 juillet 2011 n° 19). Pour cette raison, le législateur a renoncé à exiger que le créancier au bénéfice d'un jugement étranger ne puisse requérir le séquestre que si son débiteur est domicilié à l'étranger. Ainsi, il n'a pas voulu placer les créanciers au bénéfice d'un jugement "non Lugano" dans une situation moins avantageuse que celle qui était la leur sous l'ancien art. 271 al. 1 ch. 4 LP (cf. supra consid. 4.3.1), en leur imposant d'obtenir au préalable une décision définitive d' exequatur pour pouvoir requérir le séquestre. Il y a également lieu d'admettre qu'il n'y a pas de lacune au nouveau chiffre 4 de l' art. 271 al. 1 LP, qui ne mentionne pas les jugements "non Lugano" comme condition alternative à l'octroi du séquestre.
BGE 139 III 135 S. 142
art. 271 al. 1 ch. 4 LP art. 271 al. 1 LP Par ailleurs, admettre une décision incidente d' exequatur du jugement "non Lugano" est en accord avec la procédure sommaire à laquelle le séquestre est soumis. Selon cette procédure, le cas de séquestre - en l'occurrence, l'existence d'un titre de mainlevée définitive -, doit seulement être admis provisoirement, au terme d'un examen sommaire du droit fondé sur la simple vraisemblance des faits ( ATF 138 III 636 consid. 4.3.2 p. 639 et les références). Si on imposait au créancier d'un jugement "non Lugano" d'obtenir une décision définitive d' exequatur, rendue sur la base d'un examen complet en fait et en droit, on s'écarterait des principes régissant la procédure sommaire (cf. notamment BOLLER, op. cit., p. 41). Une autre solution prévaut certes pour les jugements "Lugano", en vertu de l' art. 271 al. 3 LP, mais elle est justifiée par l'allègement des conditions d'obtention de l' exequatur. En effet, depuis la révision de la CL, la procédure préalable d' exequatur consacrée à l' art. 41 CL est unilatérale en première instance et l'examen de l'autorité saisie est limité à "l'achèvement des formalités prévues à l'art. 53", à savoir la production de la décision et du certificat de l' art. 54 CL. Le contrôle des motifs de refus de la reconnaissance des art. 34 et 35 CL est entièrement reporté au stade du recours ( art. 41 et 45 CL ). La CL de 2007 assure ainsi à la demande d'exécution un effet de surprise, empêchant le défendeur de soustraire ses biens à l'exécution forcée (BUCHER, op. cit., n os 1, 3 et 5 ad art. 41 CL ). Même si le juge du séquestre statue définitivement sur l' exequatur du jugement "Lugano", conformément à l' art. 271 al. 3 LP, l'effet de surprise est préservé. Tel ne serait pas le cas d'une BGE 139 III 135 S. 143 procédure d' exequatur préalable d'un jugement "non Lugano" puisque celle-ci est contradictoire en vertu des art. 25 ss LDIP (cf. art. 29 al. 2 LDIP ; art. V Convention de New York; notamment MEIER-DIETERLE, op. cit., Jusletter 18 juillet 2011 n os 15 et 24): l'effet de surprise, indispensable à la mise en oeuvre du séquestre, s'en trouverait compromis. art. 271 al. 3 LP art. 41 CL art. 54 CL art. 34 et 35 CL art. 41 et 45 CL art. 41 CL art. 271 al. 3 LP BGE 139 III 135 S. 143
art. 25 ss LDIP art. 29 al. 2 LDIP En conclusion, il n'est pas arbitraire de considérer que le juge du séquestre doit statuer à titre incident sur le caractère exécutoire d'une décision étrangère "non Lugano". Au vu des conséquences de sa décision - certes provisoire - sur le patrimoine du débiteur, il lui appartient toutefois d'examiner avec soin les conditions de la reconnaissance et de l' exequatur, en particulier si le jugement étranger a été rendu par défaut ou dans un Etat avec lequel il n'existe aucune réciprocité en matière de reconnaissance et d'exécution des décisions.
4.6 Il s'ensuit que, en l'espèce, l'autorité cantonale n'a pas violé l' art. 9 Cst. dans l'application qu'elle a faite de l' art. 271 al. 1 ch. 6 LP, soit en rejetant l'opposition au séquestre après un examen incident du caractère exécutoire d'une sentence arbitrale étrangère soumise à la Convention de New York et en confirmant le séquestre. Partant, le grief d'arbitraire doit être rejeté.
4.6 art. 9 Cst. art. 271 al. 1 ch. 6 LP
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Urteilskopf 139 III 13 3. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause H.X. et F.X. contre Z. SA (recours en matière civile) 4A_491/2012 du 6 décembre 2012 Regeste Art. 269a und 270 OR ; Miete; Anfechtung des Anfangsmietzinses für Wohnräume, die sich in einer älteren Baute befinden. Verteilung der Beweislast bei Anfechtung des Anfangsmietzinses, wenn es um die Überprüfung der vom Vermieter im vorgeschriebenen Formular angerufenen Vergleichsmietzinse geht (E. 3.1). Pflicht des Vermieters, Gegenbeweise anzubieten, wenn sich die Erhöhung des Anfangsmietzinses im Vergleich zum vorhergehenden Mietzins unter Berücksichtigung der Wirtschaftskonjunktur nicht rechtfertigen lässt (E. 3.2 und 3.3). Festsetzung des neuen Mietzinses (E. 3.4 und 3.5). Erwägungen ab Seite 14 BGE 139 III 13 S. 14 Extrait des considérants: 3. Les recourants font valoir que l'on peut déjà déduire implicitement de l'arrêt 4A_573/2008 du 24 avril 2009, rendu dans la même affaire, que c'est au bailleur de supporter le fardeau de la preuve des loyers usuels dans le cadre d'une contestation du loyer initial, puisque le Tribunal fédéral a enjoint l'autorité cantonale de compléter l'instruction au sujet des objets de comparaison produits par la bailleresse, alors que les locataires n'ont produit pour leur part aucun élément comparatif. Ils affirment que la question du fardeau de la preuve des loyers usuels doit être résolue de la même façon, que le locataire conteste son loyer initial ou qu'il conteste une hausse de loyer en cours de bail. Or, si le bailleur augmente unilatéralement le loyer pendant le bail, il lui appartient de prouver le bien-fondé de la hausse. Les recourants soutiennent que la preuve des loyers du quartier est impossible à apporter pour les locataires, alors que, de son côté, le bailleur, qui augmente le montant du loyer initial, est supposé avoir au préalable effectué des recherches comparatives pour justifier le nouveau loyer. Il serait dès lors légitime de faire supporter au bailleur le fardeau de la preuve. En effet, si l'on a affaire, comme dans le cas présent, à un immeuble ancien, construit en 1961, un calcul de rendement est impossible, si bien que le bailleur pourrait alors augmenter abusivement le loyer à chaque changement de locataire en se prévalant des loyers usuels, tout en sachant que le locataire ne parviendrait pas à établir les loyers du quartier. 3.1 3.1.1 Il résulte des faits déterminants ( art. 105 al. 1 LTF ) que les parties sont liées depuis le 15 avril 2006 par un contrat de bail à loyer BGE 139 III 13 S. 15 conclu le 17 mars 2006, portant sur un appartement de cinq pièces sis dans un bâtiment construit à l'avenue de (...) à Pully. Le loyer initial a été notifié le 14 mars 2006 par la bailleresse aux locataires au moyen d'une formule officielle. La formule officielle dont il est question ici a pour but d'informer le locataire qu'il a la possibilité de saisir l'autorité de conciliation pour contester le montant du loyer en lui fournissant toutes les indications utiles, exigées par l'art. 19 de l'ordonnance du 9 mai 1990 sur le bail à loyer et le bail à ferme d'habitations et de locaux commerciaux (OBLF; RS 221.213.11) ( ATF 137 III 547 consid. 2.3 p. 548). L'usage de la formule officielle lors de la conclusion d'un nouveau contrat de bail d'habitations a été rendu obligatoire par le canton de Vaud sur son territoire, en application de l' art. 270 al. 2 CO (art. 1 et 3 de loi vaudoise du 7 mars 1993 sur l'utilisation d'une formule officielle au changement de locataire [LFOCL; RSV 221.315]). Il n'est plus contesté que les recourants pouvaient invoquer, pour s'en prendre au loyer initial, l'augmentation sensible en rapport avec le loyer versé par le précédent locataire ( art. 270 al. 1 let. b CO ). En effet, le loyer net payé par les recourants pour l'appartement est supérieur de 43,61 % à celui de l'ancien locataire. Or il est de jurisprudence que l'augmentation est sensible si elle excède déjà dix pour cent ( ATF 136 III 82 consid. 3.4 p. 89). 3.1.2 La formule officielle établie le 14 mars 2006 indiquait, conformément à l' art. 19 al. 3 OBLF, singulièrement le montant du loyer du précédent locataire et celui du nouveau loyer; elle précisait aussi que la hausse du loyer initial reposait sur le critère des loyers usuels instauré par l' art. 269a let. a CO. La majoration entrant en ligne de compte n'est donc pas nulle au regard de l' art. 269d al. 2 let. a CO, par renvoi de l' art. 270 al. 2 CO. La bailleresse a adressé aux locataires, le 27 mars 2006, une seconde formule officielle, qui reprenait le critère des loyers usuels, mais y ajoutait un motif tiré de la réalisation de travaux à plus-value. Cette motivation est nulle, car elle mêle les notions de loyer du marché ( art. 269a let. a CO ) et de loyer fondé sur les coûts ( art. 269a let. b CO ), lesquelles sont antinomiques (cf. ATF 121 III 6 consid. 3b et 3c). Il est constant que les recourants ont saisi la commission de conciliation en temps utile ( art. 270 al. 1 CO ). L' art. 270 al. 1 CO ne règle que les conditions formelles à la contestation du loyer initial. Les critères matériels permettant de juger du BGE 139 III 13 S. 16 bien-fondé d'une demande de baisse du loyer initial se trouvent aux art. 269 et 269a CO ( ATF 120 II 240 consid. 2 p. 243). Dans la formule officielle valable de notification du loyer initial, l'intimée s'est prévalue des loyers usuels dans le quartier ( art. 269a let. a CO ) pour justifier la hausse du loyer par rapport à celui payé par le précédent locataire. Selon la jurisprudence, le nouveau locataire peut raisonnablement admettre que seuls les motifs invoqués par le bailleur dans la formule officielle ont entraîné une augmentation du montant de son loyer initial par rapport à celui du précédent loyer. La bonne foi du nouveau locataire mérite d'être protégée ( ATF 121 III 364 consid. 4b p. 367). Ce précédent a été approuvé par la doctrine récente (PETER HEINRICH, in Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2 e éd. 2012, n° 5 ad art. 270 CO ; BURKHALTER/MARTINEZ-FAVRE, Le droit suisse du bail à loyer, commentaire, 2011, n° 28 ad art. 270 CO p. 594; DAVID LACHAT, Le bail à loyer [ci-après: Bail], 2008, ch. 2.3.3 p. 394; ROGER WEBER, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. I, 5 e éd. 2011, n° 13 ad art. 270 CO ; TERCIER/FAVRE, Les contrats spéciaux, 4 e éd. 2009, ch. 2644 p. 388). Autrement dit, le bailleur est lié par les facteurs de hausse qu'il a mentionnés sur la formule officielle (immutabilité des motifs invoqués par le bailleur). Il suit de là que le juge ne saurait examiner l'admissibilité du loyer initial à la lumière d'autres critères que ceux figurant dans la formule officielle, à moins que le locataire ne réclame, de son côté, un tel examen, qui ne peut alors pas lui être refusé ( ATF 121 III 364 consid. 4b p. 367). In casu, il a été retenu que les recourants ne se sont pas prévalus d'un critère différent de calcul du loyer, de sorte que le cadre du débat judiciaire a été fixé par les indications du bailleur figurant sur la formule officielle (valable). De toute manière, pour les immeubles anciens où il y a impossibilité à établir le rendement excessif faute de connaître les fonds propres entrant dans le calcul du loyer (les pièces comptables n'existent plus ou laissent apparaître des montants qui ne sont plus en phase avec la réalité économique), la hiérarchie des critères absolus est inversée. Ainsi si le loyer initial ne dépasse pas les limites des loyers usuels, il n'est pas considéré comme abusif, sans qu'il se justifie de procéder à un calcul de rendement (arrêts 4A_645/2011 du 27 janvier 2012 consid. 3.2, in SJ 2012 I p. 377; 4A_276/2011 du 11 octobre 2011 consid. 5.2.3, résumé in JdT 2012 II p. 113). Selon la jurisprudence, un immeuble est dit "ancien" s'il a été construit ou acquis il y a plusieurs décennies (arrêts 4A_645/2011 du BGE 139 III 13 S. 17 27 janvier 2012 déjà cité consid. 3.3, in SJ 2012 I p. 377; 4C.323/2001 du 9 avril 2002 consid. 3a in fine, in SJ 2002 I p. 434). Il a été constaté que le bâtiment dans lequel se trouve l'appartement remis à bail aux recourants a été construit en 1961. L'intimée n'a jamais prétendu avoir acquis récemment cet immeuble. Il s'agit donc manifestement d'un immeuble ancien au sens de la jurisprudence susrappelée. Par conséquent, en l'espèce, l'ordre de priorité entre les critères absolus de fixation du loyer instauré par l' ATF 124 III 310 est inversé. En d'autres termes, le loyer initial litigieux doit être déterminé sur la seule base des loyers usuels dans le quartier ( art. 269a let. a CO ). 3.1.3 En cas de contestation du loyer initial, la question de savoir à qui incombe le fardeau de la preuve des loyers usuels dans la localité ou dans le quartier (motif invoqué par le bailleur dans la formule officielle), lorsque le débat judiciaire ne peut sortir de ce cadre en raison de l'ancienneté de l'immeuble, n'a pas encore fait l'objet d'un arrêt de principe publié par le Tribunal fédéral au Recueil officiel (cf. art. 58 al. 1 du Règlement du Tribunal fédéral du 20 novembre 2006 [RTF; RS 173.110.131], pris en application de l' art. 27 al. 3 LTF ). Dans un arrêt 4A_250/2012 du 28 août 2012 consid. 2.3, le Tribunal fédéral a écrit que le locataire qui conteste le loyer initial doit apporter la preuve des faits permettant de constater le caractère abusif du loyer convenu, notamment par la production de statistiques officielles sur les loyers moyens du quartier. Mais ce précédent se rapporte à un bail commercial pour lequel, contrairement aux baux d'habitations, l'usage de la formule officielle n'est pas requis ( ATF 117 Ia 328 consid. 3). 3.1.3.1 A teneur de l' art. 8 CC, chaque partie doit, si la loi ne prescrit le contraire, prouver les faits qu'elle allègue pour en déduire son droit. Cette règle est considérée comme le principe de base de la répartition du fardeau de la preuve en droit privé. Selon la conception dominante, qui suit la théorie des normes (Normentheorie), il en découle en principe que le rapport existant entre les normes matérielles applicables est déterminant pour la répartition du fardeau de la preuve. Ce rapport détermine de cas en cas si le fait à prouver fait naître un droit (fait générateur), s'il éteint ou modifie un droit (fait destructeur) ou s'il tient en échec cette naissance ou cette extinction (fait dirimant). Celui qui fait valoir une prétention doit établir les faits dont dépend la naissance du droit. En revanche, celui qui BGE 139 III 13 S. 18 invoque la perte d'un droit ou qui conteste sa naissance ou son applicabilité a le fardeau de la preuve des faits destructeurs ou dirimants. Il sied cependant d'observer qu'il s'agit là d'une règle générale (Grundregel) qui, d'une part, peut être renversée par des règles légales concernant le fardeau de la preuve et qui, d'autre part, doit être concrétisée dans le cas d'espèce ( ATF 130 III 321 consid. 3.1 p. 323; ATF 128 III 271 consid. 2a/aa p. 273; sur la théorie des normes: PAUL-HENRI STEINAUER, Le Titre préliminaire du Code civil, TDPS vol. II/1, 2009, ch. 695 à 702, p. 261 à 264; HANS-PETER WALTER, in Berner Kommentar, 2012, n os 213-216 et 254 ss ad art. 8 CC ; SCHMID/LARDELLI, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. I, 4 e éd. 2010, n os 38 ss ad art. 8 CC ). 3.1.3.2 La problématique de la répartition du fardeau de la preuve en matière de contestation du loyer initial lorsque l'examen porte sur les loyers comparatifs divise la doctrine en deux courants d'importance inégale. Un premier courant, largement majoritaire, prône que c'est au locataire qui requiert la diminution du loyer initial d'en prouver le caractère abusif eu égard aux principes instaurés par l' art. 269a CO et donc de supporter le fardeau de la preuve des loyers usuels, si le terrain judiciaire se limite à ce cadre (HEINRICH, op. cit., n° 4 ad art. 270 CO ; BURKHALTER/MARTINEZ-FAVRE, op. cit., n° 27 ad art. 269a CO et n° 47 ad art. 270 CO ; DAVID LACHAT, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2 e éd. 2012, n° 7 ad art. 270 CO ; WEBER, op. cit., n° 8 ad art. 270 CO ; RICHARD PERMANN, Kommentar zum Mietrecht, 2 e éd. 2007, n° 10 ad art. 269a CO et n° 8 ad art. 270 CO ; LACHAT ET AL., Das Mietrecht für die Praxis, 8 e éd. 2009, ch. 17/2.3.4 p. 291; LACHAT, Bail, op. cit., ch. 2.3.3 p. 394; PIERRE ENGEL, Contrats de droit suisse, 2 e éd. 2000, ch. 3 p. 198; PETER HIGI, Zürcher Kommentar, 1998, n° 79 ad art. 270 CO ; SÉBASTIEN FETTER, La contestation du loyer initial, 2005, p. 234 ch. 511; ISABELLE SALOMÉ DAÏNA, Le caractère abusif du loyer initial: qui doit prouver quoi?, CdB 4/2009 p. 99). Un second courant est d'avis qu'en matière de contestation de la hausse du loyer initial fondée sur les loyers du quartier, il appartient au bailleur, qui s'est prévalu de ce critère dans la formule officielle, d'en apporter la preuve (PATRICIA DIETSCHY, in Droit du bail à loyer, Bohnet/Montini [éd.], 2010, n° 63 ad art. 270 CO p. 960;JEAN-JACQUES SCHWAAB, La fixation et la contestation du loyer initial, in 15 e Séminaire sur le droit du bail, Neuchâtel 2008, ch. 153/154 p. 38; TERCIER/FAVRE, op. cit., ch. 2602 p. 382). BGE 139 III 13 S. 19 Selon le Message du 27 mars 1985 concernant la révision du droit du bail à loyer et du bail à ferme, le fardeau de la preuve concernant le loyer initial qu'il considère abusif est à la charge du locataire (FF 1985 I 1473 in medio). Il convient de préférer l'opinion dominante pour des raisons dogmatiques déduites de la théorie des normes. En effet, l'abus de droit est un fait dirimant, dont le fardeau de la preuve incombe à la partie adverse du titulaire du droit (STEINAUER, op. cit., ch. 709 et la note de bas de page 165, p. 267; SCHMID/LARDELLI, op. cit., n° 63 ad art. 8 CC ). Ainsi, en droit du travail, il a été jugé que la preuve du congé abusif incombait au plaideur qui s'en prévalait ( ATF 123 III 246 consid. 4b). Et, en droit du bail, la jurisprudence a posé qu'il appartenait au destinataire du congé de démontrer que celui-ci contrevenait aux règles de la bonne foi ( ATF 120 II 105 consid. 3c in fine). Il suit de là que le fardeau de la preuve du caractère abusif du loyer initial convenu incombe au locataire quand le bailleur s'est prévalu des loyers usuels, dans la formule officielle, pour justifier la hausse dudit loyer par rapport à celui de l'ancien locataire. 3.1.4 Dans le cas présent, il faut ainsi examiner si les recourants ont apporté la preuve de faits qui permettraient de constater qu'est abusive la différence de quotité entre le loyer initial contesté et celui que versait le précédent locataire du logement. Il résulte de la formule officielle que l'augmentation par rapport au précédent loyer est massive, puisqu'elle dépasse 43 % (cf. consid. 3.1.1 ci-dessus). Or il est notoire que le taux hypothécaire de référence, basé antérieurement sur les taux variables pour les hypothèques des banques cantonales (i.e. la Banque V. pour le canton de Vaud), puis, depuis 2008, sur le taux hypothécaire moyen des banques publié trimestriellement par le Département fédéral de l'économie ( art. 12a OBLF ), a amorcé une lente décrue depuis le 1 er février 2000, passant de 4,5 % à 2,25 % à compter du 2 juin 2012. De même, la hausse annuelle des prix à la consommation n'a pas dépassé depuis l'année 2001 le taux de 1,2 %, l'année 2008 étant la seule exception, du reste contrebalancée par l'année 2009 où le taux d'inflation était négatif. On voit donc que la conjoncture économique actuelle rend injustifiable une pareille hausse de loyer. Partant, il convient de constater, sur la base des éléments contenus dans le dossier, que la différence de loyer est très certainement abusive. BGE 139 III 13 S. 20 3.2 A ce stade de l'appréciation des preuves, la bailleresse a le devoir d'apporter des contre-preuves et de démontrer que, malgré les apparences, il s'agit d'un cas exceptionnel et que le loyer initial arrêté par le contrat de bail n'est pas abusif. En effet, selon les principes généraux tirés des règles de la bonne foi, le bailleur qui n'a pas la charge de la preuve doit collaborer loyalement à l'administration des preuves en fournissant tous les éléments en sa possession, qui sont nécessaires à la vérification du motif qu'il a allégué dans la formule officielle (cf. sur ce devoir en général: ATF 115 II 1 consid. 4; arrêt 4C.61/2005 du 27 mai 2005 consid. 4.3, in SJ 2006 I p. 34; SCHMID/LARDELLI, op. cit., n° 71 ad art. 8 CC ). Ce principe résulte déjà de la maxime inquisitoriale sociale prévalant en droit du bail, qui impose à l'autorité de conciliation et au juge de première instance d'établir les faits d'office (ancien art. 274d al. 3 CO ; cf. art. 243 al. 2 let. c et art. 247 CPC [RS 272]). Cette maxime n'oblige certes pas le juge à instruire d'office le litige lorsqu'un plaideur renonce à expliquer sa position; en revanche, elle le contraint à interroger les parties et à les informer de leur devoir de collaborer à l'instruction et de fournir des preuves. Si des motifs objectifs conduisent le juge à soupçonner que les allégations et offres de preuve d'une partie, locataire ou bailleur, sont lacunaires, il n'est pas lié par l'offre de preuve en question et a le devoir de rechercher lui-même des preuves pour autant qu'il ait connaissance, sur la base des déclarations des parties et/ou du dossier, de l'existence de moyens probatoires pertinents. Le juge peut de même inviter cette partie à compléter ses moyens, par exemple si les documents produits sont insuffisants (arrêt 4A_484/2011 du 2 novembre 2011 consid 2.2, résumé in JdT 2012 II p. 114; ATF 136 III 74 consid. 3.1 p. 80). Ce devoir du bailleur de collaborer à l'administration des preuves trouve tout son sens dans l'hypothèse où ce dernier, comme en l'espèce, a augmenté le nouveau loyer de plus de 10 % par rapport à l'ancien loyer. 3.3 Au vu de ce qui précède, l'intimée était tenue de participer à l'administration des preuves en fournissant au moins cinq éléments de comparaison présentant des caractéristiques semblables à la chose louée ( ATF 136 III 74 consid. 3.1 p. 79 s.; ATF 123 III 317 consid. 4a p. 319). La cour cantonale a considéré que, sur les sept éléments comparatifs avancés par la bailleresse, celle-ci n'a présenté que deux éléments répondant aux exigences de l' art. 11 OBLF (exemples n os 1 et 7). BGE 139 III 13 S. 21 S'agissant des exemples n os 4, 5 et 6, elle a laissé indécis, vu la solution qu'ellea adoptée, le point de savoir s'ils devaient être admis à la comparaison. Les recourants prétendent que l'exemple n° 4 doit être écarté vu les avantages qu'il présente par rapport à l'appartement litigieux. A leurs yeux, il devrait en aller de même de l'exemple n° 7, de par sa faible dimension. La Cour d'appel a dressé, dans la partie "En fait" de l'arrêt déféré, un tableau synoptique des caractéristiques détaillées des sept éléments en question et de l'appartement loué aux recourants, accompagné d'une description précise du contenu de toutes les fiches produites par l'intimée. Le Tribunal fédéral est ainsi en mesure de vérifier lui-même si les exemples de comparaison produits par la bailleresse pouvaient être pris en compte. 3.3.1 Selon l' art. 11 OBLF, les loyers déterminants pour le calcul des loyers usuels dans la localité ou le quartier au sens de l' art. 269a let. a CO sont les loyers des logements et des locaux commerciaux comparables à la chose louée quant à l'emplacement, la dimension, l'équipement, l'état et l'année de construction (al. 1), à l'exclusion des loyers résultant de ce qu'un bailleur ou un groupe de bailleurs domine le marché (al. 3). En règle générale, le juge doit disposer de cinq éléments de comparaison au moins. Il lui appartient de procéder à des comparaisons concrètes. L'autorité cantonale de dernière instance indiquera exactement les critères sur lesquels elle s'est fondée. Sur cette base, le Tribunal fédéral contrôle librement si les loyers usuels sont établis conformément au droit fédéral ( ATF 136 III 74 consid. 3.1 p. 80; ATF 123 III 317 consid. 4a p. 319). Les loyers de référence ne doivent eux-mêmes pas être abusifs, ce qui implique, si nécessaire, de les adapter en principe aux baisses du taux hypothécaire intervenues depuis le moment où ils ont été fixés ( ATF 136 III 74 ibidem; ATF 127 III 411 consid. 5a p. 412 ss). 3.3.2 Il a été constaté ( art. 105 al. 1 LTF ) que l'objet portant le n° 4 est situé en bordure de forêt, dans un milieu à faible densité de construction, alors que l'appartement des recourants se trouve au bord d'un axe routier important. De plus, d'après le tableau synoptique, cet objet de comparaison dispose d'une terrasse, à savoir d'une plate-forme aménagée à l'un des étages de la maison qui ne fait pas saillie (à la différence d'un balcon), ce qui signifie qu'il s'agit d'un lieu en principe couvert. BGE 139 III 13 S. 22 Pour tenir lieu d'éléments de comparaison, les logements de référence doivent avoir des avantages analogues, par exemple au niveau de l'environnement, ou, à l'inverse, des nuisances comparables, en ce qui a trait notamment à l'exposition au bruit (arrêts 4A_295/2010 du 26 juillet 2010 consid. 3.2.4; 4C.265/2000 du 16 janvier 2001 consid. 4b/dd, in SJ 2001 I p. 247). Il est évident qu'un appartement situé dans un environnement calme, en dehors des voies de passage principales, comme l'est l'objet n° 4, n'est pas comparable, au point de vue de l'emplacement, à un logement construit dans un immeuble exposé au bruit généré par une forte circulation de véhicules motorisés. Cette différence d'exposition aux nuisances sonores exclut à elle seule toute comparaison selon le critère expressément consacré par l' art. 11 al. 1 OBLF. A cela s'ajoute que disposer d'une terrasse à proximité d'une forêt constitue un avantage indéniable par rapport à un appartement ne bénéficiant pas d'une telle plate-forme. L'exemple n° 4 n'entre pas en considération. 3.3.3 La cour cantonale a admis que l'objet n° 7, bien qu'ayant une dimension inférieure à celle de la chose louée aux recourants, pouvait entrer dans la comparaison, car la limite d'une différence de 20 % de surface, retenue par la jurisprudence ( ATF 136 III 74 consid. 3.2.2 p. 82 et l'arrêt cité), n'était pas atteinte. A tort. En effet, il résulte du tableau synoptique de l'arrêt attaqué que l'appartement litigieux a une surface de 110 m 2, alors que celle de l'objet n° 7 n'est que de 90 m 2. La différence de surface étant de plus de 22 %, elle exclut la comparaison. L'objet n° 7 ne devait pas être retenu. 3.4 Au vu de cette analyse, il faut considérer que l'intimée n'a présenté qu'un élément comparatif valable (l'objet n° 1). Même si les exemples n os 5 et 6 (dont l'admission à la comparaison a été laissée indécise par l'autorité cantonale) devaient être pris en compte, les appartements considérés par le droit du bail comme répondant aux exigences de l' art. 11 OBLF se monteraient à trois. Or ce chiffre est insuffisant pour établir les loyers usuels du quartier. Partant, la bailleresse n'est pas parvenue à prouver que le loyer initial incriminé restait dans les limites des loyers usuels. On en reste ainsi à la constatation que, dans la conjoncture actuelle, une augmentation massive du loyer initial par comparaison avec celui que versait le locataire précédent ne saurait se justifier, de sorte que la preuve de l'abus est apportée. Il s'ensuit que la cour cantonale aurait dû retenir que le loyer litigieux est abusif. BGE 139 III 13 S. 23 3.5 Il appartient désormais au Tribunal fédéral d'arrêter lui-même le loyer initial. Les recourants déclarent admettre que leur loyer initial soit fixé à hauteur de celui du locataire précédent, ainsi que l'avait retenu le Tribunal des baux dans son jugement du 3 février 2011. 3.5.1 Lorsqu'il doit fixer le loyer initial, le juge dispose d'une grande marge d'appréciation ( ATF 124 III 62 consid. 2b p. 64; arrêt 4C.274/1997 du 27 avril 1998 consid. 4a, in SJ 1998 p. 718). Comme on l'a vu, il fallait procéder à la détermination du loyer usuel. Or les cinq éléments de comparaison, nécessaires pour que soient établis les loyers usuels (cf. ATF 136 III 74 consid. 3.1 p. 79 s. susmentionné), n'ont pas été apportés au juge. En conséquence, celui-ci ne disposait pas des éléments lui permettant d'arrêter le loyer usuel selon la jurisprudence du Tribunal fédéral. Il y a donc carence de preuves, alors que le juge doit néanmoins statuer sous peine de commettre un déni de justice. 3.5.2 A défaut de la production par les parties de statistiques officielles, il paraît conforme au droit fédéral de s'en tenir au loyer payé par l'ancien locataire. Le Tribunal fédéral a déjà dit qu'un tel raisonnement était admissible (arrêts 4A_576/2008 du 19 février 2009 consid. 2.5; 4C.274/1997 du 27 avril 1998 consid. 4b/aa, in SJ 1998 p. 718). Il convient donc de fixer le loyer mensuel net de l'appartement remis à bail aux locataires à 1'323 fr. dès le 15 avril 2006. La différence entre le loyer mensuel net initialement convenu et le loyer mensuel arrêté dans le présent arrêt représente 577 fr. (1'900 fr. - 1'323 fr.). Entre le début du bail, soit le 15 avril 2006, et le jour de la reddition de l'arrêt du Tribunal fédéral, les recourants se sont acquittés, en chiffres ronds, de 80 loyers mensuels. L'intimée devra donc rembourser aux locataires le trop-perçu de loyers, qui atteint la somme de 46'160 fr. (80 x 577 fr.). Les sûretés ne pouvant pas dépasser en valeur, notamment dans le canton de Vaud, trois mois de loyer net (art. 2 du contrat-cadre romand de baux à loyer entré en vigueur le 1 er décembre 2001; cf. LACHAT, Bail, op. cit., ch. 2.2.2, p. 356), la garantie locative fournie par les recourants doit être réduite à 3'969 fr. (3 x 1'323 fr.).
Urteilskopf
3. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause H.X. et F.X. contre Z. SA (recours en matière civile)
4A_491/2012 du 6 décembre 2012
Regeste Art. 269a und 270 OR ; Miete; Anfechtung des Anfangsmietzinses für Wohnräume, die sich in einer älteren Baute befinden. Verteilung der Beweislast bei Anfechtung des Anfangsmietzinses, wenn es um die Überprüfung der vom Vermieter im vorgeschriebenen Formular angerufenen Vergleichsmietzinse geht (E. 3.1). Pflicht des Vermieters, Gegenbeweise anzubieten, wenn sich die Erhöhung des Anfangsmietzinses im Vergleich zum vorhergehenden Mietzins unter Berücksichtigung der Wirtschaftskonjunktur nicht rechtfertigen lässt (E. 3.2 und 3.3). Festsetzung des neuen Mietzinses (E. 3.4 und 3.5).
Regeste
Art. 269a und 270 OR ; Miete; Anfechtung des Anfangsmietzinses für Wohnräume, die sich in einer älteren Baute befinden. Verteilung der Beweislast bei Anfechtung des Anfangsmietzinses, wenn es um die Überprüfung der vom Vermieter im vorgeschriebenen Formular angerufenen Vergleichsmietzinse geht (E. 3.1). Pflicht des Vermieters, Gegenbeweise anzubieten, wenn sich die Erhöhung des Anfangsmietzinses im Vergleich zum vorhergehenden Mietzins unter Berücksichtigung der Wirtschaftskonjunktur nicht rechtfertigen lässt (E. 3.2 und 3.3). Festsetzung des neuen Mietzinses (E. 3.4 und 3.5).
Art. 269a und 270 OR Verteilung der Beweislast bei Anfechtung des Anfangsmietzinses, wenn es um die Überprüfung der vom Vermieter im vorgeschriebenen Formular angerufenen Vergleichsmietzinse geht (E. 3.1).
Pflicht des Vermieters, Gegenbeweise anzubieten, wenn sich die Erhöhung des Anfangsmietzinses im Vergleich zum vorhergehenden Mietzins unter Berücksichtigung der Wirtschaftskonjunktur nicht rechtfertigen lässt (E. 3.2 und 3.3).
Festsetzung des neuen Mietzinses (E. 3.4 und 3.5).
Erwägungen ab Seite 14
Erwägungen ab Seite 14 BGE 139 III 13 S. 14
BGE 139 III 13 S. 14
Extrait des considérants:
3. Les recourants font valoir que l'on peut déjà déduire implicitement de l'arrêt 4A_573/2008 du 24 avril 2009, rendu dans la même affaire, que c'est au bailleur de supporter le fardeau de la preuve des loyers usuels dans le cadre d'une contestation du loyer initial, puisque le Tribunal fédéral a enjoint l'autorité cantonale de compléter l'instruction au sujet des objets de comparaison produits par la bailleresse, alors que les locataires n'ont produit pour leur part aucun élément comparatif. Ils affirment que la question du fardeau de la preuve des loyers usuels doit être résolue de la même façon, que le locataire conteste son loyer initial ou qu'il conteste une hausse de loyer en cours de bail. Or, si le bailleur augmente unilatéralement le loyer pendant le bail, il lui appartient de prouver le bien-fondé de la hausse. Les recourants soutiennent que la preuve des loyers du quartier est impossible à apporter pour les locataires, alors que, de son côté, le bailleur, qui augmente le montant du loyer initial, est supposé avoir au préalable effectué des recherches comparatives pour justifier le nouveau loyer. Il serait dès lors légitime de faire supporter au bailleur le fardeau de la preuve. En effet, si l'on a affaire, comme dans le cas présent, à un immeuble ancien, construit en 1961, un calcul de rendement est impossible, si bien que le bailleur pourrait alors augmenter abusivement le loyer à chaque changement de locataire en se prévalant des loyers usuels, tout en sachant que le locataire ne parviendrait pas à établir les loyers du quartier.
3. 3.1
3.1 3.1.1 Il résulte des faits déterminants ( art. 105 al. 1 LTF ) que les parties sont liées depuis le 15 avril 2006 par un contrat de bail à loyer BGE 139 III 13 S. 15 conclu le 17 mars 2006, portant sur un appartement de cinq pièces sis dans un bâtiment construit à l'avenue de (...) à Pully.
3.1.1 art. 105 al. 1 LTF BGE 139 III 13 S. 15
Le loyer initial a été notifié le 14 mars 2006 par la bailleresse aux locataires au moyen d'une formule officielle. La formule officielle dont il est question ici a pour but d'informer le locataire qu'il a la possibilité de saisir l'autorité de conciliation pour contester le montant du loyer en lui fournissant toutes les indications utiles, exigées par l'art. 19 de l'ordonnance du 9 mai 1990 sur le bail à loyer et le bail à ferme d'habitations et de locaux commerciaux (OBLF; RS 221.213.11) ( ATF 137 III 547 consid. 2.3 p. 548). L'usage de la formule officielle lors de la conclusion d'un nouveau contrat de bail d'habitations a été rendu obligatoire par le canton de Vaud sur son territoire, en application de l' art. 270 al. 2 CO (art. 1 et 3 de loi vaudoise du 7 mars 1993 sur l'utilisation d'une formule officielle au changement de locataire [LFOCL; RSV 221.315]). art. 270 al. 2 CO Il n'est plus contesté que les recourants pouvaient invoquer, pour s'en prendre au loyer initial, l'augmentation sensible en rapport avec le loyer versé par le précédent locataire ( art. 270 al. 1 let. b CO ). En effet, le loyer net payé par les recourants pour l'appartement est supérieur de 43,61 % à celui de l'ancien locataire. Or il est de jurisprudence que l'augmentation est sensible si elle excède déjà dix pour cent ( ATF 136 III 82 consid. 3.4 p. 89). art. 270 al. 1 let. b CO 3.1.2 La formule officielle établie le 14 mars 2006 indiquait, conformément à l' art. 19 al. 3 OBLF, singulièrement le montant du loyer du précédent locataire et celui du nouveau loyer; elle précisait aussi que la hausse du loyer initial reposait sur le critère des loyers usuels instauré par l' art. 269a let. a CO. La majoration entrant en ligne de compte n'est donc pas nulle au regard de l' art. 269d al. 2 let. a CO, par renvoi de l' art. 270 al. 2 CO.
3.1.2 art. 19 al. 3 OBLF art. 269a let. a CO art. 269d al. 2 let. a CO art. 270 al. 2 CO La bailleresse a adressé aux locataires, le 27 mars 2006, une seconde formule officielle, qui reprenait le critère des loyers usuels, mais y ajoutait un motif tiré de la réalisation de travaux à plus-value. Cette motivation est nulle, car elle mêle les notions de loyer du marché ( art. 269a let. a CO ) et de loyer fondé sur les coûts ( art. 269a let. b CO ), lesquelles sont antinomiques (cf. ATF 121 III 6 consid. 3b et 3c). art. 269a let. a CO art. 269a let. b CO Il est constant que les recourants ont saisi la commission de conciliation en temps utile ( art. 270 al. 1 CO ). art. 270 al. 1 CO L' art. 270 al. 1 CO ne règle que les conditions formelles à la contestation du loyer initial. Les critères matériels permettant de juger du BGE 139 III 13 S. 16 bien-fondé d'une demande de baisse du loyer initial se trouvent aux art. 269 et 269a CO ( ATF 120 II 240 consid. 2 p. 243). art. 270 al. 1 CO BGE 139 III 13 S. 16
art. 269 et 269a CO Dans la formule officielle valable de notification du loyer initial, l'intimée s'est prévalue des loyers usuels dans le quartier ( art. 269a let. a CO ) pour justifier la hausse du loyer par rapport à celui payé par le précédent locataire. Selon la jurisprudence, le nouveau locataire peut raisonnablement admettre que seuls les motifs invoqués par le bailleur dans la formule officielle ont entraîné une augmentation du montant de son loyer initial par rapport à celui du précédent loyer. La bonne foi du nouveau locataire mérite d'être protégée ( ATF 121 III 364 consid. 4b p. 367). Ce précédent a été approuvé par la doctrine récente (PETER HEINRICH, in Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2 e éd. 2012, n° 5 ad art. 270 CO ; BURKHALTER/MARTINEZ-FAVRE, Le droit suisse du bail à loyer, commentaire, 2011, n° 28 ad art. 270 CO p. 594; DAVID LACHAT, Le bail à loyer [ci-après: Bail], 2008, ch. 2.3.3 p. 394; ROGER WEBER, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. I, 5 e éd. 2011, n° 13 ad art. 270 CO ; TERCIER/FAVRE, Les contrats spéciaux, 4 e éd. 2009, ch. 2644 p. 388). Autrement dit, le bailleur est lié par les facteurs de hausse qu'il a mentionnés sur la formule officielle (immutabilité des motifs invoqués par le bailleur). art. 269a let. a CO art. 270 CO art. 270 CO art. 270 CO Il suit de là que le juge ne saurait examiner l'admissibilité du loyer initial à la lumière d'autres critères que ceux figurant dans la formule officielle, à moins que le locataire ne réclame, de son côté, un tel examen, qui ne peut alors pas lui être refusé ( ATF 121 III 364 consid. 4b p. 367). In casu, il a été retenu que les recourants ne se sont pas prévalus d'un critère différent de calcul du loyer, de sorte que le cadre du débat judiciaire a été fixé par les indications du bailleur figurant sur la formule officielle (valable).
De toute manière, pour les immeubles anciens où il y a impossibilité à établir le rendement excessif faute de connaître les fonds propres entrant dans le calcul du loyer (les pièces comptables n'existent plus ou laissent apparaître des montants qui ne sont plus en phase avec la réalité économique), la hiérarchie des critères absolus est inversée. Ainsi si le loyer initial ne dépasse pas les limites des loyers usuels, il n'est pas considéré comme abusif, sans qu'il se justifie de procéder à un calcul de rendement (arrêts 4A_645/2011 du 27 janvier 2012 consid. 3.2, in SJ 2012 I p. 377; 4A_276/2011 du 11 octobre 2011 consid. 5.2.3, résumé in JdT 2012 II p. 113).
Selon la jurisprudence, un immeuble est dit "ancien" s'il a été construit ou acquis il y a plusieurs décennies (arrêts 4A_645/2011 du BGE 139 III 13 S. 17 27 janvier 2012 déjà cité consid. 3.3, in SJ 2012 I p. 377; 4C.323/2001 du 9 avril 2002 consid. 3a in fine, in SJ 2002 I p. 434).
BGE 139 III 13 S. 17
Il a été constaté que le bâtiment dans lequel se trouve l'appartement remis à bail aux recourants a été construit en 1961. L'intimée n'a jamais prétendu avoir acquis récemment cet immeuble. Il s'agit donc manifestement d'un immeuble ancien au sens de la jurisprudence susrappelée.
Par conséquent, en l'espèce, l'ordre de priorité entre les critères absolus de fixation du loyer instauré par l' ATF 124 III 310 est inversé. En d'autres termes, le loyer initial litigieux doit être déterminé sur la seule base des loyers usuels dans le quartier ( art. 269a let. a CO ). art. 269a let. a CO 3.1.3 En cas de contestation du loyer initial, la question de savoir à qui incombe le fardeau de la preuve des loyers usuels dans la localité ou dans le quartier (motif invoqué par le bailleur dans la formule officielle), lorsque le débat judiciaire ne peut sortir de ce cadre en raison de l'ancienneté de l'immeuble, n'a pas encore fait l'objet d'un arrêt de principe publié par le Tribunal fédéral au Recueil officiel (cf. art. 58 al. 1 du Règlement du Tribunal fédéral du 20 novembre 2006 [RTF; RS 173.110.131], pris en application de l' art. 27 al. 3 LTF ).
3.1.3 art. 27 al. 3 LTF Dans un arrêt 4A_250/2012 du 28 août 2012 consid. 2.3, le Tribunal fédéral a écrit que le locataire qui conteste le loyer initial doit apporter la preuve des faits permettant de constater le caractère abusif du loyer convenu, notamment par la production de statistiques officielles sur les loyers moyens du quartier. Mais ce précédent se rapporte à un bail commercial pour lequel, contrairement aux baux d'habitations, l'usage de la formule officielle n'est pas requis ( ATF 117 Ia 328 consid. 3).
3.1.3.1 A teneur de l' art. 8 CC, chaque partie doit, si la loi ne prescrit le contraire, prouver les faits qu'elle allègue pour en déduire son droit. Cette règle est considérée comme le principe de base de la répartition du fardeau de la preuve en droit privé. Selon la conception dominante, qui suit la théorie des normes (Normentheorie), il en découle en principe que le rapport existant entre les normes matérielles applicables est déterminant pour la répartition du fardeau de la preuve. Ce rapport détermine de cas en cas si le fait à prouver fait naître un droit (fait générateur), s'il éteint ou modifie un droit (fait destructeur) ou s'il tient en échec cette naissance ou cette extinction (fait dirimant). Celui qui fait valoir une prétention doit établir les faits dont dépend la naissance du droit. En revanche, celui qui BGE 139 III 13 S. 18 invoque la perte d'un droit ou qui conteste sa naissance ou son applicabilité a le fardeau de la preuve des faits destructeurs ou dirimants. Il sied cependant d'observer qu'il s'agit là d'une règle générale (Grundregel) qui, d'une part, peut être renversée par des règles légales concernant le fardeau de la preuve et qui, d'autre part, doit être concrétisée dans le cas d'espèce ( ATF 130 III 321 consid. 3.1 p. 323; ATF 128 III 271 consid. 2a/aa p. 273; sur la théorie des normes: PAUL-HENRI STEINAUER, Le Titre préliminaire du Code civil, TDPS vol. II/1, 2009, ch. 695 à 702, p. 261 à 264; HANS-PETER WALTER, in Berner Kommentar, 2012, n os 213-216 et 254 ss ad art. 8 CC ; SCHMID/LARDELLI, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. I, 4 e éd. 2010, n os 38 ss ad art. 8 CC ).
3.1.3.1 art. 8 CC BGE 139 III 13 S. 18
art. 8 CC art. 8 CC 3.1.3.2 La problématique de la répartition du fardeau de la preuve en matière de contestation du loyer initial lorsque l'examen porte sur les loyers comparatifs divise la doctrine en deux courants d'importance inégale.
3.1.3.2 Un premier courant, largement majoritaire, prône que c'est au locataire qui requiert la diminution du loyer initial d'en prouver le caractère abusif eu égard aux principes instaurés par l' art. 269a CO et donc de supporter le fardeau de la preuve des loyers usuels, si le terrain judiciaire se limite à ce cadre (HEINRICH, op. cit., n° 4 ad art. 270 CO ; BURKHALTER/MARTINEZ-FAVRE, op. cit., n° 27 ad art. 269a CO et n° 47 ad art. 270 CO ; DAVID LACHAT, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2 e éd. 2012, n° 7 ad art. 270 CO ; WEBER, op. cit., n° 8 ad art. 270 CO ; RICHARD PERMANN, Kommentar zum Mietrecht, 2 e éd. 2007, n° 10 ad art. 269a CO et n° 8 ad art. 270 CO ; LACHAT ET AL., Das Mietrecht für die Praxis, 8 e éd. 2009, ch. 17/2.3.4 p. 291; LACHAT, Bail, op. cit., ch. 2.3.3 p. 394; PIERRE ENGEL, Contrats de droit suisse, 2 e éd. 2000, ch. 3 p. 198; PETER HIGI, Zürcher Kommentar, 1998, n° 79 ad art. 270 CO ; SÉBASTIEN FETTER, La contestation du loyer initial, 2005, p. 234 ch. 511; ISABELLE SALOMÉ DAÏNA, Le caractère abusif du loyer initial: qui doit prouver quoi?, CdB 4/2009 p. 99). art. 269a CO art. 270 CO art. 269a CO art. 270 CO art. 270 CO art. 270 CO art. 269a CO art. 270 CO art. 270 CO Un second courant est d'avis qu'en matière de contestation de la hausse du loyer initial fondée sur les loyers du quartier, il appartient au bailleur, qui s'est prévalu de ce critère dans la formule officielle, d'en apporter la preuve (PATRICIA DIETSCHY, in Droit du bail à loyer, Bohnet/Montini [éd.], 2010, n° 63 ad art. 270 CO p. 960;JEAN-JACQUES SCHWAAB, La fixation et la contestation du loyer initial, in 15 e Séminaire sur le droit du bail, Neuchâtel 2008, ch. 153/154 p. 38; TERCIER/FAVRE, op. cit., ch. 2602 p. 382). BGE 139 III 13 S. 19
art. 270 CO BGE 139 III 13 S. 19
Selon le Message du 27 mars 1985 concernant la révision du droit du bail à loyer et du bail à ferme, le fardeau de la preuve concernant le loyer initial qu'il considère abusif est à la charge du locataire (FF 1985 I 1473 in medio).
Il convient de préférer l'opinion dominante pour des raisons dogmatiques déduites de la théorie des normes. En effet, l'abus de droit est un fait dirimant, dont le fardeau de la preuve incombe à la partie adverse du titulaire du droit (STEINAUER, op. cit., ch. 709 et la note de bas de page 165, p. 267; SCHMID/LARDELLI, op. cit., n° 63 ad art. 8 CC ). Ainsi, en droit du travail, il a été jugé que la preuve du congé abusif incombait au plaideur qui s'en prévalait ( ATF 123 III 246 consid. 4b). Et, en droit du bail, la jurisprudence a posé qu'il appartenait au destinataire du congé de démontrer que celui-ci contrevenait aux règles de la bonne foi ( ATF 120 II 105 consid. 3c in fine). art. 8 CC Il suit de là que le fardeau de la preuve du caractère abusif du loyer initial convenu incombe au locataire quand le bailleur s'est prévalu des loyers usuels, dans la formule officielle, pour justifier la hausse dudit loyer par rapport à celui de l'ancien locataire.
3.1.4 Dans le cas présent, il faut ainsi examiner si les recourants ont apporté la preuve de faits qui permettraient de constater qu'est abusive la différence de quotité entre le loyer initial contesté et celui que versait le précédent locataire du logement.
3.1.4 Il résulte de la formule officielle que l'augmentation par rapport au précédent loyer est massive, puisqu'elle dépasse 43 % (cf. consid. 3.1.1 ci-dessus).
Or il est notoire que le taux hypothécaire de référence, basé antérieurement sur les taux variables pour les hypothèques des banques cantonales (i.e. la Banque V. pour le canton de Vaud), puis, depuis 2008, sur le taux hypothécaire moyen des banques publié trimestriellement par le Département fédéral de l'économie ( art. 12a OBLF ), a amorcé une lente décrue depuis le 1 er février 2000, passant de 4,5 % à 2,25 % à compter du 2 juin 2012. De même, la hausse annuelle des prix à la consommation n'a pas dépassé depuis l'année 2001 le taux de 1,2 %, l'année 2008 étant la seule exception, du reste contrebalancée par l'année 2009 où le taux d'inflation était négatif. art. 12a OBLF On voit donc que la conjoncture économique actuelle rend injustifiable une pareille hausse de loyer.
Partant, il convient de constater, sur la base des éléments contenus dans le dossier, que la différence de loyer est très certainement abusive. BGE 139 III 13 S. 20
BGE 139 III 13 S. 20
3.2 A ce stade de l'appréciation des preuves, la bailleresse a le devoir d'apporter des contre-preuves et de démontrer que, malgré les apparences, il s'agit d'un cas exceptionnel et que le loyer initial arrêté par le contrat de bail n'est pas abusif.
3.2 En effet, selon les principes généraux tirés des règles de la bonne foi, le bailleur qui n'a pas la charge de la preuve doit collaborer loyalement à l'administration des preuves en fournissant tous les éléments en sa possession, qui sont nécessaires à la vérification du motif qu'il a allégué dans la formule officielle (cf. sur ce devoir en général: ATF 115 II 1 consid. 4; arrêt 4C.61/2005 du 27 mai 2005 consid. 4.3, in SJ 2006 I p. 34; SCHMID/LARDELLI, op. cit., n° 71 ad art. 8 CC ). Ce principe résulte déjà de la maxime inquisitoriale sociale prévalant en droit du bail, qui impose à l'autorité de conciliation et au juge de première instance d'établir les faits d'office (ancien art. 274d al. 3 CO ; cf. art. 243 al. 2 let. c et art. 247 CPC [RS 272]). Cette maxime n'oblige certes pas le juge à instruire d'office le litige lorsqu'un plaideur renonce à expliquer sa position; en revanche, elle le contraint à interroger les parties et à les informer de leur devoir de collaborer à l'instruction et de fournir des preuves. Si des motifs objectifs conduisent le juge à soupçonner que les allégations et offres de preuve d'une partie, locataire ou bailleur, sont lacunaires, il n'est pas lié par l'offre de preuve en question et a le devoir de rechercher lui-même des preuves pour autant qu'il ait connaissance, sur la base des déclarations des parties et/ou du dossier, de l'existence de moyens probatoires pertinents. Le juge peut de même inviter cette partie à compléter ses moyens, par exemple si les documents produits sont insuffisants (arrêt 4A_484/2011 du 2 novembre 2011 consid 2.2, résumé in JdT 2012 II p. 114; ATF 136 III 74 consid. 3.1 p. 80). art. 8 CC art. 274d al. 3 CO art. 243 al. 2 let art. 247 CPC Ce devoir du bailleur de collaborer à l'administration des preuves trouve tout son sens dans l'hypothèse où ce dernier, comme en l'espèce, a augmenté le nouveau loyer de plus de 10 % par rapport à l'ancien loyer.
3.3 Au vu de ce qui précède, l'intimée était tenue de participer à l'administration des preuves en fournissant au moins cinq éléments de comparaison présentant des caractéristiques semblables à la chose louée ( ATF 136 III 74 consid. 3.1 p. 79 s.; ATF 123 III 317 consid. 4a p. 319).
3.3 La cour cantonale a considéré que, sur les sept éléments comparatifs avancés par la bailleresse, celle-ci n'a présenté que deux éléments répondant aux exigences de l' art. 11 OBLF (exemples n os 1 et 7). BGE 139 III 13 S. 21 S'agissant des exemples n os 4, 5 et 6, elle a laissé indécis, vu la solution qu'ellea adoptée, le point de savoir s'ils devaient être admis à la comparaison. art. 11 OBLF BGE 139 III 13 S. 21
Les recourants prétendent que l'exemple n° 4 doit être écarté vu les avantages qu'il présente par rapport à l'appartement litigieux. A leurs yeux, il devrait en aller de même de l'exemple n° 7, de par sa faible dimension.
La Cour d'appel a dressé, dans la partie "En fait" de l'arrêt déféré, un tableau synoptique des caractéristiques détaillées des sept éléments en question et de l'appartement loué aux recourants, accompagné d'une description précise du contenu de toutes les fiches produites par l'intimée.
Le Tribunal fédéral est ainsi en mesure de vérifier lui-même si les exemples de comparaison produits par la bailleresse pouvaient être pris en compte.
3.3.1 Selon l' art. 11 OBLF, les loyers déterminants pour le calcul des loyers usuels dans la localité ou le quartier au sens de l' art. 269a let. a CO sont les loyers des logements et des locaux commerciaux comparables à la chose louée quant à l'emplacement, la dimension, l'équipement, l'état et l'année de construction (al. 1), à l'exclusion des loyers résultant de ce qu'un bailleur ou un groupe de bailleurs domine le marché (al. 3). En règle générale, le juge doit disposer de cinq éléments de comparaison au moins. Il lui appartient de procéder à des comparaisons concrètes. L'autorité cantonale de dernière instance indiquera exactement les critères sur lesquels elle s'est fondée. Sur cette base, le Tribunal fédéral contrôle librement si les loyers usuels sont établis conformément au droit fédéral ( ATF 136 III 74 consid. 3.1 p. 80; ATF 123 III 317 consid. 4a p. 319). Les loyers de référence ne doivent eux-mêmes pas être abusifs, ce qui implique, si nécessaire, de les adapter en principe aux baisses du taux hypothécaire intervenues depuis le moment où ils ont été fixés ( ATF 136 III 74 ibidem; ATF 127 III 411 consid. 5a p. 412 ss).
3.3.1 art. 11 OBLF art. 269a let. a CO 3.3.2 Il a été constaté ( art. 105 al. 1 LTF ) que l'objet portant le n° 4 est situé en bordure de forêt, dans un milieu à faible densité de construction, alors que l'appartement des recourants se trouve au bord d'un axe routier important. De plus, d'après le tableau synoptique, cet objet de comparaison dispose d'une terrasse, à savoir d'une plate-forme aménagée à l'un des étages de la maison qui ne fait pas saillie (à la différence d'un balcon), ce qui signifie qu'il s'agit d'un lieu en principe couvert. BGE 139 III 13 S. 22
3.3.2 art. 105 al. 1 LTF BGE 139 III 13 S. 22
Pour tenir lieu d'éléments de comparaison, les logements de référence doivent avoir des avantages analogues, par exemple au niveau de l'environnement, ou, à l'inverse, des nuisances comparables, en ce qui a trait notamment à l'exposition au bruit (arrêts 4A_295/2010 du 26 juillet 2010 consid. 3.2.4; 4C.265/2000 du 16 janvier 2001 consid. 4b/dd, in SJ 2001 I p. 247).
Il est évident qu'un appartement situé dans un environnement calme, en dehors des voies de passage principales, comme l'est l'objet n° 4, n'est pas comparable, au point de vue de l'emplacement, à un logement construit dans un immeuble exposé au bruit généré par une forte circulation de véhicules motorisés. Cette différence d'exposition aux nuisances sonores exclut à elle seule toute comparaison selon le critère expressément consacré par l' art. 11 al. 1 OBLF. A cela s'ajoute que disposer d'une terrasse à proximité d'une forêt constitue un avantage indéniable par rapport à un appartement ne bénéficiant pas d'une telle plate-forme. L'exemple n° 4 n'entre pas en considération. art. 11 al. 1 OBLF 3.3.3 La cour cantonale a admis que l'objet n° 7, bien qu'ayant une dimension inférieure à celle de la chose louée aux recourants, pouvait entrer dans la comparaison, car la limite d'une différence de 20 % de surface, retenue par la jurisprudence ( ATF 136 III 74 consid. 3.2.2 p. 82 et l'arrêt cité), n'était pas atteinte. A tort. En effet, il résulte du tableau synoptique de l'arrêt attaqué que l'appartement litigieux a une surface de 110 m 2, alors que celle de l'objet n° 7 n'est que de 90 m 2. La différence de surface étant de plus de 22 %, elle exclut la comparaison. L'objet n° 7 ne devait pas être retenu.
3.3.3 3.4 Au vu de cette analyse, il faut considérer que l'intimée n'a présenté qu'un élément comparatif valable (l'objet n° 1). Même si les exemples n os 5 et 6 (dont l'admission à la comparaison a été laissée indécise par l'autorité cantonale) devaient être pris en compte, les appartements considérés par le droit du bail comme répondant aux exigences de l' art. 11 OBLF se monteraient à trois. Or ce chiffre est insuffisant pour établir les loyers usuels du quartier.
3.4 art. 11 OBLF Partant, la bailleresse n'est pas parvenue à prouver que le loyer initial incriminé restait dans les limites des loyers usuels.
On en reste ainsi à la constatation que, dans la conjoncture actuelle, une augmentation massive du loyer initial par comparaison avec celui que versait le locataire précédent ne saurait se justifier, de sorte que la preuve de l'abus est apportée.
Il s'ensuit que la cour cantonale aurait dû retenir que le loyer litigieux est abusif. BGE 139 III 13 S. 23
BGE 139 III 13 S. 23
3.5 Il appartient désormais au Tribunal fédéral d'arrêter lui-même le loyer initial.
3.5 Les recourants déclarent admettre que leur loyer initial soit fixé à hauteur de celui du locataire précédent, ainsi que l'avait retenu le Tribunal des baux dans son jugement du 3 février 2011.
3.5.1 Lorsqu'il doit fixer le loyer initial, le juge dispose d'une grande marge d'appréciation ( ATF 124 III 62 consid. 2b p. 64; arrêt 4C.274/1997 du 27 avril 1998 consid. 4a, in SJ 1998 p. 718).
3.5.1 Comme on l'a vu, il fallait procéder à la détermination du loyer usuel.
Or les cinq éléments de comparaison, nécessaires pour que soient établis les loyers usuels (cf. ATF 136 III 74 consid. 3.1 p. 79 s. susmentionné), n'ont pas été apportés au juge. En conséquence, celui-ci ne disposait pas des éléments lui permettant d'arrêter le loyer usuel selon la jurisprudence du Tribunal fédéral.
Il y a donc carence de preuves, alors que le juge doit néanmoins statuer sous peine de commettre un déni de justice.
3.5.2 A défaut de la production par les parties de statistiques officielles, il paraît conforme au droit fédéral de s'en tenir au loyer payé par l'ancien locataire.
3.5.2 Le Tribunal fédéral a déjà dit qu'un tel raisonnement était admissible (arrêts 4A_576/2008 du 19 février 2009 consid. 2.5; 4C.274/1997 du 27 avril 1998 consid. 4b/aa, in SJ 1998 p. 718).
Il convient donc de fixer le loyer mensuel net de l'appartement remis à bail aux locataires à 1'323 fr. dès le 15 avril 2006.
La différence entre le loyer mensuel net initialement convenu et le loyer mensuel arrêté dans le présent arrêt représente 577 fr. (1'900 fr. - 1'323 fr.). Entre le début du bail, soit le 15 avril 2006, et le jour de la reddition de l'arrêt du Tribunal fédéral, les recourants se sont acquittés, en chiffres ronds, de 80 loyers mensuels. L'intimée devra donc rembourser aux locataires le trop-perçu de loyers, qui atteint la somme de 46'160 fr. (80 x 577 fr.).
Les sûretés ne pouvant pas dépasser en valeur, notamment dans le canton de Vaud, trois mois de loyer net (art. 2 du contrat-cadre romand de baux à loyer entré en vigueur le 1 er décembre 2001; cf. LACHAT, Bail, op. cit., ch. 2.2.2, p. 356), la garantie locative fournie par les recourants doit être réduite à 3'969 fr. (3 x 1'323 fr.).
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Urteilskopf 139 III 145 20. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause A. et B. contre C. et D. (recours en matière civile) 4A_609/2012 du 26 février 2013 Regeste Art. 255 und 266 OR. Der Abschluss von Kettenmietverträgen ist zulässig unter Vorbehalt einer Gesetzesumgehung. Das Vorliegen einer solchen hat diejenige Partei zu beweisen, die sich auf die Bestimmung beruft, die umgangen worden sein soll. Gesetzesumgehung im konkreten Fall verneint (E. 4). Erwägungen ab Seite 145 BGE 139 III 145 S. 145 Extrait des considérants: 4. Les recourants invoquent une violation des art. 255 et 266 al. 1 CO. En substance, ils plaident qu'il est en principe licite de conclure successivement plusieurs baux à durée déterminée, sauf dans l'hypothèse d'une fraude à la loi. La cour cantonale aurait retenu à tort que cette exception était réalisée, en se fondant sur la prémisse erronée que les contrats en chaîne ne doivent être admis que de façon restrictive, soit uniquement lorsqu'un intérêt objectif et légitime du bailleur le justifie. BGE 139 III 145 S. 146 4.1 La question des "contrats en chaîne" ("Kettenverträge") s'est tout d'abord posée en droit du travail. Il convient d'évoquer la jurisprudence et la doctrine y relatives. Le contrat de travail peut être conclu pour une durée déterminée ou indéterminée ( art. 319 al. 1 CO ). Le droit suisse autorise en principe les parties à conclure un nouveau contrat de durée déterminée à la suite d'un contrat du même type; toutefois, l' art. 2 al. 2 CC, qui prohibe la fraude à la loi, s'oppose à la conclusion de "contrats en chaîne" dont la durée déterminée ne se justifie par aucun motif objectif, et qui ont pour but d'éluder l'application des dispositions sur la protection contre les congés ou d'empêcher la naissance de prétentions juridiques dépendant d'une durée minimale des rapports de travail ( ATF 129 III 618 consid. 6.2 p. 624; ATF 119 V 46 consid. 1c p. 48; arrêt 4C.51/ 1999 du 20 juillet 1999 consid. 2b, in Jahrbuch des schweizerischen Arbeitsrechts [JAR] 2000 p. 105; Message du 9 mai 1984 concernant [...] la révision des dispositions sur la résiliation du contrat de travail dans le code des obligations, FF 1984 II 617 s.). En règle générale, une succession de deux contrats ne constitue pas un abus de droit; cependant, le nombre de contrats n'est à lui seul pas déterminant (arrêt 4C.51/1999 précité, ibidem). La doctrine ne critique pas cette jurisprudence; elle insiste sur le fait que la fraude doit être retenue lorsqu'aucune raison objective, respectivement aucune circonstance économique ou sociale particulière ne justifie de conclure une chaîne de contrats à durée limitée (STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, 7 e éd. 2012, n° 7 ad art. 334 CO ; GABRIEL AUBERT, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2 e éd. 2012, n° 6 ad art. 334 CO ; FAVRE/TOBLER/MUNOZ, Le contrat de travail, 2 e éd. 2010, n os 2.1 ss ad art. 334 CO ; RÉMY WYLER, Droit du travail, 2 e éd. 2008, p. 453; BRUNNER/BÜHLER/WAEBER/BRUCHEZ, Commentaire du contrat de travail, 3 e éd. 2004, n° 6 ad art. 334 CO ; STAEHELIN/VISCHER, Zürcher Kommentar, 3 e éd. 1996, n° 5 ad art. 334 CO ; MANFRED REHBINDER, Berner Kommentar, 1992, n° 13 ad art. 334 CO ). Elle ne cache pas qu'il peut être difficile de départager un cas licite d'une fraude à la loi (SUBILIA/DUC, Droit du travail, 2010, n° 7 ad art. 334 CO ). Entre autres exemples de motif objectif, elle cite le cas où le travailleur lui-même ne veut s'engager que pour une durée déterminée (STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, op. cit., n° 7 ad art. 334 CO p. 887; WOLFGANG PORTMANN, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. I, 5 e éd. 2011, n° 8 ad art. 334 CO ). 4.2 Comme le contrat de travail, le bail à loyer peut être conclu pour une durée déterminée ou indéterminée. Il est de durée déterminée BGE 139 III 145 S. 147 lorsqu'il doit prendre fin, sans congé, à l'expiration de la durée convenue (art. 255 al. 1 et 2 et art. 266 al. 1 CO ); si un tel bail est reconduit tacitement, il devient un contrat de durée indéterminée ( art. 266 al. 2 CO ). 4.2.1 Le Tribunal fédéral n'a que rarement été saisi de litiges concernant une succession de baux à durée déterminée. En 2000, il s'est vu soumettre une affaire où les parties avaient successivement conclu trois baux d'une année se rapportant à un magasin self-service entièrement équipé, dans l'enceinte d'un camping; il était convenu que les négociations en vue d'un éventuel renouvellement devaient avoir lieu au moins trois mois avant l'échéance. Peu après la conclusion du troisième contrat, il avait été précisé que le renouvellement n'était pas automatique et que cette "prolongation" était le "dernier test pour un contrat de longue durée en cas de convenance et d'efficacité prouvées". Par formule notifiée en septembre 1997, le bailleur avait déclaré résilier le bail pour la fin de l'année, soit le terme convenu. Le Tribunal fédéral a jugé que la qualification de contrats à durée déterminée était conforme au droit fédéral. L'arrêt attaqué faisait clairement ressortir que les parties avaient la volonté réelle et concordante de conclure des baux de durée déterminée, prenant fin sans résiliation. Il n'y avait aucun motif dans le cas concret de déroger à l'autonomie contractuelle. Le fait que le bailleur ait notifié une résiliation superflue ne modifiait en rien cette analyse (arrêt 4C.455/ 1999 du 21 mars 2000 consid. 2, résumé et commenté in Droit du bail 2002 p. 34 et MietRecht Aktuell [MRA] 2001 p. 69). En 2003, la Cour de céans s'est prononcée sur l'enchaînement de six baux ayant pour objet un local de dancing, et dont la durée était limitée à un an et huit mois pour le premier contrat, respectivement un an pour les baux ultérieurs. L'autorité cantonale avait constaté que la bailleresse - une banque - avait un motif objectif de conclure des contrats de durée restreinte: ayant repris l'immeuble dans le cadre d'une exécution forcée, elle était en droit de minimiser le risque financier lié au bail, dans un domaine qui sortait de son cercle d'affaires. Elle avait en outre dû sommer plusieurs fois le locataire pour des retards de loyer. Le Tribunal fédéral a approuvé la solution cantonale quant à son résultat. Il a précisé que le cas concret ne révélait pas de motifs de transposer en droit du bail la jurisprudence sur les contrats de travail en BGE 139 III 145 S. 148 chaîne. A l'instar de PETER HIGI, il ne voyait pas quelle règle vouée à la protection des locataires aurait été éludée, sachant que le locataire, à la différence du travailleur, ne pouvait tirer aucune prétention de la durée du contrat en tant que telle. Si les parties s'étaient engagées pour une durée indéterminée, la bailleresse aurait tout aussi bien pu résilier le bail pour le prochain terme. Enfin, dans la perspective d'une éventuelle prolongation, l'on devait tenir compte de la durée totale de la relation contractuelle, de sorte que le locataire n'était pas lésé (arrêt 4C.155/2003 du 3 novembre 2003 consid. 3.2 et 3.3). En 2010, le Tribunal fédéral a été saisi d'un recours contre un refus de prolongation de bail. Le deuxième contrat à durée déterminée avait été conclu alors que la bailleresse se trouvait en liquidation concordataire. Il s'agissait de réaliser le produit de liquidation le plus élevé possible; dans cette perspective, l'on pouvait trouver des avantages à maintenir le bail, ou au contraire à le résilier. Il était légitime que les liquidateurs veuillent garder toutes les options ouvertes. Il ne pouvait dès lors être question de contrats en chaîne destinés à éluder les règles contre les congés abusifs (arrêt 4A_420/2009 du 11 juin 2010 consid. 5.3 et 5.4). Dans les quelques affaires jugées, le recours aux baux de durée déterminée pouvait donc clairement s'expliquer par un autre motif que l'intention du bailleur de frauder la loi. 4.2.2 La loi ne contient aucune disposition interdisant de conclure successivement plusieurs baux à durée déterminée. A l'instar de l' art. 334 CO pour le contrat de travail, l' art. 266 al. 2 CO envisage expressément une reconduction tacite du bail à durée déterminée et présume que le nouveau contrat est de durée indéterminée; rien n'empêche toutefois les parties de convenir d'un nouveau contrat à terme fixe (cf. p. ex. DAVID LACHAT, Le bail à loyer, 2008, p. 605 s.; PETER HIGI, Zürcher Kommentar, 4 e éd. 1995, n° 49 ad art. 266 CO ; pour le contrat de travail, cf. FF 1984 II 617). Cela étant, la conclusion successive de baux à durée déterminée peut aboutir globalement au même résultat qu'un contrat de durée indéterminée résiliable; il faut rechercher dans quelle mesure la première construction juridique est susceptible d'éluder des dispositions impératives protégeant le locataire. 4.2.3 Certaines prétentions du travailleur sont directement dépendantes de la durée des rapports de travail; l'on peut citer le droit au salaire en cas d'empêchement de travailler ( art. 324a CO ), les délais de résiliation ( art. 335c CO ), l'interdiction pour l'employeur de résilier BGE 139 III 145 S. 149 en temps inopportun ( art. 336c CO ), ou encore le droit à une indemnité de licenciement à raison de longs rapports de travail ( art. 339b CO ). Tel n'est pas le cas en droit du bail, ce qui n'exclut pas encore une fraude à la loi pour d'autres motifs (cf. toutefois art. 253a al. 2 CO, qui n'entre pas en considération). Le bail à durée déterminée se distingue du bail à durée indéterminée en particulier sur les points suivants: prenant fin sans congé, il sort du champ d'application des règles de protection contre les congés abusifs, qui sont de nature impérative (cf. art. 273c CO ). Dans le bail à terme fixe, le loyer ne peut pas être modifié en cours de contrat. En raison du principe de fidélité contractuelle, la loi autorise à augmenter ou diminuer le loyer uniquement pour le prochain terme de résiliation, qui est en l'occurrence un terme extinctif ( ATF 128 III 419 consid. 2.4.1; LACHAT, op. cit., p. 399 n. 3.1.3 et p. 414 s. n. 4.2.8); si les parties décident de conclure un nouveau contrat, le bailleur pourra augmenter le loyer, qui sera susceptible de contestation au titre de loyer initial ( art. 270 CO ). Enfin, le délai pour requérir une prolongation de bail varie selon que le contrat est de durée déterminée ou indéterminée ( art. 273 al. 2 CO ). L'impossibilité de modifier le loyer peut être à l'avantage de l'une ou l'autre partie. Cela étant, l'enchaînement de baux à durée déterminée procure divers avantages au bailleur. Si le locataire a la possibilité de contester le loyer initial, la doctrine relève à juste titre que la loi pose des conditions plus restrictives que pour s'opposer à une majoration de loyer en cours de contrat à durée indéterminée (cf. SEBASTIEN FETTER, La contestation du loyer initial, 2005, p. 132 s. n. 285; HIGI, op. cit., n° 54 ad art. 266 CO ). L'on se contentera ici d'évoquer le fait que dans le premier cas, le locataire n'est pas quitte d'établir le caractère abusif du nouveau loyer (cf. art. 270b CO ). Il doit encore démontrer une contrainte ( art. 270 al. 1 let. a CO ); à défaut, le loyer initial est attaquable uniquement s'il a sensiblement augmenté par rapport au précédent, par quoi il faut entendre une augmentation supérieure à 10 % ( art. 270 al. 1 let. b CO ; ATF 136 III 82 consid. 3.4). L'on ajoutera que dans un système de contrats en chaîne, le bailleur pourra imposer à chaque nouveau contrat une augmentation inférieure ou égale à 10 % en échappant à tout contrôle judiciaire si le locataire ne se trouve pas dans une situation de contrainte. La possibilité de s'opposer à une majoration de loyer conduisant à un rendement excessif ( art. 270b CO ) serait ainsi rendue inopérante (cf. HIGI, op. cit., n° 54 ad art. 266 CO ). BGE 139 III 145 S. 150 Le délai pour requérir une prolongation de bail est de 30 jours dès la réception du congé s'il s'agit d'un bail de durée indéterminée; il est de 60 jours avant l'expiration d'un bail de durée déterminée ( art. 273 al. 2 CO ). La conclusion successive de baux de très courte durée, inférieure au délai légal, pourrait mettre à néant ce droit (LACHAT, op. cit., p. 604 n. 3.2.4). A cela s'ajoute que la formule officielle, obligatoire pour notifier un congé, doit expressément signaler ce droit ( art. 266l al. 2 CO et art. 9 al. 1 let. d OBLF [RS 221.213.11]), alors que le signataire d'un bail à durée déterminée, pourtant soumis à un délai de réquisition plus sévère, ne bénéficiera pas d'une telle information. Subsiste la question de la protection contre les congés. Celle-ci est étroitement liée à la protection des droits conventionnels et légaux du locataire, en particulier le droit à un loyer non abusif. Il s'agit d'éviter que le risque de résiliation ne dissuade le locataire de faire valoir ses droits; le bailleur ne doit pas profiter abusivement d'une position prédominante sur le locataire (cf. Message du 27 mars 1985 concernant l'initiative populaire "pour la protection des locataires" [...], FF 1985 I 1376 et 1378). La loi prévoit que le congé est annulable lorsqu'il contrevient aux règles de la bonne foi ( art. 271 al. 1 CO ), et notamment s'il est dû au fait que le locataire a émis de bonne foi des prétentions découlant du bail, ou s'il est donné pendant une procédure de conciliation ou une procédure judiciaire en rapport avec le bail, ou dans les trois ans à compter de la fin d'une telle procédure (art. 271a al. 1 let. a, d et e CO). Dans un système de baux à durée déterminée, chaque partie est entièrement libre de conclure ou non un nouveau contrat à l'expiration du précédent, sans avoir à se justifier. Le bailleur peut ainsi refuser son accord parce qu'il a succombé dans une procédure, ou parce qu'il estime le locataire trop revendicateur; le locataire n'a aucun moyen juridique de le contraindre à la poursuite des relations contractuelles. Ce risque peut inciter le locataire à se montrer docile et à ne pas revendiquer des droits, afin de ne pas compromettre ses chances d'obtenir un renouvellement de son bail; il pourra notamment hésiter à contester un loyer initial abusif (NICOLAS SAVIAUX, Baux de courte durée successifs et contestation du loyer initial, PJA 2010 p. 289 et 300 s.; BOHNET/DIETSCHY, in Droit du bail à loyer, 2010, n° 9 ad art. 255 CO ), à demander des travaux ou à contester des décomptes de chauffage. L'on peut également imaginer que le bailleur entende garder la liberté de conclure avec un autre locataire disposé à payer davantage, alors BGE 139 III 145 S. 151 qu'il s'expose normalement à une annulation de congé si l'application de la méthode de calcul absolue permet d'exclure l'hypothèse qu'il puisse majorer légalement le loyer ( ATF 120 II 105 consid. 3b/ bb). Les art. 271 ss CO ne visent pas seulement à réglementer l'exercice du droit formateur à la résiliation du contrat, mais aussi et surtout à garantir l'effectivité des droits du locataire, considéré comme la partie faible au contrat. 4.2.4 Il découle de ce qui précède que la conclusion successive de baux à durée limitée peut permettre au bailleur d'échapper à des règles impératives conférant des droits au locataire, telles les règles contre les loyers abusifs, ou contre les congés abusifs (LACHAT/THANEI, in Das Mietrecht für die Praxis, 8 e éd. 2009, p. 502 n. 24/3.11; RAOUL FUTTERLIEB, Erstreckung eines befristeten Mietverhältnisses, Kommentar, in MRA 2001 p. 72 s., contra HIGI, op. cit., n° 42 ad art. 266 CO ). L'on en vient donc à la conclusion qu'il est sur le principe licite d'enchaîner des baux de durée déterminée, sous réserve d'une fraude à la loi (cf. MAJA BLUMER, Gebrauchsüberlassungsverträge, TDPS vol. VII/3, 2012, p. 105 s. n. 327; Le droit suisse du bail à loyer, adaptation française par Burkhalter/Martinez-Favre, 2011, n° 20 ad art. 255 CO ; HIGI, op. cit., n° 42 ad art. 266 CO ). Commet une telle fraude le bailleur qui, en soi, a l'intention de s'engager pour une durée indéfinie, mais opte pour un système de baux à durée déterminée aux seules fins de mettre en échec des règles impératives. S'il est vrai que le système des contrats en chaîne est susceptible de procurer des avantages importants au bailleur, l'on ne saurait postuler l'illicéité de principe d'un tel procédé, alors que la loi ne l'interdit nullement (contra ROGER WEBER, in Basler Kommentar, op. cit., n° 6 ad art. 255 CO, approuvé par LACHAT/THANEI, op. cit., p. 502 n. 24/3.11). La partie qui entend faire appliquer la norme éludée - soit en l'occurrence le locataire - doit établir l'existence d'une fraude à la loi. Il n'est pas aisé de tracer la frontière entre le choix consensuel d'une construction juridique offerte par la loi et l'abus de cette liberté, constitutif d'une fraude à la loi. Répondre à cette question implique une appréciation au cas par cas, en fonction des circonstances d'espèce (cf. ATF 125 III 257 consid. 3b). 4.3 4.3.1 La Cour de justice a évoqué la jurisprudence et la doctrine relatives aux contrats en chaîne; elle a résumé la position doctrinale en ce sens que seules des conditions particulières requérant la poursuite d'intérêts légitimes pouvaient permettre la conclusion de contrats en BGE 139 III 145 S. 152 chaîne. La cour a ensuite émis son propre avis, selon lequel l'enchaînement de baux d'habitation de durée limitée ne devait être admis que de manière restrictive, soit lorsque cette pratique répondait à un intérêt objectif et légitime du bailleur; à son sens, il convenait de se montrer particulièrement strict lorsque le locataire subissait cette pratique et n'y souscrivait qu'à raison de la pénurie sévère de logements sur le marché local. Passant à l'examen du cas concret, la cour cantonale a relevé que les bailleurs n'avaient pu établir aucun motif susceptible de rendre légitime la conclusion de baux de durée déterminée, laquelle était érigée en politique de gestion de leur parc immobilier. Ils n'avaient pas indiqué pour quel motif ils avaient refusé en janvier 2009 d'accorder un bail de deux ans et avaient expressément spécifié que le bail ne serait pas renouvelé après l'échéance proposée; la volonté de relouer le logement à un locataire de leur choix, plus précisément un ami du fils de la bailleresse, ne pouvait légitimer ce comportement, puisqu'ils n'avaient fait une proposition en ce sens que l'année suivante, en 2010. Quant aux locataires, ils n'étaient certes à l'époque, en 2004 comme en 2005, sans doute pas opposés à la conclusion de baux à durée déterminée, dès lors qu'ils étaient récemment venus d'Espagne pour occuper des emplois [au Centre X.] notoirement attribués sur des bases annuelles. Leur situation avait toutefois évolué par la suite. L'intimé avait été engagé par une banque, par contrat de durée indéterminée; quant à l'intimée, elle avait continué de travailler pour le Centre X. avant de se trouver au chômage dès juin 2010. Ils avaient ainsi conçu de demeurer durablement à Genève, ce qu'ils avaient exprimé aux bailleurs en janvier 2009. Ils avaient certes menti en affirmant leur intention de vouloir retourner en Espagne en juin 2010; ce mensonge était toutefois destiné à convaincre les bailleurs de leur accorder une prolongation de quelques mois. En définitive, il fallait conclure que les baux avaient été limités dans leur durée pour éluder les dispositions légales sur la protection des locataires. 4.3.2 La Cour de justice semble avoir adopté une prémisse erronée, selon laquelle l'enchaînement de baux à durée déterminée ne serait admissible que si le bailleur peut justifier d'un motif particulier, à défaut de quoi la fraude à la loi devrait être retenue. En réalité, la loi ne requiert aucun motif particulier pour conclure un bail de durée déterminée et n'interdit pas d'enchaîner deux ou plusieurs baux de ce type. Il s'agit bien plutôt de rechercher si les faits recueillis conduisent à la conclusion que le bailleur a mis en place un système qui ne BGE 139 III 145 S. 153 s'explique que par la volonté de contourner des règles impératives. Le fardeau de la preuve incombe au locataire; le bailleur n'a pas à établir un intérêt spécial à conclure des baux de durée déterminée. 4.3.3 L'état de fait ne fournit que quelques éléments sur les circonstances entourant la conclusion des contrats. La Cour de justice retient apparemment que les bailleurs ont spontanément proposé des baux à durée déterminée, au nom d'une politique de gestion visant à leur laisser le plus de liberté possible. Elle a concédé, manifestement sur la base d'une interprétation objective, que les locataires, vu leur situation professionnelle, n'étaient initialement "sans doute" pas opposés à des baux de durée déterminée. Le doute peut être levé: à la signature, en février 2004, du premier bail annuel, la situation de l'intimé était incertaine, puisqu'il arrivait d'Espagne et devait travailler pour le Centre X., sur la base d'un contrat de travail annuel. Il a cosigné le bail avec un colocataire qui est parti avant l'échéance contractuelle. L'intimé a alors trouvé une autre colocataire, également venue d'Espagne, employée comme lui par le Centre X. sur la base de contrats annuels. Leur premier bail commun signé en décembre 2004 était limité à deux ans, les locataires - et eux seuls - ayant toutefois la faculté de résilier le contrat après une année. La Cour de justice relève que la situation des locataires a ensuite évolué, et qu'ils ont conçu de rester durablement à Genève. Il n'apparaît pas que ces éléments étaient déjà réunis lorsque a été signé le contrat du 3 octobre 2006. A cette époque, l'intimée était toujours employée par le Centre X. Quant à l'intimé, il est constant qu'il a changé d'employeur et obtenu un contrat de durée indéterminée, mais à une date indéfinie. Rien n'indique que sa situation professionnelle était déjà stabilisée à ce moment-là. Subsiste le dernier contrat, négocié en janvier 2009. Les bailleurs ont proposé un bail d'un an, non renouvelable. Les locataires ont demandé un bail de deux ans, renouvelable. Toutefois, deux semaines après, ils ont déclaré qu'ils devaient regagner l'Espagne à la fin du mois de juin 2010 et ont sollicité un bail jusqu'à cette date. Les bailleurs ont fait droit à leur demande. Même si l'intention réelle des locataires était autre, les bailleurs pouvaient de bonne foi se fier à leurs déclarations. Les éléments qui précèdent, en particulier ceux afférents à la situation professionnelle des intimés, n'autorisent pas à conclure que les bailleurs avaient l'intention de s'engager pour une durée indéterminée, mais ont opté pour des baux de durée limitée afin d'échapper aux BGE 139 III 145 S. 154 règles sur le loyer abusif et sur la protection contre les congés. Il n'est pas non plus établi que les bailleurs auraient concrètement cherché à tirer profit de la construction juridique proposée. Les bailleurs ont certes augmenté le premier loyer initial de 33 %, mais les locataires n'allèguent pas avoir été dissuadés de le contester et, surtout, ne plaident pas que ce loyer était abusif. Par la suite, les bailleurs n'ont jamais augmenté le loyer. Les locataires ne soutiennent pas non plus avoir été empêchés de faire valoir d'autres prétentions. La Cour de justice relève certes que les bailleurs n'ont pas indiqué pour quel motif ils avaient refusé en janvier 2009 de prolonger une nouvelle fois le bail de deux ans et avaient expressément spécifié qu'il ne serait pas reconduit. Cela ne signifie pas encore que le refus de poursuivre la relation contractuelle puisse être assimilé à un congé contraire à la bonne foi. En particulier, il n'apparaît pas que les bailleurs auraient agi par vengeance ou représailles; l'hypothèse d'un congé économique abusif ne saurait non plus être retenue, sans plus autre renseignement sur le loyer. La Cour de justice s'est focalisée sur la situation de pénurie notoire existant sur le marché du logement en ville de Genève, et sur la déclaration des bailleurs selon laquelle ils privilégiaient les baux à durée limitée afin de préserver leur liberté de conclure ou non de nouveaux contrats. Il est indéniable que de tels éléments peuvent constituer des indices d'une fraude à la loi; dans une situation de pénurie, l'on admettra facilement que le locataire ne contrevient pas à la bonne foi en invoquant une fraude à la loi après avoir accepté de conclure des contrats de durée déterminée. Toutefois, l'appréciation des circonstances concrètes, prises dans leur ensemble, ne permet en l'occurrence pas de conclure que la construction juridique proposée par les bailleurs ne s'expliquait que par le but de contourner les règles impératives de protection des locataires, alors que la situation professionnelle des locataires, venus d'Espagne pour travailler en Suisse, est restée longtemps indécise, et que les locataires ont ensuite affirmé devoir rentrer dans leur pays. En définitive, la cour cantonale a enfreint le droit fédéral en retenant une fraude à la loi, qui l'a conduite à constater que les parties étaient toujours liées par un contrat de durée indéterminée. Il faut au contraire constater que le bail a valablement pris fin le 30 juin 2010. Les autres griefs soulevés par les recourants s'en trouvent par là-même privés d'objet.
Urteilskopf
20. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause A. et B. contre C. et D. (recours en matière civile)
4A_609/2012 du 26 février 2013
Regeste Art. 255 und 266 OR. Der Abschluss von Kettenmietverträgen ist zulässig unter Vorbehalt einer Gesetzesumgehung. Das Vorliegen einer solchen hat diejenige Partei zu beweisen, die sich auf die Bestimmung beruft, die umgangen worden sein soll. Gesetzesumgehung im konkreten Fall verneint (E. 4).
Regeste
Art. 255 und 266 OR. Der Abschluss von Kettenmietverträgen ist zulässig unter Vorbehalt einer Gesetzesumgehung. Das Vorliegen einer solchen hat diejenige Partei zu beweisen, die sich auf die Bestimmung beruft, die umgangen worden sein soll. Gesetzesumgehung im konkreten Fall verneint (E. 4).
Art. 255 und 266 OR Der Abschluss von Kettenmietverträgen ist zulässig unter Vorbehalt einer Gesetzesumgehung. Das Vorliegen einer solchen hat diejenige Partei zu beweisen, die sich auf die Bestimmung beruft, die umgangen worden sein soll. Gesetzesumgehung im konkreten Fall verneint (E. 4).
Erwägungen ab Seite 145
Erwägungen ab Seite 145 BGE 139 III 145 S. 145
BGE 139 III 145 S. 145
Extrait des considérants:
4. Les recourants invoquent une violation des art. 255 et 266 al. 1 CO. En substance, ils plaident qu'il est en principe licite de conclure successivement plusieurs baux à durée déterminée, sauf dans l'hypothèse d'une fraude à la loi. La cour cantonale aurait retenu à tort que cette exception était réalisée, en se fondant sur la prémisse erronée que les contrats en chaîne ne doivent être admis que de façon restrictive, soit uniquement lorsqu'un intérêt objectif et légitime du bailleur le justifie. BGE 139 III 145 S. 146
4. art. 255 et 266 al. 1 CO BGE 139 III 145 S. 146
4.1 La question des "contrats en chaîne" ("Kettenverträge") s'est tout d'abord posée en droit du travail. Il convient d'évoquer la jurisprudence et la doctrine y relatives.
4.1 Le contrat de travail peut être conclu pour une durée déterminée ou indéterminée ( art. 319 al. 1 CO ). Le droit suisse autorise en principe les parties à conclure un nouveau contrat de durée déterminée à la suite d'un contrat du même type; toutefois, l' art. 2 al. 2 CC, qui prohibe la fraude à la loi, s'oppose à la conclusion de "contrats en chaîne" dont la durée déterminée ne se justifie par aucun motif objectif, et qui ont pour but d'éluder l'application des dispositions sur la protection contre les congés ou d'empêcher la naissance de prétentions juridiques dépendant d'une durée minimale des rapports de travail ( ATF 129 III 618 consid. 6.2 p. 624; ATF 119 V 46 consid. 1c p. 48; arrêt 4C.51/ 1999 du 20 juillet 1999 consid. 2b, in Jahrbuch des schweizerischen Arbeitsrechts [JAR] 2000 p. 105; Message du 9 mai 1984 concernant [...] la révision des dispositions sur la résiliation du contrat de travail dans le code des obligations, FF 1984 II 617 s.). En règle générale, une succession de deux contrats ne constitue pas un abus de droit; cependant, le nombre de contrats n'est à lui seul pas déterminant (arrêt 4C.51/1999 précité, ibidem). art. 319 al. 1 CO art. 2 al. 2 CC La doctrine ne critique pas cette jurisprudence; elle insiste sur le fait que la fraude doit être retenue lorsqu'aucune raison objective, respectivement aucune circonstance économique ou sociale particulière ne justifie de conclure une chaîne de contrats à durée limitée (STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, 7 e éd. 2012, n° 7 ad art. 334 CO ; GABRIEL AUBERT, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2 e éd. 2012, n° 6 ad art. 334 CO ; FAVRE/TOBLER/MUNOZ, Le contrat de travail, 2 e éd. 2010, n os 2.1 ss ad art. 334 CO ; RÉMY WYLER, Droit du travail, 2 e éd. 2008, p. 453; BRUNNER/BÜHLER/WAEBER/BRUCHEZ, Commentaire du contrat de travail, 3 e éd. 2004, n° 6 ad art. 334 CO ; STAEHELIN/VISCHER, Zürcher Kommentar, 3 e éd. 1996, n° 5 ad art. 334 CO ; MANFRED REHBINDER, Berner Kommentar, 1992, n° 13 ad art. 334 CO ). Elle ne cache pas qu'il peut être difficile de départager un cas licite d'une fraude à la loi (SUBILIA/DUC, Droit du travail, 2010, n° 7 ad art. 334 CO ). Entre autres exemples de motif objectif, elle cite le cas où le travailleur lui-même ne veut s'engager que pour une durée déterminée (STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, op. cit., n° 7 ad art. 334 CO p. 887; WOLFGANG PORTMANN, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. I, 5 e éd. 2011, n° 8 ad art. 334 CO ). art. 334 CO art. 334 CO art. 334 CO art. 334 CO art. 334 CO art. 334 CO art. 334 CO art. 334 CO art. 334 CO 4.2 Comme le contrat de travail, le bail à loyer peut être conclu pour une durée déterminée ou indéterminée. Il est de durée déterminée BGE 139 III 145 S. 147 lorsqu'il doit prendre fin, sans congé, à l'expiration de la durée convenue (art. 255 al. 1 et 2 et art. 266 al. 1 CO ); si un tel bail est reconduit tacitement, il devient un contrat de durée indéterminée ( art. 266 al. 2 CO ).
4.2 BGE 139 III 145 S. 147
art. 266 al. 1 CO art. 266 al. 2 CO 4.2.1 Le Tribunal fédéral n'a que rarement été saisi de litiges concernant une succession de baux à durée déterminée.
4.2.1 En 2000, il s'est vu soumettre une affaire où les parties avaient successivement conclu trois baux d'une année se rapportant à un magasin self-service entièrement équipé, dans l'enceinte d'un camping; il était convenu que les négociations en vue d'un éventuel renouvellement devaient avoir lieu au moins trois mois avant l'échéance. Peu après la conclusion du troisième contrat, il avait été précisé que le renouvellement n'était pas automatique et que cette "prolongation" était le "dernier test pour un contrat de longue durée en cas de convenance et d'efficacité prouvées". Par formule notifiée en septembre 1997, le bailleur avait déclaré résilier le bail pour la fin de l'année, soit le terme convenu.
Le Tribunal fédéral a jugé que la qualification de contrats à durée déterminée était conforme au droit fédéral. L'arrêt attaqué faisait clairement ressortir que les parties avaient la volonté réelle et concordante de conclure des baux de durée déterminée, prenant fin sans résiliation. Il n'y avait aucun motif dans le cas concret de déroger à l'autonomie contractuelle. Le fait que le bailleur ait notifié une résiliation superflue ne modifiait en rien cette analyse (arrêt 4C.455/ 1999 du 21 mars 2000 consid. 2, résumé et commenté in Droit du bail 2002 p. 34 et MietRecht Aktuell [MRA] 2001 p. 69).
En 2003, la Cour de céans s'est prononcée sur l'enchaînement de six baux ayant pour objet un local de dancing, et dont la durée était limitée à un an et huit mois pour le premier contrat, respectivement un an pour les baux ultérieurs. L'autorité cantonale avait constaté que la bailleresse - une banque - avait un motif objectif de conclure des contrats de durée restreinte: ayant repris l'immeuble dans le cadre d'une exécution forcée, elle était en droit de minimiser le risque financier lié au bail, dans un domaine qui sortait de son cercle d'affaires. Elle avait en outre dû sommer plusieurs fois le locataire pour des retards de loyer.
Le Tribunal fédéral a approuvé la solution cantonale quant à son résultat. Il a précisé que le cas concret ne révélait pas de motifs de transposer en droit du bail la jurisprudence sur les contrats de travail en BGE 139 III 145 S. 148 chaîne. A l'instar de PETER HIGI, il ne voyait pas quelle règle vouée à la protection des locataires aurait été éludée, sachant que le locataire, à la différence du travailleur, ne pouvait tirer aucune prétention de la durée du contrat en tant que telle. Si les parties s'étaient engagées pour une durée indéterminée, la bailleresse aurait tout aussi bien pu résilier le bail pour le prochain terme. Enfin, dans la perspective d'une éventuelle prolongation, l'on devait tenir compte de la durée totale de la relation contractuelle, de sorte que le locataire n'était pas lésé (arrêt 4C.155/2003 du 3 novembre 2003 consid. 3.2 et 3.3).
BGE 139 III 145 S. 148
En 2010, le Tribunal fédéral a été saisi d'un recours contre un refus de prolongation de bail. Le deuxième contrat à durée déterminée avait été conclu alors que la bailleresse se trouvait en liquidation concordataire. Il s'agissait de réaliser le produit de liquidation le plus élevé possible; dans cette perspective, l'on pouvait trouver des avantages à maintenir le bail, ou au contraire à le résilier. Il était légitime que les liquidateurs veuillent garder toutes les options ouvertes. Il ne pouvait dès lors être question de contrats en chaîne destinés à éluder les règles contre les congés abusifs (arrêt 4A_420/2009 du 11 juin 2010 consid. 5.3 et 5.4).
Dans les quelques affaires jugées, le recours aux baux de durée déterminée pouvait donc clairement s'expliquer par un autre motif que l'intention du bailleur de frauder la loi.
4.2.2 La loi ne contient aucune disposition interdisant de conclure successivement plusieurs baux à durée déterminée. A l'instar de l' art. 334 CO pour le contrat de travail, l' art. 266 al. 2 CO envisage expressément une reconduction tacite du bail à durée déterminée et présume que le nouveau contrat est de durée indéterminée; rien n'empêche toutefois les parties de convenir d'un nouveau contrat à terme fixe (cf. p. ex. DAVID LACHAT, Le bail à loyer, 2008, p. 605 s.; PETER HIGI, Zürcher Kommentar, 4 e éd. 1995, n° 49 ad art. 266 CO ; pour le contrat de travail, cf. FF 1984 II 617). Cela étant, la conclusion successive de baux à durée déterminée peut aboutir globalement au même résultat qu'un contrat de durée indéterminée résiliable; il faut rechercher dans quelle mesure la première construction juridique est susceptible d'éluder des dispositions impératives protégeant le locataire.
4.2.2 art. 334 CO art. 266 al. 2 CO art. 266 CO 4.2.3 Certaines prétentions du travailleur sont directement dépendantes de la durée des rapports de travail; l'on peut citer le droit au salaire en cas d'empêchement de travailler ( art. 324a CO ), les délais de résiliation ( art. 335c CO ), l'interdiction pour l'employeur de résilier BGE 139 III 145 S. 149 en temps inopportun ( art. 336c CO ), ou encore le droit à une indemnité de licenciement à raison de longs rapports de travail ( art. 339b CO ). Tel n'est pas le cas en droit du bail, ce qui n'exclut pas encore une fraude à la loi pour d'autres motifs (cf. toutefois art. 253a al. 2 CO, qui n'entre pas en considération).
4.2.3 art. 324a CO art. 335c CO BGE 139 III 145 S. 149
art. 336c CO art. 339b CO art. 253a al. 2 CO Le bail à durée déterminée se distingue du bail à durée indéterminée en particulier sur les points suivants: prenant fin sans congé, il sort du champ d'application des règles de protection contre les congés abusifs, qui sont de nature impérative (cf. art. 273c CO ). Dans le bail à terme fixe, le loyer ne peut pas être modifié en cours de contrat. En raison du principe de fidélité contractuelle, la loi autorise à augmenter ou diminuer le loyer uniquement pour le prochain terme de résiliation, qui est en l'occurrence un terme extinctif ( ATF 128 III 419 consid. 2.4.1; LACHAT, op. cit., p. 399 n. 3.1.3 et p. 414 s. n. 4.2.8); si les parties décident de conclure un nouveau contrat, le bailleur pourra augmenter le loyer, qui sera susceptible de contestation au titre de loyer initial ( art. 270 CO ). Enfin, le délai pour requérir une prolongation de bail varie selon que le contrat est de durée déterminée ou indéterminée ( art. 273 al. 2 CO ). art. 273c CO art. 270 CO art. 273 al. 2 CO L'impossibilité de modifier le loyer peut être à l'avantage de l'une ou l'autre partie. Cela étant, l'enchaînement de baux à durée déterminée procure divers avantages au bailleur. Si le locataire a la possibilité de contester le loyer initial, la doctrine relève à juste titre que la loi pose des conditions plus restrictives que pour s'opposer à une majoration de loyer en cours de contrat à durée indéterminée (cf. SEBASTIEN FETTER, La contestation du loyer initial, 2005, p. 132 s. n. 285; HIGI, op. cit., n° 54 ad art. 266 CO ). L'on se contentera ici d'évoquer le fait que dans le premier cas, le locataire n'est pas quitte d'établir le caractère abusif du nouveau loyer (cf. art. 270b CO ). Il doit encore démontrer une contrainte ( art. 270 al. 1 let. a CO ); à défaut, le loyer initial est attaquable uniquement s'il a sensiblement augmenté par rapport au précédent, par quoi il faut entendre une augmentation supérieure à 10 % ( art. 270 al. 1 let. b CO ; ATF 136 III 82 consid. 3.4). L'on ajoutera que dans un système de contrats en chaîne, le bailleur pourra imposer à chaque nouveau contrat une augmentation inférieure ou égale à 10 % en échappant à tout contrôle judiciaire si le locataire ne se trouve pas dans une situation de contrainte. La possibilité de s'opposer à une majoration de loyer conduisant à un rendement excessif ( art. 270b CO ) serait ainsi rendue inopérante (cf. HIGI, op. cit., n° 54 ad art. 266 CO ). BGE 139 III 145 S. 150
art. 266 CO art. 270b CO art. 270 al. 1 let. a CO art. 270 al. 1 let. b CO art. 270b CO art. 266 CO BGE 139 III 145 S. 150
Le délai pour requérir une prolongation de bail est de 30 jours dès la réception du congé s'il s'agit d'un bail de durée indéterminée; il est de 60 jours avant l'expiration d'un bail de durée déterminée ( art. 273 al. 2 CO ). La conclusion successive de baux de très courte durée, inférieure au délai légal, pourrait mettre à néant ce droit (LACHAT, op. cit., p. 604 n. 3.2.4). A cela s'ajoute que la formule officielle, obligatoire pour notifier un congé, doit expressément signaler ce droit ( art. 266l al. 2 CO et art. 9 al. 1 let. d OBLF [RS 221.213.11]), alors que le signataire d'un bail à durée déterminée, pourtant soumis à un délai de réquisition plus sévère, ne bénéficiera pas d'une telle information. art. 273 al. 2 CO art. 266l al. 2 CO art. 9 al. 1 let Subsiste la question de la protection contre les congés. Celle-ci est étroitement liée à la protection des droits conventionnels et légaux du locataire, en particulier le droit à un loyer non abusif. Il s'agit d'éviter que le risque de résiliation ne dissuade le locataire de faire valoir ses droits; le bailleur ne doit pas profiter abusivement d'une position prédominante sur le locataire (cf. Message du 27 mars 1985 concernant l'initiative populaire "pour la protection des locataires" [...], FF 1985 I 1376 et 1378). La loi prévoit que le congé est annulable lorsqu'il contrevient aux règles de la bonne foi ( art. 271 al. 1 CO ), et notamment s'il est dû au fait que le locataire a émis de bonne foi des prétentions découlant du bail, ou s'il est donné pendant une procédure de conciliation ou une procédure judiciaire en rapport avec le bail, ou dans les trois ans à compter de la fin d'une telle procédure (art. 271a al. 1 let. a, d et e CO). art. 271 al. 1 CO Dans un système de baux à durée déterminée, chaque partie est entièrement libre de conclure ou non un nouveau contrat à l'expiration du précédent, sans avoir à se justifier. Le bailleur peut ainsi refuser son accord parce qu'il a succombé dans une procédure, ou parce qu'il estime le locataire trop revendicateur; le locataire n'a aucun moyen juridique de le contraindre à la poursuite des relations contractuelles. Ce risque peut inciter le locataire à se montrer docile et à ne pas revendiquer des droits, afin de ne pas compromettre ses chances d'obtenir un renouvellement de son bail; il pourra notamment hésiter à contester un loyer initial abusif (NICOLAS SAVIAUX, Baux de courte durée successifs et contestation du loyer initial, PJA 2010 p. 289 et 300 s.; BOHNET/DIETSCHY, in Droit du bail à loyer, 2010, n° 9 ad art. 255 CO ), à demander des travaux ou à contester des décomptes de chauffage. L'on peut également imaginer que le bailleur entende garder la liberté de conclure avec un autre locataire disposé à payer davantage, alors BGE 139 III 145 S. 151 qu'il s'expose normalement à une annulation de congé si l'application de la méthode de calcul absolue permet d'exclure l'hypothèse qu'il puisse majorer légalement le loyer ( ATF 120 II 105 consid. 3b/ bb). Les art. 271 ss CO ne visent pas seulement à réglementer l'exercice du droit formateur à la résiliation du contrat, mais aussi et surtout à garantir l'effectivité des droits du locataire, considéré comme la partie faible au contrat. art. 255 CO BGE 139 III 145 S. 151
art. 271 ss CO 4.2.4 Il découle de ce qui précède que la conclusion successive de baux à durée limitée peut permettre au bailleur d'échapper à des règles impératives conférant des droits au locataire, telles les règles contre les loyers abusifs, ou contre les congés abusifs (LACHAT/THANEI, in Das Mietrecht für die Praxis, 8 e éd. 2009, p. 502 n. 24/3.11; RAOUL FUTTERLIEB, Erstreckung eines befristeten Mietverhältnisses, Kommentar, in MRA 2001 p. 72 s., contra HIGI, op. cit., n° 42 ad art. 266 CO ).
4.2.4 art. 266 CO L'on en vient donc à la conclusion qu'il est sur le principe licite d'enchaîner des baux de durée déterminée, sous réserve d'une fraude à la loi (cf. MAJA BLUMER, Gebrauchsüberlassungsverträge, TDPS vol. VII/3, 2012, p. 105 s. n. 327; Le droit suisse du bail à loyer, adaptation française par Burkhalter/Martinez-Favre, 2011, n° 20 ad art. 255 CO ; HIGI, op. cit., n° 42 ad art. 266 CO ). Commet une telle fraude le bailleur qui, en soi, a l'intention de s'engager pour une durée indéfinie, mais opte pour un système de baux à durée déterminée aux seules fins de mettre en échec des règles impératives. S'il est vrai que le système des contrats en chaîne est susceptible de procurer des avantages importants au bailleur, l'on ne saurait postuler l'illicéité de principe d'un tel procédé, alors que la loi ne l'interdit nullement (contra ROGER WEBER, in Basler Kommentar, op. cit., n° 6 ad art. 255 CO, approuvé par LACHAT/THANEI, op. cit., p. 502 n. 24/3.11). La partie qui entend faire appliquer la norme éludée - soit en l'occurrence le locataire - doit établir l'existence d'une fraude à la loi. art. 255 CO art. 266 CO art. 255 CO Il n'est pas aisé de tracer la frontière entre le choix consensuel d'une construction juridique offerte par la loi et l'abus de cette liberté, constitutif d'une fraude à la loi. Répondre à cette question implique une appréciation au cas par cas, en fonction des circonstances d'espèce (cf. ATF 125 III 257 consid. 3b).
4.3
4.3 4.3.1 La Cour de justice a évoqué la jurisprudence et la doctrine relatives aux contrats en chaîne; elle a résumé la position doctrinale en ce sens que seules des conditions particulières requérant la poursuite d'intérêts légitimes pouvaient permettre la conclusion de contrats en BGE 139 III 145 S. 152 chaîne. La cour a ensuite émis son propre avis, selon lequel l'enchaînement de baux d'habitation de durée limitée ne devait être admis que de manière restrictive, soit lorsque cette pratique répondait à un intérêt objectif et légitime du bailleur; à son sens, il convenait de se montrer particulièrement strict lorsque le locataire subissait cette pratique et n'y souscrivait qu'à raison de la pénurie sévère de logements sur le marché local.
4.3.1 BGE 139 III 145 S. 152
Passant à l'examen du cas concret, la cour cantonale a relevé que les bailleurs n'avaient pu établir aucun motif susceptible de rendre légitime la conclusion de baux de durée déterminée, laquelle était érigée en politique de gestion de leur parc immobilier. Ils n'avaient pas indiqué pour quel motif ils avaient refusé en janvier 2009 d'accorder un bail de deux ans et avaient expressément spécifié que le bail ne serait pas renouvelé après l'échéance proposée; la volonté de relouer le logement à un locataire de leur choix, plus précisément un ami du fils de la bailleresse, ne pouvait légitimer ce comportement, puisqu'ils n'avaient fait une proposition en ce sens que l'année suivante, en 2010. Quant aux locataires, ils n'étaient certes à l'époque, en 2004 comme en 2005, sans doute pas opposés à la conclusion de baux à durée déterminée, dès lors qu'ils étaient récemment venus d'Espagne pour occuper des emplois [au Centre X.] notoirement attribués sur des bases annuelles. Leur situation avait toutefois évolué par la suite. L'intimé avait été engagé par une banque, par contrat de durée indéterminée; quant à l'intimée, elle avait continué de travailler pour le Centre X. avant de se trouver au chômage dès juin 2010. Ils avaient ainsi conçu de demeurer durablement à Genève, ce qu'ils avaient exprimé aux bailleurs en janvier 2009. Ils avaient certes menti en affirmant leur intention de vouloir retourner en Espagne en juin 2010; ce mensonge était toutefois destiné à convaincre les bailleurs de leur accorder une prolongation de quelques mois. En définitive, il fallait conclure que les baux avaient été limités dans leur durée pour éluder les dispositions légales sur la protection des locataires.
4.3.2 La Cour de justice semble avoir adopté une prémisse erronée, selon laquelle l'enchaînement de baux à durée déterminée ne serait admissible que si le bailleur peut justifier d'un motif particulier, à défaut de quoi la fraude à la loi devrait être retenue. En réalité, la loi ne requiert aucun motif particulier pour conclure un bail de durée déterminée et n'interdit pas d'enchaîner deux ou plusieurs baux de ce type. Il s'agit bien plutôt de rechercher si les faits recueillis conduisent à la conclusion que le bailleur a mis en place un système qui ne BGE 139 III 145 S. 153 s'explique que par la volonté de contourner des règles impératives. Le fardeau de la preuve incombe au locataire; le bailleur n'a pas à établir un intérêt spécial à conclure des baux de durée déterminée.
4.3.2 BGE 139 III 145 S. 153
4.3.3 L'état de fait ne fournit que quelques éléments sur les circonstances entourant la conclusion des contrats. La Cour de justice retient apparemment que les bailleurs ont spontanément proposé des baux à durée déterminée, au nom d'une politique de gestion visant à leur laisser le plus de liberté possible. Elle a concédé, manifestement sur la base d'une interprétation objective, que les locataires, vu leur situation professionnelle, n'étaient initialement "sans doute" pas opposés à des baux de durée déterminée. Le doute peut être levé: à la signature, en février 2004, du premier bail annuel, la situation de l'intimé était incertaine, puisqu'il arrivait d'Espagne et devait travailler pour le Centre X., sur la base d'un contrat de travail annuel. Il a cosigné le bail avec un colocataire qui est parti avant l'échéance contractuelle. L'intimé a alors trouvé une autre colocataire, également venue d'Espagne, employée comme lui par le Centre X. sur la base de contrats annuels. Leur premier bail commun signé en décembre 2004 était limité à deux ans, les locataires - et eux seuls - ayant toutefois la faculté de résilier le contrat après une année.
4.3.3 La Cour de justice relève que la situation des locataires a ensuite évolué, et qu'ils ont conçu de rester durablement à Genève. Il n'apparaît pas que ces éléments étaient déjà réunis lorsque a été signé le contrat du 3 octobre 2006. A cette époque, l'intimée était toujours employée par le Centre X. Quant à l'intimé, il est constant qu'il a changé d'employeur et obtenu un contrat de durée indéterminée, mais à une date indéfinie. Rien n'indique que sa situation professionnelle était déjà stabilisée à ce moment-là.
Subsiste le dernier contrat, négocié en janvier 2009. Les bailleurs ont proposé un bail d'un an, non renouvelable. Les locataires ont demandé un bail de deux ans, renouvelable. Toutefois, deux semaines après, ils ont déclaré qu'ils devaient regagner l'Espagne à la fin du mois de juin 2010 et ont sollicité un bail jusqu'à cette date. Les bailleurs ont fait droit à leur demande. Même si l'intention réelle des locataires était autre, les bailleurs pouvaient de bonne foi se fier à leurs déclarations.
Les éléments qui précèdent, en particulier ceux afférents à la situation professionnelle des intimés, n'autorisent pas à conclure que les bailleurs avaient l'intention de s'engager pour une durée indéterminée, mais ont opté pour des baux de durée limitée afin d'échapper aux BGE 139 III 145 S. 154 règles sur le loyer abusif et sur la protection contre les congés. Il n'est pas non plus établi que les bailleurs auraient concrètement cherché à tirer profit de la construction juridique proposée. Les bailleurs ont certes augmenté le premier loyer initial de 33 %, mais les locataires n'allèguent pas avoir été dissuadés de le contester et, surtout, ne plaident pas que ce loyer était abusif. Par la suite, les bailleurs n'ont jamais augmenté le loyer. Les locataires ne soutiennent pas non plus avoir été empêchés de faire valoir d'autres prétentions. La Cour de justice relève certes que les bailleurs n'ont pas indiqué pour quel motif ils avaient refusé en janvier 2009 de prolonger une nouvelle fois le bail de deux ans et avaient expressément spécifié qu'il ne serait pas reconduit. Cela ne signifie pas encore que le refus de poursuivre la relation contractuelle puisse être assimilé à un congé contraire à la bonne foi. En particulier, il n'apparaît pas que les bailleurs auraient agi par vengeance ou représailles; l'hypothèse d'un congé économique abusif ne saurait non plus être retenue, sans plus autre renseignement sur le loyer.
BGE 139 III 145 S. 154
La Cour de justice s'est focalisée sur la situation de pénurie notoire existant sur le marché du logement en ville de Genève, et sur la déclaration des bailleurs selon laquelle ils privilégiaient les baux à durée limitée afin de préserver leur liberté de conclure ou non de nouveaux contrats. Il est indéniable que de tels éléments peuvent constituer des indices d'une fraude à la loi; dans une situation de pénurie, l'on admettra facilement que le locataire ne contrevient pas à la bonne foi en invoquant une fraude à la loi après avoir accepté de conclure des contrats de durée déterminée. Toutefois, l'appréciation des circonstances concrètes, prises dans leur ensemble, ne permet en l'occurrence pas de conclure que la construction juridique proposée par les bailleurs ne s'expliquait que par le but de contourner les règles impératives de protection des locataires, alors que la situation professionnelle des locataires, venus d'Espagne pour travailler en Suisse, est restée longtemps indécise, et que les locataires ont ensuite affirmé devoir rentrer dans leur pays.
En définitive, la cour cantonale a enfreint le droit fédéral en retenant une fraude à la loi, qui l'a conduite à constater que les parties étaient toujours liées par un contrat de durée indéterminée. Il faut au contraire constater que le bail a valablement pris fin le 30 juin 2010. Les autres griefs soulevés par les recourants s'en trouvent par là-même privés d'objet.
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Urteilskopf 139 III 155 21. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Bank X. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_520/2012 vom 26. Februar 2013 Regeste Art. 322 und 322d OR ; Qualifikation einer Sondervergütung (Bonus) als freiwillige Gratifikation oder Lohnbestandteil? Erreicht der eigentliche Lohn ein Mass, das die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers bei Weitem gewährleistet bzw. seine Lebenshaltungskosten erheblich übersteigt, ist die Höhe der Sondervergütung im Verhältnis zum Lohn kein Kriterium mehr, um über deren Qualifikation zu entscheiden (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 5). Erwägungen ab Seite 155 BGE 139 III 155 S. 155 Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Beim von der Beschwerdegegnerin im Jahre 2005 neu eingeführten Bonusplan - dem Performance Incentive Plan (PIP) - handelt es sich um ein aktienbasiertes Vergütungsprogramm mit einer Laufzeit von 5 Jahren. Dabei wurde vorgesehen, dass die PIP-Anteile über einen Zeitraum von 5 Jahren (während der sogenannten Vesting-Periode) gesperrt bleiben, wobei der Arbeitnehmer erst nach Ablauf der Laufzeit über den gesperrten Aktienbonus verfügen kann (Aufschubklausel). Während dieser Dauer können die Anteile linear zu 20 % pro Jahr (erstmals im Januar 2007) "gevestet" werden, d.h. der Anteil wird für den Arbeitnehmer damit unentziehbar. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Sperrfrist verliert der Arbeitnehmer die nicht "gevesteten" PIP-Anteile (Verfallklausel). BGE 139 III 155 S. 156 2.2 Die Vorinstanz hat im Wesentlichen erwogen, dass es sich bei den PIP-Anteilen, d.h. beim aufgeschobenen bzw. gesperrten Aktienbonus, um eine freiwillige Gratifikation handle, weshalb der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Auszahlung des Bonus habe. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe die PIP-Anteile zu Unrecht als Gratifikation qualifiziert. Bei den PIP-Anteilen handle es sich vielmehr um einen Anteil am Geschäftsergebnis, somit um einen Lohnbestandteil (s. E. 4). Hinzu komme, dass der Bonus im Verhältnis zum Fixlohn nicht akzessorisch sei, weshalb die PIP-Anteile auch aus diesem Grund im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als Lohnbestandteil zu qualifizieren seien (s. E. 5). Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, dass ihm unabhängig von der rechtlichen Qualifikation der PIP-Anteile mit Ziffer 4.7 des Dokuments "Salärrevision und Bonuszuteilung" zugesichert worden sei, dass er auch im Kündigungsfall Anspruch auf Barauszahlung des aufgeschobenen Aktienbonus habe (s. nicht publ. E. 6). 3. Da der Begriff des Bonus im Obligationenrecht nicht definiert wird, ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein vereinbarter Bonus als Gratifikation im Sinne von Art. 322d OR oder als Teil des Lohnes im Sinne von Art. 322 OR zu qualifizieren ist. 3.1 Eine Gratifikation ist eine Sondervergütung, welche der Arbeitgeber neben dem Lohn bei bestimmten Anlässen, wie Weihnachten oder Abschluss des Geschäftsjahrs, ausrichtet ( Art. 322d Abs. 1 OR ). Sie zeichnet sich gegenüber dem Lohn dadurch aus, dass sie zum Lohn hinzutritt und immer in einem gewissen Masse vom Willen des Arbeitgebers abhängt. Die Gratifikation wird damit ganz oder zumindest teilweise freiwillig ausgerichtet ( BGE 131 III 615 E. 5.2 S. 620; BGE 129 III 276 E. 2 S. 278). Dies ist anzunehmen, wenn dem Arbeitgeber zumindest bei der Festsetzung der Höhe des Bonus ein Ermessen zusteht. Ein solches Ermessen ist zu bejahen, wenn die Höhe des Bonus nicht nur vom Erreichen eines bestimmten Geschäftsergebnisses, sondern zudem auch von der subjektiven Einschätzung der persönlichen Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber abhängig gemacht wird (Urteil 4A_28/2009 vom 26. März 2009 E. 2.3 mit Hinweis). Ein im Voraus festgesetzter und fest vereinbarter Betrag kann daher keine Gratifikation sein ( BGE 136 III 313 E. 2 S. 317 mit Hinweisen). 3.2 Überdies darf eine Gratifikation, um den Charakter einer Sondervergütung zu wahren, neben dem Lohn nur eine zweitrangige BGE 139 III 155 S. 157 Bedeutung haben. Die entsprechende Grenze kann nicht einfach in einer festen Verhältniszahl zwischen dem vereinbarten Lohn und der freiwilligen Gratifikation liegen. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. So hat bei einem niedrigen Einkommen ein kleiner Einkommensunterschied mehr Bedeutung als bei einem hohen Einkommen. Entsprechend kann bei einem hohen Einkommen der als Gratifikation ausgerichtete Teil der Leistung prozentual zum Lohn grösser sein als bei einem niedrigen Einkommen ( BGE 131 III 615 E. 5.2. S. 621). Immerhin erscheint der akzessorische Charakter dann kaum mehr gewahrt, wenn die Gratifikation regelmässig einen höheren Betrag erreicht als der Lohn ( BGE 129 III 276 E. 2.1 S. 279 f.). 3.3 Gewährt der Bonus dem Arbeitnehmer hingegen einen vertraglichen Anspruch auf einen Anteil am Gewinn oder am Umsatz oder sonst am Geschäftsergebnis, so ist für die Berechnung dieses Ergebnisses massgebend, wie es nach den gesetzlichen Vorschriften und allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen festzustellen ist ( Art. 322a Abs. 1 OR ). Da bezüglich eines solchen objektiv bestimmbaren Bonus ein Ermessensspielraum des Arbeitgebers fehlt, ist nicht von einer Gratifikation, sondern von einem variablen Lohnbestandteil auszugehen (Urteil 4A_115/2007 vom 13. Juli 2007 E. 4.3.4 mit Hinweisen). 4. 4.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, der aufgeschobene Aktienbonus bzw. die PIP's müssten als Gewinnanteil im Sinne von Art. 322a OR qualifiziert werden. Vergleiche man die Höhe des Fixlohns und die Höhe des Bonus der vergangenen Jahre, ergebe sich klar, dass der Bonus stets vom Geschäftsergebnis der Bank abhängig gewesen sei. Der Charakter des Bonus als Anteil am Geschäftsergebnis könne nicht einfach mit dem fehlenden Nachweis einer genauen Berechnungsformel verneint werden, dies umso mehr, als Art. 322a OR eine solche Berechnungsformel nicht verlange. 4.2 Die Vorinstanz hat unter Würdigung der Zeugenaussagen festgestellt, dass es keinen Schlüssel bzw. keine Formel für die Aufteilung oder die Berechnung des Bonus gegeben habe. Es sei ein Bonuspool für die ganze Bank gebildet worden, der auf verschiedene Einheiten verteilt worden sei. Die Bonuszuteilung auf die einzelnen Divisionen und alsdann auf die einzelnen Abteilungen und schliesslich auf die einzelnen Mitarbeiter sei eine reine Ermessenssache gewesen. BGE 139 III 155 S. 158 4.3 Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass es für die Berechnung des Bonus bzw. für die PIP's keine Formel gegeben habe. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der Bonus denn auch nicht in einem zum Voraus festgesetzten und fest vereinbarten Betrag bestanden. Vielmehr kam die Vorinstanz zum Schluss, dass die Höhe des Bonus eine reine Ermessenssache und demnach vom Willen des Arbeitgebers abhängig gewesen sei. Nach der zitierten Rechtsprechung (vgl. E. 3.1) schliesst eine Qualifikation des Bonus als Gratifikation nicht aus, dass der Bonus in gewissem Masse auch vom Erreichen eines bestimmten Geschäftsergebnisses abhängig gemacht wurde. Dass für die Berechnung des Bonus bzw. der PIP's jedoch ausschliesslich das Geschäftsergebnis massgebend gewesen wäre resp. dass vertraglich vereinbart worden wäre, dass der Bonus ausschliesslich auf einer klaren Prozentzahl am Gesamtergebnis basiere, findet in den Feststellungen der Vorinstanz keine Stütze. Der Beschwerdeführer vermag denn auch nicht darzutun, dass die Parteien eine Beteiligung des Beschwerdeführers an einem jährlich messbaren Geschäftsergebnis vereinbart hätten. Die Rüge der Verletzung von Art. 322a OR ist unbegründet. Die Vorinstanz hat den Bonus bzw. die PIP-Anteile zu Recht als Gratifikation qualifiziert. 5. 5.1 Der Beschwerdeführer bringt sodann unter Hinweis auf BGE 131 III 615 vor, dass eine Gratifikation, die 80 % des anspruchsberechtigten Lohnes ausmache (PIP's und LPA's [Longevity Premium Award] Fr. 1'615'320.- /Lohn [Fixum und Cash-Bonus] Fr. 2'015'294.-), nicht mehr als akzessorisch angesehen werden könne. Mit der Bezeichnung eines Anteils von 80 % des Lohnes als zweitrangigen Lohnbestandteil habe die Vorinstanz ihr Ermessen überschritten und Art. 322, 322a und 322d OR verletzt. 5.2 Die Vorinstanz hat erwogen, der aufgeschobene Aktienbonus in Form von PIP-Anteilen in der Höhe von Fr. 1'292'256.- sei zur noch höheren Barvergütung (Fixgehalt und Cash-Anteil des Bonus) in der Höhe von Fr. 2'015'294.- akzessorisch. Selbst unter Berücksichtigung der LPA-Anteile zusammen mit den PIP-Anteilen sei die sofort verfügbare Vergütung deutlich höher, weshalb der aufgeschobene Aktienbonus als Gratifikation zu qualifizieren sei. 5.3 Die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung (vgl. E. 3.2), wonach eine Gratifikation - um den Charakter einer BGE 139 III 155 S. 159 Sondervergütung zu wahren - im Verhältnis zum Lohn akzessorisch sein muss, basiert auf dem Gedanken, dass es dem Arbeitgeber verwehrt sein soll, die eigentliche Vergütung des Arbeitnehmers in Form einer (freiwilligen) Gratifikation auszurichten. Der Lohn stellt einen notwendigen und wesentlichen Vertragsbestandteil eines arbeitsvertraglichen Verhältnisses dar, womit der Arbeitgeber zur Zahlung eines Lohnes verpflichtet ist. Es ist demnach nicht zulässig und widerspricht dem Sinn der Norm ( Art. 322d OR ), wenn die Gratifikation - als freiwillige, vom Wohlwollen und Ermessen des Arbeitgebers abhängige Sondervergütung - das ausschliessliche oder hauptsächliche Entgelt des Arbeitnehmers darstellt (vgl. Urteil 4C.364/2004 vom 1. Juli 2005 E. 2.2). Sobald der eigentliche Lohn jedoch ein Mass erreicht, das die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers bei Weitem gewährleistet bzw. seine Lebenshaltungskosten erheblich übersteigt, kann die Höhe der Gratifikation im Verhältnis zum Lohn kein tragbares Kriterium mehr sein, um über den Lohncharakter der Sondervergütung zu entscheiden (sinngemäss WOLFGANG PORTMANN, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 19 zu Art. 322d OR ; so auch REHBINDER/STÖCKLI, in: Berner Kommentar, 2010, N. 1 zu Art. 322d OR ; REMY WYLER, Droit du travail, 2. Aufl. 2008, S. 169; CONRADIN CRAMER, Der Bonus im Arbeitsvertrag, 2007, S. 110 ff.). Bei derartigen Einkommensverhältnissen, die nicht nur bei Weitem die Kosten für einen angemessenen Lebensunterhalt des Arbeitnehmers, sondern auch den Durchschnittslohn um ein Vielfaches übersteigen, lässt sich ein Eingriff in die Privatautonomie der Parteien durch ein entsprechendes Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers nicht legitimieren. Es besteht kein Anlass mehr, mit Mitteln des Arbeitsrechts korrigierend zugunsten des Arbeitnehmers in das Verhältnis zwischen geschuldetem Salär und der im Ermessen des Arbeitgebers stehenden zusätzlichen (freiwilligen) Entschädigung einzuschreiten. Unter dieser Voraussetzung ist, in Präzisierung der Rechtsprechung, das Verhältnis der Höhe dieser Sondervergütung zum Fixlohn ohne Bedeutung. 5.4 Der Lohn des Beschwerdeführers für das Jahr 2005, bestehend aus dem Fixgehalt und dem Cash-Anteil des Bonus, betrug unbestrittenermassen Fr. 2'015'294.-. Dabei handelt es sich um ein überdurchschnittlich hohes Einkommen, welches das Existenzminimum des Beschwerdeführers um ein Mehrfaches übersteigt. Nach dem Gesagten kann bei einem Jahreslohn von über 2 Mio. Schweizerfranken BGE 139 III 155 S. 160 als Entgelt für eine vollzeitige Arbeitsleistung der soziale Schutzgedanke für die Qualifikation zusätzlicher Leistungen des Arbeitgebers keine Bedeutung mehr haben. Das Verhältnis zwischen dem Bonus und dem Lohn ist demnach nicht entscheidrelevant, weshalb auf die diesbezüglichen Argumente des Beschwerdeführers nicht weiter eingegangen werden muss. In diesem Sinne hat die Vorinstanz die PIP-Anteile zu Recht als Gratifikation ( Art. 322d OR ) qualifiziert. Entsprechend hat der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf die Auszahlung des aufgeschobenen Aktienbonus.
Urteilskopf
21. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Bank X. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_520/2012 vom 26. Februar 2013
Regeste Art. 322 und 322d OR ; Qualifikation einer Sondervergütung (Bonus) als freiwillige Gratifikation oder Lohnbestandteil? Erreicht der eigentliche Lohn ein Mass, das die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers bei Weitem gewährleistet bzw. seine Lebenshaltungskosten erheblich übersteigt, ist die Höhe der Sondervergütung im Verhältnis zum Lohn kein Kriterium mehr, um über deren Qualifikation zu entscheiden (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 5).
Regeste
Art. 322 und 322d OR ; Qualifikation einer Sondervergütung (Bonus) als freiwillige Gratifikation oder Lohnbestandteil? Erreicht der eigentliche Lohn ein Mass, das die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers bei Weitem gewährleistet bzw. seine Lebenshaltungskosten erheblich übersteigt, ist die Höhe der Sondervergütung im Verhältnis zum Lohn kein Kriterium mehr, um über deren Qualifikation zu entscheiden (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 5).
Art. 322 und 322d OR Erreicht der eigentliche Lohn ein Mass, das die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers bei Weitem gewährleistet bzw. seine Lebenshaltungskosten erheblich übersteigt, ist die Höhe der Sondervergütung im Verhältnis zum Lohn kein Kriterium mehr, um über deren Qualifikation zu entscheiden (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 5).
Erwägungen ab Seite 155
Erwägungen ab Seite 155 BGE 139 III 155 S. 155
BGE 139 III 155 S. 155
Aus den Erwägungen:
2.
2. 2.1 Beim von der Beschwerdegegnerin im Jahre 2005 neu eingeführten Bonusplan - dem Performance Incentive Plan (PIP) - handelt es sich um ein aktienbasiertes Vergütungsprogramm mit einer Laufzeit von 5 Jahren.
2.1 Dabei wurde vorgesehen, dass die PIP-Anteile über einen Zeitraum von 5 Jahren (während der sogenannten Vesting-Periode) gesperrt bleiben, wobei der Arbeitnehmer erst nach Ablauf der Laufzeit über den gesperrten Aktienbonus verfügen kann (Aufschubklausel). Während dieser Dauer können die Anteile linear zu 20 % pro Jahr (erstmals im Januar 2007) "gevestet" werden, d.h. der Anteil wird für den Arbeitnehmer damit unentziehbar. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Sperrfrist verliert der Arbeitnehmer die nicht "gevesteten" PIP-Anteile (Verfallklausel). BGE 139 III 155 S. 156
BGE 139 III 155 S. 156
2.2 Die Vorinstanz hat im Wesentlichen erwogen, dass es sich bei den PIP-Anteilen, d.h. beim aufgeschobenen bzw. gesperrten Aktienbonus, um eine freiwillige Gratifikation handle, weshalb der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Auszahlung des Bonus habe.
2.2 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe die PIP-Anteile zu Unrecht als Gratifikation qualifiziert. Bei den PIP-Anteilen handle es sich vielmehr um einen Anteil am Geschäftsergebnis, somit um einen Lohnbestandteil (s. E. 4). Hinzu komme, dass der Bonus im Verhältnis zum Fixlohn nicht akzessorisch sei, weshalb die PIP-Anteile auch aus diesem Grund im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als Lohnbestandteil zu qualifizieren seien (s. E. 5). Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, dass ihm unabhängig von der rechtlichen Qualifikation der PIP-Anteile mit Ziffer 4.7 des Dokuments "Salärrevision und Bonuszuteilung" zugesichert worden sei, dass er auch im Kündigungsfall Anspruch auf Barauszahlung des aufgeschobenen Aktienbonus habe (s. nicht publ. E. 6).
3. Da der Begriff des Bonus im Obligationenrecht nicht definiert wird, ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein vereinbarter Bonus als Gratifikation im Sinne von Art. 322d OR oder als Teil des Lohnes im Sinne von Art. 322 OR zu qualifizieren ist.
3. Art. 322d OR Art. 322 OR 3.1 Eine Gratifikation ist eine Sondervergütung, welche der Arbeitgeber neben dem Lohn bei bestimmten Anlässen, wie Weihnachten oder Abschluss des Geschäftsjahrs, ausrichtet ( Art. 322d Abs. 1 OR ). Sie zeichnet sich gegenüber dem Lohn dadurch aus, dass sie zum Lohn hinzutritt und immer in einem gewissen Masse vom Willen des Arbeitgebers abhängt. Die Gratifikation wird damit ganz oder zumindest teilweise freiwillig ausgerichtet ( BGE 131 III 615 E. 5.2 S. 620; BGE 129 III 276 E. 2 S. 278). Dies ist anzunehmen, wenn dem Arbeitgeber zumindest bei der Festsetzung der Höhe des Bonus ein Ermessen zusteht. Ein solches Ermessen ist zu bejahen, wenn die Höhe des Bonus nicht nur vom Erreichen eines bestimmten Geschäftsergebnisses, sondern zudem auch von der subjektiven Einschätzung der persönlichen Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber abhängig gemacht wird (Urteil 4A_28/2009 vom 26. März 2009 E. 2.3 mit Hinweis). Ein im Voraus festgesetzter und fest vereinbarter Betrag kann daher keine Gratifikation sein ( BGE 136 III 313 E. 2 S. 317 mit Hinweisen).
3.1 Art. 322d Abs. 1 OR 3.2 Überdies darf eine Gratifikation, um den Charakter einer Sondervergütung zu wahren, neben dem Lohn nur eine zweitrangige BGE 139 III 155 S. 157 Bedeutung haben. Die entsprechende Grenze kann nicht einfach in einer festen Verhältniszahl zwischen dem vereinbarten Lohn und der freiwilligen Gratifikation liegen. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. So hat bei einem niedrigen Einkommen ein kleiner Einkommensunterschied mehr Bedeutung als bei einem hohen Einkommen. Entsprechend kann bei einem hohen Einkommen der als Gratifikation ausgerichtete Teil der Leistung prozentual zum Lohn grösser sein als bei einem niedrigen Einkommen ( BGE 131 III 615 E. 5.2. S. 621). Immerhin erscheint der akzessorische Charakter dann kaum mehr gewahrt, wenn die Gratifikation regelmässig einen höheren Betrag erreicht als der Lohn ( BGE 129 III 276 E. 2.1 S. 279 f.).
3.2 BGE 139 III 155 S. 157
3.3 Gewährt der Bonus dem Arbeitnehmer hingegen einen vertraglichen Anspruch auf einen Anteil am Gewinn oder am Umsatz oder sonst am Geschäftsergebnis, so ist für die Berechnung dieses Ergebnisses massgebend, wie es nach den gesetzlichen Vorschriften und allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen festzustellen ist ( Art. 322a Abs. 1 OR ). Da bezüglich eines solchen objektiv bestimmbaren Bonus ein Ermessensspielraum des Arbeitgebers fehlt, ist nicht von einer Gratifikation, sondern von einem variablen Lohnbestandteil auszugehen (Urteil 4A_115/2007 vom 13. Juli 2007 E. 4.3.4 mit Hinweisen).
3.3 Art. 322a Abs. 1 OR 4.
4. 4.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, der aufgeschobene Aktienbonus bzw. die PIP's müssten als Gewinnanteil im Sinne von Art. 322a OR qualifiziert werden. Vergleiche man die Höhe des Fixlohns und die Höhe des Bonus der vergangenen Jahre, ergebe sich klar, dass der Bonus stets vom Geschäftsergebnis der Bank abhängig gewesen sei. Der Charakter des Bonus als Anteil am Geschäftsergebnis könne nicht einfach mit dem fehlenden Nachweis einer genauen Berechnungsformel verneint werden, dies umso mehr, als Art. 322a OR eine solche Berechnungsformel nicht verlange.
4.1 Art. 322a OR Art. 322a OR 4.2 Die Vorinstanz hat unter Würdigung der Zeugenaussagen festgestellt, dass es keinen Schlüssel bzw. keine Formel für die Aufteilung oder die Berechnung des Bonus gegeben habe. Es sei ein Bonuspool für die ganze Bank gebildet worden, der auf verschiedene Einheiten verteilt worden sei. Die Bonuszuteilung auf die einzelnen Divisionen und alsdann auf die einzelnen Abteilungen und schliesslich auf die einzelnen Mitarbeiter sei eine reine Ermessenssache gewesen. BGE 139 III 155 S. 158
4.2 BGE 139 III 155 S. 158
4.3 Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass es für die Berechnung des Bonus bzw. für die PIP's keine Formel gegeben habe. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der Bonus denn auch nicht in einem zum Voraus festgesetzten und fest vereinbarten Betrag bestanden. Vielmehr kam die Vorinstanz zum Schluss, dass die Höhe des Bonus eine reine Ermessenssache und demnach vom Willen des Arbeitgebers abhängig gewesen sei. Nach der zitierten Rechtsprechung (vgl. E. 3.1) schliesst eine Qualifikation des Bonus als Gratifikation nicht aus, dass der Bonus in gewissem Masse auch vom Erreichen eines bestimmten Geschäftsergebnisses abhängig gemacht wurde. Dass für die Berechnung des Bonus bzw. der PIP's jedoch ausschliesslich das Geschäftsergebnis massgebend gewesen wäre resp. dass vertraglich vereinbart worden wäre, dass der Bonus ausschliesslich auf einer klaren Prozentzahl am Gesamtergebnis basiere, findet in den Feststellungen der Vorinstanz keine Stütze. Der Beschwerdeführer vermag denn auch nicht darzutun, dass die Parteien eine Beteiligung des Beschwerdeführers an einem jährlich messbaren Geschäftsergebnis vereinbart hätten. Die Rüge der Verletzung von Art. 322a OR ist unbegründet. Die Vorinstanz hat den Bonus bzw. die PIP-Anteile zu Recht als Gratifikation qualifiziert.
4.3 Art. 322a OR 5.
5. 5.1 Der Beschwerdeführer bringt sodann unter Hinweis auf BGE 131 III 615 vor, dass eine Gratifikation, die 80 % des anspruchsberechtigten Lohnes ausmache (PIP's und LPA's [Longevity Premium Award] Fr. 1'615'320.- /Lohn [Fixum und Cash-Bonus] Fr. 2'015'294.-), nicht mehr als akzessorisch angesehen werden könne. Mit der Bezeichnung eines Anteils von 80 % des Lohnes als zweitrangigen Lohnbestandteil habe die Vorinstanz ihr Ermessen überschritten und Art. 322, 322a und 322d OR verletzt.
5.1 Art. 322, 322a und 322d OR 5.2 Die Vorinstanz hat erwogen, der aufgeschobene Aktienbonus in Form von PIP-Anteilen in der Höhe von Fr. 1'292'256.- sei zur noch höheren Barvergütung (Fixgehalt und Cash-Anteil des Bonus) in der Höhe von Fr. 2'015'294.- akzessorisch. Selbst unter Berücksichtigung der LPA-Anteile zusammen mit den PIP-Anteilen sei die sofort verfügbare Vergütung deutlich höher, weshalb der aufgeschobene Aktienbonus als Gratifikation zu qualifizieren sei.
5.2 5.3 Die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung (vgl. E. 3.2), wonach eine Gratifikation - um den Charakter einer BGE 139 III 155 S. 159 Sondervergütung zu wahren - im Verhältnis zum Lohn akzessorisch sein muss, basiert auf dem Gedanken, dass es dem Arbeitgeber verwehrt sein soll, die eigentliche Vergütung des Arbeitnehmers in Form einer (freiwilligen) Gratifikation auszurichten. Der Lohn stellt einen notwendigen und wesentlichen Vertragsbestandteil eines arbeitsvertraglichen Verhältnisses dar, womit der Arbeitgeber zur Zahlung eines Lohnes verpflichtet ist. Es ist demnach nicht zulässig und widerspricht dem Sinn der Norm ( Art. 322d OR ), wenn die Gratifikation - als freiwillige, vom Wohlwollen und Ermessen des Arbeitgebers abhängige Sondervergütung - das ausschliessliche oder hauptsächliche Entgelt des Arbeitnehmers darstellt (vgl. Urteil 4C.364/2004 vom 1. Juli 2005 E. 2.2).
5.3 BGE 139 III 155 S. 159
Art. 322d OR Sobald der eigentliche Lohn jedoch ein Mass erreicht, das die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers bei Weitem gewährleistet bzw. seine Lebenshaltungskosten erheblich übersteigt, kann die Höhe der Gratifikation im Verhältnis zum Lohn kein tragbares Kriterium mehr sein, um über den Lohncharakter der Sondervergütung zu entscheiden (sinngemäss WOLFGANG PORTMANN, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 19 zu Art. 322d OR ; so auch REHBINDER/STÖCKLI, in: Berner Kommentar, 2010, N. 1 zu Art. 322d OR ; REMY WYLER, Droit du travail, 2. Aufl. 2008, S. 169; CONRADIN CRAMER, Der Bonus im Arbeitsvertrag, 2007, S. 110 ff.). Bei derartigen Einkommensverhältnissen, die nicht nur bei Weitem die Kosten für einen angemessenen Lebensunterhalt des Arbeitnehmers, sondern auch den Durchschnittslohn um ein Vielfaches übersteigen, lässt sich ein Eingriff in die Privatautonomie der Parteien durch ein entsprechendes Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers nicht legitimieren. Es besteht kein Anlass mehr, mit Mitteln des Arbeitsrechts korrigierend zugunsten des Arbeitnehmers in das Verhältnis zwischen geschuldetem Salär und der im Ermessen des Arbeitgebers stehenden zusätzlichen (freiwilligen) Entschädigung einzuschreiten. Unter dieser Voraussetzung ist, in Präzisierung der Rechtsprechung, das Verhältnis der Höhe dieser Sondervergütung zum Fixlohn ohne Bedeutung.
Art. 322d OR Art. 322d OR 5.4 Der Lohn des Beschwerdeführers für das Jahr 2005, bestehend aus dem Fixgehalt und dem Cash-Anteil des Bonus, betrug unbestrittenermassen Fr. 2'015'294.-. Dabei handelt es sich um ein überdurchschnittlich hohes Einkommen, welches das Existenzminimum des Beschwerdeführers um ein Mehrfaches übersteigt. Nach dem Gesagten kann bei einem Jahreslohn von über 2 Mio. Schweizerfranken BGE 139 III 155 S. 160 als Entgelt für eine vollzeitige Arbeitsleistung der soziale Schutzgedanke für die Qualifikation zusätzlicher Leistungen des Arbeitgebers keine Bedeutung mehr haben.
5.4 BGE 139 III 155 S. 160
Das Verhältnis zwischen dem Bonus und dem Lohn ist demnach nicht entscheidrelevant, weshalb auf die diesbezüglichen Argumente des Beschwerdeführers nicht weiter eingegangen werden muss. In diesem Sinne hat die Vorinstanz die PIP-Anteile zu Recht als Gratifikation ( Art. 322d OR ) qualifiziert. Entsprechend hat der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf die Auszahlung des aufgeschobenen Aktienbonus.
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Urteilskopf 139 III 160 22. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA en liquidation concordataire contre Y. SA (recours en matière civile) 4A_637/2012 du 3 avril 2013 Regeste a Art. 482 Abs. 1 und Art. 472 Abs. 1 OR ; Lagergeschäft, Hinterlegung. Die öffentliche Anerbietung zur Aufbewahrung von Waren stellt ein charakteristisches Element des Lagergeschäfts dar (E. 2.3). Pflichten des Aufbewahrers im Hinterlegungsvertrag (E. 2.4 und 2.5). Rechtswirkungen einer Empfangsbescheinigung (E. 2.7). Regeste b Art. 16 OR ; vorbehaltene Form. Die Vereinbarung einer vorbehaltenen Form untersteht keiner Formvorschrift (E. 2.6). Erwägungen ab Seite 161 BGE 139 III 160 S. 161 Extrait des considérants: 2. 2.1 La recourante, à la suite de la cour cantonale, discute longuement de savoir si l'intimée est entrée en possession de la marchandise ( art. 919 ss CC ). Il faut cependant observer que la recourante n'exerce pas une action réelle, à l'instar d'une revendication fondée sur la propriété ( art. 641 al. 2 CC ) ou la possession antérieure ( art. 934 ss CC ), mais bien une action contractuelle tendant à l'octroi de dommages-intérêts pour inexécution d'une obligation ( art. 97 al. 1 CO ). Il faut ainsi tout d'abord déterminer si les parties ont conclu un contrat et, dans l'affirmative, quel en est le contenu. Cette question amène à rechercher quelles ont été les obligations qui ont pu être convenues entre les parties. Un transfert de possession peut constituer l'exécution d'une obligation, mais il ne faut pas confondre le stade de l'exécution et celui de la conclusion. Pour dire s'il y a eu un contrat et quel en est l'objet, il y a lieu de rechercher les engagements qui ont été pris. 2.2 Comme les deux parties ont leur siège en Suisse et qu'elles n'ont pas fait élection en faveur d'un droit étranger, leurs relations contractuelles ne présentent aucun caractère international et le droit suisse est applicable sans qu'il y ait lieu - contrairement à ce qu'a pensé la cour cantonale - d'appliquer la loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé (LDIP; RS 291). 2.3 La cour cantonale a considéré que le rapport contractuel allégué devrait plutôt être qualifié de contrat d'entrepôt au sens de l' art. 482 CO. Pour qu'il y ait contrat d'entrepôt, l'entrepositaire doit offrir publiquement de recevoir des marchandises en dépôt ( art. 482 al. 1 CO ). L'offre publique est un élément caractéristique pour la qualification (THOMAS KOLLER, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. I, 5 e éd. 2011, n° 5 ad art. 482 CO ). L'offre publique peut résulter du but social de l'entrepositaire ou de n'importe quelle autre annonce publiée (RICHARD BARBEY, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2 e éd. 2012, n° 4 ad art. 482 CO ). En l'espèce, il ne ressort nullement des constatations cantonales - qui lient le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ) - que l'intimée aurait BGE 139 III 160 S. 162 annoncé publiquement qu'elle disposait d'entrepôts pour stocker des marchandises ou que cela ressortirait de son but social. En l'absence d'une offre publique, la qualification de contrat d'entrepôt - contrairement à l'opinion de la cour cantonale - doit être écartée. 2.4 La recourante soutient que les parties ont conclu un contrat de dépôt au sens des art. 472 ss CO. Le contrat de dépôt se caractérise par trois obligations prises par le dépositaire: recevoir une chose mobilière, la garder en lieu sûr et ensuite la restituer. Les deux premières obligations sont prévues à l' art. 472 al. 1 CO et la troisième résulte des art. 475 à 477 CO (cf. KOLLER, op. cit., n os 1 et 2 ad art. 472 CO ; BARBEY, op. cit., n° 1 ad art. 472 CO ). L'obligation de restituer revêt un caractère essentiel pour qualifier le contrat ( ATF 126 III 192 consid. 2c p. 196). Le contrat de dépôt ne requiert aucune forme spéciale; il peut être conclu expressément ou par actes concluants ( ATF 126 III 192 ibidem). 2.5 L'idée de la cour cantonale de se concentrer sur la première obligation (recevoir une chose mobilière) est malheureuse. En effet, une société de surveillance - comme c'est le cas de l'intimée selon son but social - est couramment chargée par mandat ( art. 394 al. 1 CO ) de réceptionner de la marchandise, d'en contrôler la quantité et la qualité et de veiller à ce qu'elle soit stockée correctement et en lieu sûr. La réception de la marchandise ne permet pas à elle seule de distinguer entre un mandat et un dépôt. Il ne peut y avoir de dépôt que si le dépositaire a pris les trois obligations caractéristiques de ce contrat, en particulier l'obligation de restituer qui est essentielle. Il faut donc se demander, pour qu'un dépôt soit envisageable, si l'intimée a adressé à la recourante une manifestation de volonté qui, telle qu'elle doit être interprétée selon le principe de la confiance, permet de conclure qu'elle s'est engagée à restituer elle-même le reste du blé qui se trouvait dans des entrepôts à W. 2.6 La recourante soutient que les obligations caractéristiques d'un dépositaire ressortent du contrat intitulé "supervision and storage contract", qui constitue un "collateral management agreement". Comme on l'a vu, le contrat de dépôt n'est soumis à aucune exigence de forme. Les parties peuvent cependant convenir de le soumettre à une forme spéciale et de n'être liées que lorsque cette forme est accomplie ( art. 16 al. 1 CO ). BGE 139 III 160 S. 163 Convenir d'une forme spéciale selon l' art. 16 al. 1 CO ne requiert aucune forme particulière et l'accord peut résulter d'actes concluants; ainsi, lorsqu'une partie envoie à l'autre des exemplaires d'un projet de contrat écrit pour qu'elle les signe, on doit présumer qu'elle n'entendait s'engager que dans la forme écrite (arrêt 4C.1/2000 du 27 mars 2000 consid. 3a; cf. également: GAUCH ET AL., Präjudizienbuch OR, 8 e éd. 2012, n° 3 ad art. 16 CO ; INGEBORG SCHWENZER, in Basler Kommentar, op. cit., n° 5 ad art. 16 CO ; JULIA XOUDIS, in Commentaire romand, op. cit., n° 8 ad art. 16 CO ). En l'espèce, il ressort des constatations cantonales que la recourante avait conçu un contrat qui devait être signé par trois parties (X., Y. et A.); elle a envoyé son projet à A. pour que cette société le signe, mais elle n'a jamais obtenu cette signature, de sorte qu'en définitive personne n'a signé ce document. La recourante ne prétend pas que ces faits auraient été établis arbitrairement et on ne voit pas pourquoi ils le seraient. Le Tribunal fédéral est en conséquence lié par cet état de fait ( art. 105 al. 1 LTF ). Il convient d'en inférer juridiquement que la recourante a manifesté, par actes concluants, la volonté de n'être liée qu'en la forme écrite, sans qu'il y ait trace d'une renonciation ultérieure (cf. ATF 105 II 75 consid. 1 p. 78). Qu'elle ait insisté, le 2 mars 1999, pour obtenir la signature de A., le confirme. Ainsi, il convient d'admettre que la forme écrite a été réservée; dès lors qu'elle n'a pas été observée, le contrat envisagé n'est pas venu à chef, de sorte que la recourante ne peut tirer aucun argument de son texte. 2.7 La recourante pense aussi pouvoir déduire les obligations d'un dépositaire de l'existence du "warehouse receipt" émis le 2 mars 1999 par Y. Contrairement à ce que suggère la recourante, ce document n'est en tout cas pas un reçu lié à un prêt sur gage (cf. art. 909 CC ). Il est vrai, si un contrat de dépôt a été conclu, que la remise d'un reçu peut servir de moyen de preuve pour établir la réception de la chose par le dépositaire, car il constitue alors un document assimilable à une quittance au sens de l' art. 88 CO (Barbey, op. cit., n° 14 ad art. 472 CO ). La quittance, envisagée par l' art. 88 CO, atteste la réception d'une prestation déterminée et constitue un moyen de preuve, qui n'exclut cependant pas la preuve contraire (INGEBORG SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 6 e éd. 2012, p. 512 s., n os 76.03 et 76.06; DENIS LOERTSCHER, in Commentaire BGE 139 III 160 S. 164 romand, op. cit., n os 1 et 8 ad art. 88 CO ; URS LEU, in Basler Kommentar, op. cit., n os 1 et 7 ad art. 88 CO ). L'erreur de raisonnement consiste à nouveau à se placer au stade d'un acte d'exécution, et non pas au stade de la conclusion du prétendu contrat. Le document peut parfaitement signifier que l'intimée, chargée d'un mandat de surveillance, atteste avoir contrôlé la quantité de blé et son bon état "apparent". On ne peut pas en déduire - en tout cas clairement - que l'intimée se serait engagée, par ce document, à restituer elle-même le blé à la recourante. Certes, ce document se réfère à un "collateral management agreement" (CMA). Il ressort cependant bien des échanges entre les parties, relatés en détail par la cour cantonale, qu'elles envisageaient à l'origine la conclusion d'un tel contrat. C'est la raison pour laquelle la recourante a rédigé son projet intitulé "supervision and storage contract" (SSC), qui constitue un CMA. Cependant, la recourante avait bien vu que la conclusion d'un tel contrat supposait un engagement de A., qui semblait, par l'entremise de B., avoir la maîtrise effective des entrepôts. Or A. n'a jamais accepté de signer le contrat et de s'engager. Du même coup, l'intimée, face à A. et B., n'a jamais obtenu la maîtrise exclusive de la marchandise enfermée dans les entrepôts. Dans ces conditions, on ne conçoit pas qu'elle se serait engagée - ce qui constitue l'essence d'un CMA - à restituer elle-même la marchandise à la recourante. En tout cas, le fardeau de la preuve incombait à la recourante, en tant que partie demanderesse ( art. 8 CC ). Elle n'est toutefois pas parvenue à prouver des faits permettant de constater que l'intimée se serait engagée envers elle à lui restituer elle-même la marchandise. Un accord sur une obligation de restitution n'ayant pas été établi, la conclusion d'un contrat de dépôt est exclue. La recourante ne prétend pas que l'intimée aurait mal exécuté son mandat de surveillance, si bien qu'il n'y a pas à examiner la question sous cet angle.
Urteilskopf
22. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA en liquidation concordataire contre Y. SA (recours en matière civile)
4A_637/2012 du 3 avril 2013
Regeste a Art. 482 Abs. 1 und Art. 472 Abs. 1 OR ; Lagergeschäft, Hinterlegung. Die öffentliche Anerbietung zur Aufbewahrung von Waren stellt ein charakteristisches Element des Lagergeschäfts dar (E. 2.3). Pflichten des Aufbewahrers im Hinterlegungsvertrag (E. 2.4 und 2.5). Rechtswirkungen einer Empfangsbescheinigung (E. 2.7).
Regeste a
Art. 482 Abs. 1 und Art. 472 Abs. 1 OR ; Lagergeschäft, Hinterlegung. Die öffentliche Anerbietung zur Aufbewahrung von Waren stellt ein charakteristisches Element des Lagergeschäfts dar (E. 2.3). Pflichten des Aufbewahrers im Hinterlegungsvertrag (E. 2.4 und 2.5). Rechtswirkungen einer Empfangsbescheinigung (E. 2.7).
Art. 482 Abs. 1 und Art. 472 Abs. 1 OR Die öffentliche Anerbietung zur Aufbewahrung von Waren stellt ein charakteristisches Element des Lagergeschäfts dar (E. 2.3).
Pflichten des Aufbewahrers im Hinterlegungsvertrag (E. 2.4 und 2.5).
Rechtswirkungen einer Empfangsbescheinigung (E. 2.7).
Regeste b Art. 16 OR ; vorbehaltene Form. Die Vereinbarung einer vorbehaltenen Form untersteht keiner Formvorschrift (E. 2.6).
Regeste b
Art. 16 OR ; vorbehaltene Form. Die Vereinbarung einer vorbehaltenen Form untersteht keiner Formvorschrift (E. 2.6).
Art. 16 OR Die Vereinbarung einer vorbehaltenen Form untersteht keiner Formvorschrift (E. 2.6).
Erwägungen ab Seite 161
Erwägungen ab Seite 161 BGE 139 III 160 S. 161
BGE 139 III 160 S. 161
Extrait des considérants:
2.
2. 2.1 La recourante, à la suite de la cour cantonale, discute longuement de savoir si l'intimée est entrée en possession de la marchandise ( art. 919 ss CC ).
2.1 art. 919 ss CC Il faut cependant observer que la recourante n'exerce pas une action réelle, à l'instar d'une revendication fondée sur la propriété ( art. 641 al. 2 CC ) ou la possession antérieure ( art. 934 ss CC ), mais bien une action contractuelle tendant à l'octroi de dommages-intérêts pour inexécution d'une obligation ( art. 97 al. 1 CO ). art. 641 al. 2 CC art. 934 ss CC art. 97 al. 1 CO Il faut ainsi tout d'abord déterminer si les parties ont conclu un contrat et, dans l'affirmative, quel en est le contenu. Cette question amène à rechercher quelles ont été les obligations qui ont pu être convenues entre les parties.
Un transfert de possession peut constituer l'exécution d'une obligation, mais il ne faut pas confondre le stade de l'exécution et celui de la conclusion. Pour dire s'il y a eu un contrat et quel en est l'objet, il y a lieu de rechercher les engagements qui ont été pris.
2.2 Comme les deux parties ont leur siège en Suisse et qu'elles n'ont pas fait élection en faveur d'un droit étranger, leurs relations contractuelles ne présentent aucun caractère international et le droit suisse est applicable sans qu'il y ait lieu - contrairement à ce qu'a pensé la cour cantonale - d'appliquer la loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé (LDIP; RS 291).
2.2 2.3 La cour cantonale a considéré que le rapport contractuel allégué devrait plutôt être qualifié de contrat d'entrepôt au sens de l' art. 482 CO.
2.3 art. 482 CO Pour qu'il y ait contrat d'entrepôt, l'entrepositaire doit offrir publiquement de recevoir des marchandises en dépôt ( art. 482 al. 1 CO ). L'offre publique est un élément caractéristique pour la qualification (THOMAS KOLLER, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. I, 5 e éd. 2011, n° 5 ad art. 482 CO ). L'offre publique peut résulter du but social de l'entrepositaire ou de n'importe quelle autre annonce publiée (RICHARD BARBEY, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2 e éd. 2012, n° 4 ad art. 482 CO ). art. 482 al. 1 CO art. 482 CO art. 482 CO En l'espèce, il ne ressort nullement des constatations cantonales - qui lient le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ) - que l'intimée aurait BGE 139 III 160 S. 162 annoncé publiquement qu'elle disposait d'entrepôts pour stocker des marchandises ou que cela ressortirait de son but social. En l'absence d'une offre publique, la qualification de contrat d'entrepôt - contrairement à l'opinion de la cour cantonale - doit être écartée. art. 105 al. 1 LTF BGE 139 III 160 S. 162
2.4 La recourante soutient que les parties ont conclu un contrat de dépôt au sens des art. 472 ss CO.
2.4 art. 472 ss CO Le contrat de dépôt se caractérise par trois obligations prises par le dépositaire: recevoir une chose mobilière, la garder en lieu sûr et ensuite la restituer. Les deux premières obligations sont prévues à l' art. 472 al. 1 CO et la troisième résulte des art. 475 à 477 CO (cf. KOLLER, op. cit., n os 1 et 2 ad art. 472 CO ; BARBEY, op. cit., n° 1 ad art. 472 CO ). L'obligation de restituer revêt un caractère essentiel pour qualifier le contrat ( ATF 126 III 192 consid. 2c p. 196). Le contrat de dépôt ne requiert aucune forme spéciale; il peut être conclu expressément ou par actes concluants ( ATF 126 III 192 ibidem). art. 472 al. 1 CO art. 472 CO art. 472 CO 2.5 L'idée de la cour cantonale de se concentrer sur la première obligation (recevoir une chose mobilière) est malheureuse.
2.5 En effet, une société de surveillance - comme c'est le cas de l'intimée selon son but social - est couramment chargée par mandat ( art. 394 al. 1 CO ) de réceptionner de la marchandise, d'en contrôler la quantité et la qualité et de veiller à ce qu'elle soit stockée correctement et en lieu sûr. La réception de la marchandise ne permet pas à elle seule de distinguer entre un mandat et un dépôt. Il ne peut y avoir de dépôt que si le dépositaire a pris les trois obligations caractéristiques de ce contrat, en particulier l'obligation de restituer qui est essentielle. art. 394 al. 1 CO Il faut donc se demander, pour qu'un dépôt soit envisageable, si l'intimée a adressé à la recourante une manifestation de volonté qui, telle qu'elle doit être interprétée selon le principe de la confiance, permet de conclure qu'elle s'est engagée à restituer elle-même le reste du blé qui se trouvait dans des entrepôts à W.
2.6 La recourante soutient que les obligations caractéristiques d'un dépositaire ressortent du contrat intitulé "supervision and storage contract", qui constitue un "collateral management agreement".
2.6 Comme on l'a vu, le contrat de dépôt n'est soumis à aucune exigence de forme. Les parties peuvent cependant convenir de le soumettre à une forme spéciale et de n'être liées que lorsque cette forme est accomplie ( art. 16 al. 1 CO ). BGE 139 III 160 S. 163
art. 16 al. 1 CO BGE 139 III 160 S. 163
Convenir d'une forme spéciale selon l' art. 16 al. 1 CO ne requiert aucune forme particulière et l'accord peut résulter d'actes concluants; ainsi, lorsqu'une partie envoie à l'autre des exemplaires d'un projet de contrat écrit pour qu'elle les signe, on doit présumer qu'elle n'entendait s'engager que dans la forme écrite (arrêt 4C.1/2000 du 27 mars 2000 consid. 3a; cf. également: GAUCH ET AL., Präjudizienbuch OR, 8 e éd. 2012, n° 3 ad art. 16 CO ; INGEBORG SCHWENZER, in Basler Kommentar, op. cit., n° 5 ad art. 16 CO ; JULIA XOUDIS, in Commentaire romand, op. cit., n° 8 ad art. 16 CO ). art. 16 al. 1 CO art. 16 CO art. 16 CO art. 16 CO En l'espèce, il ressort des constatations cantonales que la recourante avait conçu un contrat qui devait être signé par trois parties (X., Y. et A.); elle a envoyé son projet à A. pour que cette société le signe, mais elle n'a jamais obtenu cette signature, de sorte qu'en définitive personne n'a signé ce document. La recourante ne prétend pas que ces faits auraient été établis arbitrairement et on ne voit pas pourquoi ils le seraient. Le Tribunal fédéral est en conséquence lié par cet état de fait ( art. 105 al. 1 LTF ). Il convient d'en inférer juridiquement que la recourante a manifesté, par actes concluants, la volonté de n'être liée qu'en la forme écrite, sans qu'il y ait trace d'une renonciation ultérieure (cf. ATF 105 II 75 consid. 1 p. 78). Qu'elle ait insisté, le 2 mars 1999, pour obtenir la signature de A., le confirme. Ainsi, il convient d'admettre que la forme écrite a été réservée; dès lors qu'elle n'a pas été observée, le contrat envisagé n'est pas venu à chef, de sorte que la recourante ne peut tirer aucun argument de son texte. art. 105 al. 1 LTF 2.7 La recourante pense aussi pouvoir déduire les obligations d'un dépositaire de l'existence du "warehouse receipt" émis le 2 mars 1999 par Y.
2.7 Contrairement à ce que suggère la recourante, ce document n'est en tout cas pas un reçu lié à un prêt sur gage (cf. art. 909 CC ). art. 909 CC Il est vrai, si un contrat de dépôt a été conclu, que la remise d'un reçu peut servir de moyen de preuve pour établir la réception de la chose par le dépositaire, car il constitue alors un document assimilable à une quittance au sens de l' art. 88 CO (Barbey, op. cit., n° 14 ad art. 472 CO ). La quittance, envisagée par l' art. 88 CO, atteste la réception d'une prestation déterminée et constitue un moyen de preuve, qui n'exclut cependant pas la preuve contraire (INGEBORG SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 6 e éd. 2012, p. 512 s., n os 76.03 et 76.06; DENIS LOERTSCHER, in Commentaire BGE 139 III 160 S. 164 romand, op. cit., n os 1 et 8 ad art. 88 CO ; URS LEU, in Basler Kommentar, op. cit., n os 1 et 7 ad art. 88 CO ). art. 88 CO art. 472 CO art. 88 CO BGE 139 III 160 S. 164
art. 88 CO art. 88 CO L'erreur de raisonnement consiste à nouveau à se placer au stade d'un acte d'exécution, et non pas au stade de la conclusion du prétendu contrat. Le document peut parfaitement signifier que l'intimée, chargée d'un mandat de surveillance, atteste avoir contrôlé la quantité de blé et son bon état "apparent". On ne peut pas en déduire - en tout cas clairement - que l'intimée se serait engagée, par ce document, à restituer elle-même le blé à la recourante.
Certes, ce document se réfère à un "collateral management agreement" (CMA). Il ressort cependant bien des échanges entre les parties, relatés en détail par la cour cantonale, qu'elles envisageaient à l'origine la conclusion d'un tel contrat. C'est la raison pour laquelle la recourante a rédigé son projet intitulé "supervision and storage contract" (SSC), qui constitue un CMA. Cependant, la recourante avait bien vu que la conclusion d'un tel contrat supposait un engagement de A., qui semblait, par l'entremise de B., avoir la maîtrise effective des entrepôts. Or A. n'a jamais accepté de signer le contrat et de s'engager. Du même coup, l'intimée, face à A. et B., n'a jamais obtenu la maîtrise exclusive de la marchandise enfermée dans les entrepôts. Dans ces conditions, on ne conçoit pas qu'elle se serait engagée - ce qui constitue l'essence d'un CMA - à restituer elle-même la marchandise à la recourante.
En tout cas, le fardeau de la preuve incombait à la recourante, en tant que partie demanderesse ( art. 8 CC ). Elle n'est toutefois pas parvenue à prouver des faits permettant de constater que l'intimée se serait engagée envers elle à lui restituer elle-même la marchandise. Un accord sur une obligation de restitution n'ayant pas été établi, la conclusion d'un contrat de dépôt est exclue. art. 8 CC La recourante ne prétend pas que l'intimée aurait mal exécuté son mandat de surveillance, si bien qu'il n'y a pas à examiner la question sous cet angle.
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Urteilskopf 139 III 165 23. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (Stiftung FAR) gegen B. GmbH und R. GmbH (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_975/2012 / 9C_976/2012 vom 15. April 2013 Regeste Art. 2 Abs. 4 lit. a des Bundesratsbeschlusses über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR); Unterstellung. Betriebe, die Erdwärmesondenbohrungen durchführen, d.h. im Wesentlichen (vertikale) Erdbohrungen vornehmen, Erdwärmesonden einbringen und deren (horizontalen) Anschluss an das Gebäude resp. die Wärmepumpe bewerkstelligen, sind dem Tiefbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR zuzurechnen. Sie fallen daher unter den betrieblichen Geltungsbereich der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR (E. 4.3). Sachverhalt ab Seite 166 BGE 139 III 165 S. 166 A. Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV), die GBI Gewerkschaft Bau & Industrie (heute: Unia) sowie die Gewerkschaft SYNA schlossen am 12. November 2002 einen Gesamtarbeitsvertrag für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR), mit dessen Vollzug die Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (Stiftung FAR) betraut ist. Durch Beschluss des Bundesrates vom 5. Juni 2003 wurde der GAV FAR teilweise allgemeinverbindlich erklärt. B. Die B. GmbH und die R. GmbH sind nicht Mitglieder des SBV. Laut Handelsregister bezwecken beide die Entwicklung, Planung, Produktion und Installation von Energie-Gewinnungsanlagen und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten. Die Gesellschaften können sich in beliebiger Form an anderen Unternehmungen beteiligen, die Fusion mit ihnen eingehen oder andere Unternehmungen selbst gründen, erwerben oder pachten, Zweigniederlassungen im In- und Ausland errichten und Grundstücke erwerben und verwalten. Nachdem die Stiftung FAR im Oktober 2008 Abklärungen vor Ort getroffen hatte, teilte sie den Gesellschaften im August 2010 mit, sie seien seit dem 1. Januar 2007 dem GAV FAR unterstellt und hätten die entsprechenden Beiträge zu bezahlen; die Gesellschaften vertraten den gegenteiligen Standpunkt und verweigerten die Beitragszahlung. Die Stiftung FAR beantragte mit Klage vom 6. Juni 2011, die B. GmbH habe für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2010 Beiträge von Fr. 151'419.25 nebst Zins zu 5 % (für Fr. 35'015.30 ab 1. Januar 2008, für Fr. 38'841.05 ab 1. Januar 2009, für Fr. 44'798.85 ab 1. Januar 2010 und für Fr. 32'764.05 ab 1. Januar 2011) zu bezahlen, und mit jener vom 8. Juni 2011, die R. GmbH habe für den gleichen Zeitraum Beiträge von Fr. 162'348.70 nebst Zins zu 5 % (für Fr. 33'198.50 ab 1. Januar 2008, für Fr. 45'421.60 ab 1. Januar 2009, für Fr. 45'754.70 ab 1. Januar 2010 und für Fr. 37'973.90 ab 1. Januar 2011) zu bezahlen. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die Klagen mit Entscheiden vom 18. Oktober 2012 ab. C. Die Stiftung FAR lässt mit Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren erneuern. BGE 139 III 165 S. 167 Die B. GmbH und die R. GmbH lassen auf Abweisung der jeweiligen Beschwerde schliessen. Das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf Vernehmlassungen. Das Bundesgericht vereinigt die Verfahren und heisst die Beschwerden gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Die für den betrieblichen Geltungsbereich einschlägige Bestimmung von Art. 2 Abs. 4 des Bundesratsbeschlusses vom 5. Juni 2003 über die Allgemeinverbindlicherklärung des GAV FAR (AVE GAV FAR; BBl 2003 4039) lautet wie folgt: "Die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des im Anhang wiedergegebenen Gesamtarbeitsvertrages über den flexiblen Altersrücktritt (GAV FAR) gelten für die Betriebe, Betriebsteile und selbständigen Akkordanten der folgenden Bereiche: a) Hoch-, Tief-, Untertag- und Strassenbau (einschliesslich Belagseinbau); b) Aushub, Abbruch, Deponie- und Recyclingbetriebe; c) Steinhauer- und Steinbruchgewerbe sowie Pflästereibetriebe; d) Fassadenbau- und Fassadenisolationsbetriebe, ausgenommen Betriebe, die in der Gebäudehülle tätig sind. Der Begriff "Gebäudehülle" schliesst ein: geneigte Dächer, Unterdächer, Flachdächer und Fassadenbekleidungen (mit dazugehörendem Unterbau und Wärmedämmung); e) Abdichtungs- und Isolationsbetriebe für Arbeiten an der Gebäudehülle im weiteren Sinn und analoge Arbeiten im Tief- und Untertagbereich; f) Betoninjektions- und Betonsanierungsbetriebe; g) Betriebe, die Asphaltierungen ausführen und Unterlagsböden erstellen; h) Betriebe, die gesamtbetrieblich mehrheitlich Geleisebau- und Bahnunterhaltsarbeiten ausführen, ausgenommen Betriebe, die Schienenschweiss- und Schienenschleifarbeiten, maschinellen Geleiseunterhalt sowie Fahrleitungs- und Stromkreislaufarbeiten ausführen." Massgebliches Kriterium für den betrieblichen Geltungsbereich ist somit die Branche, der ein Betrieb zuzuordnen ist. Dafür ausschlaggebend sind die Tätigkeiten, die ihm das Gepräge geben, nicht hingegen der Handelsregistereintrag oder die Art und Weise, wie die Tätigkeiten ausgeführt resp. welche Hilfsmittel dabei eingesetzt werden ( BGE 134 III 11 E. 2.1 S. 13 mit weiteren Hinweisen; Urteil 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.6.1). BGE 139 III 165 S. 168 3.2 Für die Auslegung von Bestimmungen über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen gelten die allgemeinen Grundsätze der Gesetzesauslegung ( BGE 127 III 318 E. 2a S. 322; Urteil des Bundesgerichts 4C.93/1997 vom 8. Oktober 1997 E. 3a, in: Jahrbuch des Schweizerischen Arbeitsrechts [JAR] 1998 S. 282 ff.; je mit Hinweisen). Es besteht weder ein Grund für eine besonders restriktive noch für eine besonders weite Auslegung. Besondere Bedeutung kommt jedoch dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit zu. Wenn der Gesamtarbeitsvertrag seine Schutzfunktion erfüllen soll, muss es für die Parteien leicht erkennbar sein, ob sie ihm unterstehen oder nicht. Durch die Allgemeinverbindlicherklärung sollen die Arbeitsbedingungen der bei Aussenseitern angestellten Arbeitnehmer gesichert, die Sozial- und Arbeitsbedingungen als Faktor des Konkurrenzkampfes ausgeschlossen und dem Gesamtarbeitsvertrag zu grösserer Durchsetzungskraft verholfen werden (Urteile 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.3 und 4C.45/2002 vom 11. Juli 2002 E. 2.1.2). Die Auslegung des Gesetzes ist auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die von ihm erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm bildet ihr Wortlaut. Vom daraus abgeleiteten Sinne ist jedoch abzuweichen, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass der Gesetzgeber diesen nicht gewollt haben kann (vgl. BGE 136 V 84 E. 4.3.2.1 S. 92). Solche Gründe können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm, aus ihrem Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben ( BGE 135 IV 113 E. 2.4.2 S. 116; BGE 135 V 382 E. 11.4.1 S. 404; BGE 127 III 318 E. 2b S. 322 f.). 3.3 Tatfrage ist, welche Tätigkeiten in einem Betrieb oder selbstständigen Betriebsteil in welchem Ausmass vorkommen. Hingegen ist frei überprüfbare Rechtsfrage (nicht publ. E. 2.2), welche der festgestellten Tätigkeiten dem Betrieb das Gepräge geben (SVR 2012 BVG Nr. 23 S. 92, 9C_378/2011 E. 7.3.1; Urteil 4A_377/2009 vom 25. November 2009 E. 3.1 Abs. 1 in fine) resp. nach welchen Gesichtspunkten die Zuordnung zu einem bestimmten Wirtschaftszweig erfolgt (vgl. Urteil 9C_433/2012 vom 13. Februar 2013 E. 4.2 mit Hinweisen). 4. 4.1 Es steht fest, dass beide Beschwerdegegnerinnen nicht mehrere selbstständige Betriebsteile, sondern jeweils nur einen Betrieb führen, und dass die Betriebe in Bezug auf Organisation und BGE 139 III 165 S. 169 Tätigkeiten identisch strukturiert sind. Streitig und zu prüfen ist, welcher Branche sie zuzuordnen sind, wobei sich namentlich die Frage stellt, ob die Tätigkeit im Bereich der Erdwärmesondenbohrungen ihnen das Gepräge gibt. Ist dies zu bejahen, ist sodann umstritten, ob solche Betriebe unter den Geltungsbereich von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR (E. 3.1) fallen. 4.2 4.2.1 Die Vorinstanz hat festgestellt, die Beschwerdegegnerinnen nähmen nebst der Entwicklung, Planung und Produktion von Erdwärmesonden deren Installation vor oder verkauften sie an Dritte als Produkt. Die Erdwärmesondenbohrung bilde dabei lediglich einen Teil der Installation. Das Schwergewicht liege bei der Installation von Heizungsanlagen für Neu- und Umbauten (einschliesslich Akquisition [7 % Zeitanteil], Avor [24 % Zeitanteil], Einrichten [17 % Zeitanteil], Erdwärmesondenbohrung [18 % Zeitanteil], Installation Wärmetauscher [26 % Zeitanteil] und Abschluss [7 % Zeitanteil]). Die Bohrarbeiten einschliesslich Einrichten beanspruchten für sich allein mit 35 % keinen überwiegenden Zeitanteil an den gesamten Arbeiten und der Anteil am Umsatz betrage 45 %. Sie ist daher der Auffassung, die Bohrarbeiten seien nicht geeignet, den Betrieben gesamthaft das Gepräge zu geben; diese konzentrierten sich in der Wärmebranche auf den Bereich der Energiegewinnungsanlagen einschliesslich der dazugehörigen Gebäudetechnik. 4.2.2 In den Akten gibt es keine Hinweise dafür, dass die Beschwerdegegnerinnen Erdwärmesonden an sich (d.h. PE-Rohre resp. -Schläuche) entwickeln, planen, produzieren oder verkaufen; an der entsprechenden Feststellung kann nicht festgehalten werden (nicht publ. E. 2.2). Ebenso fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die Herstellung oder der Verkauf und Einbau von Wärmepumpen zum eigentlichen Tätigkeitsbereich der Beschwerdegegnerinnen gehören. Vielmehr ist unbestritten und geht auch die Vorinstanz davon aus, dass die jeweiligen Betriebe im Wesentlichen Heizungsanlagen erstellen in dem Sinne, als sie (vertikale) Erdbohrungen vornehmen, Erdwärmesonden einbringen und deren (horizontalen) Anschluss an das Gebäude resp. die Wärmepumpe bewerkstelligen. Die Feststellungen betreffend Zeit- und Umsatzanteil der einzelnen Tätigkeiten gründen auf dem von den Beschwerdegegnerinnen eingereichten "Prozessablauf"; sie sind nicht offensichtlich unrichtig und beruhen auch nicht auf einer Rechtsverletzung, weshalb sie für das Bundesgericht verbindlich bleiben (nicht publ. E. 2.2). BGE 139 III 165 S. 170 4.2.3 Ausgangspunkt für die Zuordnung eines Betriebes ist die auf dem Markt angebotene einheitliche (Arbeits-)Leistung; den dabei notwendigerweise und als integrierender Bestandteil anfallenden Hilfs- und Nebentätigkeiten kommt keine eigenständige Bedeutung zu, selbst wenn sie einen grösseren Arbeitsaufwand als die Grundleistung erfordern (Urteil 4A_377/2009 vom 25. November 2009 E. 5.2). Die Vorinstanz hat somit zutreffend den Bereich "Einrichtung", d.h. die Bereitstellung von Gerät, Werkzeug und Material vor Ort, den Bohrarbeiten zugerechnet. Soweit sie indessen davon auszugehen scheint, dass eine bestimmte Tätigkeit mindestens 50 % aller anfallenden Arbeiten bzw. des Umsatzes ausmachen muss, um einem Betrieb das Gepräge zu geben, ist ihr nicht beizupflichten. Es geht vielmehr darum, welche Leistungen auf dem Markt angeboten werden und, bei mehreren, welche davon überwiegt. In den Bereichen Akquisition, Arbeitsvorbereitung und Abschluss fallen weitere wesentliche Arbeitsschritte mit direktem Bezug zur eigentlichen Bohrtätigkeit an. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass es sich bei den unter dem Punkt "Installation Wärmetauscher" erfassten Verrichtungen (gemäss "Prozessablauf" u.a. Hinterfüllen der Sonde, Durchfluss- und Druckprüfung, Montage des Verteilers bei Wärmepumpe, Anschluss der Verbindungsleitungen, Befüllung mit Wärmeträgerflüssigkeit) nicht um einen integrierenden Bestandteil der Bohrtätigkeit, sondern um eigenständig angebotene Leistungen handelte, ist der darauf entfallende Anteil an Zeitaufwand und Umsatz deutlich geringer. Ebenso liegt auf der Hand, dass die Bohrungen an sich wesentlich höhere Investitionen als die übrigen Tätigkeiten der Beschwerdegegnerinnen erfordern. Zudem ist nicht ersichtlich und wurde resp. wird nicht geltend gemacht, dass die Beschwerdegegnerinnen Aufträge ausführen, die nicht mit Bohrarbeiten verbunden sind. Laut dem vom Versicherungsgericht des Kantons Solothurn eingeholten Gutachten (vgl. BGE 125 V 351 E. 3b/aa S. 352 f.) des F., Dipl. Ing. ETH, vom 28. November 2011 muss denn auch das Einbringen der Erdwärmesonden, deren Prüfung auf Funktionstüchtigkeit und das Verfüllen des Bohrlochs in der Regel unmittelbar nach der Bohrung erfolgen. Somit stellen die Erdbohrungen für Erdwärmesonden und nicht die "Installation Wärmetauscher" resp. deren Anschluss an die Wärmepumpe die prägenden Tätigkeiten in den Betrieben der Beschwerdegegnerinnen dar. Diese Auffassung scheint das kantonale Gericht insofern (implizite) zu teilen, als sich andernfalls die ausführlichen Erwägungen zur BGE 139 III 165 S. 171 Frage, ob solche Betriebe vom Geltungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR erfasst werden, von vornherein erübrigt hätten. Sie steht auch im Einklang mit dem Kontrollbericht vom 4. Oktober 2008. Weiter ist in Bezug auf die prägende Tätigkeit deren Zweck nicht von Belang. Diesem Aspekt und der Konkurrenzsituation zu Betrieben der Energie- resp. Gebäudetechnikbranche oder des Bauhauptgewerbes ist im Zusammenhang mit dem betrieblichen Geltungsbereich resp. der Auslegung von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR (E. 4.3) Rechnung zu tragen. Bietet der Betrieb - wie in den konkreten Fällen - höchstens in untergeordnetem Ausmass weitere "branchenfremde" Leistungen an, ist es für die prägende Tätigkeit ebenfalls bedeutungslos, ob sie in einem sog. (unechten) Mischbetrieb ausgeübt wird, und folglich auch, ob diese Qualifikation klar erkennbar war. 4.3 4.3.1 Ausschlaggebend für die Frage, ob Betriebe wie jene der Beschwerdegegnerinnen in den betrieblichen Geltungsbereich von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR fallen, ist die Auslegung dieser Bestimmung (E. 3.2). Die Vorinstanz hat zutreffend darauf verwiesen, dass sich dafür weder aus der (Nicht-)Unterstellung unter den Landesmantelvertrag vom 13. Februar 1998 für das Bauhauptgewerbe (LMV; nicht publ. E. 5.3.3) noch aus der generellen Einordnung einer Betriebsart durch die SUVA etwas ableiten lasse. Dies gilt auch für die von der SUVA für die Beschwerdegegnerinnen erstellten "Versicherungsausweise Berufsunfallversicherung": Sie betreffen ausschliesslich das Rechtsverhältnis zwischen Unfallversicherung und Arbeitgeberin, enthalten keine für die Auslegung sachdienlichen Ausführungen und sind für das Gericht ohnehin nicht bindend. 4.3.2 Die Begriffe "Erdbohrung" oder "Erdwärmesondenbohrung" werden im Wortlaut von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR nicht erwähnt. Der vorinstanzlichen Auffassung, wonach sich deshalb eine Unterstellung von Betrieben, deren prägende Tätigkeiten Erdwärmesondenbohrungen sind, nicht begründen lasse, ist indessen nicht beizupflichten. Anders als das Plattenlegergewerbe, das typischerweise dem Ausbau und damit dem Baunebengewerbe zuzurechnen ist und von vornherein keinem der in Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR genannten Bereiche zugeordnet werden kann (SZS 2010 S. 453, 9C_1033/2009 E. 2.5 und 2.9), sind die hier fraglichen Betriebe vom Wortlaut erfasst, wenn sie in den Bereich "Tiefbau" (Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR) fallen. BGE 139 III 165 S. 172 Für die Frage nach dem Gehalt des Ausdrucks "Tiefbau" ist nicht auf kantonales Vergaberecht abzustellen; als bundesrechtliche Bestimmung ist Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR nach gesamtschweizerischem Verständnis auszulegen (vgl. SZS 2010 S. 453, 9C_1033/2009 E. 2.7). Weiter ist nicht von Belang, dass die Arbeit auch "nach Fertigstellung der Baute", d.h. des an die Erdwärmesonden anzuschliessenden Gebäudes, ausgeführt werden kann. Mit dieser Argumentation wären auch etwa nachträgliche Grabungsarbeiten zwecks Neuverlegung von Wasser- oder Stromleitungen nicht dem Tiefbau zuzurechnen, was nicht der Fall ist. Zudem lässt sich das (verfüllte) Bohrloch selber als "Baute" mit "tragender Struktur" auffassen, geht es doch darum, Wärmesonden stabil und sicher im tiefen Erdreich zu installieren (vgl. etwa Norm 384/6, Erdwärmesonden, des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins [SIA] S. 23 Ziff. 4.3). Dass Erdbohrungen im Allgemeinen - von den natürlichen Gegebenheiten her ganz offensichtlich - dem Tiefbau zuzurechnen sind, stellen auch die Beschwerdegegnerinnen nicht in Abrede. Inwiefern sich die Bohrtätigkeit für Erdwärmesonden in grundsätzlicher Hinsicht von anderen Bohrungen mit vergleichbarem Durchmesser (etwa für Sondierungen oder für sog. Mikropfähle) unterscheiden soll, ist nicht nachvollziehbar und wird auch von den Beschwerdegegnerinnen nicht einleuchtend dargelegt. In Bezug auf den Arbeitsvorgang selber ist denn auch der Bohrungszweck nicht von Belang. So werden etwa das Imlochhammer- und das Rotationsspül-Bohrverfahren (vgl. SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, S. 65 f.) nicht nur für Erdwärmesonden-, sondern auch für Brunnenbohrungen angewendet ( http://de.wikipedia.org/wiki/Bohrbrunnen, besucht am 25. März 2013). Soweit Bohrungen der hier interessierenden Art als Arbeiten des "Spezialtiefbaus" zu bezeichnen sind, ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, dass dieser eine Unterkategorie des "Tiefbaus" darstellt und somit vom Oberbegriff ohne Weiteres umfasst wird. 4.3.3 4.3.3.1 In systematischer Hinsicht sind nebst der Konkurrenzsituation (E. 4.3.3.2) branchenspezifische Regelungen von Bedeutung. Für die Frage des betrieblichen Geltungsbereichs ergibt sich aus dem Gehalt von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR keine Diskrepanz zu Art. 2 Abs. 1 lit. a GAV FAR (vgl. Urteil 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.7.2.1). BGE 139 III 165 S. 173 Aus der SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, geht nicht hervor, ob Betriebe wie jene der Beschwerdegegnerinnen dem Tiefbau zuzurechnen sind. Dass die normativen Verweisungen (SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, S. 5) nach vorinstanzlicher Auffassung im Wesentlichen die Gebäudetechnik betreffen sollen, ist nicht ausschlaggebend; immerhin finden sich im Anhang zur Norm bedeutsame normative Regelungen, die den Bohrvorgang an sich betreffen (SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, S. 29 f. und 63 f.). Nach verbindlicher (nicht publ. E. 2.2) vorinstanzlicher Feststellung ist die SIA-Norm 384/6, Erdwärme, innerhalb der SIA-Normenwerke thematisch im Bereich Heizung, Lüftung und Klimaanlagen angesiedelt. Daraus lässt sich indessen nichts ableiten: Ausgangspunkt für die Branchenzuordnung ist, wie dargelegt (E. 4.2.3), die prägende Tätigkeit des Betriebs. Dass gerade dieses Kriterium ausschlaggebend war für die systematische Einordnung der Norm, ist nicht ersichtlich; vielmehr scheint der Bohrungszweck, d.h. die Heizung resp. Kühlung des angeschlossenen Gebäudes dafür entscheidend gewesen zu sein. Gleiches gilt in Bezug auf den Normpositionen-Katalog (NPK) der Schweizerischen Zentralstelle für Baurationalisierung, dabei insbesondere auf die - neu eingereichte (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG ) - NPK-Position 720.000, Erdwärmesonden-Anlagen. Im Übrigen erstreckt sich der Geltungsbereich des GAV vom 31. März 2009 in der Schweizerischen Gebäudetechnikbranche resp. seiner mit Bundesratsbeschluss vom 20. Oktober 2009 (BBl 2009 7995) allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen nur auf Arbeitgeber und -nehmer, welche innerhalb und an der Gebäudehülle tätig sind (Art. 2 Abs. 2 des genannten Beschlusses). Das trifft auf die hier interessierenden Betriebe nicht resp. höchstens in unwesentlichem Ausmass zu, was klar gegen deren Zuordnung zur Gebäudetechnikbranche spricht. 4.3.3.2 Gemäss Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG; SR 221.215.311) kann der Geltungsbereich eines zwischen Verbänden abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrags auf Antrag aller Vertragsparteien durch Anordnung der zuständigen Behörde auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer des betreffenden Wirtschaftszweiges ausgedehnt werden, die am Vertrag nicht beteiligt sind. In verfassungskonformer Auslegung dieser Bestimmung ist darauf zu achten, dass direkte Konkurrenten in ihrer Wirtschaftsfreiheit gleichmässig eingeschränkt werden und im wirtschaftlichen Wettbewerb gleich BGE 139 III 165 S. 174 lange Spiesse erhalten (vgl. Art. 28 und Art. 94 Abs. 4 BV ). Zum selben Wirtschaftszweig sind Betriebe zu zählen, die zueinander insofern in einem direkten Konkurrenzverhältnis stehen, als sie Erzeugnisse oder Dienstleistungen gleicher Art anbieten ( BGE 134 III 11 E. 2.2 S. 13 f. mit Hinweisen). Zwar lässt sich nicht von der Hand weisen, dass mit Blick auf den Bohrungszweck eine Konkurrenzsituation zu Herstellern anderer Gebäudeheiz- oder -kühlsysteme besteht, die mangels Tätigkeit im Bauhauptgewerbe für ihre Arbeitnehmer keine zusätzlichen Vorsorgebeiträge zu tragen haben. Der vorinstanzlichen, auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützten Auffassung, wonach sich die Tätigkeit von Betrieben wie jenen der Beschwerdegegnerinnen vom Ablauf her grundsätzlich nicht von derjenigen anderer Heizungsanlagenhersteller unterscheide, ist indessen - in Beantwortung einer Rechtsfrage (E. 3.3 in fine) - nicht beizupflichten. So haben diese namentlich keine Bohrungen vorzunehmen. Zudem sind die Erdwärmesonden, resp. ist die darin zirkulierende Flüssigkeit, als Energieträger mit dem zu klimatisierenden Gebäude verbunden, während bei anderen, konkurrierenden Systemen die Energie in der Regel in Form von Holz, Erdöl oder Elektrizität andernorts produziert und anschliessend dem System zugeführt wird. Insofern stehen die hier interessierenden Betriebe auch in Konkurrenz zu solchen aus dem Bereich Produktion von und Handel mit Energieträgern, was aber nicht eine Zuordnung zu diesem Wirtschaftszweig nach sich zieht. Art und Kosten der Herstellung, des Betriebs, des Unterhalts und des Wirkungsgrades der verschiedenen gebräuchlichen Heiz- oder Kühlsysteme differieren erheblich, ebenso die Umweltbelastung. In Bezug auf die Konkurrenz zu Herstellern anderer Systeme resp. zu Betrieben der Gebäudetechnikbranche kommt daher einer GAV FAR-Unterstellung keine vordringliche Bedeutung zu. Hinsichtlich der Konkurrenz zu Betrieben des Tiefbaus, die "klassische" Bohrtätigkeiten ausführen und somit vom Geltungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR erfasst werden, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass manche davon nicht auch Erdwärmesondenbohrungen vornehmen (vgl. etwa http://www.mengis.ch ; http://www.kibag.ch/index.php?id=30&L=0&tx_kibagtabs_pi1[uid]=43 ; besucht am 27. März 2013). Insofern kann nicht von konkurrenzloser Spezialtätigkeit (vgl. BGE 134 III 11 E. 2.3 S. 14), die ohnehin nicht von vornherein zum BGE 139 III 165 S. 175 Ausschluss einer Unterstellung führt ( BGE 134 III 11 E. 2.4 S. 15), gesprochen werden. Für die eigentliche Bohrtätigkeit sind denn auch in weiten Teilen vergleichbare bautechnische Kenntnisse und Ausrüstungen erforderlich (vgl. SIA-Norm 384/6, Erdwärme, S. 63 f.). Zudem werden alle Betriebe, deren prägende Tätigkeit jener der Beschwerdegegnerinnen entspricht, im Sinne von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR der Tiefbaubranche zugerechnet. Somit spricht auch das systematische Element mit Blick auf den betrieblichen Geltungsbereich eher für deren Unterstellung unter die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR. 4.3.4 Was die körperliche Belastung bei der Ausübung der prägenden Tätigkeit anbelangt, so ist dieser grundsätzlich nicht im Rahmen des betrieblichen, sondern des persönlichen Geltungsbereichs (nicht publ. E. 5.3) Rechnung zu tragen (E. 3.1; Urteil 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.6.1). Schliesslich kommt dem Erfordernis der leichten Erkennbarkeit einer GAV-Unterstellung (E. 3.2) keine eigenständige Bedeutung zu; vielmehr ist sie im Zusammenhang mit den klassischen Elementen der Gesetzesauslegung zu berücksichtigen. Jedenfalls kann aus dem blossen Umstand, dass über die einen Betrieb prägende Tätigkeit und über die Frage, ob eine bestimmte Betriebskategorie in den Geltungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR fällt, unterschiedliche Auffassungen vertreten werden können, nicht auf eine fehlende Unterstellung geschlossen werden. Dies gilt auch unter dem Aspekt der Rechtssicherheit: Einerseits liegen Abgrenzungsfragen in der Natur der Sache und anderseits hätte es ansonsten ein Arbeitgeber in der Hand, sich der Beitragspflicht allein mit deren entsprechend begründeten Bestreitung zu entziehen, was nicht Sinn und Zweck einer Allgemeinverbindlicherklärung gesamtarbeitsvertraglicher Bestimmungen (vgl. etwa Art. 110 BV ; Art. 1 AVEG ) sein kann. Im Übrigen war in concreto zumindest die Möglichkeit einer GAV-Unterstellung leicht erkennbar. 4.3.5 Nach dem Gesagten sind Betriebe wie jene der Beschwerdegegnerinnen (vgl. E. 4.2.2) dem Bereich Tiefbau im Sinn von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR zuzurechnen und somit vom (betrieblichen) Geltungsbereich der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR erfasst.
Urteilskopf
23. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (Stiftung FAR) gegen B. GmbH und R. GmbH (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_975/2012 / 9C_976/2012 vom 15. April 2013
Regeste Art. 2 Abs. 4 lit. a des Bundesratsbeschlusses über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR); Unterstellung. Betriebe, die Erdwärmesondenbohrungen durchführen, d.h. im Wesentlichen (vertikale) Erdbohrungen vornehmen, Erdwärmesonden einbringen und deren (horizontalen) Anschluss an das Gebäude resp. die Wärmepumpe bewerkstelligen, sind dem Tiefbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR zuzurechnen. Sie fallen daher unter den betrieblichen Geltungsbereich der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR (E. 4.3).
Regeste
Art. 2 Abs. 4 lit. a des Bundesratsbeschlusses über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR); Unterstellung. Betriebe, die Erdwärmesondenbohrungen durchführen, d.h. im Wesentlichen (vertikale) Erdbohrungen vornehmen, Erdwärmesonden einbringen und deren (horizontalen) Anschluss an das Gebäude resp. die Wärmepumpe bewerkstelligen, sind dem Tiefbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR zuzurechnen. Sie fallen daher unter den betrieblichen Geltungsbereich der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR (E. 4.3).
Betriebe, die Erdwärmesondenbohrungen durchführen, d.h. im Wesentlichen (vertikale) Erdbohrungen vornehmen, Erdwärmesonden einbringen und deren (horizontalen) Anschluss an das Gebäude resp. die Wärmepumpe bewerkstelligen, sind dem Tiefbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR zuzurechnen. Sie fallen daher unter den betrieblichen Geltungsbereich der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR (E. 4.3).
Sachverhalt ab Seite 166
Sachverhalt ab Seite 166 BGE 139 III 165 S. 166
BGE 139 III 165 S. 166
A. Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV), die GBI Gewerkschaft Bau & Industrie (heute: Unia) sowie die Gewerkschaft SYNA schlossen am 12. November 2002 einen Gesamtarbeitsvertrag für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR), mit dessen Vollzug die Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (Stiftung FAR) betraut ist. Durch Beschluss des Bundesrates vom 5. Juni 2003 wurde der GAV FAR teilweise allgemeinverbindlich erklärt.
A. B. Die B. GmbH und die R. GmbH sind nicht Mitglieder des SBV. Laut Handelsregister bezwecken beide die Entwicklung, Planung, Produktion und Installation von Energie-Gewinnungsanlagen und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten. Die Gesellschaften können sich in beliebiger Form an anderen Unternehmungen beteiligen, die Fusion mit ihnen eingehen oder andere Unternehmungen selbst gründen, erwerben oder pachten, Zweigniederlassungen im In- und Ausland errichten und Grundstücke erwerben und verwalten. Nachdem die Stiftung FAR im Oktober 2008 Abklärungen vor Ort getroffen hatte, teilte sie den Gesellschaften im August 2010 mit, sie seien seit dem 1. Januar 2007 dem GAV FAR unterstellt und hätten die entsprechenden Beiträge zu bezahlen; die Gesellschaften vertraten den gegenteiligen Standpunkt und verweigerten die Beitragszahlung.
B. Die Stiftung FAR beantragte mit Klage vom 6. Juni 2011, die B. GmbH habe für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2010 Beiträge von Fr. 151'419.25 nebst Zins zu 5 % (für Fr. 35'015.30 ab 1. Januar 2008, für Fr. 38'841.05 ab 1. Januar 2009, für Fr. 44'798.85 ab 1. Januar 2010 und für Fr. 32'764.05 ab 1. Januar 2011) zu bezahlen, und mit jener vom 8. Juni 2011, die R. GmbH habe für den gleichen Zeitraum Beiträge von Fr. 162'348.70 nebst Zins zu 5 % (für Fr. 33'198.50 ab 1. Januar 2008, für Fr. 45'421.60 ab 1. Januar 2009, für Fr. 45'754.70 ab 1. Januar 2010 und für Fr. 37'973.90 ab 1. Januar 2011) zu bezahlen. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die Klagen mit Entscheiden vom 18. Oktober 2012 ab.
C. Die Stiftung FAR lässt mit Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren erneuern. BGE 139 III 165 S. 167
C. BGE 139 III 165 S. 167
Die B. GmbH und die R. GmbH lassen auf Abweisung der jeweiligen Beschwerde schliessen. Das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf Vernehmlassungen.
Das Bundesgericht vereinigt die Verfahren und heisst die Beschwerden gut.
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
3.
3. 3.1 Die für den betrieblichen Geltungsbereich einschlägige Bestimmung von Art. 2 Abs. 4 des Bundesratsbeschlusses vom 5. Juni 2003 über die Allgemeinverbindlicherklärung des GAV FAR (AVE GAV FAR; BBl 2003 4039) lautet wie folgt:
3.1 "Die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des im Anhang wiedergegebenen Gesamtarbeitsvertrages über den flexiblen Altersrücktritt (GAV FAR) gelten für die Betriebe, Betriebsteile und selbständigen Akkordanten der folgenden Bereiche:
a) Hoch-, Tief-, Untertag- und Strassenbau (einschliesslich Belagseinbau);
b) Aushub, Abbruch, Deponie- und Recyclingbetriebe;
c) Steinhauer- und Steinbruchgewerbe sowie Pflästereibetriebe;
d) Fassadenbau- und Fassadenisolationsbetriebe, ausgenommen Betriebe, die in der Gebäudehülle tätig sind. Der Begriff "Gebäudehülle" schliesst ein: geneigte Dächer, Unterdächer, Flachdächer und Fassadenbekleidungen (mit dazugehörendem Unterbau und Wärmedämmung);
e) Abdichtungs- und Isolationsbetriebe für Arbeiten an der Gebäudehülle im weiteren Sinn und analoge Arbeiten im Tief- und Untertagbereich;
f) Betoninjektions- und Betonsanierungsbetriebe;
g) Betriebe, die Asphaltierungen ausführen und Unterlagsböden erstellen;
h) Betriebe, die gesamtbetrieblich mehrheitlich Geleisebau- und Bahnunterhaltsarbeiten ausführen, ausgenommen Betriebe, die Schienenschweiss- und Schienenschleifarbeiten, maschinellen Geleiseunterhalt sowie Fahrleitungs- und Stromkreislaufarbeiten ausführen."
Massgebliches Kriterium für den betrieblichen Geltungsbereich ist somit die Branche, der ein Betrieb zuzuordnen ist. Dafür ausschlaggebend sind die Tätigkeiten, die ihm das Gepräge geben, nicht hingegen der Handelsregistereintrag oder die Art und Weise, wie die Tätigkeiten ausgeführt resp. welche Hilfsmittel dabei eingesetzt werden ( BGE 134 III 11 E. 2.1 S. 13 mit weiteren Hinweisen; Urteil 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.6.1). BGE 139 III 165 S. 168
BGE 139 III 165 S. 168
3.2 Für die Auslegung von Bestimmungen über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen gelten die allgemeinen Grundsätze der Gesetzesauslegung ( BGE 127 III 318 E. 2a S. 322; Urteil des Bundesgerichts 4C.93/1997 vom 8. Oktober 1997 E. 3a, in: Jahrbuch des Schweizerischen Arbeitsrechts [JAR] 1998 S. 282 ff.; je mit Hinweisen). Es besteht weder ein Grund für eine besonders restriktive noch für eine besonders weite Auslegung. Besondere Bedeutung kommt jedoch dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit zu. Wenn der Gesamtarbeitsvertrag seine Schutzfunktion erfüllen soll, muss es für die Parteien leicht erkennbar sein, ob sie ihm unterstehen oder nicht. Durch die Allgemeinverbindlicherklärung sollen die Arbeitsbedingungen der bei Aussenseitern angestellten Arbeitnehmer gesichert, die Sozial- und Arbeitsbedingungen als Faktor des Konkurrenzkampfes ausgeschlossen und dem Gesamtarbeitsvertrag zu grösserer Durchsetzungskraft verholfen werden (Urteile 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.3 und 4C.45/2002 vom 11. Juli 2002 E. 2.1.2).
3.2 Die Auslegung des Gesetzes ist auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die von ihm erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm bildet ihr Wortlaut. Vom daraus abgeleiteten Sinne ist jedoch abzuweichen, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass der Gesetzgeber diesen nicht gewollt haben kann (vgl. BGE 136 V 84 E. 4.3.2.1 S. 92). Solche Gründe können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm, aus ihrem Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben ( BGE 135 IV 113 E. 2.4.2 S. 116; BGE 135 V 382 E. 11.4.1 S. 404; BGE 127 III 318 E. 2b S. 322 f.).
3.3 Tatfrage ist, welche Tätigkeiten in einem Betrieb oder selbstständigen Betriebsteil in welchem Ausmass vorkommen. Hingegen ist frei überprüfbare Rechtsfrage (nicht publ. E. 2.2), welche der festgestellten Tätigkeiten dem Betrieb das Gepräge geben (SVR 2012 BVG Nr. 23 S. 92, 9C_378/2011 E. 7.3.1; Urteil 4A_377/2009 vom 25. November 2009 E. 3.1 Abs. 1 in fine) resp. nach welchen Gesichtspunkten die Zuordnung zu einem bestimmten Wirtschaftszweig erfolgt (vgl. Urteil 9C_433/2012 vom 13. Februar 2013 E. 4.2 mit Hinweisen).
3.3 4.
4. 4.1 Es steht fest, dass beide Beschwerdegegnerinnen nicht mehrere selbstständige Betriebsteile, sondern jeweils nur einen Betrieb führen, und dass die Betriebe in Bezug auf Organisation und BGE 139 III 165 S. 169 Tätigkeiten identisch strukturiert sind. Streitig und zu prüfen ist, welcher Branche sie zuzuordnen sind, wobei sich namentlich die Frage stellt, ob die Tätigkeit im Bereich der Erdwärmesondenbohrungen ihnen das Gepräge gibt. Ist dies zu bejahen, ist sodann umstritten, ob solche Betriebe unter den Geltungsbereich von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR (E. 3.1) fallen.
4.1 BGE 139 III 165 S. 169
4.2
4.2 4.2.1 Die Vorinstanz hat festgestellt, die Beschwerdegegnerinnen nähmen nebst der Entwicklung, Planung und Produktion von Erdwärmesonden deren Installation vor oder verkauften sie an Dritte als Produkt. Die Erdwärmesondenbohrung bilde dabei lediglich einen Teil der Installation. Das Schwergewicht liege bei der Installation von Heizungsanlagen für Neu- und Umbauten (einschliesslich Akquisition [7 % Zeitanteil], Avor [24 % Zeitanteil], Einrichten [17 % Zeitanteil], Erdwärmesondenbohrung [18 % Zeitanteil], Installation Wärmetauscher [26 % Zeitanteil] und Abschluss [7 % Zeitanteil]). Die Bohrarbeiten einschliesslich Einrichten beanspruchten für sich allein mit 35 % keinen überwiegenden Zeitanteil an den gesamten Arbeiten und der Anteil am Umsatz betrage 45 %. Sie ist daher der Auffassung, die Bohrarbeiten seien nicht geeignet, den Betrieben gesamthaft das Gepräge zu geben; diese konzentrierten sich in der Wärmebranche auf den Bereich der Energiegewinnungsanlagen einschliesslich der dazugehörigen Gebäudetechnik.
4.2.1 4.2.2 In den Akten gibt es keine Hinweise dafür, dass die Beschwerdegegnerinnen Erdwärmesonden an sich (d.h. PE-Rohre resp. -Schläuche) entwickeln, planen, produzieren oder verkaufen; an der entsprechenden Feststellung kann nicht festgehalten werden (nicht publ. E. 2.2). Ebenso fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die Herstellung oder der Verkauf und Einbau von Wärmepumpen zum eigentlichen Tätigkeitsbereich der Beschwerdegegnerinnen gehören. Vielmehr ist unbestritten und geht auch die Vorinstanz davon aus, dass die jeweiligen Betriebe im Wesentlichen Heizungsanlagen erstellen in dem Sinne, als sie (vertikale) Erdbohrungen vornehmen, Erdwärmesonden einbringen und deren (horizontalen) Anschluss an das Gebäude resp. die Wärmepumpe bewerkstelligen. Die Feststellungen betreffend Zeit- und Umsatzanteil der einzelnen Tätigkeiten gründen auf dem von den Beschwerdegegnerinnen eingereichten "Prozessablauf"; sie sind nicht offensichtlich unrichtig und beruhen auch nicht auf einer Rechtsverletzung, weshalb sie für das Bundesgericht verbindlich bleiben (nicht publ. E. 2.2). BGE 139 III 165 S. 170
4.2.2 BGE 139 III 165 S. 170
4.2.3 Ausgangspunkt für die Zuordnung eines Betriebes ist die auf dem Markt angebotene einheitliche (Arbeits-)Leistung; den dabei notwendigerweise und als integrierender Bestandteil anfallenden Hilfs- und Nebentätigkeiten kommt keine eigenständige Bedeutung zu, selbst wenn sie einen grösseren Arbeitsaufwand als die Grundleistung erfordern (Urteil 4A_377/2009 vom 25. November 2009 E. 5.2). Die Vorinstanz hat somit zutreffend den Bereich "Einrichtung", d.h. die Bereitstellung von Gerät, Werkzeug und Material vor Ort, den Bohrarbeiten zugerechnet. Soweit sie indessen davon auszugehen scheint, dass eine bestimmte Tätigkeit mindestens 50 % aller anfallenden Arbeiten bzw. des Umsatzes ausmachen muss, um einem Betrieb das Gepräge zu geben, ist ihr nicht beizupflichten. Es geht vielmehr darum, welche Leistungen auf dem Markt angeboten werden und, bei mehreren, welche davon überwiegt. In den Bereichen Akquisition, Arbeitsvorbereitung und Abschluss fallen weitere wesentliche Arbeitsschritte mit direktem Bezug zur eigentlichen Bohrtätigkeit an. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass es sich bei den unter dem Punkt "Installation Wärmetauscher" erfassten Verrichtungen (gemäss "Prozessablauf" u.a. Hinterfüllen der Sonde, Durchfluss- und Druckprüfung, Montage des Verteilers bei Wärmepumpe, Anschluss der Verbindungsleitungen, Befüllung mit Wärmeträgerflüssigkeit) nicht um einen integrierenden Bestandteil der Bohrtätigkeit, sondern um eigenständig angebotene Leistungen handelte, ist der darauf entfallende Anteil an Zeitaufwand und Umsatz deutlich geringer. Ebenso liegt auf der Hand, dass die Bohrungen an sich wesentlich höhere Investitionen als die übrigen Tätigkeiten der Beschwerdegegnerinnen erfordern. Zudem ist nicht ersichtlich und wurde resp. wird nicht geltend gemacht, dass die Beschwerdegegnerinnen Aufträge ausführen, die nicht mit Bohrarbeiten verbunden sind. Laut dem vom Versicherungsgericht des Kantons Solothurn eingeholten Gutachten (vgl. BGE 125 V 351 E. 3b/aa S. 352 f.) des F., Dipl. Ing. ETH, vom 28. November 2011 muss denn auch das Einbringen der Erdwärmesonden, deren Prüfung auf Funktionstüchtigkeit und das Verfüllen des Bohrlochs in der Regel unmittelbar nach der Bohrung erfolgen. Somit stellen die Erdbohrungen für Erdwärmesonden und nicht die "Installation Wärmetauscher" resp. deren Anschluss an die Wärmepumpe die prägenden Tätigkeiten in den Betrieben der Beschwerdegegnerinnen dar.
4.2.3 Diese Auffassung scheint das kantonale Gericht insofern (implizite) zu teilen, als sich andernfalls die ausführlichen Erwägungen zur BGE 139 III 165 S. 171 Frage, ob solche Betriebe vom Geltungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR erfasst werden, von vornherein erübrigt hätten. Sie steht auch im Einklang mit dem Kontrollbericht vom 4. Oktober 2008. Weiter ist in Bezug auf die prägende Tätigkeit deren Zweck nicht von Belang. Diesem Aspekt und der Konkurrenzsituation zu Betrieben der Energie- resp. Gebäudetechnikbranche oder des Bauhauptgewerbes ist im Zusammenhang mit dem betrieblichen Geltungsbereich resp. der Auslegung von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR (E. 4.3) Rechnung zu tragen. Bietet der Betrieb - wie in den konkreten Fällen - höchstens in untergeordnetem Ausmass weitere "branchenfremde" Leistungen an, ist es für die prägende Tätigkeit ebenfalls bedeutungslos, ob sie in einem sog. (unechten) Mischbetrieb ausgeübt wird, und folglich auch, ob diese Qualifikation klar erkennbar war.
BGE 139 III 165 S. 171
4.3
4.3 4.3.1 Ausschlaggebend für die Frage, ob Betriebe wie jene der Beschwerdegegnerinnen in den betrieblichen Geltungsbereich von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR fallen, ist die Auslegung dieser Bestimmung (E. 3.2). Die Vorinstanz hat zutreffend darauf verwiesen, dass sich dafür weder aus der (Nicht-)Unterstellung unter den Landesmantelvertrag vom 13. Februar 1998 für das Bauhauptgewerbe (LMV; nicht publ. E. 5.3.3) noch aus der generellen Einordnung einer Betriebsart durch die SUVA etwas ableiten lasse. Dies gilt auch für die von der SUVA für die Beschwerdegegnerinnen erstellten "Versicherungsausweise Berufsunfallversicherung": Sie betreffen ausschliesslich das Rechtsverhältnis zwischen Unfallversicherung und Arbeitgeberin, enthalten keine für die Auslegung sachdienlichen Ausführungen und sind für das Gericht ohnehin nicht bindend.
4.3.1 4.3.2 Die Begriffe "Erdbohrung" oder "Erdwärmesondenbohrung" werden im Wortlaut von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR nicht erwähnt. Der vorinstanzlichen Auffassung, wonach sich deshalb eine Unterstellung von Betrieben, deren prägende Tätigkeiten Erdwärmesondenbohrungen sind, nicht begründen lasse, ist indessen nicht beizupflichten. Anders als das Plattenlegergewerbe, das typischerweise dem Ausbau und damit dem Baunebengewerbe zuzurechnen ist und von vornherein keinem der in Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR genannten Bereiche zugeordnet werden kann (SZS 2010 S. 453, 9C_1033/2009 E. 2.5 und 2.9), sind die hier fraglichen Betriebe vom Wortlaut erfasst, wenn sie in den Bereich "Tiefbau" (Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR) fallen. BGE 139 III 165 S. 172
4.3.2 BGE 139 III 165 S. 172
Für die Frage nach dem Gehalt des Ausdrucks "Tiefbau" ist nicht auf kantonales Vergaberecht abzustellen; als bundesrechtliche Bestimmung ist Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR nach gesamtschweizerischem Verständnis auszulegen (vgl. SZS 2010 S. 453, 9C_1033/2009 E. 2.7). Weiter ist nicht von Belang, dass die Arbeit auch "nach Fertigstellung der Baute", d.h. des an die Erdwärmesonden anzuschliessenden Gebäudes, ausgeführt werden kann. Mit dieser Argumentation wären auch etwa nachträgliche Grabungsarbeiten zwecks Neuverlegung von Wasser- oder Stromleitungen nicht dem Tiefbau zuzurechnen, was nicht der Fall ist. Zudem lässt sich das (verfüllte) Bohrloch selber als "Baute" mit "tragender Struktur" auffassen, geht es doch darum, Wärmesonden stabil und sicher im tiefen Erdreich zu installieren (vgl. etwa Norm 384/6, Erdwärmesonden, des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins [SIA] S. 23 Ziff. 4.3).
Dass Erdbohrungen im Allgemeinen - von den natürlichen Gegebenheiten her ganz offensichtlich - dem Tiefbau zuzurechnen sind, stellen auch die Beschwerdegegnerinnen nicht in Abrede. Inwiefern sich die Bohrtätigkeit für Erdwärmesonden in grundsätzlicher Hinsicht von anderen Bohrungen mit vergleichbarem Durchmesser (etwa für Sondierungen oder für sog. Mikropfähle) unterscheiden soll, ist nicht nachvollziehbar und wird auch von den Beschwerdegegnerinnen nicht einleuchtend dargelegt. In Bezug auf den Arbeitsvorgang selber ist denn auch der Bohrungszweck nicht von Belang. So werden etwa das Imlochhammer- und das Rotationsspül-Bohrverfahren (vgl. SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, S. 65 f.) nicht nur für Erdwärmesonden-, sondern auch für Brunnenbohrungen angewendet ( http://de.wikipedia.org/wiki/Bohrbrunnen, besucht am 25. März 2013). Soweit Bohrungen der hier interessierenden Art als Arbeiten des "Spezialtiefbaus" zu bezeichnen sind, ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, dass dieser eine Unterkategorie des "Tiefbaus" darstellt und somit vom Oberbegriff ohne Weiteres umfasst wird.
4.3.3
4.3.3 4.3.3.1 In systematischer Hinsicht sind nebst der Konkurrenzsituation (E. 4.3.3.2) branchenspezifische Regelungen von Bedeutung. Für die Frage des betrieblichen Geltungsbereichs ergibt sich aus dem Gehalt von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR keine Diskrepanz zu Art. 2 Abs. 1 lit. a GAV FAR (vgl. Urteil 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.7.2.1). BGE 139 III 165 S. 173
4.3.3.1 BGE 139 III 165 S. 173
Aus der SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, geht nicht hervor, ob Betriebe wie jene der Beschwerdegegnerinnen dem Tiefbau zuzurechnen sind. Dass die normativen Verweisungen (SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, S. 5) nach vorinstanzlicher Auffassung im Wesentlichen die Gebäudetechnik betreffen sollen, ist nicht ausschlaggebend; immerhin finden sich im Anhang zur Norm bedeutsame normative Regelungen, die den Bohrvorgang an sich betreffen (SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, S. 29 f. und 63 f.). Nach verbindlicher (nicht publ. E. 2.2) vorinstanzlicher Feststellung ist die SIA-Norm 384/6, Erdwärme, innerhalb der SIA-Normenwerke thematisch im Bereich Heizung, Lüftung und Klimaanlagen angesiedelt. Daraus lässt sich indessen nichts ableiten: Ausgangspunkt für die Branchenzuordnung ist, wie dargelegt (E. 4.2.3), die prägende Tätigkeit des Betriebs. Dass gerade dieses Kriterium ausschlaggebend war für die systematische Einordnung der Norm, ist nicht ersichtlich; vielmehr scheint der Bohrungszweck, d.h. die Heizung resp. Kühlung des angeschlossenen Gebäudes dafür entscheidend gewesen zu sein. Gleiches gilt in Bezug auf den Normpositionen-Katalog (NPK) der Schweizerischen Zentralstelle für Baurationalisierung, dabei insbesondere auf die - neu eingereichte (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG ) - NPK-Position 720.000, Erdwärmesonden-Anlagen.
Art. 99 Abs. 1 BGG Im Übrigen erstreckt sich der Geltungsbereich des GAV vom 31. März 2009 in der Schweizerischen Gebäudetechnikbranche resp. seiner mit Bundesratsbeschluss vom 20. Oktober 2009 (BBl 2009 7995) allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen nur auf Arbeitgeber und -nehmer, welche innerhalb und an der Gebäudehülle tätig sind (Art. 2 Abs. 2 des genannten Beschlusses). Das trifft auf die hier interessierenden Betriebe nicht resp. höchstens in unwesentlichem Ausmass zu, was klar gegen deren Zuordnung zur Gebäudetechnikbranche spricht.
4.3.3.2 Gemäss Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG; SR 221.215.311) kann der Geltungsbereich eines zwischen Verbänden abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrags auf Antrag aller Vertragsparteien durch Anordnung der zuständigen Behörde auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer des betreffenden Wirtschaftszweiges ausgedehnt werden, die am Vertrag nicht beteiligt sind. In verfassungskonformer Auslegung dieser Bestimmung ist darauf zu achten, dass direkte Konkurrenten in ihrer Wirtschaftsfreiheit gleichmässig eingeschränkt werden und im wirtschaftlichen Wettbewerb gleich BGE 139 III 165 S. 174 lange Spiesse erhalten (vgl. Art. 28 und Art. 94 Abs. 4 BV ). Zum selben Wirtschaftszweig sind Betriebe zu zählen, die zueinander insofern in einem direkten Konkurrenzverhältnis stehen, als sie Erzeugnisse oder Dienstleistungen gleicher Art anbieten ( BGE 134 III 11 E. 2.2 S. 13 f. mit Hinweisen).
4.3.3.2 Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG; SR 221.215.311) BGE 139 III 165 S. 174
Art. 28 und Art. 94 Abs. 4 BV Zwar lässt sich nicht von der Hand weisen, dass mit Blick auf den Bohrungszweck eine Konkurrenzsituation zu Herstellern anderer Gebäudeheiz- oder -kühlsysteme besteht, die mangels Tätigkeit im Bauhauptgewerbe für ihre Arbeitnehmer keine zusätzlichen Vorsorgebeiträge zu tragen haben. Der vorinstanzlichen, auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützten Auffassung, wonach sich die Tätigkeit von Betrieben wie jenen der Beschwerdegegnerinnen vom Ablauf her grundsätzlich nicht von derjenigen anderer Heizungsanlagenhersteller unterscheide, ist indessen - in Beantwortung einer Rechtsfrage (E. 3.3 in fine) - nicht beizupflichten. So haben diese namentlich keine Bohrungen vorzunehmen. Zudem sind die Erdwärmesonden, resp. ist die darin zirkulierende Flüssigkeit, als Energieträger mit dem zu klimatisierenden Gebäude verbunden, während bei anderen, konkurrierenden Systemen die Energie in der Regel in Form von Holz, Erdöl oder Elektrizität andernorts produziert und anschliessend dem System zugeführt wird. Insofern stehen die hier interessierenden Betriebe auch in Konkurrenz zu solchen aus dem Bereich Produktion von und Handel mit Energieträgern, was aber nicht eine Zuordnung zu diesem Wirtschaftszweig nach sich zieht. Art und Kosten der Herstellung, des Betriebs, des Unterhalts und des Wirkungsgrades der verschiedenen gebräuchlichen Heiz- oder Kühlsysteme differieren erheblich, ebenso die Umweltbelastung. In Bezug auf die Konkurrenz zu Herstellern anderer Systeme resp. zu Betrieben der Gebäudetechnikbranche kommt daher einer GAV FAR-Unterstellung keine vordringliche Bedeutung zu.
Hinsichtlich der Konkurrenz zu Betrieben des Tiefbaus, die "klassische" Bohrtätigkeiten ausführen und somit vom Geltungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR erfasst werden, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass manche davon nicht auch Erdwärmesondenbohrungen vornehmen (vgl. etwa http://www.mengis.ch ; http://www.kibag.ch/index.php?id=30&L=0&tx_kibagtabs_pi1[uid]=43 ; besucht am 27. März 2013). Insofern kann nicht von konkurrenzloser Spezialtätigkeit (vgl. BGE 134 III 11 E. 2.3 S. 14), die ohnehin nicht von vornherein zum BGE 139 III 165 S. 175 Ausschluss einer Unterstellung führt ( BGE 134 III 11 E. 2.4 S. 15), gesprochen werden. Für die eigentliche Bohrtätigkeit sind denn auch in weiten Teilen vergleichbare bautechnische Kenntnisse und Ausrüstungen erforderlich (vgl. SIA-Norm 384/6, Erdwärme, S. 63 f.). Zudem werden alle Betriebe, deren prägende Tätigkeit jener der Beschwerdegegnerinnen entspricht, im Sinne von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR der Tiefbaubranche zugerechnet. Somit spricht auch das systematische Element mit Blick auf den betrieblichen Geltungsbereich eher für deren Unterstellung unter die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR.
BGE 139 III 165 S. 175
4.3.4 Was die körperliche Belastung bei der Ausübung der prägenden Tätigkeit anbelangt, so ist dieser grundsätzlich nicht im Rahmen des betrieblichen, sondern des persönlichen Geltungsbereichs (nicht publ. E. 5.3) Rechnung zu tragen (E. 3.1; Urteil 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.6.1).
4.3.4 Schliesslich kommt dem Erfordernis der leichten Erkennbarkeit einer GAV-Unterstellung (E. 3.2) keine eigenständige Bedeutung zu; vielmehr ist sie im Zusammenhang mit den klassischen Elementen der Gesetzesauslegung zu berücksichtigen. Jedenfalls kann aus dem blossen Umstand, dass über die einen Betrieb prägende Tätigkeit und über die Frage, ob eine bestimmte Betriebskategorie in den Geltungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR fällt, unterschiedliche Auffassungen vertreten werden können, nicht auf eine fehlende Unterstellung geschlossen werden. Dies gilt auch unter dem Aspekt der Rechtssicherheit: Einerseits liegen Abgrenzungsfragen in der Natur der Sache und anderseits hätte es ansonsten ein Arbeitgeber in der Hand, sich der Beitragspflicht allein mit deren entsprechend begründeten Bestreitung zu entziehen, was nicht Sinn und Zweck einer Allgemeinverbindlicherklärung gesamtarbeitsvertraglicher Bestimmungen (vgl. etwa Art. 110 BV ; Art. 1 AVEG ) sein kann. Im Übrigen war in concreto zumindest die Möglichkeit einer GAV-Unterstellung leicht erkennbar.
Art. 110 BV Art. 1 AVEG 4.3.5 Nach dem Gesagten sind Betriebe wie jene der Beschwerdegegnerinnen (vgl. E. 4.2.2) dem Bereich Tiefbau im Sinn von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR zuzurechnen und somit vom (betrieblichen) Geltungsbereich der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR erfasst.
4.3.5
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Urteilskopf 139 III 165 23. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (Stiftung FAR) gegen B. GmbH und R. GmbH (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_975/2012 / 9C_976/2012 vom 15. April 2013 Regeste Art. 2 Abs. 4 lit. a des Bundesratsbeschlusses über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR); Unterstellung. Betriebe, die Erdwärmesondenbohrungen durchführen, d.h. im Wesentlichen (vertikale) Erdbohrungen vornehmen, Erdwärmesonden einbringen und deren (horizontalen) Anschluss an das Gebäude resp. die Wärmepumpe bewerkstelligen, sind dem Tiefbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR zuzurechnen. Sie fallen daher unter den betrieblichen Geltungsbereich der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR (E. 4.3). Sachverhalt ab Seite 166 BGE 139 III 165 S. 166 A. Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV), die GBI Gewerkschaft Bau & Industrie (heute: Unia) sowie die Gewerkschaft SYNA schlossen am 12. November 2002 einen Gesamtarbeitsvertrag für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR), mit dessen Vollzug die Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (Stiftung FAR) betraut ist. Durch Beschluss des Bundesrates vom 5. Juni 2003 wurde der GAV FAR teilweise allgemeinverbindlich erklärt. B. Die B. GmbH und die R. GmbH sind nicht Mitglieder des SBV. Laut Handelsregister bezwecken beide die Entwicklung, Planung, Produktion und Installation von Energie-Gewinnungsanlagen und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten. Die Gesellschaften können sich in beliebiger Form an anderen Unternehmungen beteiligen, die Fusion mit ihnen eingehen oder andere Unternehmungen selbst gründen, erwerben oder pachten, Zweigniederlassungen im In- und Ausland errichten und Grundstücke erwerben und verwalten. Nachdem die Stiftung FAR im Oktober 2008 Abklärungen vor Ort getroffen hatte, teilte sie den Gesellschaften im August 2010 mit, sie seien seit dem 1. Januar 2007 dem GAV FAR unterstellt und hätten die entsprechenden Beiträge zu bezahlen; die Gesellschaften vertraten den gegenteiligen Standpunkt und verweigerten die Beitragszahlung. Die Stiftung FAR beantragte mit Klage vom 6. Juni 2011, die B. GmbH habe für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2010 Beiträge von Fr. 151'419.25 nebst Zins zu 5 % (für Fr. 35'015.30 ab 1. Januar 2008, für Fr. 38'841.05 ab 1. Januar 2009, für Fr. 44'798.85 ab 1. Januar 2010 und für Fr. 32'764.05 ab 1. Januar 2011) zu bezahlen, und mit jener vom 8. Juni 2011, die R. GmbH habe für den gleichen Zeitraum Beiträge von Fr. 162'348.70 nebst Zins zu 5 % (für Fr. 33'198.50 ab 1. Januar 2008, für Fr. 45'421.60 ab 1. Januar 2009, für Fr. 45'754.70 ab 1. Januar 2010 und für Fr. 37'973.90 ab 1. Januar 2011) zu bezahlen. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die Klagen mit Entscheiden vom 18. Oktober 2012 ab. C. Die Stiftung FAR lässt mit Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren erneuern. BGE 139 III 165 S. 167 Die B. GmbH und die R. GmbH lassen auf Abweisung der jeweiligen Beschwerde schliessen. Das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf Vernehmlassungen. Das Bundesgericht vereinigt die Verfahren und heisst die Beschwerden gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Die für den betrieblichen Geltungsbereich einschlägige Bestimmung von Art. 2 Abs. 4 des Bundesratsbeschlusses vom 5. Juni 2003 über die Allgemeinverbindlicherklärung des GAV FAR (AVE GAV FAR; BBl 2003 4039) lautet wie folgt: "Die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des im Anhang wiedergegebenen Gesamtarbeitsvertrages über den flexiblen Altersrücktritt (GAV FAR) gelten für die Betriebe, Betriebsteile und selbständigen Akkordanten der folgenden Bereiche: a) Hoch-, Tief-, Untertag- und Strassenbau (einschliesslich Belagseinbau); b) Aushub, Abbruch, Deponie- und Recyclingbetriebe; c) Steinhauer- und Steinbruchgewerbe sowie Pflästereibetriebe; d) Fassadenbau- und Fassadenisolationsbetriebe, ausgenommen Betriebe, die in der Gebäudehülle tätig sind. Der Begriff "Gebäudehülle" schliesst ein: geneigte Dächer, Unterdächer, Flachdächer und Fassadenbekleidungen (mit dazugehörendem Unterbau und Wärmedämmung); e) Abdichtungs- und Isolationsbetriebe für Arbeiten an der Gebäudehülle im weiteren Sinn und analoge Arbeiten im Tief- und Untertagbereich; f) Betoninjektions- und Betonsanierungsbetriebe; g) Betriebe, die Asphaltierungen ausführen und Unterlagsböden erstellen; h) Betriebe, die gesamtbetrieblich mehrheitlich Geleisebau- und Bahnunterhaltsarbeiten ausführen, ausgenommen Betriebe, die Schienenschweiss- und Schienenschleifarbeiten, maschinellen Geleiseunterhalt sowie Fahrleitungs- und Stromkreislaufarbeiten ausführen." Massgebliches Kriterium für den betrieblichen Geltungsbereich ist somit die Branche, der ein Betrieb zuzuordnen ist. Dafür ausschlaggebend sind die Tätigkeiten, die ihm das Gepräge geben, nicht hingegen der Handelsregistereintrag oder die Art und Weise, wie die Tätigkeiten ausgeführt resp. welche Hilfsmittel dabei eingesetzt werden ( BGE 134 III 11 E. 2.1 S. 13 mit weiteren Hinweisen; Urteil 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.6.1). BGE 139 III 165 S. 168 3.2 Für die Auslegung von Bestimmungen über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen gelten die allgemeinen Grundsätze der Gesetzesauslegung ( BGE 127 III 318 E. 2a S. 322; Urteil des Bundesgerichts 4C.93/1997 vom 8. Oktober 1997 E. 3a, in: Jahrbuch des Schweizerischen Arbeitsrechts [JAR] 1998 S. 282 ff.; je mit Hinweisen). Es besteht weder ein Grund für eine besonders restriktive noch für eine besonders weite Auslegung. Besondere Bedeutung kommt jedoch dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit zu. Wenn der Gesamtarbeitsvertrag seine Schutzfunktion erfüllen soll, muss es für die Parteien leicht erkennbar sein, ob sie ihm unterstehen oder nicht. Durch die Allgemeinverbindlicherklärung sollen die Arbeitsbedingungen der bei Aussenseitern angestellten Arbeitnehmer gesichert, die Sozial- und Arbeitsbedingungen als Faktor des Konkurrenzkampfes ausgeschlossen und dem Gesamtarbeitsvertrag zu grösserer Durchsetzungskraft verholfen werden (Urteile 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.3 und 4C.45/2002 vom 11. Juli 2002 E. 2.1.2). Die Auslegung des Gesetzes ist auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die von ihm erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm bildet ihr Wortlaut. Vom daraus abgeleiteten Sinne ist jedoch abzuweichen, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass der Gesetzgeber diesen nicht gewollt haben kann (vgl. BGE 136 V 84 E. 4.3.2.1 S. 92). Solche Gründe können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm, aus ihrem Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben ( BGE 135 IV 113 E. 2.4.2 S. 116; BGE 135 V 382 E. 11.4.1 S. 404; BGE 127 III 318 E. 2b S. 322 f.). 3.3 Tatfrage ist, welche Tätigkeiten in einem Betrieb oder selbstständigen Betriebsteil in welchem Ausmass vorkommen. Hingegen ist frei überprüfbare Rechtsfrage (nicht publ. E. 2.2), welche der festgestellten Tätigkeiten dem Betrieb das Gepräge geben (SVR 2012 BVG Nr. 23 S. 92, 9C_378/2011 E. 7.3.1; Urteil 4A_377/2009 vom 25. November 2009 E. 3.1 Abs. 1 in fine) resp. nach welchen Gesichtspunkten die Zuordnung zu einem bestimmten Wirtschaftszweig erfolgt (vgl. Urteil 9C_433/2012 vom 13. Februar 2013 E. 4.2 mit Hinweisen). 4. 4.1 Es steht fest, dass beide Beschwerdegegnerinnen nicht mehrere selbstständige Betriebsteile, sondern jeweils nur einen Betrieb führen, und dass die Betriebe in Bezug auf Organisation und BGE 139 III 165 S. 169 Tätigkeiten identisch strukturiert sind. Streitig und zu prüfen ist, welcher Branche sie zuzuordnen sind, wobei sich namentlich die Frage stellt, ob die Tätigkeit im Bereich der Erdwärmesondenbohrungen ihnen das Gepräge gibt. Ist dies zu bejahen, ist sodann umstritten, ob solche Betriebe unter den Geltungsbereich von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR (E. 3.1) fallen. 4.2 4.2.1 Die Vorinstanz hat festgestellt, die Beschwerdegegnerinnen nähmen nebst der Entwicklung, Planung und Produktion von Erdwärmesonden deren Installation vor oder verkauften sie an Dritte als Produkt. Die Erdwärmesondenbohrung bilde dabei lediglich einen Teil der Installation. Das Schwergewicht liege bei der Installation von Heizungsanlagen für Neu- und Umbauten (einschliesslich Akquisition [7 % Zeitanteil], Avor [24 % Zeitanteil], Einrichten [17 % Zeitanteil], Erdwärmesondenbohrung [18 % Zeitanteil], Installation Wärmetauscher [26 % Zeitanteil] und Abschluss [7 % Zeitanteil]). Die Bohrarbeiten einschliesslich Einrichten beanspruchten für sich allein mit 35 % keinen überwiegenden Zeitanteil an den gesamten Arbeiten und der Anteil am Umsatz betrage 45 %. Sie ist daher der Auffassung, die Bohrarbeiten seien nicht geeignet, den Betrieben gesamthaft das Gepräge zu geben; diese konzentrierten sich in der Wärmebranche auf den Bereich der Energiegewinnungsanlagen einschliesslich der dazugehörigen Gebäudetechnik. 4.2.2 In den Akten gibt es keine Hinweise dafür, dass die Beschwerdegegnerinnen Erdwärmesonden an sich (d.h. PE-Rohre resp. -Schläuche) entwickeln, planen, produzieren oder verkaufen; an der entsprechenden Feststellung kann nicht festgehalten werden (nicht publ. E. 2.2). Ebenso fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die Herstellung oder der Verkauf und Einbau von Wärmepumpen zum eigentlichen Tätigkeitsbereich der Beschwerdegegnerinnen gehören. Vielmehr ist unbestritten und geht auch die Vorinstanz davon aus, dass die jeweiligen Betriebe im Wesentlichen Heizungsanlagen erstellen in dem Sinne, als sie (vertikale) Erdbohrungen vornehmen, Erdwärmesonden einbringen und deren (horizontalen) Anschluss an das Gebäude resp. die Wärmepumpe bewerkstelligen. Die Feststellungen betreffend Zeit- und Umsatzanteil der einzelnen Tätigkeiten gründen auf dem von den Beschwerdegegnerinnen eingereichten "Prozessablauf"; sie sind nicht offensichtlich unrichtig und beruhen auch nicht auf einer Rechtsverletzung, weshalb sie für das Bundesgericht verbindlich bleiben (nicht publ. E. 2.2). BGE 139 III 165 S. 170 4.2.3 Ausgangspunkt für die Zuordnung eines Betriebes ist die auf dem Markt angebotene einheitliche (Arbeits-)Leistung; den dabei notwendigerweise und als integrierender Bestandteil anfallenden Hilfs- und Nebentätigkeiten kommt keine eigenständige Bedeutung zu, selbst wenn sie einen grösseren Arbeitsaufwand als die Grundleistung erfordern (Urteil 4A_377/2009 vom 25. November 2009 E. 5.2). Die Vorinstanz hat somit zutreffend den Bereich "Einrichtung", d.h. die Bereitstellung von Gerät, Werkzeug und Material vor Ort, den Bohrarbeiten zugerechnet. Soweit sie indessen davon auszugehen scheint, dass eine bestimmte Tätigkeit mindestens 50 % aller anfallenden Arbeiten bzw. des Umsatzes ausmachen muss, um einem Betrieb das Gepräge zu geben, ist ihr nicht beizupflichten. Es geht vielmehr darum, welche Leistungen auf dem Markt angeboten werden und, bei mehreren, welche davon überwiegt. In den Bereichen Akquisition, Arbeitsvorbereitung und Abschluss fallen weitere wesentliche Arbeitsschritte mit direktem Bezug zur eigentlichen Bohrtätigkeit an. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass es sich bei den unter dem Punkt "Installation Wärmetauscher" erfassten Verrichtungen (gemäss "Prozessablauf" u.a. Hinterfüllen der Sonde, Durchfluss- und Druckprüfung, Montage des Verteilers bei Wärmepumpe, Anschluss der Verbindungsleitungen, Befüllung mit Wärmeträgerflüssigkeit) nicht um einen integrierenden Bestandteil der Bohrtätigkeit, sondern um eigenständig angebotene Leistungen handelte, ist der darauf entfallende Anteil an Zeitaufwand und Umsatz deutlich geringer. Ebenso liegt auf der Hand, dass die Bohrungen an sich wesentlich höhere Investitionen als die übrigen Tätigkeiten der Beschwerdegegnerinnen erfordern. Zudem ist nicht ersichtlich und wurde resp. wird nicht geltend gemacht, dass die Beschwerdegegnerinnen Aufträge ausführen, die nicht mit Bohrarbeiten verbunden sind. Laut dem vom Versicherungsgericht des Kantons Solothurn eingeholten Gutachten (vgl. BGE 125 V 351 E. 3b/aa S. 352 f.) des F., Dipl. Ing. ETH, vom 28. November 2011 muss denn auch das Einbringen der Erdwärmesonden, deren Prüfung auf Funktionstüchtigkeit und das Verfüllen des Bohrlochs in der Regel unmittelbar nach der Bohrung erfolgen. Somit stellen die Erdbohrungen für Erdwärmesonden und nicht die "Installation Wärmetauscher" resp. deren Anschluss an die Wärmepumpe die prägenden Tätigkeiten in den Betrieben der Beschwerdegegnerinnen dar. Diese Auffassung scheint das kantonale Gericht insofern (implizite) zu teilen, als sich andernfalls die ausführlichen Erwägungen zur BGE 139 III 165 S. 171 Frage, ob solche Betriebe vom Geltungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR erfasst werden, von vornherein erübrigt hätten. Sie steht auch im Einklang mit dem Kontrollbericht vom 4. Oktober 2008. Weiter ist in Bezug auf die prägende Tätigkeit deren Zweck nicht von Belang. Diesem Aspekt und der Konkurrenzsituation zu Betrieben der Energie- resp. Gebäudetechnikbranche oder des Bauhauptgewerbes ist im Zusammenhang mit dem betrieblichen Geltungsbereich resp. der Auslegung von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR (E. 4.3) Rechnung zu tragen. Bietet der Betrieb - wie in den konkreten Fällen - höchstens in untergeordnetem Ausmass weitere "branchenfremde" Leistungen an, ist es für die prägende Tätigkeit ebenfalls bedeutungslos, ob sie in einem sog. (unechten) Mischbetrieb ausgeübt wird, und folglich auch, ob diese Qualifikation klar erkennbar war. 4.3 4.3.1 Ausschlaggebend für die Frage, ob Betriebe wie jene der Beschwerdegegnerinnen in den betrieblichen Geltungsbereich von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR fallen, ist die Auslegung dieser Bestimmung (E. 3.2). Die Vorinstanz hat zutreffend darauf verwiesen, dass sich dafür weder aus der (Nicht-)Unterstellung unter den Landesmantelvertrag vom 13. Februar 1998 für das Bauhauptgewerbe (LMV; nicht publ. E. 5.3.3) noch aus der generellen Einordnung einer Betriebsart durch die SUVA etwas ableiten lasse. Dies gilt auch für die von der SUVA für die Beschwerdegegnerinnen erstellten "Versicherungsausweise Berufsunfallversicherung": Sie betreffen ausschliesslich das Rechtsverhältnis zwischen Unfallversicherung und Arbeitgeberin, enthalten keine für die Auslegung sachdienlichen Ausführungen und sind für das Gericht ohnehin nicht bindend. 4.3.2 Die Begriffe "Erdbohrung" oder "Erdwärmesondenbohrung" werden im Wortlaut von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR nicht erwähnt. Der vorinstanzlichen Auffassung, wonach sich deshalb eine Unterstellung von Betrieben, deren prägende Tätigkeiten Erdwärmesondenbohrungen sind, nicht begründen lasse, ist indessen nicht beizupflichten. Anders als das Plattenlegergewerbe, das typischerweise dem Ausbau und damit dem Baunebengewerbe zuzurechnen ist und von vornherein keinem der in Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR genannten Bereiche zugeordnet werden kann (SZS 2010 S. 453, 9C_1033/2009 E. 2.5 und 2.9), sind die hier fraglichen Betriebe vom Wortlaut erfasst, wenn sie in den Bereich "Tiefbau" (Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR) fallen. BGE 139 III 165 S. 172 Für die Frage nach dem Gehalt des Ausdrucks "Tiefbau" ist nicht auf kantonales Vergaberecht abzustellen; als bundesrechtliche Bestimmung ist Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR nach gesamtschweizerischem Verständnis auszulegen (vgl. SZS 2010 S. 453, 9C_1033/2009 E. 2.7). Weiter ist nicht von Belang, dass die Arbeit auch "nach Fertigstellung der Baute", d.h. des an die Erdwärmesonden anzuschliessenden Gebäudes, ausgeführt werden kann. Mit dieser Argumentation wären auch etwa nachträgliche Grabungsarbeiten zwecks Neuverlegung von Wasser- oder Stromleitungen nicht dem Tiefbau zuzurechnen, was nicht der Fall ist. Zudem lässt sich das (verfüllte) Bohrloch selber als "Baute" mit "tragender Struktur" auffassen, geht es doch darum, Wärmesonden stabil und sicher im tiefen Erdreich zu installieren (vgl. etwa Norm 384/6, Erdwärmesonden, des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins [SIA] S. 23 Ziff. 4.3). Dass Erdbohrungen im Allgemeinen - von den natürlichen Gegebenheiten her ganz offensichtlich - dem Tiefbau zuzurechnen sind, stellen auch die Beschwerdegegnerinnen nicht in Abrede. Inwiefern sich die Bohrtätigkeit für Erdwärmesonden in grundsätzlicher Hinsicht von anderen Bohrungen mit vergleichbarem Durchmesser (etwa für Sondierungen oder für sog. Mikropfähle) unterscheiden soll, ist nicht nachvollziehbar und wird auch von den Beschwerdegegnerinnen nicht einleuchtend dargelegt. In Bezug auf den Arbeitsvorgang selber ist denn auch der Bohrungszweck nicht von Belang. So werden etwa das Imlochhammer- und das Rotationsspül-Bohrverfahren (vgl. SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, S. 65 f.) nicht nur für Erdwärmesonden-, sondern auch für Brunnenbohrungen angewendet ( http://de.wikipedia.org/wiki/Bohrbrunnen, besucht am 25. März 2013). Soweit Bohrungen der hier interessierenden Art als Arbeiten des "Spezialtiefbaus" zu bezeichnen sind, ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, dass dieser eine Unterkategorie des "Tiefbaus" darstellt und somit vom Oberbegriff ohne Weiteres umfasst wird. 4.3.3 4.3.3.1 In systematischer Hinsicht sind nebst der Konkurrenzsituation (E. 4.3.3.2) branchenspezifische Regelungen von Bedeutung. Für die Frage des betrieblichen Geltungsbereichs ergibt sich aus dem Gehalt von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR keine Diskrepanz zu Art. 2 Abs. 1 lit. a GAV FAR (vgl. Urteil 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.7.2.1). BGE 139 III 165 S. 173 Aus der SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, geht nicht hervor, ob Betriebe wie jene der Beschwerdegegnerinnen dem Tiefbau zuzurechnen sind. Dass die normativen Verweisungen (SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, S. 5) nach vorinstanzlicher Auffassung im Wesentlichen die Gebäudetechnik betreffen sollen, ist nicht ausschlaggebend; immerhin finden sich im Anhang zur Norm bedeutsame normative Regelungen, die den Bohrvorgang an sich betreffen (SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, S. 29 f. und 63 f.). Nach verbindlicher (nicht publ. E. 2.2) vorinstanzlicher Feststellung ist die SIA-Norm 384/6, Erdwärme, innerhalb der SIA-Normenwerke thematisch im Bereich Heizung, Lüftung und Klimaanlagen angesiedelt. Daraus lässt sich indessen nichts ableiten: Ausgangspunkt für die Branchenzuordnung ist, wie dargelegt (E. 4.2.3), die prägende Tätigkeit des Betriebs. Dass gerade dieses Kriterium ausschlaggebend war für die systematische Einordnung der Norm, ist nicht ersichtlich; vielmehr scheint der Bohrungszweck, d.h. die Heizung resp. Kühlung des angeschlossenen Gebäudes dafür entscheidend gewesen zu sein. Gleiches gilt in Bezug auf den Normpositionen-Katalog (NPK) der Schweizerischen Zentralstelle für Baurationalisierung, dabei insbesondere auf die - neu eingereichte (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG ) - NPK-Position 720.000, Erdwärmesonden-Anlagen. Im Übrigen erstreckt sich der Geltungsbereich des GAV vom 31. März 2009 in der Schweizerischen Gebäudetechnikbranche resp. seiner mit Bundesratsbeschluss vom 20. Oktober 2009 (BBl 2009 7995) allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen nur auf Arbeitgeber und -nehmer, welche innerhalb und an der Gebäudehülle tätig sind (Art. 2 Abs. 2 des genannten Beschlusses). Das trifft auf die hier interessierenden Betriebe nicht resp. höchstens in unwesentlichem Ausmass zu, was klar gegen deren Zuordnung zur Gebäudetechnikbranche spricht. 4.3.3.2 Gemäss Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG; SR 221.215.311) kann der Geltungsbereich eines zwischen Verbänden abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrags auf Antrag aller Vertragsparteien durch Anordnung der zuständigen Behörde auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer des betreffenden Wirtschaftszweiges ausgedehnt werden, die am Vertrag nicht beteiligt sind. In verfassungskonformer Auslegung dieser Bestimmung ist darauf zu achten, dass direkte Konkurrenten in ihrer Wirtschaftsfreiheit gleichmässig eingeschränkt werden und im wirtschaftlichen Wettbewerb gleich BGE 139 III 165 S. 174 lange Spiesse erhalten (vgl. Art. 28 und Art. 94 Abs. 4 BV ). Zum selben Wirtschaftszweig sind Betriebe zu zählen, die zueinander insofern in einem direkten Konkurrenzverhältnis stehen, als sie Erzeugnisse oder Dienstleistungen gleicher Art anbieten ( BGE 134 III 11 E. 2.2 S. 13 f. mit Hinweisen). Zwar lässt sich nicht von der Hand weisen, dass mit Blick auf den Bohrungszweck eine Konkurrenzsituation zu Herstellern anderer Gebäudeheiz- oder -kühlsysteme besteht, die mangels Tätigkeit im Bauhauptgewerbe für ihre Arbeitnehmer keine zusätzlichen Vorsorgebeiträge zu tragen haben. Der vorinstanzlichen, auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützten Auffassung, wonach sich die Tätigkeit von Betrieben wie jenen der Beschwerdegegnerinnen vom Ablauf her grundsätzlich nicht von derjenigen anderer Heizungsanlagenhersteller unterscheide, ist indessen - in Beantwortung einer Rechtsfrage (E. 3.3 in fine) - nicht beizupflichten. So haben diese namentlich keine Bohrungen vorzunehmen. Zudem sind die Erdwärmesonden, resp. ist die darin zirkulierende Flüssigkeit, als Energieträger mit dem zu klimatisierenden Gebäude verbunden, während bei anderen, konkurrierenden Systemen die Energie in der Regel in Form von Holz, Erdöl oder Elektrizität andernorts produziert und anschliessend dem System zugeführt wird. Insofern stehen die hier interessierenden Betriebe auch in Konkurrenz zu solchen aus dem Bereich Produktion von und Handel mit Energieträgern, was aber nicht eine Zuordnung zu diesem Wirtschaftszweig nach sich zieht. Art und Kosten der Herstellung, des Betriebs, des Unterhalts und des Wirkungsgrades der verschiedenen gebräuchlichen Heiz- oder Kühlsysteme differieren erheblich, ebenso die Umweltbelastung. In Bezug auf die Konkurrenz zu Herstellern anderer Systeme resp. zu Betrieben der Gebäudetechnikbranche kommt daher einer GAV FAR-Unterstellung keine vordringliche Bedeutung zu. Hinsichtlich der Konkurrenz zu Betrieben des Tiefbaus, die "klassische" Bohrtätigkeiten ausführen und somit vom Geltungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR erfasst werden, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass manche davon nicht auch Erdwärmesondenbohrungen vornehmen (vgl. etwa http://www.mengis.ch ; http://www.kibag.ch/index.php?id=30&L=0&tx_kibagtabs_pi1[uid]=43 ; besucht am 27. März 2013). Insofern kann nicht von konkurrenzloser Spezialtätigkeit (vgl. BGE 134 III 11 E. 2.3 S. 14), die ohnehin nicht von vornherein zum BGE 139 III 165 S. 175 Ausschluss einer Unterstellung führt ( BGE 134 III 11 E. 2.4 S. 15), gesprochen werden. Für die eigentliche Bohrtätigkeit sind denn auch in weiten Teilen vergleichbare bautechnische Kenntnisse und Ausrüstungen erforderlich (vgl. SIA-Norm 384/6, Erdwärme, S. 63 f.). Zudem werden alle Betriebe, deren prägende Tätigkeit jener der Beschwerdegegnerinnen entspricht, im Sinne von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR der Tiefbaubranche zugerechnet. Somit spricht auch das systematische Element mit Blick auf den betrieblichen Geltungsbereich eher für deren Unterstellung unter die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR. 4.3.4 Was die körperliche Belastung bei der Ausübung der prägenden Tätigkeit anbelangt, so ist dieser grundsätzlich nicht im Rahmen des betrieblichen, sondern des persönlichen Geltungsbereichs (nicht publ. E. 5.3) Rechnung zu tragen (E. 3.1; Urteil 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.6.1). Schliesslich kommt dem Erfordernis der leichten Erkennbarkeit einer GAV-Unterstellung (E. 3.2) keine eigenständige Bedeutung zu; vielmehr ist sie im Zusammenhang mit den klassischen Elementen der Gesetzesauslegung zu berücksichtigen. Jedenfalls kann aus dem blossen Umstand, dass über die einen Betrieb prägende Tätigkeit und über die Frage, ob eine bestimmte Betriebskategorie in den Geltungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR fällt, unterschiedliche Auffassungen vertreten werden können, nicht auf eine fehlende Unterstellung geschlossen werden. Dies gilt auch unter dem Aspekt der Rechtssicherheit: Einerseits liegen Abgrenzungsfragen in der Natur der Sache und anderseits hätte es ansonsten ein Arbeitgeber in der Hand, sich der Beitragspflicht allein mit deren entsprechend begründeten Bestreitung zu entziehen, was nicht Sinn und Zweck einer Allgemeinverbindlicherklärung gesamtarbeitsvertraglicher Bestimmungen (vgl. etwa Art. 110 BV ; Art. 1 AVEG ) sein kann. Im Übrigen war in concreto zumindest die Möglichkeit einer GAV-Unterstellung leicht erkennbar. 4.3.5 Nach dem Gesagten sind Betriebe wie jene der Beschwerdegegnerinnen (vgl. E. 4.2.2) dem Bereich Tiefbau im Sinn von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR zuzurechnen und somit vom (betrieblichen) Geltungsbereich der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR erfasst.
Urteilskopf
23. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (Stiftung FAR) gegen B. GmbH und R. GmbH (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_975/2012 / 9C_976/2012 vom 15. April 2013
Regeste Art. 2 Abs. 4 lit. a des Bundesratsbeschlusses über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR); Unterstellung. Betriebe, die Erdwärmesondenbohrungen durchführen, d.h. im Wesentlichen (vertikale) Erdbohrungen vornehmen, Erdwärmesonden einbringen und deren (horizontalen) Anschluss an das Gebäude resp. die Wärmepumpe bewerkstelligen, sind dem Tiefbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR zuzurechnen. Sie fallen daher unter den betrieblichen Geltungsbereich der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR (E. 4.3).
Regeste
Art. 2 Abs. 4 lit. a des Bundesratsbeschlusses über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR); Unterstellung. Betriebe, die Erdwärmesondenbohrungen durchführen, d.h. im Wesentlichen (vertikale) Erdbohrungen vornehmen, Erdwärmesonden einbringen und deren (horizontalen) Anschluss an das Gebäude resp. die Wärmepumpe bewerkstelligen, sind dem Tiefbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR zuzurechnen. Sie fallen daher unter den betrieblichen Geltungsbereich der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR (E. 4.3).
Betriebe, die Erdwärmesondenbohrungen durchführen, d.h. im Wesentlichen (vertikale) Erdbohrungen vornehmen, Erdwärmesonden einbringen und deren (horizontalen) Anschluss an das Gebäude resp. die Wärmepumpe bewerkstelligen, sind dem Tiefbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR zuzurechnen. Sie fallen daher unter den betrieblichen Geltungsbereich der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR (E. 4.3).
Sachverhalt ab Seite 166
Sachverhalt ab Seite 166 BGE 139 III 165 S. 166
BGE 139 III 165 S. 166
A. Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV), die GBI Gewerkschaft Bau & Industrie (heute: Unia) sowie die Gewerkschaft SYNA schlossen am 12. November 2002 einen Gesamtarbeitsvertrag für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR), mit dessen Vollzug die Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (Stiftung FAR) betraut ist. Durch Beschluss des Bundesrates vom 5. Juni 2003 wurde der GAV FAR teilweise allgemeinverbindlich erklärt.
A. B. Die B. GmbH und die R. GmbH sind nicht Mitglieder des SBV. Laut Handelsregister bezwecken beide die Entwicklung, Planung, Produktion und Installation von Energie-Gewinnungsanlagen und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten. Die Gesellschaften können sich in beliebiger Form an anderen Unternehmungen beteiligen, die Fusion mit ihnen eingehen oder andere Unternehmungen selbst gründen, erwerben oder pachten, Zweigniederlassungen im In- und Ausland errichten und Grundstücke erwerben und verwalten. Nachdem die Stiftung FAR im Oktober 2008 Abklärungen vor Ort getroffen hatte, teilte sie den Gesellschaften im August 2010 mit, sie seien seit dem 1. Januar 2007 dem GAV FAR unterstellt und hätten die entsprechenden Beiträge zu bezahlen; die Gesellschaften vertraten den gegenteiligen Standpunkt und verweigerten die Beitragszahlung.
B. Die Stiftung FAR beantragte mit Klage vom 6. Juni 2011, die B. GmbH habe für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2010 Beiträge von Fr. 151'419.25 nebst Zins zu 5 % (für Fr. 35'015.30 ab 1. Januar 2008, für Fr. 38'841.05 ab 1. Januar 2009, für Fr. 44'798.85 ab 1. Januar 2010 und für Fr. 32'764.05 ab 1. Januar 2011) zu bezahlen, und mit jener vom 8. Juni 2011, die R. GmbH habe für den gleichen Zeitraum Beiträge von Fr. 162'348.70 nebst Zins zu 5 % (für Fr. 33'198.50 ab 1. Januar 2008, für Fr. 45'421.60 ab 1. Januar 2009, für Fr. 45'754.70 ab 1. Januar 2010 und für Fr. 37'973.90 ab 1. Januar 2011) zu bezahlen. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die Klagen mit Entscheiden vom 18. Oktober 2012 ab.
C. Die Stiftung FAR lässt mit Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren erneuern. BGE 139 III 165 S. 167
C. BGE 139 III 165 S. 167
Die B. GmbH und die R. GmbH lassen auf Abweisung der jeweiligen Beschwerde schliessen. Das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf Vernehmlassungen.
Das Bundesgericht vereinigt die Verfahren und heisst die Beschwerden gut.
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
3.
3. 3.1 Die für den betrieblichen Geltungsbereich einschlägige Bestimmung von Art. 2 Abs. 4 des Bundesratsbeschlusses vom 5. Juni 2003 über die Allgemeinverbindlicherklärung des GAV FAR (AVE GAV FAR; BBl 2003 4039) lautet wie folgt:
3.1 "Die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des im Anhang wiedergegebenen Gesamtarbeitsvertrages über den flexiblen Altersrücktritt (GAV FAR) gelten für die Betriebe, Betriebsteile und selbständigen Akkordanten der folgenden Bereiche:
a) Hoch-, Tief-, Untertag- und Strassenbau (einschliesslich Belagseinbau);
b) Aushub, Abbruch, Deponie- und Recyclingbetriebe;
c) Steinhauer- und Steinbruchgewerbe sowie Pflästereibetriebe;
d) Fassadenbau- und Fassadenisolationsbetriebe, ausgenommen Betriebe, die in der Gebäudehülle tätig sind. Der Begriff "Gebäudehülle" schliesst ein: geneigte Dächer, Unterdächer, Flachdächer und Fassadenbekleidungen (mit dazugehörendem Unterbau und Wärmedämmung);
e) Abdichtungs- und Isolationsbetriebe für Arbeiten an der Gebäudehülle im weiteren Sinn und analoge Arbeiten im Tief- und Untertagbereich;
f) Betoninjektions- und Betonsanierungsbetriebe;
g) Betriebe, die Asphaltierungen ausführen und Unterlagsböden erstellen;
h) Betriebe, die gesamtbetrieblich mehrheitlich Geleisebau- und Bahnunterhaltsarbeiten ausführen, ausgenommen Betriebe, die Schienenschweiss- und Schienenschleifarbeiten, maschinellen Geleiseunterhalt sowie Fahrleitungs- und Stromkreislaufarbeiten ausführen."
Massgebliches Kriterium für den betrieblichen Geltungsbereich ist somit die Branche, der ein Betrieb zuzuordnen ist. Dafür ausschlaggebend sind die Tätigkeiten, die ihm das Gepräge geben, nicht hingegen der Handelsregistereintrag oder die Art und Weise, wie die Tätigkeiten ausgeführt resp. welche Hilfsmittel dabei eingesetzt werden ( BGE 134 III 11 E. 2.1 S. 13 mit weiteren Hinweisen; Urteil 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.6.1). BGE 139 III 165 S. 168
BGE 139 III 165 S. 168
3.2 Für die Auslegung von Bestimmungen über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen gelten die allgemeinen Grundsätze der Gesetzesauslegung ( BGE 127 III 318 E. 2a S. 322; Urteil des Bundesgerichts 4C.93/1997 vom 8. Oktober 1997 E. 3a, in: Jahrbuch des Schweizerischen Arbeitsrechts [JAR] 1998 S. 282 ff.; je mit Hinweisen). Es besteht weder ein Grund für eine besonders restriktive noch für eine besonders weite Auslegung. Besondere Bedeutung kommt jedoch dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit zu. Wenn der Gesamtarbeitsvertrag seine Schutzfunktion erfüllen soll, muss es für die Parteien leicht erkennbar sein, ob sie ihm unterstehen oder nicht. Durch die Allgemeinverbindlicherklärung sollen die Arbeitsbedingungen der bei Aussenseitern angestellten Arbeitnehmer gesichert, die Sozial- und Arbeitsbedingungen als Faktor des Konkurrenzkampfes ausgeschlossen und dem Gesamtarbeitsvertrag zu grösserer Durchsetzungskraft verholfen werden (Urteile 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.3 und 4C.45/2002 vom 11. Juli 2002 E. 2.1.2).
3.2 Die Auslegung des Gesetzes ist auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die von ihm erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm bildet ihr Wortlaut. Vom daraus abgeleiteten Sinne ist jedoch abzuweichen, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass der Gesetzgeber diesen nicht gewollt haben kann (vgl. BGE 136 V 84 E. 4.3.2.1 S. 92). Solche Gründe können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm, aus ihrem Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben ( BGE 135 IV 113 E. 2.4.2 S. 116; BGE 135 V 382 E. 11.4.1 S. 404; BGE 127 III 318 E. 2b S. 322 f.).
3.3 Tatfrage ist, welche Tätigkeiten in einem Betrieb oder selbstständigen Betriebsteil in welchem Ausmass vorkommen. Hingegen ist frei überprüfbare Rechtsfrage (nicht publ. E. 2.2), welche der festgestellten Tätigkeiten dem Betrieb das Gepräge geben (SVR 2012 BVG Nr. 23 S. 92, 9C_378/2011 E. 7.3.1; Urteil 4A_377/2009 vom 25. November 2009 E. 3.1 Abs. 1 in fine) resp. nach welchen Gesichtspunkten die Zuordnung zu einem bestimmten Wirtschaftszweig erfolgt (vgl. Urteil 9C_433/2012 vom 13. Februar 2013 E. 4.2 mit Hinweisen).
3.3 4.
4. 4.1 Es steht fest, dass beide Beschwerdegegnerinnen nicht mehrere selbstständige Betriebsteile, sondern jeweils nur einen Betrieb führen, und dass die Betriebe in Bezug auf Organisation und BGE 139 III 165 S. 169 Tätigkeiten identisch strukturiert sind. Streitig und zu prüfen ist, welcher Branche sie zuzuordnen sind, wobei sich namentlich die Frage stellt, ob die Tätigkeit im Bereich der Erdwärmesondenbohrungen ihnen das Gepräge gibt. Ist dies zu bejahen, ist sodann umstritten, ob solche Betriebe unter den Geltungsbereich von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR (E. 3.1) fallen.
4.1 BGE 139 III 165 S. 169
4.2
4.2 4.2.1 Die Vorinstanz hat festgestellt, die Beschwerdegegnerinnen nähmen nebst der Entwicklung, Planung und Produktion von Erdwärmesonden deren Installation vor oder verkauften sie an Dritte als Produkt. Die Erdwärmesondenbohrung bilde dabei lediglich einen Teil der Installation. Das Schwergewicht liege bei der Installation von Heizungsanlagen für Neu- und Umbauten (einschliesslich Akquisition [7 % Zeitanteil], Avor [24 % Zeitanteil], Einrichten [17 % Zeitanteil], Erdwärmesondenbohrung [18 % Zeitanteil], Installation Wärmetauscher [26 % Zeitanteil] und Abschluss [7 % Zeitanteil]). Die Bohrarbeiten einschliesslich Einrichten beanspruchten für sich allein mit 35 % keinen überwiegenden Zeitanteil an den gesamten Arbeiten und der Anteil am Umsatz betrage 45 %. Sie ist daher der Auffassung, die Bohrarbeiten seien nicht geeignet, den Betrieben gesamthaft das Gepräge zu geben; diese konzentrierten sich in der Wärmebranche auf den Bereich der Energiegewinnungsanlagen einschliesslich der dazugehörigen Gebäudetechnik.
4.2.1 4.2.2 In den Akten gibt es keine Hinweise dafür, dass die Beschwerdegegnerinnen Erdwärmesonden an sich (d.h. PE-Rohre resp. -Schläuche) entwickeln, planen, produzieren oder verkaufen; an der entsprechenden Feststellung kann nicht festgehalten werden (nicht publ. E. 2.2). Ebenso fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die Herstellung oder der Verkauf und Einbau von Wärmepumpen zum eigentlichen Tätigkeitsbereich der Beschwerdegegnerinnen gehören. Vielmehr ist unbestritten und geht auch die Vorinstanz davon aus, dass die jeweiligen Betriebe im Wesentlichen Heizungsanlagen erstellen in dem Sinne, als sie (vertikale) Erdbohrungen vornehmen, Erdwärmesonden einbringen und deren (horizontalen) Anschluss an das Gebäude resp. die Wärmepumpe bewerkstelligen. Die Feststellungen betreffend Zeit- und Umsatzanteil der einzelnen Tätigkeiten gründen auf dem von den Beschwerdegegnerinnen eingereichten "Prozessablauf"; sie sind nicht offensichtlich unrichtig und beruhen auch nicht auf einer Rechtsverletzung, weshalb sie für das Bundesgericht verbindlich bleiben (nicht publ. E. 2.2). BGE 139 III 165 S. 170
4.2.2 BGE 139 III 165 S. 170
4.2.3 Ausgangspunkt für die Zuordnung eines Betriebes ist die auf dem Markt angebotene einheitliche (Arbeits-)Leistung; den dabei notwendigerweise und als integrierender Bestandteil anfallenden Hilfs- und Nebentätigkeiten kommt keine eigenständige Bedeutung zu, selbst wenn sie einen grösseren Arbeitsaufwand als die Grundleistung erfordern (Urteil 4A_377/2009 vom 25. November 2009 E. 5.2). Die Vorinstanz hat somit zutreffend den Bereich "Einrichtung", d.h. die Bereitstellung von Gerät, Werkzeug und Material vor Ort, den Bohrarbeiten zugerechnet. Soweit sie indessen davon auszugehen scheint, dass eine bestimmte Tätigkeit mindestens 50 % aller anfallenden Arbeiten bzw. des Umsatzes ausmachen muss, um einem Betrieb das Gepräge zu geben, ist ihr nicht beizupflichten. Es geht vielmehr darum, welche Leistungen auf dem Markt angeboten werden und, bei mehreren, welche davon überwiegt. In den Bereichen Akquisition, Arbeitsvorbereitung und Abschluss fallen weitere wesentliche Arbeitsschritte mit direktem Bezug zur eigentlichen Bohrtätigkeit an. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass es sich bei den unter dem Punkt "Installation Wärmetauscher" erfassten Verrichtungen (gemäss "Prozessablauf" u.a. Hinterfüllen der Sonde, Durchfluss- und Druckprüfung, Montage des Verteilers bei Wärmepumpe, Anschluss der Verbindungsleitungen, Befüllung mit Wärmeträgerflüssigkeit) nicht um einen integrierenden Bestandteil der Bohrtätigkeit, sondern um eigenständig angebotene Leistungen handelte, ist der darauf entfallende Anteil an Zeitaufwand und Umsatz deutlich geringer. Ebenso liegt auf der Hand, dass die Bohrungen an sich wesentlich höhere Investitionen als die übrigen Tätigkeiten der Beschwerdegegnerinnen erfordern. Zudem ist nicht ersichtlich und wurde resp. wird nicht geltend gemacht, dass die Beschwerdegegnerinnen Aufträge ausführen, die nicht mit Bohrarbeiten verbunden sind. Laut dem vom Versicherungsgericht des Kantons Solothurn eingeholten Gutachten (vgl. BGE 125 V 351 E. 3b/aa S. 352 f.) des F., Dipl. Ing. ETH, vom 28. November 2011 muss denn auch das Einbringen der Erdwärmesonden, deren Prüfung auf Funktionstüchtigkeit und das Verfüllen des Bohrlochs in der Regel unmittelbar nach der Bohrung erfolgen. Somit stellen die Erdbohrungen für Erdwärmesonden und nicht die "Installation Wärmetauscher" resp. deren Anschluss an die Wärmepumpe die prägenden Tätigkeiten in den Betrieben der Beschwerdegegnerinnen dar.
4.2.3 Diese Auffassung scheint das kantonale Gericht insofern (implizite) zu teilen, als sich andernfalls die ausführlichen Erwägungen zur BGE 139 III 165 S. 171 Frage, ob solche Betriebe vom Geltungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR erfasst werden, von vornherein erübrigt hätten. Sie steht auch im Einklang mit dem Kontrollbericht vom 4. Oktober 2008. Weiter ist in Bezug auf die prägende Tätigkeit deren Zweck nicht von Belang. Diesem Aspekt und der Konkurrenzsituation zu Betrieben der Energie- resp. Gebäudetechnikbranche oder des Bauhauptgewerbes ist im Zusammenhang mit dem betrieblichen Geltungsbereich resp. der Auslegung von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR (E. 4.3) Rechnung zu tragen. Bietet der Betrieb - wie in den konkreten Fällen - höchstens in untergeordnetem Ausmass weitere "branchenfremde" Leistungen an, ist es für die prägende Tätigkeit ebenfalls bedeutungslos, ob sie in einem sog. (unechten) Mischbetrieb ausgeübt wird, und folglich auch, ob diese Qualifikation klar erkennbar war.
BGE 139 III 165 S. 171
4.3
4.3 4.3.1 Ausschlaggebend für die Frage, ob Betriebe wie jene der Beschwerdegegnerinnen in den betrieblichen Geltungsbereich von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR fallen, ist die Auslegung dieser Bestimmung (E. 3.2). Die Vorinstanz hat zutreffend darauf verwiesen, dass sich dafür weder aus der (Nicht-)Unterstellung unter den Landesmantelvertrag vom 13. Februar 1998 für das Bauhauptgewerbe (LMV; nicht publ. E. 5.3.3) noch aus der generellen Einordnung einer Betriebsart durch die SUVA etwas ableiten lasse. Dies gilt auch für die von der SUVA für die Beschwerdegegnerinnen erstellten "Versicherungsausweise Berufsunfallversicherung": Sie betreffen ausschliesslich das Rechtsverhältnis zwischen Unfallversicherung und Arbeitgeberin, enthalten keine für die Auslegung sachdienlichen Ausführungen und sind für das Gericht ohnehin nicht bindend.
4.3.1 4.3.2 Die Begriffe "Erdbohrung" oder "Erdwärmesondenbohrung" werden im Wortlaut von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR nicht erwähnt. Der vorinstanzlichen Auffassung, wonach sich deshalb eine Unterstellung von Betrieben, deren prägende Tätigkeiten Erdwärmesondenbohrungen sind, nicht begründen lasse, ist indessen nicht beizupflichten. Anders als das Plattenlegergewerbe, das typischerweise dem Ausbau und damit dem Baunebengewerbe zuzurechnen ist und von vornherein keinem der in Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR genannten Bereiche zugeordnet werden kann (SZS 2010 S. 453, 9C_1033/2009 E. 2.5 und 2.9), sind die hier fraglichen Betriebe vom Wortlaut erfasst, wenn sie in den Bereich "Tiefbau" (Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR) fallen. BGE 139 III 165 S. 172
4.3.2 BGE 139 III 165 S. 172
Für die Frage nach dem Gehalt des Ausdrucks "Tiefbau" ist nicht auf kantonales Vergaberecht abzustellen; als bundesrechtliche Bestimmung ist Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR nach gesamtschweizerischem Verständnis auszulegen (vgl. SZS 2010 S. 453, 9C_1033/2009 E. 2.7). Weiter ist nicht von Belang, dass die Arbeit auch "nach Fertigstellung der Baute", d.h. des an die Erdwärmesonden anzuschliessenden Gebäudes, ausgeführt werden kann. Mit dieser Argumentation wären auch etwa nachträgliche Grabungsarbeiten zwecks Neuverlegung von Wasser- oder Stromleitungen nicht dem Tiefbau zuzurechnen, was nicht der Fall ist. Zudem lässt sich das (verfüllte) Bohrloch selber als "Baute" mit "tragender Struktur" auffassen, geht es doch darum, Wärmesonden stabil und sicher im tiefen Erdreich zu installieren (vgl. etwa Norm 384/6, Erdwärmesonden, des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins [SIA] S. 23 Ziff. 4.3).
Dass Erdbohrungen im Allgemeinen - von den natürlichen Gegebenheiten her ganz offensichtlich - dem Tiefbau zuzurechnen sind, stellen auch die Beschwerdegegnerinnen nicht in Abrede. Inwiefern sich die Bohrtätigkeit für Erdwärmesonden in grundsätzlicher Hinsicht von anderen Bohrungen mit vergleichbarem Durchmesser (etwa für Sondierungen oder für sog. Mikropfähle) unterscheiden soll, ist nicht nachvollziehbar und wird auch von den Beschwerdegegnerinnen nicht einleuchtend dargelegt. In Bezug auf den Arbeitsvorgang selber ist denn auch der Bohrungszweck nicht von Belang. So werden etwa das Imlochhammer- und das Rotationsspül-Bohrverfahren (vgl. SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, S. 65 f.) nicht nur für Erdwärmesonden-, sondern auch für Brunnenbohrungen angewendet ( http://de.wikipedia.org/wiki/Bohrbrunnen, besucht am 25. März 2013). Soweit Bohrungen der hier interessierenden Art als Arbeiten des "Spezialtiefbaus" zu bezeichnen sind, ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, dass dieser eine Unterkategorie des "Tiefbaus" darstellt und somit vom Oberbegriff ohne Weiteres umfasst wird.
4.3.3
4.3.3 4.3.3.1 In systematischer Hinsicht sind nebst der Konkurrenzsituation (E. 4.3.3.2) branchenspezifische Regelungen von Bedeutung. Für die Frage des betrieblichen Geltungsbereichs ergibt sich aus dem Gehalt von Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR keine Diskrepanz zu Art. 2 Abs. 1 lit. a GAV FAR (vgl. Urteil 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.7.2.1). BGE 139 III 165 S. 173
4.3.3.1 BGE 139 III 165 S. 173
Aus der SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, geht nicht hervor, ob Betriebe wie jene der Beschwerdegegnerinnen dem Tiefbau zuzurechnen sind. Dass die normativen Verweisungen (SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, S. 5) nach vorinstanzlicher Auffassung im Wesentlichen die Gebäudetechnik betreffen sollen, ist nicht ausschlaggebend; immerhin finden sich im Anhang zur Norm bedeutsame normative Regelungen, die den Bohrvorgang an sich betreffen (SIA-Norm 384/6, Erdwärmesonden, S. 29 f. und 63 f.). Nach verbindlicher (nicht publ. E. 2.2) vorinstanzlicher Feststellung ist die SIA-Norm 384/6, Erdwärme, innerhalb der SIA-Normenwerke thematisch im Bereich Heizung, Lüftung und Klimaanlagen angesiedelt. Daraus lässt sich indessen nichts ableiten: Ausgangspunkt für die Branchenzuordnung ist, wie dargelegt (E. 4.2.3), die prägende Tätigkeit des Betriebs. Dass gerade dieses Kriterium ausschlaggebend war für die systematische Einordnung der Norm, ist nicht ersichtlich; vielmehr scheint der Bohrungszweck, d.h. die Heizung resp. Kühlung des angeschlossenen Gebäudes dafür entscheidend gewesen zu sein. Gleiches gilt in Bezug auf den Normpositionen-Katalog (NPK) der Schweizerischen Zentralstelle für Baurationalisierung, dabei insbesondere auf die - neu eingereichte (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG ) - NPK-Position 720.000, Erdwärmesonden-Anlagen.
Art. 99 Abs. 1 BGG Im Übrigen erstreckt sich der Geltungsbereich des GAV vom 31. März 2009 in der Schweizerischen Gebäudetechnikbranche resp. seiner mit Bundesratsbeschluss vom 20. Oktober 2009 (BBl 2009 7995) allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen nur auf Arbeitgeber und -nehmer, welche innerhalb und an der Gebäudehülle tätig sind (Art. 2 Abs. 2 des genannten Beschlusses). Das trifft auf die hier interessierenden Betriebe nicht resp. höchstens in unwesentlichem Ausmass zu, was klar gegen deren Zuordnung zur Gebäudetechnikbranche spricht.
4.3.3.2 Gemäss Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG; SR 221.215.311) kann der Geltungsbereich eines zwischen Verbänden abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrags auf Antrag aller Vertragsparteien durch Anordnung der zuständigen Behörde auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer des betreffenden Wirtschaftszweiges ausgedehnt werden, die am Vertrag nicht beteiligt sind. In verfassungskonformer Auslegung dieser Bestimmung ist darauf zu achten, dass direkte Konkurrenten in ihrer Wirtschaftsfreiheit gleichmässig eingeschränkt werden und im wirtschaftlichen Wettbewerb gleich BGE 139 III 165 S. 174 lange Spiesse erhalten (vgl. Art. 28 und Art. 94 Abs. 4 BV ). Zum selben Wirtschaftszweig sind Betriebe zu zählen, die zueinander insofern in einem direkten Konkurrenzverhältnis stehen, als sie Erzeugnisse oder Dienstleistungen gleicher Art anbieten ( BGE 134 III 11 E. 2.2 S. 13 f. mit Hinweisen).
4.3.3.2 Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG; SR 221.215.311) BGE 139 III 165 S. 174
Art. 28 und Art. 94 Abs. 4 BV Zwar lässt sich nicht von der Hand weisen, dass mit Blick auf den Bohrungszweck eine Konkurrenzsituation zu Herstellern anderer Gebäudeheiz- oder -kühlsysteme besteht, die mangels Tätigkeit im Bauhauptgewerbe für ihre Arbeitnehmer keine zusätzlichen Vorsorgebeiträge zu tragen haben. Der vorinstanzlichen, auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützten Auffassung, wonach sich die Tätigkeit von Betrieben wie jenen der Beschwerdegegnerinnen vom Ablauf her grundsätzlich nicht von derjenigen anderer Heizungsanlagenhersteller unterscheide, ist indessen - in Beantwortung einer Rechtsfrage (E. 3.3 in fine) - nicht beizupflichten. So haben diese namentlich keine Bohrungen vorzunehmen. Zudem sind die Erdwärmesonden, resp. ist die darin zirkulierende Flüssigkeit, als Energieträger mit dem zu klimatisierenden Gebäude verbunden, während bei anderen, konkurrierenden Systemen die Energie in der Regel in Form von Holz, Erdöl oder Elektrizität andernorts produziert und anschliessend dem System zugeführt wird. Insofern stehen die hier interessierenden Betriebe auch in Konkurrenz zu solchen aus dem Bereich Produktion von und Handel mit Energieträgern, was aber nicht eine Zuordnung zu diesem Wirtschaftszweig nach sich zieht. Art und Kosten der Herstellung, des Betriebs, des Unterhalts und des Wirkungsgrades der verschiedenen gebräuchlichen Heiz- oder Kühlsysteme differieren erheblich, ebenso die Umweltbelastung. In Bezug auf die Konkurrenz zu Herstellern anderer Systeme resp. zu Betrieben der Gebäudetechnikbranche kommt daher einer GAV FAR-Unterstellung keine vordringliche Bedeutung zu.
Hinsichtlich der Konkurrenz zu Betrieben des Tiefbaus, die "klassische" Bohrtätigkeiten ausführen und somit vom Geltungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR erfasst werden, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass manche davon nicht auch Erdwärmesondenbohrungen vornehmen (vgl. etwa http://www.mengis.ch ; http://www.kibag.ch/index.php?id=30&L=0&tx_kibagtabs_pi1[uid]=43 ; besucht am 27. März 2013). Insofern kann nicht von konkurrenzloser Spezialtätigkeit (vgl. BGE 134 III 11 E. 2.3 S. 14), die ohnehin nicht von vornherein zum BGE 139 III 165 S. 175 Ausschluss einer Unterstellung führt ( BGE 134 III 11 E. 2.4 S. 15), gesprochen werden. Für die eigentliche Bohrtätigkeit sind denn auch in weiten Teilen vergleichbare bautechnische Kenntnisse und Ausrüstungen erforderlich (vgl. SIA-Norm 384/6, Erdwärme, S. 63 f.). Zudem werden alle Betriebe, deren prägende Tätigkeit jener der Beschwerdegegnerinnen entspricht, im Sinne von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR der Tiefbaubranche zugerechnet. Somit spricht auch das systematische Element mit Blick auf den betrieblichen Geltungsbereich eher für deren Unterstellung unter die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR.
BGE 139 III 165 S. 175
4.3.4 Was die körperliche Belastung bei der Ausübung der prägenden Tätigkeit anbelangt, so ist dieser grundsätzlich nicht im Rahmen des betrieblichen, sondern des persönlichen Geltungsbereichs (nicht publ. E. 5.3) Rechnung zu tragen (E. 3.1; Urteil 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.6.1).
4.3.4 Schliesslich kommt dem Erfordernis der leichten Erkennbarkeit einer GAV-Unterstellung (E. 3.2) keine eigenständige Bedeutung zu; vielmehr ist sie im Zusammenhang mit den klassischen Elementen der Gesetzesauslegung zu berücksichtigen. Jedenfalls kann aus dem blossen Umstand, dass über die einen Betrieb prägende Tätigkeit und über die Frage, ob eine bestimmte Betriebskategorie in den Geltungsbereich gemäss Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR fällt, unterschiedliche Auffassungen vertreten werden können, nicht auf eine fehlende Unterstellung geschlossen werden. Dies gilt auch unter dem Aspekt der Rechtssicherheit: Einerseits liegen Abgrenzungsfragen in der Natur der Sache und anderseits hätte es ansonsten ein Arbeitgeber in der Hand, sich der Beitragspflicht allein mit deren entsprechend begründeten Bestreitung zu entziehen, was nicht Sinn und Zweck einer Allgemeinverbindlicherklärung gesamtarbeitsvertraglicher Bestimmungen (vgl. etwa Art. 110 BV ; Art. 1 AVEG ) sein kann. Im Übrigen war in concreto zumindest die Möglichkeit einer GAV-Unterstellung leicht erkennbar.
Art. 110 BV Art. 1 AVEG 4.3.5 Nach dem Gesagten sind Betriebe wie jene der Beschwerdegegnerinnen (vgl. E. 4.2.2) dem Bereich Tiefbau im Sinn von Art. 2 Abs. 4 lit. a AVE GAV FAR zuzurechnen und somit vom (betrieblichen) Geltungsbereich der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des GAV FAR erfasst.
4.3.5
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Urteilskopf 139 III 176 24. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Z. Switzerland AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_619/2012 vom 7. März 2013 Regeste Art. 2 lit. a MSchG ; Gemeingut; Freihaltebedürfnis; elementare Zeichen. Zeichen des Gemeinguts (E. 2). Das Wort "YOU" in Alleinstellung ist ein zur persönlichen Anrede der Abnehmer unentbehrlicher Ausdruck des allgemeinen englischen Sprachgebrauchs und deshalb freihaltebedürftig (E. 3-5.2). Sachverhalt ab Seite 176 BGE 139 III 176 S. 176 A. A. (Beschwerdeführer) ist von Beruf Rechtsanwalt. Er ist seit dem 19. September 2008 Inhaber der Schweizer Wortmarke "YOU", die am 14. Juli 1976 als Nr. 2P-x ins Markenregister eingetragen wurde. Diese Marke wird für "Seifen, Parfümerien, ätherische Oele, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel" der Klasse 3 nach dem Abkommen von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken, revidiert in Genf am 13. Mai 1977 (SR 0.232.112.9; nachfolgend: Nizza-Klassifikation) beansprucht. Zudem ist er Inhaber der am 26. Februar 2008 als Nr. y eingetragenen Schweizer Wortmarke "YOU". Diese Marke wird für "Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; BGE 139 III 176 S. 177 Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel" der Klasse 3 sowie "medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- und Forstwirtschaft" der Klasse 44 gemäss Nizza-Klassifikation beansprucht. Die Z. Switzerland AG (Beschwerdegegnerin) ist eine in I./ZH ansässige Aktiengesellschaft, die den Handel mit Waren aller Art bezweckt. Sie betreibt in der Schweiz die Parfümeriekette "Z." mit über 100 Verkaufsstellen, gibt das "Z. Magazin" heraus und führt eine Webseite unter der Internetadresse "www.z.ch". Die Beschwerdegegnerin ist eine Tochtergesellschaft der in Paris ansässigen Z. S.A., die in die Q.-Gruppe, eine Detailhandelsgruppe des internationalen Mischkonzerns R. Ltd. mit Sitz in Hongkong, integriert ist. B. Der Beschwerdeführer reichte am 1. März 2010 beim Handelsgericht des Kantons Zürich eine Markenverletzungsklage gegen die Beschwerdegegnerin ein. Er machte geltend, diese verletze seine Markenrechte - durch die drohende Wiederverwendung des Zeichens: - und durch die Verwendung bzw. drohende Wiederverwendung der folgenden Zeichen: Die Beschwerdegegnerin erhob Widerklage mit den Anträgen, es sei die Nichtigkeit der Schweizer Marken Nrn. 2P-x und y festzustellen. BGE 139 III 176 S. 178 Mit Urteil vom 4. September 2012 hiess das Handelsgericht die Widerklage gut und stellte die Nichtigkeit der Schweizer Marken Nrn. 2P-x und y fest, da das Wort "YOU" freihaltebedürftig sei. In der Folge wies es die Hauptklage ab. C. Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, dieses Urteil des Handelsgerichts aufzuheben, die Widerklage abzuweisen und die Klage gutzuheissen. Eventualiter sei die Klage zur Neubeurteilung an das Handelsgericht zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 2 lit. a MSchG (SR 232.11) sind Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, die Gemeingut sind, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden. Die Gründe für den Schutzausschluss von Zeichen, die dem Gemeingut angehören, liegen entweder im Freihaltebedürfnis oder in der fehlenden Unterscheidungskraft, wobei sich Überschneidungen ergeben können ( BGE 131 III 121 E. 4.1 S. 126; vgl. auch das Urteil 4A_648/2010 vom 28. Februar 2011 E. 3.4, in: sic! 7-8/2011 S. 437 ff. und BGE 117 II 321 E. 3a S. 324 f.; EUGEN MARBACH, Markenrecht, SIWR Bd. III/1, 2. Aufl. 2009, S. 75 f. Rz. 246 ff.; DAVID ASCHMANN, in: Markenschutzgesetz, Noth/Bühler/Thouvenin [Hrsg.], 2009, N. 1 zu Art. 2 lit. a MSchG ; LUCAS DAVID, Markenschutzgesetz, Muster- und Modellgesetz, 2. Aufl. 1999, N. 5 zu Art. 2 MSchG ; CHRISTOPH WILLI, MSchG, Kommentar zum schweizerischen Markenrecht [...], 2002, N. 34 zu Art. 2 MSchG ). Freihaltebedürftig sind Zeichen, auf deren Verwendung der Wirtschaftsverkehr angewiesen ist. Im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs müssen Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen werden, die für den Wirtschaftsverkehr wesentlich oder gar unentbehrlich sind und die folglich von einem einzelnen Gewerbetreibenden nicht monopolisiert werden dürfen. Die Unterscheidungskraft geht Zeichen ab, die aufgrund ihres Erscheinungsbildes oder ihres sachlichen resp. beschreibenden Gehalts die markenspezifische Unterscheidungsfunktion nicht erfüllen können (MARBACH, a.a.O., S. 75 Rz. 247). Nach herkömmlicher Einteilung gehören zum Gemeingut im Sinne von Art. 2 lit. a MSchG elementare Zeichen ( BGE 134 III 314 E. 2.3.3), BGE 139 III 176 S. 179 Herkunftsangaben ( BGE 128 III 454 E. 2.1 S. 458), beschreibende Angaben über die Beschaffenheit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen ( BGE 131 III 495 E. 5 S. 503) sowie Freizeichen ( BGE 130 III 113 E. 3.1 S. 116 ff.; vgl. zum Ganzen: BGE 134 III 314 E. 2.3.2 S. 320; BGE 131 III 121 E. 4.1 S. 127). Elementare Zeichen werden als im wirtschaftlichen Verkehr unabdingbar und demzufolge freihaltebedürftig erachtet ( BGE 134 III 314 E. 2.3.3; BGE 131 III 121 E. 4.3 S. 129 mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich als Rechtsfrage frei, wie der massgebende Adressatenkreis für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen abzugrenzen ist und wie das allgemeine Publikum aufgrund der erwarteten Aufmerksamkeit das Zeichen wahrnimmt ( BGE 134 III 547 E. 2.3 S. 551; BGE 133 III 342 E. 4 S. 347; je mit Hinweisen). Der massgebende Verkehrskreis kann je nach Prüfungsgesichtspunkt unterschiedlich sein. So beurteilt sich die Freihaltebedürftigkeit eines Zeichens nach dem Bedürfnis bzw. Verständnis der Konkurrenten, während bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft auf das Verständnis des durchschnittlichen Abnehmers abzustellen ist (MARBACH, a.a.O., S. 52 Rz. 181). 3. Die Vorinstanz erwog, das Wort "YOU" gehöre zum elementaren Grundwortschatz der englischen Sprache und sei in der Schweiz allgemein bekannt. Beim englischen Pronomen "YOU" handle es sich um ein triviales Wort, das in der Schweiz weit verbreitet sei und im Wirtschaftsverkehr häufig verwendet werde. Dementsprechend seien im schweizerischen Markenregister für Waren der Klasse 3 mehrere Marken eingetragen, die "YOU" verwenden. Das Wort "YOU" stelle insbesondere in der von englischen Wörtern durchsetzten Werbesprache einen unentbehrlichen Begriff dar. Deshalb müssten sich Unternehmen, die gleiche oder ähnliche Waren und Dienstleistungen anbieten, des Pronomens "YOU" bedienen können, um potentielle Konsumenten anzusprechen. Das Wort "YOU" stelle aufgrund seines personenbezogenen Sinngehalts einen wesentlichen Ausdruck des allgemeinen Sprachgebrauchs dar, der umfassend freizuhalten sei. Das Wort "YOU" dürfe in Alleinstellung, ohne dass es grafisch originell oder fantasiereich dargestellt wäre, im Interesse des freien Wettbewerbs in der Schweiz nicht als Marke monopolisiert werden. 4. Diesen Erwägungen ist beizupflichten. Beim englischen Personalpronomen "YOU" handelt es sich um ein elementares Wort der englischen Umgangssprache. Wie der Beschwerdeführer selber zugesteht, gehört der Ausdruck "YOU" zum trivialsten Grundwortschatz und BGE 139 III 176 S. 180 ist in seiner Bedeutung als Entsprechung des deutschen "du"/"ihr"/ "Sie" in der Schweiz durchwegs bekannt. Als elementarster Ausdruck des allgemeinen Sprachgebrauchs muss er für den ungehinderten Gebrauch im Geschäftsverkehr freigehalten werden. Es muss insbesondere möglich sein, ungehindert Marken mit dem Bestandteil "YOU" zu bilden und gleiche Waren und Dienstleistungen wie diejenigen, die der Beschwerdeführer für seine Marken beansprucht, damit zu kennzeichnen. Ebenso ist die englisch durchsetzte Werbesprache auf diesen Ausdruck angewiesen, der sich in seiner Bedeutung als persönliche Anrede der potentiellen Konsumenten nicht substituieren lässt. Dabei ist zu beachten, dass auch der Gebrauch in der Werbung als kennzeichenmässiger Gebrauch gilt (vgl. Art. 13 Abs. 2 lit. e MSchG ; BGE 135 III 359 E. 2.5.2 S. 366), den der Markeninhaber einem Dritten verbieten kann ( BGE 120 II 148 E. 2b S. 148; WILLI, a.a.O., N. 12 zu Art. 13 MSchG ; THOUVENIN/DORIGO, in: Markenschutzgesetz, Noth/Bühler/Thouvenin [Hrsg.], 2009, N. 51 zu Art. 13 MSchG ; MARBACH, a.a.O., S. 433 Rz. 1457). Eine Monopolisierung des Ausdrucks "YOU" würde daher auch dessen Gebrauch in der Werbung beeinträchtigen. Die Vorinstanz hat daher Art. 2 lit. a MSchG nicht verletzt, indem sie die klägerischen Wortmarken "YOU" wegen Freihaltebedürftigkeit als nichtig beurteilte. 5. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, dringt nicht durch: 5.1 Er trägt vor, der Umstand allein, dass das Wort "YOU" zum trivialen Grundwortschatz der englischen Sprache zähle, führe noch nicht dazu, dass der Ausdruck zum Gemeingut zu zählen sei. Vielmehr gelte es, ausgehend von diesem Umstand, das Freihaltebedürfnis und die Unterscheidungskraft konkret zu prüfen. Dies ist zutreffend. Vorliegend ergibt die konkrete Prüfung aber entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, dass ein Freihaltebedürfnis zu bejahen ist. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass die Eintragung des Zeichens "YOU" als Marke dazu führe, dass das Pronomen "YOU" von Unternehmen nicht mehr verwendet werden dürfe, um ihre Produkte anzupreisen bzw. zu bewerben und die Konsumenten anzusprechen. Das Markenrecht schütze einzig davor, dass Dritte das Zeichen "YOU" zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen der beanspruchten Klassen einsetzten, wobei die Verwendung des Wortes "YOU" als Bestandteil einer anderen Marke (z.B. "YOU ARE THE ONE" [Nr. 534371], "WATER MOVES YOU" [Nr. 559497 und 563891], "DO YOU PLAY?" [Nr. 571918]) davon nicht beeinträchtigt werde. BGE 139 III 176 S. 181 Es trifft zu, dass ein Schutz des Zeichens "YOU" als Marke die Verwendung des Ausdrucks "YOU" als Bestandteil einer Marke nicht in jedem Fall verunmöglicht, zumal diesem Bestandteil nur ein schwacher Schutzumfang zuzugestehen wäre (vgl. BGE 122 III 382 E. 2a S. 385 ff.). Indessen würde dessen Verwendung in zahlreichen Fällen gesperrt bzw. erheblich erschwert, weil jedesmal fraglich wäre, ob mit dem gewählten Zeichen hinreichend Abstand von den klägerischen Marken erlangt wird. Die Beschwerdegegnerin weist in diesem Zusammenhang mit Recht darauf hin, dass dies vor allem bei der Bildung von prägnanten YOU-Kurzmarken gilt, wie etwa "2YOU", "YOU TOO", "LIKE YOU", "YOU & ME". Gerade die vorliegende Klage, mit welcher der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Marken durch die beklagtischen Zeichen ("ONLY YOU") wegen ihres Bestandteils "YOU" geltend macht, zeigt dies deutlich. In einer solchen Sperrung oder Erschwerung der Verwendung eines unentbehrlichen und nicht substituierbaren Ausdrucks des Grundwortschatzes liegt eine übermässige Behinderung des Geschäftsverkehrs, die für die Annahme eines Freihaltebedürfnisses genügt (vgl. WILLI, a.a.O., N. 148 zu Art. 2 MSchG ). Das Freihaltebedürfnis für Elementarzeichen setzt nicht voraus, dass bei Gewährung von Markenschutz dessen Verwendung als Bestandteil einer Marke gänzlich ausgeschlossen ist. Ansonsten gäbe es diese Konstellation von Freihaltebedürftigkeit überhaupt nicht mehr, weil beispielsweise auch Elementarzeichen wie einzelne Buchstaben oder Zahlen stets zur Bildung von Marken herangezogen werden können. Trotzdem wird an solchen Zeichen in Alleinstellung im Interesse des freien Wirtschaftsverkehrs, der auf die Verwendung dieser Elementarzeichen angewiesen ist, ein Freihaltebedürfnis bejaht ( BGE 134 III 314 E. 2.3.2. und 2.3.3; BGE 131 III 121 E. 4.1; BGE 118 II 181 E. 3c S. 183; Urteil 4A_261/2010 vom 5. Oktober 2010 E. 2.3, in: sic! 2/2011 S. 102 ff.). 5.2 Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, das Zeichen "YOU" sei nicht beschreibend. Namentlich könne "YOU" nicht als direkten Hinweis auf den Destinatärkreis verstanden werden. "YOU" sei jeder (jedermann und jedefrau) und weise daher auf keinen Personen- oder Destinatärkreis hin. Es trifft zu, dass "YOU" nicht einen bestimmten, eingeschränkten Personenkreis umschreibt, an den sich die so bezeichneten Waren besonders richten. Insofern besteht eine Differenz zum französischen Pronomen "Elle", das unmittelbar auf Personen weiblichen Geschlechts als Konsumentinnen der Produkte hinweist, was das Bundesgericht BGE 139 III 176 S. 182 veranlasste, die Schutzfähigkeit dieses Zeichens in Alleinstellung zufolge eines umfassenden Freihaltebedürfnisses in Frage zu stellen (Urteil 4A_13/1995 vom 20. August 1996 E. 4b, in: sic! 6/1997 S. 159). Nun wird dem Ausdruck "YOU" der Markenschutz aber nicht deswegen versagt, weil er unmittelbar den Destinatärkreis der markierten Waren in bestimmter Weise umschreibt. Seine Freihaltebedürftigkeit ergibt sich aus seiner Bedeutung als Zeichen, mit dem die Kunden angesprochen werden. Der Ausdruck grenzt zwar nicht einen bestimmten Adressatenkreis ein. Er hat aber einen klaren Bezug zu den potentiellen Abnehmern, indem er diese in umfassender und dennoch persönlicher Weise angeht, fühlt sich doch mit "YOU" jeder direkt angesprochen. Den Konkurrenten stehen keine gleichbedeutenden Alternativen zur Verfügung, um sich in der gerne verwendeten englischen Sprache in dieser persönlichen Weise an die Abnehmer zu richten. Die grundsätzliche und umfassende, auf den Adressaten bezogene Bedeutung des Ausdruckes "YOU" lässt seine Monopolisierung jedenfalls in Alleinstellung als Wortmarke nicht zu. Es muss auch den Konkurrenten möglich sein, die Konsumenten gleicher Produkte unter Verwendung von "YOU" anzusprechen. In diesem Sinne handelt es sich bei "YOU" um einen unentbehrlichen Ausdruck des allgemeinen Sprachgebrauchs, der zur persönlichen Anrede des Abnehmers benötigt und auch rege verwendet wird (vgl. nur die Erwähnung von YOU-Marken in E. 5.1 vorne). Er ist daher für den Wirtschaftsverkehr freizuhalten.
Urteilskopf
24. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Z. Switzerland AG (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_619/2012 vom 7. März 2013
Regeste Art. 2 lit. a MSchG ; Gemeingut; Freihaltebedürfnis; elementare Zeichen. Zeichen des Gemeinguts (E. 2). Das Wort "YOU" in Alleinstellung ist ein zur persönlichen Anrede der Abnehmer unentbehrlicher Ausdruck des allgemeinen englischen Sprachgebrauchs und deshalb freihaltebedürftig (E. 3-5.2).
Regeste
Art. 2 lit. a MSchG ; Gemeingut; Freihaltebedürfnis; elementare Zeichen. Zeichen des Gemeinguts (E. 2). Das Wort "YOU" in Alleinstellung ist ein zur persönlichen Anrede der Abnehmer unentbehrlicher Ausdruck des allgemeinen englischen Sprachgebrauchs und deshalb freihaltebedürftig (E. 3-5.2).
Art. 2 lit. a MSchG Zeichen des Gemeinguts (E. 2). Das Wort "YOU" in Alleinstellung ist ein zur persönlichen Anrede der Abnehmer unentbehrlicher Ausdruck des allgemeinen englischen Sprachgebrauchs und deshalb freihaltebedürftig (E. 3-5.2).
Sachverhalt ab Seite 176
Sachverhalt ab Seite 176 BGE 139 III 176 S. 176
BGE 139 III 176 S. 176
A. A. (Beschwerdeführer) ist von Beruf Rechtsanwalt. Er ist seit dem 19. September 2008 Inhaber der Schweizer Wortmarke "YOU", die am 14. Juli 1976 als Nr. 2P-x ins Markenregister eingetragen wurde. Diese Marke wird für "Seifen, Parfümerien, ätherische Oele, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel" der Klasse 3 nach dem Abkommen von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken, revidiert in Genf am 13. Mai 1977 (SR 0.232.112.9; nachfolgend: Nizza-Klassifikation) beansprucht. Zudem ist er Inhaber der am 26. Februar 2008 als Nr. y eingetragenen Schweizer Wortmarke "YOU". Diese Marke wird für "Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; BGE 139 III 176 S. 177 Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel" der Klasse 3 sowie "medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- und Forstwirtschaft" der Klasse 44 gemäss Nizza-Klassifikation beansprucht.
A. BGE 139 III 176 S. 177
Die Z. Switzerland AG (Beschwerdegegnerin) ist eine in I./ZH ansässige Aktiengesellschaft, die den Handel mit Waren aller Art bezweckt. Sie betreibt in der Schweiz die Parfümeriekette "Z." mit über 100 Verkaufsstellen, gibt das "Z. Magazin" heraus und führt eine Webseite unter der Internetadresse "www.z.ch". Die Beschwerdegegnerin ist eine Tochtergesellschaft der in Paris ansässigen Z. S.A., die in die Q.-Gruppe, eine Detailhandelsgruppe des internationalen Mischkonzerns R. Ltd. mit Sitz in Hongkong, integriert ist.
B. Der Beschwerdeführer reichte am 1. März 2010 beim Handelsgericht des Kantons Zürich eine Markenverletzungsklage gegen die Beschwerdegegnerin ein. Er machte geltend, diese verletze seine Markenrechte
B. - durch die drohende Wiederverwendung des Zeichens:
- und durch die Verwendung bzw. drohende Wiederverwendung der folgenden Zeichen:
Die Beschwerdegegnerin erhob Widerklage mit den Anträgen, es sei die Nichtigkeit der Schweizer Marken Nrn. 2P-x und y festzustellen. BGE 139 III 176 S. 178
BGE 139 III 176 S. 178
Mit Urteil vom 4. September 2012 hiess das Handelsgericht die Widerklage gut und stellte die Nichtigkeit der Schweizer Marken Nrn. 2P-x und y fest, da das Wort "YOU" freihaltebedürftig sei. In der Folge wies es die Hauptklage ab.
C. Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, dieses Urteil des Handelsgerichts aufzuheben, die Widerklage abzuweisen und die Klage gutzuheissen. Eventualiter sei die Klage zur Neubeurteilung an das Handelsgericht zurückzuweisen.
C. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. Nach Art. 2 lit. a MSchG (SR 232.11) sind Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, die Gemeingut sind, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden.
2. Art. 2 lit. a MSchG Die Gründe für den Schutzausschluss von Zeichen, die dem Gemeingut angehören, liegen entweder im Freihaltebedürfnis oder in der fehlenden Unterscheidungskraft, wobei sich Überschneidungen ergeben können ( BGE 131 III 121 E. 4.1 S. 126; vgl. auch das Urteil 4A_648/2010 vom 28. Februar 2011 E. 3.4, in: sic! 7-8/2011 S. 437 ff. und BGE 117 II 321 E. 3a S. 324 f.; EUGEN MARBACH, Markenrecht, SIWR Bd. III/1, 2. Aufl. 2009, S. 75 f. Rz. 246 ff.; DAVID ASCHMANN, in: Markenschutzgesetz, Noth/Bühler/Thouvenin [Hrsg.], 2009, N. 1 zu Art. 2 lit. a MSchG ; LUCAS DAVID, Markenschutzgesetz, Muster- und Modellgesetz, 2. Aufl. 1999, N. 5 zu Art. 2 MSchG ; CHRISTOPH WILLI, MSchG, Kommentar zum schweizerischen Markenrecht [...], 2002, N. 34 zu Art. 2 MSchG ).
Art. 2 lit. a MSchG Art. 2 MSchG Art. 2 MSchG Freihaltebedürftig sind Zeichen, auf deren Verwendung der Wirtschaftsverkehr angewiesen ist. Im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs müssen Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen werden, die für den Wirtschaftsverkehr wesentlich oder gar unentbehrlich sind und die folglich von einem einzelnen Gewerbetreibenden nicht monopolisiert werden dürfen. Die Unterscheidungskraft geht Zeichen ab, die aufgrund ihres Erscheinungsbildes oder ihres sachlichen resp. beschreibenden Gehalts die markenspezifische Unterscheidungsfunktion nicht erfüllen können (MARBACH, a.a.O., S. 75 Rz. 247).
Nach herkömmlicher Einteilung gehören zum Gemeingut im Sinne von Art. 2 lit. a MSchG elementare Zeichen ( BGE 134 III 314 E. 2.3.3), BGE 139 III 176 S. 179 Herkunftsangaben ( BGE 128 III 454 E. 2.1 S. 458), beschreibende Angaben über die Beschaffenheit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen ( BGE 131 III 495 E. 5 S. 503) sowie Freizeichen ( BGE 130 III 113 E. 3.1 S. 116 ff.; vgl. zum Ganzen: BGE 134 III 314 E. 2.3.2 S. 320; BGE 131 III 121 E. 4.1 S. 127). Elementare Zeichen werden als im wirtschaftlichen Verkehr unabdingbar und demzufolge freihaltebedürftig erachtet ( BGE 134 III 314 E. 2.3.3; BGE 131 III 121 E. 4.3 S. 129 mit Hinweisen).
Art. 2 lit. a MSchG BGE 139 III 176 S. 179
Das Bundesgericht prüft grundsätzlich als Rechtsfrage frei, wie der massgebende Adressatenkreis für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen abzugrenzen ist und wie das allgemeine Publikum aufgrund der erwarteten Aufmerksamkeit das Zeichen wahrnimmt ( BGE 134 III 547 E. 2.3 S. 551; BGE 133 III 342 E. 4 S. 347; je mit Hinweisen). Der massgebende Verkehrskreis kann je nach Prüfungsgesichtspunkt unterschiedlich sein. So beurteilt sich die Freihaltebedürftigkeit eines Zeichens nach dem Bedürfnis bzw. Verständnis der Konkurrenten, während bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft auf das Verständnis des durchschnittlichen Abnehmers abzustellen ist (MARBACH, a.a.O., S. 52 Rz. 181).
3. Die Vorinstanz erwog, das Wort "YOU" gehöre zum elementaren Grundwortschatz der englischen Sprache und sei in der Schweiz allgemein bekannt. Beim englischen Pronomen "YOU" handle es sich um ein triviales Wort, das in der Schweiz weit verbreitet sei und im Wirtschaftsverkehr häufig verwendet werde. Dementsprechend seien im schweizerischen Markenregister für Waren der Klasse 3 mehrere Marken eingetragen, die "YOU" verwenden. Das Wort "YOU" stelle insbesondere in der von englischen Wörtern durchsetzten Werbesprache einen unentbehrlichen Begriff dar. Deshalb müssten sich Unternehmen, die gleiche oder ähnliche Waren und Dienstleistungen anbieten, des Pronomens "YOU" bedienen können, um potentielle Konsumenten anzusprechen. Das Wort "YOU" stelle aufgrund seines personenbezogenen Sinngehalts einen wesentlichen Ausdruck des allgemeinen Sprachgebrauchs dar, der umfassend freizuhalten sei. Das Wort "YOU" dürfe in Alleinstellung, ohne dass es grafisch originell oder fantasiereich dargestellt wäre, im Interesse des freien Wettbewerbs in der Schweiz nicht als Marke monopolisiert werden.
3. 4. Diesen Erwägungen ist beizupflichten. Beim englischen Personalpronomen "YOU" handelt es sich um ein elementares Wort der englischen Umgangssprache. Wie der Beschwerdeführer selber zugesteht, gehört der Ausdruck "YOU" zum trivialsten Grundwortschatz und BGE 139 III 176 S. 180 ist in seiner Bedeutung als Entsprechung des deutschen "du"/"ihr"/ "Sie" in der Schweiz durchwegs bekannt. Als elementarster Ausdruck des allgemeinen Sprachgebrauchs muss er für den ungehinderten Gebrauch im Geschäftsverkehr freigehalten werden. Es muss insbesondere möglich sein, ungehindert Marken mit dem Bestandteil "YOU" zu bilden und gleiche Waren und Dienstleistungen wie diejenigen, die der Beschwerdeführer für seine Marken beansprucht, damit zu kennzeichnen. Ebenso ist die englisch durchsetzte Werbesprache auf diesen Ausdruck angewiesen, der sich in seiner Bedeutung als persönliche Anrede der potentiellen Konsumenten nicht substituieren lässt. Dabei ist zu beachten, dass auch der Gebrauch in der Werbung als kennzeichenmässiger Gebrauch gilt (vgl. Art. 13 Abs. 2 lit. e MSchG ; BGE 135 III 359 E. 2.5.2 S. 366), den der Markeninhaber einem Dritten verbieten kann ( BGE 120 II 148 E. 2b S. 148; WILLI, a.a.O., N. 12 zu Art. 13 MSchG ; THOUVENIN/DORIGO, in: Markenschutzgesetz, Noth/Bühler/Thouvenin [Hrsg.], 2009, N. 51 zu Art. 13 MSchG ; MARBACH, a.a.O., S. 433 Rz. 1457). Eine Monopolisierung des Ausdrucks "YOU" würde daher auch dessen Gebrauch in der Werbung beeinträchtigen. Die Vorinstanz hat daher Art. 2 lit. a MSchG nicht verletzt, indem sie die klägerischen Wortmarken "YOU" wegen Freihaltebedürftigkeit als nichtig beurteilte.
4. BGE 139 III 176 S. 180
Art. 13 Abs. 2 lit. e MSchG Art. 13 MSchG Art. 13 MSchG Art. 2 lit. a MSchG 5. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, dringt nicht durch:
5. 5.1 Er trägt vor, der Umstand allein, dass das Wort "YOU" zum trivialen Grundwortschatz der englischen Sprache zähle, führe noch nicht dazu, dass der Ausdruck zum Gemeingut zu zählen sei. Vielmehr gelte es, ausgehend von diesem Umstand, das Freihaltebedürfnis und die Unterscheidungskraft konkret zu prüfen. Dies ist zutreffend. Vorliegend ergibt die konkrete Prüfung aber entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, dass ein Freihaltebedürfnis zu bejahen ist.
5.1 Der Beschwerdeführer bestreitet, dass die Eintragung des Zeichens "YOU" als Marke dazu führe, dass das Pronomen "YOU" von Unternehmen nicht mehr verwendet werden dürfe, um ihre Produkte anzupreisen bzw. zu bewerben und die Konsumenten anzusprechen. Das Markenrecht schütze einzig davor, dass Dritte das Zeichen "YOU" zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen der beanspruchten Klassen einsetzten, wobei die Verwendung des Wortes "YOU" als Bestandteil einer anderen Marke (z.B. "YOU ARE THE ONE" [Nr. 534371], "WATER MOVES YOU" [Nr. 559497 und 563891], "DO YOU PLAY?" [Nr. 571918]) davon nicht beeinträchtigt werde. BGE 139 III 176 S. 181
BGE 139 III 176 S. 181
Es trifft zu, dass ein Schutz des Zeichens "YOU" als Marke die Verwendung des Ausdrucks "YOU" als Bestandteil einer Marke nicht in jedem Fall verunmöglicht, zumal diesem Bestandteil nur ein schwacher Schutzumfang zuzugestehen wäre (vgl. BGE 122 III 382 E. 2a S. 385 ff.). Indessen würde dessen Verwendung in zahlreichen Fällen gesperrt bzw. erheblich erschwert, weil jedesmal fraglich wäre, ob mit dem gewählten Zeichen hinreichend Abstand von den klägerischen Marken erlangt wird. Die Beschwerdegegnerin weist in diesem Zusammenhang mit Recht darauf hin, dass dies vor allem bei der Bildung von prägnanten YOU-Kurzmarken gilt, wie etwa "2YOU", "YOU TOO", "LIKE YOU", "YOU & ME". Gerade die vorliegende Klage, mit welcher der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Marken durch die beklagtischen Zeichen ("ONLY YOU") wegen ihres Bestandteils "YOU" geltend macht, zeigt dies deutlich. In einer solchen Sperrung oder Erschwerung der Verwendung eines unentbehrlichen und nicht substituierbaren Ausdrucks des Grundwortschatzes liegt eine übermässige Behinderung des Geschäftsverkehrs, die für die Annahme eines Freihaltebedürfnisses genügt (vgl. WILLI, a.a.O., N. 148 zu Art. 2 MSchG ). Das Freihaltebedürfnis für Elementarzeichen setzt nicht voraus, dass bei Gewährung von Markenschutz dessen Verwendung als Bestandteil einer Marke gänzlich ausgeschlossen ist. Ansonsten gäbe es diese Konstellation von Freihaltebedürftigkeit überhaupt nicht mehr, weil beispielsweise auch Elementarzeichen wie einzelne Buchstaben oder Zahlen stets zur Bildung von Marken herangezogen werden können. Trotzdem wird an solchen Zeichen in Alleinstellung im Interesse des freien Wirtschaftsverkehrs, der auf die Verwendung dieser Elementarzeichen angewiesen ist, ein Freihaltebedürfnis bejaht ( BGE 134 III 314 E. 2.3.2. und 2.3.3; BGE 131 III 121 E. 4.1; BGE 118 II 181 E. 3c S. 183; Urteil 4A_261/2010 vom 5. Oktober 2010 E. 2.3, in: sic! 2/2011 S. 102 ff.).
Art. 2 MSchG 5.2 Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, das Zeichen "YOU" sei nicht beschreibend. Namentlich könne "YOU" nicht als direkten Hinweis auf den Destinatärkreis verstanden werden. "YOU" sei jeder (jedermann und jedefrau) und weise daher auf keinen Personen- oder Destinatärkreis hin.
5.2 Es trifft zu, dass "YOU" nicht einen bestimmten, eingeschränkten Personenkreis umschreibt, an den sich die so bezeichneten Waren besonders richten. Insofern besteht eine Differenz zum französischen Pronomen "Elle", das unmittelbar auf Personen weiblichen Geschlechts als Konsumentinnen der Produkte hinweist, was das Bundesgericht BGE 139 III 176 S. 182 veranlasste, die Schutzfähigkeit dieses Zeichens in Alleinstellung zufolge eines umfassenden Freihaltebedürfnisses in Frage zu stellen (Urteil 4A_13/1995 vom 20. August 1996 E. 4b, in: sic! 6/1997 S. 159).
BGE 139 III 176 S. 182
Nun wird dem Ausdruck "YOU" der Markenschutz aber nicht deswegen versagt, weil er unmittelbar den Destinatärkreis der markierten Waren in bestimmter Weise umschreibt. Seine Freihaltebedürftigkeit ergibt sich aus seiner Bedeutung als Zeichen, mit dem die Kunden angesprochen werden. Der Ausdruck grenzt zwar nicht einen bestimmten Adressatenkreis ein. Er hat aber einen klaren Bezug zu den potentiellen Abnehmern, indem er diese in umfassender und dennoch persönlicher Weise angeht, fühlt sich doch mit "YOU" jeder direkt angesprochen. Den Konkurrenten stehen keine gleichbedeutenden Alternativen zur Verfügung, um sich in der gerne verwendeten englischen Sprache in dieser persönlichen Weise an die Abnehmer zu richten. Die grundsätzliche und umfassende, auf den Adressaten bezogene Bedeutung des Ausdruckes "YOU" lässt seine Monopolisierung jedenfalls in Alleinstellung als Wortmarke nicht zu. Es muss auch den Konkurrenten möglich sein, die Konsumenten gleicher Produkte unter Verwendung von "YOU" anzusprechen. In diesem Sinne handelt es sich bei "YOU" um einen unentbehrlichen Ausdruck des allgemeinen Sprachgebrauchs, der zur persönlichen Anrede des Abnehmers benötigt und auch rege verwendet wird (vgl. nur die Erwähnung von YOU-Marken in E. 5.1 vorne). Er ist daher für den Wirtschaftsverkehr freizuhalten.
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Urteilskopf 139 III 182 25. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile) 4A_607/2012 du 21 février 2013 Regeste a Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ; Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Ob Art. 116 Abs. 1 ZPO dem kantonalen Recht erlaubt, das Zusprechen einer Parteientschädigung auszuschliessen, stellt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (E. 1.1-1.3). Regeste b Art. 116 Abs. 1 ZPO ; Kostenbefreiungen, welche durch die Kantone gewährt werden können. Gestützt auf Art. 116 Abs. 1 ZPO kann das kantonale Recht über das Bundesrecht hinausgehende Befreiungen von der Pflicht gewähren, Gerichtskosten und eine Parteientschädigung zu bezahlen (E. 2). Sachverhalt ab Seite 183 BGE 139 III 182 S. 183 A. Le 2 avril 2012, Y. a déposé au Tribunal des baux et loyers du canton de Genève une requête de mesures provisionnelles dirigée contre X. Par ordonnance du 22 mai 2012, le Tribunal des baux et loyers s'est déclaré incompétent pour connaître de la demande, estimant que la relation contractuelle entre les parties ne pouvait pas être qualifiée de contrat de bail. Se référant à l'art. 17 de l'ancienne loi genevoise du 28 novembre 2010 d'application du code civil suisse et autres lois fédérales en matière civile (ci-après: aLaCC), le tribunal a statué sans percevoir d'émolument ni allouer de dépens. X. a interjeté un recours contre cette décision portant uniquement sur la question des dépens. Il a conclu, avec suite de dépens, à ce que sa partie adverse soit condamnée à lui verser la somme de 8'866 fr. à titre de dépens pour la procédure de première instance. Y. a conclu au rejet du recours. Par arrêt du 10 septembre 2012, la Chambre des baux et loyers de la Cour de justice a rejeté le recours, statuant également sans frais ni dépens. Elle a considéré que le premier juge avait correctement appliqué l'art. 17 aLaCC et que cette disposition était alors compatible avec le droit fédéral en vertu de l' art. 116 al. 1 CPC. BGE 139 III 182 S. 184 B. X. exerce un recours en matière civile et un recours constitutionnel subsidiaire au Tribunal fédéral. Il conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué et à ce que sa partie adverse soit condamnée à lui verser la somme de 8'866 fr. à titre de dépens de première instance et la somme de 8'251 fr. à titre de dépens de deuxième instance. Pour l'hypothèse où le Tribunal fédéral retiendrait que la valeur litigieuse n'est pas suffisante pour un recours en matière civile, il soutient que la contestation soulève une question juridique de principe. Subsidiairement, il forme un recours constitutionnel. Il ne conteste pas que l'art. 17 aLaCC excluait la perception de frais judiciaires et l'octroi de dépens. Il estime cependant que le droit cantonal n'était pas habilité par l' art. 116 al. 1 CPC à exclure l'octroi de dépens et que cette norme cantonale violait en conséquence le principe de la primauté du droit fédéral ( art. 49 al. 1 Cst. ). L'intimée propose l'irrecevabilité et subsidiairement le rejet des recours, plus subsidiairement le renvoi de la cause à l'une des deux juridictions cantonales. Erwägungen Extrait des considérants: 1. 1.1 Dans une affaire pécuniaire relative au droit du bail à loyer, le recours en matière civile n'est en principe recevable que si la valeur litigieuse atteint le seuil de 15'000 fr. ( art. 74 al. 1 let. a LTF ). Lorsque le recours est dirigé contre une décision finale - comme c'est le cas en l'espèce -, la valeur litigieuse est déterminée par les conclusions restées litigieuses devant l'autorité précédente ( art. 51 al. 1 let. a LTF ). Pour calculer cette valeur, il faut prendre en compte le capital sollicité, à l'exclusion des intérêts, frais judiciaires et dépens qui sont réclamés comme droits accessoires ( art. 51 al. 3 LTF ). Devant l'autorité précédant immédiatement le Tribunal fédéral, le litige entre les parties portait exclusivement sur un montant en capital de 8'866 fr. réclamé par le recourant. Les dépens qu'il sollicitait pour la procédure de recours ne constituaient qu'un accessoire de cette demande et ne doivent donc pas être pris en compte. Ainsi, la valeur litigieuse minimale de 15'000 fr. n'est pas atteinte. 1.2 Le recourant soutient cependant que la contestation pose une question juridique de principe et que le recours en matière civile est ainsi recevable sur la base de l' art. 74 al. 2 let. a LTF. BGE 139 III 182 S. 185 Selon la jurisprudence, la contestation soulève une question juridique de principe au sens de l' art. 74 al. 2 let. a LTF lorsqu'il est nécessaire, pour résoudre le cas d'espèce, de trancher une question juridique qui donne lieu à une incertitude caractérisée, laquelle appelle de manière pressante un éclaircissement de la part du Tribunal fédéral, en tant qu'autorité judiciaire suprême chargée de dégager une interprétation uniforme du droit fédéral ( ATF 137 III 580 consid. 1.1 p. 583; ATF 135 III 397 consid. 1.2 p. 399). La partie recourante qui soutient que ce cas de figure est réalisé doit exposer en quoi l'affaire remplit la condition exigée ( art. 42 al. 2 LTF ; ATF 137 III 580 consid. 1.1 p. 582). En l'espèce, le recourant a présenté sur ce point une argumentation précise, répondant aux critères de la jurisprudence. Savoir si l' art. 116 al. 1 CPC autorise le droit cantonal à exclure l'allocation de dépens est une question qui n'a pour l'instant jamais été tranchée par le Tribunal fédéral. Elle donne lieu - comme on le verra - à des controverses dans la doctrine. Il est urgent de la trancher puisqu'elle se pose notamment dans toutes les causes soumises aux juridictions des baux et loyers du canton de Genève. On observera de surcroît que si la contestation ne porte que sur les dépens, la valeur litigieuse requise ne peut que difficilement être atteinte. Il faut donc constater que l'on se trouve dans un cas d'application de l' art. 74 al. 2 let. a LTF, de sorte que le recours est recevable sans égard à la valeur litigieuse. Interjeté par la partie qui a succombé dans ses conclusions en paiement et qui a donc qualité pour recourir ( art. 76 al. 1 LTF ), dirigé contre une décision finale ( art. 90 LTF ) rendue en matière civile ( art. 72 al. 1 LTF ) par un tribunal supérieur statuant sur recours en dernière instance cantonale ( art. 75 LTF ), le recours en matière civile est recevable, puisqu'il a été déposé dans le délai ( art. 100 al. 1 LTF ) et la forme ( art. 42 LTF ) prévus par la loi. 1.3 Il en résulte que le recours constitutionnel, en raison de sa nature subsidiaire, est irrecevable ( art. 113 LTF ). (...) 2. 2.1 L'art. 17 al. 1 de l'ancienne loi genevoise d'application du code civil suisse et autres lois fédérales en matière civile du 28 novembre 2010 (aLaCC) prévoyait ce qui suit: "Il n'est pas prélevé de frais dans les causes soumises à la juridiction des baux et loyers". BGE 139 III 182 S. 186 Il résulte des travaux préparatoires que le mot "frais" doit être compris au sens de l' art. 95 al. 1 CPC et comprend aussi bien les frais judiciaires que les dépens (Mémorial du Grand Conseil cité par la cour cantonale; BERNARD BERTOSSA, L'adaptation du droit genevois au code de procédure civile suisse, in Le code de procédure civile, Aspects choisis, 2011, p. 191). Ce point n'est pas contesté dans le recours et le Tribunal fédéral ne saurait y revenir, s'agissant d'une question d'interprétation du droit cantonal ( art. 106 al. 2 LTF ). 2.2 Il faut cependant examiner si l'art. 17 al. 1 aLaCC était compatible avec le droit fédéral ( art. 49 al. 1 Cst. ), soit plus précisément si le droit cantonal était autorisé à adopter une telle règle sur la base de l' art. 116 al. 1 CPC. Il sied d'emblée de relever que la nouvelle loi genevoise du 11 octobre 2012 d'application du code civil suisse et d'autres lois fédérales en matière civile (LaCC; RSG E 1 05), entrée en vigueur le 1 er janvier 2013, a repris au mot près, à son art. 22 al. 1, la formulation de l'art. 17 al. 1 aLaCC. La question à trancher porte donc sur l'interprétation de l' art. 116 al. 1 CPC, ce qui constitue une question de droit fédéral ( art. 95 let. a LTF ). 2.3 Selon l' art. 116 al. 1 CPC, "les cantons peuvent prévoir des dispenses de frais plus larges". Le terme de "frais", en langue française, est assez vague et ne permet pas de discerner d'emblée si l'on vise exclusivement la participation aux frais de fonctionnement du tribunal lui-même ou également la mise à la charge de l'une des parties des frais de procédure (essentiellement les honoraires d'avocat) assumés par l'autre partie. L' art. 95 CPC fournit cependant des définitions des termes de "frais", "frais judiciaires" et "dépens". Selon cette disposition, le mot "frais" - qui est employé à l' art. 116 al. 1 CPC - comprend aussi bien les frais judiciaires que les dépens ( art. 95 al. 1 CPC ). On observera que le texte allemand de l' art. 116 al. 1 CPC s'exprime dans le même sens en parlant de "Prozesskosten" et non pas de "Gerichtskosten" (cf. le texte allemand de l' art. 95 al. 1 et 2 CPC ). Il en va de même pour le texte italien qui parle à l'art. 116 al. 1, de "spese giudiziarie", et non pas de "spese processuali" (cf. le texte italien de l' art. 95 al. 1 et 2 CPC ). L'analyse textuelle de l' art. 116 al. 1 CPC, dans la systématique de cette loi ( art. 95 CPC ), conduit donc à penser que le législateur a voulu BGE 139 III 182 S. 187 englober aussi bien les frais judiciaires que les dépens. On ne peut s'écarter du texte légal que s'il y a des raisons sérieuses de penser qu'il ne correspond pas à la volonté du législateur ( ATF 138 II 440 consid. 13 p. 453). 2.4 La doctrine n'est pas unanime sur cette question. Certains auteurs soutiennent que l' art. 116 al. 1 CPC permet au droit cantonal d'exclure aussi bien la perception de frais judiciaires que l'octroi de dépens (DENIS TAPPY, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n os 10 et 11 ad art. 116 CPC ; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, n° 10.58; HOFMANN/LÜSCHER, Le code de procédure civile, 2009, p. 68; DAVID LACHAT, Procédure civile en matière de baux et loyers, 2011, chap. 2, n° 5.2.9). D'autres utilisent la formulation légale, mais sans dire expressément qu'elle permettrait d'exclure l'allocation de dépens (FRANO KOSLAR, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [éd.],2010, n os II/1 et II/2 ad art. 116 CPC ; ANGELO OLGIATI, Il Codice di diritto processuale civile svizzero, 2010, p. 117). Certains auteurs admettent que l' art. 116 al. 1 CPC concerne aussi les dépens, mais semblent envisager un allègement plutôt qu'une exclusion de tout dépens (ADRIAN URWYLER, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner/Gasser/Schwander [éd.], 2011, n° 2 ad art. 116 CPC ; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2010, n° 2 adart. 116 CPC). Un auteur admet que l' art. 116 al. 1 CPC vise aussi bien les frais judiciaires que les dépens, mais trouve regrettable l'extension aux dépens (HANS SCHMID, in ZPO, Oberhammer [éd.], 2010,n° 1 ad art. 116 CPC ). Deux autres auteurs s'expriment dans le même sens et vont jusqu'à proposer à la jurisprudence de procéder à une réduction téléologique et de n'appliquer la disposition que pour les frais judiciaires (DAVID JENNY, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger[éd.], 2 e éd. 2013, n° 3 ad art. 116 CPC ; MARTIN H. STERCHI, in Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, n° 4 ad art. 116 CPC ). Un auteur considère que l' art. 116 al. 1 CPC ne vise que les frais judiciaires et que la formulation légale procède d'une inadvertance du législateur (VIKTOR RÜEGG, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, n° 2 ad art. 116 CPC ). Un autre auteur est également d'avis, sans expliciter son opinion, que l' art. 116 al. 1 CPC ne peut pas aboutir à une dispense d'allocation de dépens (DENIS PIOTET, La nouvelle délimitation entre règles fédérales et cantonales de procédure civile, in Procédure civile suisse, 2010, p. 6). BGE 139 III 182 S. 188 Il en résulte que la doctrine est divisée, mais qu'une majorité d'auteurs admettent que l' art. 116 al. 1 CPC permet au droit cantonal d'accorder des dispenses plus larges que le droit fédéral aussi bien en matière de frais judiciaires que de dépens. 2.5 Si l'on se penche sur les travaux préparatoires, on constate que l'actuel art. 116 CPC est issu de l'art. 114 du projet du Conseil fédéral. Lors d'une séance des 25 et 26 octobre 2007 de la Commission des affaires juridiques du Conseil national, un conseiller national genevois a observé que le texte français du projet, en parlant de "frais", ne correspondait pas au texte allemand du projet qui parlait alors de "Gerichtskosten". Il a proposé d'aligner le texte allemand sur le texte français, en invoquant l'expérience positive faite dans le canton de Genève avec l'exclusion de tout dépens. Après discussion, sa proposition a été acceptée par douze voix sans opposition avec deux abstentions. Le texte a été modifié sans discussion en séance plénière le 12 juin 2008 et le mot "Prozesskosten" a remplacé le mot "Gerichtskosten". Lorsque le projet est revenu devant le Conseil des Etats, le représentant du département, lors de la séance des 26 et 27 juin 2008 de la Commission des affaires juridiques, a expliqué qu'il fallait changer le texte allemand dans le sens proposé par le Conseil national pour englober aussi les dépens, c'est-à-dire les frais d'avocat. Cette proposition a été adoptée sans discussion. On notera que le texte italien a également été modifié dans le même sens. La question n'a pas donné lieu à des débats lors de la séance plénière du Conseil national et de celle du Conseil des Etats. On observera toutefois - bien que ces interventions ne concernent pas spécifiquement le problème posé - que le conseiller aux Etats Pierre Bonhôte, devant le Conseil des Etats, a signalé que la procédure au fond en droit du bail était gratuite dans les cantons de Vaud, de Genève et de Fribourg et que l'esprit du projet était de ne pas obliger les cantons à changer leur pratique (BO 2007 CE 513). Devant le Conseil national, la Conseillère fédérale Widmer-Schlumpf s'est exprimée dans le même sens (BO 2008 CN 943). 2.6 Il résulte clairement des travaux préparatoires - et singulièrement du changement des textes allemand et italien - que le législateur, conscient que certains cantons romands avaient un système de BGE 139 III 182 S. 189 gratuité, n'a pas voulu y toucher et a permis au droit cantonal de prévoir plus largement que le droit fédéral les dispenses en matière de frais et de dépens. L'argument de RÜEGG (op. cit.) selon lequel le texte légal procéderait d'une inadvertance du législateur doit ainsi être rejeté. Quant à l'idée que le législateur cantonal ne pourrait accorder que des allègements, elle doit être écartée, puisque l' art. 116 al. 1 CPC permet des dispenses et que l'on ne voit pas pourquoi cette formulation n'autoriserait pas une dispense totale. Il s'agissait d'ailleurs exactement de ce que l'on envisageait lors de la discussion devant la Commission des affaires juridiques du Conseil national. Que certains auteurs trouvent regrettable le choix du législateur n'y change rien. Dès lors que le législateur a formé sa volonté et qu'il l'a exprimée dans le texte - comme on l'a vu -, le juge doit appliquer la loi fédérale ( art. 190 Cst. ) et ne saurait, sans violer la séparation des pouvoirs, faire un choix inverse de celui du législateur. De manière un peu subsidiaire, le recourant signale que TAPPY (op. cit., n° 11 ad art. 116 CPC ) émet des hésitations sous l'angle du droit d'accès à la justice. Il faut toutefois observer que cet auteur déclare n'avoir aucune incertitude lorsqu'il s'agit d'une procédure simplifiée ou sommaire dans laquelle, par principe, les plaideurs pourraient se défendre eux-mêmes. Or il s'agissait en l'espèce de mesures provisionnelles soumises à la procédure sommaire ( art. 248 let. d CPC), de sorte que l'auteur cité ne mentionne pas de réserve dans ce cas de figure. Quoi qu'il en soit, cette hésitation ne convainc pas. On peut certes soutenir qu'un plaideur sera détourné de saisir le juge s'il n'a pas la perspective, en cas de gain du procès, d'obtenir le remboursement de ses frais d'avocat. Pourtant, il est également permis de penser, l'issue d'une procédure judiciaire étant souvent incertaine, que le plaideur sera également détourné de saisir le juge s'il risque, en cas de perte du procès, de devoir non seulement assumer les frais de son avocat, mais encore ceux de l'avocat adverse. Cela vaut en particulier lorsque la partie, par souci d'économie, a renoncé à mandater un avocat et qu'elle court néanmoins le risque de devoir payer les honoraires de l'avocat de son adversaire. De toute manière, il a déjà été jugé que l'allocation de dépens ne pouvait pas être déduite d'un droit de rang constitutionnel ( ATF 134 II 117 consid. 7 p. 119). Il faut en conséquence conclure que l' art. 116 al. 1 CPC permet au droit cantonal des dispenses plus généreuses que le droit fédéral quant à l'obligation de payer des frais judiciaires et de verser des dépens. BGE 139 III 182 S. 190 Dès lors, la cour cantonale n'a violé ni l' art. 116 al. 1 CPC ni l' art. 49 al. 1 Cst. en appliquant la disposition cantonale qui prévoyait, devant la juridiction des baux et loyers, qu'il n'était pas perçu de frais judiciaires et qu'il n'était pas alloué de dépens. Le recours en matière civile doit être rejeté.
Urteilskopf
25. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile)
4A_607/2012 du 21 février 2013
Regeste a Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ; Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Ob Art. 116 Abs. 1 ZPO dem kantonalen Recht erlaubt, das Zusprechen einer Parteientschädigung auszuschliessen, stellt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (E. 1.1-1.3).
Regeste a
Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ; Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Ob Art. 116 Abs. 1 ZPO dem kantonalen Recht erlaubt, das Zusprechen einer Parteientschädigung auszuschliessen, stellt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (E. 1.1-1.3).
Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG Ob Art. 116 Abs. 1 ZPO dem kantonalen Recht erlaubt, das Zusprechen einer Parteientschädigung auszuschliessen, stellt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (E. 1.1-1.3).
Art. 116 Abs. 1 ZPO Regeste b Art. 116 Abs. 1 ZPO ; Kostenbefreiungen, welche durch die Kantone gewährt werden können. Gestützt auf Art. 116 Abs. 1 ZPO kann das kantonale Recht über das Bundesrecht hinausgehende Befreiungen von der Pflicht gewähren, Gerichtskosten und eine Parteientschädigung zu bezahlen (E. 2).
Regeste b
Art. 116 Abs. 1 ZPO ; Kostenbefreiungen, welche durch die Kantone gewährt werden können. Gestützt auf Art. 116 Abs. 1 ZPO kann das kantonale Recht über das Bundesrecht hinausgehende Befreiungen von der Pflicht gewähren, Gerichtskosten und eine Parteientschädigung zu bezahlen (E. 2).
Art. 116 Abs. 1 ZPO Gestützt auf Art. 116 Abs. 1 ZPO kann das kantonale Recht über das Bundesrecht hinausgehende Befreiungen von der Pflicht gewähren, Gerichtskosten und eine Parteientschädigung zu bezahlen (E. 2).
Art. 116 Abs. 1 ZPO Sachverhalt ab Seite 183
Sachverhalt ab Seite 183 BGE 139 III 182 S. 183
BGE 139 III 182 S. 183
A. Le 2 avril 2012, Y. a déposé au Tribunal des baux et loyers du canton de Genève une requête de mesures provisionnelles dirigée contre X.
A. Par ordonnance du 22 mai 2012, le Tribunal des baux et loyers s'est déclaré incompétent pour connaître de la demande, estimant que la relation contractuelle entre les parties ne pouvait pas être qualifiée de contrat de bail. Se référant à l'art. 17 de l'ancienne loi genevoise du 28 novembre 2010 d'application du code civil suisse et autres lois fédérales en matière civile (ci-après: aLaCC), le tribunal a statué sans percevoir d'émolument ni allouer de dépens.
X. a interjeté un recours contre cette décision portant uniquement sur la question des dépens. Il a conclu, avec suite de dépens, à ce que sa partie adverse soit condamnée à lui verser la somme de 8'866 fr. à titre de dépens pour la procédure de première instance.
Y. a conclu au rejet du recours.
Par arrêt du 10 septembre 2012, la Chambre des baux et loyers de la Cour de justice a rejeté le recours, statuant également sans frais ni dépens. Elle a considéré que le premier juge avait correctement appliqué l'art. 17 aLaCC et que cette disposition était alors compatible avec le droit fédéral en vertu de l' art. 116 al. 1 CPC. BGE 139 III 182 S. 184
art. 116 al. 1 CPC BGE 139 III 182 S. 184
B. X. exerce un recours en matière civile et un recours constitutionnel subsidiaire au Tribunal fédéral. Il conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué et à ce que sa partie adverse soit condamnée à lui verser la somme de 8'866 fr. à titre de dépens de première instance et la somme de 8'251 fr. à titre de dépens de deuxième instance. Pour l'hypothèse où le Tribunal fédéral retiendrait que la valeur litigieuse n'est pas suffisante pour un recours en matière civile, il soutient que la contestation soulève une question juridique de principe. Subsidiairement, il forme un recours constitutionnel. Il ne conteste pas que l'art. 17 aLaCC excluait la perception de frais judiciaires et l'octroi de dépens. Il estime cependant que le droit cantonal n'était pas habilité par l' art. 116 al. 1 CPC à exclure l'octroi de dépens et que cette norme cantonale violait en conséquence le principe de la primauté du droit fédéral ( art. 49 al. 1 Cst. ).
B. art. 116 al. 1 CPC art. 49 al. 1 Cst. L'intimée propose l'irrecevabilité et subsidiairement le rejet des recours, plus subsidiairement le renvoi de la cause à l'une des deux juridictions cantonales.
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
1.
1. 1.1 Dans une affaire pécuniaire relative au droit du bail à loyer, le recours en matière civile n'est en principe recevable que si la valeur litigieuse atteint le seuil de 15'000 fr. ( art. 74 al. 1 let. a LTF ).
1.1 art. 74 al. 1 let. a LTF Lorsque le recours est dirigé contre une décision finale - comme c'est le cas en l'espèce -, la valeur litigieuse est déterminée par les conclusions restées litigieuses devant l'autorité précédente ( art. 51 al. 1 let. a LTF ). Pour calculer cette valeur, il faut prendre en compte le capital sollicité, à l'exclusion des intérêts, frais judiciaires et dépens qui sont réclamés comme droits accessoires ( art. 51 al. 3 LTF ). art. 51 al. 1 let. a LTF art. 51 al. 3 LTF Devant l'autorité précédant immédiatement le Tribunal fédéral, le litige entre les parties portait exclusivement sur un montant en capital de 8'866 fr. réclamé par le recourant. Les dépens qu'il sollicitait pour la procédure de recours ne constituaient qu'un accessoire de cette demande et ne doivent donc pas être pris en compte.
Ainsi, la valeur litigieuse minimale de 15'000 fr. n'est pas atteinte.
1.2 Le recourant soutient cependant que la contestation pose une question juridique de principe et que le recours en matière civile est ainsi recevable sur la base de l' art. 74 al. 2 let. a LTF. BGE 139 III 182 S. 185
1.2 art. 74 al. 2 let. a LTF BGE 139 III 182 S. 185
Selon la jurisprudence, la contestation soulève une question juridique de principe au sens de l' art. 74 al. 2 let. a LTF lorsqu'il est nécessaire, pour résoudre le cas d'espèce, de trancher une question juridique qui donne lieu à une incertitude caractérisée, laquelle appelle de manière pressante un éclaircissement de la part du Tribunal fédéral, en tant qu'autorité judiciaire suprême chargée de dégager une interprétation uniforme du droit fédéral ( ATF 137 III 580 consid. 1.1 p. 583; ATF 135 III 397 consid. 1.2 p. 399). art. 74 al. 2 let. a LTF La partie recourante qui soutient que ce cas de figure est réalisé doit exposer en quoi l'affaire remplit la condition exigée ( art. 42 al. 2 LTF ; ATF 137 III 580 consid. 1.1 p. 582). art. 42 al. 2 LTF En l'espèce, le recourant a présenté sur ce point une argumentation précise, répondant aux critères de la jurisprudence. Savoir si l' art. 116 al. 1 CPC autorise le droit cantonal à exclure l'allocation de dépens est une question qui n'a pour l'instant jamais été tranchée par le Tribunal fédéral. Elle donne lieu - comme on le verra - à des controverses dans la doctrine. Il est urgent de la trancher puisqu'elle se pose notamment dans toutes les causes soumises aux juridictions des baux et loyers du canton de Genève. On observera de surcroît que si la contestation ne porte que sur les dépens, la valeur litigieuse requise ne peut que difficilement être atteinte. Il faut donc constater que l'on se trouve dans un cas d'application de l' art. 74 al. 2 let. a LTF, de sorte que le recours est recevable sans égard à la valeur litigieuse. art. 116 al. 1 CPC art. 74 al. 2 let. a LTF Interjeté par la partie qui a succombé dans ses conclusions en paiement et qui a donc qualité pour recourir ( art. 76 al. 1 LTF ), dirigé contre une décision finale ( art. 90 LTF ) rendue en matière civile ( art. 72 al. 1 LTF ) par un tribunal supérieur statuant sur recours en dernière instance cantonale ( art. 75 LTF ), le recours en matière civile est recevable, puisqu'il a été déposé dans le délai ( art. 100 al. 1 LTF ) et la forme ( art. 42 LTF ) prévus par la loi. art. 76 al. 1 LTF art. 90 LTF art. 72 al. 1 LTF art. 75 LTF art. 100 al. 1 LTF art. 42 LTF 1.3 Il en résulte que le recours constitutionnel, en raison de sa nature subsidiaire, est irrecevable ( art. 113 LTF ).
1.3 art. 113 LTF (...)
2.
2. 2.1 L'art. 17 al. 1 de l'ancienne loi genevoise d'application du code civil suisse et autres lois fédérales en matière civile du 28 novembre 2010 (aLaCC) prévoyait ce qui suit: "Il n'est pas prélevé de frais dans les causes soumises à la juridiction des baux et loyers". BGE 139 III 182 S. 186
2.1 BGE 139 III 182 S. 186
Il résulte des travaux préparatoires que le mot "frais" doit être compris au sens de l' art. 95 al. 1 CPC et comprend aussi bien les frais judiciaires que les dépens (Mémorial du Grand Conseil cité par la cour cantonale; BERNARD BERTOSSA, L'adaptation du droit genevois au code de procédure civile suisse, in Le code de procédure civile, Aspects choisis, 2011, p. 191). Ce point n'est pas contesté dans le recours et le Tribunal fédéral ne saurait y revenir, s'agissant d'une question d'interprétation du droit cantonal ( art. 106 al. 2 LTF ). art. 95 al. 1 CPC art. 106 al. 2 LTF 2.2 Il faut cependant examiner si l'art. 17 al. 1 aLaCC était compatible avec le droit fédéral ( art. 49 al. 1 Cst. ), soit plus précisément si le droit cantonal était autorisé à adopter une telle règle sur la base de l' art. 116 al. 1 CPC.
2.2 art. 49 al. 1 Cst. art. 116 al. 1 CPC Il sied d'emblée de relever que la nouvelle loi genevoise du 11 octobre 2012 d'application du code civil suisse et d'autres lois fédérales en matière civile (LaCC; RSG E 1 05), entrée en vigueur le 1 er janvier 2013, a repris au mot près, à son art. 22 al. 1, la formulation de l'art. 17 al. 1 aLaCC.
La question à trancher porte donc sur l'interprétation de l' art. 116 al. 1 CPC, ce qui constitue une question de droit fédéral ( art. 95 let. a LTF ). art. 116 al. 1 CPC art. 95 let. a LTF 2.3 Selon l' art. 116 al. 1 CPC, "les cantons peuvent prévoir des dispenses de frais plus larges".
2.3 art. 116 al. 1 CPC Le terme de "frais", en langue française, est assez vague et ne permet pas de discerner d'emblée si l'on vise exclusivement la participation aux frais de fonctionnement du tribunal lui-même ou également la mise à la charge de l'une des parties des frais de procédure (essentiellement les honoraires d'avocat) assumés par l'autre partie.
L' art. 95 CPC fournit cependant des définitions des termes de "frais", "frais judiciaires" et "dépens". Selon cette disposition, le mot "frais" - qui est employé à l' art. 116 al. 1 CPC - comprend aussi bien les frais judiciaires que les dépens ( art. 95 al. 1 CPC ). art. 95 CPC art. 116 al. 1 CPC art. 95 al. 1 CPC On observera que le texte allemand de l' art. 116 al. 1 CPC s'exprime dans le même sens en parlant de "Prozesskosten" et non pas de "Gerichtskosten" (cf. le texte allemand de l' art. 95 al. 1 et 2 CPC ). Il en va de même pour le texte italien qui parle à l'art. 116 al. 1, de "spese giudiziarie", et non pas de "spese processuali" (cf. le texte italien de l' art. 95 al. 1 et 2 CPC ). art. 116 al. 1 CPC art. 95 al. 1 et 2 CPC art. 95 al. 1 et 2 CPC L'analyse textuelle de l' art. 116 al. 1 CPC, dans la systématique de cette loi ( art. 95 CPC ), conduit donc à penser que le législateur a voulu BGE 139 III 182 S. 187 englober aussi bien les frais judiciaires que les dépens. On ne peut s'écarter du texte légal que s'il y a des raisons sérieuses de penser qu'il ne correspond pas à la volonté du législateur ( ATF 138 II 440 consid. 13 p. 453). art. 116 al. 1 CPC art. 95 CPC BGE 139 III 182 S. 187
2.4 La doctrine n'est pas unanime sur cette question.
2.4 Certains auteurs soutiennent que l' art. 116 al. 1 CPC permet au droit cantonal d'exclure aussi bien la perception de frais judiciaires que l'octroi de dépens (DENIS TAPPY, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n os 10 et 11 ad art. 116 CPC ; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, n° 10.58; HOFMANN/LÜSCHER, Le code de procédure civile, 2009, p. 68; DAVID LACHAT, Procédure civile en matière de baux et loyers, 2011, chap. 2, n° 5.2.9). D'autres utilisent la formulation légale, mais sans dire expressément qu'elle permettrait d'exclure l'allocation de dépens (FRANO KOSLAR, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [éd.],2010, n os II/1 et II/2 ad art. 116 CPC ; ANGELO OLGIATI, Il Codice di diritto processuale civile svizzero, 2010, p. 117). Certains auteurs admettent que l' art. 116 al. 1 CPC concerne aussi les dépens, mais semblent envisager un allègement plutôt qu'une exclusion de tout dépens (ADRIAN URWYLER, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner/Gasser/Schwander [éd.], 2011, n° 2 ad art. 116 CPC ; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2010, n° 2 adart. 116 CPC). Un auteur admet que l' art. 116 al. 1 CPC vise aussi bien les frais judiciaires que les dépens, mais trouve regrettable l'extension aux dépens (HANS SCHMID, in ZPO, Oberhammer [éd.], 2010,n° 1 ad art. 116 CPC ). Deux autres auteurs s'expriment dans le même sens et vont jusqu'à proposer à la jurisprudence de procéder à une réduction téléologique et de n'appliquer la disposition que pour les frais judiciaires (DAVID JENNY, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger[éd.], 2 e éd. 2013, n° 3 ad art. 116 CPC ; MARTIN H. STERCHI, in Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, n° 4 ad art. 116 CPC ). Un auteur considère que l' art. 116 al. 1 CPC ne vise que les frais judiciaires et que la formulation légale procède d'une inadvertance du législateur (VIKTOR RÜEGG, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, n° 2 ad art. 116 CPC ). Un autre auteur est également d'avis, sans expliciter son opinion, que l' art. 116 al. 1 CPC ne peut pas aboutir à une dispense d'allocation de dépens (DENIS PIOTET, La nouvelle délimitation entre règles fédérales et cantonales de procédure civile, in Procédure civile suisse, 2010, p. 6). BGE 139 III 182 S. 188
art. 116 al. 1 CPC art. 116 CPC art. 116 CPC art. 116 al. 1 CPC art. 116 CPC art. 116 al. 1 CPC art. 116 CPC art. 116 CPC art. 116 CPC art. 116 al. 1 CPC art. 116 CPC art. 116 al. 1 CPC BGE 139 III 182 S. 188
Il en résulte que la doctrine est divisée, mais qu'une majorité d'auteurs admettent que l' art. 116 al. 1 CPC permet au droit cantonal d'accorder des dispenses plus larges que le droit fédéral aussi bien en matière de frais judiciaires que de dépens. art. 116 al. 1 CPC 2.5 Si l'on se penche sur les travaux préparatoires, on constate que l'actuel art. 116 CPC est issu de l'art. 114 du projet du Conseil fédéral.
2.5 art. 116 CPC Lors d'une séance des 25 et 26 octobre 2007 de la Commission des affaires juridiques du Conseil national, un conseiller national genevois a observé que le texte français du projet, en parlant de "frais", ne correspondait pas au texte allemand du projet qui parlait alors de "Gerichtskosten". Il a proposé d'aligner le texte allemand sur le texte français, en invoquant l'expérience positive faite dans le canton de Genève avec l'exclusion de tout dépens. Après discussion, sa proposition a été acceptée par douze voix sans opposition avec deux abstentions. Le texte a été modifié sans discussion en séance plénière le 12 juin 2008 et le mot "Prozesskosten" a remplacé le mot "Gerichtskosten".
Lorsque le projet est revenu devant le Conseil des Etats, le représentant du département, lors de la séance des 26 et 27 juin 2008 de la Commission des affaires juridiques, a expliqué qu'il fallait changer le texte allemand dans le sens proposé par le Conseil national pour englober aussi les dépens, c'est-à-dire les frais d'avocat. Cette proposition a été adoptée sans discussion.
On notera que le texte italien a également été modifié dans le même sens.
La question n'a pas donné lieu à des débats lors de la séance plénière du Conseil national et de celle du Conseil des Etats. On observera toutefois - bien que ces interventions ne concernent pas spécifiquement le problème posé - que le conseiller aux Etats Pierre Bonhôte, devant le Conseil des Etats, a signalé que la procédure au fond en droit du bail était gratuite dans les cantons de Vaud, de Genève et de Fribourg et que l'esprit du projet était de ne pas obliger les cantons à changer leur pratique (BO 2007 CE 513). Devant le Conseil national, la Conseillère fédérale Widmer-Schlumpf s'est exprimée dans le même sens (BO 2008 CN 943).
2.6 Il résulte clairement des travaux préparatoires - et singulièrement du changement des textes allemand et italien - que le législateur, conscient que certains cantons romands avaient un système de BGE 139 III 182 S. 189 gratuité, n'a pas voulu y toucher et a permis au droit cantonal de prévoir plus largement que le droit fédéral les dispenses en matière de frais et de dépens.
2.6 BGE 139 III 182 S. 189
L'argument de RÜEGG (op. cit.) selon lequel le texte légal procéderait d'une inadvertance du législateur doit ainsi être rejeté. Quant à l'idée que le législateur cantonal ne pourrait accorder que des allègements, elle doit être écartée, puisque l' art. 116 al. 1 CPC permet des dispenses et que l'on ne voit pas pourquoi cette formulation n'autoriserait pas une dispense totale. Il s'agissait d'ailleurs exactement de ce que l'on envisageait lors de la discussion devant la Commission des affaires juridiques du Conseil national. Que certains auteurs trouvent regrettable le choix du législateur n'y change rien. Dès lors que le législateur a formé sa volonté et qu'il l'a exprimée dans le texte - comme on l'a vu -, le juge doit appliquer la loi fédérale ( art. 190 Cst. ) et ne saurait, sans violer la séparation des pouvoirs, faire un choix inverse de celui du législateur. art. 116 al. 1 CPC art. 190 Cst. De manière un peu subsidiaire, le recourant signale que TAPPY (op. cit., n° 11 ad art. 116 CPC ) émet des hésitations sous l'angle du droit d'accès à la justice. Il faut toutefois observer que cet auteur déclare n'avoir aucune incertitude lorsqu'il s'agit d'une procédure simplifiée ou sommaire dans laquelle, par principe, les plaideurs pourraient se défendre eux-mêmes. Or il s'agissait en l'espèce de mesures provisionnelles soumises à la procédure sommaire ( art. 248 let. d CPC), de sorte que l'auteur cité ne mentionne pas de réserve dans ce cas de figure. Quoi qu'il en soit, cette hésitation ne convainc pas. On peut certes soutenir qu'un plaideur sera détourné de saisir le juge s'il n'a pas la perspective, en cas de gain du procès, d'obtenir le remboursement de ses frais d'avocat. Pourtant, il est également permis de penser, l'issue d'une procédure judiciaire étant souvent incertaine, que le plaideur sera également détourné de saisir le juge s'il risque, en cas de perte du procès, de devoir non seulement assumer les frais de son avocat, mais encore ceux de l'avocat adverse. Cela vaut en particulier lorsque la partie, par souci d'économie, a renoncé à mandater un avocat et qu'elle court néanmoins le risque de devoir payer les honoraires de l'avocat de son adversaire. De toute manière, il a déjà été jugé que l'allocation de dépens ne pouvait pas être déduite d'un droit de rang constitutionnel ( ATF 134 II 117 consid. 7 p. 119). art. 116 CPC art. 248 let Il faut en conséquence conclure que l' art. 116 al. 1 CPC permet au droit cantonal des dispenses plus généreuses que le droit fédéral quant à l'obligation de payer des frais judiciaires et de verser des dépens. BGE 139 III 182 S. 190
art. 116 al. 1 CPC BGE 139 III 182 S. 190
Dès lors, la cour cantonale n'a violé ni l' art. 116 al. 1 CPC ni l' art. 49 al. 1 Cst. en appliquant la disposition cantonale qui prévoyait, devant la juridiction des baux et loyers, qu'il n'était pas perçu de frais judiciaires et qu'il n'était pas alloué de dépens. art. 116 al. 1 CPC art. 49 al. 1 Cst. Le recours en matière civile doit être rejeté.
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Urteilskopf 139 III 190 26. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Z. SA (recours en matière civile) 4A_646/2011 et autres du 26 février 2013 Regeste Art. 97 Abs. 1 OR ; Klage auf Erstattung der im Rahmen eines Zivilprozesses angefallenen Prozesskosten; Koordination der haftpflichtrechtlichen Regeln mit den zivilprozessualen Bestimmungen über die Parteientschädigung. Eine separate oder nachträgliche Schadenersatzklage ist ausgeschlossen für alle Prozesskosten, die von der Parteientschädigung nach Art. 95 Abs. 3 ZPO erfasst sind, selbst wenn die obsiegende Partei nach dem gemäss Art. 116 Abs. 1 ZPO vorbehaltenen kantonalen Recht keine Parteientschädigung erhält (E. 4). Sachverhalt ab Seite 190 BGE 139 III 190 S. 190 X. est locataire d'un appartement de trois pièces dans un bâtiment d'habitation sis à Carouge. En 1998, 2001 et 2003, il a intenté trois actions judiciaires à la bailleresse Y. SA, les deux premières tendant à la réduction du loyer et à l'exécution de travaux par suite de défauts du bien loué, et la troisième tendant à l'annulation d'un congé. A chaque fois, le locataire a usé des services professionnels de Me Mauro Poggia, avocat à Genève, et il a obtenu définitivement gain de cause. En février 2006, assisté de Me Michel Rudermann, le BGE 139 III 190 S. 191 locataire a intenté une nouvelle action tendant à la réduction du loyer et à l'exécution de travaux. Le 13 avril 2007, devant la commission de conciliation compétente puis devant le Tribunal des baux et loyers du canton de Genève, X. a derechef ouvert action contre Y. SA. La défenderesse devait être condamnée à payer en capital, outre d'autres montants, 30'160 fr. pour remboursement des honoraires versés à Me Poggia. Le tribunal a rejeté l'action. Saisie par le demandeur, la Chambre d'appel en matière de baux et loyers a statué le 21 juin 2010; elle a renvoyé la cause au Tribunal des baux et loyers, pour complément d'instruction et nouvelle décision, en tant que la demande portait sur le remboursement de 30'160 fr. versés à Me Poggia. Le Tribunal fédéral a statué le 6 décembre 2010 sur les recours introduits contre cette décision (arrêt 4A_423/2010 et 4A_451/2010). La contestation s'est ensuite poursuivie devant le Tribunal des baux et loyers, conformément à l'arrêt de la Chambre d'appel. Par un nouveau jugement du 15 septembre 2011, le Tribunal des baux et loyers a condamné la défenderesse à payer 5'182 fr. en capital. Les deux parties ont appelé à la Chambre des baux et loyers de la Cour de justice. Celle-ci a statué le 8 août 2012; elle a joint les causes et déclaré les deux appels irrecevables. Deux recours ont été introduits devant le Tribunal fédéral contre cette dernière décision, l'un par le demandeur, l'autre par Z. SA qui s'était entre-temps substituée à Y. SA. Le demandeur avait par ailleurs introduit un recours dirigé contre l'arrêt de renvoi du 21 juin 2010 et contre le jugement du 15 septembre 2011. Selon ses conclusions, l'adverse partie devait être condamnée à payer 30'160 fr. en capital. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 4. Il reste à examiner les moyens que les parties développent contre l'arrêt du 21 juin 2010. Il s'agit d'une décision incidente qui n'était pas susceptible d'un recours séparé selon l' art. 93 al. 1 LTF ; elle peut en revanche être attaquée avec la décision finale, dans la mesure où elle influe sur son contenu, conformément à l' art. 93 al. 3 LTF. La défenderesse prend des conclusions tendant à l'irrecevabilité de la demande en justice ou, subsidiairement, au rejet de l'action; elles sont recevables au regard de cette dernière disposition. Il y a lieu de prendre en considération, ici, les conclusions et les motifs que le BGE 139 III 190 S. 192 demandeur présente dans son recours précédemment introduit, dirigé cumulativement contre l'arrêt de renvoi du 21 juin 2010 et contre le jugement du 15 septembre 2011. 4.1 Le demandeur soutient que les honoraires versés à Me Poggia, pour se faire conseiller et assister dans les procès qui l'ont opposé à sa cocontractante, constituent un dommage dont il peut demander réparation sur la base de l' art. 97 al. 1 CO, pour mauvaise exécution du contrat de bail à loyer. Dans son arrêt de renvoi, la Chambre d'appel a retenu que les frais d'avocat afférents aux deux actions tendant à la réduction du loyer et à l'exécution de travaux doivent effectivement être remboursés au titre de la responsabilité contractuelle; en revanche, le congé ne procédait pas d'une mauvaise exécution du contrat, quoiqu'il fût vicié, et les frais de la contestation y relative ne donnent donc pas lieu à réparation. Il fallait donc distinguer et constater les honoraires afférents à ces contestations-là; de plus, les réductions de loyer obtenues par le demandeur devaient être imputées sur les frais d'avocat à rembourser. A ces fins, la cause était renvoyée au Tribunal des baux et loyers. Devant le Tribunal fédéral, le demandeur entreprend de démontrer que ces distinctions et imputations ne sont pas justifiées et qu'il a droit au remboursement de la totalité des frais afférents aux trois actions. La défenderesse, parmi d'autres moyens, soutient qu'elle ne doit aucun dédommagement parce que le droit cantonal de procédure n'accordait pas de dépens dans les contestations en matière de bail à loyer; à titre subsidiaire, se référant au droit civil fédéral, elle affirme n'avoir commis aucun acte illicite et elle soutient que seule sa responsabilité délictuelle, le cas échéant, pourrait entraîner une obligation de rembourser des frais de procédure. 4.2 Selon la jurisprudence, lorsque le droit de procédure civile permet au plaideur victorieux de se faire dédommager de tous les frais nécessaires et indispensables qu'il a consacrés à un procès, ce droit est seul applicable, et il ne laisse aucune place à une action qui serait fondée sur le droit civil fédéral, séparée ou ultérieure, tendant au remboursement des frais par l'adverse partie (arrêt 4C.51/2000 du 7 août 2000 consid. 3, in SJ 2001 I p. 153; ROLAND BREHM, in Commentaire bernois, 3 e éd. 2006, n° 88 ad art. 41 CO ). Le dommage sujet à réparation comprend en revanche les frais engagés par le lésé pour la consultation d'un avocat avant l'ouverture du procès civil, BGE 139 III 190 S. 193 lorsque cette consultation était nécessaire et adéquate et que les frais ne sont pas couverts ni présumés couverts par les dépens ( ATF 133 II 361 consid. 4.1 p. 363). Cela concerne avant tout les frais de procès dans les actions en dommages-intérêts fondées sur la responsabilité délictuelle (arrêt 4A_282/2009 du 15 décembre 2009 consid. 4). Le plaideur victorieux bénéficie d'un régime plus favorable lorsqu'il s'est heurté à un comportement procédural illicite de son adverse partie, c'est-à-dire lorsque, dans le procès, celle-ci a adopté une position téméraire qu'elle savait ou devait savoir indéfendable. En vertu de l' art. 41 CO, ce comportement illicite engendre l'obligation de réparer le dommage qui en est résulté; il existe alors un concours en l'action accordée par cette disposition de droit fédéral et celle régie, le cas échéant, par le droit de procédure cantonal ou étranger ( ATF 117 II 394 ). 4.3 Le droit genevois en vigueur jusqu'à la fin de 2010 prévoyait spécialement que dans les contestations en matière de bail à loyer de choses immobilières, les tribunaux ne percevaient pas d'émolument judiciaire et n'allouaient pas de dépens ni d'autre indemnité ( art. 447 LPC /GE). C'est pourquoi le demandeur n'a pas pu se faire indemniser de ses frais d'avocat à l'issue des procès concernés, bien qu'il eût à chaque fois obtenu gain de cause. Actuellement, le code unifié ne prévoit pas d'exclusion des dépens, sinon en procédure de conciliation selon l' art. 113 al. 1 CPC, mais l' art. 116 al. 1 CPC habilite les cantons à prévoir des dispenses de frais, lesquelles peuvent porter sur les frais judiciaires et aussi, au regard de la définition des frais consacrée par l' art. 95 al. 1 CPC, sur les dépens ( ATF 139 III 182 consid. 2.2-2.6). L' art. 115 CPC prévoit que même dans les procédures gratuites, les frais - et aussi les dépens, compte tenu de la même définition - peuvent être mis à la charge de la partie qui a procédé de façon téméraire ou de mauvaise foi. 4.4 Il s'impose de préciser la jurisprudence rapportée ci-dessus relative aux rapports entre le droit de la responsabilité civile et celui de la procédure civile: une action en dommages-intérêts séparée ou ultérieure est exclue de manière générale pour tous les frais qui s'incorporent aux dépens d'un procès selon l' art. 95 al. 3 CPC. Cela concerne aussi les procédures et les domaines juridiques pour lesquels une règle spécifique fédérale ou cantonale exclut que ces dépens soient taxés et répartis conformément aux art. 105 al. 2 et 106 CPC. En effet, les actions en dommages-intérêts accordées par le droit de la BGE 139 III 190 S. 194 responsabilité civile, notamment par les art. 41 ou 97 CO, ne sont pas disponibles pour éluder les règles spécifiques du droit de procédure civile et procurer au plaideur victorieux, en dépit de ces règles, une réparation que le législateur compétent tient pour inappropriée ou contraire à des intérêts supérieurs. Dans le même sens, un plaideur ne saurait obtenir par une action en dommages-intérêts, non plus, les dépens que le juge du procès s'est abstenu d'allouer en application de l' art. 107 CPC. En revanche, quelles que soient les règles spécifiques en cause, l' art. 115 CPC garantit une réparation au plaideur dont l'adverse partie s'est comportée avec témérité ou mauvaise foi. Ce principe de coordination du droit de la responsabilité civile avec celui de la procédure civile doit s'appliquer aussi aux frais des procès encore régis par le droit cantonal de procédure désormais remplacé par le code unifié. Le législateur genevois ayant spécialement prévu que la partie victorieuse n'obtiendrait pas de dépens dans les contestations en matière de bail à loyer de choses immobilières, l' art. 97 CO ne permet pas d'exiger des dommages-intérêts destinés à remplacer ces dépens. Pour ce motif, conformément à l'opinion de la défenderesse, les autorités précédentes auraient dû rejeter l'action que le demandeur prétend fonder sur cette dernière disposition. Cela entraîne l'admission du recours introduit par elle, l'annulation de l'arrêt du 21 juin 2010 et la réforme de celui du 8 août 2012. En tant que ce dernier est une décision d'irrecevabilité qui ne s'est pas substituée au jugement du 15 septembre 2011, il y a lieu d'annuler aussi ce prononcé-ci. Le recours du demandeur, mal fondé, doit être rejeté.
Urteilskopf
26. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Z. SA (recours en matière civile)
4A_646/2011 et autres du 26 février 2013
Regeste Art. 97 Abs. 1 OR ; Klage auf Erstattung der im Rahmen eines Zivilprozesses angefallenen Prozesskosten; Koordination der haftpflichtrechtlichen Regeln mit den zivilprozessualen Bestimmungen über die Parteientschädigung. Eine separate oder nachträgliche Schadenersatzklage ist ausgeschlossen für alle Prozesskosten, die von der Parteientschädigung nach Art. 95 Abs. 3 ZPO erfasst sind, selbst wenn die obsiegende Partei nach dem gemäss Art. 116 Abs. 1 ZPO vorbehaltenen kantonalen Recht keine Parteientschädigung erhält (E. 4).
Regeste
Art. 97 Abs. 1 OR ; Klage auf Erstattung der im Rahmen eines Zivilprozesses angefallenen Prozesskosten; Koordination der haftpflichtrechtlichen Regeln mit den zivilprozessualen Bestimmungen über die Parteientschädigung. Eine separate oder nachträgliche Schadenersatzklage ist ausgeschlossen für alle Prozesskosten, die von der Parteientschädigung nach Art. 95 Abs. 3 ZPO erfasst sind, selbst wenn die obsiegende Partei nach dem gemäss Art. 116 Abs. 1 ZPO vorbehaltenen kantonalen Recht keine Parteientschädigung erhält (E. 4).
Art. 97 Abs. 1 OR Eine separate oder nachträgliche Schadenersatzklage ist ausgeschlossen für alle Prozesskosten, die von der Parteientschädigung nach Art. 95 Abs. 3 ZPO erfasst sind, selbst wenn die obsiegende Partei nach dem gemäss Art. 116 Abs. 1 ZPO vorbehaltenen kantonalen Recht keine Parteientschädigung erhält (E. 4).
Art. 95 Abs. 3 ZPO Art. 116 Abs. 1 ZPO Sachverhalt ab Seite 190
Sachverhalt ab Seite 190 BGE 139 III 190 S. 190
BGE 139 III 190 S. 190
X. est locataire d'un appartement de trois pièces dans un bâtiment d'habitation sis à Carouge. En 1998, 2001 et 2003, il a intenté trois actions judiciaires à la bailleresse Y. SA, les deux premières tendant à la réduction du loyer et à l'exécution de travaux par suite de défauts du bien loué, et la troisième tendant à l'annulation d'un congé. A chaque fois, le locataire a usé des services professionnels de Me Mauro Poggia, avocat à Genève, et il a obtenu définitivement gain de cause. En février 2006, assisté de Me Michel Rudermann, le BGE 139 III 190 S. 191 locataire a intenté une nouvelle action tendant à la réduction du loyer et à l'exécution de travaux.
BGE 139 III 190 S. 191
Le 13 avril 2007, devant la commission de conciliation compétente puis devant le Tribunal des baux et loyers du canton de Genève, X. a derechef ouvert action contre Y. SA. La défenderesse devait être condamnée à payer en capital, outre d'autres montants, 30'160 fr. pour remboursement des honoraires versés à Me Poggia.
Le tribunal a rejeté l'action. Saisie par le demandeur, la Chambre d'appel en matière de baux et loyers a statué le 21 juin 2010; elle a renvoyé la cause au Tribunal des baux et loyers, pour complément d'instruction et nouvelle décision, en tant que la demande portait sur le remboursement de 30'160 fr. versés à Me Poggia.
Le Tribunal fédéral a statué le 6 décembre 2010 sur les recours introduits contre cette décision (arrêt 4A_423/2010 et 4A_451/2010). La contestation s'est ensuite poursuivie devant le Tribunal des baux et loyers, conformément à l'arrêt de la Chambre d'appel.
Par un nouveau jugement du 15 septembre 2011, le Tribunal des baux et loyers a condamné la défenderesse à payer 5'182 fr. en capital. Les deux parties ont appelé à la Chambre des baux et loyers de la Cour de justice. Celle-ci a statué le 8 août 2012; elle a joint les causes et déclaré les deux appels irrecevables.
Deux recours ont été introduits devant le Tribunal fédéral contre cette dernière décision, l'un par le demandeur, l'autre par Z. SA qui s'était entre-temps substituée à Y. SA. Le demandeur avait par ailleurs introduit un recours dirigé contre l'arrêt de renvoi du 21 juin 2010 et contre le jugement du 15 septembre 2011. Selon ses conclusions, l'adverse partie devait être condamnée à payer 30'160 fr. en capital.
(résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
4. Il reste à examiner les moyens que les parties développent contre l'arrêt du 21 juin 2010. Il s'agit d'une décision incidente qui n'était pas susceptible d'un recours séparé selon l' art. 93 al. 1 LTF ; elle peut en revanche être attaquée avec la décision finale, dans la mesure où elle influe sur son contenu, conformément à l' art. 93 al. 3 LTF. La défenderesse prend des conclusions tendant à l'irrecevabilité de la demande en justice ou, subsidiairement, au rejet de l'action; elles sont recevables au regard de cette dernière disposition. Il y a lieu de prendre en considération, ici, les conclusions et les motifs que le BGE 139 III 190 S. 192 demandeur présente dans son recours précédemment introduit, dirigé cumulativement contre l'arrêt de renvoi du 21 juin 2010 et contre le jugement du 15 septembre 2011.
4. art. 93 al. 1 LTF art. 93 al. 3 LTF BGE 139 III 190 S. 192
4.1 Le demandeur soutient que les honoraires versés à Me Poggia, pour se faire conseiller et assister dans les procès qui l'ont opposé à sa cocontractante, constituent un dommage dont il peut demander réparation sur la base de l' art. 97 al. 1 CO, pour mauvaise exécution du contrat de bail à loyer.
4.1 art. 97 al. 1 CO Dans son arrêt de renvoi, la Chambre d'appel a retenu que les frais d'avocat afférents aux deux actions tendant à la réduction du loyer et à l'exécution de travaux doivent effectivement être remboursés au titre de la responsabilité contractuelle; en revanche, le congé ne procédait pas d'une mauvaise exécution du contrat, quoiqu'il fût vicié, et les frais de la contestation y relative ne donnent donc pas lieu à réparation. Il fallait donc distinguer et constater les honoraires afférents à ces contestations-là; de plus, les réductions de loyer obtenues par le demandeur devaient être imputées sur les frais d'avocat à rembourser. A ces fins, la cause était renvoyée au Tribunal des baux et loyers.
Devant le Tribunal fédéral, le demandeur entreprend de démontrer que ces distinctions et imputations ne sont pas justifiées et qu'il a droit au remboursement de la totalité des frais afférents aux trois actions.
La défenderesse, parmi d'autres moyens, soutient qu'elle ne doit aucun dédommagement parce que le droit cantonal de procédure n'accordait pas de dépens dans les contestations en matière de bail à loyer; à titre subsidiaire, se référant au droit civil fédéral, elle affirme n'avoir commis aucun acte illicite et elle soutient que seule sa responsabilité délictuelle, le cas échéant, pourrait entraîner une obligation de rembourser des frais de procédure.
4.2 Selon la jurisprudence, lorsque le droit de procédure civile permet au plaideur victorieux de se faire dédommager de tous les frais nécessaires et indispensables qu'il a consacrés à un procès, ce droit est seul applicable, et il ne laisse aucune place à une action qui serait fondée sur le droit civil fédéral, séparée ou ultérieure, tendant au remboursement des frais par l'adverse partie (arrêt 4C.51/2000 du 7 août 2000 consid. 3, in SJ 2001 I p. 153; ROLAND BREHM, in Commentaire bernois, 3 e éd. 2006, n° 88 ad art. 41 CO ). Le dommage sujet à réparation comprend en revanche les frais engagés par le lésé pour la consultation d'un avocat avant l'ouverture du procès civil, BGE 139 III 190 S. 193 lorsque cette consultation était nécessaire et adéquate et que les frais ne sont pas couverts ni présumés couverts par les dépens ( ATF 133 II 361 consid. 4.1 p. 363). Cela concerne avant tout les frais de procès dans les actions en dommages-intérêts fondées sur la responsabilité délictuelle (arrêt 4A_282/2009 du 15 décembre 2009 consid. 4).
4.2 art. 41 CO BGE 139 III 190 S. 193
Le plaideur victorieux bénéficie d'un régime plus favorable lorsqu'il s'est heurté à un comportement procédural illicite de son adverse partie, c'est-à-dire lorsque, dans le procès, celle-ci a adopté une position téméraire qu'elle savait ou devait savoir indéfendable. En vertu de l' art. 41 CO, ce comportement illicite engendre l'obligation de réparer le dommage qui en est résulté; il existe alors un concours en l'action accordée par cette disposition de droit fédéral et celle régie, le cas échéant, par le droit de procédure cantonal ou étranger ( ATF 117 II 394 ). art. 41 CO 4.3 Le droit genevois en vigueur jusqu'à la fin de 2010 prévoyait spécialement que dans les contestations en matière de bail à loyer de choses immobilières, les tribunaux ne percevaient pas d'émolument judiciaire et n'allouaient pas de dépens ni d'autre indemnité ( art. 447 LPC /GE). C'est pourquoi le demandeur n'a pas pu se faire indemniser de ses frais d'avocat à l'issue des procès concernés, bien qu'il eût à chaque fois obtenu gain de cause.
4.3 art. 447 LPC Actuellement, le code unifié ne prévoit pas d'exclusion des dépens, sinon en procédure de conciliation selon l' art. 113 al. 1 CPC, mais l' art. 116 al. 1 CPC habilite les cantons à prévoir des dispenses de frais, lesquelles peuvent porter sur les frais judiciaires et aussi, au regard de la définition des frais consacrée par l' art. 95 al. 1 CPC, sur les dépens ( ATF 139 III 182 consid. 2.2-2.6). L' art. 115 CPC prévoit que même dans les procédures gratuites, les frais - et aussi les dépens, compte tenu de la même définition - peuvent être mis à la charge de la partie qui a procédé de façon téméraire ou de mauvaise foi. art. 113 al. 1 CPC art. 116 al. 1 CPC art. 95 al. 1 CPC art. 115 CPC 4.4 Il s'impose de préciser la jurisprudence rapportée ci-dessus relative aux rapports entre le droit de la responsabilité civile et celui de la procédure civile: une action en dommages-intérêts séparée ou ultérieure est exclue de manière générale pour tous les frais qui s'incorporent aux dépens d'un procès selon l' art. 95 al. 3 CPC. Cela concerne aussi les procédures et les domaines juridiques pour lesquels une règle spécifique fédérale ou cantonale exclut que ces dépens soient taxés et répartis conformément aux art. 105 al. 2 et 106 CPC. En effet, les actions en dommages-intérêts accordées par le droit de la BGE 139 III 190 S. 194 responsabilité civile, notamment par les art. 41 ou 97 CO, ne sont pas disponibles pour éluder les règles spécifiques du droit de procédure civile et procurer au plaideur victorieux, en dépit de ces règles, une réparation que le législateur compétent tient pour inappropriée ou contraire à des intérêts supérieurs. Dans le même sens, un plaideur ne saurait obtenir par une action en dommages-intérêts, non plus, les dépens que le juge du procès s'est abstenu d'allouer en application de l' art. 107 CPC. En revanche, quelles que soient les règles spécifiques en cause, l' art. 115 CPC garantit une réparation au plaideur dont l'adverse partie s'est comportée avec témérité ou mauvaise foi.
4.4 art. 95 al. 3 CPC art. 105 al. 2 et 106 CPC BGE 139 III 190 S. 194
art. 41 ou 97 CO art. 107 CPC art. 115 CPC Ce principe de coordination du droit de la responsabilité civile avec celui de la procédure civile doit s'appliquer aussi aux frais des procès encore régis par le droit cantonal de procédure désormais remplacé par le code unifié. Le législateur genevois ayant spécialement prévu que la partie victorieuse n'obtiendrait pas de dépens dans les contestations en matière de bail à loyer de choses immobilières, l' art. 97 CO ne permet pas d'exiger des dommages-intérêts destinés à remplacer ces dépens. art. 97 CO Pour ce motif, conformément à l'opinion de la défenderesse, les autorités précédentes auraient dû rejeter l'action que le demandeur prétend fonder sur cette dernière disposition. Cela entraîne l'admission du recours introduit par elle, l'annulation de l'arrêt du 21 juin 2010 et la réforme de celui du 8 août 2012. En tant que ce dernier est une décision d'irrecevabilité qui ne s'est pas substituée au jugement du 15 septembre 2011, il y a lieu d'annuler aussi ce prononcé-ci. Le recours du demandeur, mal fondé, doit être rejeté.
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Urteilskopf 139 III 195 27. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. und Z. gegen Y. Limited (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_492/2012 / 5A_493/2012 vom 13. März 2013 Regeste Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 91, 96 und 251 ZPO, GebV SchKG; Entscheide des Arrestgerichts. Rechtsgrundlagen von Streitwert, Spruchgebühr und Parteientschädigung in Arrestsachen (E. 4). Sachverhalt ab Seite 195 BGE 139 III 195 S. 195 A. Am 22. Februar 2011 verlangte die Y. Limited beim Bezirksgericht Zürich die Verarrestierung von Guthaben von X. und dessen Ehefrau Z., in Südafrika, bei der Bank W. AG mit Sitz in Zürich. Mit Arrestbefehlen vom 24. Februar 2011 des Einzelgerichts (Audienz) wurden sämtliche Guthaben der Arrestschuldner, insbesondere (näher bestimmte) Konten bei der betreffenden Bank für eine Forderung von (umgerechnet) Fr. 5'890'153.- aus unerlaubter Handlung verarrestiert. Am 28. Februar 2011 wurden die Arrestbefehle vom Betreibungsamt Zürich 1 vollzogen. Gegen die Arrestbefehle erhoben X. und Z. Einsprache. Mit Urteilen vom 3. Februar 2012 hiess das Arrestgericht die Einsprachen gut und hob die Arrestbefehle auf. B. Gegen die Arresteinspracheentscheide erhob die Y. Limited Beschwerde. Mit Urteilen vom 25. Mai 2012 hiess das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, die Beschwerden gut und wies die BGE 139 III 195 S. 196 Arresteinsprachen ab. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wurde gestützt auf die kantonale Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG/ZH) auf jeweils Fr. 16'500.- festgesetzt und den Arrestschuldnern auferlegt (Dispositivziffer 3). Die Arrestschuldner wurden jeweils verpflichtet, der Arrestgläubigerin Parteientschädigungen von ingesamt Fr. 32'000.- (Fr. 20'000.- für das erstinstanzliche und Fr. 12'000.- für das zweitinstanzliche Verfahren) zu bezahlen (Dispositivziffer 4). C. Mit Eingaben vom 29. Juni 2012 haben X. und Z. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Die Beschwerdeführer beantragen jeweils, es sei Dispositivziffer 3 des Urteils des Obergerichts aufzuheben und die zweitinstanzliche Entscheidgebühr gestützt auf die Gebührenverordnung zum Bundesgesetz vom 23. September 1996 über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV SchKG; SR 281.35) festzusetzen. Eventualiter sei die Entscheidgebühr in Anwendung der kantonalen Gebührenverordnung (in näher bestimmter Weise) neu festzusetzen. Weiter beantragen die Beschwerdeführer, es sei Dispositivziffer 4 des Urteils des Obergerichts aufzuheben und die Parteientschädigung für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren gestützt auf den berichtigten Streitwert von Fr. 920'870.- auf insgesamt Fr. 9'598.-, evtl. angemessen festzusetzen bzw. durch die Vorinstanz festsetzen zu lassen. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerden teilweise gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Anlass zu den vorliegenden Beschwerden geben Entscheide über die Kosten- und Entschädigungsfolgen im Rechtsmittelverfahren gegen Arresteinspracheentscheide. 4.1 Die Beschwerdeführer wenden sich zunächst gegen die Auffassung des Obergerichts, dass nach Inkrafttreten der ZPO für die Gerichtsgebühren in den gerichtlichen Summarsachen des SchKG nicht mehr Art. 48 ff. GebV SchKG, sondern der kantonale Tarif massgebend sein soll. Sie stützen sich auf die von D. RÜETSCHI, Bundesamt für Justiz, geäusserte Kritik an der Praxis der Vorinstanz (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Februar 2011, in: BlSchK 2011 S. 68 ff., mit Anmerkung). Es wird zu Recht nicht behauptet, dass die kantonalen oder eidgenössischen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen in Gebührenfragen gestützt BGE 139 III 195 S. 197 auf die Aufsichtsbefugnis zuständig seien, Anweisungen über die gerichtliche Anwendung der GebV SchKG zu geben ( BGE 81 III 36 S. 37). Die Beschwerdeführer berufen sich auf verfassungsmässige Rechte ( Art. 98 BGG ) und machen geltend, das Obergericht verletze insbesondere den Vorrang des Bundesrechts ( Art. 49 Abs. 1 BV ), wenn es kantonales Recht angewendet habe. 4.2 Entscheide, die vom Arrestgericht getroffen werden, gehören zu den in Art. 251 ZPO genannten Angelegenheiten des SchKG, für welche das summarische Verfahren der ZPO gilt. Gemäss GebV SchKG (in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung) bestimmt sich die Spruchgebühr für einen gerichtlichen Entscheid in betreibungsrechtlichen Summarsachen ( Art. 251 ZPO ) nach dem Streitwert gemäss Tabelle, sofern die Verordnung nichts anderes vorsieht ( Art. 48 GebV SchKG ). Das obere Gericht, an das eine betreibungsrechtliche Summarsache ( Art. 251 ZPO ) weitergezogen wird, kann für seinen Entscheid eine Gebühr erheben, die höchstens das Anderthalbfache der für die Vorinstanz zulässigen Gebühr beträgt ( Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG ). Das Obergericht (vgl. BlSchK 2011 S. 69 f.) erachtet die GebV SchKG für die Spruchgebühr des Arrestgerichts als nicht mehr verbindlich, denn sie stehe in Widerspruch zur ZPO bzw. zum übergeordneten Recht. Die gerichtlichen Angelegenheiten des SchKG seien von der ZPO geregelt, nach welcher die Kantone die Tarife bestimmen. 4.2.1 Das Bundesgericht hat sich bereits im Jahre 1928 eingehend mit Zweifeln befasst, welche gegen die in Art. 16 SchKG getroffene Ausscheidung der Kompetenzen erhoben wurden. Gemäss BGE 54 I 161 besteht für die gerichtlichen Summarverfahren (vgl. aArt. 25 SchKG) - als richterliche Inzidente des Zwangsvollstreckungsverfahrens - das Bedürfnis nach einheitlicher Festsetzung der Gebühren in einer Höhe, die der Natur und dem Zweck des Betreibungs- und Konkursverfahrens angemessen ist. Danach bezweckt die Regelung nach Art. 16 SchKG, in einheitlicher Weise für das ganze Gebiet der Schweiz die Abgabe zu bestimmen, welche die Partei in einem Summarverfahren des SchKG für die Inanspruchnahme der richterlichen Behörden zu entrichten hat, und zwar in einer Weise, die für dieses Verfahren als Zwischenakt des Zwangsvollstreckungsverfahrens als angemessen erscheint und eine zu grosse Verteuerung verhindert ( BGE 54 I 161 E. 2 S. 163 f.). Diese Auffassung war in der Lehre anerkannt und ist in der Folge bestätigt worden (vgl. BLUMENSTEIN, Handbuch des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, BGE 139 III 195 S. 198 1911, S. 127; GILLIERON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 8 zu Art. 16 SchKG, mit Hinweis auf die Rechtsprechung). Zu prüfen ist, ob die Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts die Tragweite von Art. 16 SchKG verändert hat. 4.2.2 Mit der ZPO sind die summarischen Verfahren des SchKG gemäss Art. 251 ZPO vereinheitlicht worden, und nach Art. 96 ZPO setzen die Kantone die Tarife für die Prozesskosten fest (vgl. BGE 138 III 675 E. 3 S. 676). In der Botschaft zur ZPO wird betont, dass die "Tarifhoheit weiterhin bei den Kantonen" verbleiben und die Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts "kostenneutral" erfolgen soll (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl 2006 7221, S. 7292 Ziff. 5.8.1, S. 7410 Ziff. 6.2). Aus der Entstehungsgeschichte zur ZPO lassen sich keine Hinweise entnehmen, wonach die vereinheitlichten Spruchgebühren in den Summarsachen des SchKG aufzuheben seien. Die Vereinheitlichung des Summarverfahrens ändert nichts am - in BGE 54 I 161 E. 2 S. 163 f. massgebenden - rein vollstreckungsrechtlichen Charakter der in Art. 251 ZPO eingereihten Verfahren. Die Tragweite und der Zweck von Art. 16 SchKG als lex specialis zu Art. 96 ZPO und die gesetzliche Grundlage von Art. 48 ff. GebV SchKG sind durch die ZPO nicht verändert worden. 4.2.3 Zum gleichen Ergebnis kommt einhellig die Lehre zur ZPO und zum SchKG (u.a. TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 4 zu Art. 96 ZPO ; SPÜHLER/GEHRI/DOLGE, Schweizerisches Zivilprozessrecht [...], 9. Aufl. 2010, 8. Kap. Rz. 27; STOFFEL/CHABLOZ, Voies d'exécution, 2. Aufl. 2010, S. 112 Rz. 85; BODMER/BANGERT, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 36 zu Art. 85 SchKG ). Im Weiteren wird die Praxis der II. Zivilkammer des Obergerichts sowohl von den Kommentatoren des kantonalen Rechts als auch von der I. Zivilkammer des Obergerichts sowie in anderen Kantonen abgelehnt (HAUSER/SCHWERI/LIEBER, GOG-Kommentar [...], 2012, S. 566 f. Rz. 16; Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 8. Februar 2011 E. 5.1, in: ZR 2011 Nr. 28 S. 84; Urteil KSK 11 60 des Kantonsgerichts Graubünden vom 19. Oktober 2011 E. 8b; Urteil 102 2012-91 des Kantonsgerichts Freiburg vom 21. August 2012 E. 3a). 4.2.4 Nach dem Dargelegten ist mit dem Vorrang des eidgenössischen vor dem kantonalen Recht nicht vereinbar ( Art. 49 Abs. 1 BV ; BGE 139 III 195 S. 199 vgl. BGE 54 I 161 E. 2 S. 162; zum Grundsatz BGE 138 I 410 E. 3.1 S. 414), wenn das Obergericht die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr in Anwendung des kantonalen Rechts auf Fr. 16'500.- festgesetzt hat. Nach dem massgebenden Bundesrecht bzw. Art. 48 i.V.m. Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG kann das Obergericht in einer Arrestsache eine Gerichtsgebühr erheben, die höchstens das Anderthalbfache der für die Erstinstanz zulässigen Gebühr beträgt, d.h. selbst bei Streitwerten über 1 Mio. Fr. höchstens Fr. 180.- bis 3'000.-. In diesem Punkt ist die Beschwerde in Zivilsachen begründet, und das Obergericht hat über die Gerichtsgebühr in Ausübung seines Ermessens neu zu entscheiden. 4.3 Die Beschwerdeführer wenden sich sodann gegen den Streitwert zur Festsetzung der Parteientschädigung, zu welcher sie vom Obergericht verpflichtet wurden. Die bundesrechtliche Vorgabe für betreibungsrechtliche Summarsachen (Abs. 2 von Art. 62 GebV SchKG ) wurde mit Inkrafttreten der ZPO aufgehoben (Verordnung vom 18. Juni 2010 über die Anpassung von Verordnungen an die ZPO, Ziff. II/5 [AS 2010 3055]). Seit dem 1. Januar 2011 spricht das Gericht die Parteientschädigung an die obsiegende Partei ( Art. 106 ZPO ) gemäss Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 96 ZPO ausschliesslich nach dem kantonalen Tarif zu (STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 74 zu Art. 84 SchKG ), währenddem der Streitwert nach Bundesrecht bzw. der ZPO festzusetzen ist (vgl. BGE 138 III 675 E. 3 S. 676). 4.3.1 Das Obergericht gibt den Streitwert mit Fr. 5'890'153.-, was der zu sichernden Forderung der Beschwerdegegnerin bzw. Arrestgläubigerin entspricht. Die Beschwerdeführer werfen dem Obergericht Willkür in der Anwendung von Art. 91 Abs. 1 ZPO bzw. in der Festsetzung des Streitwertes vor. Der Streitwert richte sich nicht nach der Arrestforderung, sondern nach dem tatsächlich verarrestierten Vermögen, welches nach Angabe der Bank lediglich Fr. 920'870.- betrage. Dies führe zu einer tieferen Parteientschädigung. 4.3.2 Die kantonalrechtliche Praxis zur Festsetzung des Streitwertes für Arrestsachen war uneinheitlich (vgl. EUGSTER, in: Kommentar SchKG Gebührenverordnung, 2008, N. 3 zu Art. 48 GebV SchKG, mit Hinweisen). In ebenso unterschiedlicher Weise äussert sich die Lehre zu Art. 91 ZPO. Nach der einen Auffassung entspricht der Streitwert der zu sichernden Forderung des Arrestgläubigers (VOCK/MÜLLER, SchKG-Klagen nach der Schweizerischen ZPO, 2012, S. 299). BGE 139 III 195 S. 200 Nach anderer Meinung ist auf den Schätzwert des Arrestobjektes abzustellen, da nur der Bestand des Arrestbeschlages Streitgegenstand bildet (STERCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, 2012, N. 20a zu Art. 91 ZPO ; MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 480 Fn. 869; ferner EUGSTER, a.a.O.), was POUDRET in Anwendung von Bundesrecht (OG) vertreten hat (Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire [...], Bd. I, 1990, N. 9.9.9 zu Art. 36 OG S. 291). In diese Richtung hat das Bundesgericht gestützt auf das BGG entschieden (Urteil 5A_789/2010 vom 29. Juni 2011 E. 1.2, betreffend Arresteinsprache eines Dritten). Die Frage braucht nicht abschliessend erörtert zu werden. Im konkreten Fall hat das Obergericht - wie sich aus dem Folgenden ergibt - nicht auf ein unhaltbares Kriterium abgestellt, wenn es den Streitwert nach der Arrestforderung gerichtet hat. 4.3.3 Geht es - wie hier - um die Verarrestierung von Bankkonten, so ist nicht bekannt, in welchem Umfang Guthaben verarrestiert worden sind, da die Bank den Zwangsvollstreckungsbehörden vor rechtskräftiger Erledigung der Arresteinsprache keine Auskunft geben muss (vgl. BGE 125 III 391 E. 2 S. 392; Urteil 5A_672/2010 vom 17. Januar 2011 E. 3.2). Die Beschwerdeführer machen jedoch geltend, die Beschwerdegegnerin (Arrestgläubigerin) habe im Einspracheverfahren festgehalten, gemäss einem Schreiben der Bank vom 14. April 2011 (nach Arrestvollzug) an die Bundesanwaltschaft würden sich die Guthaben auf (umgerechnet) Fr. 920'870.- belaufen. Damit sei das tatsächlich verarrestierte Vermögen "aktenkundig" und die Vorinstanz habe davon "Kenntnis gehabt". Dieses Vorbringen ist unbehelflich: Die Beschwerdeführer legen nicht dar, dass sich die Parteien im kantonalen Verfahren auf das erwähnte Schreiben bzw. dessen Inhalt zur Festlegung des Streitwertes berufen hätten und dieses Dokument trotz Vorbringen im kantonalen Verfahren vom Obergericht zur Streitwertfestlegung in Verletzung verfassungsmässiger Rechte übergangen worden sei. Im Übrigen konnten die Beschwerdeführer bereits aus den ihnen mitgeteilten Kostenvorschussverfügungen des Obergerichts vom 19. März 2012 ersehen, dass auf den Streitwert von Fr. 5'890'153.- abgestellt wird. Neue tatsächliche Vorbringen sind im bundesgerichtlichen Verfahren unzulässig ( Art. 99 Abs. 1 BGG ), weshalb sich die Beschwerdeführer vergeblich auf das von der Beschwerdegegnerin dem Arrestgericht eingereichte Schreiben berufen. Unter diesen Umständen kann dem Obergericht keine BGE 139 III 195 S. 201 Willkür in der Anwendung von Art. 91 ZPO vorgeworfen werden, wenn es für den Streitwert auf die zu sichernde Forderung der Arrestgläubigerin abgestellt und damit im Ergebnis verarrestierte Guthaben in der Höhe von knapp 5,9 Mio. Fr. angenommen hat. Schliesslich behaupten die Beschwerdeführer nicht, dass die Parteientschädigungen gemäss kantonaler Verordnung über die Anwaltsgebühren bei einem Streitwert in der erwähnten Höhe willkürlich seien. 4.4 Zusammenfassend sind die Beschwerden in Zivilsachen begründet, soweit die Gerichtsgebühr für den Beschwerdeentscheid betreffend Arresteinsprache angefochten wird. Die Festsetzung der Parteientschädigung durch das Obergericht hält vor den verfassungsmässigen Rechten der Beschwerdeführer stand.
Urteilskopf
27. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. und Z. gegen Y. Limited (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_492/2012 / 5A_493/2012 vom 13. März 2013
Regeste Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 91, 96 und 251 ZPO, GebV SchKG; Entscheide des Arrestgerichts. Rechtsgrundlagen von Streitwert, Spruchgebühr und Parteientschädigung in Arrestsachen (E. 4).
Regeste
Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 91, 96 und 251 ZPO, GebV SchKG; Entscheide des Arrestgerichts. Rechtsgrundlagen von Streitwert, Spruchgebühr und Parteientschädigung in Arrestsachen (E. 4).
Art. 49 Abs. 1 BV Art. 91, 96 und 251 ZPO Rechtsgrundlagen von Streitwert, Spruchgebühr und Parteientschädigung in Arrestsachen (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 195
Sachverhalt ab Seite 195 BGE 139 III 195 S. 195
BGE 139 III 195 S. 195
A. Am 22. Februar 2011 verlangte die Y. Limited beim Bezirksgericht Zürich die Verarrestierung von Guthaben von X. und dessen Ehefrau Z., in Südafrika, bei der Bank W. AG mit Sitz in Zürich. Mit Arrestbefehlen vom 24. Februar 2011 des Einzelgerichts (Audienz) wurden sämtliche Guthaben der Arrestschuldner, insbesondere (näher bestimmte) Konten bei der betreffenden Bank für eine Forderung von (umgerechnet) Fr. 5'890'153.- aus unerlaubter Handlung verarrestiert. Am 28. Februar 2011 wurden die Arrestbefehle vom Betreibungsamt Zürich 1 vollzogen. Gegen die Arrestbefehle erhoben X. und Z. Einsprache. Mit Urteilen vom 3. Februar 2012 hiess das Arrestgericht die Einsprachen gut und hob die Arrestbefehle auf.
A. B. Gegen die Arresteinspracheentscheide erhob die Y. Limited Beschwerde. Mit Urteilen vom 25. Mai 2012 hiess das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, die Beschwerden gut und wies die BGE 139 III 195 S. 196 Arresteinsprachen ab. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wurde gestützt auf die kantonale Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG/ZH) auf jeweils Fr. 16'500.- festgesetzt und den Arrestschuldnern auferlegt (Dispositivziffer 3). Die Arrestschuldner wurden jeweils verpflichtet, der Arrestgläubigerin Parteientschädigungen von ingesamt Fr. 32'000.- (Fr. 20'000.- für das erstinstanzliche und Fr. 12'000.- für das zweitinstanzliche Verfahren) zu bezahlen (Dispositivziffer 4).
B. BGE 139 III 195 S. 196
C. Mit Eingaben vom 29. Juni 2012 haben X. und Z. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Die Beschwerdeführer beantragen jeweils, es sei Dispositivziffer 3 des Urteils des Obergerichts aufzuheben und die zweitinstanzliche Entscheidgebühr gestützt auf die Gebührenverordnung zum Bundesgesetz vom 23. September 1996 über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV SchKG; SR 281.35) festzusetzen. Eventualiter sei die Entscheidgebühr in Anwendung der kantonalen Gebührenverordnung (in näher bestimmter Weise) neu festzusetzen. Weiter beantragen die Beschwerdeführer, es sei Dispositivziffer 4 des Urteils des Obergerichts aufzuheben und die Parteientschädigung für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren gestützt auf den berichtigten Streitwert von Fr. 920'870.- auf insgesamt Fr. 9'598.-, evtl. angemessen festzusetzen bzw. durch die Vorinstanz festsetzen zu lassen. (...)
C. Das Bundesgericht heisst die Beschwerden teilweise gut.
(Auszug)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
4. Anlass zu den vorliegenden Beschwerden geben Entscheide über die Kosten- und Entschädigungsfolgen im Rechtsmittelverfahren gegen Arresteinspracheentscheide.
4. 4.1 Die Beschwerdeführer wenden sich zunächst gegen die Auffassung des Obergerichts, dass nach Inkrafttreten der ZPO für die Gerichtsgebühren in den gerichtlichen Summarsachen des SchKG nicht mehr Art. 48 ff. GebV SchKG, sondern der kantonale Tarif massgebend sein soll. Sie stützen sich auf die von D. RÜETSCHI, Bundesamt für Justiz, geäusserte Kritik an der Praxis der Vorinstanz (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Februar 2011, in: BlSchK 2011 S. 68 ff., mit Anmerkung). Es wird zu Recht nicht behauptet, dass die kantonalen oder eidgenössischen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen in Gebührenfragen gestützt BGE 139 III 195 S. 197 auf die Aufsichtsbefugnis zuständig seien, Anweisungen über die gerichtliche Anwendung der GebV SchKG zu geben ( BGE 81 III 36 S. 37). Die Beschwerdeführer berufen sich auf verfassungsmässige Rechte ( Art. 98 BGG ) und machen geltend, das Obergericht verletze insbesondere den Vorrang des Bundesrechts ( Art. 49 Abs. 1 BV ), wenn es kantonales Recht angewendet habe.
4.1 Art. 48 ff. GebV SchKG BGE 139 III 195 S. 197
Art. 98 BGG Art. 49 Abs. 1 BV 4.2 Entscheide, die vom Arrestgericht getroffen werden, gehören zu den in Art. 251 ZPO genannten Angelegenheiten des SchKG, für welche das summarische Verfahren der ZPO gilt. Gemäss GebV SchKG (in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung) bestimmt sich die Spruchgebühr für einen gerichtlichen Entscheid in betreibungsrechtlichen Summarsachen ( Art. 251 ZPO ) nach dem Streitwert gemäss Tabelle, sofern die Verordnung nichts anderes vorsieht ( Art. 48 GebV SchKG ). Das obere Gericht, an das eine betreibungsrechtliche Summarsache ( Art. 251 ZPO ) weitergezogen wird, kann für seinen Entscheid eine Gebühr erheben, die höchstens das Anderthalbfache der für die Vorinstanz zulässigen Gebühr beträgt ( Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG ). Das Obergericht (vgl. BlSchK 2011 S. 69 f.) erachtet die GebV SchKG für die Spruchgebühr des Arrestgerichts als nicht mehr verbindlich, denn sie stehe in Widerspruch zur ZPO bzw. zum übergeordneten Recht. Die gerichtlichen Angelegenheiten des SchKG seien von der ZPO geregelt, nach welcher die Kantone die Tarife bestimmen.
4.2 Art. 251 ZPO Art. 251 ZPO Art. 48 GebV SchKG Art. 251 ZPO Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG 4.2.1 Das Bundesgericht hat sich bereits im Jahre 1928 eingehend mit Zweifeln befasst, welche gegen die in Art. 16 SchKG getroffene Ausscheidung der Kompetenzen erhoben wurden. Gemäss BGE 54 I 161 besteht für die gerichtlichen Summarverfahren (vgl. aArt. 25 SchKG) - als richterliche Inzidente des Zwangsvollstreckungsverfahrens - das Bedürfnis nach einheitlicher Festsetzung der Gebühren in einer Höhe, die der Natur und dem Zweck des Betreibungs- und Konkursverfahrens angemessen ist. Danach bezweckt die Regelung nach Art. 16 SchKG, in einheitlicher Weise für das ganze Gebiet der Schweiz die Abgabe zu bestimmen, welche die Partei in einem Summarverfahren des SchKG für die Inanspruchnahme der richterlichen Behörden zu entrichten hat, und zwar in einer Weise, die für dieses Verfahren als Zwischenakt des Zwangsvollstreckungsverfahrens als angemessen erscheint und eine zu grosse Verteuerung verhindert ( BGE 54 I 161 E. 2 S. 163 f.). Diese Auffassung war in der Lehre anerkannt und ist in der Folge bestätigt worden (vgl. BLUMENSTEIN, Handbuch des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, BGE 139 III 195 S. 198 1911, S. 127; GILLIERON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 8 zu Art. 16 SchKG, mit Hinweis auf die Rechtsprechung). Zu prüfen ist, ob die Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts die Tragweite von Art. 16 SchKG verändert hat.
4.2.1 Art. 16 SchKG BGE 54 I 161 Art. 16 SchKG BGE 54 I 161 BGE 139 III 195 S. 198
Art. 16 SchKG Art. 16 SchKG 4.2.2 Mit der ZPO sind die summarischen Verfahren des SchKG gemäss Art. 251 ZPO vereinheitlicht worden, und nach Art. 96 ZPO setzen die Kantone die Tarife für die Prozesskosten fest (vgl. BGE 138 III 675 E. 3 S. 676). In der Botschaft zur ZPO wird betont, dass die "Tarifhoheit weiterhin bei den Kantonen" verbleiben und die Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts "kostenneutral" erfolgen soll (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl 2006 7221, S. 7292 Ziff. 5.8.1, S. 7410 Ziff. 6.2). Aus der Entstehungsgeschichte zur ZPO lassen sich keine Hinweise entnehmen, wonach die vereinheitlichten Spruchgebühren in den Summarsachen des SchKG aufzuheben seien. Die Vereinheitlichung des Summarverfahrens ändert nichts am - in BGE 54 I 161 E. 2 S. 163 f. massgebenden - rein vollstreckungsrechtlichen Charakter der in Art. 251 ZPO eingereihten Verfahren. Die Tragweite und der Zweck von Art. 16 SchKG als lex specialis zu Art. 96 ZPO und die gesetzliche Grundlage von Art. 48 ff. GebV SchKG sind durch die ZPO nicht verändert worden.
4.2.2 Art. 251 ZPO Art. 96 ZPO BGE 54 I 161 Art. 251 ZPO Art. 16 SchKG Art. 96 ZPO Art. 48 ff. GebV SchKG 4.2.3 Zum gleichen Ergebnis kommt einhellig die Lehre zur ZPO und zum SchKG (u.a. TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 4 zu Art. 96 ZPO ; SPÜHLER/GEHRI/DOLGE, Schweizerisches Zivilprozessrecht [...], 9. Aufl. 2010, 8. Kap. Rz. 27; STOFFEL/CHABLOZ, Voies d'exécution, 2. Aufl. 2010, S. 112 Rz. 85; BODMER/BANGERT, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 36 zu Art. 85 SchKG ). Im Weiteren wird die Praxis der II. Zivilkammer des Obergerichts sowohl von den Kommentatoren des kantonalen Rechts als auch von der I. Zivilkammer des Obergerichts sowie in anderen Kantonen abgelehnt (HAUSER/SCHWERI/LIEBER, GOG-Kommentar [...], 2012, S. 566 f. Rz. 16; Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 8. Februar 2011 E. 5.1, in: ZR 2011 Nr. 28 S. 84; Urteil KSK 11 60 des Kantonsgerichts Graubünden vom 19. Oktober 2011 E. 8b; Urteil 102 2012-91 des Kantonsgerichts Freiburg vom 21. August 2012 E. 3a).
4.2.3 Art. 96 ZPO Art. 85 SchKG 4.2.4 Nach dem Dargelegten ist mit dem Vorrang des eidgenössischen vor dem kantonalen Recht nicht vereinbar ( Art. 49 Abs. 1 BV ; BGE 139 III 195 S. 199 vgl. BGE 54 I 161 E. 2 S. 162; zum Grundsatz BGE 138 I 410 E. 3.1 S. 414), wenn das Obergericht die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr in Anwendung des kantonalen Rechts auf Fr. 16'500.- festgesetzt hat. Nach dem massgebenden Bundesrecht bzw. Art. 48 i.V.m. Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG kann das Obergericht in einer Arrestsache eine Gerichtsgebühr erheben, die höchstens das Anderthalbfache der für die Erstinstanz zulässigen Gebühr beträgt, d.h. selbst bei Streitwerten über 1 Mio. Fr. höchstens Fr. 180.- bis 3'000.-. In diesem Punkt ist die Beschwerde in Zivilsachen begründet, und das Obergericht hat über die Gerichtsgebühr in Ausübung seines Ermessens neu zu entscheiden.
4.2.4 Art. 49 Abs. 1 BV BGE 139 III 195 S. 199
BGE 54 I 161 Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG 4.3 Die Beschwerdeführer wenden sich sodann gegen den Streitwert zur Festsetzung der Parteientschädigung, zu welcher sie vom Obergericht verpflichtet wurden. Die bundesrechtliche Vorgabe für betreibungsrechtliche Summarsachen (Abs. 2 von Art. 62 GebV SchKG ) wurde mit Inkrafttreten der ZPO aufgehoben (Verordnung vom 18. Juni 2010 über die Anpassung von Verordnungen an die ZPO, Ziff. II/5 [AS 2010 3055]). Seit dem 1. Januar 2011 spricht das Gericht die Parteientschädigung an die obsiegende Partei ( Art. 106 ZPO ) gemäss Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 96 ZPO ausschliesslich nach dem kantonalen Tarif zu (STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 74 zu Art. 84 SchKG ), währenddem der Streitwert nach Bundesrecht bzw. der ZPO festzusetzen ist (vgl. BGE 138 III 675 E. 3 S. 676).
4.3 Art. 62 GebV SchKG Art. 106 ZPO Art. 96 ZPO Art. 84 SchKG 4.3.1 Das Obergericht gibt den Streitwert mit Fr. 5'890'153.-, was der zu sichernden Forderung der Beschwerdegegnerin bzw. Arrestgläubigerin entspricht. Die Beschwerdeführer werfen dem Obergericht Willkür in der Anwendung von Art. 91 Abs. 1 ZPO bzw. in der Festsetzung des Streitwertes vor. Der Streitwert richte sich nicht nach der Arrestforderung, sondern nach dem tatsächlich verarrestierten Vermögen, welches nach Angabe der Bank lediglich Fr. 920'870.- betrage. Dies führe zu einer tieferen Parteientschädigung.
4.3.1 Art. 91 Abs. 1 ZPO 4.3.2 Die kantonalrechtliche Praxis zur Festsetzung des Streitwertes für Arrestsachen war uneinheitlich (vgl. EUGSTER, in: Kommentar SchKG Gebührenverordnung, 2008, N. 3 zu Art. 48 GebV SchKG, mit Hinweisen). In ebenso unterschiedlicher Weise äussert sich die Lehre zu Art. 91 ZPO. Nach der einen Auffassung entspricht der Streitwert der zu sichernden Forderung des Arrestgläubigers (VOCK/MÜLLER, SchKG-Klagen nach der Schweizerischen ZPO, 2012, S. 299). BGE 139 III 195 S. 200 Nach anderer Meinung ist auf den Schätzwert des Arrestobjektes abzustellen, da nur der Bestand des Arrestbeschlages Streitgegenstand bildet (STERCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, 2012, N. 20a zu Art. 91 ZPO ; MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 480 Fn. 869; ferner EUGSTER, a.a.O.), was POUDRET in Anwendung von Bundesrecht (OG) vertreten hat (Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire [...], Bd. I, 1990, N. 9.9.9 zu Art. 36 OG S. 291). In diese Richtung hat das Bundesgericht gestützt auf das BGG entschieden (Urteil 5A_789/2010 vom 29. Juni 2011 E. 1.2, betreffend Arresteinsprache eines Dritten). Die Frage braucht nicht abschliessend erörtert zu werden. Im konkreten Fall hat das Obergericht - wie sich aus dem Folgenden ergibt - nicht auf ein unhaltbares Kriterium abgestellt, wenn es den Streitwert nach der Arrestforderung gerichtet hat.
4.3.2 Art. 48 GebV SchKG Art. 91 ZPO BGE 139 III 195 S. 200
Art. 91 ZPO Art. 36 OG 4.3.3 Geht es - wie hier - um die Verarrestierung von Bankkonten, so ist nicht bekannt, in welchem Umfang Guthaben verarrestiert worden sind, da die Bank den Zwangsvollstreckungsbehörden vor rechtskräftiger Erledigung der Arresteinsprache keine Auskunft geben muss (vgl. BGE 125 III 391 E. 2 S. 392; Urteil 5A_672/2010 vom 17. Januar 2011 E. 3.2). Die Beschwerdeführer machen jedoch geltend, die Beschwerdegegnerin (Arrestgläubigerin) habe im Einspracheverfahren festgehalten, gemäss einem Schreiben der Bank vom 14. April 2011 (nach Arrestvollzug) an die Bundesanwaltschaft würden sich die Guthaben auf (umgerechnet) Fr. 920'870.- belaufen. Damit sei das tatsächlich verarrestierte Vermögen "aktenkundig" und die Vorinstanz habe davon "Kenntnis gehabt". Dieses Vorbringen ist unbehelflich:
4.3.3 Die Beschwerdeführer legen nicht dar, dass sich die Parteien im kantonalen Verfahren auf das erwähnte Schreiben bzw. dessen Inhalt zur Festlegung des Streitwertes berufen hätten und dieses Dokument trotz Vorbringen im kantonalen Verfahren vom Obergericht zur Streitwertfestlegung in Verletzung verfassungsmässiger Rechte übergangen worden sei. Im Übrigen konnten die Beschwerdeführer bereits aus den ihnen mitgeteilten Kostenvorschussverfügungen des Obergerichts vom 19. März 2012 ersehen, dass auf den Streitwert von Fr. 5'890'153.- abgestellt wird. Neue tatsächliche Vorbringen sind im bundesgerichtlichen Verfahren unzulässig ( Art. 99 Abs. 1 BGG ), weshalb sich die Beschwerdeführer vergeblich auf das von der Beschwerdegegnerin dem Arrestgericht eingereichte Schreiben berufen. Unter diesen Umständen kann dem Obergericht keine BGE 139 III 195 S. 201 Willkür in der Anwendung von Art. 91 ZPO vorgeworfen werden, wenn es für den Streitwert auf die zu sichernde Forderung der Arrestgläubigerin abgestellt und damit im Ergebnis verarrestierte Guthaben in der Höhe von knapp 5,9 Mio. Fr. angenommen hat. Schliesslich behaupten die Beschwerdeführer nicht, dass die Parteientschädigungen gemäss kantonaler Verordnung über die Anwaltsgebühren bei einem Streitwert in der erwähnten Höhe willkürlich seien.
Art. 99 Abs. 1 BGG BGE 139 III 195 S. 201
Art. 91 ZPO 4.4 Zusammenfassend sind die Beschwerden in Zivilsachen begründet, soweit die Gerichtsgebühr für den Beschwerdeentscheid betreffend Arresteinsprache angefochten wird. Die Festsetzung der Parteientschädigung durch das Obergericht hält vor den verfassungsmässigen Rechten der Beschwerdeführer stand.
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Urteilskopf 139 III 195 27. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. und Z. gegen Y. Limited (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_492/2012 / 5A_493/2012 vom 13. März 2013 Regeste Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 91, 96 und 251 ZPO, GebV SchKG; Entscheide des Arrestgerichts. Rechtsgrundlagen von Streitwert, Spruchgebühr und Parteientschädigung in Arrestsachen (E. 4). Sachverhalt ab Seite 195 BGE 139 III 195 S. 195 A. Am 22. Februar 2011 verlangte die Y. Limited beim Bezirksgericht Zürich die Verarrestierung von Guthaben von X. und dessen Ehefrau Z., in Südafrika, bei der Bank W. AG mit Sitz in Zürich. Mit Arrestbefehlen vom 24. Februar 2011 des Einzelgerichts (Audienz) wurden sämtliche Guthaben der Arrestschuldner, insbesondere (näher bestimmte) Konten bei der betreffenden Bank für eine Forderung von (umgerechnet) Fr. 5'890'153.- aus unerlaubter Handlung verarrestiert. Am 28. Februar 2011 wurden die Arrestbefehle vom Betreibungsamt Zürich 1 vollzogen. Gegen die Arrestbefehle erhoben X. und Z. Einsprache. Mit Urteilen vom 3. Februar 2012 hiess das Arrestgericht die Einsprachen gut und hob die Arrestbefehle auf. B. Gegen die Arresteinspracheentscheide erhob die Y. Limited Beschwerde. Mit Urteilen vom 25. Mai 2012 hiess das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, die Beschwerden gut und wies die BGE 139 III 195 S. 196 Arresteinsprachen ab. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wurde gestützt auf die kantonale Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG/ZH) auf jeweils Fr. 16'500.- festgesetzt und den Arrestschuldnern auferlegt (Dispositivziffer 3). Die Arrestschuldner wurden jeweils verpflichtet, der Arrestgläubigerin Parteientschädigungen von ingesamt Fr. 32'000.- (Fr. 20'000.- für das erstinstanzliche und Fr. 12'000.- für das zweitinstanzliche Verfahren) zu bezahlen (Dispositivziffer 4). C. Mit Eingaben vom 29. Juni 2012 haben X. und Z. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Die Beschwerdeführer beantragen jeweils, es sei Dispositivziffer 3 des Urteils des Obergerichts aufzuheben und die zweitinstanzliche Entscheidgebühr gestützt auf die Gebührenverordnung zum Bundesgesetz vom 23. September 1996 über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV SchKG; SR 281.35) festzusetzen. Eventualiter sei die Entscheidgebühr in Anwendung der kantonalen Gebührenverordnung (in näher bestimmter Weise) neu festzusetzen. Weiter beantragen die Beschwerdeführer, es sei Dispositivziffer 4 des Urteils des Obergerichts aufzuheben und die Parteientschädigung für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren gestützt auf den berichtigten Streitwert von Fr. 920'870.- auf insgesamt Fr. 9'598.-, evtl. angemessen festzusetzen bzw. durch die Vorinstanz festsetzen zu lassen. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerden teilweise gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Anlass zu den vorliegenden Beschwerden geben Entscheide über die Kosten- und Entschädigungsfolgen im Rechtsmittelverfahren gegen Arresteinspracheentscheide. 4.1 Die Beschwerdeführer wenden sich zunächst gegen die Auffassung des Obergerichts, dass nach Inkrafttreten der ZPO für die Gerichtsgebühren in den gerichtlichen Summarsachen des SchKG nicht mehr Art. 48 ff. GebV SchKG, sondern der kantonale Tarif massgebend sein soll. Sie stützen sich auf die von D. RÜETSCHI, Bundesamt für Justiz, geäusserte Kritik an der Praxis der Vorinstanz (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Februar 2011, in: BlSchK 2011 S. 68 ff., mit Anmerkung). Es wird zu Recht nicht behauptet, dass die kantonalen oder eidgenössischen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen in Gebührenfragen gestützt BGE 139 III 195 S. 197 auf die Aufsichtsbefugnis zuständig seien, Anweisungen über die gerichtliche Anwendung der GebV SchKG zu geben ( BGE 81 III 36 S. 37). Die Beschwerdeführer berufen sich auf verfassungsmässige Rechte ( Art. 98 BGG ) und machen geltend, das Obergericht verletze insbesondere den Vorrang des Bundesrechts ( Art. 49 Abs. 1 BV ), wenn es kantonales Recht angewendet habe. 4.2 Entscheide, die vom Arrestgericht getroffen werden, gehören zu den in Art. 251 ZPO genannten Angelegenheiten des SchKG, für welche das summarische Verfahren der ZPO gilt. Gemäss GebV SchKG (in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung) bestimmt sich die Spruchgebühr für einen gerichtlichen Entscheid in betreibungsrechtlichen Summarsachen ( Art. 251 ZPO ) nach dem Streitwert gemäss Tabelle, sofern die Verordnung nichts anderes vorsieht ( Art. 48 GebV SchKG ). Das obere Gericht, an das eine betreibungsrechtliche Summarsache ( Art. 251 ZPO ) weitergezogen wird, kann für seinen Entscheid eine Gebühr erheben, die höchstens das Anderthalbfache der für die Vorinstanz zulässigen Gebühr beträgt ( Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG ). Das Obergericht (vgl. BlSchK 2011 S. 69 f.) erachtet die GebV SchKG für die Spruchgebühr des Arrestgerichts als nicht mehr verbindlich, denn sie stehe in Widerspruch zur ZPO bzw. zum übergeordneten Recht. Die gerichtlichen Angelegenheiten des SchKG seien von der ZPO geregelt, nach welcher die Kantone die Tarife bestimmen. 4.2.1 Das Bundesgericht hat sich bereits im Jahre 1928 eingehend mit Zweifeln befasst, welche gegen die in Art. 16 SchKG getroffene Ausscheidung der Kompetenzen erhoben wurden. Gemäss BGE 54 I 161 besteht für die gerichtlichen Summarverfahren (vgl. aArt. 25 SchKG) - als richterliche Inzidente des Zwangsvollstreckungsverfahrens - das Bedürfnis nach einheitlicher Festsetzung der Gebühren in einer Höhe, die der Natur und dem Zweck des Betreibungs- und Konkursverfahrens angemessen ist. Danach bezweckt die Regelung nach Art. 16 SchKG, in einheitlicher Weise für das ganze Gebiet der Schweiz die Abgabe zu bestimmen, welche die Partei in einem Summarverfahren des SchKG für die Inanspruchnahme der richterlichen Behörden zu entrichten hat, und zwar in einer Weise, die für dieses Verfahren als Zwischenakt des Zwangsvollstreckungsverfahrens als angemessen erscheint und eine zu grosse Verteuerung verhindert ( BGE 54 I 161 E. 2 S. 163 f.). Diese Auffassung war in der Lehre anerkannt und ist in der Folge bestätigt worden (vgl. BLUMENSTEIN, Handbuch des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, BGE 139 III 195 S. 198 1911, S. 127; GILLIERON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 8 zu Art. 16 SchKG, mit Hinweis auf die Rechtsprechung). Zu prüfen ist, ob die Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts die Tragweite von Art. 16 SchKG verändert hat. 4.2.2 Mit der ZPO sind die summarischen Verfahren des SchKG gemäss Art. 251 ZPO vereinheitlicht worden, und nach Art. 96 ZPO setzen die Kantone die Tarife für die Prozesskosten fest (vgl. BGE 138 III 675 E. 3 S. 676). In der Botschaft zur ZPO wird betont, dass die "Tarifhoheit weiterhin bei den Kantonen" verbleiben und die Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts "kostenneutral" erfolgen soll (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl 2006 7221, S. 7292 Ziff. 5.8.1, S. 7410 Ziff. 6.2). Aus der Entstehungsgeschichte zur ZPO lassen sich keine Hinweise entnehmen, wonach die vereinheitlichten Spruchgebühren in den Summarsachen des SchKG aufzuheben seien. Die Vereinheitlichung des Summarverfahrens ändert nichts am - in BGE 54 I 161 E. 2 S. 163 f. massgebenden - rein vollstreckungsrechtlichen Charakter der in Art. 251 ZPO eingereihten Verfahren. Die Tragweite und der Zweck von Art. 16 SchKG als lex specialis zu Art. 96 ZPO und die gesetzliche Grundlage von Art. 48 ff. GebV SchKG sind durch die ZPO nicht verändert worden. 4.2.3 Zum gleichen Ergebnis kommt einhellig die Lehre zur ZPO und zum SchKG (u.a. TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 4 zu Art. 96 ZPO ; SPÜHLER/GEHRI/DOLGE, Schweizerisches Zivilprozessrecht [...], 9. Aufl. 2010, 8. Kap. Rz. 27; STOFFEL/CHABLOZ, Voies d'exécution, 2. Aufl. 2010, S. 112 Rz. 85; BODMER/BANGERT, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 36 zu Art. 85 SchKG ). Im Weiteren wird die Praxis der II. Zivilkammer des Obergerichts sowohl von den Kommentatoren des kantonalen Rechts als auch von der I. Zivilkammer des Obergerichts sowie in anderen Kantonen abgelehnt (HAUSER/SCHWERI/LIEBER, GOG-Kommentar [...], 2012, S. 566 f. Rz. 16; Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 8. Februar 2011 E. 5.1, in: ZR 2011 Nr. 28 S. 84; Urteil KSK 11 60 des Kantonsgerichts Graubünden vom 19. Oktober 2011 E. 8b; Urteil 102 2012-91 des Kantonsgerichts Freiburg vom 21. August 2012 E. 3a). 4.2.4 Nach dem Dargelegten ist mit dem Vorrang des eidgenössischen vor dem kantonalen Recht nicht vereinbar ( Art. 49 Abs. 1 BV ; BGE 139 III 195 S. 199 vgl. BGE 54 I 161 E. 2 S. 162; zum Grundsatz BGE 138 I 410 E. 3.1 S. 414), wenn das Obergericht die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr in Anwendung des kantonalen Rechts auf Fr. 16'500.- festgesetzt hat. Nach dem massgebenden Bundesrecht bzw. Art. 48 i.V.m. Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG kann das Obergericht in einer Arrestsache eine Gerichtsgebühr erheben, die höchstens das Anderthalbfache der für die Erstinstanz zulässigen Gebühr beträgt, d.h. selbst bei Streitwerten über 1 Mio. Fr. höchstens Fr. 180.- bis 3'000.-. In diesem Punkt ist die Beschwerde in Zivilsachen begründet, und das Obergericht hat über die Gerichtsgebühr in Ausübung seines Ermessens neu zu entscheiden. 4.3 Die Beschwerdeführer wenden sich sodann gegen den Streitwert zur Festsetzung der Parteientschädigung, zu welcher sie vom Obergericht verpflichtet wurden. Die bundesrechtliche Vorgabe für betreibungsrechtliche Summarsachen (Abs. 2 von Art. 62 GebV SchKG ) wurde mit Inkrafttreten der ZPO aufgehoben (Verordnung vom 18. Juni 2010 über die Anpassung von Verordnungen an die ZPO, Ziff. II/5 [AS 2010 3055]). Seit dem 1. Januar 2011 spricht das Gericht die Parteientschädigung an die obsiegende Partei ( Art. 106 ZPO ) gemäss Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 96 ZPO ausschliesslich nach dem kantonalen Tarif zu (STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 74 zu Art. 84 SchKG ), währenddem der Streitwert nach Bundesrecht bzw. der ZPO festzusetzen ist (vgl. BGE 138 III 675 E. 3 S. 676). 4.3.1 Das Obergericht gibt den Streitwert mit Fr. 5'890'153.-, was der zu sichernden Forderung der Beschwerdegegnerin bzw. Arrestgläubigerin entspricht. Die Beschwerdeführer werfen dem Obergericht Willkür in der Anwendung von Art. 91 Abs. 1 ZPO bzw. in der Festsetzung des Streitwertes vor. Der Streitwert richte sich nicht nach der Arrestforderung, sondern nach dem tatsächlich verarrestierten Vermögen, welches nach Angabe der Bank lediglich Fr. 920'870.- betrage. Dies führe zu einer tieferen Parteientschädigung. 4.3.2 Die kantonalrechtliche Praxis zur Festsetzung des Streitwertes für Arrestsachen war uneinheitlich (vgl. EUGSTER, in: Kommentar SchKG Gebührenverordnung, 2008, N. 3 zu Art. 48 GebV SchKG, mit Hinweisen). In ebenso unterschiedlicher Weise äussert sich die Lehre zu Art. 91 ZPO. Nach der einen Auffassung entspricht der Streitwert der zu sichernden Forderung des Arrestgläubigers (VOCK/MÜLLER, SchKG-Klagen nach der Schweizerischen ZPO, 2012, S. 299). BGE 139 III 195 S. 200 Nach anderer Meinung ist auf den Schätzwert des Arrestobjektes abzustellen, da nur der Bestand des Arrestbeschlages Streitgegenstand bildet (STERCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, 2012, N. 20a zu Art. 91 ZPO ; MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 480 Fn. 869; ferner EUGSTER, a.a.O.), was POUDRET in Anwendung von Bundesrecht (OG) vertreten hat (Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire [...], Bd. I, 1990, N. 9.9.9 zu Art. 36 OG S. 291). In diese Richtung hat das Bundesgericht gestützt auf das BGG entschieden (Urteil 5A_789/2010 vom 29. Juni 2011 E. 1.2, betreffend Arresteinsprache eines Dritten). Die Frage braucht nicht abschliessend erörtert zu werden. Im konkreten Fall hat das Obergericht - wie sich aus dem Folgenden ergibt - nicht auf ein unhaltbares Kriterium abgestellt, wenn es den Streitwert nach der Arrestforderung gerichtet hat. 4.3.3 Geht es - wie hier - um die Verarrestierung von Bankkonten, so ist nicht bekannt, in welchem Umfang Guthaben verarrestiert worden sind, da die Bank den Zwangsvollstreckungsbehörden vor rechtskräftiger Erledigung der Arresteinsprache keine Auskunft geben muss (vgl. BGE 125 III 391 E. 2 S. 392; Urteil 5A_672/2010 vom 17. Januar 2011 E. 3.2). Die Beschwerdeführer machen jedoch geltend, die Beschwerdegegnerin (Arrestgläubigerin) habe im Einspracheverfahren festgehalten, gemäss einem Schreiben der Bank vom 14. April 2011 (nach Arrestvollzug) an die Bundesanwaltschaft würden sich die Guthaben auf (umgerechnet) Fr. 920'870.- belaufen. Damit sei das tatsächlich verarrestierte Vermögen "aktenkundig" und die Vorinstanz habe davon "Kenntnis gehabt". Dieses Vorbringen ist unbehelflich: Die Beschwerdeführer legen nicht dar, dass sich die Parteien im kantonalen Verfahren auf das erwähnte Schreiben bzw. dessen Inhalt zur Festlegung des Streitwertes berufen hätten und dieses Dokument trotz Vorbringen im kantonalen Verfahren vom Obergericht zur Streitwertfestlegung in Verletzung verfassungsmässiger Rechte übergangen worden sei. Im Übrigen konnten die Beschwerdeführer bereits aus den ihnen mitgeteilten Kostenvorschussverfügungen des Obergerichts vom 19. März 2012 ersehen, dass auf den Streitwert von Fr. 5'890'153.- abgestellt wird. Neue tatsächliche Vorbringen sind im bundesgerichtlichen Verfahren unzulässig ( Art. 99 Abs. 1 BGG ), weshalb sich die Beschwerdeführer vergeblich auf das von der Beschwerdegegnerin dem Arrestgericht eingereichte Schreiben berufen. Unter diesen Umständen kann dem Obergericht keine BGE 139 III 195 S. 201 Willkür in der Anwendung von Art. 91 ZPO vorgeworfen werden, wenn es für den Streitwert auf die zu sichernde Forderung der Arrestgläubigerin abgestellt und damit im Ergebnis verarrestierte Guthaben in der Höhe von knapp 5,9 Mio. Fr. angenommen hat. Schliesslich behaupten die Beschwerdeführer nicht, dass die Parteientschädigungen gemäss kantonaler Verordnung über die Anwaltsgebühren bei einem Streitwert in der erwähnten Höhe willkürlich seien. 4.4 Zusammenfassend sind die Beschwerden in Zivilsachen begründet, soweit die Gerichtsgebühr für den Beschwerdeentscheid betreffend Arresteinsprache angefochten wird. Die Festsetzung der Parteientschädigung durch das Obergericht hält vor den verfassungsmässigen Rechten der Beschwerdeführer stand.
Urteilskopf
27. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. und Z. gegen Y. Limited (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_492/2012 / 5A_493/2012 vom 13. März 2013
Regeste Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 91, 96 und 251 ZPO, GebV SchKG; Entscheide des Arrestgerichts. Rechtsgrundlagen von Streitwert, Spruchgebühr und Parteientschädigung in Arrestsachen (E. 4).
Regeste
Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 91, 96 und 251 ZPO, GebV SchKG; Entscheide des Arrestgerichts. Rechtsgrundlagen von Streitwert, Spruchgebühr und Parteientschädigung in Arrestsachen (E. 4).
Art. 49 Abs. 1 BV Art. 91, 96 und 251 ZPO Rechtsgrundlagen von Streitwert, Spruchgebühr und Parteientschädigung in Arrestsachen (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 195
Sachverhalt ab Seite 195 BGE 139 III 195 S. 195
BGE 139 III 195 S. 195
A. Am 22. Februar 2011 verlangte die Y. Limited beim Bezirksgericht Zürich die Verarrestierung von Guthaben von X. und dessen Ehefrau Z., in Südafrika, bei der Bank W. AG mit Sitz in Zürich. Mit Arrestbefehlen vom 24. Februar 2011 des Einzelgerichts (Audienz) wurden sämtliche Guthaben der Arrestschuldner, insbesondere (näher bestimmte) Konten bei der betreffenden Bank für eine Forderung von (umgerechnet) Fr. 5'890'153.- aus unerlaubter Handlung verarrestiert. Am 28. Februar 2011 wurden die Arrestbefehle vom Betreibungsamt Zürich 1 vollzogen. Gegen die Arrestbefehle erhoben X. und Z. Einsprache. Mit Urteilen vom 3. Februar 2012 hiess das Arrestgericht die Einsprachen gut und hob die Arrestbefehle auf.
A. B. Gegen die Arresteinspracheentscheide erhob die Y. Limited Beschwerde. Mit Urteilen vom 25. Mai 2012 hiess das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, die Beschwerden gut und wies die BGE 139 III 195 S. 196 Arresteinsprachen ab. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wurde gestützt auf die kantonale Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG/ZH) auf jeweils Fr. 16'500.- festgesetzt und den Arrestschuldnern auferlegt (Dispositivziffer 3). Die Arrestschuldner wurden jeweils verpflichtet, der Arrestgläubigerin Parteientschädigungen von ingesamt Fr. 32'000.- (Fr. 20'000.- für das erstinstanzliche und Fr. 12'000.- für das zweitinstanzliche Verfahren) zu bezahlen (Dispositivziffer 4).
B. BGE 139 III 195 S. 196
C. Mit Eingaben vom 29. Juni 2012 haben X. und Z. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Die Beschwerdeführer beantragen jeweils, es sei Dispositivziffer 3 des Urteils des Obergerichts aufzuheben und die zweitinstanzliche Entscheidgebühr gestützt auf die Gebührenverordnung zum Bundesgesetz vom 23. September 1996 über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV SchKG; SR 281.35) festzusetzen. Eventualiter sei die Entscheidgebühr in Anwendung der kantonalen Gebührenverordnung (in näher bestimmter Weise) neu festzusetzen. Weiter beantragen die Beschwerdeführer, es sei Dispositivziffer 4 des Urteils des Obergerichts aufzuheben und die Parteientschädigung für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren gestützt auf den berichtigten Streitwert von Fr. 920'870.- auf insgesamt Fr. 9'598.-, evtl. angemessen festzusetzen bzw. durch die Vorinstanz festsetzen zu lassen. (...)
C. Das Bundesgericht heisst die Beschwerden teilweise gut.
(Auszug)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
4. Anlass zu den vorliegenden Beschwerden geben Entscheide über die Kosten- und Entschädigungsfolgen im Rechtsmittelverfahren gegen Arresteinspracheentscheide.
4. 4.1 Die Beschwerdeführer wenden sich zunächst gegen die Auffassung des Obergerichts, dass nach Inkrafttreten der ZPO für die Gerichtsgebühren in den gerichtlichen Summarsachen des SchKG nicht mehr Art. 48 ff. GebV SchKG, sondern der kantonale Tarif massgebend sein soll. Sie stützen sich auf die von D. RÜETSCHI, Bundesamt für Justiz, geäusserte Kritik an der Praxis der Vorinstanz (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Februar 2011, in: BlSchK 2011 S. 68 ff., mit Anmerkung). Es wird zu Recht nicht behauptet, dass die kantonalen oder eidgenössischen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen in Gebührenfragen gestützt BGE 139 III 195 S. 197 auf die Aufsichtsbefugnis zuständig seien, Anweisungen über die gerichtliche Anwendung der GebV SchKG zu geben ( BGE 81 III 36 S. 37). Die Beschwerdeführer berufen sich auf verfassungsmässige Rechte ( Art. 98 BGG ) und machen geltend, das Obergericht verletze insbesondere den Vorrang des Bundesrechts ( Art. 49 Abs. 1 BV ), wenn es kantonales Recht angewendet habe.
4.1 Art. 48 ff. GebV SchKG BGE 139 III 195 S. 197
Art. 98 BGG Art. 49 Abs. 1 BV 4.2 Entscheide, die vom Arrestgericht getroffen werden, gehören zu den in Art. 251 ZPO genannten Angelegenheiten des SchKG, für welche das summarische Verfahren der ZPO gilt. Gemäss GebV SchKG (in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung) bestimmt sich die Spruchgebühr für einen gerichtlichen Entscheid in betreibungsrechtlichen Summarsachen ( Art. 251 ZPO ) nach dem Streitwert gemäss Tabelle, sofern die Verordnung nichts anderes vorsieht ( Art. 48 GebV SchKG ). Das obere Gericht, an das eine betreibungsrechtliche Summarsache ( Art. 251 ZPO ) weitergezogen wird, kann für seinen Entscheid eine Gebühr erheben, die höchstens das Anderthalbfache der für die Vorinstanz zulässigen Gebühr beträgt ( Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG ). Das Obergericht (vgl. BlSchK 2011 S. 69 f.) erachtet die GebV SchKG für die Spruchgebühr des Arrestgerichts als nicht mehr verbindlich, denn sie stehe in Widerspruch zur ZPO bzw. zum übergeordneten Recht. Die gerichtlichen Angelegenheiten des SchKG seien von der ZPO geregelt, nach welcher die Kantone die Tarife bestimmen.
4.2 Art. 251 ZPO Art. 251 ZPO Art. 48 GebV SchKG Art. 251 ZPO Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG 4.2.1 Das Bundesgericht hat sich bereits im Jahre 1928 eingehend mit Zweifeln befasst, welche gegen die in Art. 16 SchKG getroffene Ausscheidung der Kompetenzen erhoben wurden. Gemäss BGE 54 I 161 besteht für die gerichtlichen Summarverfahren (vgl. aArt. 25 SchKG) - als richterliche Inzidente des Zwangsvollstreckungsverfahrens - das Bedürfnis nach einheitlicher Festsetzung der Gebühren in einer Höhe, die der Natur und dem Zweck des Betreibungs- und Konkursverfahrens angemessen ist. Danach bezweckt die Regelung nach Art. 16 SchKG, in einheitlicher Weise für das ganze Gebiet der Schweiz die Abgabe zu bestimmen, welche die Partei in einem Summarverfahren des SchKG für die Inanspruchnahme der richterlichen Behörden zu entrichten hat, und zwar in einer Weise, die für dieses Verfahren als Zwischenakt des Zwangsvollstreckungsverfahrens als angemessen erscheint und eine zu grosse Verteuerung verhindert ( BGE 54 I 161 E. 2 S. 163 f.). Diese Auffassung war in der Lehre anerkannt und ist in der Folge bestätigt worden (vgl. BLUMENSTEIN, Handbuch des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, BGE 139 III 195 S. 198 1911, S. 127; GILLIERON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 8 zu Art. 16 SchKG, mit Hinweis auf die Rechtsprechung). Zu prüfen ist, ob die Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts die Tragweite von Art. 16 SchKG verändert hat.
4.2.1 Art. 16 SchKG BGE 54 I 161 Art. 16 SchKG BGE 54 I 161 BGE 139 III 195 S. 198
Art. 16 SchKG Art. 16 SchKG 4.2.2 Mit der ZPO sind die summarischen Verfahren des SchKG gemäss Art. 251 ZPO vereinheitlicht worden, und nach Art. 96 ZPO setzen die Kantone die Tarife für die Prozesskosten fest (vgl. BGE 138 III 675 E. 3 S. 676). In der Botschaft zur ZPO wird betont, dass die "Tarifhoheit weiterhin bei den Kantonen" verbleiben und die Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts "kostenneutral" erfolgen soll (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl 2006 7221, S. 7292 Ziff. 5.8.1, S. 7410 Ziff. 6.2). Aus der Entstehungsgeschichte zur ZPO lassen sich keine Hinweise entnehmen, wonach die vereinheitlichten Spruchgebühren in den Summarsachen des SchKG aufzuheben seien. Die Vereinheitlichung des Summarverfahrens ändert nichts am - in BGE 54 I 161 E. 2 S. 163 f. massgebenden - rein vollstreckungsrechtlichen Charakter der in Art. 251 ZPO eingereihten Verfahren. Die Tragweite und der Zweck von Art. 16 SchKG als lex specialis zu Art. 96 ZPO und die gesetzliche Grundlage von Art. 48 ff. GebV SchKG sind durch die ZPO nicht verändert worden.
4.2.2 Art. 251 ZPO Art. 96 ZPO BGE 54 I 161 Art. 251 ZPO Art. 16 SchKG Art. 96 ZPO Art. 48 ff. GebV SchKG 4.2.3 Zum gleichen Ergebnis kommt einhellig die Lehre zur ZPO und zum SchKG (u.a. TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 4 zu Art. 96 ZPO ; SPÜHLER/GEHRI/DOLGE, Schweizerisches Zivilprozessrecht [...], 9. Aufl. 2010, 8. Kap. Rz. 27; STOFFEL/CHABLOZ, Voies d'exécution, 2. Aufl. 2010, S. 112 Rz. 85; BODMER/BANGERT, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 36 zu Art. 85 SchKG ). Im Weiteren wird die Praxis der II. Zivilkammer des Obergerichts sowohl von den Kommentatoren des kantonalen Rechts als auch von der I. Zivilkammer des Obergerichts sowie in anderen Kantonen abgelehnt (HAUSER/SCHWERI/LIEBER, GOG-Kommentar [...], 2012, S. 566 f. Rz. 16; Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 8. Februar 2011 E. 5.1, in: ZR 2011 Nr. 28 S. 84; Urteil KSK 11 60 des Kantonsgerichts Graubünden vom 19. Oktober 2011 E. 8b; Urteil 102 2012-91 des Kantonsgerichts Freiburg vom 21. August 2012 E. 3a).
4.2.3 Art. 96 ZPO Art. 85 SchKG 4.2.4 Nach dem Dargelegten ist mit dem Vorrang des eidgenössischen vor dem kantonalen Recht nicht vereinbar ( Art. 49 Abs. 1 BV ; BGE 139 III 195 S. 199 vgl. BGE 54 I 161 E. 2 S. 162; zum Grundsatz BGE 138 I 410 E. 3.1 S. 414), wenn das Obergericht die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr in Anwendung des kantonalen Rechts auf Fr. 16'500.- festgesetzt hat. Nach dem massgebenden Bundesrecht bzw. Art. 48 i.V.m. Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG kann das Obergericht in einer Arrestsache eine Gerichtsgebühr erheben, die höchstens das Anderthalbfache der für die Erstinstanz zulässigen Gebühr beträgt, d.h. selbst bei Streitwerten über 1 Mio. Fr. höchstens Fr. 180.- bis 3'000.-. In diesem Punkt ist die Beschwerde in Zivilsachen begründet, und das Obergericht hat über die Gerichtsgebühr in Ausübung seines Ermessens neu zu entscheiden.
4.2.4 Art. 49 Abs. 1 BV BGE 139 III 195 S. 199
BGE 54 I 161 Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG 4.3 Die Beschwerdeführer wenden sich sodann gegen den Streitwert zur Festsetzung der Parteientschädigung, zu welcher sie vom Obergericht verpflichtet wurden. Die bundesrechtliche Vorgabe für betreibungsrechtliche Summarsachen (Abs. 2 von Art. 62 GebV SchKG ) wurde mit Inkrafttreten der ZPO aufgehoben (Verordnung vom 18. Juni 2010 über die Anpassung von Verordnungen an die ZPO, Ziff. II/5 [AS 2010 3055]). Seit dem 1. Januar 2011 spricht das Gericht die Parteientschädigung an die obsiegende Partei ( Art. 106 ZPO ) gemäss Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 96 ZPO ausschliesslich nach dem kantonalen Tarif zu (STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 74 zu Art. 84 SchKG ), währenddem der Streitwert nach Bundesrecht bzw. der ZPO festzusetzen ist (vgl. BGE 138 III 675 E. 3 S. 676).
4.3 Art. 62 GebV SchKG Art. 106 ZPO Art. 96 ZPO Art. 84 SchKG 4.3.1 Das Obergericht gibt den Streitwert mit Fr. 5'890'153.-, was der zu sichernden Forderung der Beschwerdegegnerin bzw. Arrestgläubigerin entspricht. Die Beschwerdeführer werfen dem Obergericht Willkür in der Anwendung von Art. 91 Abs. 1 ZPO bzw. in der Festsetzung des Streitwertes vor. Der Streitwert richte sich nicht nach der Arrestforderung, sondern nach dem tatsächlich verarrestierten Vermögen, welches nach Angabe der Bank lediglich Fr. 920'870.- betrage. Dies führe zu einer tieferen Parteientschädigung.
4.3.1 Art. 91 Abs. 1 ZPO 4.3.2 Die kantonalrechtliche Praxis zur Festsetzung des Streitwertes für Arrestsachen war uneinheitlich (vgl. EUGSTER, in: Kommentar SchKG Gebührenverordnung, 2008, N. 3 zu Art. 48 GebV SchKG, mit Hinweisen). In ebenso unterschiedlicher Weise äussert sich die Lehre zu Art. 91 ZPO. Nach der einen Auffassung entspricht der Streitwert der zu sichernden Forderung des Arrestgläubigers (VOCK/MÜLLER, SchKG-Klagen nach der Schweizerischen ZPO, 2012, S. 299). BGE 139 III 195 S. 200 Nach anderer Meinung ist auf den Schätzwert des Arrestobjektes abzustellen, da nur der Bestand des Arrestbeschlages Streitgegenstand bildet (STERCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, 2012, N. 20a zu Art. 91 ZPO ; MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 480 Fn. 869; ferner EUGSTER, a.a.O.), was POUDRET in Anwendung von Bundesrecht (OG) vertreten hat (Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire [...], Bd. I, 1990, N. 9.9.9 zu Art. 36 OG S. 291). In diese Richtung hat das Bundesgericht gestützt auf das BGG entschieden (Urteil 5A_789/2010 vom 29. Juni 2011 E. 1.2, betreffend Arresteinsprache eines Dritten). Die Frage braucht nicht abschliessend erörtert zu werden. Im konkreten Fall hat das Obergericht - wie sich aus dem Folgenden ergibt - nicht auf ein unhaltbares Kriterium abgestellt, wenn es den Streitwert nach der Arrestforderung gerichtet hat.
4.3.2 Art. 48 GebV SchKG Art. 91 ZPO BGE 139 III 195 S. 200
Art. 91 ZPO Art. 36 OG 4.3.3 Geht es - wie hier - um die Verarrestierung von Bankkonten, so ist nicht bekannt, in welchem Umfang Guthaben verarrestiert worden sind, da die Bank den Zwangsvollstreckungsbehörden vor rechtskräftiger Erledigung der Arresteinsprache keine Auskunft geben muss (vgl. BGE 125 III 391 E. 2 S. 392; Urteil 5A_672/2010 vom 17. Januar 2011 E. 3.2). Die Beschwerdeführer machen jedoch geltend, die Beschwerdegegnerin (Arrestgläubigerin) habe im Einspracheverfahren festgehalten, gemäss einem Schreiben der Bank vom 14. April 2011 (nach Arrestvollzug) an die Bundesanwaltschaft würden sich die Guthaben auf (umgerechnet) Fr. 920'870.- belaufen. Damit sei das tatsächlich verarrestierte Vermögen "aktenkundig" und die Vorinstanz habe davon "Kenntnis gehabt". Dieses Vorbringen ist unbehelflich:
4.3.3 Die Beschwerdeführer legen nicht dar, dass sich die Parteien im kantonalen Verfahren auf das erwähnte Schreiben bzw. dessen Inhalt zur Festlegung des Streitwertes berufen hätten und dieses Dokument trotz Vorbringen im kantonalen Verfahren vom Obergericht zur Streitwertfestlegung in Verletzung verfassungsmässiger Rechte übergangen worden sei. Im Übrigen konnten die Beschwerdeführer bereits aus den ihnen mitgeteilten Kostenvorschussverfügungen des Obergerichts vom 19. März 2012 ersehen, dass auf den Streitwert von Fr. 5'890'153.- abgestellt wird. Neue tatsächliche Vorbringen sind im bundesgerichtlichen Verfahren unzulässig ( Art. 99 Abs. 1 BGG ), weshalb sich die Beschwerdeführer vergeblich auf das von der Beschwerdegegnerin dem Arrestgericht eingereichte Schreiben berufen. Unter diesen Umständen kann dem Obergericht keine BGE 139 III 195 S. 201 Willkür in der Anwendung von Art. 91 ZPO vorgeworfen werden, wenn es für den Streitwert auf die zu sichernde Forderung der Arrestgläubigerin abgestellt und damit im Ergebnis verarrestierte Guthaben in der Höhe von knapp 5,9 Mio. Fr. angenommen hat. Schliesslich behaupten die Beschwerdeführer nicht, dass die Parteientschädigungen gemäss kantonaler Verordnung über die Anwaltsgebühren bei einem Streitwert in der erwähnten Höhe willkürlich seien.
Art. 99 Abs. 1 BGG BGE 139 III 195 S. 201
Art. 91 ZPO 4.4 Zusammenfassend sind die Beschwerden in Zivilsachen begründet, soweit die Gerichtsgebühr für den Beschwerdeentscheid betreffend Arresteinsprache angefochten wird. Die Festsetzung der Parteientschädigung durch das Obergericht hält vor den verfassungsmässigen Rechten der Beschwerdeführer stand.
4.4
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Urteilskopf 139 III 1 1. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. SA contre Communauté des copropriétaires par étage PPE B. (recours en matière civile) 5A_352/2012 du 27 novembre 2012 Regeste Art. 712a ZGB ; Einschränkungen des Nutzungsrechts des Stockwerkeigentümers. Grenzen, welche die Stockwerkeigentümer einhalten müssen, wenn sie die freie Nutzung der zu Sonderrecht ausgeschiedenen Teile vertraglich einschränken. Fall einer reglementarischen Abänderung, welche die Einrichtung eines Kinderhorts in Stockwerkanteilen verbietet (E. 4.3 und 4.4). Sachverhalt ab Seite 2 BGE 139 III 1 S. 2 A. Le 12 mai 2006, la société A. SA a constitué la propriété par étages "B." sur la parcelle n o 26 de la Commune de C. Elle a ensuite procédé à la création de soixante-trois appartements, septante-neuf places de parc intérieures, vingt places de parc extérieures et six locaux destinés au secteur tertiaire. Le même jour, elle a adopté un règlement d'administration et d'utilisation (ci-après: le règlement). La société A. SA est restée propriétaire de trois locaux au sein de la PPE: un local avec affectation tertiaire/appartement au rez-de-chaussée du bâtiment A (136/10'000) et deux locaux avec affectation tertiaire au rez-de-chaussée avec terrasse du bâtiment B (85/10'000 et 190/10'000). A son adoption, l'art. 10 du règlement ("Destination des lots") prévoyait: "1. Sauf décision contraire de l'assemblée des propriétaires d'étages conformément à l'al. 3 ci-dessous, les lots ne peuvent servir qu'à l'usage auquel ils sont destinés. La destination actuelle est mixte, soit: 2. Habitation, local avec affectation tertiaire, locaux, ateliers. Le promoteur de la construction, à défaut le copropriétaire d'un lot en nature de local avec affectation tertiaire, de locaux ou d'ateliers pourra unilatéralement en changer l'affectation à destination d'habitation, soit sans l'accord des autres copropriétaires, à la condition d'obtenir les autorisations administratives adéquates. Demeure réservée l'approbation des copropriétaires pour tous travaux qu'impliqueraient (sic) une telle modification de l'affectation, touchant aux parties communes. 3. Des affectations spéciales telles qu'un salon de jeu, un commerce érotique ou un restaurant 'fast food' doivent faire l'objet d'une autorisation expresse. [...]." Lors de l'assemblée des copropriétaires du 3 novembre 2008, deux représentants de la Commune de C. ont exposé aux copropriétaires présents le projet d'ouverture d'une garderie dans les locaux appartenant à A. SA. Une majorité des membres de la PPE s'est prononcée en défaveur de ce projet. BGE 139 III 1 S. 3 Une assemblée générale extraordinaire s'est tenue le 17 novembre 2009. Selon le ch. 18 du procès-verbal de dite assemblée, un comité de la PPE ainsi que l'administrateur de cette dernière ont rencontré la Direction des Affaires sociales et familiales de la ville de C. vers la fin de l'été 2009. A cette occasion, la délégation des copropriétaires a rappelé la position exprimée par l'assemblée au mois de novembre 2008, à savoir un refus de voir s'ouvrir une garderie dans les lots en cours de finition. De son côté, la municipalité s'est montrée disposée à effectuer certains aménagements si le projet se concrétisait. Une assemblée générale ordinaire a été convoquée le 5 mai 2010. Il ressort notamment du procès-verbal de dite assemblée que la modification réglementaire suivante a été adoptée à la double majorité (point 5): "Art. 10: Destination des lots 1. Sauf décision contraire de l'assemblée des propriétaires d'étages conformément à l'al. 3 ci-dessous, les lots ne peuvent servir qu'à l'usage auquel ils sont destinés. La destination actuelle est mixte, soit: 2. Habitation, local avec affectation tertiaire, locaux, ateliers, à l'exclusion de toute activité de garderie, pouponnière, pré- ou parascolaire ou assimilé. Demeure réservée l'approbation des copropriétaires pour tous travaux qu'impliquerait une telle modification de l'affectation, touchant aux parties communes. Les alinéas 3 et 4 de l'article 10 restent inchangés." B. Par demande déposée le 7 juin 2010 devant le Tribunal civil de l'arrondissement de l'Est vaudois, A. SA a conclu, entre autres, à l'annulation du point 5 de la décision de l'assemblée générale ordinaire du 5 mai 2010 en tant qu'elle concerne la modification des art. 10 du règlement et lui interdit désormais l'installation d'une garderie dans les locaux lui appartenant. L'intéressée sollicite ainsi que la teneur de cette disposition au 12 mai 2006 demeure inchangée. Le Tribunal d'arrondissement a rejeté la demande par jugement du 17 mai 2011. Statuant le 8 février 2012 sur appel de A. SA, la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud l'a rejeté et confirmé le jugement de première instance. C. Saisi d'un recours en matière civile de A. SA, le Tribunal fédéral l'a rejeté en date du 27 novembre 2012. (résumé) BGE 139 III 1 S. 4 Erwägungen Extrait des considérants: 4. 4.3 4.3.1 Aux termes de l' art. 712a CC, les parts de copropriété d'un immeuble peuvent être constituées en propriété par étages, de manière que chaque copropriétaire a le droit exclusif d'utiliser et d'aménager intérieurement des parties déterminées d'un bâtiment (al. 1); le copropriétaire a le pouvoir d'administrer, d'utiliser et d'aménager ses locaux dans la mesure où il ne restreint pas l'exercice du droit des autres copropriétaires, n'endommage pas les parties, ouvrages et installations communs du bâtiment, n'entrave pas leur utilisation ou n'en modifie pas l'aspect extérieur (al. 2). Le droit d'utilisation conféré par l' art. 712a al. 2 CC permet au propriétaire d'utiliser ses parties exclusives comme il l'entend. Cette liberté est présumée. Elle peut toutefois être limitée par des restrictions légales et des restrictions conventionnelles ( ATF 111 II 330 consid. 7; arrêts 5A_499/2010 du 20 décembre 2010 consid. 8.2 et les références; 5C.168/2003 du 17 février 2004 consid. 4.1, in Revue du notariat et du registre foncier [RNRF] 85/2004 p. 433 ss). Les propriétaires d'étages peuvent ainsi convenir de restrictions à leur liberté d'utilisation de leurs parties exclusives dans l'acte constitutif de la propriété par étages, dans le règlement prévu à l' art. 712g al. 3 CC, dans le règlement de maison ou dans une décision ad hoc de la communauté ( ATF 111 II 330 consid. 7; arrêts 5A_499/2010 précité consid. 8.2; 5C.168/2003 précité consid. 4.2). Ils peuvent notamment prévoir que les locaux doivent être utilisés dans un certain but, par exemple qu'il est interdit d'y exploiter un commerce ou un restaurant ( ATF 111 II 330 consid. 7; arrêts 5A_499/2010 précité consid. 8.2 et les références; 5C.252/2003 du 18 mars 2004 consid. 2.2). 4.3.2 Les restrictions conventionnelles doivent respecter les limites générales de l'ordre juridique ( art. 2 et 27 CC, art. 19 s. CO; ATF 111 II 330 consid. 4; 5C.168/2003 précité consid. 4.2.1), ainsi que celles qui découlent de l'institution même de la propriété par étages (arrêts 5A_499/2010 précité consid. 8.2.1 et les références doctrinales; 5C.168/2003 précité consid. 4.2.1; cf. ATF 111 II 330 consid. 8 et 9; AMÉDÉO WERMELINGER, La propriété par étages, 2 e éd. 2008, n o 71 ad art. 712a CC ): les intérêts divergents et convergents des propriétaires d'étages doivent ainsi s'équilibrer, de façon que chacun d'eux puisse exercer ses droits le plus librement possible, tout en BGE 139 III 1 S. 5 permettant à la communauté de fonctionner comme une entité ( ATF 111 II 330 consid. 7). De graves restrictions au droit exclusif du propriétaire d'étage ne peuvent cependant être prises qu'à l'unanimité (PASCAL WIRZ, Schranken der Sonderrechtsausübung im Stockwerkeigentum, 2008, p. 176 et 195; cf. également ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1988, n os 55 et 59 ad art. 712a CC notamment), ou du moins, avec l'accord du propriétaire concrètement concerné par la restriction (ROLF H. WEBER, Die Stockwerkeigentümergemeinschaft, 1979, p. 205 s. notamment). 4.3.3 Si les copropriétaires ont adopté des restrictions conventionnelles admissibles, en particulier s'ils ont convenus de soumettre l'immeuble à une certaine affectation, l'accord de tous les copropriétaires est nécessaire pour un changement dans la destination de l'immeuble ou d'une part d'étage ( art. 648 al. 2 CC ; ATF 111 II 330 consid. 2 in fine; arrêts 5A_499/2010 précité consid. 8.2.2; 5C.168/2003 précité consid. 4.2.1). Le changement dans la destination de la chose doit néanmoins être distingué de son changement d'utilisation qui, selon l' art. 647b al. 1 CC, doit être pris à la majorité de tous les copropriétaires, représentant en outre, leurs parts réunies, plus de la moitié de la chose. Les art. 648 al. 2 et 647b al. 1 CC trouvent tous deux application dans le cadre de la propriété par étages en vertu de l' art. 712g al. 1 CC. Il y a changement de destination lorsque, soit par des mesures de fait, soit par des mesures juridiques, l'usage et l'affectation économique de l'immeuble en propriété par étages sont modifiés de façon profonde et significative. La destination actuelle de l'objet est ainsi reléguée au second plan (arrêts 5A_428/2008 et 5A_429/2008 du 19 mars 2009 consid. 4.5.2, in RNRF 91/2010 p. 297 ss et les références; 5A_760/2011 du 18 mai 2012 consid. 4.3.3). L'affectation de l'immeuble détenu en copropriété est à cet égard déterminante: tant que subsiste le caractère global de l'immeuble, la transformation d'une seule unité d'étage ne conduit pas à un changement d'affectation au sens de l' art. 648 al. 2 CC ( ATF 130 III 441 consid. 2.3 et 2.4, ATF 130 III 450 consid. 2.1; arrêts 5A_428/2008 et 5A_429/2008 précités consid. 4.5.2 et les références). 4.4 4.4.1 Il convient avant tout de rappeler que les lots objets du droit exclusif de la recourante n'ont actuellement aucune affectation: ils BGE 139 III 1 S. 6 n'ont donc jamais été, et ne sont pas, aujourd'hui, destinés à des activités pré- ou parascolaires. Dans ces circonstances, on ne saurait admettre que les modifications réglementaires adoptées à la double majorité conformément au règlement porteraient atteinte au droit exclusif de la recourante en se référant à la protection de ses droits acquis (arrêt 5A_690/2011 du 10 janvier 2011 consid. 3.2 et 3.3). Il ne peut en outre être tenu pour établi - bien que les parties ne paraissent pas le contester formellement - que les aménagements envisagés par la recourante auraient été autorisés par l'ancien règlement, la nécessité d'obtenir une autorisation expresse pour certains types d'activité n'ayant en effet pas un caractère exhaustif (art. 10 al. 3 du règlement). Le nouveau règlement n'entraîne de surcroît aucun changement dans la destination de l'immeuble lui-même en tant que celui-ci demeure affecté à l'habitation ou à des activités du domaine tertiaire, dont le cercle a simplement été restreint. Dès lors que la recourante peut encore parfaitement destiner ses parts d'étages à l'exercice d'une large palette d'activités du domaine tertiaire, on ne saurait retenir que la modification réglementaire envisagée restreindrait gravement son droit exclusif et qu'elle ne pouvait en conséquence être adoptée sans son consentement. Il faut au contraire conclure que la double majorité, nécessaire pour adopter un changement dans l'utilisation d'un lot, était suffisante ( art. 47 let. h du règlement). 4.4.2 Cela dit, il convient de relever qu'il ressort du dossier cantonal, sans que la Cour d'appel ne l'ait formellement constaté ( art. 105 al. 2 LTF ) que, alors même que les enfants amenés à fréquenter la crèche ne devraient pas utiliser le jardin au centre du complexe, la capacité de la crèche envisagée est particulièrement importante, celle-ci pouvant en effet accueillir jusqu'à 51 enfants: 5 bébés, 14 trotteurs, 20 moyens et 12 écoliers (PV de l'assemblée générale du 3 novembre 2008, p. 4). Il n'est pas non plus établi que les locaux soient adaptés aux normes phoniques liées à l'activité d'une garderie (PV de l'assemblée générale extraordinaire du 17 novembre 2009 ch. 18) et si d'éventuels aménagements ont été évoqués (cf. communiqué de presse de la municipalité), aucune garantie n'a été donnée afin qu'ils puissent être concrètement réalisés. Dans ces circonstances, on ne saurait conclure que la protection du droit exclusif de la recourante d'aménager ses parts d'étages comme elle l'entend devrait l'emporter sur le droit des autres copropriétaires à s'opposer aux immissions nécessairement générées par un établissement destiné à recevoir un nombre d'enfants BGE 139 III 1 S. 7 aussi conséquent. Les différents éléments de fait invoqués par la recourante pour démontrer l'atteinte au noyau dur de son droit exclusif - préavis de la Municipalité de C., conclusion d'un contrat de vente avec la commune, mise à l'enquête publique - ne permettent pas, au demeurant, de faire apparaître la décision prise comme portant une atteinte grave à son droit exclusif au sens de l' art. 712a CC. L'intérêt évident des citoyens à bénéficier de nouvelles places de crèche n'entre pas en considération sous cet angle. Il s'ensuit que le recours doit être rejeté sur ce point.
Urteilskopf
1. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. SA contre Communauté des copropriétaires par étage PPE B. (recours en matière civile)
5A_352/2012 du 27 novembre 2012
Regeste Art. 712a ZGB ; Einschränkungen des Nutzungsrechts des Stockwerkeigentümers. Grenzen, welche die Stockwerkeigentümer einhalten müssen, wenn sie die freie Nutzung der zu Sonderrecht ausgeschiedenen Teile vertraglich einschränken. Fall einer reglementarischen Abänderung, welche die Einrichtung eines Kinderhorts in Stockwerkanteilen verbietet (E. 4.3 und 4.4).
Regeste
Art. 712a ZGB ; Einschränkungen des Nutzungsrechts des Stockwerkeigentümers. Grenzen, welche die Stockwerkeigentümer einhalten müssen, wenn sie die freie Nutzung der zu Sonderrecht ausgeschiedenen Teile vertraglich einschränken. Fall einer reglementarischen Abänderung, welche die Einrichtung eines Kinderhorts in Stockwerkanteilen verbietet (E. 4.3 und 4.4).
Art. 712a ZGB Grenzen, welche die Stockwerkeigentümer einhalten müssen, wenn sie die freie Nutzung der zu Sonderrecht ausgeschiedenen Teile vertraglich einschränken. Fall einer reglementarischen Abänderung, welche die Einrichtung eines Kinderhorts in Stockwerkanteilen verbietet (E. 4.3 und 4.4).
Sachverhalt ab Seite 2
Sachverhalt ab Seite 2 BGE 139 III 1 S. 2
BGE 139 III 1 S. 2
A. Le 12 mai 2006, la société A. SA a constitué la propriété par étages "B." sur la parcelle n o 26 de la Commune de C. Elle a ensuite procédé à la création de soixante-trois appartements, septante-neuf places de parc intérieures, vingt places de parc extérieures et six locaux destinés au secteur tertiaire.
A. Le même jour, elle a adopté un règlement d'administration et d'utilisation (ci-après: le règlement).
La société A. SA est restée propriétaire de trois locaux au sein de la PPE: un local avec affectation tertiaire/appartement au rez-de-chaussée du bâtiment A (136/10'000) et deux locaux avec affectation tertiaire au rez-de-chaussée avec terrasse du bâtiment B (85/10'000 et 190/10'000).
A son adoption, l'art. 10 du règlement ("Destination des lots") prévoyait:
"1. Sauf décision contraire de l'assemblée des propriétaires d'étages conformément à l'al. 3 ci-dessous, les lots ne peuvent servir qu'à l'usage auquel ils sont destinés. La destination actuelle est mixte, soit:
2. Habitation, local avec affectation tertiaire, locaux, ateliers. Le promoteur de la construction, à défaut le copropriétaire d'un lot en nature de local avec affectation tertiaire, de locaux ou d'ateliers pourra unilatéralement en changer l'affectation à destination d'habitation, soit sans l'accord des autres copropriétaires, à la condition d'obtenir les autorisations administratives adéquates. Demeure réservée l'approbation des copropriétaires pour tous travaux qu'impliqueraient (sic) une telle modification de l'affectation, touchant aux parties communes.
3. Des affectations spéciales telles qu'un salon de jeu, un commerce érotique ou un restaurant 'fast food' doivent faire l'objet d'une autorisation expresse.
[...]."
Lors de l'assemblée des copropriétaires du 3 novembre 2008, deux représentants de la Commune de C. ont exposé aux copropriétaires présents le projet d'ouverture d'une garderie dans les locaux appartenant à A. SA. Une majorité des membres de la PPE s'est prononcée en défaveur de ce projet. BGE 139 III 1 S. 3
BGE 139 III 1 S. 3
Une assemblée générale extraordinaire s'est tenue le 17 novembre 2009. Selon le ch. 18 du procès-verbal de dite assemblée, un comité de la PPE ainsi que l'administrateur de cette dernière ont rencontré la Direction des Affaires sociales et familiales de la ville de C. vers la fin de l'été 2009. A cette occasion, la délégation des copropriétaires a rappelé la position exprimée par l'assemblée au mois de novembre 2008, à savoir un refus de voir s'ouvrir une garderie dans les lots en cours de finition. De son côté, la municipalité s'est montrée disposée à effectuer certains aménagements si le projet se concrétisait.
Une assemblée générale ordinaire a été convoquée le 5 mai 2010. Il ressort notamment du procès-verbal de dite assemblée que la modification réglementaire suivante a été adoptée à la double majorité (point 5):
"Art. 10: Destination des lots
1. Sauf décision contraire de l'assemblée des propriétaires d'étages conformément à l'al. 3 ci-dessous, les lots ne peuvent servir qu'à l'usage auquel ils sont destinés. La destination actuelle est mixte, soit:
2. Habitation, local avec affectation tertiaire, locaux, ateliers, à l'exclusion de toute activité de garderie, pouponnière, pré- ou parascolaire ou assimilé. Demeure réservée l'approbation des copropriétaires pour tous travaux qu'impliquerait une telle modification de l'affectation, touchant aux parties communes.
Les alinéas 3 et 4 de l'article 10 restent inchangés."
B. Par demande déposée le 7 juin 2010 devant le Tribunal civil de l'arrondissement de l'Est vaudois, A. SA a conclu, entre autres, à l'annulation du point 5 de la décision de l'assemblée générale ordinaire du 5 mai 2010 en tant qu'elle concerne la modification des art. 10 du règlement et lui interdit désormais l'installation d'une garderie dans les locaux lui appartenant. L'intéressée sollicite ainsi que la teneur de cette disposition au 12 mai 2006 demeure inchangée.
B. Le Tribunal d'arrondissement a rejeté la demande par jugement du 17 mai 2011.
Statuant le 8 février 2012 sur appel de A. SA, la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud l'a rejeté et confirmé le jugement de première instance.
C. Saisi d'un recours en matière civile de A. SA, le Tribunal fédéral l'a rejeté en date du 27 novembre 2012.
C. (résumé) BGE 139 III 1 S. 4
BGE 139 III 1 S. 4
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
4.
4. 4.3
4.3 4.3.1 Aux termes de l' art. 712a CC, les parts de copropriété d'un immeuble peuvent être constituées en propriété par étages, de manière que chaque copropriétaire a le droit exclusif d'utiliser et d'aménager intérieurement des parties déterminées d'un bâtiment (al. 1); le copropriétaire a le pouvoir d'administrer, d'utiliser et d'aménager ses locaux dans la mesure où il ne restreint pas l'exercice du droit des autres copropriétaires, n'endommage pas les parties, ouvrages et installations communs du bâtiment, n'entrave pas leur utilisation ou n'en modifie pas l'aspect extérieur (al. 2).
4.3.1 art. 712a CC Le droit d'utilisation conféré par l' art. 712a al. 2 CC permet au propriétaire d'utiliser ses parties exclusives comme il l'entend. Cette liberté est présumée. Elle peut toutefois être limitée par des restrictions légales et des restrictions conventionnelles ( ATF 111 II 330 consid. 7; arrêts 5A_499/2010 du 20 décembre 2010 consid. 8.2 et les références; 5C.168/2003 du 17 février 2004 consid. 4.1, in Revue du notariat et du registre foncier [RNRF] 85/2004 p. 433 ss). Les propriétaires d'étages peuvent ainsi convenir de restrictions à leur liberté d'utilisation de leurs parties exclusives dans l'acte constitutif de la propriété par étages, dans le règlement prévu à l' art. 712g al. 3 CC, dans le règlement de maison ou dans une décision ad hoc de la communauté ( ATF 111 II 330 consid. 7; arrêts 5A_499/2010 précité consid. 8.2; 5C.168/2003 précité consid. 4.2). Ils peuvent notamment prévoir que les locaux doivent être utilisés dans un certain but, par exemple qu'il est interdit d'y exploiter un commerce ou un restaurant ( ATF 111 II 330 consid. 7; arrêts 5A_499/2010 précité consid. 8.2 et les références; 5C.252/2003 du 18 mars 2004 consid. 2.2). art. 712a al. 2 CC art. 712g al. 3 CC 4.3.2 Les restrictions conventionnelles doivent respecter les limites générales de l'ordre juridique ( art. 2 et 27 CC, art. 19 s. CO; ATF 111 II 330 consid. 4; 5C.168/2003 précité consid. 4.2.1), ainsi que celles qui découlent de l'institution même de la propriété par étages (arrêts 5A_499/2010 précité consid. 8.2.1 et les références doctrinales; 5C.168/2003 précité consid. 4.2.1; cf. ATF 111 II 330 consid. 8 et 9; AMÉDÉO WERMELINGER, La propriété par étages, 2 e éd. 2008, n o 71 ad art. 712a CC ): les intérêts divergents et convergents des propriétaires d'étages doivent ainsi s'équilibrer, de façon que chacun d'eux puisse exercer ses droits le plus librement possible, tout en BGE 139 III 1 S. 5 permettant à la communauté de fonctionner comme une entité ( ATF 111 II 330 consid. 7).
4.3.2 art. 2 et 27 CC art. 712a CC BGE 139 III 1 S. 5
De graves restrictions au droit exclusif du propriétaire d'étage ne peuvent cependant être prises qu'à l'unanimité (PASCAL WIRZ, Schranken der Sonderrechtsausübung im Stockwerkeigentum, 2008, p. 176 et 195; cf. également ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1988, n os 55 et 59 ad art. 712a CC notamment), ou du moins, avec l'accord du propriétaire concrètement concerné par la restriction (ROLF H. WEBER, Die Stockwerkeigentümergemeinschaft, 1979, p. 205 s. notamment). art. 712a CC 4.3.3 Si les copropriétaires ont adopté des restrictions conventionnelles admissibles, en particulier s'ils ont convenus de soumettre l'immeuble à une certaine affectation, l'accord de tous les copropriétaires est nécessaire pour un changement dans la destination de l'immeuble ou d'une part d'étage ( art. 648 al. 2 CC ; ATF 111 II 330 consid. 2 in fine; arrêts 5A_499/2010 précité consid. 8.2.2; 5C.168/2003 précité consid. 4.2.1). Le changement dans la destination de la chose doit néanmoins être distingué de son changement d'utilisation qui, selon l' art. 647b al. 1 CC, doit être pris à la majorité de tous les copropriétaires, représentant en outre, leurs parts réunies, plus de la moitié de la chose. Les art. 648 al. 2 et 647b al. 1 CC trouvent tous deux application dans le cadre de la propriété par étages en vertu de l' art. 712g al. 1 CC.
4.3.3 art. 648 al. 2 CC art. 647b al. 1 CC art. 712g al. 1 CC Il y a changement de destination lorsque, soit par des mesures de fait, soit par des mesures juridiques, l'usage et l'affectation économique de l'immeuble en propriété par étages sont modifiés de façon profonde et significative. La destination actuelle de l'objet est ainsi reléguée au second plan (arrêts 5A_428/2008 et 5A_429/2008 du 19 mars 2009 consid. 4.5.2, in RNRF 91/2010 p. 297 ss et les références; 5A_760/2011 du 18 mai 2012 consid. 4.3.3). L'affectation de l'immeuble détenu en copropriété est à cet égard déterminante: tant que subsiste le caractère global de l'immeuble, la transformation d'une seule unité d'étage ne conduit pas à un changement d'affectation au sens de l' art. 648 al. 2 CC ( ATF 130 III 441 consid. 2.3 et 2.4, ATF 130 III 450 consid. 2.1; arrêts 5A_428/2008 et 5A_429/2008 précités consid. 4.5.2 et les références). art. 648 al. 2 CC 4.4
4.4 4.4.1 Il convient avant tout de rappeler que les lots objets du droit exclusif de la recourante n'ont actuellement aucune affectation: ils BGE 139 III 1 S. 6 n'ont donc jamais été, et ne sont pas, aujourd'hui, destinés à des activités pré- ou parascolaires. Dans ces circonstances, on ne saurait admettre que les modifications réglementaires adoptées à la double majorité conformément au règlement porteraient atteinte au droit exclusif de la recourante en se référant à la protection de ses droits acquis (arrêt 5A_690/2011 du 10 janvier 2011 consid. 3.2 et 3.3).
4.4.1 BGE 139 III 1 S. 6
Il ne peut en outre être tenu pour établi - bien que les parties ne paraissent pas le contester formellement - que les aménagements envisagés par la recourante auraient été autorisés par l'ancien règlement, la nécessité d'obtenir une autorisation expresse pour certains types d'activité n'ayant en effet pas un caractère exhaustif (art. 10 al. 3 du règlement).
Le nouveau règlement n'entraîne de surcroît aucun changement dans la destination de l'immeuble lui-même en tant que celui-ci demeure affecté à l'habitation ou à des activités du domaine tertiaire, dont le cercle a simplement été restreint. Dès lors que la recourante peut encore parfaitement destiner ses parts d'étages à l'exercice d'une large palette d'activités du domaine tertiaire, on ne saurait retenir que la modification réglementaire envisagée restreindrait gravement son droit exclusif et qu'elle ne pouvait en conséquence être adoptée sans son consentement. Il faut au contraire conclure que la double majorité, nécessaire pour adopter un changement dans l'utilisation d'un lot, était suffisante ( art. 47 let. h du règlement). art. 47 let 4.4.2 Cela dit, il convient de relever qu'il ressort du dossier cantonal, sans que la Cour d'appel ne l'ait formellement constaté ( art. 105 al. 2 LTF ) que, alors même que les enfants amenés à fréquenter la crèche ne devraient pas utiliser le jardin au centre du complexe, la capacité de la crèche envisagée est particulièrement importante, celle-ci pouvant en effet accueillir jusqu'à 51 enfants: 5 bébés, 14 trotteurs, 20 moyens et 12 écoliers (PV de l'assemblée générale du 3 novembre 2008, p. 4). Il n'est pas non plus établi que les locaux soient adaptés aux normes phoniques liées à l'activité d'une garderie (PV de l'assemblée générale extraordinaire du 17 novembre 2009 ch. 18) et si d'éventuels aménagements ont été évoqués (cf. communiqué de presse de la municipalité), aucune garantie n'a été donnée afin qu'ils puissent être concrètement réalisés. Dans ces circonstances, on ne saurait conclure que la protection du droit exclusif de la recourante d'aménager ses parts d'étages comme elle l'entend devrait l'emporter sur le droit des autres copropriétaires à s'opposer aux immissions nécessairement générées par un établissement destiné à recevoir un nombre d'enfants BGE 139 III 1 S. 7 aussi conséquent. Les différents éléments de fait invoqués par la recourante pour démontrer l'atteinte au noyau dur de son droit exclusif - préavis de la Municipalité de C., conclusion d'un contrat de vente avec la commune, mise à l'enquête publique - ne permettent pas, au demeurant, de faire apparaître la décision prise comme portant une atteinte grave à son droit exclusif au sens de l' art. 712a CC. L'intérêt évident des citoyens à bénéficier de nouvelles places de crèche n'entre pas en considération sous cet angle.
4.4.2 art. 105 al. 2 LTF BGE 139 III 1 S. 7
art. 712a CC Il s'ensuit que le recours doit être rejeté sur ce point.
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Urteilskopf
28. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Bank Y. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_575/2012 vom 26. Februar 2013
Regeste Art. 3 KKG ; Kredit zur Finanzierung des Studiums; Zurechnung zur beruflichen Tätigkeit. Wer einen Kredit zur Finanzierung des Studiums aufnimmt, tut dies zu einem Zweck, der seiner beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Das KKG ist folglich nicht anwendbar (E. 2).
Regeste
Art. 3 KKG ; Kredit zur Finanzierung des Studiums; Zurechnung zur beruflichen Tätigkeit. Wer einen Kredit zur Finanzierung des Studiums aufnimmt, tut dies zu einem Zweck, der seiner beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Das KKG ist folglich nicht anwendbar (E. 2).
Art. 3 KKG Wer einen Kredit zur Finanzierung des Studiums aufnimmt, tut dies zu einem Zweck, der seiner beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Das KKG ist folglich nicht anwendbar (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 202
Sachverhalt ab Seite 202 BGE 139 III 201 S. 202
BGE 139 III 201 S. 202
A. X. (Darlehensnehmer, Beschwerdeführer) schloss zur Finanzierung seines Studiums im September bzw. Oktober 2003 mit der Bank Y. (Darlehensgeberin, Beschwerdegegnerin) einen Basisvertrag und einen "Bildung plus-Kreditvertrag" über eine Summe von Fr. 20'000.- ab. Der Kredit sollte gemäss Vereinbarung ausschliesslich der Finanzierung der mehrjährigen Hochschulausbildung dienen. Der Zins von 3,25 bzw. 3 % wurde gemäss Vertrag bis zum Ende der Ausbildung kapitalisiert. Im November 2004 wurde der Kredit auf Fr. 35'000.- und im Januar 2007 auf Fr. 37'000.- erhöht. Die Darlehensgeberin nahm unbestrittenermassen nie eine Kreditfähigkeitsprüfung nach den Regeln von Art. 28 des Bundesgesetzes vom 23. März 2001 über den Konsumkredit (KKG; SR 221.214.1) vor, verlangte aber vor der ersten Anhebung der Kreditlimite im Jahr 2004 ein detailliertes Budget.
A. Art. 28 des Bundesgesetzes vom 23. März 2001 über den Konsumkredit (KKG; SR 221.214.1) Nach dem vertraglich vorgesehenen Ausbildungsende teilte der Darlehensnehmer der Darlehensgeberin mit, er sei übermässig überschuldet und studiere noch. Da der Abschluss einer Abzahlungsvereinbarung scheiterte, kündigte die Darlehensgeberin mit Schreiben vom 7. August 2009 den "Bildung plus-Kreditvertrag" und verlangte die Rückzahlung von Fr. 37'939.78 bis zum 31. August 2009. Diese blieb aus, worauf die Darlehensgeberin die Betreibung einleitete. Gegen den Zahlungsbefehl erhob der Darlehensnehmer Rechtsvorschlag.
B. Mit Klage vom 5. Oktober 2010 beim Gerichtskreis VIII Bern-Laupen (neu: Regionalgericht Bern-Mittelland) beantragte die Darlehensgeberin, der Darlehensnehmer sei zur Zahlung eines Betrags von Fr. 37'939.80 zu verurteilen und der Rechtsvorschlag in der gegen ihn eingeleiteten Betreibung sei zu beseitigen. Der Darlehensnehmer beantragte widerklageweise, die Darlehensgeberin sei zur Rückzahlung der durch ihn bereits geleisteten Zinszahlungen zu verurteilen. Mit Entscheid vom 26. Oktober 2011 hiess der Gerichtspräsident des Regionalgerichts Bern-Mittelland die Klage teilweise gut, verurteilte den Darlehensnehmer zur Zahlung von Fr. 37'000.- und beseitigte den Rechtsvorschlag in diesem Umfang. Die Widerklage wurde abgewiesen.
B. Die dagegen vom Darlehensnehmer erhobene Berufung wies das Obergericht das Kantons Bern mit Entscheid vom 3. September 2012 ab.
C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 28. September 2012 beantragt der Darlehensnehmer dem Bundesgericht, es sei der Entscheid BGE 139 III 201 S. 203 des Obergerichts aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Darlehensgeberin zur Zahlung von Fr. 4'686.85 zu verurteilen. Eventuell sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
C. BGE 139 III 201 S. 203
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. Zwischen den Parteien ist streitig, ob das KKG auf den von ihnen abgeschlossenen Vertrag anwendbar sei. Die Vorinstanz ist mit der Beschwerdegegnerin der Auffassung, der Beschwerdeführer sei nicht als Konsument im Sinne von Art. 3 KKG zu qualifizieren, womit das KKG keine Anwendung finde. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe diese Bestimmung falsch ausgelegt. Bei richtiger Auslegung sei das KKG anwendbar, womit die Beschwerdegegnerin wegen unterlassener Prüfung seiner Kreditfähigkeit die gewährte Kreditsumme samt Zinsen und Kosten verloren habe.
2. Art. 3 KKG 2.1 Art. 1 Abs. 1 KKG Art. 3 KKG Art. 28 Abs. 1 KKG Art. 28 Abs. 4 KKG Art. 32 Abs. 1 Satz 1 KKG 2.2 Die Vorinstanz hat ausgeführt, der Wortlaut von Art. 3 KKG sei nicht klar. Den Materialien lasse sich hierzu nichts entnehmen. Das historische Element helfe daher nur insofern weiter, als bei der teleologischen Auslegung die Wertungen und Zielsetzungen des historischen Gesetzgebers zu berücksichtigen seien. Bereits mit dem aKKG habe der Gesetzgeber zur Hauptsache die Privathaushalte vor Überschuldung schützen wollen. Unter diesem Aspekt erscheine eine Ausnahme von der Unterstellung unter das KKG für Kredite im BGE 139 III 201 S. 204 Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit grundsätzlich dann gerechtfertigt, wenn diese auf die Erzielung eines Einkommens gerichtet sei, aus welchem der Kredit zurückbezahlt werden könne. Bei einem Ausbildungskredit handle es sich weiter nicht um einen klassischen Konsumkredit, der nach dem Motto "heute kaufen, morgen bezahlen" aufgenommen werde. Ausschlaggebend erscheine aber letztlich, dass eine Unterstellung unter das KKG die Gewährung von Ausbildungsdarlehen an Studenten regelmässig verunmöglichen würde, da eine Amortisation dieser Kredite innert 36 Monaten ( Art. 28 Abs. 4 KKG ) angesichts der durchschnittlichen Dauer eines Studiums in den wenigsten Fällen möglich wäre. Es könne nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, solche bildungspolitisch sehr sinnvollen und wünschenswerten Finanzierungsmöglichkeiten zu verunmöglichen. Eine Abwägung der (Überschuldungs-)Risiken mit dem (Bildungs-)Nutzen solcher Darlehen ergebe daher, dass Ausbildungskredite dem KKG nicht unterstünden.
2.2 Art. 3 KKG BGE 139 III 201 S. 204
Art. 28 Abs. 4 KKG 2.3 Der Beschwerdeführer bringt vor, nach dem Wortlaut von Art. 3 KKG sei die Konsumenteneigenschaft zu bejahen, wenn nicht eine bereits bestehende berufliche oder gewerbliche Tätigkeit vorliege. Das KKG sei nicht bzw. nicht in erster Linie bildungspolitischen Zielen verpflichtet, sondern diene dem Schutz des Konsumenten vor Überschuldung. Sofern eine solche drohe, was die Vorinstanz bezüglich Ausbildungskrediten selbst bejaht habe, sei das KKG nach der Absicht des Gesetzgebers anzuwenden. Eine Abschwächung des Geltungsbereichs des KKG sei nur sehr zurückhaltend anzunehmen. Würde man Ausbildungskredite als bildungspolitisch sinnvolle und wünschenswerte Finanzierungsmöglichkeiten vom Geltungsbereich des KKG ausnehmen wollen, so müsste eine entsprechende ausdrückliche Ausnahme ins Gesetz aufgenommen werden.
2.3 Art. 3 KKG 2.4 Das Bundesgericht hat die Frage noch nicht entschieden. Auch in der Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie über Verbraucherkredite bzw. Verbraucherkreditverträge, der das aKKG vom 8. Oktober 1993 angeglichen worden war und die denselben Wortlaut zur Definition des Verbrauchers verwendet wie Art. 3 KKG, findet sich dazu kein Urteil (Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit, ABl. L 42 vom 12. Februar 1987 S. 48 ff.; ersetzt durch Richtlinie 2008/48/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über BGE 139 III 201 S. 205 Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. L 133 vom 22. Mai 2008 S. 66 ff.).
2.4 Art. 3 KKG BGE 139 III 201 S. 205
In der Lehre ist die Frage umstritten (für Anwendung des KKG: BERND STAUDER, Der vertragliche Konsumentenschutz, Konsumkreditrecht, in: Konsumentenschutz im Privatrecht, SPR Bd. X, 2008, S. 233 Fn. 53; XAVIER FAVRE-BULLE, Les opérations de crédit à l'épreuve de la nouvelle législation, in: Journée 2003 de droit bancaire et financier, 2004, S. 138; wohl auch EMCH/RENZ/ARPAGAUS, Das Schweizerische Bankgeschäft, 7. Aufl. 2011, N. 957; dagegen: ROLAND HASELBACH, Überziehungskredit auf laufendem Konto gemäss neuem Konsumkreditgesetz, in: Das neue Konsumkreditgesetz, Hess/Simmen [Hrsg.], 2002, S. 122; bei engem Zusammenhang der Ausbildungs- und Weiterbildungskredite mit der geplanten Berufskarriere HANS GIGER, Berner Kommentar, Der Konsumkredit, 2007, N. 534 S. 455 und ROBERT SIMMEN, Barkredit und Teilzahlungsverträge unter dem neuen Konsumkreditgesetz, in: Das neue Konsumkreditgesetz, Hess/Simmen [Hrsg.], 2002, S. 42; im Ergebnis auch MARLIS KOLLER-TUMLER, Konsumkreditverträge nach revidiertem KKG - eine Einführung [nachfolgend: Konsumkreditverträge], in: Jahrbuch des Schweizerischen Konsumentenrechts [JKR] 2002 S. 26).
2.5
2.5 2.5.1 Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zu Grunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien können beigezogen werden, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben ( BGE 137 V 434 E. 3.2; BGE 137 IV 249 E. 3.2; BGE 136 III 23 E. 6.6.2.1; BGE 135 III 112 E. 3.3.2).
2.5.1 2.5.2 Nach Art. 3 KKG gilt als Konsument wie bereits ausgeführt (E. 2.1) jede natürliche Person, die einen Konsumkreditvertrag zu einem Zweck abschliesst, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann (dans un but pouvant être considéré comme étranger à son activité commerciale ou BGE 139 III 201 S. 206 professionnelle; per uno scopo che può considerarsi estraneo alla sua attività commerciale o professionale). Diesem Wortlaut lässt sich nicht klar entnehmen, ob als Konsument auch gilt, wer einen Kredit zur Finanzierung seines Studiums aufnimmt. Voraussetzung für die Verneinung dieser Frage wäre, dass die Absolvierung eines Studiums der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Studenten zugerechnet werden kann. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers schliesst der Wortlaut dies jedenfalls nicht dadurch aus, dass er eine bereits bestehende solche Tätigkeit voraussetzen würde (so auch GIGER, a.a.O., N. 534 S. 455; MARLIS KOLLER-TUMLER, in: Basler Kommentar, Abzahlungsrecht und Konsumkreditrecht, Sonderedition aus dem Kommentar zum Obligationenrecht [nachfolgend: Basler Kommentar], Bd. I, 1996, N. 2 zu Art. 3 KKG ; SIMMEN, a.a.O., S. 42; HASELBACH, a.a.O., S. 122). Die herrschende Lehre rechnet denn auch Existenzgründungsdarlehen (bereits) der beruflichen bzw. gewerblichen Tätigkeit zu (STAUDER, a.a.O., S. 233 Fn. 53; GIGER, a.a.O., N. 534 S. 455; KOLLER-TUMLER, Basler Kommentar, a.a.O., N. 2 zu Art. 3 KKG ; dies., Konsumkredite - eine kleine Tour d'Horizon mit Blick auch auf die EU, in: Kreditrecht, Schweizerische Bankrechtstagung 2010, S. 29 Fn. 27; SIMMEN, a.a.O., S. 42; HASELBACH, a.a.O., S. 122).
2.5.2 Art. 3 KKG BGE 139 III 201 S. 206
Art. 3 KKG Art. 3 KKG 2.5.3 Der Gesetzgeber wollte im Bereich des Konsumkredits namentlich jene Konsumenten schützen, die nicht in der Lage sind, ihre wirtschaftliche Situation richtig einzuschätzen, bzw. die nicht der Versuchung widerstehen können, einen für sie ruinösen Konsumkredit zu beanspruchen (so Botschaft vom 14. Dezember 1999 betreffend die Änderung des Bundesgesetzes über den Konsumkredit, BBl 1998 3165 Ziff. 131). In den parlamentarischen Beratungen zum KKG wurde ausgeführt, nach den Werbebotschaften in den Tageszeitungen würden sich Konsumwünsche rasch, einfach und diskret erfüllen lassen (Votum Goll, AB 1999 N 1878). Die Folgekosten des kreditfinanzierten Konsums zahle die öffentliche Hand. Gleichzeitig würden Banken und Kreditinstitute mittels Wucherzinsen horrende Gewinne einstreichen.
2.5.3 2.5.4 Der Abschluss eines Kreditvertrags zur Finanzierung des Studiums unterscheidet sich in verschiedener Hinsicht von der umschriebenen Konstellation. Wie die Vorinstanz richtig ausgeführt hat, handelt es sich dabei nicht um klassische Konsumkredite nach dem Motto "heute kaufen, morgen bezahlen". Die Entscheidung für ein (kreditfinanziertes) Studium wird kaum je überstürzt erfolgen, geht BGE 139 III 201 S. 207 es dabei doch einerseits um die Planung einer über mehrere Jahre dauernden Ausbildung und andererseits um die künftige berufliche Ausrichtung. Zudem zeigt sich gerade beim von der Beschwerdegegnerin angebotenen "Bildung plus-Kreditvertrag", dass es für Ausbildungskredite spezifische Angebote mit vorteilhaften Konditionen wie tiefem Zins und Kapitalisierung der Zinsen bis zum Ende des Studiums gibt. Mit der Unterstellung solcher Kredite unter das KKG werden diese faktisch beinahe verunmöglicht (so auch KOLLER-TUMLER, Konsumkreditverträge, a.a.O., S. 26). Denn ein Konsument muss nach Art. 28 Abs. 4 KKG in der Lage sein, den Konsumkredit innerhalb von 36 Monaten zu amortisieren, ansonsten die Kreditfähigkeit zu verneinen ist und der Kredit folglich nicht gewährt werden darf. Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass die Amortisation eines Kredits zur Finanzierung des Studiums angesichts der durchschnittlichen Studiendauer in den wenigsten Fällen möglich wäre. Die Kredite zur Finanzierung eines Studiums weisen somit in verschiedener Hinsicht Besonderheiten auf gegenüber denjenigen Krediten, auf die das KKG gemäss den Materialien zugeschnitten wurde.
2.5.4 BGE 139 III 201 S. 207
Art. 28 Abs. 4 KKG 2.5.5 Auf der anderen Seite bestehen Gemeinsamkeiten zu den Existenzgründungsdarlehen. In beiden Fällen dient der Kredit einer Investition mit dem Zweck der Ermöglichung der (späteren) beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit. Die Investition schlägt sich nach absolviertem Studium denn auch in einem (höheren) Einkommen nieder. Anders etwa als der Besuch eines Sprachkurses im Hinblick auf einen Ferienaufenthalt ist der in der Lehre teilweise geforderte enge Zusammenhang des Kredits mit der geplanten Berufskarriere (vgl. oben E. 2.4) bei einem Studium in der Regel zu bejahen. Angesichts der Dauer und Kosten eines Studiums wird dieses kaum lediglich zum Zweck der Allgemeinbildung absolviert werden. Vielmehr wird damit (wie bei einem Existenzgründungsdarlehen) der Grundstein für eine bestimmte berufliche Laufbahn gelegt. Der mit dem Abschluss eines Kreditvertrags zur Finanzierung des Studiums verfolgte Zweck ist daher eher der beruflichen Tätigkeit zuzurechnen.
2.5.5 2.5.6 Aus diesen Erwägungen ergibt sich insgesamt, dass das KKG nicht auf das dem Beschwerdeführer gewährte Darlehen zur Finanzierung seines Studiums anwendbar ist. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet.
2.5.6
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Urteilskopf 139 III 209 29. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA contre C. (recours en matière civile) 4A_727/2012 du 21 mai 2013 Regeste Mietzinserhöhung wegen Mehrleistungen des Vermieters ( Art. 269a lit. b OR ; Art. 14 VMWG ); Aufteilung der Kosten unter den Mietern. Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (E. 1.2). Mangels einer bundesrechtlichen Vorschrift entscheidet der Vermieter, auf welche Art die Kosten der Mehrleistungen unter den Mietern der Liegenschaft aufzuteilen sind; der Richter schreitet nur ein, wenn die gewählte Methode unhaltbar ist (E. 2). Erwägungen ab Seite 210 BGE 139 III 209 S. 210 Extrait des considérants: 1. 1.2 Dans le droit du bail à loyer, le recours en matière civile n'est ouvert en principe que si la valeur litigieuse atteint au moins 15'000 fr. ( art. 74 al. 1 let. a LTF ). Devant l'autorité précédente, la hausse de loyer litigieuse s'élevait à 612 fr. par an ( art. 51 al. 1 let. a LTF ). Multiplié par vingt ( art. 51 al. 4 LTF ; ATF 137 III 580 consid. 1.1 p. 582), ce chiffre donne un total de 12'240 fr. Le recours n'est pas recevable ratione valoris. Lorsque la valeur litigieuse requise n'est pas atteinte, le recours sera tout de même ouvert si la contestation soulève une question juridique de principe ( art. 74 al. 2 let. a LTF ). La recourante explique de manière précise en quoi la condition posée par cette disposition est réalisée dans le cas présent; elle respecte ainsi l'exigence de l'art. 42 al. 2, 2 e phrase, LTF. Selon la jurisprudence, la contestation soulève une question juridique de principe lorsqu'il est nécessaire, pour résoudre le cas d'espèce, de trancher une question juridique qui donne lieu à une incertitude caractérisée, laquelle appelle de manière pressante un éclaircissement de la part du Tribunal fédéral, en tant qu'autorité judiciaire suprême chargée de dégager une interprétation uniforme du droit fédéral ( ATF 137 III 580 consid. 1.1 p. 583; ATF 135 III 397 consid. 1.2 p. 399). La recourante fait valoir tout d'abord que le Tribunal fédéral n'a jamais tranché la question de savoir selon quelle clé le coût des améliorations énergétiques doit être réparti entre les différents locataires dans un immeuble locatif. Il y aurait ainsi une insécurité du droit, que le Tribunal fédéral devrait dissiper en instaurant une pratique uniforme au niveau fédéral pour les mesures d'économie d'énergie découlant de l' art. 73 Cst. Au préalable, il convient de relever que les travaux en cause dans le cas particulier ne tendaient pas exclusivement à l'amélioration énergétique du bâtiment. Selon le Tribunal des baux et loyers, non critiqué sur ce point en appel, l'immeuble a fait l'objet d'importantes réparations, dont les frais, à raison de 50 %, devaient être considérés comme des investissements à plus-value en application de l'art. 14 BGE 139 III 209 S. 211 al. 1, 2 e phrase, de l'ordonnance du 9 mai 1990 sur le bail à loyer et le bail à ferme d'habitations et de locaux commerciaux (OBLF; RS 221.213.11). Cela étant, aucune norme fédérale ne prescrit de règles en matière de répartition, entre les locataires, des coûts de travaux à plus-value concernant l'immeuble entier (cf. ATF 125 III 421 consid. 2d p. 424; BERNARD CORBOZ, Les travaux de transformation et de rénovation de la chose louée entrepris par le bailleur et leur répercussion sur les loyers, in 12 e Séminaire sur le droit du bail, 2002, n° 5 p. 22; PETER HIGI, PJA 2000 p. 489 [Remarques ad ATF 125 III 421 ]). Par conséquent, la présente affaire ne saurait poser une question mettant en cause l'application uniforme du droit fédéral dans le choix de la clé de répartition. Du reste, lorsqu'elle s'en prend au mode de répartition entre les locataires du coût des prestations supplémentaires au sens de l' art. 269a let. b CO, la recourante ne conteste pas vraiment, en tant que telle, la clé appliquée par les instances cantonales - répartition des frais au prorata des loyers - mais soutient que le juge ne pouvait s'écarter de la méthode adoptée par la bailleresse - répartition en fonction du nombre de pièces - que si cette clé-ci était insoutenable, ce qui ne serait pas le cas en l'espèce. Il est vrai que, dans ce domaine, plusieurs méthodes sont envisageables, la ventilation pouvant s'opérer selon la clé de répartition applicable à la propriété par étages (cf. ATF 116 II 184 consid. 3a p. 186 s.), selon la surface des appartements (cf. ATF 116 II 184 consid. 3b p. 189), selon leur volume (cf. ATF 120 II 100 consid. 6c p. 105), au prorata du nombre de pièces par logement (cf. ATF 116 II 184 consid. 3b p. 189; DAVID LACHAT, Le bail à loyer, 2008, p. 427 et p. 485) ou encore en fonction du pourcentage que représente l'investissement à plus-value par rapport à l'état locatif avant la hausse ( ATF 118 II 415 consid. 3c/cc p. 421). Dans l'arrêt 4A_470/2009 du 18 février 2010 (extrait in mp 2010 p. 183), le Tribunal fédéral a relevé que le juge disposait d'un pouvoir d'appréciation dans le choix du système de répartition (consid. 7). Dans l'arrêt publié aux ATF 125 III 421, il précisait toutefois que le droit fédéral ne pouvait être violé que si la clé de répartition adoptée par le propriétaire était à ce point insoutenable qu'elle contredise l'esprit de l' art. 269 CO (consid. 2d p. 424). Ces deux arrêts peuvent paraître contradictoires. En tous les cas, l'étendue du pouvoir du juge en la matière ne ressort BGE 139 III 209 S. 212 pas clairement de la jurisprudence. Le juge peut-il librement opter pour une clé de répartition ou son pouvoir se limite-t-il à examiner si la méthode choisie par le bailleur est équitable? Il existe à ce sujet une incertitude caractérisée qu'il se justifie de lever dans la mesure où cette question est manifestement susceptible de se poser à nouveau. La condition de l' art. 74 al. 2 let. a LTF est réalisée en l'espèce, de sorte que le recours en matière civile est recevable sans égard à la valeur litigieuse. Il s'ensuit que le recours constitutionnel, en raison de sa nature subsidiaire, est irrecevable ( art. 113 LTF ). (...) 2. 2.1 La hausse de loyer litigieuse est fondée sur des investissements créant des plus-values et sur des améliorations énergétiques (cf. art. 269a let. b CO et art. 14 OBLF ). Ces prestations supplémentaires ont été fournies à la suite de travaux effectués dans tout l'immeuble (réfection des façades et de la toiture avec isolation, remplacement des fenêtres, stores, mains courantes et garde-corps, etc.). Comme déjà relevé, aucune disposition du droit fédéral ne prescrit comment répartir les coûts en question entre les appartements de l'immeuble. Il est admis que plusieurs méthodes entrent en ligne de compte (consid. 1.2 supra). Selon un principe déduit de l' art. 269 CO, le caractère admissible d'un loyer s'apprécie pour le local loué, et non en fonction du rendement de l'immeuble entier (cf. ATF 116 II 184 consid. 3a p. 186). La clé de répartition appliquée doit ainsi refléter la mesure dans laquelle chaque objet loué profite de la rénovation (LACHAT, op. cit., p. 486; CORBOZ, op. cit., p. 22; PETER HIGI, Zürcher Kommentar, 4 e éd. 1998, n° 391 ad art. 269a CO ). Etant donné qu'aucune clé de répartition ne s'impose a priori, il faut en déduire que le choix de la méthode appartient d'abord au bailleur (CORBOZ, op. cit., p. 22; HIGI, PJA 2000 p. 489). Si la clé de répartition ne ressort pas explicitement du calcul de hausse effectué par le bailleur, le système appliqué sera alors celui que le juge tiendra pour équitable (HIGI, PJA 2000 p. 489). Il en ira de même lorsque la clé de répartition adoptée par le bailleur se révèle insoutenable (cf. ATF 125 III 421 consid. 2d p. 424), notamment parce qu'elle ne répercute pas les frais concernant la chose louée (CORBOZ, op. cit., p. 22) ou qu'elle tient compte de particularités personnelles des locataires (cf. LACHAT, op. cit., p. 427). BGE 139 III 209 S. 213 Il s'ensuit que le juge ne peut pas répartir entre les locataires les coûts liés à des prestations supplémentaires selon son bon vouloir. En particulier, il ne peut pas, comme le Tribunal des baux et loyers dans le cas présent, écarter sans autre le système appliqué par le bailleur au profit d'une répartition en fonction des loyers avant la hausse, en arguant du caractère "plus équitable et plus favorable à la locataire" de ce modèle. Cette affirmation est du reste sujette à caution dans la mesure où aucune clé de répartition ne favorise en soi les locataires, mais bénéficie nécessairement à certains plutôt qu'à d'autres. Au demeurant, il ne s'agit pas d'adopter un modèle favorable au locataire engagé dans une procédure judiciaire, mais bien de retenir une méthode équitable qui ne conduise pas, dans un cas donné, à la fixation d'un loyer abusif. Le juge n'interviendra que si la méthode appliquée par le bailleur est insoutenable. Si tel n'est pas le cas, il n'y a pas lieu de modifier la clé de répartition choisie, ce qui évitera également de créer une distorsion entre les locataires qui contestent la hausse de loyer et les autres, en appliquant deux systèmes de répartition des coûts de travaux à plus-value profitant à tous les locataires de l'immeuble. 2.2 En l'espèce, la bailleresse a varié dans sa prétention en augmentation du loyer mensuel, passant de 224 fr. dans l'avis officiel du 6 août 2009 à 82 fr. dans ses conclusions de première instance, puis à 51 fr. en appel et devant le Tribunal fédéral. En revanche, elle a toujours indiqué qu'elle se fondait sur une hausse admissible par pièce. Les prestations supplémentaires ici en cause concernaient tous les logements de l'immeuble. S'agissant d'importantes rénovations relatives essentiellement à l'enveloppe du bâtiment (façades, fenêtres, balcons, toiture), une répartition des coûts selon le nombre de pièces par appartement apparaît appropriée à la mesure dans laquelle chaque logement profite de la rénovation; elle n'est en rien insoutenable. Le Tribunal des baux et loyers, suivi par la cour cantonale, n'était dès lors pas habilité à modifier le système de répartition des coûts appliqué par la recourante. En procédant à une répartition au prorata des loyers dans les circonstances de l'espèce, il a outrepassé son pouvoir d'appréciation et la Chambre des baux et loyers aurait dû le constater. Sur le vu de ce qui précède, le recours doit être admis. La Cour de céans ne dispose pas des éléments nécessaires à un nouveau calcul du loyer. L'arrêt attaqué sera donc annulé et la cause renvoyée à la cour cantonale afin d'établir, sur la base de la clé de répartition appliquée BGE 139 III 209 S. 214 par la recourante, la hausse de loyer admissible en rapport avec les prestations supplémentaires de la bailleresse, puis de déterminer si, après la prise en compte éventuelle d'autres facteurs, le loyer peut être augmenté et, le cas échéant, dans quelle mesure ( art. 107 al. 2 LTF ).
Urteilskopf
29. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA contre C. (recours en matière civile)
4A_727/2012 du 21 mai 2013
Regeste Mietzinserhöhung wegen Mehrleistungen des Vermieters ( Art. 269a lit. b OR ; Art. 14 VMWG ); Aufteilung der Kosten unter den Mietern. Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (E. 1.2). Mangels einer bundesrechtlichen Vorschrift entscheidet der Vermieter, auf welche Art die Kosten der Mehrleistungen unter den Mietern der Liegenschaft aufzuteilen sind; der Richter schreitet nur ein, wenn die gewählte Methode unhaltbar ist (E. 2).
Regeste
Mietzinserhöhung wegen Mehrleistungen des Vermieters ( Art. 269a lit. b OR ; Art. 14 VMWG ); Aufteilung der Kosten unter den Mietern. Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (E. 1.2). Mangels einer bundesrechtlichen Vorschrift entscheidet der Vermieter, auf welche Art die Kosten der Mehrleistungen unter den Mietern der Liegenschaft aufzuteilen sind; der Richter schreitet nur ein, wenn die gewählte Methode unhaltbar ist (E. 2).
Art. 269a lit. b OR Art. 14 VMWG Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (E. 1.2). Mangels einer bundesrechtlichen Vorschrift entscheidet der Vermieter, auf welche Art die Kosten der Mehrleistungen unter den Mietern der Liegenschaft aufzuteilen sind; der Richter schreitet nur ein, wenn die gewählte Methode unhaltbar ist (E. 2).
Erwägungen ab Seite 210
Erwägungen ab Seite 210 BGE 139 III 209 S. 210
BGE 139 III 209 S. 210
Extrait des considérants:
1.
1. 1.2 Dans le droit du bail à loyer, le recours en matière civile n'est ouvert en principe que si la valeur litigieuse atteint au moins 15'000 fr. ( art. 74 al. 1 let. a LTF ).
1.2 art. 74 al. 1 let. a LTF Devant l'autorité précédente, la hausse de loyer litigieuse s'élevait à 612 fr. par an ( art. 51 al. 1 let. a LTF ). Multiplié par vingt ( art. 51 al. 4 LTF ; ATF 137 III 580 consid. 1.1 p. 582), ce chiffre donne un total de 12'240 fr. Le recours n'est pas recevable ratione valoris. art. 51 al. 1 let. a LTF art. 51 al. 4 LTF Lorsque la valeur litigieuse requise n'est pas atteinte, le recours sera tout de même ouvert si la contestation soulève une question juridique de principe ( art. 74 al. 2 let. a LTF ). La recourante explique de manière précise en quoi la condition posée par cette disposition est réalisée dans le cas présent; elle respecte ainsi l'exigence de l'art. 42 al. 2, 2 e phrase, LTF. art. 74 al. 2 let. a LTF Selon la jurisprudence, la contestation soulève une question juridique de principe lorsqu'il est nécessaire, pour résoudre le cas d'espèce, de trancher une question juridique qui donne lieu à une incertitude caractérisée, laquelle appelle de manière pressante un éclaircissement de la part du Tribunal fédéral, en tant qu'autorité judiciaire suprême chargée de dégager une interprétation uniforme du droit fédéral ( ATF 137 III 580 consid. 1.1 p. 583; ATF 135 III 397 consid. 1.2 p. 399).
La recourante fait valoir tout d'abord que le Tribunal fédéral n'a jamais tranché la question de savoir selon quelle clé le coût des améliorations énergétiques doit être réparti entre les différents locataires dans un immeuble locatif. Il y aurait ainsi une insécurité du droit, que le Tribunal fédéral devrait dissiper en instaurant une pratique uniforme au niveau fédéral pour les mesures d'économie d'énergie découlant de l' art. 73 Cst. art. 73 Cst. Au préalable, il convient de relever que les travaux en cause dans le cas particulier ne tendaient pas exclusivement à l'amélioration énergétique du bâtiment. Selon le Tribunal des baux et loyers, non critiqué sur ce point en appel, l'immeuble a fait l'objet d'importantes réparations, dont les frais, à raison de 50 %, devaient être considérés comme des investissements à plus-value en application de l'art. 14 BGE 139 III 209 S. 211 al. 1, 2 e phrase, de l'ordonnance du 9 mai 1990 sur le bail à loyer et le bail à ferme d'habitations et de locaux commerciaux (OBLF; RS 221.213.11).
BGE 139 III 209 S. 211
Cela étant, aucune norme fédérale ne prescrit de règles en matière de répartition, entre les locataires, des coûts de travaux à plus-value concernant l'immeuble entier (cf. ATF 125 III 421 consid. 2d p. 424; BERNARD CORBOZ, Les travaux de transformation et de rénovation de la chose louée entrepris par le bailleur et leur répercussion sur les loyers, in 12 e Séminaire sur le droit du bail, 2002, n° 5 p. 22; PETER HIGI, PJA 2000 p. 489 [Remarques ad ATF 125 III 421 ]). Par conséquent, la présente affaire ne saurait poser une question mettant en cause l'application uniforme du droit fédéral dans le choix de la clé de répartition.
Du reste, lorsqu'elle s'en prend au mode de répartition entre les locataires du coût des prestations supplémentaires au sens de l' art. 269a let. b CO, la recourante ne conteste pas vraiment, en tant que telle, la clé appliquée par les instances cantonales - répartition des frais au prorata des loyers - mais soutient que le juge ne pouvait s'écarter de la méthode adoptée par la bailleresse - répartition en fonction du nombre de pièces - que si cette clé-ci était insoutenable, ce qui ne serait pas le cas en l'espèce. art. 269a let. b CO Il est vrai que, dans ce domaine, plusieurs méthodes sont envisageables, la ventilation pouvant s'opérer selon la clé de répartition applicable à la propriété par étages (cf. ATF 116 II 184 consid. 3a p. 186 s.), selon la surface des appartements (cf. ATF 116 II 184 consid. 3b p. 189), selon leur volume (cf. ATF 120 II 100 consid. 6c p. 105), au prorata du nombre de pièces par logement (cf. ATF 116 II 184 consid. 3b p. 189; DAVID LACHAT, Le bail à loyer, 2008, p. 427 et p. 485) ou encore en fonction du pourcentage que représente l'investissement à plus-value par rapport à l'état locatif avant la hausse ( ATF 118 II 415 consid. 3c/cc p. 421). Dans l'arrêt 4A_470/2009 du 18 février 2010 (extrait in mp 2010 p. 183), le Tribunal fédéral a relevé que le juge disposait d'un pouvoir d'appréciation dans le choix du système de répartition (consid. 7). Dans l'arrêt publié aux ATF 125 III 421, il précisait toutefois que le droit fédéral ne pouvait être violé que si la clé de répartition adoptée par le propriétaire était à ce point insoutenable qu'elle contredise l'esprit de l' art. 269 CO (consid. 2d p. 424). Ces deux arrêts peuvent paraître contradictoires. En tous les cas, l'étendue du pouvoir du juge en la matière ne ressort BGE 139 III 209 S. 212 pas clairement de la jurisprudence. Le juge peut-il librement opter pour une clé de répartition ou son pouvoir se limite-t-il à examiner si la méthode choisie par le bailleur est équitable? Il existe à ce sujet une incertitude caractérisée qu'il se justifie de lever dans la mesure où cette question est manifestement susceptible de se poser à nouveau. La condition de l' art. 74 al. 2 let. a LTF est réalisée en l'espèce, de sorte que le recours en matière civile est recevable sans égard à la valeur litigieuse. art. 269 CO BGE 139 III 209 S. 212
art. 74 al. 2 let. a LTF Il s'ensuit que le recours constitutionnel, en raison de sa nature subsidiaire, est irrecevable ( art. 113 LTF ). art. 113 LTF (...)
2.
2. 2.1 La hausse de loyer litigieuse est fondée sur des investissements créant des plus-values et sur des améliorations énergétiques (cf. art. 269a let. b CO et art. 14 OBLF ). Ces prestations supplémentaires ont été fournies à la suite de travaux effectués dans tout l'immeuble (réfection des façades et de la toiture avec isolation, remplacement des fenêtres, stores, mains courantes et garde-corps, etc.). Comme déjà relevé, aucune disposition du droit fédéral ne prescrit comment répartir les coûts en question entre les appartements de l'immeuble. Il est admis que plusieurs méthodes entrent en ligne de compte (consid. 1.2 supra). Selon un principe déduit de l' art. 269 CO, le caractère admissible d'un loyer s'apprécie pour le local loué, et non en fonction du rendement de l'immeuble entier (cf. ATF 116 II 184 consid. 3a p. 186). La clé de répartition appliquée doit ainsi refléter la mesure dans laquelle chaque objet loué profite de la rénovation (LACHAT, op. cit., p. 486; CORBOZ, op. cit., p. 22; PETER HIGI, Zürcher Kommentar, 4 e éd. 1998, n° 391 ad art. 269a CO ).
2.1 art. 269a let. b CO art. 14 OBLF art. 269 CO art. 269a CO Etant donné qu'aucune clé de répartition ne s'impose a priori, il faut en déduire que le choix de la méthode appartient d'abord au bailleur (CORBOZ, op. cit., p. 22; HIGI, PJA 2000 p. 489). Si la clé de répartition ne ressort pas explicitement du calcul de hausse effectué par le bailleur, le système appliqué sera alors celui que le juge tiendra pour équitable (HIGI, PJA 2000 p. 489). Il en ira de même lorsque la clé de répartition adoptée par le bailleur se révèle insoutenable (cf. ATF 125 III 421 consid. 2d p. 424), notamment parce qu'elle ne répercute pas les frais concernant la chose louée (CORBOZ, op. cit., p. 22) ou qu'elle tient compte de particularités personnelles des locataires (cf. LACHAT, op. cit., p. 427). BGE 139 III 209 S. 213
BGE 139 III 209 S. 213
Il s'ensuit que le juge ne peut pas répartir entre les locataires les coûts liés à des prestations supplémentaires selon son bon vouloir. En particulier, il ne peut pas, comme le Tribunal des baux et loyers dans le cas présent, écarter sans autre le système appliqué par le bailleur au profit d'une répartition en fonction des loyers avant la hausse, en arguant du caractère "plus équitable et plus favorable à la locataire" de ce modèle. Cette affirmation est du reste sujette à caution dans la mesure où aucune clé de répartition ne favorise en soi les locataires, mais bénéficie nécessairement à certains plutôt qu'à d'autres. Au demeurant, il ne s'agit pas d'adopter un modèle favorable au locataire engagé dans une procédure judiciaire, mais bien de retenir une méthode équitable qui ne conduise pas, dans un cas donné, à la fixation d'un loyer abusif. Le juge n'interviendra que si la méthode appliquée par le bailleur est insoutenable. Si tel n'est pas le cas, il n'y a pas lieu de modifier la clé de répartition choisie, ce qui évitera également de créer une distorsion entre les locataires qui contestent la hausse de loyer et les autres, en appliquant deux systèmes de répartition des coûts de travaux à plus-value profitant à tous les locataires de l'immeuble.
2.2 En l'espèce, la bailleresse a varié dans sa prétention en augmentation du loyer mensuel, passant de 224 fr. dans l'avis officiel du 6 août 2009 à 82 fr. dans ses conclusions de première instance, puis à 51 fr. en appel et devant le Tribunal fédéral. En revanche, elle a toujours indiqué qu'elle se fondait sur une hausse admissible par pièce. Les prestations supplémentaires ici en cause concernaient tous les logements de l'immeuble. S'agissant d'importantes rénovations relatives essentiellement à l'enveloppe du bâtiment (façades, fenêtres, balcons, toiture), une répartition des coûts selon le nombre de pièces par appartement apparaît appropriée à la mesure dans laquelle chaque logement profite de la rénovation; elle n'est en rien insoutenable. Le Tribunal des baux et loyers, suivi par la cour cantonale, n'était dès lors pas habilité à modifier le système de répartition des coûts appliqué par la recourante. En procédant à une répartition au prorata des loyers dans les circonstances de l'espèce, il a outrepassé son pouvoir d'appréciation et la Chambre des baux et loyers aurait dû le constater.
2.2 Sur le vu de ce qui précède, le recours doit être admis. La Cour de céans ne dispose pas des éléments nécessaires à un nouveau calcul du loyer. L'arrêt attaqué sera donc annulé et la cause renvoyée à la cour cantonale afin d'établir, sur la base de la clé de répartition appliquée BGE 139 III 209 S. 214 par la recourante, la hausse de loyer admissible en rapport avec les prestations supplémentaires de la bailleresse, puis de déterminer si, après la prise en compte éventuelle d'autres facteurs, le loyer peut être augmenté et, le cas échéant, dans quelle mesure ( art. 107 al. 2 LTF ).
BGE 139 III 209 S. 214
art. 107 al. 2 LTF
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Urteilskopf 139 III 214 30. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA contre Y. (recours en matière civile) 4A_8/2013 du 2 mai 2013 Regeste Art. 322b Abs. 1 und Art. 349a Abs. 2 OR ; Arbeitsvertrag, angemessenes Entgelt des Arbeitnehmers, der mit Provisionen entschädigt wird. Wenn ein Arbeitnehmer ausschliesslich oder vorwiegend mit Provisionen entschädigt wird, müssen diese ein angemessenes Entgelt bilden, so wie dies Art. 349a Abs. 2 OR für den Handelsreisendenvertrag vorsieht (E. 5.1). Anwendung auf den konkreten Fall (E. 5.2). Erwägungen ab Seite 214 BGE 139 III 214 S. 214 Extrait des considérants: 5. (...) 5.1 Il résulte de l'état de fait déterminant ( art. 105 al. 1 LTF ) que l'intimé, à partir du 1 er juillet 2007, s'était engagé, pour une durée indéterminée et à plein temps, à fournir, dans une situation de subordination à l'endroit de la recourante, ses services comme "conseiller économique", moyennant le versement d'un salaire. Il n'est pas douteux, et au demeurant incontesté, que les parties ont conclu un contrat individuel de travail ( art. 319 al. 1 CO ). Comme on l'a vu, l'autorité cantonale n'a pas tranché le point de savoir si les parties ont été liées par un contrat d'engagement des voyageurs BGE 139 III 214 S. 215 de commerce. Il n'importe. En effet, un tel accord n'est qu'un contrat individuel de travail à caractère spécial (cf. art. 355 CO ; WOLFGANG PORTMANN, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. I, 5 e éd. 2011, n° 2 ad art. 347 CO ). Il a été retenu que l'intimé était rétribué par un salaire fixé selon un système de provisions sur les affaires conclues pour le compte de la recourante. Autrement dit, le salaire de l'intimé consistait exclusivement dans l'encaissement de provisions. La provision est une modalité particulière de rémunération du travailleur. Aux termes de l' art. 322b al. 1 CO, s'il est convenu que le travailleur a droit à une provision sur certaines affaires, elle lui est acquise dès que l'affaire a été valablement conclue avec le tiers. Il faut donc, sauf convention contraire, que le travailleur, pendant le rapport contractuel, procure une affaire concrète ou trouve un client disposé à conclure; il doit exister un rapport de causalité entre l'activité du travailleur et la conclusion du contrat ( ATF 128 III 174 consid. 2b p. 176). La doctrine moderne est d'avis que si le salarié est rémunéré de manière exclusive ou prépondérante par des provisions, celles-ci doivent alors représenter une rémunération convenable, telle que l'entend l' art. 349a al. 2 CO dans le cadre du contrat d'engagement des voyageurs de commerce (cf. ULLIN STREIFF ET AL., Arbeitsvertrag, 7 e éd. 2012, n° 5 ad art. 322b CO ; PORTMANN, op. cit., n° 1 ad art. 322b CO ; ADRIAN STAEHELIN, Zürcher Kommentar, 4 e éd. 2006, n° 1 ad art. 322b CO ; RÉMY WYLER, Droit du travail, 2 e éd. 2008, p. 161 et la note 453; FRANK VISCHER, Der Arbeitsvertrag, TDPS vol. VII/4, 3 e éd. 2005, p. 108). Cette opinion est convaincante. Afin d'éviter que l'employeur n'exploite le travailleur en lui faisant miroiter la perception de provisions irréalistes (cf., à ce propos, ATF 129 III 664 consid. 6.1), l'effet protecteur de l' art. 349a al. 2 CO doit être appliqué par analogie à tous les travailleurs payés principalement par provisions. Il sied en conséquence de vérifier si la rémunération qu'a touchée l'intimé sous forme de provisions pouvait être qualifiée de "convenable" au sens de la disposition susrappelée, ainsi que l'affirme la recourante. 5.2 Le caractère "convenable" d'une rétribution est une notion juridique imprécise qui laisse au juge du fait un pouvoir d'appréciation. Partant, le Tribunal fédéral n'intervient que si cette autorité a abusé de BGE 139 III 214 S. 216 ce pouvoir, c'est-à-dire si elle a retenu des critères inappropriés ou si la décision aboutit à un résultat manifestement injuste ( ATF 135 III 121 consid. 2 in fine et les arrêts cités). Une provision est convenable si elle assure au voyageur un gain qui lui permette de vivre décemment, compte tenu de son engagement au travail (Arbeitseinsatz), de sa formation, de ses années de service, de son âge et de ses obligations sociales ainsi que de l'usage de la branche ( ATF 129 III 664 ibidem). Lorsque la recourante affirme que l'intimé aurait réalisé "en 2008 et sur une période non négligeable" des revenus dépassant 4'000 fr. par mois, elle invoque des faits non constatés, dont il n'y a pas lieu de tenir compte ( art. 105 al. 1 LTF ). Pour les mêmes raisons, il n'est pas possible de retenir que l'intéressé s'est peu investi dans son travail, car il avait fondé sa propre entreprise, active dans l'import-export. La cour d'appel a constaté que l'intimé, au cours des relations contractuelles, a réalisé un salaire mensuel net moyen de 2'074 fr. pour une activité à plein temps. Il n'a pas été établi que les prestations de service fournies par le travailleur étaient insuffisantes. Dans de telles conditions, il n'est pas besoin de longues explications pour admettre que cette rétribution, qui, selon l'expérience générale, ne permet pas de vivre correctement en Suisse, n'était pas convenable, quelle que soit la situation personnelle de l'intimé. La cour cantonale a considéré que la somme brute supplémentaire de 42'000 fr. requise par l'intimé représentait 1'800 fr. 25 de plus par mois durant les 22 mois et un tiers( recte: 23 mois et un tiers ) qu'ont duré les rapports de travail (42'000 fr. / 23,33). Il appert donc que si l'on ajoute ce surplus au salaire mensuel net moyen réellement encaissé, on obtient un salaire brut de 3'874 fr. 25 (2'074 fr. + 1'800 fr. 25). En jugeant que ce salaire mensuel brut de 3'874 fr. 25 était "convenable" dans le sens de l' art. 349a al. 2 CO, l'autorité cantonale n'a en rien abusé de son pouvoir d'appréciation. De fait, ledit salaire est encore largement inférieur au salaire médian mensuel brut, secteur privé et public confondus, afférent à des activités simples et répétitives dans la région lémanique pour l'année 2010, lequel se montait à 4'727 fr. par mois ( www.bfs.admin.ch/bfs/portal/fr/index/themen/03/04/blank/key/lohnstruktur/nach_grossregion.html ). Le moyen doit être rejeté.
Urteilskopf
30. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA contre Y. (recours en matière civile)
4A_8/2013 du 2 mai 2013
Regeste Art. 322b Abs. 1 und Art. 349a Abs. 2 OR ; Arbeitsvertrag, angemessenes Entgelt des Arbeitnehmers, der mit Provisionen entschädigt wird. Wenn ein Arbeitnehmer ausschliesslich oder vorwiegend mit Provisionen entschädigt wird, müssen diese ein angemessenes Entgelt bilden, so wie dies Art. 349a Abs. 2 OR für den Handelsreisendenvertrag vorsieht (E. 5.1). Anwendung auf den konkreten Fall (E. 5.2).
Regeste
Art. 322b Abs. 1 und Art. 349a Abs. 2 OR ; Arbeitsvertrag, angemessenes Entgelt des Arbeitnehmers, der mit Provisionen entschädigt wird. Wenn ein Arbeitnehmer ausschliesslich oder vorwiegend mit Provisionen entschädigt wird, müssen diese ein angemessenes Entgelt bilden, so wie dies Art. 349a Abs. 2 OR für den Handelsreisendenvertrag vorsieht (E. 5.1). Anwendung auf den konkreten Fall (E. 5.2).
Art. 322b Abs. 1 und Art. 349a Abs. 2 OR Wenn ein Arbeitnehmer ausschliesslich oder vorwiegend mit Provisionen entschädigt wird, müssen diese ein angemessenes Entgelt bilden, so wie dies Art. 349a Abs. 2 OR für den Handelsreisendenvertrag vorsieht (E. 5.1).
Art. 349a Abs. 2 OR Anwendung auf den konkreten Fall (E. 5.2).
Erwägungen ab Seite 214
Erwägungen ab Seite 214 BGE 139 III 214 S. 214
BGE 139 III 214 S. 214
Extrait des considérants:
5. (...)
5. 5.1 Il résulte de l'état de fait déterminant ( art. 105 al. 1 LTF ) que l'intimé, à partir du 1 er juillet 2007, s'était engagé, pour une durée indéterminée et à plein temps, à fournir, dans une situation de subordination à l'endroit de la recourante, ses services comme "conseiller économique", moyennant le versement d'un salaire. Il n'est pas douteux, et au demeurant incontesté, que les parties ont conclu un contrat individuel de travail ( art. 319 al. 1 CO ).
5.1 art. 105 al. 1 LTF art. 319 al. 1 CO Comme on l'a vu, l'autorité cantonale n'a pas tranché le point de savoir si les parties ont été liées par un contrat d'engagement des voyageurs BGE 139 III 214 S. 215 de commerce. Il n'importe. En effet, un tel accord n'est qu'un contrat individuel de travail à caractère spécial (cf. art. 355 CO ; WOLFGANG PORTMANN, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. I, 5 e éd. 2011, n° 2 ad art. 347 CO ).
BGE 139 III 214 S. 215
art. 355 CO art. 347 CO Il a été retenu que l'intimé était rétribué par un salaire fixé selon un système de provisions sur les affaires conclues pour le compte de la recourante. Autrement dit, le salaire de l'intimé consistait exclusivement dans l'encaissement de provisions.
La provision est une modalité particulière de rémunération du travailleur.
Aux termes de l' art. 322b al. 1 CO, s'il est convenu que le travailleur a droit à une provision sur certaines affaires, elle lui est acquise dès que l'affaire a été valablement conclue avec le tiers. Il faut donc, sauf convention contraire, que le travailleur, pendant le rapport contractuel, procure une affaire concrète ou trouve un client disposé à conclure; il doit exister un rapport de causalité entre l'activité du travailleur et la conclusion du contrat ( ATF 128 III 174 consid. 2b p. 176). art. 322b al. 1 CO La doctrine moderne est d'avis que si le salarié est rémunéré de manière exclusive ou prépondérante par des provisions, celles-ci doivent alors représenter une rémunération convenable, telle que l'entend l' art. 349a al. 2 CO dans le cadre du contrat d'engagement des voyageurs de commerce (cf. ULLIN STREIFF ET AL., Arbeitsvertrag, 7 e éd. 2012, n° 5 ad art. 322b CO ; PORTMANN, op. cit., n° 1 ad art. 322b CO ; ADRIAN STAEHELIN, Zürcher Kommentar, 4 e éd. 2006, n° 1 ad art. 322b CO ; RÉMY WYLER, Droit du travail, 2 e éd. 2008, p. 161 et la note 453; FRANK VISCHER, Der Arbeitsvertrag, TDPS vol. VII/4, 3 e éd. 2005, p. 108). Cette opinion est convaincante. Afin d'éviter que l'employeur n'exploite le travailleur en lui faisant miroiter la perception de provisions irréalistes (cf., à ce propos, ATF 129 III 664 consid. 6.1), l'effet protecteur de l' art. 349a al. 2 CO doit être appliqué par analogie à tous les travailleurs payés principalement par provisions. art. 349a al. 2 CO art. 322b CO art. 322b CO art. 322b CO art. 349a al. 2 CO Il sied en conséquence de vérifier si la rémunération qu'a touchée l'intimé sous forme de provisions pouvait être qualifiée de "convenable" au sens de la disposition susrappelée, ainsi que l'affirme la recourante.
5.2 Le caractère "convenable" d'une rétribution est une notion juridique imprécise qui laisse au juge du fait un pouvoir d'appréciation. Partant, le Tribunal fédéral n'intervient que si cette autorité a abusé de BGE 139 III 214 S. 216 ce pouvoir, c'est-à-dire si elle a retenu des critères inappropriés ou si la décision aboutit à un résultat manifestement injuste ( ATF 135 III 121 consid. 2 in fine et les arrêts cités).
5.2 BGE 139 III 214 S. 216
Une provision est convenable si elle assure au voyageur un gain qui lui permette de vivre décemment, compte tenu de son engagement au travail (Arbeitseinsatz), de sa formation, de ses années de service, de son âge et de ses obligations sociales ainsi que de l'usage de la branche ( ATF 129 III 664 ibidem).
Lorsque la recourante affirme que l'intimé aurait réalisé "en 2008 et sur une période non négligeable" des revenus dépassant 4'000 fr. par mois, elle invoque des faits non constatés, dont il n'y a pas lieu de tenir compte ( art. 105 al. 1 LTF ). Pour les mêmes raisons, il n'est pas possible de retenir que l'intéressé s'est peu investi dans son travail, car il avait fondé sa propre entreprise, active dans l'import-export. art. 105 al. 1 LTF La cour d'appel a constaté que l'intimé, au cours des relations contractuelles, a réalisé un salaire mensuel net moyen de 2'074 fr. pour une activité à plein temps. Il n'a pas été établi que les prestations de service fournies par le travailleur étaient insuffisantes. Dans de telles conditions, il n'est pas besoin de longues explications pour admettre que cette rétribution, qui, selon l'expérience générale, ne permet pas de vivre correctement en Suisse, n'était pas convenable, quelle que soit la situation personnelle de l'intimé.
La cour cantonale a considéré que la somme brute supplémentaire de 42'000 fr. requise par l'intimé représentait 1'800 fr. 25 de plus par mois durant les 22 mois et un tiers( recte: 23 mois et un tiers ) qu'ont duré les rapports de travail (42'000 fr. / 23,33). Il appert donc que si l'on ajoute ce surplus au salaire mensuel net moyen réellement encaissé, on obtient un salaire brut de 3'874 fr. 25 (2'074 fr. + 1'800 fr. 25).
En jugeant que ce salaire mensuel brut de 3'874 fr. 25 était "convenable" dans le sens de l' art. 349a al. 2 CO, l'autorité cantonale n'a en rien abusé de son pouvoir d'appréciation. De fait, ledit salaire est encore largement inférieur au salaire médian mensuel brut, secteur privé et public confondus, afférent à des activités simples et répétitives dans la région lémanique pour l'année 2010, lequel se montait à 4'727 fr. par mois ( www.bfs.admin.ch/bfs/portal/fr/index/themen/03/04/blank/key/lohnstruktur/nach_grossregion.html ). art. 349a al. 2 CO Le moyen doit être rejeté.
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Urteilskopf 139 III 217 31. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA contre Y. (recours en matière civile) 4A_450/2012 du 10 janvier 2013 Regeste Pauschalreisevertrag (Art. 1 Pauschalreisegesetz) oder Mäklervertrag ( Art. 412 OR )? Allein das Zurverfügungstellen einer Jacht fällt nicht unter das Bundesgesetz vom 18. Juni 1993 über Pauschalreisen, im Gegensatz zum Verkauf einer Kreuzfahrtreise (E. 2.1). Abgrenzung zwischen den verschiedenen Verträgen über den Gebrauch eines Schiffes gemäss dem Bundesgesetz vom 23. September 1953 über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge (E. 2.2). Wer den Kontakt zwischen einer Partei und einem Schiffseigentümer herstellt und für sie mit diesem einen Chartervertrag aushandelt, handelt als Mäkler (E. 2.3). Erwägungen ab Seite 217 BGE 139 III 217 S. 217 Extrait des considérants: 2. 2.1 Le point litigieux est de savoir si le contrat conclu entre les parties relève de la loi fédérale du 18 juin 1993 sur les voyages à forfait (RS 944.3; ci-après: LVF), entrée en vigueur le 1 er juillet 1994. BGE 139 III 217 S. 218 A cette question, le juge de première instance a donné une réponse négative, tandis que la cour cantonale lui a apporté une réponse positive. Il faut donc trancher cette question avant tout autre examen. 2.1.1 Après le rejet par le peuple le 6 décembre 1992 de l'Accord sur l'Espace économique européen (EEE), le Conseil fédéral a décidé d'accélérer le processus d'ouverture du pays à l'étranger et au reste du monde (Message du 24 février 1993 sur le programme consécutif au rejet de l'Accord EEE, FF 1993 I 761). Il a décidé de reprendre certains projets du paquet " Eurolex " qui avaient été présentés dans la perspective d'une participation à l'EEE (FF 1993 I 786 ch. 143). Parmi les projets qui ont été ainsi repris figure la loi sur les voyages à forfait, qui transpose la directive européenne 90/314/CEE du 13 juin 1990 concernant les voyages, vacances et circuits à forfait (FF 1993 I 836 ch. 255; Message II du 15 juin 1992 sur l'adaptation du droit fédéral au droit de l'EEE, FF 1992 V 735 ch. 6.3). 2.1.2 La notion de voyage à forfait est définie par l'art. 1 er de la loi fédérale, qui correspond, mot à mot, à l'art. 2 de la directive européenne, sauf que le terme logement utilisé par la directive a été remplacé par hébergement sans que l'on puisse saisir la portée de cette modification. Par voyage à forfait, on entend la combinaison fixée préalablement d'au moins deux des prestations suivantes, lorsqu'elle est offerte à un prix global et qu'elle dépasse 24 heures ou inclut une nuitée: a. le transport; b. l'hébergement; c. les autres services touristiques non accessoires au transport ou à l'hébergement représentant une part importante dans le forfait (art. 1 al. 1 LVF). Il y a voyage à forfait même si les diverses prestations d'un même voyage sont facturées séparément (art. 1 al. 2 LVF). Pour que la loi soit applicable, il faut qu'il y ait un organisateur, par quoi on entend une personne qui, de façon non occasionnelle, organise des voyages à forfait et les offre directement ou par l'intermédiaire d'un détaillant (art. 2 al. 1 LVF). Le travail d'organisation consiste précisément à combiner des services touristiques comme le prévoit l'art. 1 al. 1 LVF. BGE 139 III 217 S. 219 Le législateur songeait notamment à l'hypothèse où une agence de voyages propose, pour un prix global, un voyage à Paris avec deux nuitées (FF 1992 V 742 ch. 3.2). Dans ce cas en effet, l'agence a organisé un voyage en offrant deux prestations touristiques essentielles, à savoir le transport aller-retour pour Paris et l'hébergement à l'hôtel pendant deux nuits (cf. art. 1 al. 1 let. a et b LVF). Si l'organisateur ne fournit qu'une seule de ces deux prestations (le transport ou l'hébergement), il faut qu'il fournisse encore un autre service touristique essentiel ( art. 1 al. 1 let. c LVF). La doctrine cite l'hypothèse où l'agence de voyages offre le vol et une voiture de location à destination (VITO ROBERTO, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. I, 5 e éd. 2011, n° 5 ad art. 1 LVF p. 3070; BERND STAUDER, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2003, n° 7 ad art. 1 LVF p. 2334). En revanche, une prestation touristique accessoire ne suffit pas pour constituer l'une des deux prestations nécessaires à l'existence d'un voyage à forfait. La doctrine considère comme accessoire la réservation d'une couchette dans un train, la nourriture servie à bord d'un avion (STAUDER, op. cit., n° 5 ad art. 1 LVF p. 2334; ROBERTO, op. cit., n° 4 ad art. 1 LVF p. 3069/3070). On ne traite cependant pas d'accessoire la fourniture d'un billet d'entrée pour un festival ou une manifestation sportive lorsqu'il s'agit à l'évidence du but du voyage (STAUDER, op. cit., n° 4 in fine ad art. 1 LVF). 2.1.3 En l'espèce, le débat s'est figé sur la question de savoir s'il y avait ou non une combinaison de deux prestations touristiques principales. La mise à disposition d'un bateau - comme d'ailleurs la location d'un motorhome - présente cette particularité de permettre à la fois le transport et l'hébergement. S'agit-il alors d'un travail d'organisation consistant à combiner deux prestations touristiques différentes ? Le juge de première instance a considéré qu'il ne s'agissait que d'une seule prestation qui comportait, par nature, à la fois le transport et l'hébergement. La cour cantonale a laissé la question ouverte, mais elle a admis qu'il y avait d'autres prestations touristiques principales. On ne peut pas la suivre sur ce point. Qu'il y ait un équipage à bord du bateau - ce qui paraît nécessaire pour une embarcation de cette taille - n'est qu'une prestation accessoire à l'usage de la chose. Dans le cas où il est fourni un billet d'avion, il ne viendrait pas à l'idée de dire que la présence de l'équipage est une prestation supplémentaire parce que le touriste n'est pas obligé de piloter lui-même l'avion. De la même manière, la présence d'un cuisinier, pour un bateau qui doit BGE 139 III 217 S. 220 pouvoir voguer en pleine mer pendant plusieurs jours, apparaît comme un complément accessoire et nécessaire pour l'utilisation de la chose. Pour reprendre la comparaison précédente, fournir un plateau de repas sur un vol long-courrier n'est assurément pas une prestation touristique principale. Quant à l'équipement du bateau, il s'agit aussi d'une prestation accessoire destinée à en renforcer l'agrément, au même titre que la possibilité de voir des films et d'écouter de la musique sur un vol long-courrier. Quant à l'activité du courtier, elle ne constitue pas en elle-même une prestation touristique, notion qui ne comprend que ce que le touriste reçoit durant son voyage. Ainsi, il n'y a pas d'autres prestations en l'espèce que la mise à disposition du bateau, étant souligné que l'intimée organisait elle-même son déplacement jusqu'au port d'embarquement, puis son retour à partir du port de débarquement. La doctrine admet cependant qu'une croisière donne lieu à un voyage à forfait (ROBERTO, op. cit., n° 4 ad art. 1 LVF p. 3070; STAUDER, op. cit., n° 7 ad art. 1 LVF p. 2334). Dans un cas qui concernait l'organisation d'un voyage de Trieste en Extrême-Orient à bord d'un cargo, la Cour de justice de l'Union européenne, par arrêt du 7 décembre 2010 C-585/08 Peter Pammer contre Reederei Karl Schlüter GmbH & Co. KG et C-144/09 Hotel Alpenhof GesmbH contre Oliver Heller, Rec. 2010 I-12527 points 45 et 46, a considéré qu'il s'agissait d'un voyage à forfait. Comme la volonté du législateur a été sur ce point d'adopter des règles qui coïncident avec celles de l'Union européenne, on ne saurait s'écarter sans raison sérieuse de la jurisprudence européenne. 2.1.4 En admettant que la vente d'une croisière constitue un voyage à forfait, dès lors qu'elle englobe, pour plusieurs jours, le transport et l'hébergement, une autre difficulté apparaît immédiatement. On ne se trouve pas, à considérer les données de l'espèce, en présence de la vente d'une croisière. Comme le souligne la doctrine, la croisière suppose un programme (ROBERTO, op. cit., n° 4 ad art. 1 LVF p. 3070). L'organisateur imagine un itinéraire comportant des escales attrayantes et conçoit ainsi un voyage dans son ensemble - même s'il se déroule à bord d'un seul et même navire - qu'il présente comme un tout pour un prix forfaitaire. Cette situation correspond bien à la notion de voyage à forfait. La doctrine considère que l'on vise ainsi un contrat d'organisation de voyages (STAUDER, op. cit., n° 2 ad art. 1 LVF p. 2333). Ce contrat se caractérise par l'activité de l'organisateur, qui conçoit un produit, combine des prestations et le BGE 139 III 217 S. 221 commercialise comme un tout (STAUDER, op. cit., n° 8 ad art. 1 LVF p. 2334). Mais la loi sur les voyages à forfait n'est pas applicable si le touriste organise lui-même son voyage en concluant pour cela les différents contrats nécessaires (STAUDER, op. cit., n° 1 ad art. 1 LVF p. 2333). En l'espèce, l'intimée a organisé elle-même son déplacement jusqu'au port d'embarquement et son retour à partir du port d'arrivée. Elle a voulu la mise à sa disposition d'un yacht, sans demander à son cocontractant de lui concevoir un itinéraire. D'après les constatations cantonales - qui lient le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ) -, on comprend que l'intimée pouvait aller où elle le voulait avec le yacht, à charge pour elle de le restituer au lieu prévu et à la date prévue. On se trouve dans une situation analogue à celle d'un touriste qui, ayant organisé par lui-même son déplacement dans un pays étranger, y loue un motorhome pour un certain nombre de jours afin de se déplacer à sa guise. Il est clair que le motorhome lui fournit la possibilité de se déplacer et de se loger, mais on ne saurait dire que la location d'un motorhome constitue un voyage à forfait, précisément parce qu'il ne s'agit pas de la vente d'un voyage organisé en tout ou en partie, mais seulement de la cession à titre onéreux de l'usage d'une chose. En l'espèce, le contrat ne portait pas sur la fourniture d'un voyage, mais seulement sur la mise à disposition pendant un certain temps d'un bateau avec son équipage et son équipement. Ainsi, il apparaît que l'intimée a organisé elle-même son voyage en concluant les contrats nécessaires à cette fin et que la mise à disposition du bateau n'est que l'un de ces contrats. Pour ce motif déjà, la loi sur les voyages à forfait n'est pas applicable. 2.1.5 Elle ne l'est pas non plus pour une autre raison. A chaque fois, le contrat d'affrètement a été conclu et signé entre l'intimée et le propriétaire du bateau. La recourante n'apparaît que comme le courtier de l'intimée. La recourante ne se présente pas comme un organisateur de voyages, ni dans son inscription au registre du commerce, ni dans sa publicité, ni dans les contrats conclus. Elle n'apparaît pas davantage comme un représentant d'un organisateur de voyages, c'est-à-dire un détaillant au sens de la LVF (art. 2 al. 2 LVF). Il ressort au contraire clairement des contrats conclus qu'elle était le courtier de l'intimée, rémunérée par elle. Or il a déjà été jugé que la LVF ne s'applique pas au courtier du touriste (arrêt 4C.125/2004 du 29 juin 2004 consid. 2.1; cf. également: ROBERTO, op. cit., n° 2 ad art. 1 LVF p. 3069 et n° 1 ad art. 2 LVF p. 3072; avant l'entrée en vigueur de la LVF: ATF 115 II 474 consid. 2). Il n'y a pas lieu de revenir sur cette BGE 139 III 217 S. 222 jurisprudence et cela clôt la question: la LVF n'est pas applicable aux rapports entre les parties. 2.2 Il faut maintenant se pencher sur les contrats qui ont été conclus. Agissant en son nom personnel et signant elle-même, l'intimée, pour chaque bateau, a conclu un contrat avec le propriétaire de l'embarcation, portant sur l'usage de celle-ci. Même s'il présente un caractère international, un contrat doit tout d'abord être qualifié selon la loi interne du for ( ATF 132 III 609 consid. 4 p. 615; ATF 131 III 511 consid. 2.1 p. 515). En matière de navigation maritime, le droit suisse distingue la location de navire, l'affrètement et le contrat de transport. La location de navire est le contrat par lequel le bailleur s'oblige à conférer au locataire, contre paiement d'un loyer, l'usage et le contrôle d'un navire sans équipage et sans armement (art. 90 al. 1 de la loi fédérale du 23 septembre 1953 sur la navigation maritime sous pavillon suisse; LNM; RS 747.30). L'affrètement est le contrat par lequel l'armateur s'oblige, en tant que fréteur, à mettre à la disposition de l'affréteur, contre rémunération, tout ou partie de la contenance d'un navire désigné, soit pour une durée déterminée (charte-partie au temps), soit pour un ou plusieurs voyages déterminés (charte-partie au voyage) ( art. 94 al. 1 LNM ); dans le contrat d'affrètement, le fréteur fait profiter son cocontractant de l'utilisation du navire, mais il en conserve, par son personnel, la possession et le contrôle ( ATF 115 II 108 consid. 4a p. 109). Dans le contrat de transport maritime, le transporteur s'oblige à effectuer, contre paiement du fret, le transport de marchandises par mer stipulé par le chargeur ( art. 101 al. 1 LNM ). En l'espèce, l'intimée a obtenu, dans chaque cas, l'usage du bateau, avec son équipage et son armement, pour y voyager à sa guise pendant un temps déterminé, moyennant une rémunération qu'elle s'est engagée à payer. On se trouve donc manifestement en présence de trois contrats d'affrètement successifs. Il résulte clairement de l'art. 21 des conditions générales incorporées à chaque convention que la recourante n'est pas partie au contrat d'affrètement. Comme la présente action n'est pas dirigée contre l'un des fréteurs, il apparaît d'emblée qu'elle ne peut pas porter sur l'inexécution ou la mauvaise exécution de l'un ou l'autre des contrats d'affrètement. Il n'y a dès lors pas lieu d'examiner plus avant quel est le droit applicable à ces contrats, ni d'en étudier le contenu. BGE 139 III 217 S. 223 2.3 Pour ce qui est des rapports entre les parties présentement en cause, il faut constater que l'intimée a chargé la recourante, à chaque fois, de la mettre en contact avec le propriétaire du bateau et de négocier pour elle le contrat d'affrètement, service pour lequel elle devait rémunérer la recourante. Le contrat conclu entre les parties doit donc être qualifié, selon la loi interne du for, comme un contrat de courtage ( art. 412 al. 1 CO ). Comme la prestation caractéristique est fournie par le courtier qui a son siège à Genève, il n'est pas douteux que le droit suisse est applicable ( art. 117 al. 3 let. c LDIP [RS 291]). Selon l' art. 412 al. 1 CO, le courtage est un contrat par lequel le courtier est chargé, moyennant un salaire, soit d'indiquer à l'autre partie l'occasion de conclure une convention, soit de lui servir d'intermédiaire pour la négociation d'un contrat. Le courtage doit présenter les deux éléments essentiels suivants: il doit être conclu à titre onéreux et les services procurés par le courtier, qu'il soit indicateur ou négociateur, doivent tendre à la conclusion d'un contrat, quelle qu'en soit la nature ( ATF 131 III 268 consid. 5.1.2 p. 275). Les deux prestations possibles d'un courtier (indiquer un cocontractant ou négocier le contrat) peuvent être cumulées ( ATF 110 II 276 consid. 2a p. 277). Le courtier n'est en principe pas le représentant direct de son client lors de la conclusion du contrat (arrêt 4C.112/1997 du 23 janvier 1998 consid. 2c/aa). Suivant les circonstances, le courtier peut être chargé de veiller plus ou moins largement aux intérêts de son cocontractant ( ATF 110 II 276 consid. 2a p. 277 s.). Les règles du mandat ( art. 394 ss CO ) sont applicables au contrat de courtage, en tant qu'elles sont compatibles avec la nature de ce contrat ( art. 412 al. 2 CO ; ATF 110 II 276 consid. 2a p. 277). La conclusion du contrat de courtage n'est soumise à aucune exigence de forme ( ATF 131 III 268 consid. 5.1.2 p. 275). En l'espèce, la recourante a été chargée par l'intimée, pour chaque bateau, de mettre les parties en présence et de négocier le contrat d'affrètement, moyennant rémunération à la charge de l'intimée. On se trouve donc en présence d'un contrat de courtage qui cumule l'obligation de mettre les parties en contact et celle de négocier le contrat. Que le contrat n'ait pas été conclu par écrit est sans pertinence, puisqu'il s'agit d'un contrat informel. Il résulte des constatations cantonales - qui lient le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ) - que le courtier, pour le premier bateau, a mis BGE 139 III 217 S. 224 l'intimée en relation avec le propriétaire et a négocié les conditions du contrat. Il a donc fourni sa prestation de courtier. Que ce bateau n'ait pas pu être mis à disposition de l'intimée est une question qui touche l'exécution du contrat d'affrètement, dont le courtier n'est pas responsable. En tant que mandataire de l'intimée, il a récupéré la somme versée et on ne voit pas qu'il ait pu obtenir davantage. Pour le deuxième bateau, le courtier a fourni sa prestation en mettant les parties en présence et en négociant les conditions du contrat. Que la prestation du fréteur n'ait pas été satisfaisante ne concerne pas le courtier et l'intimée ne peut rien lui réclamer de ce chef. L'intimée ne peut pas reprocher à la recourante de lui avoir proposé un bateau inapproprié, puisqu'elle l'a elle-même choisi en dehors de la liste des embarcations suggérées par le courtier. Par ailleurs, il n'est pas contesté que le courtier, agissant pour l'intimée, a récupéré ce qui pouvait l'être sur la somme versée. Dans le cas du troisième bateau, le courtier a également mis les parties en présence et négocié le contrat. Il a donc fourni sa prestation. L'intimée a été informée par le courtier que ce bateau coûtait plus cher et elle a accepté cette différence de prix, se sentant responsable à l'égard de ses invités. Vu l'urgence, le courtier a avancé le surplus nécessaire. Le courtage relevant subsidiairement du mandat ( art. 412 al. 2 CO ), il faut retenir que le courtier a droit au remboursement de ses avances en vertu de l' art. 402 al. 1 CO. En effet, cette disposition prévoit que le mandant doit rembourser au mandataire, en principe avec intérêts, les avances et frais que celui-ci a fait pour l'exécution régulière du mandat, et le libérer des obligations par lui contractées. Le montant dû à ce titre n'étant pas contesté, il n'y a pas lieu d'y revenir. Il résulte de ce qui précède que l'arrêt attaqué viole le droit fédéral et qu'il faut rétablir la situation résultant du jugement de première instance. Le contrat conclu entre les parties est un contrat de courtage au sens de l' art. 412 CO et la LVF n'est pas applicable. Le courtier ayant rempli ses obligations, l'intimée ne dispose d'aucune créance contre lui et la demande principale doit être rejetée. Le courtier ayant droit au remboursement des avances effectuées, la demande reconventionnelle doit être admise.
Urteilskopf
31. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA contre Y. (recours en matière civile)
4A_450/2012 du 10 janvier 2013
Regeste Pauschalreisevertrag (Art. 1 Pauschalreisegesetz) oder Mäklervertrag ( Art. 412 OR )? Allein das Zurverfügungstellen einer Jacht fällt nicht unter das Bundesgesetz vom 18. Juni 1993 über Pauschalreisen, im Gegensatz zum Verkauf einer Kreuzfahrtreise (E. 2.1). Abgrenzung zwischen den verschiedenen Verträgen über den Gebrauch eines Schiffes gemäss dem Bundesgesetz vom 23. September 1953 über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge (E. 2.2). Wer den Kontakt zwischen einer Partei und einem Schiffseigentümer herstellt und für sie mit diesem einen Chartervertrag aushandelt, handelt als Mäkler (E. 2.3).
Regeste
Pauschalreisevertrag (Art. 1 Pauschalreisegesetz) oder Mäklervertrag ( Art. 412 OR )? Allein das Zurverfügungstellen einer Jacht fällt nicht unter das Bundesgesetz vom 18. Juni 1993 über Pauschalreisen, im Gegensatz zum Verkauf einer Kreuzfahrtreise (E. 2.1). Abgrenzung zwischen den verschiedenen Verträgen über den Gebrauch eines Schiffes gemäss dem Bundesgesetz vom 23. September 1953 über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge (E. 2.2). Wer den Kontakt zwischen einer Partei und einem Schiffseigentümer herstellt und für sie mit diesem einen Chartervertrag aushandelt, handelt als Mäkler (E. 2.3).
Art. 412 OR Allein das Zurverfügungstellen einer Jacht fällt nicht unter das Bundesgesetz vom 18. Juni 1993 über Pauschalreisen, im Gegensatz zum Verkauf einer Kreuzfahrtreise (E. 2.1).
Abgrenzung zwischen den verschiedenen Verträgen über den Gebrauch eines Schiffes gemäss dem Bundesgesetz vom 23. September 1953 über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge (E. 2.2).
Wer den Kontakt zwischen einer Partei und einem Schiffseigentümer herstellt und für sie mit diesem einen Chartervertrag aushandelt, handelt als Mäkler (E. 2.3).
Erwägungen ab Seite 217
Erwägungen ab Seite 217 BGE 139 III 217 S. 217
BGE 139 III 217 S. 217
Extrait des considérants:
2.
2. 2.1 Le point litigieux est de savoir si le contrat conclu entre les parties relève de la loi fédérale du 18 juin 1993 sur les voyages à forfait (RS 944.3; ci-après: LVF), entrée en vigueur le 1 er juillet 1994.
2.1 BGE 139 III 217 S. 218 A cette question, le juge de première instance a donné une réponse négative, tandis que la cour cantonale lui a apporté une réponse positive.
BGE 139 III 217 S. 218
Il faut donc trancher cette question avant tout autre examen.
2.1.1 Après le rejet par le peuple le 6 décembre 1992 de l'Accord sur l'Espace économique européen (EEE), le Conseil fédéral a décidé d'accélérer le processus d'ouverture du pays à l'étranger et au reste du monde (Message du 24 février 1993 sur le programme consécutif au rejet de l'Accord EEE, FF 1993 I 761). Il a décidé de reprendre certains projets du paquet " Eurolex " qui avaient été présentés dans la perspective d'une participation à l'EEE (FF 1993 I 786 ch. 143). Parmi les projets qui ont été ainsi repris figure la loi sur les voyages à forfait, qui transpose la directive européenne 90/314/CEE du 13 juin 1990 concernant les voyages, vacances et circuits à forfait (FF 1993 I 836 ch. 255; Message II du 15 juin 1992 sur l'adaptation du droit fédéral au droit de l'EEE, FF 1992 V 735 ch. 6.3).
2.1.1 2.1.2 La notion de voyage à forfait est définie par l'art. 1 er de la loi fédérale, qui correspond, mot à mot, à l'art. 2 de la directive européenne, sauf que le terme logement utilisé par la directive a été remplacé par hébergement sans que l'on puisse saisir la portée de cette modification.
2.1.2 Par voyage à forfait, on entend la combinaison fixée préalablement d'au moins deux des prestations suivantes, lorsqu'elle est offerte à un prix global et qu'elle dépasse 24 heures ou inclut une nuitée:
a. le transport;
b. l'hébergement;
c. les autres services touristiques non accessoires au transport ou à l'hébergement représentant une part importante dans le forfait (art. 1 al. 1 LVF).
Il y a voyage à forfait même si les diverses prestations d'un même voyage sont facturées séparément (art. 1 al. 2 LVF).
Pour que la loi soit applicable, il faut qu'il y ait un organisateur, par quoi on entend une personne qui, de façon non occasionnelle, organise des voyages à forfait et les offre directement ou par l'intermédiaire d'un détaillant (art. 2 al. 1 LVF). Le travail d'organisation consiste précisément à combiner des services touristiques comme le prévoit l'art. 1 al. 1 LVF. BGE 139 III 217 S. 219
BGE 139 III 217 S. 219
Le législateur songeait notamment à l'hypothèse où une agence de voyages propose, pour un prix global, un voyage à Paris avec deux nuitées (FF 1992 V 742 ch. 3.2). Dans ce cas en effet, l'agence a organisé un voyage en offrant deux prestations touristiques essentielles, à savoir le transport aller-retour pour Paris et l'hébergement à l'hôtel pendant deux nuits (cf. art. 1 al. 1 let. a et b LVF). Si l'organisateur ne fournit qu'une seule de ces deux prestations (le transport ou l'hébergement), il faut qu'il fournisse encore un autre service touristique essentiel ( art. 1 al. 1 let. c LVF). La doctrine cite l'hypothèse où l'agence de voyages offre le vol et une voiture de location à destination (VITO ROBERTO, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. I, 5 e éd. 2011, n° 5 ad art. 1 LVF p. 3070; BERND STAUDER, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2003, n° 7 ad art. 1 LVF p. 2334). art. 1 al. 1 let En revanche, une prestation touristique accessoire ne suffit pas pour constituer l'une des deux prestations nécessaires à l'existence d'un voyage à forfait. La doctrine considère comme accessoire la réservation d'une couchette dans un train, la nourriture servie à bord d'un avion (STAUDER, op. cit., n° 5 ad art. 1 LVF p. 2334; ROBERTO, op. cit., n° 4 ad art. 1 LVF p. 3069/3070). On ne traite cependant pas d'accessoire la fourniture d'un billet d'entrée pour un festival ou une manifestation sportive lorsqu'il s'agit à l'évidence du but du voyage (STAUDER, op. cit., n° 4 in fine ad art. 1 LVF).
2.1.3 En l'espèce, le débat s'est figé sur la question de savoir s'il y avait ou non une combinaison de deux prestations touristiques principales.
2.1.3 La mise à disposition d'un bateau - comme d'ailleurs la location d'un motorhome - présente cette particularité de permettre à la fois le transport et l'hébergement. S'agit-il alors d'un travail d'organisation consistant à combiner deux prestations touristiques différentes ? Le juge de première instance a considéré qu'il ne s'agissait que d'une seule prestation qui comportait, par nature, à la fois le transport et l'hébergement. La cour cantonale a laissé la question ouverte, mais elle a admis qu'il y avait d'autres prestations touristiques principales. On ne peut pas la suivre sur ce point. Qu'il y ait un équipage à bord du bateau - ce qui paraît nécessaire pour une embarcation de cette taille - n'est qu'une prestation accessoire à l'usage de la chose. Dans le cas où il est fourni un billet d'avion, il ne viendrait pas à l'idée de dire que la présence de l'équipage est une prestation supplémentaire parce que le touriste n'est pas obligé de piloter lui-même l'avion. De la même manière, la présence d'un cuisinier, pour un bateau qui doit BGE 139 III 217 S. 220 pouvoir voguer en pleine mer pendant plusieurs jours, apparaît comme un complément accessoire et nécessaire pour l'utilisation de la chose. Pour reprendre la comparaison précédente, fournir un plateau de repas sur un vol long-courrier n'est assurément pas une prestation touristique principale. Quant à l'équipement du bateau, il s'agit aussi d'une prestation accessoire destinée à en renforcer l'agrément, au même titre que la possibilité de voir des films et d'écouter de la musique sur un vol long-courrier. Quant à l'activité du courtier, elle ne constitue pas en elle-même une prestation touristique, notion qui ne comprend que ce que le touriste reçoit durant son voyage. Ainsi, il n'y a pas d'autres prestations en l'espèce que la mise à disposition du bateau, étant souligné que l'intimée organisait elle-même son déplacement jusqu'au port d'embarquement, puis son retour à partir du port de débarquement.
BGE 139 III 217 S. 220
La doctrine admet cependant qu'une croisière donne lieu à un voyage à forfait (ROBERTO, op. cit., n° 4 ad art. 1 LVF p. 3070; STAUDER, op. cit., n° 7 ad art. 1 LVF p. 2334). Dans un cas qui concernait l'organisation d'un voyage de Trieste en Extrême-Orient à bord d'un cargo, la Cour de justice de l'Union européenne, par arrêt du 7 décembre 2010 C-585/08 Peter Pammer contre Reederei Karl Schlüter GmbH & Co. KG et C-144/09 Hotel Alpenhof GesmbH contre Oliver Heller, Rec. 2010 I-12527 points 45 et 46, a considéré qu'il s'agissait d'un voyage à forfait. Comme la volonté du législateur a été sur ce point d'adopter des règles qui coïncident avec celles de l'Union européenne, on ne saurait s'écarter sans raison sérieuse de la jurisprudence européenne.
2.1.4 En admettant que la vente d'une croisière constitue un voyage à forfait, dès lors qu'elle englobe, pour plusieurs jours, le transport et l'hébergement, une autre difficulté apparaît immédiatement. On ne se trouve pas, à considérer les données de l'espèce, en présence de la vente d'une croisière. Comme le souligne la doctrine, la croisière suppose un programme (ROBERTO, op. cit., n° 4 ad art. 1 LVF p. 3070). L'organisateur imagine un itinéraire comportant des escales attrayantes et conçoit ainsi un voyage dans son ensemble - même s'il se déroule à bord d'un seul et même navire - qu'il présente comme un tout pour un prix forfaitaire. Cette situation correspond bien à la notion de voyage à forfait. La doctrine considère que l'on vise ainsi un contrat d'organisation de voyages (STAUDER, op. cit., n° 2 ad art. 1 LVF p. 2333). Ce contrat se caractérise par l'activité de l'organisateur, qui conçoit un produit, combine des prestations et le BGE 139 III 217 S. 221 commercialise comme un tout (STAUDER, op. cit., n° 8 ad art. 1 LVF p. 2334). Mais la loi sur les voyages à forfait n'est pas applicable si le touriste organise lui-même son voyage en concluant pour cela les différents contrats nécessaires (STAUDER, op. cit., n° 1 ad art. 1 LVF p. 2333).
2.1.4 BGE 139 III 217 S. 221
En l'espèce, l'intimée a organisé elle-même son déplacement jusqu'au port d'embarquement et son retour à partir du port d'arrivée. Elle a voulu la mise à sa disposition d'un yacht, sans demander à son cocontractant de lui concevoir un itinéraire. D'après les constatations cantonales - qui lient le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ) -, on comprend que l'intimée pouvait aller où elle le voulait avec le yacht, à charge pour elle de le restituer au lieu prévu et à la date prévue. On se trouve dans une situation analogue à celle d'un touriste qui, ayant organisé par lui-même son déplacement dans un pays étranger, y loue un motorhome pour un certain nombre de jours afin de se déplacer à sa guise. Il est clair que le motorhome lui fournit la possibilité de se déplacer et de se loger, mais on ne saurait dire que la location d'un motorhome constitue un voyage à forfait, précisément parce qu'il ne s'agit pas de la vente d'un voyage organisé en tout ou en partie, mais seulement de la cession à titre onéreux de l'usage d'une chose. En l'espèce, le contrat ne portait pas sur la fourniture d'un voyage, mais seulement sur la mise à disposition pendant un certain temps d'un bateau avec son équipage et son équipement. Ainsi, il apparaît que l'intimée a organisé elle-même son voyage en concluant les contrats nécessaires à cette fin et que la mise à disposition du bateau n'est que l'un de ces contrats. Pour ce motif déjà, la loi sur les voyages à forfait n'est pas applicable. art. 105 al. 1 LTF 2.1.5 Elle ne l'est pas non plus pour une autre raison. A chaque fois, le contrat d'affrètement a été conclu et signé entre l'intimée et le propriétaire du bateau. La recourante n'apparaît que comme le courtier de l'intimée. La recourante ne se présente pas comme un organisateur de voyages, ni dans son inscription au registre du commerce, ni dans sa publicité, ni dans les contrats conclus. Elle n'apparaît pas davantage comme un représentant d'un organisateur de voyages, c'est-à-dire un détaillant au sens de la LVF (art. 2 al. 2 LVF). Il ressort au contraire clairement des contrats conclus qu'elle était le courtier de l'intimée, rémunérée par elle. Or il a déjà été jugé que la LVF ne s'applique pas au courtier du touriste (arrêt 4C.125/2004 du 29 juin 2004 consid. 2.1; cf. également: ROBERTO, op. cit., n° 2 ad art. 1 LVF p. 3069 et n° 1 ad art. 2 LVF p. 3072; avant l'entrée en vigueur de la LVF: ATF 115 II 474 consid. 2). Il n'y a pas lieu de revenir sur cette BGE 139 III 217 S. 222 jurisprudence et cela clôt la question: la LVF n'est pas applicable aux rapports entre les parties.
2.1.5 BGE 139 III 217 S. 222
2.2 Il faut maintenant se pencher sur les contrats qui ont été conclus.
2.2 Agissant en son nom personnel et signant elle-même, l'intimée, pour chaque bateau, a conclu un contrat avec le propriétaire de l'embarcation, portant sur l'usage de celle-ci.
Même s'il présente un caractère international, un contrat doit tout d'abord être qualifié selon la loi interne du for ( ATF 132 III 609 consid. 4 p. 615; ATF 131 III 511 consid. 2.1 p. 515).
En matière de navigation maritime, le droit suisse distingue la location de navire, l'affrètement et le contrat de transport. La location de navire est le contrat par lequel le bailleur s'oblige à conférer au locataire, contre paiement d'un loyer, l'usage et le contrôle d'un navire sans équipage et sans armement (art. 90 al. 1 de la loi fédérale du 23 septembre 1953 sur la navigation maritime sous pavillon suisse; LNM; RS 747.30). L'affrètement est le contrat par lequel l'armateur s'oblige, en tant que fréteur, à mettre à la disposition de l'affréteur, contre rémunération, tout ou partie de la contenance d'un navire désigné, soit pour une durée déterminée (charte-partie au temps), soit pour un ou plusieurs voyages déterminés (charte-partie au voyage) ( art. 94 al. 1 LNM ); dans le contrat d'affrètement, le fréteur fait profiter son cocontractant de l'utilisation du navire, mais il en conserve, par son personnel, la possession et le contrôle ( ATF 115 II 108 consid. 4a p. 109). Dans le contrat de transport maritime, le transporteur s'oblige à effectuer, contre paiement du fret, le transport de marchandises par mer stipulé par le chargeur ( art. 101 al. 1 LNM ). art. 94 al. 1 LNM art. 101 al. 1 LNM En l'espèce, l'intimée a obtenu, dans chaque cas, l'usage du bateau, avec son équipage et son armement, pour y voyager à sa guise pendant un temps déterminé, moyennant une rémunération qu'elle s'est engagée à payer. On se trouve donc manifestement en présence de trois contrats d'affrètement successifs.
Il résulte clairement de l'art. 21 des conditions générales incorporées à chaque convention que la recourante n'est pas partie au contrat d'affrètement.
Comme la présente action n'est pas dirigée contre l'un des fréteurs, il apparaît d'emblée qu'elle ne peut pas porter sur l'inexécution ou la mauvaise exécution de l'un ou l'autre des contrats d'affrètement. Il n'y a dès lors pas lieu d'examiner plus avant quel est le droit applicable à ces contrats, ni d'en étudier le contenu. BGE 139 III 217 S. 223
BGE 139 III 217 S. 223
2.3 Pour ce qui est des rapports entre les parties présentement en cause, il faut constater que l'intimée a chargé la recourante, à chaque fois, de la mettre en contact avec le propriétaire du bateau et de négocier pour elle le contrat d'affrètement, service pour lequel elle devait rémunérer la recourante.
2.3 Le contrat conclu entre les parties doit donc être qualifié, selon la loi interne du for, comme un contrat de courtage ( art. 412 al. 1 CO ). art. 412 al. 1 CO Comme la prestation caractéristique est fournie par le courtier qui a son siège à Genève, il n'est pas douteux que le droit suisse est applicable ( art. 117 al. 3 let. c LDIP [RS 291]). art. 117 al. 3 let Selon l' art. 412 al. 1 CO, le courtage est un contrat par lequel le courtier est chargé, moyennant un salaire, soit d'indiquer à l'autre partie l'occasion de conclure une convention, soit de lui servir d'intermédiaire pour la négociation d'un contrat. Le courtage doit présenter les deux éléments essentiels suivants: il doit être conclu à titre onéreux et les services procurés par le courtier, qu'il soit indicateur ou négociateur, doivent tendre à la conclusion d'un contrat, quelle qu'en soit la nature ( ATF 131 III 268 consid. 5.1.2 p. 275). Les deux prestations possibles d'un courtier (indiquer un cocontractant ou négocier le contrat) peuvent être cumulées ( ATF 110 II 276 consid. 2a p. 277). Le courtier n'est en principe pas le représentant direct de son client lors de la conclusion du contrat (arrêt 4C.112/1997 du 23 janvier 1998 consid. 2c/aa). Suivant les circonstances, le courtier peut être chargé de veiller plus ou moins largement aux intérêts de son cocontractant ( ATF 110 II 276 consid. 2a p. 277 s.). Les règles du mandat ( art. 394 ss CO ) sont applicables au contrat de courtage, en tant qu'elles sont compatibles avec la nature de ce contrat ( art. 412 al. 2 CO ; ATF 110 II 276 consid. 2a p. 277). La conclusion du contrat de courtage n'est soumise à aucune exigence de forme ( ATF 131 III 268 consid. 5.1.2 p. 275). art. 412 al. 1 CO art. 394 ss CO art. 412 al. 2 CO En l'espèce, la recourante a été chargée par l'intimée, pour chaque bateau, de mettre les parties en présence et de négocier le contrat d'affrètement, moyennant rémunération à la charge de l'intimée. On se trouve donc en présence d'un contrat de courtage qui cumule l'obligation de mettre les parties en contact et celle de négocier le contrat. Que le contrat n'ait pas été conclu par écrit est sans pertinence, puisqu'il s'agit d'un contrat informel.
Il résulte des constatations cantonales - qui lient le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ) - que le courtier, pour le premier bateau, a mis BGE 139 III 217 S. 224 l'intimée en relation avec le propriétaire et a négocié les conditions du contrat. Il a donc fourni sa prestation de courtier. Que ce bateau n'ait pas pu être mis à disposition de l'intimée est une question qui touche l'exécution du contrat d'affrètement, dont le courtier n'est pas responsable. En tant que mandataire de l'intimée, il a récupéré la somme versée et on ne voit pas qu'il ait pu obtenir davantage. art. 105 al. 1 LTF BGE 139 III 217 S. 224
Pour le deuxième bateau, le courtier a fourni sa prestation en mettant les parties en présence et en négociant les conditions du contrat. Que la prestation du fréteur n'ait pas été satisfaisante ne concerne pas le courtier et l'intimée ne peut rien lui réclamer de ce chef. L'intimée ne peut pas reprocher à la recourante de lui avoir proposé un bateau inapproprié, puisqu'elle l'a elle-même choisi en dehors de la liste des embarcations suggérées par le courtier. Par ailleurs, il n'est pas contesté que le courtier, agissant pour l'intimée, a récupéré ce qui pouvait l'être sur la somme versée.
Dans le cas du troisième bateau, le courtier a également mis les parties en présence et négocié le contrat. Il a donc fourni sa prestation. L'intimée a été informée par le courtier que ce bateau coûtait plus cher et elle a accepté cette différence de prix, se sentant responsable à l'égard de ses invités. Vu l'urgence, le courtier a avancé le surplus nécessaire. Le courtage relevant subsidiairement du mandat ( art. 412 al. 2 CO ), il faut retenir que le courtier a droit au remboursement de ses avances en vertu de l' art. 402 al. 1 CO. En effet, cette disposition prévoit que le mandant doit rembourser au mandataire, en principe avec intérêts, les avances et frais que celui-ci a fait pour l'exécution régulière du mandat, et le libérer des obligations par lui contractées. Le montant dû à ce titre n'étant pas contesté, il n'y a pas lieu d'y revenir. art. 412 al. 2 CO art. 402 al. 1 CO Il résulte de ce qui précède que l'arrêt attaqué viole le droit fédéral et qu'il faut rétablir la situation résultant du jugement de première instance. Le contrat conclu entre les parties est un contrat de courtage au sens de l' art. 412 CO et la LVF n'est pas applicable. Le courtier ayant rempli ses obligations, l'intimée ne dispose d'aucune créance contre lui et la demande principale doit être rejetée. Le courtier ayant droit au remboursement des avances effectuées, la demande reconventionnelle doit être admise. art. 412 CO
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Urteilskopf 139 III 225 32. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. und Nachlass von Z. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_44/2013 vom 25. April 2013 Regeste Art. 54 SchlT ZGB ; Art. 1 lit. b ZPO ; Anwendbarkeit der ZPO im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet die ZPO nur dort direkte Anwendung, wo das Bundesrecht selbst eine gerichtliche Behörde vorschreibt. Soweit der Kanton die zuständige Behörde bezeichnet, regelt er auch das Verfahrensrecht; erklärt er die ZPO als anwendbar, stellt diese kantonales Recht dar (E. 2). Sachverhalt ab Seite 226 BGE 139 III 225 S. 226 A. X. besitzt gegen Z. einen Pfändungsverlustschein über Fr. 223'177.-. In der gestützt hierauf eingeleiteten Betreibung erhob die Schuldnerin Rechtsvorschlag. Am 5. Juli 2006 erhielt X. die provisorische Rechtsöffnung. Die Aberkennungsklage wies das Bezirksgericht Zürich am 8. Oktober 2010 ab. In der Zwischenzeit hatte X. am 12. Januar 2007 die provisorische Pfändung verlangt. In der Pfändungsurkunde vom 17. April 2007 waren nebst einem Teil des damaligen Lohnes verschiedene Vermögensgegenstände im Betrag von rund Fr. 50'000.- gepfändet worden. Nachdem die Pfändung definitiv geworden war, verlangte X. am 15. November 2011 die Verwertung. Zwischenzeitlich war Z. verstorben (2011). Sie hinterliess als gesetzliche Erben die Mutter V. und die Schwester Y., welche im Sinn von Art. 392 Ziff. 1 und Art. 393 Ziff. 2 aZGB verbeiständet ist. Am 10. August 2011 wurde das Testament eröffnet. Mit Urteil vom 2. September 2011 stellte das Bezirksgericht Zürich den gesetzlichen Erben eine Kopie des Testaments zu. Mit Urteil vom 20. Dezember 2011 wurde zu Protokoll genommen, dass V. mit Erklärung vom 1. Oktober 2011 das Erbe ausgeschlagen hatte. Zudem wurde gestützt auf Art. 553 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB die Aufnahme eines Inventars über den Nachlass angeordnet. Mit Beschluss vom 2. April 2012 nahm die Vormundschaftsbehörde der Stadt A. das Inventar im Namen der verbeiständeten Y. ab und leitete es an den Bezirksrat Zürich weiter. Am 7. Mai 2012 beantragte der Beistand bei der Vormundschaftsbehörde die Genehmigung zur Ausschlagung des Erbes. Am 21. Juni 2012 erklärte er beim Bezirksgericht Zürich, Einzelgericht Erbschaftssachen, für die Verbeiständete die Ausschlagung des Nachlasses, unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Am 28. August 2012 beantragte die Vormundschaftsbehörde beim Bezirksrat die Genehmigung der Ausschlagung. Dieser stimmte mit Beschluss vom 20. September 2012 zu. B. In der Folge nahm das Bezirksgericht Zürich, Einzelgericht Erbschaftssachen, mit Urteil vom 24. September 2012 im Sinn von Art. 570 Abs. 3 ZGB die Ausschlagung zu Protokoll. Es erwog, dass mit der Erklärung vom 21. Juni 2012 die ab Abnahme des Nachlassinventars am 2. April 2012 laufende dreimonatige Ausschlagungsfrist von Art. 568 ZGB eingehalten sei, und stellte fest, dass somit alle gesetzlichen Erben ausgeschlagen hätten, wovon dem Konkursrichter im Sinn der Erwägungen Kenntnis zu geben sei. BGE 139 III 225 S. 227 Gegen dieses Urteil erhob X. am 8. Oktober 2012 Berufung beim Obergericht des Kantons Zürich mit dem Hauptbegehren, dass die Ausschlagungserklärung von Y. wegen Verwirkung nicht zu protokollieren sei. Mit Urteil vom 29. November 2012 trat das Obergericht des Kantons Zürich auf die Berufung nicht ein. Es erwog, dass die Protokollierung keine materiell-rechtliche Wirkung habe und es X. unbenommen sei, gegen die Erbin vorzugehen, weshalb er als Dritter kein rechtlich geschütztes Interesse an der Erhebung der Berufung gegen die Protokollierung der Ausschlagung habe. C. Gegen dieses Urteil hat X. am 15. Januar 2013 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben, im Wesentlichen mit dem Begehren, dass die Ausschlagungserklärung von Y. wegen Verwirkung nicht bzw. eventualiter mit dem Vorbehalt der Rechtzeitigkeit bzw. Wirksamkeit zu protokollieren sei. Mit Präsidialverfügung vom 29. Januar 2013 wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung erteilt. In der Sache selbst wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. Mit paralleler Beschwerde, die Gegenstand des Verfahrens 5A_43/2012 bildet, hat X. den weiteren Nichteintretensentscheid des Obergerichtes betreffend sein Rechtsmittel gegen das Urteil des Konkursgerichtes Zürich angefochten, mit welchem am 27. September 2012 die konkursamtliche Liquidation der Erbschaft angeordnet und das Konkursamt Altstetten-Zürich mit dem Vollzug beauftragt wurde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Obergericht hat in seiner Begründung auf das bereits (in der nicht publ. E. 1) zitierte Urteil 5A_578/2009 hingewiesen und befunden, dieses verlange ein rechtlich geschütztes Interesse, welches nicht gegeben sei. Jenes Urteil basierte indes auf der ursprünglichen Fassung von Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG, gemäss welcher die Beschwerdelegitimation von einem rechtlich geschützten Interesse abhing. Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der schweizerischen ZPO wurde die betreffende Norm per 1. Januar 2011 neu gefasst (vgl. AS 2010 1838; BBl 2006 7510); zur Beschwerde in Zivilsachen ist nunmehr legitimiert, wer durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Soweit dieses zu bejahen ist, muss die kantonale Instanz auf eine Berufung im Sinn von Art. 308 ff. ZPO BGE 139 III 225 S. 228 eintreten (vgl. Art. 111 Abs. 1 BGG ; Art. 59 Abs. 1 lit. a ZPO ; STERCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 24 der Vorbemerkungen zu Art. 308 ZPO ). Vorliegend fragt sich jedoch, ob die ZPO als Bundesrecht oder als kantonales Verfahrensrecht zur Anwendung kam, und zwar geht es um die Frage des Anwendungsbereiches von Art. 1 lit. b ZPO, genauer um die Frage, ob auch dort von "gerichtlichen Verfahren" im Sinn dieser Bestimmung zu sprechen ist, wo der Bundesgesetzgeber dem Kanton die Bezeichnung der zuständigen Behörde überlassen ( Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB ) und dieser eine gerichtliche Behörde als zuständig bezeichnet hat. 2.1 Ausführlich geäussert hat sich zum Problem auf der einen Seite DENIS PIOTET in drei Beiträgen (La nouvelle délimitation entre règles fédérales et cantonales de procédure civile, in: Procédure civile suisse: Les grands thèmes pour les praticiens, 2010, S. 17 ff.; Commentaire de l'arrêt 5A_582/2011, SZZP 2012 S. 133 f.; Nouveau CPC: questions choisies, Quelle compétence et quelle procédure pour l'ordre judiciaire de réinscription d'une personne morale radiée du registre du commerce?, SZZP 2012 S. 279 ff.), in welchen für eine kantonale Verfahrenskompetenz plädiert wird, soweit der Richter nicht durch das Bundesrecht als zuständig bezeichnet wird. Auf der anderen Seite steht SABRINA CARLIN in einem ausführlichen Beitrag (Commentaire de l'arrêt du Tribunal fédéral 5A_270/2012, La controverse relative à la portée de l'art. 1 let. b CPC, à la lumière de l'art. 54 al. 3 Tit. fin. CC, SZZP 2013 S. 85 ff.) dafür ein, dass die ZPO aufgrund von Art. 1 lit. b immer Anwendung findet, sobald ein Gericht entscheidet, auch wenn dieses gestützt auf Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB durch den Kanton als zuständig bezeichnet worden ist. Die gängigen Kommentare scheinen implizit davon auszugehen, dass die ZPO kraft Art. 1 lit. b generell zur Anwendung gelangt, soweit ein (durch wen auch immer als zuständig bezeichnetes) Gericht und nicht eine Verwaltungsbehörde entscheidet (vgl. FRANZ SCHENKER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 9 zu Art. 1 ZPO ; DOMINIK GASSER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2011, N. 36 und 39 zu Art. 1 ZPO ; MARKUS SCHOTT, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 16 zu Art. 1 ZPO ; ANDREAS KLEY, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 1 zu Art. 52 SchlT ZGB ; JÜRG SCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 13 zu Art. 55 SchlT BGE 139 III 225 S. 229 ZGB). Ausdrücklich - aber ebenfalls ohne nähere Begründung - wird dies festgehalten von GASSER/RICKLI (Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, N. 3 zu Art. 1 ZPO ) sowie von FRANK EMMEL (in: Erbrecht: Nachlassplanung, Nachlassabwicklung, Willensvollstreckung, Prozessführung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2011, N. 10 der Vorbem. zu Art. 551 ff. ZGB ). Umgekehrt weist ISAAK MEIER (Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 365) ausdrücklich auf Einschränkungen des Anwendungsbereiches der ZPO aufgrund von Art. 54 SchlT ZGB hin, insoweit es den Kantonen überlassen sei, eine Gerichts- oder Verwaltungsbehörde vorzusehen und das Verfahren auszugestalten. BERNHARD BERGER (in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 35 zu Art. 1 ZPO ) und BRUNO COCCHI (in: Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC] del 19 dicembre 2008, 2011, N. 3 zu Art. 1 ZPO ) zählen die Ausschlagung zu den "gerichtlichen Anordnungen" und scheinen damit von einer direkten Anwendbarkeit der ZPO auszugehen. Hingegen subsumiert FABIENNE HOHL (Procédure civile, Bd. II, 2010, Rz. 1072) die Sicherungsmassnahmen des Erbrechts im Sinn von Art. 551 ff. ZGB, welche der Bundesgesetzgeber ebenfalls der vom Kanton zu bezeichnenden "zuständigen Behörde" überlässt, nicht unter die gerichtlichen Anordnungen. JACQUES HALDY (in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 14 zu Art. 1 ZPO ) weist auf die Problematik hin, ohne selbst Stellung zu nehmen. 2.2 Nach Art. 570 Abs. 1 ZGB hat der Erbe die Ausschlagung bei der "zuständigen Behörde" mündlich oder schriftlich zu erklären. Diese führt über die Ausschlagungen ein Protokoll ( Art. 570 Abs. 3 ZGB ). Wo das ZGB von einer "zuständigen Behörde" spricht, bestimmen gemäss Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB die Kantone, welche bereits vorhandene oder erst zu schaffende Behörde zuständig sein soll ( Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB ). Soweit das ZGB nicht ausdrücklich entweder vom Gericht oder von einer Verwaltungsbehörde spricht, sind die Kantone frei, welche Behörde sie bezeichnen (vgl. Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB ), wobei die Rechtsweggarantie im Sinn von Art. 6 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 29a BV zu beachten ist (LEUENBERGER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008, N. 19 zu Art. 122 BV ; KLEY, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 9 ff. zu Art. 54 SchlT ZGB ). Im Kanton Zürich ist nach § 137 lit. e GOG/ZH (LS 211.1) das Einzelgericht die zuständige Behörde für die Entgegennahme von BGE 139 III 225 S. 230 Ausschlagungserklärungen. Dass der Kanton eine gerichtliche Behörde als zuständig erklärt hat, heisst aber nicht, dass das betreffende Verfahren zu einer "gerichtlichen Angelegenheit" wird und von Bundesrechts wegen automatisch in den Anwendungsbereich der ZPO fällt, wie die nachfolgenden Überlegungen zeigen. Gemäss Art. 1 lit. b ZPO findet dieses Gesetz Anwendung für gerichtliche Anordnungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Mit der "gerichtlichen Anordnung" im Sinn dieser Bestimmung sind gemäss der Botschaft des Bundesrates "gerichtliche Angelegenheiten" gemeint, wobei in diesem Zusammenhang auf Art. 54 SchlT ZGB verwiesen und festgehalten wird, dass die Kantone in den übrigen Bereichen der freiwilligen Gerichtsbarkeit weiterhin kantonales Verfahrensrecht anwenden, aber auch die ZPO als anwendbar erklären können (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7257 Ziff. 5.1). So verweist beispielsweise der Kanton Zürich in § 176 GOG für verschiedene Verfahren als ergänzendes Recht auf die allgemeinen Bestimmungen der ZPO. Zwar spricht die Botschaft im erwähnten Zusammenhang nur von "kantonalen Verwaltungsbehörden", was darauf schliessen lassen könnte, dass direkt die ZPO als Bundesrecht zur Anwendung gelangt, soweit der Kanton auch für die nicht gerichtlichen Angelegenheiten ein Gericht als zuständig erklärt. Diese Angelegenheiten werden aber dadurch nicht zu "gerichtlichen" im hier interessierenden Sinn. Es mag einer teleologischen Auslegung entsprechen, die unter dem Zeichen der Verfahrensvereinheitlichung erlassene schweizerische ZPO möglichst umfassend zur Anwendung zu bringen. Der Vorrang muss aber vorliegend der systematischen Auslegung - zwischen den einzelnen Auslegungsmethoden besteht keine eigentliche Hierarchie, sondern ein pragmatisch orientierter Methodenpluralismus, wobei das Gesetz in erster Linie aus sich selbst heraus auszulegen ist ( BGE 131 III 314 E. 2.2 S. 316; BGE 136 III 23 E. 6.6.2.1 S. 37; BGE 137 IV 249 E. 3.2 S. 251 f.) - zukommen: Art. 54 SchlT ZGB macht dort, wo das Gesetz von der "zuständigen Behörde" spricht, mit Bezug auf das Verfahrensrecht einen Vorbehalt zugunsten des kantonalen Rechts. Es kann vor dem Hintergrund der Hierarchie zwischen Bundesrecht und kantonalem Recht nicht den Kantonen überlassen sein zu bestimmen, welche Angelegenheiten zu den "gerichtlichen Verfahren" im Sinn von Art. 1 lit. b ZPO gehören. Ob die ZPO als Bundesrecht zur Anwendung gelangen soll, kann von der Logik her allein der Bundesgesetzgeber festlegen; dies ergibt sich auch aus BGE 139 III 225 S. 231 dem Wortlaut von Art. 54 Abs. 3 SchlT ZGB. Abgesehen davon würde es zu einem unerwünschten Zustand führen, wenn für die gleiche Verrichtung die ZPO in gewissen Kantonen als Bundesrecht und in anderen als subsidiäres kantonales Recht zur Anwendung gelangen könnte (DENIS PIOTET warnt in diesem Zusammenhang von einem drohenden "mosaïque d'application dissociée du droit fédéral"). Die Maxime der einheitlichen Anwendung des Bundesrechts spricht dafür, Art. 1 lit. b ZPO nur dort gelten zu lassen, wo das Bundesrecht selbst eine gerichtliche Behörde vorschreibt, und in den übrigen Bereichen gestützt auf Art. 54 Abs. 3 SchlT ZGB das vom Kanton bezeichnete Recht als kantonales Verfahrensrecht anzuwenden. Weil die Protokollierung der Ausschlagung nicht zwingend einem Gericht obliegt, sondern der Kanton in der Bezeichnung der zuständigen Behörde frei ist ( Art. 570 Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB ), richtet sich das betreffende Verfahren somit nach kantonalem Recht. Dieses kann nach dem Gesagten eine eigene Regelung aufstellen oder auf eine bestimmte Verfahrensordnung verweisen, nebst Verwaltungsrechtspflegegesetzen insbesondere auf die ZPO, deren Normen diesfalls aber nicht Bundesrecht, sondern kantonales Recht darstellen (vgl. beispielsweise Urteile 5A_804/2011 vom 15. März 2012 E. 3.2.1; 1C_171/2012 vom 13. Juni 2012 E. 2.2; sodann SUTTER-SOMM/KLINGLER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 2. Aufl. 2013, N. 7 zu Art. 1 ZPO ; COMETTA/MÖCKLI, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 39 zu Art. 20a SchKG ). 2.3 Soweit die ZPO als kantonales Recht zur Anwendung gelangt, können im betreffenden Zusammenhang nur verfassungsmässige Rechte (namentlich das Willkürverbot) als verletzt gerügt werden ( BGE 136 I 241 E. 2.4 S. 249). Solches wird vorliegend nicht geltend gemacht, weshalb auf die Beschwerde in Zivilsachen nicht einzutreten ist. Ohnehin könnte ihr aber auch materiell kein Erfolg beschieden sein, wie nachfolgend kurz dargestellt sei.
Urteilskopf
32. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. und Nachlass von Z. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_44/2013 vom 25. April 2013
Regeste Art. 54 SchlT ZGB ; Art. 1 lit. b ZPO ; Anwendbarkeit der ZPO im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet die ZPO nur dort direkte Anwendung, wo das Bundesrecht selbst eine gerichtliche Behörde vorschreibt. Soweit der Kanton die zuständige Behörde bezeichnet, regelt er auch das Verfahrensrecht; erklärt er die ZPO als anwendbar, stellt diese kantonales Recht dar (E. 2).
Regeste
Art. 54 SchlT ZGB ; Art. 1 lit. b ZPO ; Anwendbarkeit der ZPO im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet die ZPO nur dort direkte Anwendung, wo das Bundesrecht selbst eine gerichtliche Behörde vorschreibt. Soweit der Kanton die zuständige Behörde bezeichnet, regelt er auch das Verfahrensrecht; erklärt er die ZPO als anwendbar, stellt diese kantonales Recht dar (E. 2).
Art. 54 SchlT ZGB Art. 1 lit. b ZPO Im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet die ZPO nur dort direkte Anwendung, wo das Bundesrecht selbst eine gerichtliche Behörde vorschreibt. Soweit der Kanton die zuständige Behörde bezeichnet, regelt er auch das Verfahrensrecht; erklärt er die ZPO als anwendbar, stellt diese kantonales Recht dar (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 226
Sachverhalt ab Seite 226 BGE 139 III 225 S. 226
BGE 139 III 225 S. 226
A. X. besitzt gegen Z. einen Pfändungsverlustschein über Fr. 223'177.-. In der gestützt hierauf eingeleiteten Betreibung erhob die Schuldnerin Rechtsvorschlag. Am 5. Juli 2006 erhielt X. die provisorische Rechtsöffnung. Die Aberkennungsklage wies das Bezirksgericht Zürich am 8. Oktober 2010 ab. In der Zwischenzeit hatte X. am 12. Januar 2007 die provisorische Pfändung verlangt. In der Pfändungsurkunde vom 17. April 2007 waren nebst einem Teil des damaligen Lohnes verschiedene Vermögensgegenstände im Betrag von rund Fr. 50'000.- gepfändet worden. Nachdem die Pfändung definitiv geworden war, verlangte X. am 15. November 2011 die Verwertung.
A. Zwischenzeitlich war Z. verstorben (2011). Sie hinterliess als gesetzliche Erben die Mutter V. und die Schwester Y., welche im Sinn von Art. 392 Ziff. 1 und Art. 393 Ziff. 2 aZGB verbeiständet ist.
Am 10. August 2011 wurde das Testament eröffnet. Mit Urteil vom 2. September 2011 stellte das Bezirksgericht Zürich den gesetzlichen Erben eine Kopie des Testaments zu. Mit Urteil vom 20. Dezember 2011 wurde zu Protokoll genommen, dass V. mit Erklärung vom 1. Oktober 2011 das Erbe ausgeschlagen hatte. Zudem wurde gestützt auf Art. 553 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB die Aufnahme eines Inventars über den Nachlass angeordnet.
Art. 553 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB Mit Beschluss vom 2. April 2012 nahm die Vormundschaftsbehörde der Stadt A. das Inventar im Namen der verbeiständeten Y. ab und leitete es an den Bezirksrat Zürich weiter. Am 7. Mai 2012 beantragte der Beistand bei der Vormundschaftsbehörde die Genehmigung zur Ausschlagung des Erbes. Am 21. Juni 2012 erklärte er beim Bezirksgericht Zürich, Einzelgericht Erbschaftssachen, für die Verbeiständete die Ausschlagung des Nachlasses, unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Am 28. August 2012 beantragte die Vormundschaftsbehörde beim Bezirksrat die Genehmigung der Ausschlagung. Dieser stimmte mit Beschluss vom 20. September 2012 zu.
B. In der Folge nahm das Bezirksgericht Zürich, Einzelgericht Erbschaftssachen, mit Urteil vom 24. September 2012 im Sinn von Art. 570 Abs. 3 ZGB die Ausschlagung zu Protokoll. Es erwog, dass mit der Erklärung vom 21. Juni 2012 die ab Abnahme des Nachlassinventars am 2. April 2012 laufende dreimonatige Ausschlagungsfrist von Art. 568 ZGB eingehalten sei, und stellte fest, dass somit alle gesetzlichen Erben ausgeschlagen hätten, wovon dem Konkursrichter im Sinn der Erwägungen Kenntnis zu geben sei. BGE 139 III 225 S. 227
B. Art. 570 Abs. 3 ZGB Art. 568 ZGB BGE 139 III 225 S. 227
Gegen dieses Urteil erhob X. am 8. Oktober 2012 Berufung beim Obergericht des Kantons Zürich mit dem Hauptbegehren, dass die Ausschlagungserklärung von Y. wegen Verwirkung nicht zu protokollieren sei.
Mit Urteil vom 29. November 2012 trat das Obergericht des Kantons Zürich auf die Berufung nicht ein. Es erwog, dass die Protokollierung keine materiell-rechtliche Wirkung habe und es X. unbenommen sei, gegen die Erbin vorzugehen, weshalb er als Dritter kein rechtlich geschütztes Interesse an der Erhebung der Berufung gegen die Protokollierung der Ausschlagung habe.
C. Gegen dieses Urteil hat X. am 15. Januar 2013 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben, im Wesentlichen mit dem Begehren, dass die Ausschlagungserklärung von Y. wegen Verwirkung nicht bzw. eventualiter mit dem Vorbehalt der Rechtzeitigkeit bzw. Wirksamkeit zu protokollieren sei. Mit Präsidialverfügung vom 29. Januar 2013 wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung erteilt. In der Sache selbst wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
C. Mit paralleler Beschwerde, die Gegenstand des Verfahrens 5A_43/2012 bildet, hat X. den weiteren Nichteintretensentscheid des Obergerichtes betreffend sein Rechtsmittel gegen das Urteil des Konkursgerichtes Zürich angefochten, mit welchem am 27. September 2012 die konkursamtliche Liquidation der Erbschaft angeordnet und das Konkursamt Altstetten-Zürich mit dem Vollzug beauftragt wurde.
Erwägungen
Erwägungen Aus den Erwägungen:
2. Das Obergericht hat in seiner Begründung auf das bereits (in der nicht publ. E. 1) zitierte Urteil 5A_578/2009 hingewiesen und befunden, dieses verlange ein rechtlich geschütztes Interesse, welches nicht gegeben sei. Jenes Urteil basierte indes auf der ursprünglichen Fassung von Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG, gemäss welcher die Beschwerdelegitimation von einem rechtlich geschützten Interesse abhing. Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der schweizerischen ZPO wurde die betreffende Norm per 1. Januar 2011 neu gefasst (vgl. AS 2010 1838; BBl 2006 7510); zur Beschwerde in Zivilsachen ist nunmehr legitimiert, wer durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Soweit dieses zu bejahen ist, muss die kantonale Instanz auf eine Berufung im Sinn von Art. 308 ff. ZPO BGE 139 III 225 S. 228 eintreten (vgl. Art. 111 Abs. 1 BGG ; Art. 59 Abs. 1 lit. a ZPO ; STERCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 24 der Vorbemerkungen zu Art. 308 ZPO ). Vorliegend fragt sich jedoch, ob die ZPO als Bundesrecht oder als kantonales Verfahrensrecht zur Anwendung kam, und zwar geht es um die Frage des Anwendungsbereiches von Art. 1 lit. b ZPO, genauer um die Frage, ob auch dort von "gerichtlichen Verfahren" im Sinn dieser Bestimmung zu sprechen ist, wo der Bundesgesetzgeber dem Kanton die Bezeichnung der zuständigen Behörde überlassen ( Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB ) und dieser eine gerichtliche Behörde als zuständig bezeichnet hat.
2. Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG Art. 308 ff. ZPO BGE 139 III 225 S. 228
Art. 111 Abs. 1 BGG Art. 59 Abs. 1 lit. a ZPO Art. 308 ZPO Art. 1 lit. b ZPO Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB 2.1 Ausführlich geäussert hat sich zum Problem auf der einen Seite DENIS PIOTET in drei Beiträgen (La nouvelle délimitation entre règles fédérales et cantonales de procédure civile, in: Procédure civile suisse: Les grands thèmes pour les praticiens, 2010, S. 17 ff.; Commentaire de l'arrêt 5A_582/2011, SZZP 2012 S. 133 f.; Nouveau CPC: questions choisies, Quelle compétence et quelle procédure pour l'ordre judiciaire de réinscription d'une personne morale radiée du registre du commerce?, SZZP 2012 S. 279 ff.), in welchen für eine kantonale Verfahrenskompetenz plädiert wird, soweit der Richter nicht durch das Bundesrecht als zuständig bezeichnet wird. Auf der anderen Seite steht SABRINA CARLIN in einem ausführlichen Beitrag (Commentaire de l'arrêt du Tribunal fédéral 5A_270/2012, La controverse relative à la portée de l'art. 1 let. b CPC, à la lumière de l'art. 54 al. 3 Tit. fin. CC, SZZP 2013 S. 85 ff.) dafür ein, dass die ZPO aufgrund von Art. 1 lit. b immer Anwendung findet, sobald ein Gericht entscheidet, auch wenn dieses gestützt auf Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB durch den Kanton als zuständig bezeichnet worden ist.
2.1 Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB Die gängigen Kommentare scheinen implizit davon auszugehen, dass die ZPO kraft Art. 1 lit. b generell zur Anwendung gelangt, soweit ein (durch wen auch immer als zuständig bezeichnetes) Gericht und nicht eine Verwaltungsbehörde entscheidet (vgl. FRANZ SCHENKER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 9 zu Art. 1 ZPO ; DOMINIK GASSER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2011, N. 36 und 39 zu Art. 1 ZPO ; MARKUS SCHOTT, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 16 zu Art. 1 ZPO ; ANDREAS KLEY, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 1 zu Art. 52 SchlT ZGB ; JÜRG SCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 13 zu Art. 55 SchlT BGE 139 III 225 S. 229 ZGB). Ausdrücklich - aber ebenfalls ohne nähere Begründung - wird dies festgehalten von GASSER/RICKLI (Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, N. 3 zu Art. 1 ZPO ) sowie von FRANK EMMEL (in: Erbrecht: Nachlassplanung, Nachlassabwicklung, Willensvollstreckung, Prozessführung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2011, N. 10 der Vorbem. zu Art. 551 ff. ZGB ). Umgekehrt weist ISAAK MEIER (Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 365) ausdrücklich auf Einschränkungen des Anwendungsbereiches der ZPO aufgrund von Art. 54 SchlT ZGB hin, insoweit es den Kantonen überlassen sei, eine Gerichts- oder Verwaltungsbehörde vorzusehen und das Verfahren auszugestalten. BERNHARD BERGER (in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 35 zu Art. 1 ZPO ) und BRUNO COCCHI (in: Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC] del 19 dicembre 2008, 2011, N. 3 zu Art. 1 ZPO ) zählen die Ausschlagung zu den "gerichtlichen Anordnungen" und scheinen damit von einer direkten Anwendbarkeit der ZPO auszugehen. Hingegen subsumiert FABIENNE HOHL (Procédure civile, Bd. II, 2010, Rz. 1072) die Sicherungsmassnahmen des Erbrechts im Sinn von Art. 551 ff. ZGB, welche der Bundesgesetzgeber ebenfalls der vom Kanton zu bezeichnenden "zuständigen Behörde" überlässt, nicht unter die gerichtlichen Anordnungen. JACQUES HALDY (in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 14 zu Art. 1 ZPO ) weist auf die Problematik hin, ohne selbst Stellung zu nehmen.
Art. 1 ZPO Art. 1 ZPO Art. 1 ZPO Art. 52 SchlT ZGB BGE 139 III 225 S. 229
Art. 1 ZPO Art. 551 ff. ZGB Art. 54 SchlT ZGB Art. 1 ZPO Art. 1 ZPO Art. 551 ff. ZGB Art. 1 ZPO 2.2 Nach Art. 570 Abs. 1 ZGB hat der Erbe die Ausschlagung bei der "zuständigen Behörde" mündlich oder schriftlich zu erklären. Diese führt über die Ausschlagungen ein Protokoll ( Art. 570 Abs. 3 ZGB ). Wo das ZGB von einer "zuständigen Behörde" spricht, bestimmen gemäss Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB die Kantone, welche bereits vorhandene oder erst zu schaffende Behörde zuständig sein soll ( Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB ). Soweit das ZGB nicht ausdrücklich entweder vom Gericht oder von einer Verwaltungsbehörde spricht, sind die Kantone frei, welche Behörde sie bezeichnen (vgl. Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB ), wobei die Rechtsweggarantie im Sinn von Art. 6 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 29a BV zu beachten ist (LEUENBERGER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008, N. 19 zu Art. 122 BV ; KLEY, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 9 ff. zu Art. 54 SchlT ZGB ). Im Kanton Zürich ist nach § 137 lit. e GOG/ZH (LS 211.1) das Einzelgericht die zuständige Behörde für die Entgegennahme von BGE 139 III 225 S. 230 Ausschlagungserklärungen. Dass der Kanton eine gerichtliche Behörde als zuständig erklärt hat, heisst aber nicht, dass das betreffende Verfahren zu einer "gerichtlichen Angelegenheit" wird und von Bundesrechts wegen automatisch in den Anwendungsbereich der ZPO fällt, wie die nachfolgenden Überlegungen zeigen.
2.2 Art. 570 Abs. 1 ZGB Art. 570 Abs. 3 ZGB Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB Art. 6 Ziff. 1 EMRK Art. 29a BV Art. 122 BV Art. 54 SchlT ZGB BGE 139 III 225 S. 230
Gemäss Art. 1 lit. b ZPO findet dieses Gesetz Anwendung für gerichtliche Anordnungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Mit der "gerichtlichen Anordnung" im Sinn dieser Bestimmung sind gemäss der Botschaft des Bundesrates "gerichtliche Angelegenheiten" gemeint, wobei in diesem Zusammenhang auf Art. 54 SchlT ZGB verwiesen und festgehalten wird, dass die Kantone in den übrigen Bereichen der freiwilligen Gerichtsbarkeit weiterhin kantonales Verfahrensrecht anwenden, aber auch die ZPO als anwendbar erklären können (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7257 Ziff. 5.1). So verweist beispielsweise der Kanton Zürich in § 176 GOG für verschiedene Verfahren als ergänzendes Recht auf die allgemeinen Bestimmungen der ZPO. Zwar spricht die Botschaft im erwähnten Zusammenhang nur von "kantonalen Verwaltungsbehörden", was darauf schliessen lassen könnte, dass direkt die ZPO als Bundesrecht zur Anwendung gelangt, soweit der Kanton auch für die nicht gerichtlichen Angelegenheiten ein Gericht als zuständig erklärt. Diese Angelegenheiten werden aber dadurch nicht zu "gerichtlichen" im hier interessierenden Sinn. Es mag einer teleologischen Auslegung entsprechen, die unter dem Zeichen der Verfahrensvereinheitlichung erlassene schweizerische ZPO möglichst umfassend zur Anwendung zu bringen. Der Vorrang muss aber vorliegend der systematischen Auslegung - zwischen den einzelnen Auslegungsmethoden besteht keine eigentliche Hierarchie, sondern ein pragmatisch orientierter Methodenpluralismus, wobei das Gesetz in erster Linie aus sich selbst heraus auszulegen ist ( BGE 131 III 314 E. 2.2 S. 316; BGE 136 III 23 E. 6.6.2.1 S. 37; BGE 137 IV 249 E. 3.2 S. 251 f.) - zukommen: Art. 54 SchlT ZGB macht dort, wo das Gesetz von der "zuständigen Behörde" spricht, mit Bezug auf das Verfahrensrecht einen Vorbehalt zugunsten des kantonalen Rechts. Es kann vor dem Hintergrund der Hierarchie zwischen Bundesrecht und kantonalem Recht nicht den Kantonen überlassen sein zu bestimmen, welche Angelegenheiten zu den "gerichtlichen Verfahren" im Sinn von Art. 1 lit. b ZPO gehören. Ob die ZPO als Bundesrecht zur Anwendung gelangen soll, kann von der Logik her allein der Bundesgesetzgeber festlegen; dies ergibt sich auch aus BGE 139 III 225 S. 231 dem Wortlaut von Art. 54 Abs. 3 SchlT ZGB. Abgesehen davon würde es zu einem unerwünschten Zustand führen, wenn für die gleiche Verrichtung die ZPO in gewissen Kantonen als Bundesrecht und in anderen als subsidiäres kantonales Recht zur Anwendung gelangen könnte (DENIS PIOTET warnt in diesem Zusammenhang von einem drohenden "mosaïque d'application dissociée du droit fédéral"). Die Maxime der einheitlichen Anwendung des Bundesrechts spricht dafür, Art. 1 lit. b ZPO nur dort gelten zu lassen, wo das Bundesrecht selbst eine gerichtliche Behörde vorschreibt, und in den übrigen Bereichen gestützt auf Art. 54 Abs. 3 SchlT ZGB das vom Kanton bezeichnete Recht als kantonales Verfahrensrecht anzuwenden.
Art. 1 lit. b ZPO Art. 54 SchlT ZGB Art. 54 SchlT ZGB Art. 1 lit. b ZPO BGE 139 III 225 S. 231
Art. 54 Abs. 3 SchlT ZGB Art. 1 lit. b ZPO Art. 54 Abs. 3 SchlT ZGB Weil die Protokollierung der Ausschlagung nicht zwingend einem Gericht obliegt, sondern der Kanton in der Bezeichnung der zuständigen Behörde frei ist ( Art. 570 Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB ), richtet sich das betreffende Verfahren somit nach kantonalem Recht. Dieses kann nach dem Gesagten eine eigene Regelung aufstellen oder auf eine bestimmte Verfahrensordnung verweisen, nebst Verwaltungsrechtspflegegesetzen insbesondere auf die ZPO, deren Normen diesfalls aber nicht Bundesrecht, sondern kantonales Recht darstellen (vgl. beispielsweise Urteile 5A_804/2011 vom 15. März 2012 E. 3.2.1; 1C_171/2012 vom 13. Juni 2012 E. 2.2; sodann SUTTER-SOMM/KLINGLER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 2. Aufl. 2013, N. 7 zu Art. 1 ZPO ; COMETTA/MÖCKLI, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 39 zu Art. 20a SchKG ).
Art. 570 Abs. 1 ZGB Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB Art. 1 ZPO Art. 20a SchKG 2.3 Soweit die ZPO als kantonales Recht zur Anwendung gelangt, können im betreffenden Zusammenhang nur verfassungsmässige Rechte (namentlich das Willkürverbot) als verletzt gerügt werden ( BGE 136 I 241 E. 2.4 S. 249). Solches wird vorliegend nicht geltend gemacht, weshalb auf die Beschwerde in Zivilsachen nicht einzutreten ist. Ohnehin könnte ihr aber auch materiell kein Erfolg beschieden sein, wie nachfolgend kurz dargestellt sei.
2.3
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Urteilskopf 139 III 232 33. Estratto della sentenza della I Corte di diritto civile nella causa A. S.p.A. contro B. SA (ricorso in materia civile) 4A_534/2012 dell'8 aprile 2013 Regeste Art. 32 und 44 LugÜ ; Anerkennbarkeit eines italienischen Mahnbescheids (decreto ingiuntivo). Zulässigkeit einer Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid, mit dem das obere kantonale Gericht einen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 43 LugÜ gutgeheissen hat (E. 1). Ein sofort mit seinem Erlass für vollstreckbar erklärter italienischer Mahnbescheid stellt keine Entscheidung im Sinne von Art. 32 LugÜ dar, die in der Schweiz anerkannt werden kann (E. 2). Sachverhalt ab Seite 232 BGE 139 III 232 S. 232 A. A.a Con decreto del 17/18 giugno 2011, dichiarato immediatamente esecutivo giusta l' art. 642 CPC italiano, il Tribunale ordinario di Milano ha ingiunto all'impresa ticinese B. SA di pagare alla società italiana A. S.p.A. la somma di euro 2'061'852.23, specificando che il debitore ingiunto aveva diritto di proporre la sua opposizione entro il termine di 40 giorni (corretto a 60 il 23 giugno 2011) dalla notifica e che in mancanza di una tale opposizione il decreto sarebbe divenuto definitivo. A.b Il 18 aprile 2012 la A. S.p.A. ha chiesto al Pretore della giurisdizione di Mendrisio sud di riconoscere e dichiarare esecutivo in Svizzera il menzionato decreto ingiuntivo e di ordinare il sequestro di beni della B. SA per complessivi fr. 2'559'280.-, oltre interessi. BGE 139 III 232 S. 233 Il giorno seguente il Pretore aggiunto ha integralmente accolto tali richieste. B. Con sentenza 14 agosto 2012 la II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino ha accolto un reclamo della B. SA, ha respinto l'istanza volta ad ottenere il riconoscimento e l'esecutività in Svizzera del decreto ingiuntivo e ha annullato il sequestro pronunciato dal Pretore. Poiché l'ingiunzione è stata emanata fin dall' inizio in forma esecutiva, i Giudici cantonali l'hanno considerata un provvedimento supercautelare che non costituisce una decisione nel senso dell'art. 32 della Convenzione di Lugano del 30 ottobre 2007 concernente la competenza giurisdizionale, il riconoscimento e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale (CLug; RS 0.275.12) suscettibile di riconoscimento. C. Con ricorso in materia civile del 17 settembre 2012 la A. S.p.A. postula, previo conferimento dell'effetto sospensivo al rimedio, la reiezione del reclamo e la conferma della decisione del Pretore. Rimprovera alla Corte cantonale di aver violato la Convenzione di Lugano, negando al decreto ingiuntivo il carattere di decisione riconoscibile. La Presidente della Corte adita ha, con decreto del 12 ottobre 2012, attribuito effetto sospensivo all'impugnativa. Con risposta 19 ottobre 2012 la B. SA propone la reiezione del ricorso. Il Tribunale federale ha respinto il ricorso. Erwägungen Dai considerandi: 1. La decisione impugnata, con cui il Tribunale superiore del Cantone Ticino (Allegato III CLug) ha accolto un ricorso ai sensi dell' art. 43 CLug, è suscettiva di un ricorso in materia civile ( art. 44 e Allegato IV CLug in relazione con gli art. 72 cpv. 2 lett. b n. 1 e 75 cpv. 1 LTF), atteso che anche il valore di lite supera la soglia prevista dall' art. 74 cpv. 1 lett. b LTF. Il gravame è pertanto ammissibile. Si rivela per contro di primo acchito irricevibile, perché posteriore alla decisione impugnata, il certificato del Tribunale di Milano prodotto con il ricorso in cui viene indicato che all'11 settembre 2012 dai registri non risulta alcuna opposizione al decreto ingiuntivo in discussione ( DTF 134 IV 342 consid. 2). 2. 2.1 Come già indicato nella DTF 135 III 623 consid. 2.1, nel procedimento d'ingiunzione previsto dal Codice di procedura civile BGE 139 III 232 S. 234 italiano, un creditore può chiedere al giudice di emettere un'ingiunzione di pagamento della somma reclamata o di consegnare la cosa ( art. 633 CPC italiano) entro un termine di, in linea di principio, 40 giorni, con l'avvertenza della possibilità di far opposizione ( art. 641 CPC italiano). Una copia del decreto e del ricorso sono notificate al debitore ( art. 643 CPC italiano). In concreto tuttavia, a differenza della fattispecie posta a fondamento della citata DTF, il giudice italiano non ha dichiarato esecutiva l'ingiunzione su istanza del creditore dopo l'infruttuoso decorso del termine per fare opposizione ( art. 647 CPC italiano), ma ha invece dichiarato immediatamente esecutivo ex art. 642 CPC italiano il decreto ingiuntivo di cui è chiesto il riconoscimento e l'esecuzione in Svizzera in virtù della CLug. In altre parole, il decreto ingiuntivo in discussione è stato dichiarato esecutivo al momento della sua emanazione e quindi prima che il debitore sia stato sentito e abbia avuto la possibilità di opporsi. 2.2 Per costante prassi nell'ambito dell'applicazione della Convenzione di Lugano si tiene conto della giurisprudenza attinente sia alla Convenzione di Bruxelles del 27 settembre 1968 concernente la competenza giurisdizionale e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale, sia al Regolamento (CE) n. 44/2001 del Consiglio del 22 dicembre 2000 concernente la competenza giurisdizionale, il riconoscimento e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale (GU L 12 del 16 gennaio 2001 pag. 1), che ha sostituito quest'ultima Convenzione ( DTF 137 III 261 consid. 1.1.1 con rinvii). 2.3 Nella sentenza del 21 maggio 1980 125/79 Denilauler (Racc. 1980 pag. 1553) la Corte di giustizia delle Comunità europee (CGCE) ha dichiarato che le decisioni giurisdizionali contenenti autorizzazione di provvedimenti provvisori o cautelari, rese senza che la parte contro cui si rivolgono sia stata citata a comparire e destinate a essere eseguite senza essere state prima notificate, non fruiscono del regime di riconoscimento e di esecuzione della Convenzione di Bruxelles. Nella DTF 129 III 626 consid. 5.2.1 pag. 633 il Tribunale federale ha già avuto modo di precisare di non veder motivo per dipartirsi da tale giurisprudenza. Quindici anni più tardi la CGCE ha dichiarato riconoscibile ed eseguibile in forza del III Titolo della Convenzione di Bruxelles un decreto ingiuntivo italiano, insistendo sul fatto che il convenuto era stato posto in condizione di far valere i suoi diritti prima che fosse emanato un provvedimento esecutivo nello Stato d'origine, atteso che la comunicazione congiunta del ricorso per ingiunzione e del BGE 139 III 232 S. 235 decreto ingiuntivo hanno fatto decorrere il termine entro il quale il convenuto poteva fare opposizione e che prima della scadenza di tale termine l'attore non aveva potuto ottenere un provvedimento esecutivo (sentenza del 13 luglio 1995 C-474/93 Hengst Import BV, Racc. 1995 I-2113 punti 14, 19 e 20). Tale sentenza va letta quale conferma della necessità per il riconoscimento di un decreto ingiuntivo italiano dell'attivazione del contraddittorio prima dell'esecutorietà della pronuncia (CATERINA SILVESTRI, La disapplicazione dell'art. 633, ultimo comma, c.p.c., a fronte del diritto comunitario, in Il Foro italiano 1998 I pag. 2705 n. 2; sentenza dell'Oberster Gerichtshof austriaco 3 Ob/123/12b del 19 settembre 2012 consid. 3.3, www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20120919_OGH0002_0030 OB00123_12B0000_000/JJT_20120919_OGH0002_0030OB00123_12B0000_000.pdf [consultato il 21marzo 2013]). Pure i paesiconfinanti ritengono, in applicazione della citata giurisprudenza della CGCE, che un decreto ingiuntivo dichiarato immediatamente esecutivo ex art. 642 CPC italiano non possa beneficiare del riconoscimento e dell'esecuzione prevista dalla Convenzione di Bruxelles, rispettivamente dal Regolamento (CE) n. 44/2001 (v. per la Francia: HÉLÈNE GAUDEMET-TALLON, Compétence et exécution des jugements en Europe, 3 a ed. 2002, pag. 297; sentenza della Corte di cassazione francese del 18 maggio 1994, in Revue critique de droit international privé 1994 pag. 688; per la Germania: sentenza dell' Oberlandesgericht Zweibrücken del 22 settembre 2005, in Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts im Jahre 2005, 2007, pag. 430; STEFAN LEIBLE, in Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Thomas Rauscher [ed.], 2011, n. 12a ad art. 32 Regolamento [CE] n. 44/2001;PETER F. SCHLOSSER, EU-Zivilprozessrecht, 3 a ed. 2009, n. 6 ad art. 32 Regolamento [CE] n. 44/2001; perl'Austria: la citata sentenza 3 Ob/123/12b dell' Oberster Gerichtshof austriaco). Giova infine osservare che pure la dottrina italiana è consapevole del fatto che l'ingiunzione pronunciata ab origine in forma esecutiva non può beneficiare del sistema convenzionale (CLAUDIO CONSOLO, La tutela sommaria e la Convenzione di Bruxelles: la "circolazione" comunitaria dei provvedimenti cautelari e dei decreti ingiuntivi, in Rivista di diritto internazionale privato e processuale 1991 pag. 626; CATERINA SILVESTRI, loc. cit.). 2.4 Da quanto precede discende quindi che la decisione impugnata non viola la Convenzione in discussione quando ritiene che - in sintonia con la giurisprudenza dei paesi che ci circondano - un decreto BGE 139 III 232 S. 236 ingiuntivo dichiarato immediatamente esecutivo con la sua emanazione non possa essere riconosciuto ed eseguito in Svizzera, perché non costituisce una decisione ai sensi dell' art. 32 CLug.
Urteilskopf
33. Estratto della sentenza della I Corte di diritto civile nella causa A. S.p.A. contro B. SA (ricorso in materia civile)
4A_534/2012 dell'8 aprile 2013
Regeste Art. 32 und 44 LugÜ ; Anerkennbarkeit eines italienischen Mahnbescheids (decreto ingiuntivo). Zulässigkeit einer Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid, mit dem das obere kantonale Gericht einen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 43 LugÜ gutgeheissen hat (E. 1). Ein sofort mit seinem Erlass für vollstreckbar erklärter italienischer Mahnbescheid stellt keine Entscheidung im Sinne von Art. 32 LugÜ dar, die in der Schweiz anerkannt werden kann (E. 2).
Regeste
Art. 32 und 44 LugÜ ; Anerkennbarkeit eines italienischen Mahnbescheids (decreto ingiuntivo). Zulässigkeit einer Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid, mit dem das obere kantonale Gericht einen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 43 LugÜ gutgeheissen hat (E. 1). Ein sofort mit seinem Erlass für vollstreckbar erklärter italienischer Mahnbescheid stellt keine Entscheidung im Sinne von Art. 32 LugÜ dar, die in der Schweiz anerkannt werden kann (E. 2).
Art. 32 und 44 LugÜ Zulässigkeit einer Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid, mit dem das obere kantonale Gericht einen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 43 LugÜ gutgeheissen hat (E. 1).
Art. 43 LugÜ Ein sofort mit seinem Erlass für vollstreckbar erklärter italienischer Mahnbescheid stellt keine Entscheidung im Sinne von Art. 32 LugÜ dar, die in der Schweiz anerkannt werden kann (E. 2).
Art. 32 LugÜ Sachverhalt ab Seite 232
Sachverhalt ab Seite 232 BGE 139 III 232 S. 232
BGE 139 III 232 S. 232
A.
A. A.a Con decreto del 17/18 giugno 2011, dichiarato immediatamente esecutivo giusta l' art. 642 CPC italiano, il Tribunale ordinario di Milano ha ingiunto all'impresa ticinese B. SA di pagare alla società italiana A. S.p.A. la somma di euro 2'061'852.23, specificando che il debitore ingiunto aveva diritto di proporre la sua opposizione entro il termine di 40 giorni (corretto a 60 il 23 giugno 2011) dalla notifica e che in mancanza di una tale opposizione il decreto sarebbe divenuto definitivo.
A.a art. 642 CPC A.b Il 18 aprile 2012 la A. S.p.A. ha chiesto al Pretore della giurisdizione di Mendrisio sud di riconoscere e dichiarare esecutivo in Svizzera il menzionato decreto ingiuntivo e di ordinare il sequestro di beni della B. SA per complessivi fr. 2'559'280.-, oltre interessi. BGE 139 III 232 S. 233 Il giorno seguente il Pretore aggiunto ha integralmente accolto tali richieste.
A.b BGE 139 III 232 S. 233
B. Con sentenza 14 agosto 2012 la II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino ha accolto un reclamo della B. SA, ha respinto l'istanza volta ad ottenere il riconoscimento e l'esecutività in Svizzera del decreto ingiuntivo e ha annullato il sequestro pronunciato dal Pretore. Poiché l'ingiunzione è stata emanata fin dall' inizio in forma esecutiva, i Giudici cantonali l'hanno considerata un provvedimento supercautelare che non costituisce una decisione nel senso dell'art. 32 della Convenzione di Lugano del 30 ottobre 2007 concernente la competenza giurisdizionale, il riconoscimento e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale (CLug; RS 0.275.12) suscettibile di riconoscimento.
B. C. Con ricorso in materia civile del 17 settembre 2012 la A. S.p.A. postula, previo conferimento dell'effetto sospensivo al rimedio, la reiezione del reclamo e la conferma della decisione del Pretore. Rimprovera alla Corte cantonale di aver violato la Convenzione di Lugano, negando al decreto ingiuntivo il carattere di decisione riconoscibile.
C. La Presidente della Corte adita ha, con decreto del 12 ottobre 2012, attribuito effetto sospensivo all'impugnativa.
Con risposta 19 ottobre 2012 la B. SA propone la reiezione del ricorso.
Il Tribunale federale ha respinto il ricorso.
Erwägungen
Erwägungen Dai considerandi:
1. La decisione impugnata, con cui il Tribunale superiore del Cantone Ticino (Allegato III CLug) ha accolto un ricorso ai sensi dell' art. 43 CLug, è suscettiva di un ricorso in materia civile ( art. 44 e Allegato IV CLug in relazione con gli art. 72 cpv. 2 lett. b n. 1 e 75 cpv. 1 LTF), atteso che anche il valore di lite supera la soglia prevista dall' art. 74 cpv. 1 lett. b LTF. Il gravame è pertanto ammissibile.
1. art. 43 CLug art. 44 e Allegato IV CLug art. 74 cpv. 1 lett. b LTF Si rivela per contro di primo acchito irricevibile, perché posteriore alla decisione impugnata, il certificato del Tribunale di Milano prodotto con il ricorso in cui viene indicato che all'11 settembre 2012 dai registri non risulta alcuna opposizione al decreto ingiuntivo in discussione ( DTF 134 IV 342 consid. 2).
DTF 134 IV 342 2.
2. 2.1 Come già indicato nella DTF 135 III 623 consid. 2.1, nel procedimento d'ingiunzione previsto dal Codice di procedura civile BGE 139 III 232 S. 234 italiano, un creditore può chiedere al giudice di emettere un'ingiunzione di pagamento della somma reclamata o di consegnare la cosa ( art. 633 CPC italiano) entro un termine di, in linea di principio, 40 giorni, con l'avvertenza della possibilità di far opposizione ( art. 641 CPC italiano). Una copia del decreto e del ricorso sono notificate al debitore ( art. 643 CPC italiano). In concreto tuttavia, a differenza della fattispecie posta a fondamento della citata DTF, il giudice italiano non ha dichiarato esecutiva l'ingiunzione su istanza del creditore dopo l'infruttuoso decorso del termine per fare opposizione ( art. 647 CPC italiano), ma ha invece dichiarato immediatamente esecutivo ex art. 642 CPC italiano il decreto ingiuntivo di cui è chiesto il riconoscimento e l'esecuzione in Svizzera in virtù della CLug. In altre parole, il decreto ingiuntivo in discussione è stato dichiarato esecutivo al momento della sua emanazione e quindi prima che il debitore sia stato sentito e abbia avuto la possibilità di opporsi.
2.1 BGE 139 III 232 S. 234
art. 633 CPC art. 641 CPC art. 643 CPC art. 647 CPC art. 642 CPC 2.2 Per costante prassi nell'ambito dell'applicazione della Convenzione di Lugano si tiene conto della giurisprudenza attinente sia alla Convenzione di Bruxelles del 27 settembre 1968 concernente la competenza giurisdizionale e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale, sia al Regolamento (CE) n. 44/2001 del Consiglio del 22 dicembre 2000 concernente la competenza giurisdizionale, il riconoscimento e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale (GU L 12 del 16 gennaio 2001 pag. 1), che ha sostituito quest'ultima Convenzione ( DTF 137 III 261 consid. 1.1.1 con rinvii).
2.2 2.3 Nella sentenza del 21 maggio 1980 125/79 Denilauler (Racc. 1980 pag. 1553) la Corte di giustizia delle Comunità europee (CGCE) ha dichiarato che le decisioni giurisdizionali contenenti autorizzazione di provvedimenti provvisori o cautelari, rese senza che la parte contro cui si rivolgono sia stata citata a comparire e destinate a essere eseguite senza essere state prima notificate, non fruiscono del regime di riconoscimento e di esecuzione della Convenzione di Bruxelles. Nella DTF 129 III 626 consid. 5.2.1 pag. 633 il Tribunale federale ha già avuto modo di precisare di non veder motivo per dipartirsi da tale giurisprudenza.
2.3 Quindici anni più tardi la CGCE ha dichiarato riconoscibile ed eseguibile in forza del III Titolo della Convenzione di Bruxelles un decreto ingiuntivo italiano, insistendo sul fatto che il convenuto era stato posto in condizione di far valere i suoi diritti prima che fosse emanato un provvedimento esecutivo nello Stato d'origine, atteso che la comunicazione congiunta del ricorso per ingiunzione e del BGE 139 III 232 S. 235 decreto ingiuntivo hanno fatto decorrere il termine entro il quale il convenuto poteva fare opposizione e che prima della scadenza di tale termine l'attore non aveva potuto ottenere un provvedimento esecutivo (sentenza del 13 luglio 1995 C-474/93 Hengst Import BV, Racc. 1995 I-2113 punti 14, 19 e 20). Tale sentenza va letta quale conferma della necessità per il riconoscimento di un decreto ingiuntivo italiano dell'attivazione del contraddittorio prima dell'esecutorietà della pronuncia (CATERINA SILVESTRI, La disapplicazione dell'art. 633, ultimo comma, c.p.c., a fronte del diritto comunitario, in Il Foro italiano 1998 I pag. 2705 n. 2; sentenza dell'Oberster Gerichtshof austriaco 3 Ob/123/12b del 19 settembre 2012 consid. 3.3, www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20120919_OGH0002_0030 OB00123_12B0000_000/JJT_20120919_OGH0002_0030OB00123_12B0000_000.pdf [consultato il 21marzo 2013]). Pure i paesiconfinanti ritengono, in applicazione della citata giurisprudenza della CGCE, che un decreto ingiuntivo dichiarato immediatamente esecutivo ex art. 642 CPC italiano non possa beneficiare del riconoscimento e dell'esecuzione prevista dalla Convenzione di Bruxelles, rispettivamente dal Regolamento (CE) n. 44/2001 (v. per la Francia: HÉLÈNE GAUDEMET-TALLON, Compétence et exécution des jugements en Europe, 3 a ed. 2002, pag. 297; sentenza della Corte di cassazione francese del 18 maggio 1994, in Revue critique de droit international privé 1994 pag. 688; per la Germania: sentenza dell' Oberlandesgericht Zweibrücken del 22 settembre 2005, in Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts im Jahre 2005, 2007, pag. 430; STEFAN LEIBLE, in Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Thomas Rauscher [ed.], 2011, n. 12a ad art. 32 Regolamento [CE] n. 44/2001;PETER F. SCHLOSSER, EU-Zivilprozessrecht, 3 a ed. 2009, n. 6 ad art. 32 Regolamento [CE] n. 44/2001; perl'Austria: la citata sentenza 3 Ob/123/12b dell' Oberster Gerichtshof austriaco). Giova infine osservare che pure la dottrina italiana è consapevole del fatto che l'ingiunzione pronunciata ab origine in forma esecutiva non può beneficiare del sistema convenzionale (CLAUDIO CONSOLO, La tutela sommaria e la Convenzione di Bruxelles: la "circolazione" comunitaria dei provvedimenti cautelari e dei decreti ingiuntivi, in Rivista di diritto internazionale privato e processuale 1991 pag. 626; CATERINA SILVESTRI, loc. cit.).
BGE 139 III 232 S. 235
art. 642 CPC 2.4 Da quanto precede discende quindi che la decisione impugnata non viola la Convenzione in discussione quando ritiene che - in sintonia con la giurisprudenza dei paesi che ci circondano - un decreto BGE 139 III 232 S. 236 ingiuntivo dichiarato immediatamente esecutivo con la sua emanazione non possa essere riconosciuto ed eseguito in Svizzera, perché non costituisce una decisione ai sensi dell' art. 32 CLug.
2.4 BGE 139 III 232 S. 236
art. 32 CLug
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Urteilskopf 139 III 232 33. Estratto della sentenza della I Corte di diritto civile nella causa A. S.p.A. contro B. SA (ricorso in materia civile) 4A_534/2012 dell'8 aprile 2013 Regeste Art. 32 und 44 LugÜ ; Anerkennbarkeit eines italienischen Mahnbescheids (decreto ingiuntivo). Zulässigkeit einer Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid, mit dem das obere kantonale Gericht einen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 43 LugÜ gutgeheissen hat (E. 1). Ein sofort mit seinem Erlass für vollstreckbar erklärter italienischer Mahnbescheid stellt keine Entscheidung im Sinne von Art. 32 LugÜ dar, die in der Schweiz anerkannt werden kann (E. 2). Sachverhalt ab Seite 232 BGE 139 III 232 S. 232 A. A.a Con decreto del 17/18 giugno 2011, dichiarato immediatamente esecutivo giusta l' art. 642 CPC italiano, il Tribunale ordinario di Milano ha ingiunto all'impresa ticinese B. SA di pagare alla società italiana A. S.p.A. la somma di euro 2'061'852.23, specificando che il debitore ingiunto aveva diritto di proporre la sua opposizione entro il termine di 40 giorni (corretto a 60 il 23 giugno 2011) dalla notifica e che in mancanza di una tale opposizione il decreto sarebbe divenuto definitivo. A.b Il 18 aprile 2012 la A. S.p.A. ha chiesto al Pretore della giurisdizione di Mendrisio sud di riconoscere e dichiarare esecutivo in Svizzera il menzionato decreto ingiuntivo e di ordinare il sequestro di beni della B. SA per complessivi fr. 2'559'280.-, oltre interessi. BGE 139 III 232 S. 233 Il giorno seguente il Pretore aggiunto ha integralmente accolto tali richieste. B. Con sentenza 14 agosto 2012 la II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino ha accolto un reclamo della B. SA, ha respinto l'istanza volta ad ottenere il riconoscimento e l'esecutività in Svizzera del decreto ingiuntivo e ha annullato il sequestro pronunciato dal Pretore. Poiché l'ingiunzione è stata emanata fin dall' inizio in forma esecutiva, i Giudici cantonali l'hanno considerata un provvedimento supercautelare che non costituisce una decisione nel senso dell'art. 32 della Convenzione di Lugano del 30 ottobre 2007 concernente la competenza giurisdizionale, il riconoscimento e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale (CLug; RS 0.275.12) suscettibile di riconoscimento. C. Con ricorso in materia civile del 17 settembre 2012 la A. S.p.A. postula, previo conferimento dell'effetto sospensivo al rimedio, la reiezione del reclamo e la conferma della decisione del Pretore. Rimprovera alla Corte cantonale di aver violato la Convenzione di Lugano, negando al decreto ingiuntivo il carattere di decisione riconoscibile. La Presidente della Corte adita ha, con decreto del 12 ottobre 2012, attribuito effetto sospensivo all'impugnativa. Con risposta 19 ottobre 2012 la B. SA propone la reiezione del ricorso. Il Tribunale federale ha respinto il ricorso. Erwägungen Dai considerandi: 1. La decisione impugnata, con cui il Tribunale superiore del Cantone Ticino (Allegato III CLug) ha accolto un ricorso ai sensi dell' art. 43 CLug, è suscettiva di un ricorso in materia civile ( art. 44 e Allegato IV CLug in relazione con gli art. 72 cpv. 2 lett. b n. 1 e 75 cpv. 1 LTF), atteso che anche il valore di lite supera la soglia prevista dall' art. 74 cpv. 1 lett. b LTF. Il gravame è pertanto ammissibile. Si rivela per contro di primo acchito irricevibile, perché posteriore alla decisione impugnata, il certificato del Tribunale di Milano prodotto con il ricorso in cui viene indicato che all'11 settembre 2012 dai registri non risulta alcuna opposizione al decreto ingiuntivo in discussione ( DTF 134 IV 342 consid. 2). 2. 2.1 Come già indicato nella DTF 135 III 623 consid. 2.1, nel procedimento d'ingiunzione previsto dal Codice di procedura civile BGE 139 III 232 S. 234 italiano, un creditore può chiedere al giudice di emettere un'ingiunzione di pagamento della somma reclamata o di consegnare la cosa ( art. 633 CPC italiano) entro un termine di, in linea di principio, 40 giorni, con l'avvertenza della possibilità di far opposizione ( art. 641 CPC italiano). Una copia del decreto e del ricorso sono notificate al debitore ( art. 643 CPC italiano). In concreto tuttavia, a differenza della fattispecie posta a fondamento della citata DTF, il giudice italiano non ha dichiarato esecutiva l'ingiunzione su istanza del creditore dopo l'infruttuoso decorso del termine per fare opposizione ( art. 647 CPC italiano), ma ha invece dichiarato immediatamente esecutivo ex art. 642 CPC italiano il decreto ingiuntivo di cui è chiesto il riconoscimento e l'esecuzione in Svizzera in virtù della CLug. In altre parole, il decreto ingiuntivo in discussione è stato dichiarato esecutivo al momento della sua emanazione e quindi prima che il debitore sia stato sentito e abbia avuto la possibilità di opporsi. 2.2 Per costante prassi nell'ambito dell'applicazione della Convenzione di Lugano si tiene conto della giurisprudenza attinente sia alla Convenzione di Bruxelles del 27 settembre 1968 concernente la competenza giurisdizionale e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale, sia al Regolamento (CE) n. 44/2001 del Consiglio del 22 dicembre 2000 concernente la competenza giurisdizionale, il riconoscimento e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale (GU L 12 del 16 gennaio 2001 pag. 1), che ha sostituito quest'ultima Convenzione ( DTF 137 III 261 consid. 1.1.1 con rinvii). 2.3 Nella sentenza del 21 maggio 1980 125/79 Denilauler (Racc. 1980 pag. 1553) la Corte di giustizia delle Comunità europee (CGCE) ha dichiarato che le decisioni giurisdizionali contenenti autorizzazione di provvedimenti provvisori o cautelari, rese senza che la parte contro cui si rivolgono sia stata citata a comparire e destinate a essere eseguite senza essere state prima notificate, non fruiscono del regime di riconoscimento e di esecuzione della Convenzione di Bruxelles. Nella DTF 129 III 626 consid. 5.2.1 pag. 633 il Tribunale federale ha già avuto modo di precisare di non veder motivo per dipartirsi da tale giurisprudenza. Quindici anni più tardi la CGCE ha dichiarato riconoscibile ed eseguibile in forza del III Titolo della Convenzione di Bruxelles un decreto ingiuntivo italiano, insistendo sul fatto che il convenuto era stato posto in condizione di far valere i suoi diritti prima che fosse emanato un provvedimento esecutivo nello Stato d'origine, atteso che la comunicazione congiunta del ricorso per ingiunzione e del BGE 139 III 232 S. 235 decreto ingiuntivo hanno fatto decorrere il termine entro il quale il convenuto poteva fare opposizione e che prima della scadenza di tale termine l'attore non aveva potuto ottenere un provvedimento esecutivo (sentenza del 13 luglio 1995 C-474/93 Hengst Import BV, Racc. 1995 I-2113 punti 14, 19 e 20). Tale sentenza va letta quale conferma della necessità per il riconoscimento di un decreto ingiuntivo italiano dell'attivazione del contraddittorio prima dell'esecutorietà della pronuncia (CATERINA SILVESTRI, La disapplicazione dell'art. 633, ultimo comma, c.p.c., a fronte del diritto comunitario, in Il Foro italiano 1998 I pag. 2705 n. 2; sentenza dell'Oberster Gerichtshof austriaco 3 Ob/123/12b del 19 settembre 2012 consid. 3.3, www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20120919_OGH0002_0030 OB00123_12B0000_000/JJT_20120919_OGH0002_0030OB00123_12B0000_000.pdf [consultato il 21marzo 2013]). Pure i paesiconfinanti ritengono, in applicazione della citata giurisprudenza della CGCE, che un decreto ingiuntivo dichiarato immediatamente esecutivo ex art. 642 CPC italiano non possa beneficiare del riconoscimento e dell'esecuzione prevista dalla Convenzione di Bruxelles, rispettivamente dal Regolamento (CE) n. 44/2001 (v. per la Francia: HÉLÈNE GAUDEMET-TALLON, Compétence et exécution des jugements en Europe, 3 a ed. 2002, pag. 297; sentenza della Corte di cassazione francese del 18 maggio 1994, in Revue critique de droit international privé 1994 pag. 688; per la Germania: sentenza dell' Oberlandesgericht Zweibrücken del 22 settembre 2005, in Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts im Jahre 2005, 2007, pag. 430; STEFAN LEIBLE, in Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Thomas Rauscher [ed.], 2011, n. 12a ad art. 32 Regolamento [CE] n. 44/2001;PETER F. SCHLOSSER, EU-Zivilprozessrecht, 3 a ed. 2009, n. 6 ad art. 32 Regolamento [CE] n. 44/2001; perl'Austria: la citata sentenza 3 Ob/123/12b dell' Oberster Gerichtshof austriaco). Giova infine osservare che pure la dottrina italiana è consapevole del fatto che l'ingiunzione pronunciata ab origine in forma esecutiva non può beneficiare del sistema convenzionale (CLAUDIO CONSOLO, La tutela sommaria e la Convenzione di Bruxelles: la "circolazione" comunitaria dei provvedimenti cautelari e dei decreti ingiuntivi, in Rivista di diritto internazionale privato e processuale 1991 pag. 626; CATERINA SILVESTRI, loc. cit.). 2.4 Da quanto precede discende quindi che la decisione impugnata non viola la Convenzione in discussione quando ritiene che - in sintonia con la giurisprudenza dei paesi che ci circondano - un decreto BGE 139 III 232 S. 236 ingiuntivo dichiarato immediatamente esecutivo con la sua emanazione non possa essere riconosciuto ed eseguito in Svizzera, perché non costituisce una decisione ai sensi dell' art. 32 CLug.
Urteilskopf
33. Estratto della sentenza della I Corte di diritto civile nella causa A. S.p.A. contro B. SA (ricorso in materia civile)
4A_534/2012 dell'8 aprile 2013
Regeste Art. 32 und 44 LugÜ ; Anerkennbarkeit eines italienischen Mahnbescheids (decreto ingiuntivo). Zulässigkeit einer Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid, mit dem das obere kantonale Gericht einen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 43 LugÜ gutgeheissen hat (E. 1). Ein sofort mit seinem Erlass für vollstreckbar erklärter italienischer Mahnbescheid stellt keine Entscheidung im Sinne von Art. 32 LugÜ dar, die in der Schweiz anerkannt werden kann (E. 2).
Regeste
Art. 32 und 44 LugÜ ; Anerkennbarkeit eines italienischen Mahnbescheids (decreto ingiuntivo). Zulässigkeit einer Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid, mit dem das obere kantonale Gericht einen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 43 LugÜ gutgeheissen hat (E. 1). Ein sofort mit seinem Erlass für vollstreckbar erklärter italienischer Mahnbescheid stellt keine Entscheidung im Sinne von Art. 32 LugÜ dar, die in der Schweiz anerkannt werden kann (E. 2).
Art. 32 und 44 LugÜ Zulässigkeit einer Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid, mit dem das obere kantonale Gericht einen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 43 LugÜ gutgeheissen hat (E. 1).
Art. 43 LugÜ Ein sofort mit seinem Erlass für vollstreckbar erklärter italienischer Mahnbescheid stellt keine Entscheidung im Sinne von Art. 32 LugÜ dar, die in der Schweiz anerkannt werden kann (E. 2).
Art. 32 LugÜ Sachverhalt ab Seite 232
Sachverhalt ab Seite 232 BGE 139 III 232 S. 232
BGE 139 III 232 S. 232
A.
A. A.a Con decreto del 17/18 giugno 2011, dichiarato immediatamente esecutivo giusta l' art. 642 CPC italiano, il Tribunale ordinario di Milano ha ingiunto all'impresa ticinese B. SA di pagare alla società italiana A. S.p.A. la somma di euro 2'061'852.23, specificando che il debitore ingiunto aveva diritto di proporre la sua opposizione entro il termine di 40 giorni (corretto a 60 il 23 giugno 2011) dalla notifica e che in mancanza di una tale opposizione il decreto sarebbe divenuto definitivo.
A.a art. 642 CPC A.b Il 18 aprile 2012 la A. S.p.A. ha chiesto al Pretore della giurisdizione di Mendrisio sud di riconoscere e dichiarare esecutivo in Svizzera il menzionato decreto ingiuntivo e di ordinare il sequestro di beni della B. SA per complessivi fr. 2'559'280.-, oltre interessi. BGE 139 III 232 S. 233 Il giorno seguente il Pretore aggiunto ha integralmente accolto tali richieste.
A.b BGE 139 III 232 S. 233
B. Con sentenza 14 agosto 2012 la II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino ha accolto un reclamo della B. SA, ha respinto l'istanza volta ad ottenere il riconoscimento e l'esecutività in Svizzera del decreto ingiuntivo e ha annullato il sequestro pronunciato dal Pretore. Poiché l'ingiunzione è stata emanata fin dall' inizio in forma esecutiva, i Giudici cantonali l'hanno considerata un provvedimento supercautelare che non costituisce una decisione nel senso dell'art. 32 della Convenzione di Lugano del 30 ottobre 2007 concernente la competenza giurisdizionale, il riconoscimento e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale (CLug; RS 0.275.12) suscettibile di riconoscimento.
B. C. Con ricorso in materia civile del 17 settembre 2012 la A. S.p.A. postula, previo conferimento dell'effetto sospensivo al rimedio, la reiezione del reclamo e la conferma della decisione del Pretore. Rimprovera alla Corte cantonale di aver violato la Convenzione di Lugano, negando al decreto ingiuntivo il carattere di decisione riconoscibile.
C. La Presidente della Corte adita ha, con decreto del 12 ottobre 2012, attribuito effetto sospensivo all'impugnativa.
Con risposta 19 ottobre 2012 la B. SA propone la reiezione del ricorso.
Il Tribunale federale ha respinto il ricorso.
Erwägungen
Erwägungen Dai considerandi:
1. La decisione impugnata, con cui il Tribunale superiore del Cantone Ticino (Allegato III CLug) ha accolto un ricorso ai sensi dell' art. 43 CLug, è suscettiva di un ricorso in materia civile ( art. 44 e Allegato IV CLug in relazione con gli art. 72 cpv. 2 lett. b n. 1 e 75 cpv. 1 LTF), atteso che anche il valore di lite supera la soglia prevista dall' art. 74 cpv. 1 lett. b LTF. Il gravame è pertanto ammissibile.
1. art. 43 CLug art. 44 e Allegato IV CLug art. 74 cpv. 1 lett. b LTF Si rivela per contro di primo acchito irricevibile, perché posteriore alla decisione impugnata, il certificato del Tribunale di Milano prodotto con il ricorso in cui viene indicato che all'11 settembre 2012 dai registri non risulta alcuna opposizione al decreto ingiuntivo in discussione ( DTF 134 IV 342 consid. 2).
DTF 134 IV 342 2.
2. 2.1 Come già indicato nella DTF 135 III 623 consid. 2.1, nel procedimento d'ingiunzione previsto dal Codice di procedura civile BGE 139 III 232 S. 234 italiano, un creditore può chiedere al giudice di emettere un'ingiunzione di pagamento della somma reclamata o di consegnare la cosa ( art. 633 CPC italiano) entro un termine di, in linea di principio, 40 giorni, con l'avvertenza della possibilità di far opposizione ( art. 641 CPC italiano). Una copia del decreto e del ricorso sono notificate al debitore ( art. 643 CPC italiano). In concreto tuttavia, a differenza della fattispecie posta a fondamento della citata DTF, il giudice italiano non ha dichiarato esecutiva l'ingiunzione su istanza del creditore dopo l'infruttuoso decorso del termine per fare opposizione ( art. 647 CPC italiano), ma ha invece dichiarato immediatamente esecutivo ex art. 642 CPC italiano il decreto ingiuntivo di cui è chiesto il riconoscimento e l'esecuzione in Svizzera in virtù della CLug. In altre parole, il decreto ingiuntivo in discussione è stato dichiarato esecutivo al momento della sua emanazione e quindi prima che il debitore sia stato sentito e abbia avuto la possibilità di opporsi.
2.1 BGE 139 III 232 S. 234
art. 633 CPC art. 641 CPC art. 643 CPC art. 647 CPC art. 642 CPC 2.2 Per costante prassi nell'ambito dell'applicazione della Convenzione di Lugano si tiene conto della giurisprudenza attinente sia alla Convenzione di Bruxelles del 27 settembre 1968 concernente la competenza giurisdizionale e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale, sia al Regolamento (CE) n. 44/2001 del Consiglio del 22 dicembre 2000 concernente la competenza giurisdizionale, il riconoscimento e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale (GU L 12 del 16 gennaio 2001 pag. 1), che ha sostituito quest'ultima Convenzione ( DTF 137 III 261 consid. 1.1.1 con rinvii).
2.2 2.3 Nella sentenza del 21 maggio 1980 125/79 Denilauler (Racc. 1980 pag. 1553) la Corte di giustizia delle Comunità europee (CGCE) ha dichiarato che le decisioni giurisdizionali contenenti autorizzazione di provvedimenti provvisori o cautelari, rese senza che la parte contro cui si rivolgono sia stata citata a comparire e destinate a essere eseguite senza essere state prima notificate, non fruiscono del regime di riconoscimento e di esecuzione della Convenzione di Bruxelles. Nella DTF 129 III 626 consid. 5.2.1 pag. 633 il Tribunale federale ha già avuto modo di precisare di non veder motivo per dipartirsi da tale giurisprudenza.
2.3 Quindici anni più tardi la CGCE ha dichiarato riconoscibile ed eseguibile in forza del III Titolo della Convenzione di Bruxelles un decreto ingiuntivo italiano, insistendo sul fatto che il convenuto era stato posto in condizione di far valere i suoi diritti prima che fosse emanato un provvedimento esecutivo nello Stato d'origine, atteso che la comunicazione congiunta del ricorso per ingiunzione e del BGE 139 III 232 S. 235 decreto ingiuntivo hanno fatto decorrere il termine entro il quale il convenuto poteva fare opposizione e che prima della scadenza di tale termine l'attore non aveva potuto ottenere un provvedimento esecutivo (sentenza del 13 luglio 1995 C-474/93 Hengst Import BV, Racc. 1995 I-2113 punti 14, 19 e 20). Tale sentenza va letta quale conferma della necessità per il riconoscimento di un decreto ingiuntivo italiano dell'attivazione del contraddittorio prima dell'esecutorietà della pronuncia (CATERINA SILVESTRI, La disapplicazione dell'art. 633, ultimo comma, c.p.c., a fronte del diritto comunitario, in Il Foro italiano 1998 I pag. 2705 n. 2; sentenza dell'Oberster Gerichtshof austriaco 3 Ob/123/12b del 19 settembre 2012 consid. 3.3, www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20120919_OGH0002_0030 OB00123_12B0000_000/JJT_20120919_OGH0002_0030OB00123_12B0000_000.pdf [consultato il 21marzo 2013]). Pure i paesiconfinanti ritengono, in applicazione della citata giurisprudenza della CGCE, che un decreto ingiuntivo dichiarato immediatamente esecutivo ex art. 642 CPC italiano non possa beneficiare del riconoscimento e dell'esecuzione prevista dalla Convenzione di Bruxelles, rispettivamente dal Regolamento (CE) n. 44/2001 (v. per la Francia: HÉLÈNE GAUDEMET-TALLON, Compétence et exécution des jugements en Europe, 3 a ed. 2002, pag. 297; sentenza della Corte di cassazione francese del 18 maggio 1994, in Revue critique de droit international privé 1994 pag. 688; per la Germania: sentenza dell' Oberlandesgericht Zweibrücken del 22 settembre 2005, in Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts im Jahre 2005, 2007, pag. 430; STEFAN LEIBLE, in Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Thomas Rauscher [ed.], 2011, n. 12a ad art. 32 Regolamento [CE] n. 44/2001;PETER F. SCHLOSSER, EU-Zivilprozessrecht, 3 a ed. 2009, n. 6 ad art. 32 Regolamento [CE] n. 44/2001; perl'Austria: la citata sentenza 3 Ob/123/12b dell' Oberster Gerichtshof austriaco). Giova infine osservare che pure la dottrina italiana è consapevole del fatto che l'ingiunzione pronunciata ab origine in forma esecutiva non può beneficiare del sistema convenzionale (CLAUDIO CONSOLO, La tutela sommaria e la Convenzione di Bruxelles: la "circolazione" comunitaria dei provvedimenti cautelari e dei decreti ingiuntivi, in Rivista di diritto internazionale privato e processuale 1991 pag. 626; CATERINA SILVESTRI, loc. cit.).
BGE 139 III 232 S. 235
art. 642 CPC 2.4 Da quanto precede discende quindi che la decisione impugnata non viola la Convenzione in discussione quando ritiene che - in sintonia con la giurisprudenza dei paesi che ci circondano - un decreto BGE 139 III 232 S. 236 ingiuntivo dichiarato immediatamente esecutivo con la sua emanazione non possa essere riconosciuto ed eseguito in Svizzera, perché non costituisce una decisione ai sensi dell' art. 32 CLug.
2.4 BGE 139 III 232 S. 236
art. 32 CLug
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Urteilskopf
34. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Y. gegen X. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_380/2012 vom 18. Februar 2013
Regeste Art. 8 und 166-175 IPRG, Art. 1 Abs. 2 lit. b und Art. 6 Nr. 3 LugÜ; internationales Konkursrecht; Prozessführungsbefugnis einer ausländischen Konkursverwaltung; internationale Zuständigkeit für die Beurteilung einer Widerklage. Befugnis eines ausländischen Konkursverwalters zur Führung eines Prozesses als Widerbeklagter, wenn mit der Widerklage die Rückgabe von im Ausland gelegenen Vermögenswerten verlangt wird, welche die Widerklägerin aufgrund einer Vereinbarung mit dem Konkursverwalter über Anfechtungsansprüche in die Konkursmasse eingebracht hat (E. 4). Art. 6 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens findet keine Anwendung auf die vorliegende Widerklage, da diese aufgrund der konkursrechtlichen Natur der Angelegenheit unter den Ausnahmetatbestand von Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ fällt. Die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte kann auch nicht auf Art. 8 IPRG gestützt werden (E. 5).
Regeste
Art. 8 und 166-175 IPRG, Art. 1 Abs. 2 lit. b und Art. 6 Nr. 3 LugÜ; internationales Konkursrecht; Prozessführungsbefugnis einer ausländischen Konkursverwaltung; internationale Zuständigkeit für die Beurteilung einer Widerklage. Befugnis eines ausländischen Konkursverwalters zur Führung eines Prozesses als Widerbeklagter, wenn mit der Widerklage die Rückgabe von im Ausland gelegenen Vermögenswerten verlangt wird, welche die Widerklägerin aufgrund einer Vereinbarung mit dem Konkursverwalter über Anfechtungsansprüche in die Konkursmasse eingebracht hat (E. 4). Art. 6 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens findet keine Anwendung auf die vorliegende Widerklage, da diese aufgrund der konkursrechtlichen Natur der Angelegenheit unter den Ausnahmetatbestand von Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ fällt. Die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte kann auch nicht auf Art. 8 IPRG gestützt werden (E. 5).
Art. 8 und 166-175 IPRG Befugnis eines ausländischen Konkursverwalters zur Führung eines Prozesses als Widerbeklagter, wenn mit der Widerklage die Rückgabe von im Ausland gelegenen Vermögenswerten verlangt wird, welche die Widerklägerin aufgrund einer Vereinbarung mit dem Konkursverwalter über Anfechtungsansprüche in die Konkursmasse eingebracht hat (E. 4).
Art. 6 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens findet keine Anwendung auf die vorliegende Widerklage, da diese aufgrund der konkursrechtlichen Natur der Angelegenheit unter den Ausnahmetatbestand von Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ fällt. Die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte kann auch nicht auf Art. 8 IPRG gestützt werden (E. 5).
Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ Art. 8 IPRG Erwägungen ab Seite 237
Erwägungen ab Seite 237 BGE 139 III 236 S. 237
BGE 139 III 236 S. 237
Aus den Erwägungen:
4.
4. 4.1 Die Beschwerdeführerin rügt, der angefochtene Entscheid verletzte die Bestimmungen des schweizerischen internationalen Konkursrechts.
4.1 4.2 Gemäss dem in der Schweiz geltenden sogenannten "gelockerten" Territorialitätsprinzip sind die Wirkungen eines im Ausland eröffneten Konkurses im Inland wie folgt beschränkt:
4.2 Vermindert sich bei einer natürlichen Person mit Wohnsitz im Ausland zufolge Konkurses die Verfügungsbefugnis, wird dies in der Schweiz zwar nach Massgabe von Art. 35 IPRG (SR 291) berücksichtigt. Ebenso wird in Anwendung von Art. 154 Abs. 1 bzw. Art. 155 IPRG dem Umstand Rechnung getragen, dass ein BGE 139 III 236 S. 238 Konkurs die Handlungsfähigkeit einer juristischen Person mit Sitz im Ausland beeinträchtigt bzw. sich deren Organe verändern ( BGE 137 III 570 E. 2 S. 572; vgl. auch BGE 135 III 666 E. 3.2.2; Urteil 2C_303/2010 vom 24. Oktober 2011 E. 2.3.1). Ob allerdings eine ausländische Konkursmasse (bzw. der Konkursverwalter) auf Vermögen in der Schweiz greifen kann, beurteilt sich nach dem 11. Kapitel des IPRG. Erforderlich ist dafür namentlich, dass das ausländische Konkursdekret in der Schweiz vorgängig anerkannt wurde, wofür die Voraussetzungen von Art. 166 Abs. 1 lit. a-c IPRG gelten ( BGE 137 III 570 E. 2 S. 572).
Art. 35 IPRG Art. 155 IPRG BGE 139 III 236 S. 238
Art. 166 Abs. 1 lit. a-c IPRG Art. 170 Abs. 1 IPRG Art. 172 Abs. 1 IPRG Art. 173 IPRG Art. 174 Abs. 1 IPRG Das in den Artikeln 166-175 IPRG vorgesehene System ist abschliessend ( BGE 137 III 570 E. 2 S. 573). Der ausländische Konkursverwalter ist in der Schweiz einzig berechtigt, die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets sowie den Erlass sichernder Massnahmen zu beantragen ( Art. 166 Abs. 1 und Art. 168 IPRG ) und - nach erfolgter Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets in BGE 139 III 236 S. 239 der Schweiz - gestützt auf Art. 171 IPRG Anfechtungsansprüche gemäss den Artikeln 285-292 SchKG einzuklagen, sofern das schweizerische Konkursamt und die kollozierten Gläubiger darauf verzichtet haben ( BGE 135 III 40 E. 2.5.1; BGE 129 III 683 E. 5.3). Demgegenüber ist eine ausländische Konkursmasse nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts namentlich nicht befugt, in der Schweiz Betreibungshandlungen vorzunehmen, eine Klage gegen einen angeblichen Schuldner des Konkursiten zu erheben oder im Konkurs des Schuldners in der Schweiz eine Forderung einzugeben ( BGE 137 III 570 E. 2 S. 573; BGE 135 III 40 E. 2.4 und 2.5; BGE 134 III 366 E. 9). Grund für diese Beschränkung der Prozessführungsbefugnis ist, dass durch die genannten Handlungen das vom IPRG in den Artikeln 166-175 konzipierte System (Generalexekution über das in der Schweiz gelegene Vermögen des Konkursiten), das unter anderem eine Privilegierung von Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz bezweckt, umgangen würde ( BGE 137 III 570 E. 2 S. 574; BGE 134 III 366 E. 9.2.4 S. 378).
Art. 166 Abs. 1 und Art. 168 IPRG BGE 139 III 236 S. 239
Art. 171 IPRG 4.3 Auf die dargelegten Grundsätze stützte das Bundesgericht denn auch sein Urteil vom 26. Oktober 2011, in dem es entschied, die Vorinstanz sei auf die Hauptklage des Beschwerdegegners zu Recht nicht eingetreten (Urteil 4A_389/2011 vom 26. Oktober 2011, teilweise publiziert in BGE 137 III 631 ). Es führte zur Begründung aus, nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sei nicht danach zu unterscheiden, auf welchem Rechtsgrund die Forderung beruhe, die der ausländische Konkursverwalter in der Schweiz geltend mache. Vielmehr knüpfe die Rechtsprechung stets am Zweck der in der Schweiz angehobenen Klage an. Bestehe dieser darin, das Haftungssubstrat für die Konkursgläubiger um in der Schweiz gelegene Vermögenswerte zu vergrössern, diene die Klage der Durchführung des (ausländischen) Konkurses und sei dem Konkursverwalter die direkte Klage wegen der territorialen Wirkung des Konkurses grundsätzlich untersagt (E. 2.3.4 S. 635). In Anwendung dieser finalen Betrachtungsweise erwog das Bundesgericht sodann, die der Klage des Beschwerdegegners zu Grunde liegende Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung betreffe die einvernehmliche Regelung von konkursrechtlichen Anfechtungsansprüchen. Diese Ansprüche hätten auch eine Liegenschaft in St. Moritz umfasst, deren Verkaufserlös den Gläubigern hätte zugute kommen sollen. Auf den damit vorliegenden Fall, dass ein in der Schweiz gelegener Vermögenswert in die ausländische Konkursmasse überführt werden solle, BGE 139 III 236 S. 240 fänden die Art. 166 ff. IPRG Anwendung (E. 2.4 S. 635 f.). Die mit der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Vergleiche - so das Bundesgericht weiter - stellten Verwertungshandlungen dar, die nach dem Gesagten mit Bezug auf die Liegenschaft in St. Moritz einzig im Rahmen eines IPRG-Konkurses erfolgen dürften und in die Zuständigkeit des schweizerischen Konkursverwalters fielen. Ausschlaggebend sei dabei, dass die Parteien mit der Vereinbarung die Verwertung von Schuldnervermögen bezweckt hätten, und nicht, dass der Beschwerdegegner im Rahmen der Verwertung einen privatrechtlichen Vergleich abgeschlossen habe. Da der Beschwerdegegner nicht um Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets in der Schweiz nachgesucht habe, sei er nicht befugt, in der Schweiz einen Prozess zu führen, mit dem er Rechte verfolge, die er aus den zur Verwertung seines Anfechtungsanspruchs abgeschlossenen Vereinbarungen betreffend das in der Schweiz liegende Grundstück ableite (E. 2.5 S. 636).
4.3 BGE 139 III 236 S. 240
Art. 166 ff. IPRG 4.4 Art. 166 ff. IPRG Art. 166 ff. IPRG BGE 139 III 236 S. 241
Art. 168 und 171 IPRG 4.5 Art. 168 und 171 IPRG Art. 166 ff. IPRG Art. 166 ff. IPRG BGE 139 III 236 S. 242
In der Tat lässt sich der bislang zu diesem Thema ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht entnehmen, dass durch das 11. Kapitel des IPRG einer ausländischen Konkursverwaltung die Prozessführung vor schweizerischen Gerichten (abgesehen von den im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Befugnissen) generell untersagt werden sollte, so insbesondere auch dann, wenn keine Vermögenswerte in der Schweiz betroffen sind. Das Bundesgericht erwähnte immerhin in einem publizierten Entscheid, die ausschliessliche Befugnis des für den Anschlusskonkurs zuständigen schweizerischen Konkursamtes, die zur ausländischen Konkursmasse gehörenden Rechte auszuüben, sei gegeben, soweit es um in der Schweiz gelegenes Vermögen gehe ( BGE 135 III 40 E. 2.5.1 mit Hinweisen). Im Entscheid über die Hauptklage des Beschwerdegegners führte das Bundesgericht sodann aus, dass die Art. 166 ff. IPRG "nur greifen, wenn in der Schweiz gelegenes Vermögen zur Masse gezogen werden soll", andernfalls es am territorialen Bezug zur Schweiz fehle ( BGE 137 III 631 E. 2.3.4). Aus welchem Grund die Prozessführungsbefugnis der ausländischen Insolvenzverwaltung über diesen Fall hinaus beschränkt sein sollte, ist denn mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des 11. Kapitels des IPRG auch nicht ohne Weiteres ersichtlich: Nach der Botschaft des Bundesrats zum IPRG zielten die vorgeschlagenen Bestimmungen des internationalen Konkursrechts darauf ab, "für das in der Schweiz befindliche Vermögen eines Gemeinschuldners, über den im Ausland der Konkurs eröffnet wurde, eine dem schweizerischen Recht angemessene Verteilung zu ermöglichen." Die vorgesehene Regelung beruhte folglich - weiter in den Worten des Bundesrats - "zur Hauptsache auf den Prinzipien der Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets, der Realisierung der in der Schweiz gelegenen Aktiven und deren Auslieferung an die ausländische Konkursverwaltung" (Botschaft vom 10. November 1982 zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht, BBl 1983 I 287 Ziff. 134 und 449 f. Ziff. 210.2).
Art. 166 ff. IPRG Wie es sich mit der Prozessführungsbefugnis des ausländischen Konkursverwalters ausserhalb der von Art. 166 ff. IPRG erfassten Konstellation allgemein verhält, braucht indessen vorliegend - wie sogleich aufzuzeigen sein wird - nicht entschieden zu werden (nachfolgend E. 4.6 und 5).
Art. 166 ff. IPRG 4.6 Nach der gebotenen finalen Betrachtungsweise sind bei der Beurteilung der Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters die konkreten Verhältnisse zu beachten, die Anlass zum fraglichen BGE 139 III 236 S. 243 Gerichtsverfahren geben: Wenngleich die vorliegende Widerklage gemäss der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz keine in der Schweiz liegenden Vermögenswerte zum Gegenstand hat, ist nicht zu verkennen, dass die darin gestellten Rechtsbegehren in engem sachlichen Zusammenhang zu den Bestrebungen des Insolvenzverwalters stehen, in der Schweiz gelegenes Vermögen in die Konkursmasse einzubeziehen: Wie die Hauptklage des Beschwerdegegners beruht die Widerklage der Beschwerdeführerin auf der Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung vom 30. April bzw. 17. September 2001, mit der die Anfechtungsansprüche der deutschen Konkursmasse gegen die Beschwerdeführerin - offenbar im Sinne einer Gesamtlösung - geregelt wurden. Die Vergleiche stellten nun jedoch, wie das Bundesgericht in seinem Entscheid betreffend die Hauptklage entschieden hat, Verwertungshandlungen dar, die mit Bezug auf die in St. Moritz gelegene Liegenschaft zwingend in die Zuständigkeit des schweizerischen Konkursverwalters gefallen wären (E. 4.3). Die Beschwerdeführerin verlangt mit der Widerklage die Rückabwicklung der auf die Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung gestützten Verwertungshandlungen, wobei sie zur Begründung im Hauptstandpunkt zusammengefasst vorbringt, dass der Erwerb der Liegenschaft in St. Moritz durch den Insolvenzverwalter einer Bewilligung nach dem Bundesgesetz vom 16. Dezember 1983 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG; SR 211.412.41) bedurft hätte und die Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung demnach wegen Verstosses gegen das BewG ungültig sei. Sie beruft sich also auf einen Umstand im Zusammenhang mit der Verwertung des in der Schweiz gelegenen Grundstücks, woraus sie die Ungültigkeit der Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung insgesamt ableitet. Unter diesen Umständen stellt die Widerklage eine untrennbare Folge des unzulässigen Versuchs der Parteien dar, das schweizerische Grundstück dem ausländischen Konkursverfahren zuzuführen, und sie steht somit in engem Zusammenhang zu dem in der Schweiz gelegenen Schuldnervermögen. Aus den Behauptungen der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass bei der Behandlung der Widerklage unter verschiedenen Vorzeichen über die gleichen Klagegründe und Verteidigungsmittel wie bei der Hauptklage entschieden werden müsste. Nachdem dem Beschwerdegegner mit Blick auf den vollstreckungsrechtlichen Zweck der Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung die Prozessführungsbefugnis für die Hauptklage BGE 139 III 236 S. 244 abgesprochen wurde, ist angesichts des in der vorliegenden Konstellation gegebenen engen Sachzusammenhangs nicht zu erkennen, inwiefern die Vorinstanz Bundesrecht verletzt haben soll, wenn sie auch die Prozessführungsbefugnis des Beschwerdegegners für die Widerklage verneinte. Bereits unter diesem Blickwinkel ist der angefochtene Entscheid somit - unabhängig von der beschwerdeseits aufgeworfenen Frage (dazu E. 4.5) - nicht zu beanstanden.
4.6 BGE 139 III 236 S. 243
BGE 139 III 236 S. 244
5. Ohnehin erweist sich die Beschwerde indessen auch unter dem folgenden Gesichtspunkt als unbegründet:
5. 5.1 Die Beschwerdeführerin berief sich mit Bezug auf die Zuständigkeit der Erstinstanz für die Beurteilung der Widerklagebegehren in ihrer Widerklagebegründung auf Art. 8 IPRG, eventualiter auf Art. 6 Nr. 3 LugÜ (SR 0.275.12), die beide die Zuständigkeit des Gerichts, an dem eine Hauptklage anhängig ist, auch für die Widerklage begründen, sofern zwischen Haupt- und Widerklage ein sachlicher Zusammenhang besteht respektive wenn die Widerklage auf denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Hauptklage selbst gestützt wird. Der Beschwerdegegner bestritt daraufhin die international-örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts mit der Begründung, diese verstosse gegen die ausschliessliche Zuständigkeit am Ort der streitgegenständlichen Grundstücke respektive gegen die in einer Gesellschafts-Vereinbarung (zwischen dem damaligen Insolvenzverwalter über das Vermögen von A., dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der Z. GmbH & Co. KG sowie der Beschwerdeführerin) enthaltene Schiedsklausel. Die Vorinstanz äusserte sich im angefochtenen Beschluss nicht ausdrücklich zur Frage der Zuständigkeit für die Widerklage. Sie führte aber immerhin aus, die Beschwerdeführerin strebe "vom Zweck her eine Aussonderung jener Vermögenswerte an, die sie aufgrund der Vereinbarungen vom 30. April bzw. 17. September 2001 der Konkursmasse des deutschen Konkursverfahrens bereits zur Verwertung überlassen" habe, womit die Klage einen "klaren konkursrechtlichen Charakter" habe.
5.1 Art. 8 IPRG Selbst wenn sich aus der entsprechenden Qualifikation der Widerklage - wie die Beschwerdeführerin der Vorinstanz entgegenhält - nicht das Fehlen der Prozessführungsbefugnis des Beschwerdegegners ergeben sollte, kann immerhin der Schluss der Vorinstanz, eine Zulassung und Behandlung der Widerklage würde "dem auf dem Boden des 'negativen' Territorialprinzips fussenden Schweizer Recht in Konkursangelegenheiten" widersprechen, sinngemäss so BGE 139 III 236 S. 245 verstanden werden, dass die Vorinstanz nebst der Prozessführungsbefugnisdes Beschwerdegegners auch die Zuständigkeit der schweizerischenGerichte zur Beurteilung der Widerklagebegehren für nicht gegeben hielt. Diese Auffassung ist denn auch nicht zu beanstanden:
BGE 139 III 236 S. 245
5.2 Die Zuständigkeit ergibt sich zunächst nicht aus dem Lugano-Übereinkommen. Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ (der Art. 1 Abs. 2 Ziff. 2 des Übereinkommens vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen [aLugÜ; AS 1991 2436] entspricht) sind Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieses Übereinkommens ausgenommen. Neben dem Insolvenzverfahren als solchem (Gesamtverfahren) sind damit auch sogenannte Einzelverfahren gemeint. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind allerdings "Entscheidungen, die sich auf ein Insolvenzverfahren beziehen, (...) nur dann von der Anwendung des Übereinkommens ausgeschlossen, wenn sie unmittelbar aus diesem Verfahren hervorgehen und sich eng innerhalb des Rahmens eines Konkurs- oder Vergleichsverfahrens (...) halten" (grundlegend: Urteil des EuGH vom 22. Februar 1979 C-133/78 Gourdain/Nadler, Rz. 4, bestätigt etwa im Urteil vom 10. September 2009 C-292/08 German Graphics Graphische Maschinen GmbH/Alice van der Schee, Rz. 26; vgl. dazu ACOCELLA, in: Lugano-Übereinkommen [...], Schnyder [Hrsg.], 2011, N. 108 zu Art. 1 LugÜ ; KROPHOLLER/VON HEIN, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, N. 35 zu Art. 1 EuGVO; ROHNER/LERCH, in: Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2011, N. 91 zu Art. 1 LugÜ ). Gemäss der bundesgerichtlichen Praxis ist für die Frage der Unanwendbarkeit des Lugano-Übereinkommens im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ massgebend, ob das betreffende Verfahren seine Grundlage im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht hat und ohne ein derartiges Verfahren wahrscheinlich nicht eingeleitet worden wäre ( BGE 131 III 227 E. 3.2; BGE 129 III 683 E. 3.2; BGE 125 III 108 E. 3d S. 111). Von Bedeutung ist insbesondere, ob das Verfahren der Vergrösserung der Konkursmasse dient ( BGE 131 III 227 E. 4.1; BGE 129 III 683 E. 3.2). Daraus folgt nach der Rechtsprechung namentlich, dass das Lugano-Übereinkommen auf die nach Konkurseröffnung eingeleitete Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff. SchKG nicht anwendbar ist ( BGE 131 III 227 E. 3.3 und 4). Weiter hat das Bundesgericht entschieden, dass ein ausländisches Urteil unter dem LugÜ nicht als Kollokationsurteil anerkannt werden kann, da die BGE 139 III 236 S. 246 schweizerischen Gerichte für das Kollokationsverfahren wegen der verfahrens- und vollstreckungsrechtlichen Natur der Auseinandersetzung international zwingend zuständig seien ( BGE 135 III 127 E. 3.3.3; vgl. auch BGE 133 III 386 E. 4.3.3 S. 391; siehe ferner DASSER, in: Lugano-Übereinkommen [LugÜ], Dasser/Oberhammer[Hrsg.], 2. Aufl. 2011, N. 88 zu Art. 1 LugÜ ).
5.2 Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ Art. 1 LugÜ Art. 1 LugÜ Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ Art. 285 ff. SchKG BGE 139 III 236 S. 246
Art. 1 LugÜ Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die vorliegende Widerklage nicht unter das LugÜ fällt. Wie die Vorinstanz feststellte, hat das Verfahren letztlich zum Ziel, Vermögenswerte aus der deutschen Konkursmasse auszusondern. Ein allfälliges gutheissendes Urteil beträfe daher die Durchführung des ausländischen Insolvenzverfahrens. Der eingeklagte Anspruch richtet sich gegen den Insolvenzverwalter und nicht etwa gegen den Gemeinschuldner persönlich. Die Klage geht überdies insofern aus dem Insolvenzverfahren hervor, als der Insolvenzverwalter und die Beschwerdeführerin ohne die Konkurseröffnung offensichtlich keine Vereinbarung über insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche abgeschlossen hätten und die nun streitgegenständlichen Vermögenswerte gar nicht erst dem Insolvenzverwalter übertragen worden wären: Mit der Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung verpflichtete sich die Beschwerdeführerin, der Konkursmasse einen Teil ihres Vermögens zur Verwertung und Befriedigung der Gläubiger zu überlassen, d.h. die konkursrechtliche Verwertung dieser Vermögenswerte zu dulden. Die der Rückabwicklung der Vereinbarung dienende Widerklage ist somit eine unmittelbare und untrennbare Folge des in Deutschland über A. eröffneten Insolvenzverfahrens, in dessen Rahmen sie sich hält.
Schliesslich ergibt sich die konkursrechtliche Natur der hier zu beurteilenden Streitigkeit auch aus den Gründen, welche die Beschwerdeführerin zur Motivation ihres Widerklagebegehrens vorbrachte: Sie berief sich (nebst dem Verstoss gegen das BewG) unter anderem auf die Nichtigkeit der Vereinbarung vom 30. April bzw. 17. September 2001 wegen Wuchers, wobei sie zur Begründung vortrug, die vereinbarte Leistung der Beschwerdeführerin habe 344,777 Mio. DM betragen, wogegen die Anfechtungsansprüche bloss einen Wert von DM 72'962'416.00 gehabt hätten. Der Beschwerdegegner - so die Beschwerdeführerin weiter - habe nahezu das Doppelte dessen erlangt, was er rechtlich überhaupt gefordert habe, und über das Vierfache von dem, was er aller Voraussicht nach hätte durchsetzen können. Auch daraus erschliesst sich, dass der vorliegende Prozess BGE 139 III 236 S. 247 - unabhängig von der vertraglichen Form der von den Parteien getroffenen Regelung - inhaltlich die Anfechtungsansprüche der Konkursmasse gegen die Beschwerdeführerin nach deutschem Insolvenzrecht betrifft und damit einen konkursrechtlichen Gegenstand hat. Dies verkennt die Beschwerdeführerin, wenn sie vor Bundesgericht ausführt, die Beurteilung der Widerklage könne sich ohne Weiteres auf zivilrechtliche Ansprüche beschränken und mache nicht die Anwendung ausländischer konkursrechtlicher Vorschriften erforderlich.
BGE 139 III 236 S. 247
Angesichts der genannten Umstände dient die vorliegende Widerklage - wie die Beschwerdeführerin in der Widerklagebegründung übrigens selber ausführte - der Durchsetzung von insolvenzrechtlichen Ansprüchen. Die Beschwerdeführerin vermag diesen Umstand auch nicht dadurch zu entkräften, dass sie in der Beschwerde vor Bundesgericht die geltend gemachten Ansprüche aus der Rückabwicklung der Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung nun als "rein zivilrechtlicher, und nicht konkursrechtlicher Natur" qualifiziert, zumal die zuständigkeitsrechtliche Qualifikation eines eingeklagten Anspruchs aufgrund des klägerischen Tatsachenvortrags Gegenstand richterlicher Rechtsanwendung von Amtes wegen ist (vgl. BGE 137 III 32 E. 2.2 mit Hinweisen).
5.3 Die Zuständigkeit der Vorinstanzen für die vorliegende Widerklage kann aber auch nicht auf das IPRG abgestützt werden: Wohl behält das SchKG in Art. 30a die Bestimmungen des IPRG vor. Daraus darf indessen nicht geschlossen werden, Art. 8 IPRG begründe für insolvenzrechtliche Widerklagen wie die vorliegende einen Gerichtsstand am Ort der (mit der Widerklage in sachlichem Zusammenhang stehenden) Hauptklage. Die (allgemeinen) Bestimmungen des IPRG finden auf die Zuständigkeits- und Anerkennungsordnung für vollstreckungsrechtliche Streitigkeiten keine Anwendung (vgl. dazu BOMMER, Die Zuständigkeit für Widerspruchs- und Anfechtungsklagen im internationalen Verhältnis, 2001, S. 26-29; MEIER, Internationales Zivilprozessrecht und Zwangsvollstreckungsrecht, 2. Aufl. 2005, S. 171; WALDER, Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht der Schweiz, 1989, S. 184). In diesem Sinne hat das Bundesgericht entschieden, dass die Anerkennung gemäss den allgemeinen Bestimmungen von Art. 25 ff. IPRG für betreibungsrechtliche Streitigkeiten mit Reflexwirkungen auf das materielle Recht (wie Kollokationssachen oder Anfechtungsklagen) ausser Betracht fällt, da diese Verfahren vollstreckungsrechtlicher und nicht zivilrechtlicher Natur sind ( BGE 135 III 127 E. 3.3.3 S. 134; BGE 129 III 683 BGE 139 III 236 S. 248 E. 5.2 S. 687; Urteil 5A_483/2010 vom 8. Februar 2011 E. 3.2). Nachdem im 11. Kapitel des IPRG, welches das internationale Konkursrecht der Schweiz regelt, kein Gerichtsstand für die vorliegende insolvenzrechtliche Klage betreffend einen ausländischen Konkurs vorgesehen ist (vgl. E. 4.2), vermag somit auch Art. 8 IPRG keinen solchen zu begründen (vgl. zum Ganzen JUCKER, Der internationale Gerichtsstand der schweizerischen paulianischen Anfechtungsklage, 2007, S. 316 f.).
5.3 Art. 8 IPRG Art. 25 ff. IPRG BGE 139 III 236 S. 248
Art. 8 IPRG 5.4 Nach dem Gesagten steht fest, dass die vorliegende Widerklage angesichts ihrer konkursrechtlichen Natur, unabhängig von der Prozessführungsbefugnis des Beschwerdegegners, jedenfalls mangels Zuständigkeit des angerufenen schweizerischen Gerichts nicht zulässig ist. Die Vorinstanz hat demnach, indem sie auf die Widerklage nicht eintrat, kein Bundesrecht verletzt.
5.4
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Urteilskopf 139 III 249 35. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. et Y. contre Z. (recours en matière civile) 4A_38/2013 du 12 avril 2013 Regeste Art. 40 Abs. 1 BGG ; Art. 8 BGFA. Der im kantonalen Register eingetragene Anwalt kann die Mitglieder eines Mieterverbandes vor Bundesgericht nicht vertreten, wenn er deren Interessen im kantonalen Verfahren in der Eigenschaft eines Angestellten des gleichen Verbandes verteidigt hat (E. 1). Erwägungen ab Seite 250 BGE 139 III 249 S. 250 Extrait des considérants: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office la recevabilité des recours ( ATF 137 III 417 consid. 1; cf. art. 29 al. 1 LTF, concernant la compétence). L' art. 40 al. 1 LTF énonce qu'en matière civile et pénale, les seules personnes habilitées à agir comme mandataires devant le Tribunal fédéral sont les avocats autorisés à pratiquer la représentation en justice en vertu de la loi du 23 juin 2000 sur la libre circulation des avocats (LLCA; RS 935.61) ou en vertu d'un traité international. Si l'avocat titulaire d'un brevet d'avocat cantonal veut pratiquer la représentation en justice, il doit demander son inscription au registre du canton dans lequel il a son adresse professionnelle ( art. 6 al. 1 LLCA ). Pour être inscrit, il doit notamment être en mesure de pratiquer en toute indépendance; il ne peut être employé que par des personnes elles-mêmes inscrites dans un registre cantonal ( art. 8 al. 1 let. d LLCA). Une exception à cette exigence existe pour l'avocat employé par une organisation reconnue d'utilité publique; il peut demander son inscription au registre à condition de limiter son activité de défenseur à des mandats concernant strictement le but visé par cette organisation ( art. 8 al. 2 LLCA ). L'avocat qui ne remplit plus l'une des conditions d'inscription est radié du registre ( art. 9 LLCA ). La loi ne précise pas la notion "d'organisation reconnue d'utilité publique". Au cours des travaux législatifs, il a été question d'introduire une définition plus large telle que "l'association à but non lucratif", qui devait inclure clairement les associations de défense des locataires ou des travailleurs; le Parlement n'a pas accepté cette proposition. Dans un arrêt de 2004, le Tribunal fédéral a souligné qu'un tel historique pourrait signifier que les avocats employés par une association de défense des locataires sont empêchés de représenter les membres de leur employeuse dans les procédures où s'applique le monopole des avocats ( ATF 130 II 87 consid. 5.1.1 p. 100). La doctrine est plus catégorique (STAEHELIN/OETIKER, in Kommentar zum BGE 139 III 249 S. 251 Anwaltsgesetz, 2 e éd. 2011, n° 57 ad art. 8 LLCA ; MEIER/REISER, in Commentaire romand, Loi sur les avocats, 2010, n° 69 ad art. 8 LLCA ; BOHNET/MARTENET, Droit de la profession d'avocat, 2009, p. 277 s. n. 625). En l'occurrence, Pierre Stastny est d'une part employé de l'ASLOCA, et partant dans un rapport de subordination avec cette organisation. Il est d'autre part inscrit au registre des avocats genevois. L'adresse et la case postale de son étude sont les mêmes que celles de l'ASLOCA/Genève. Le site Internet de cette association contient une rubrique "Collaborateurs", dans laquelle figure le précité, ainsi que les autres membres de son étude. Le fait d'être employé par une association vouée à défendre les intérêts des locataires n'exclut pas d'être inscrit au registre cantonal des avocats pour exercer parallèlement une activité d'avocat; l'intéressé doit toutefois satisfaire aux exigences d'indépendance. En l'occurrence, les intérêts des locataires ont été défendus devant les instances cantonales par l'ASLOCA, pour laquelle agissait Pierre Stastny; ils le sont désormais par Pierre Stastny lui-même, en qualité d'avocat. L'avocat Pierre Stastny a ainsi repris le mandat de son employeur, mandat qu'il avait jusqu'alors géré en qualité d'employé de l'ASLOCA. Dans une telle constellation, l'avocat ne satisfait pas à l'exigence légale d'indépendance, car il ne peut guère conseiller les recourants dans un sens différent de celui voulu par son employeur; l'avocat ne saurait accepter un mandat de la part des clients de son employeur ( ATF 130 II 87 consid. 4.3.3 et 6.3.1; STAEHELIN/OETIKER, op. cit., n os 40 et 45 ad art. 8 LLCA ; WALTER FELLMANN, Anwaltsrecht, 2010, p. 124 s. n. 290; BOHNET/MARTENET, op. cit., p. 561 ss n. 1349 ss; KASPAR SCHILLER, Schweizerisches Anwaltsrecht, 2009, p. 227 n. 915). Il faut en déduire que les recourants ne sont pas valablement représentés. Lorsqu'une partie agit par un mandataire non autorisé, il y a lieu de lui fixer un délai pour remédier à l'irrégularité ( art. 42 al. 5 LTF ). Les recourants ayant signé une procuration en faveur de l'avocat Stastny, il ne fait aucun doute qu'ils contresigneraient l'acte de recours reprenant les conclusions déjà prises en appel. Par économie de procédure, il peut être renoncé à cette formalité. En revanche, les recourants ne sauraient prétendre à l'indemnisation de leurs frais d'avocat, dans la mesure où ils ne sont pas valablement représentés (consid. 4 non publié).
Urteilskopf
35. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. et Y. contre Z. (recours en matière civile)
4A_38/2013 du 12 avril 2013
Regeste Art. 40 Abs. 1 BGG ; Art. 8 BGFA. Der im kantonalen Register eingetragene Anwalt kann die Mitglieder eines Mieterverbandes vor Bundesgericht nicht vertreten, wenn er deren Interessen im kantonalen Verfahren in der Eigenschaft eines Angestellten des gleichen Verbandes verteidigt hat (E. 1).
Regeste
Art. 40 Abs. 1 BGG ; Art. 8 BGFA. Der im kantonalen Register eingetragene Anwalt kann die Mitglieder eines Mieterverbandes vor Bundesgericht nicht vertreten, wenn er deren Interessen im kantonalen Verfahren in der Eigenschaft eines Angestellten des gleichen Verbandes verteidigt hat (E. 1).
Art. 40 Abs. 1 BGG Art. 8 BGFA Der im kantonalen Register eingetragene Anwalt kann die Mitglieder eines Mieterverbandes vor Bundesgericht nicht vertreten, wenn er deren Interessen im kantonalen Verfahren in der Eigenschaft eines Angestellten des gleichen Verbandes verteidigt hat (E. 1).
Erwägungen ab Seite 250
Erwägungen ab Seite 250 BGE 139 III 249 S. 250
BGE 139 III 249 S. 250
Extrait des considérants:
1. Le Tribunal fédéral examine d'office la recevabilité des recours ( ATF 137 III 417 consid. 1; cf. art. 29 al. 1 LTF, concernant la compétence).
1. art. 29 al. 1 LTF L' art. 40 al. 1 LTF énonce qu'en matière civile et pénale, les seules personnes habilitées à agir comme mandataires devant le Tribunal fédéral sont les avocats autorisés à pratiquer la représentation en justice en vertu de la loi du 23 juin 2000 sur la libre circulation des avocats (LLCA; RS 935.61) ou en vertu d'un traité international. Si l'avocat titulaire d'un brevet d'avocat cantonal veut pratiquer la représentation en justice, il doit demander son inscription au registre du canton dans lequel il a son adresse professionnelle ( art. 6 al. 1 LLCA ). Pour être inscrit, il doit notamment être en mesure de pratiquer en toute indépendance; il ne peut être employé que par des personnes elles-mêmes inscrites dans un registre cantonal ( art. 8 al. 1 let. d LLCA). Une exception à cette exigence existe pour l'avocat employé par une organisation reconnue d'utilité publique; il peut demander son inscription au registre à condition de limiter son activité de défenseur à des mandats concernant strictement le but visé par cette organisation ( art. 8 al. 2 LLCA ). L'avocat qui ne remplit plus l'une des conditions d'inscription est radié du registre ( art. 9 LLCA ). art. 40 al. 1 LTF art. 6 al. 1 LLCA art. 8 al. 1 let art. 8 al. 2 LLCA art. 9 LLCA La loi ne précise pas la notion "d'organisation reconnue d'utilité publique". Au cours des travaux législatifs, il a été question d'introduire une définition plus large telle que "l'association à but non lucratif", qui devait inclure clairement les associations de défense des locataires ou des travailleurs; le Parlement n'a pas accepté cette proposition. Dans un arrêt de 2004, le Tribunal fédéral a souligné qu'un tel historique pourrait signifier que les avocats employés par une association de défense des locataires sont empêchés de représenter les membres de leur employeuse dans les procédures où s'applique le monopole des avocats ( ATF 130 II 87 consid. 5.1.1 p. 100). La doctrine est plus catégorique (STAEHELIN/OETIKER, in Kommentar zum BGE 139 III 249 S. 251 Anwaltsgesetz, 2 e éd. 2011, n° 57 ad art. 8 LLCA ; MEIER/REISER, in Commentaire romand, Loi sur les avocats, 2010, n° 69 ad art. 8 LLCA ; BOHNET/MARTENET, Droit de la profession d'avocat, 2009, p. 277 s. n. 625).
BGE 139 III 249 S. 251
art. 8 LLCA art. 8 LLCA En l'occurrence, Pierre Stastny est d'une part employé de l'ASLOCA, et partant dans un rapport de subordination avec cette organisation. Il est d'autre part inscrit au registre des avocats genevois. L'adresse et la case postale de son étude sont les mêmes que celles de l'ASLOCA/Genève. Le site Internet de cette association contient une rubrique "Collaborateurs", dans laquelle figure le précité, ainsi que les autres membres de son étude.
Le fait d'être employé par une association vouée à défendre les intérêts des locataires n'exclut pas d'être inscrit au registre cantonal des avocats pour exercer parallèlement une activité d'avocat; l'intéressé doit toutefois satisfaire aux exigences d'indépendance. En l'occurrence, les intérêts des locataires ont été défendus devant les instances cantonales par l'ASLOCA, pour laquelle agissait Pierre Stastny; ils le sont désormais par Pierre Stastny lui-même, en qualité d'avocat. L'avocat Pierre Stastny a ainsi repris le mandat de son employeur, mandat qu'il avait jusqu'alors géré en qualité d'employé de l'ASLOCA. Dans une telle constellation, l'avocat ne satisfait pas à l'exigence légale d'indépendance, car il ne peut guère conseiller les recourants dans un sens différent de celui voulu par son employeur; l'avocat ne saurait accepter un mandat de la part des clients de son employeur ( ATF 130 II 87 consid. 4.3.3 et 6.3.1; STAEHELIN/OETIKER, op. cit., n os 40 et 45 ad art. 8 LLCA ; WALTER FELLMANN, Anwaltsrecht, 2010, p. 124 s. n. 290; BOHNET/MARTENET, op. cit., p. 561 ss n. 1349 ss; KASPAR SCHILLER, Schweizerisches Anwaltsrecht, 2009, p. 227 n. 915). Il faut en déduire que les recourants ne sont pas valablement représentés. art. 8 LLCA Lorsqu'une partie agit par un mandataire non autorisé, il y a lieu de lui fixer un délai pour remédier à l'irrégularité ( art. 42 al. 5 LTF ). Les recourants ayant signé une procuration en faveur de l'avocat Stastny, il ne fait aucun doute qu'ils contresigneraient l'acte de recours reprenant les conclusions déjà prises en appel. Par économie de procédure, il peut être renoncé à cette formalité. En revanche, les recourants ne sauraient prétendre à l'indemnisation de leurs frais d'avocat, dans la mesure où ils ne sont pas valablement représentés (consid. 4 non publié). art. 42 al. 5 LTF
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Urteilskopf 139 III 24 4. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. und Mitb. gegen X. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_375/2012 vom 20. November 2012 Regeste a Art. 754 OR ; aktienrechtliche Verantwortlichkeit. Haftung des Verwaltungsrats für die Kosten eines erfolglos geführten Prozesses über die Eintragung von Namenaktien im Aktienbuch der Gesellschaft, in dem erkannt wurde, die Verweigerung der Eintragung sei nicht im Interesse der Gesellschaft erfolgt und habe gegen das Gleichbehandlungsgebot der Aktionäre sowie gegen das Rechtsmissbrauchsverbot verstossen (E. 3). Regeste b Art. 93 Abs. 1 ZPO ; Streitwertberechnung; Zusammenrechnung von geltend gemachten Ansprüchen bei einfacher Streitgenossenschaft. Unzulässigkeit der Zusammenrechnung, wenn eine Forderung gleichzeitig gegen mehrere Solidarschuldner geltend gemacht wird (E. 4.1-4.4). Erwägungen ab Seite 25 BGE 139 III 24 S. 25 Aus den Erwägungen: 2. 2.2 Vorliegend ist unbestritten, dass die ins Recht gefassten Beklagten als Verwaltungsräte der Y. Beteiligungen AG grundsätzlich der Verantwortlichkeit nach Art. 754 OR unterliegen. Die Beschwerdegegnerin macht als Aktionärin der Y. Beteiligungen AG den Schaden geltend, welcher dieser Gesellschaft durch die Kosten der gerichtlichen Auseinandersetzung um die Eintragung der 2'530 Namenaktien der Z. AG auf den Namen der Beschwerdegegnerin erwuchsen (Gerichtsgebühren, Parteientschädigungen, Anwalts- und Expertenhonorare). Sie erblickt das rechtswidrige und schuldhafte Handeln des Verwaltungsrats darin, dass er diese gerichtliche Auseinandersetzung führte, obwohl die Verweigerung der Eintragung rechtsmissbräuchlich und damit haltlos war. Durch das erfolglose Prozessieren darüber habe er der Y. Beteiligungen AG unnötige Kosten verursacht. (...) 3. 3.1 Zunächst ist klarzustellen, um welchen Schaden es geht, der durch welche pflichtwidrige Handlung der Beschwerdeführer verursacht worden sein soll. Hierbei sind einerseits zu unterscheiden der direkte Schaden, der durch das Verhalten des Verwaltungsrats der Y. Beteiligungen AG direkt im Vermögen der Beschwerdegegnerin entstand, und andererseits der Schaden, welcher der Beschwerdegegnerin indirekt dadurch entstand, dass der Verwaltungsrat eine Verminderung des Vermögens der Y. Beteiligungen AG und damit einen Wertverlust der von der Beschwerdegegnerin gehaltenen Aktien dieser Gesellschaft verursachte (vgl. dazu BGE 132 III 564 E. 3.1; BGE 131 III 306 E. 3.1). Sodann gilt es zu differenzieren nach der Eintragungsverweigerung als Schaden verursachende Handlung und der Prozessführung über die Eintragungsverweigerung. Die Beschwerdegegnerin klagte den indirekten Schaden ein, der durch die Führung der gerichtlichen (und schliesslich durch die Gesellschaft verlorenen) Auseinandersetzung über die Eintragungsfrage entstanden ist. Dazu ist sie nach Art. 756 OR berechtigt ( BGE 131 III 306 E. 3.1.1 S. 310 f.). Der Schaden besteht im Wesentlichen in den angefallenen Gerichts- und Parteikosten sowie den Experten- und Anwaltshonoraren. Das Verhalten des Verwaltungsrates, das diesen Schaden verursacht haben soll, waren die Entscheide, sich der Klage auf Eintragung zu widersetzen und das Urteil des Handelsgerichts mit den zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln anzufechten. BGE 139 III 24 S. 26 Es fragt sich mithin, ob der Entschluss des Verwaltungsrates, die Eintragungsfrage gerichtlich entscheiden zu lassen, pflichtwidrig gefällt wurde. 3.2 Nach Art. 717 Abs. 1 OR müssen die Mitglieder des Verwaltungsrats, sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind, ihre Aufgaben mit aller Sorgfalt erfüllen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren. Die gesetzlich normierte Treuepflicht verlangt, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats ihr Verhalten am Gesellschaftsinteresse ausrichten. Für die Sorgfalt, die der Verwaltungsrat bei der Führung der Geschäfte der Gesellschaft aufzuwenden hat, gilt ein objektiver Massstab. Die Verwaltungsräte sind zu aller Sorgfalt verpflichtet und nicht nur zur Vorsicht, die sie in eigenen Geschäften anzuwenden pflegen ( BGE 122 III 195 E. 3a S. 198; BGE 113 II 52 E. 3a S. 56). Das Verhalten eines Verwaltungsratsmitglieds wird deshalb mit demjenigen verglichen, das billigerweise von einer abstrakt vorgestellten, ordnungsgemäss handelnden Person in einer vergleichbaren Situation erwartet werden kann (PETER BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl. 2009, § 13 N. 575). Die Sorgfalt richtet sich nach dem Recht, Wissensstand und den Massstäben im Zeitpunkt der fraglichen Handlung oder Unterlassung. Bei der Beurteilung von Sorgfaltspflichtverletzungen hat mithin eine ex ante Betrachtung stattzufinden (vgl. Urteile 4A_74/2012 vom 18. Juni 2012 E. 5.1; 4A_467/2010 vom 5. Januar 2011 E. 3.3; BERNARD CORBOZ, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. II, 2008, N. 22 zu Art. 754 OR ; GERICKE/WALLER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. II, 4. Aufl. 2012, N. 31c zu Art. 754 OR ; WATTER/PELLANDA, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. II, 4. Aufl. 2012, N. 6 zu Art. 717 OR ). Das Bundesgericht anerkennt mit der herrschenden Lehre, dass die Gerichte sich bei der nachträglichen Beurteilung von Geschäftsentscheiden Zurückhaltung aufzuerlegen haben, die in einem einwandfreien, auf einer angemessenen Informationsbasis beruhenden und von Interessenkonflikten freien Entscheidprozess zustande gekommen sind (Urteile 4A_74/2012 vom 18. Juni 2012 E. 5.1; 4A_306/2009 vom 8. Februar 2010 E. 7.2.4; GERICKE/WALLER, a.a.O., N. 31 f. zu Art. 754 OR ; WATTER/PELLANDA, a.a.O., N. 6 zu Art. 717 OR ; BÖCKLI, a.a.O., § 18 N. 401 f.; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, 1996, § 28 Rz. 24). 3.3 Die missbräuchliche Führung eines Gerichtsverfahrens kann grundsätzlich einen Verstoss gegen die Treuepflicht nach Art. 717 BGE 139 III 24 S. 27 Abs. 1 OR darstellen. Erscheint ein Prozess von vornherein als aussichtslos, muss mit entsprechenden Kostenfolgen im Falle des Unterliegens gerechnet werden, was dem Gesellschaftsinteresse zuwiderläuft. Der Verwaltungsrat hat - nötigenfalls unter Beizug eines Rechtsanwalts oder weiterer Fachpersonen - die Prozesschancen sorgfältig abzuklären. Auch hier gilt, dass die Prozessaussichten im Zeitpunkt der Einleitung des Prozesses zu beurteilen sind. Allein aufgrund des späteren Unterliegens im Prozess kann nicht auf eine Unterlassung der sorgfältigen Abwägung der Prozesschancen geschlossen bzw. der Entscheid über die Prozessführung als pflichtwidrig beurteilt werden (vgl. Urteil 4A_267/2008 vom 8. Dezember 2008 E. 5.2). So kann nicht einfach von der später erkannten Rechtsmissbräuchlichkeit einer Handlung eo ipso auf die Rechtsmissbräuchlichkeit der Prozessführung über diese Handlung geschlossen werden, zumal beim Entscheid über die Prozessführung berücksichtigt werden darf, dass Rechtsmissbräuchlichkeit nur mit Zurückhaltung bejaht wird ( BGE 135 III 162 E. 3.3.1 S. 169; BGE 134 III 52 E. 2.1 S. 58 f.). Ansonsten würde jedes prozessuale Unterliegen einer Aktiengesellschaft oder zumindest jeder Prozessverlust, bei dem das Verhalten der Aktiengesellschaft als rechtsmissbräuchlich beurteilt wird, ohne weiteres eine aktienrechtliche Verantwortlichkeit der Organe auslösen, die den Prozessführungsentscheid gefällt haben. Zu denken ist etwa auch an Fälle der Entlassung eines Arbeitnehmers, die im Prozess als missbräuchlich beurteilt wird, oder der Kündigung eines Mietvertrags, die sich auf dem Rechtsweg als missbräuchlich herausstellt. Ein solcher Automatismus darf nicht Platz greifen. Vielmehr ist im Einzelfall abzuklären, ob es im Lichte der gegebenen Umstände und Prozessrisiken vertretbar erscheint, dass der Verwaltungsrat den Rechtsweg beschreitet. Stets ist zudem im Auge zu behalten, dass Entscheide des Verwaltungsrates betreffend Prozessführung auch in diesem Sinne am Gesellschaftsinteresse auszurichten sind, als das mit dem Prozess verfolgte Ziel von diesem gedeckt ist. Das Gesellschaftsinteresse bildet demnach in zweierlei Hinsicht Richtschnur für die Beurteilung von Prozessführungsentscheiden des Verwaltungsrats: Zum einen kann es nicht im Interesse der Gesellschaft liegen, von vornherein aussichtslose Prozesse zu führen, die nur unnötige Kosten für die Gesellschaft generieren. Zum andern verbietet das Gesellschaftsinteresse, Prozesse zu führen, mit denen nicht ein im Gesellschaftsinteresse liegendes Ziel verfolgt wird. BGE 139 III 24 S. 28 3.4 Demnach ist vorliegend zu fragen, ob die Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Prozessführungsentscheids hinreichende Gründe zur Annahme hatten, dass ihr Standpunkt obsiegen könnte. Nachdem die Eintragungsverweigerung als gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstossend und überdies als rechtsmissbräuchlich beurteilt wurde, stellt sich insbesondere die Frage, ob sie damals bei ihrem Entscheid, sich gegen die Klage der Beschwerdegegnerin auf Eintragung der Namenaktien gerichtlich zur Wehr zu setzen, damit rechnen mussten, dass die Verweigerung der Eintragung als missbräuchlich beurteilt werden würde. Mit einer entsprechenden Beurteilung mussten sie in guten Treuen nur dann nicht rechnen, wenn sie sachliche, im Gesellschaftsinteresse stehende Gründe hatten, die Eintragung zu verweigern. Genau daran fehlt es aber. Die Beschwerdeführer vermochten keine solchen Gründe namhaft zu machen. Die Absicht, den Einfluss eines bestehenden Minderheitsaktionärs zurückzudrängen, stand ausserhalb des Zwecks der Vinkulierung und war mit dieser auch nicht zu erreichen. Die Beschwerdeführer nutzten die durch die Fusion zwischen der Beschwerdegegnerin und der Z. AG entstandene Situation in missbräuchlicher Weise zugunsten der zur Mehrheitsgruppe gehörenden Aktionäre aus. Dies konnten die Beschwerdeführer nicht erst durch die nachträglichen Gerichtsentscheide erkennen. Es war bzw. musste ihnen schon beim Prozessführungsentscheid bewusst sein, dass ihnen sachliche, im Gesellschaftsinteresse liegende Gründe für die Eintragungsverweigerung fehlten. Gemäss den Feststellungen im Rückweisungsbeschluss gaben sie nämlich selber an, es sei ihnen bzw. der Y. Beteiligungen AG seinerzeit im Wesentlichen darum gegangen, D. die Einflussmöglichkeiten auf die Y. Beteiligungen AG zu nehmen. Wenn sie argumentieren, dies sei im Interesse der Gesellschaft gelegen, da seitens D. eine schädliche Geschäftspolitik zu befürchten gewesen sei, so kann darauf mangels entsprechender Feststellungen in den angefochtenen Entscheiden nicht abgestellt werden ( Art. 105 Abs. 1 BGG ). Ohnehin vermögen blosse Befürchtungen das Gleichbehandlungsgebot der Aktionäre und das Rechtsmissbrauchsverbot nicht aufzuwiegen. Ein sachlicher Grund für die Eintragungsverweigerung könnte in diesen Befürchtungen nicht erblickt werden, was den Beschwerdeführern klar sein musste. Ihnen musste damit auch bewusst sein, dass sie das Rechtsinstitut der Vinkulierung zweckwidrig verwendeten. Demnach hatten sie damit zu rechnen, dass die Gerichte ihr Verhalten als rechtsmissbräuchlich qualifizieren würden BGE 139 III 24 S. 29 (vgl. BGE 138 III 401 E. 2.2 mit Hinweisen; für den hier massgeblichen Zeitpunkt: BGE 121 II 97 E. 4 S. 103). Ebenso wenig helfen den Beschwerdeführern die Gutachten von zwei Rechtsprofessoren sowie die vom Obergericht bestätigte Verfügung des Einzelrichters des Bezirksgerichts Bülach vom 16. April 1999, auf die sie sich bei ihrem Prozessführungsentscheid gestützt haben wollen. Diese Gutachten und Entscheide äusserten sich nicht zur Frage eines Rechtsmissbrauchs. Jedenfalls ist solches im für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhalt der Vorinstanz nicht festgestellt. Einzig das Gutachten vom 10. März 2000 behandelte speziell die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit der Anrufung der Escape-Klausel. Aber auch diesbezüglich schweigen die angefochtenen Entscheide darüber, ob der Gutachter seine Beurteilung hinsichtlich des hier massgebenden Sachverhalts vornahm. Mangels entsprechender Feststellungen ist es dem Bundesgericht daher verwehrt anzunehmen, die Beschwerdeführer hätten gestützt auf einschlägige Fachmeinungen in guten Treuen annehmen dürfen, dass ihre Prozesschancen insbesondere hinsichtlich der Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit intakt seien ( Art. 105 Abs. 1 BGG ). Immerhin ist den Beschwerdeführern zuzugestehen, dass sie sich um die rechtliche Abklärung des geplanten Vorgehens bemühten. Auch ist ihnen zugute zu halten, dass sie sich durch die Minderheitsmeinung von Handelsrichter Dr. Werner de Capitani, der die Haltung des Verwaltungsrates als nicht rechtsmissbräuchlich beurteilte, in gewissem Masse in der Ergreifung von Rechtsmitteln bestärkt fühlen durften. Das alles ändert aber nichts daran, dass sie keine in der Interessensphäre der Gesellschaft liegenden, vertretbaren Gründe für die Eintragungsverweigerung namhaft machen konnten. Ihnen musste daher schon im Vorfeld des Prozesses klar sein, dass sie ein erhebliches Risiko liefen, dass die Eintragungsverweigerung vor den Gerichten wegen Rechtsmissbrauchs nicht standhalten würde und sie deshalb im Prozess unterliegen würden. Indem sie sich dennoch für den Rechtsweg entschlossen, verletzten sie ihre Pflicht, im Gesellschaftsinteresse zu handeln. Entscheidend ist ohnehin nicht allein die Frage, ob die Beschwerdeführer im Vorfeld des Prozesses vor dem Handelsgericht bzw. der Ergreifung von Rechtsmitteln gegen das handelsgerichtliche Urteil hinreichende Abklärungen zu den Erfolgschancen tätigten und sich für ihr Vorgehen auf Fachmeinungen oder eine Minderheitsmeinung eines Handelsrichters stützen konnten. Unter dem Blickwinkel der Treuepflicht nach Art. 717 OR ist ausschlaggebend, ob die BGE 139 III 24 S. 30 Prozessführung im Gesellschaftsinteresse lag oder nicht. Nun besteht aber nach den einzig massgeblichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kein Zweifel daran, dass die Eintragungsverweigerung und damit auch die Prozessführung über diese Frage nicht im Gesellschaftsinteresse, sondern im Interesse einer Mehrheit der Aktionäre erfolgte. Die Vorinstanz erkannte daher ohne Verletzung von Art. 754 OR oder des Grundsatzes der ex ante Betrachtung, dass die Beschwerdeführer durch den Prozessführungsentscheid pflichtwidrig handelten. 3.5 Sie bejahte auch das Verschulden der Beschwerdeführer in zutreffender Weise. Für eine Haftung nach Art. 754 ff. OR genügt leichte Fahrlässigkeit (Urteil 4A_74/2012 vom 18. Juni 2012 E. 5; GERICKE/WALLER, a.a.O., N. 32 zu Art. 754 OR ; CORBOZ, a.a.O., N. 37 zu Art. 754 OR ). Nun war es aber für den Verwaltungsrat ohne weiteres erkennbar, dass er mit dem Prozess über die Eintragungsverweigerung nicht Interessen der Gesellschaft, sondern solche der Aktionärsmehrheit verteidigte, und somit den Prozessführungsentscheid nicht am Gesellschaftsinteresse ausrichtete. 3.6 Zusammenfassend bejahte die Vorinstanz die Haftung der Beschwerdeführer zu Recht. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet. Das Quantitativ und der Zinsenlauf wie auch die Festlegung des Haftungsumfangs der fünf Beklagten sind nicht angefochten. 4. 4.1 Mit ihrem Eventualbegehren verlangen die Beschwerdeführer die Aufhebung der Dispositiv-Ziffern 5 und 7 des Urteils des Obergerichts vom 11. Mai 2012, in denen die Entscheidgebühr und die Parteientschädigung für das Berufungsverfahren gestützt auf einen Streitwert von Fr. 4'868'524.- festgesetzt wurden. Die Beschwerdeführer rügen eine bundesrechtswidrige Bemessung des Streitwertes. Die Vorinstanz habe Art. 93 Abs. 1 ZPO verletzt, indem sie die einzelnen Beträge, in deren Umfang die Beschwerdeführer für die Klageforderung von Fr. 1'217'131.- solidarisch haften, zusammengezählt habe. Richtigerweise finde Art. 93 Abs. 1 ZPO bei einer Klage gegen mehrere Solidarschuldner keine Anwendung. Die Zusammenrechnung scheitere bereits daran, dass nicht mehrere Begehren i.S. von Art. 93 ZPO vorlägen. Ebenfalls lasse die Vorinstanz ausser Acht, dass sich der wirtschaftliche Wert des Streitgegenstandes durch den blossen Umstand, dass mehrere Solidarschuldner eingeklagt würden, nicht erhöhe. BGE 139 III 24 S. 31 Die Vorinstanz begründete die Zusammenrechnung damit, dass die von der Beschwerdegegnerin gegen die fünf Beklagten gemeinsam erhobenen Verantwortlichkeitsansprüche gegen jeden Beklagten separat erhoben und beurteilt werden könnten. Dass die Leistung schliesslich nur einmal erbracht werden müsse, ändere daran nichts. Solidarschuldner würden vielmehr grundsätzlich jeder einzeln zur Zahlung der ganzen Forderung verurteilt, und erst mit einer effektiven Zahlung würden sich die Verpflichtungen der Mitverpflichteten reduzieren. 4.2 Gemäss Art. 93 Abs. 1 ZPO im Titel über den Streitwert werden bei einfacher Streitgenossenschaft und Klagenhäufung die geltend gemachten Ansprüche zusammengerechnet, sofern sie sich nicht gegenseitig ausschliessen. Das BGG kennt in Art. 52 eine analoge Bestimmung. In der Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO wird die Zusammenrechnung der geltend gemachten Ansprüche damit gerechtfertigt, dass sich der wirtschaftliche Wert des Prozesses erhöht (BBl 2006 7291). Voraussetzung für die Anwendung der Zusammenrechnungsregel ist demnach, dass in einer vermögensrechtlichen Sache eine einfache Streitgenossenschaft oder eine objektive Klagenhäufung vorliegt. Es muss eine Mehrheit von verschiedenen Begehren geltend gemacht werden, die sich überdies nicht ausschliessen dürfen (vgl. BEAT RUDIN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 12 f. zu Art. 52 BGG ). Keine Zusammenrechnung erfolgt, wenn eine Forderung gleichzeitig gegen mehrere Solidarschuldner geltend gemacht wird. Hier wird wirtschaftlich bloss eine Leistung verlangt und es liegt keine Mehrheit verschiedener Begehren vor (MATTHIAS STEIN-WIGGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 9 zu Art. 93 ZPO ; VIKTOR RÜEGG, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 2 zu Art. 93 ZPO ; BEATRICE VAN DER GRAF, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 3 zu Art. 93 ZPO ; RUDIN, a.a.O., N. 12 zu Art. 52 BGG ; JEAN-MAURICE FRÉSARD, in: Commentaire de la LTF, Corboz und andere [Hrsg.], 2009, N. 13 zu Art. 52 BGG ; anders und nicht überzeugend: PETER DIGGELMANN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 1 zu Art. 93 ZPO ). 4.3 Vorliegend ist unbestritten, dass auf Beklagtenseite eine einfache Streitgenossenschaft besteht. Hingegen fehlt es für eine Anwendung der Zusammenrechnungsregel bei der Verantwortlichkeitsklage gegen BGE 139 III 24 S. 32 mehrere Solidarschuldner an mehreren "geltend gemachten Ansprüchen" im Sinne von Art. 93 Abs. 1 ZPO. Die Beschwerdegegnerin stellte nur ein Begehren auf Zahlung von Fr. 1'217'131.-. Dass jeder Solidarschuldner grundsätzlich das Ganze schuldet, ändert nichts daran, dass keine Mehrheit verschiedener Begehren vorliegt, die zusammengerechnet werden könnten. Zu Recht bringen die Beschwerdeführer auch vor, dass sich der wirtschaftliche Wert nicht erhöht, weil mehrere Solidarschuldner für die Klageforderung haften. Vielmehr würde sich umgekehrt für Klagen gegen mehrere Solidarschuldner bzw. diesbezügliche Rechtsmittel ein viel zu hohes Kostenrisiko ergeben, das durch kein entsprechendes Interesse gerechtfertigt wäre, namentlich auch nicht dadurch, dass die Begehren gegen die einzelnen Mitbeklagten unterschiedlich beurteilt werden können. Eine Zusammenrechnung der Beträge, in deren Umfang die einzelnen Beklagten für die Klageforderung solidarisch haften, darf daher nicht erfolgen. Die Vorinstanz verletzte damit Art. 93 Abs. 1 ZPO. 4.4 Hingegen ist unbestritten, dass zum Betrag der erstinstanzlich zugesprochenen und mit der Berufung bekämpften Forderung von Fr. 1'217'131.- der Streitwert der Anschlussberufung von Fr. 60'000.- hinzugerechnet werden durfte.
Urteilskopf
4. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. und Mitb. gegen X. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_375/2012 vom 20. November 2012
Regeste a Art. 754 OR ; aktienrechtliche Verantwortlichkeit. Haftung des Verwaltungsrats für die Kosten eines erfolglos geführten Prozesses über die Eintragung von Namenaktien im Aktienbuch der Gesellschaft, in dem erkannt wurde, die Verweigerung der Eintragung sei nicht im Interesse der Gesellschaft erfolgt und habe gegen das Gleichbehandlungsgebot der Aktionäre sowie gegen das Rechtsmissbrauchsverbot verstossen (E. 3).
Regeste a
Art. 754 OR ; aktienrechtliche Verantwortlichkeit. Haftung des Verwaltungsrats für die Kosten eines erfolglos geführten Prozesses über die Eintragung von Namenaktien im Aktienbuch der Gesellschaft, in dem erkannt wurde, die Verweigerung der Eintragung sei nicht im Interesse der Gesellschaft erfolgt und habe gegen das Gleichbehandlungsgebot der Aktionäre sowie gegen das Rechtsmissbrauchsverbot verstossen (E. 3).
Art. 754 OR Haftung des Verwaltungsrats für die Kosten eines erfolglos geführten Prozesses über die Eintragung von Namenaktien im Aktienbuch der Gesellschaft, in dem erkannt wurde, die Verweigerung der Eintragung sei nicht im Interesse der Gesellschaft erfolgt und habe gegen das Gleichbehandlungsgebot der Aktionäre sowie gegen das Rechtsmissbrauchsverbot verstossen (E. 3).
Regeste b Art. 93 Abs. 1 ZPO ; Streitwertberechnung; Zusammenrechnung von geltend gemachten Ansprüchen bei einfacher Streitgenossenschaft. Unzulässigkeit der Zusammenrechnung, wenn eine Forderung gleichzeitig gegen mehrere Solidarschuldner geltend gemacht wird (E. 4.1-4.4).
Regeste b
Art. 93 Abs. 1 ZPO ; Streitwertberechnung; Zusammenrechnung von geltend gemachten Ansprüchen bei einfacher Streitgenossenschaft. Unzulässigkeit der Zusammenrechnung, wenn eine Forderung gleichzeitig gegen mehrere Solidarschuldner geltend gemacht wird (E. 4.1-4.4).
Art. 93 Abs. 1 ZPO Unzulässigkeit der Zusammenrechnung, wenn eine Forderung gleichzeitig gegen mehrere Solidarschuldner geltend gemacht wird (E. 4.1-4.4).
Erwägungen ab Seite 25
Erwägungen ab Seite 25 BGE 139 III 24 S. 25
BGE 139 III 24 S. 25
Aus den Erwägungen:
2.
2. 2.2 Vorliegend ist unbestritten, dass die ins Recht gefassten Beklagten als Verwaltungsräte der Y. Beteiligungen AG grundsätzlich der Verantwortlichkeit nach Art. 754 OR unterliegen. Die Beschwerdegegnerin macht als Aktionärin der Y. Beteiligungen AG den Schaden geltend, welcher dieser Gesellschaft durch die Kosten der gerichtlichen Auseinandersetzung um die Eintragung der 2'530 Namenaktien der Z. AG auf den Namen der Beschwerdegegnerin erwuchsen (Gerichtsgebühren, Parteientschädigungen, Anwalts- und Expertenhonorare). Sie erblickt das rechtswidrige und schuldhafte Handeln des Verwaltungsrats darin, dass er diese gerichtliche Auseinandersetzung führte, obwohl die Verweigerung der Eintragung rechtsmissbräuchlich und damit haltlos war. Durch das erfolglose Prozessieren darüber habe er der Y. Beteiligungen AG unnötige Kosten verursacht.
2.2 Art. 754 OR (...)
3.
3. 3.1 Zunächst ist klarzustellen, um welchen Schaden es geht, der durch welche pflichtwidrige Handlung der Beschwerdeführer verursacht worden sein soll. Hierbei sind einerseits zu unterscheiden der direkte Schaden, der durch das Verhalten des Verwaltungsrats der Y. Beteiligungen AG direkt im Vermögen der Beschwerdegegnerin entstand, und andererseits der Schaden, welcher der Beschwerdegegnerin indirekt dadurch entstand, dass der Verwaltungsrat eine Verminderung des Vermögens der Y. Beteiligungen AG und damit einen Wertverlust der von der Beschwerdegegnerin gehaltenen Aktien dieser Gesellschaft verursachte (vgl. dazu BGE 132 III 564 E. 3.1; BGE 131 III 306 E. 3.1). Sodann gilt es zu differenzieren nach der Eintragungsverweigerung als Schaden verursachende Handlung und der Prozessführung über die Eintragungsverweigerung. Die Beschwerdegegnerin klagte den indirekten Schaden ein, der durch die Führung der gerichtlichen (und schliesslich durch die Gesellschaft verlorenen) Auseinandersetzung über die Eintragungsfrage entstanden ist. Dazu ist sie nach Art. 756 OR berechtigt ( BGE 131 III 306 E. 3.1.1 S. 310 f.). Der Schaden besteht im Wesentlichen in den angefallenen Gerichts- und Parteikosten sowie den Experten- und Anwaltshonoraren. Das Verhalten des Verwaltungsrates, das diesen Schaden verursacht haben soll, waren die Entscheide, sich der Klage auf Eintragung zu widersetzen und das Urteil des Handelsgerichts mit den zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln anzufechten. BGE 139 III 24 S. 26
3.1 Art. 756 OR BGE 139 III 24 S. 26
Es fragt sich mithin, ob der Entschluss des Verwaltungsrates, die Eintragungsfrage gerichtlich entscheiden zu lassen, pflichtwidrig gefällt wurde.
3.2 Nach Art. 717 Abs. 1 OR müssen die Mitglieder des Verwaltungsrats, sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind, ihre Aufgaben mit aller Sorgfalt erfüllen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren. Die gesetzlich normierte Treuepflicht verlangt, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats ihr Verhalten am Gesellschaftsinteresse ausrichten. Für die Sorgfalt, die der Verwaltungsrat bei der Führung der Geschäfte der Gesellschaft aufzuwenden hat, gilt ein objektiver Massstab. Die Verwaltungsräte sind zu aller Sorgfalt verpflichtet und nicht nur zur Vorsicht, die sie in eigenen Geschäften anzuwenden pflegen ( BGE 122 III 195 E. 3a S. 198; BGE 113 II 52 E. 3a S. 56). Das Verhalten eines Verwaltungsratsmitglieds wird deshalb mit demjenigen verglichen, das billigerweise von einer abstrakt vorgestellten, ordnungsgemäss handelnden Person in einer vergleichbaren Situation erwartet werden kann (PETER BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl. 2009, § 13 N. 575).
3.2 Art. 717 Abs. 1 OR Die Sorgfalt richtet sich nach dem Recht, Wissensstand und den Massstäben im Zeitpunkt der fraglichen Handlung oder Unterlassung. Bei der Beurteilung von Sorgfaltspflichtverletzungen hat mithin eine ex ante Betrachtung stattzufinden (vgl. Urteile 4A_74/2012 vom 18. Juni 2012 E. 5.1; 4A_467/2010 vom 5. Januar 2011 E. 3.3; BERNARD CORBOZ, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. II, 2008, N. 22 zu Art. 754 OR ; GERICKE/WALLER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. II, 4. Aufl. 2012, N. 31c zu Art. 754 OR ; WATTER/PELLANDA, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. II, 4. Aufl. 2012, N. 6 zu Art. 717 OR ).
Art. 754 OR Art. 754 OR Art. 717 OR Das Bundesgericht anerkennt mit der herrschenden Lehre, dass die Gerichte sich bei der nachträglichen Beurteilung von Geschäftsentscheiden Zurückhaltung aufzuerlegen haben, die in einem einwandfreien, auf einer angemessenen Informationsbasis beruhenden und von Interessenkonflikten freien Entscheidprozess zustande gekommen sind (Urteile 4A_74/2012 vom 18. Juni 2012 E. 5.1; 4A_306/2009 vom 8. Februar 2010 E. 7.2.4; GERICKE/WALLER, a.a.O., N. 31 f. zu Art. 754 OR ; WATTER/PELLANDA, a.a.O., N. 6 zu Art. 717 OR ; BÖCKLI, a.a.O., § 18 N. 401 f.; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, 1996, § 28 Rz. 24).
Art. 754 OR Art. 717 OR 3.3 Die missbräuchliche Führung eines Gerichtsverfahrens kann grundsätzlich einen Verstoss gegen die Treuepflicht nach Art. 717 BGE 139 III 24 S. 27 Abs. 1 OR darstellen. Erscheint ein Prozess von vornherein als aussichtslos, muss mit entsprechenden Kostenfolgen im Falle des Unterliegens gerechnet werden, was dem Gesellschaftsinteresse zuwiderläuft. Der Verwaltungsrat hat - nötigenfalls unter Beizug eines Rechtsanwalts oder weiterer Fachpersonen - die Prozesschancen sorgfältig abzuklären. Auch hier gilt, dass die Prozessaussichten im Zeitpunkt der Einleitung des Prozesses zu beurteilen sind. Allein aufgrund des späteren Unterliegens im Prozess kann nicht auf eine Unterlassung der sorgfältigen Abwägung der Prozesschancen geschlossen bzw. der Entscheid über die Prozessführung als pflichtwidrig beurteilt werden (vgl. Urteil 4A_267/2008 vom 8. Dezember 2008 E. 5.2).
3.3 Art. 717 BGE 139 III 24 S. 27 Abs. 1 OR BGE 139 III 24 S. 27
So kann nicht einfach von der später erkannten Rechtsmissbräuchlichkeit einer Handlung eo ipso auf die Rechtsmissbräuchlichkeit der Prozessführung über diese Handlung geschlossen werden, zumal beim Entscheid über die Prozessführung berücksichtigt werden darf, dass Rechtsmissbräuchlichkeit nur mit Zurückhaltung bejaht wird ( BGE 135 III 162 E. 3.3.1 S. 169; BGE 134 III 52 E. 2.1 S. 58 f.). Ansonsten würde jedes prozessuale Unterliegen einer Aktiengesellschaft oder zumindest jeder Prozessverlust, bei dem das Verhalten der Aktiengesellschaft als rechtsmissbräuchlich beurteilt wird, ohne weiteres eine aktienrechtliche Verantwortlichkeit der Organe auslösen, die den Prozessführungsentscheid gefällt haben. Zu denken ist etwa auch an Fälle der Entlassung eines Arbeitnehmers, die im Prozess als missbräuchlich beurteilt wird, oder der Kündigung eines Mietvertrags, die sich auf dem Rechtsweg als missbräuchlich herausstellt. Ein solcher Automatismus darf nicht Platz greifen. Vielmehr ist im Einzelfall abzuklären, ob es im Lichte der gegebenen Umstände und Prozessrisiken vertretbar erscheint, dass der Verwaltungsrat den Rechtsweg beschreitet. Stets ist zudem im Auge zu behalten, dass Entscheide des Verwaltungsrates betreffend Prozessführung auch in diesem Sinne am Gesellschaftsinteresse auszurichten sind, als das mit dem Prozess verfolgte Ziel von diesem gedeckt ist.
Das Gesellschaftsinteresse bildet demnach in zweierlei Hinsicht Richtschnur für die Beurteilung von Prozessführungsentscheiden des Verwaltungsrats: Zum einen kann es nicht im Interesse der Gesellschaft liegen, von vornherein aussichtslose Prozesse zu führen, die nur unnötige Kosten für die Gesellschaft generieren. Zum andern verbietet das Gesellschaftsinteresse, Prozesse zu führen, mit denen nicht ein im Gesellschaftsinteresse liegendes Ziel verfolgt wird. BGE 139 III 24 S. 28
BGE 139 III 24 S. 28
3.4 Demnach ist vorliegend zu fragen, ob die Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Prozessführungsentscheids hinreichende Gründe zur Annahme hatten, dass ihr Standpunkt obsiegen könnte. Nachdem die Eintragungsverweigerung als gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstossend und überdies als rechtsmissbräuchlich beurteilt wurde, stellt sich insbesondere die Frage, ob sie damals bei ihrem Entscheid, sich gegen die Klage der Beschwerdegegnerin auf Eintragung der Namenaktien gerichtlich zur Wehr zu setzen, damit rechnen mussten, dass die Verweigerung der Eintragung als missbräuchlich beurteilt werden würde. Mit einer entsprechenden Beurteilung mussten sie in guten Treuen nur dann nicht rechnen, wenn sie sachliche, im Gesellschaftsinteresse stehende Gründe hatten, die Eintragung zu verweigern.
3.4 Genau daran fehlt es aber. Die Beschwerdeführer vermochten keine solchen Gründe namhaft zu machen. Die Absicht, den Einfluss eines bestehenden Minderheitsaktionärs zurückzudrängen, stand ausserhalb des Zwecks der Vinkulierung und war mit dieser auch nicht zu erreichen. Die Beschwerdeführer nutzten die durch die Fusion zwischen der Beschwerdegegnerin und der Z. AG entstandene Situation in missbräuchlicher Weise zugunsten der zur Mehrheitsgruppe gehörenden Aktionäre aus. Dies konnten die Beschwerdeführer nicht erst durch die nachträglichen Gerichtsentscheide erkennen. Es war bzw. musste ihnen schon beim Prozessführungsentscheid bewusst sein, dass ihnen sachliche, im Gesellschaftsinteresse liegende Gründe für die Eintragungsverweigerung fehlten. Gemäss den Feststellungen im Rückweisungsbeschluss gaben sie nämlich selber an, es sei ihnen bzw. der Y. Beteiligungen AG seinerzeit im Wesentlichen darum gegangen, D. die Einflussmöglichkeiten auf die Y. Beteiligungen AG zu nehmen. Wenn sie argumentieren, dies sei im Interesse der Gesellschaft gelegen, da seitens D. eine schädliche Geschäftspolitik zu befürchten gewesen sei, so kann darauf mangels entsprechender Feststellungen in den angefochtenen Entscheiden nicht abgestellt werden ( Art. 105 Abs. 1 BGG ). Ohnehin vermögen blosse Befürchtungen das Gleichbehandlungsgebot der Aktionäre und das Rechtsmissbrauchsverbot nicht aufzuwiegen. Ein sachlicher Grund für die Eintragungsverweigerung könnte in diesen Befürchtungen nicht erblickt werden, was den Beschwerdeführern klar sein musste. Ihnen musste damit auch bewusst sein, dass sie das Rechtsinstitut der Vinkulierung zweckwidrig verwendeten. Demnach hatten sie damit zu rechnen, dass die Gerichte ihr Verhalten als rechtsmissbräuchlich qualifizieren würden BGE 139 III 24 S. 29 (vgl. BGE 138 III 401 E. 2.2 mit Hinweisen; für den hier massgeblichen Zeitpunkt: BGE 121 II 97 E. 4 S. 103).
Art. 105 Abs. 1 BGG BGE 139 III 24 S. 29
Ebenso wenig helfen den Beschwerdeführern die Gutachten von zwei Rechtsprofessoren sowie die vom Obergericht bestätigte Verfügung des Einzelrichters des Bezirksgerichts Bülach vom 16. April 1999, auf die sie sich bei ihrem Prozessführungsentscheid gestützt haben wollen. Diese Gutachten und Entscheide äusserten sich nicht zur Frage eines Rechtsmissbrauchs. Jedenfalls ist solches im für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhalt der Vorinstanz nicht festgestellt. Einzig das Gutachten vom 10. März 2000 behandelte speziell die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit der Anrufung der Escape-Klausel. Aber auch diesbezüglich schweigen die angefochtenen Entscheide darüber, ob der Gutachter seine Beurteilung hinsichtlich des hier massgebenden Sachverhalts vornahm. Mangels entsprechender Feststellungen ist es dem Bundesgericht daher verwehrt anzunehmen, die Beschwerdeführer hätten gestützt auf einschlägige Fachmeinungen in guten Treuen annehmen dürfen, dass ihre Prozesschancen insbesondere hinsichtlich der Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit intakt seien ( Art. 105 Abs. 1 BGG ). Immerhin ist den Beschwerdeführern zuzugestehen, dass sie sich um die rechtliche Abklärung des geplanten Vorgehens bemühten. Auch ist ihnen zugute zu halten, dass sie sich durch die Minderheitsmeinung von Handelsrichter Dr. Werner de Capitani, der die Haltung des Verwaltungsrates als nicht rechtsmissbräuchlich beurteilte, in gewissem Masse in der Ergreifung von Rechtsmitteln bestärkt fühlen durften. Das alles ändert aber nichts daran, dass sie keine in der Interessensphäre der Gesellschaft liegenden, vertretbaren Gründe für die Eintragungsverweigerung namhaft machen konnten. Ihnen musste daher schon im Vorfeld des Prozesses klar sein, dass sie ein erhebliches Risiko liefen, dass die Eintragungsverweigerung vor den Gerichten wegen Rechtsmissbrauchs nicht standhalten würde und sie deshalb im Prozess unterliegen würden. Indem sie sich dennoch für den Rechtsweg entschlossen, verletzten sie ihre Pflicht, im Gesellschaftsinteresse zu handeln.
Art. 105 Abs. 1 BGG Entscheidend ist ohnehin nicht allein die Frage, ob die Beschwerdeführer im Vorfeld des Prozesses vor dem Handelsgericht bzw. der Ergreifung von Rechtsmitteln gegen das handelsgerichtliche Urteil hinreichende Abklärungen zu den Erfolgschancen tätigten und sich für ihr Vorgehen auf Fachmeinungen oder eine Minderheitsmeinung eines Handelsrichters stützen konnten. Unter dem Blickwinkel der Treuepflicht nach Art. 717 OR ist ausschlaggebend, ob die BGE 139 III 24 S. 30 Prozessführung im Gesellschaftsinteresse lag oder nicht. Nun besteht aber nach den einzig massgeblichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kein Zweifel daran, dass die Eintragungsverweigerung und damit auch die Prozessführung über diese Frage nicht im Gesellschaftsinteresse, sondern im Interesse einer Mehrheit der Aktionäre erfolgte. Die Vorinstanz erkannte daher ohne Verletzung von Art. 754 OR oder des Grundsatzes der ex ante Betrachtung, dass die Beschwerdeführer durch den Prozessführungsentscheid pflichtwidrig handelten.
Art. 717 OR BGE 139 III 24 S. 30
Art. 754 OR 3.5 Sie bejahte auch das Verschulden der Beschwerdeführer in zutreffender Weise. Für eine Haftung nach Art. 754 ff. OR genügt leichte Fahrlässigkeit (Urteil 4A_74/2012 vom 18. Juni 2012 E. 5; GERICKE/WALLER, a.a.O., N. 32 zu Art. 754 OR ; CORBOZ, a.a.O., N. 37 zu Art. 754 OR ). Nun war es aber für den Verwaltungsrat ohne weiteres erkennbar, dass er mit dem Prozess über die Eintragungsverweigerung nicht Interessen der Gesellschaft, sondern solche der Aktionärsmehrheit verteidigte, und somit den Prozessführungsentscheid nicht am Gesellschaftsinteresse ausrichtete.
3.5 Art. 754 ff. OR Art. 754 OR Art. 754 OR 3.6 Zusammenfassend bejahte die Vorinstanz die Haftung der Beschwerdeführer zu Recht. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet. Das Quantitativ und der Zinsenlauf wie auch die Festlegung des Haftungsumfangs der fünf Beklagten sind nicht angefochten.
3.6 4.
4. 4.1 Mit ihrem Eventualbegehren verlangen die Beschwerdeführer die Aufhebung der Dispositiv-Ziffern 5 und 7 des Urteils des Obergerichts vom 11. Mai 2012, in denen die Entscheidgebühr und die Parteientschädigung für das Berufungsverfahren gestützt auf einen Streitwert von Fr. 4'868'524.- festgesetzt wurden. Die Beschwerdeführer rügen eine bundesrechtswidrige Bemessung des Streitwertes. Die Vorinstanz habe Art. 93 Abs. 1 ZPO verletzt, indem sie die einzelnen Beträge, in deren Umfang die Beschwerdeführer für die Klageforderung von Fr. 1'217'131.- solidarisch haften, zusammengezählt habe. Richtigerweise finde Art. 93 Abs. 1 ZPO bei einer Klage gegen mehrere Solidarschuldner keine Anwendung. Die Zusammenrechnung scheitere bereits daran, dass nicht mehrere Begehren i.S. von Art. 93 ZPO vorlägen. Ebenfalls lasse die Vorinstanz ausser Acht, dass sich der wirtschaftliche Wert des Streitgegenstandes durch den blossen Umstand, dass mehrere Solidarschuldner eingeklagt würden, nicht erhöhe. BGE 139 III 24 S. 31
4.1 Art. 93 Abs. 1 ZPO Art. 93 Abs. 1 ZPO Art. 93 ZPO BGE 139 III 24 S. 31
Die Vorinstanz begründete die Zusammenrechnung damit, dass die von der Beschwerdegegnerin gegen die fünf Beklagten gemeinsam erhobenen Verantwortlichkeitsansprüche gegen jeden Beklagten separat erhoben und beurteilt werden könnten. Dass die Leistung schliesslich nur einmal erbracht werden müsse, ändere daran nichts. Solidarschuldner würden vielmehr grundsätzlich jeder einzeln zur Zahlung der ganzen Forderung verurteilt, und erst mit einer effektiven Zahlung würden sich die Verpflichtungen der Mitverpflichteten reduzieren.
4.2 Gemäss Art. 93 Abs. 1 ZPO im Titel über den Streitwert werden bei einfacher Streitgenossenschaft und Klagenhäufung die geltend gemachten Ansprüche zusammengerechnet, sofern sie sich nicht gegenseitig ausschliessen. Das BGG kennt in Art. 52 eine analoge Bestimmung. In der Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO wird die Zusammenrechnung der geltend gemachten Ansprüche damit gerechtfertigt, dass sich der wirtschaftliche Wert des Prozesses erhöht (BBl 2006 7291).
4.2 Art. 93 Abs. 1 ZPO Voraussetzung für die Anwendung der Zusammenrechnungsregel ist demnach, dass in einer vermögensrechtlichen Sache eine einfache Streitgenossenschaft oder eine objektive Klagenhäufung vorliegt. Es muss eine Mehrheit von verschiedenen Begehren geltend gemacht werden, die sich überdies nicht ausschliessen dürfen (vgl. BEAT RUDIN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 12 f. zu Art. 52 BGG ). Keine Zusammenrechnung erfolgt, wenn eine Forderung gleichzeitig gegen mehrere Solidarschuldner geltend gemacht wird. Hier wird wirtschaftlich bloss eine Leistung verlangt und es liegt keine Mehrheit verschiedener Begehren vor (MATTHIAS STEIN-WIGGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 9 zu Art. 93 ZPO ; VIKTOR RÜEGG, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 2 zu Art. 93 ZPO ; BEATRICE VAN DER GRAF, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 3 zu Art. 93 ZPO ; RUDIN, a.a.O., N. 12 zu Art. 52 BGG ; JEAN-MAURICE FRÉSARD, in: Commentaire de la LTF, Corboz und andere [Hrsg.], 2009, N. 13 zu Art. 52 BGG ; anders und nicht überzeugend: PETER DIGGELMANN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 1 zu Art. 93 ZPO ).
Art. 52 BGG Art. 93 ZPO Art. 93 ZPO Art. 93 ZPO Art. 52 BGG Art. 52 BGG Art. 93 ZPO 4.3 Vorliegend ist unbestritten, dass auf Beklagtenseite eine einfache Streitgenossenschaft besteht. Hingegen fehlt es für eine Anwendung der Zusammenrechnungsregel bei der Verantwortlichkeitsklage gegen BGE 139 III 24 S. 32 mehrere Solidarschuldner an mehreren "geltend gemachten Ansprüchen" im Sinne von Art. 93 Abs. 1 ZPO. Die Beschwerdegegnerin stellte nur ein Begehren auf Zahlung von Fr. 1'217'131.-. Dass jeder Solidarschuldner grundsätzlich das Ganze schuldet, ändert nichts daran, dass keine Mehrheit verschiedener Begehren vorliegt, die zusammengerechnet werden könnten. Zu Recht bringen die Beschwerdeführer auch vor, dass sich der wirtschaftliche Wert nicht erhöht, weil mehrere Solidarschuldner für die Klageforderung haften. Vielmehr würde sich umgekehrt für Klagen gegen mehrere Solidarschuldner bzw. diesbezügliche Rechtsmittel ein viel zu hohes Kostenrisiko ergeben, das durch kein entsprechendes Interesse gerechtfertigt wäre, namentlich auch nicht dadurch, dass die Begehren gegen die einzelnen Mitbeklagten unterschiedlich beurteilt werden können. Eine Zusammenrechnung der Beträge, in deren Umfang die einzelnen Beklagten für die Klageforderung solidarisch haften, darf daher nicht erfolgen. Die Vorinstanz verletzte damit Art. 93 Abs. 1 ZPO.
4.3 BGE 139 III 24 S. 32
Art. 93 Abs. 1 ZPO Art. 93 Abs. 1 ZPO 4.4 Hingegen ist unbestritten, dass zum Betrag der erstinstanzlich zugesprochenen und mit der Berufung bekämpften Forderung von Fr. 1'217'131.- der Streitwert der Anschlussberufung von Fr. 60'000.- hinzugerechnet werden durfte.
4.4
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Urteilskopf 139 III 252 36. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Hôpital intercantonal Y. (recours en matière civile) 4A_655/2012 du 25 février 2013 Regeste Art. 72 Abs. 2 lit. b und Art. 75 Abs. 2 BGG ; Haftung des Staates für die Tätigkeit von Spitalärzten; Rechtsweg, Erfordernis des doppelten kantonalen Instanzenzugs. Die Beschwerde in Zivilsachen steht offen gegen in Anwendung von kantonalem öffentlichem Recht ergangene Entscheide über die Verantwortlichkeit für rechtswidrige Handlungen von in öffentlichen Spitälern angestellten Ärzten (E. 1.1-1.5; Bestätigung der Rechtsprechung). In diesen Fällen hat das kantonale Recht, wenn sie ab dem 1. Januar 2011 entschieden wurden, ein Rechtsmittel an ein oberes Gericht zuzulassen. Die Kantone bleiben jedoch frei in der Bestimmung der ersten Instanz (E. 1.6). Erwägungen ab Seite 252 BGE 139 III 252 S. 252 Extrait des considérants: 1. 1.1 Le Tribunal fédéral examine librement et d'office la recevabilité des recours dont il est saisi ( ATF 138 I 367 consid. 1 p. 369; ATF 138 III 41 consid. 1 p. 42, ATF 138 III 46 consid. 1). Peu importe donc que les parties n'aient pas soulevé le problème qui va être maintenant traité. BGE 139 III 252 S. 253 1.2 Par arrêt du 28 mai 2009, la cour cantonale a retenu que le Réseau hospitalier C., soit actuellement l'Hôpital Z., était responsable des actes médicaux accomplis à l'Hôpital intercantonal Y. Il s'agit là d'une pure question de droit cantonal. Le recours en matière civile ne peut pas être formé pour violation du droit cantonal, hormis les exceptions prévues par l' art. 95 let. c-e LTF, qui n'entrent pas en considération ici ( ATF 134 III 379 consid. 1.2 p. 382; ATF 133 I 201 consid. 1 p. 203; ATF 133 III 462 consid. 2.3 p. 466). Le Tribunal fédéral n'applique d'office, en vertu de l' art. 106 al. 1 LTF, que le droit dont il peut contrôler le respect sur la base des art. 95 et 96 LTF. Il ne peut examiner la violation de dispositions de droit cantonal ou intercantonal que si le grief a été invoqué et motivé par la partie recourante ( art. 106 al. 2 LTF ). Il est donc hors de question de revenir sur cette décision. Selon l'art. 4 de la loi fribourgeoise du 27 juin 2006 sur l'hôpital fribourgeois (LHFR; RSF 822.0.1), l'Hôpital Z. est un établissement de droit public doté de la personnalité juridique; il englobe notamment l'Hôpital intercantonal Y., sous réserve des dispositions spéciales de la convention intercantonale conclue entre les cantons de Fribourg et de Vaud (art. 2 LHFR). Il n'y a aucune raison de penser que la situation juridique était différente précédemment. On se trouve donc en présence d'un cas de responsabilité pour un hôpital public. 1.3 Selon la jurisprudence, les soins dispensés aux malades dans les hôpitaux publics ne se rattachent pas à l'exercice d'une industrie (cf. art. 61 al. 2 CO ), mais relèvent de l'exécution d'une tâche publique; en vertu de la réserve facultative prévue à l' art. 61 al. 1 CO, les cantons sont donc libres de soumettre au droit public cantonal la responsabilité des médecins engagés dans un hôpital public pour le dommage ou le tort moral qu'ils causent dans l'exercice de leur charge ( ATF 133 III 462 consid. 2.1 p. 465; ATF 122 III 101 consid. 2a/aa et bb p. 104 s.). 1.4 Le canton de Fribourg a fait usage de cette faculté. L'actuel art. 41 LHFR prévoit expressément que la responsabilité de cet hôpital pour le préjudice que ses employés causent d'une manière illicite à autrui dans l'exercice de leurs fonctions, ainsi que la responsabilité de l'employé pour le dommage causé à son employeur en violant ses devoirs professionnels sont régies par la loi sur la responsabilité civile des collectivités publiques et de leurs agents. L'art. 6 de la loi fribourgeoise du 16 septembre 1986 sur la responsabilité civile des collectivités publiques et de leurs agents (RSF 16.1) BGE 139 III 252 S. 254 prévoit, à son alinéa 1 er, que les collectivités publiques répondent du préjudice que leurs agents causent d'une manière illicite à autrui dans l'exercice de leurs fonctions. L'alinéa 2 de cette disposition précise que le lésé ne peut faire valoir aucune prétention contre l'agent personnellement. L'art. 7 al. 1 de cette loi permet l'octroi d'une réparation morale en cas de lésions corporelles ou de mort d'homme. Ainsi, le droit fribourgeois a institué une responsabilité causale qui suppose la réunion de trois conditions, un acte illicite, un dommage (ou un tort moral) et un rapport de causalité (naturelle et adéquate) entre l'acte illicite et le dommage (ou le tort moral) ( ATF 133 III 462 consid. 4.1 p. 467 s.). La demande relève donc exclusivement du droit public cantonal. Dès lors que l'on ne se trouve pas dans l'une des hypothèses prévues par l' art. 95 let. c-e LTF, le recours n'est ouvert que pour autant qu'il y ait violation du droit fédéral, en particulier une violation de l'interdiction de l'arbitraire découlant de l' art. 9 Cst. ( ATF 137 V 57 consid. 1.3 p. 60, ATF 137 V 143 consid. 1.2 p. 145). 1.5 Même s'il est vrai que le droit public cantonal peut renoncer à l'exigence d'une faute, il n'en demeure pas moins que les conditions de la responsabilité médicale, que celle-ci repose sur le droit privé ou sur le droit public, sont par ailleurs les mêmes et posent des problèmes spécifiques. De surcroît, la frontière entre le droit public et le droit privé, dans cette matière, n'est pas toujours très perceptible pour le justiciable: des médecins privés envoient leurs patients faire des examens dans un hôpital public tout en poursuivant leur traitement, tandis que des médecins d'hôpitaux publics sont autorisés à avoir une clientèle privée. Il paraît donc opportun, au moins au niveau du Tribunal fédéral, de soumettre toutes ces causes à la même voie de recours et de charger une seule et même cour de dégager une jurisprudence assurant l'application uniforme du droit. L' art. 72 al. 2 LTF soumet désormais au recours en matière civile des causes qui relèvent du droit public. La liste figurant à l' art. 72 al. 2 let. b LTF est précédée de l'adverbe "notamment", ce qui montre qu'elle n'est pas exhaustive. Dans un arrêt de principe rendu le 13 juin 2007 - que les autorités fribourgeoises peuvent d'autant moins ignorer qu'il concernait une cause provenant de ce canton -, le Tribunal fédéral a jugé que la responsabilité médicale, lorsqu'elle est soumise au droit public cantonal, donne lieu à des décisions qui sont certes prises en application du droit public, mais qui se rapportent à une BGE 139 III 252 S. 255 matière qui doit être considérée comme connexe au droit civil au sens de l' art. 72 al. 2 let. b LTF ( ATF 133 III 462 consid. 2.1 p. 465). Il en résulte qu'une décision rendue dans ce domaine, même fondée sur le droit public cantonal, ne peut être attaquée devant le Tribunal fédéral que par la voie du recours en matière civile ou, si la valeur litigieuse est insuffisante, du recours constitutionnel, adressé à la première Cour de droit civil de cette juridiction ( art. 31 al. 1 let. d du règlement du 20 novembre 2006 du Tribunal fédéral [RTF]; RS 173. 110.131). La valeur litigieuse étant manifestement suffisante en l'espèce ( art. 74 al. 1 let. b LTF ), seul le recours en matière civile entre en considération. 1.6 Les conditions de recevabilité d'un recours en matière civile, outre les exigences générales des art. 90-101 LTF, sont régies par les art. 72-76 LTF. L' art. 75 al. 2 LTF prévoit - sauf les exceptions qu'il mentionne - que les cantons instituent des tribunaux supérieurs comme autorités cantonales de dernière instance, statuant sur recours. Le droit fédéral a ainsi imposé aux cantons l'exigence d'une double instance, puisque le tribunal supérieur doit statuer sur recours. Cette disposition ( art. 75 al. 2 LTF ) n'est pas entrée en vigueur en même temps que la LTF le 1 er janvier 2007. L' art. 130 al. 2 LTF, à titre de disposition transitoire, a accordé aux cantons un délai d'adaptation courant en principe jusqu'à l'entrée en vigueur du Code de procédure civile suisse (CPC; RS 272). Depuis l'entrée en vigueur du CPC le 1 er janvier 2011, l' art. 75 al. 2 LTF est entré en force et le recours en matière civile au Tribunal fédéral - comme d'ailleurs le recours constitutionnel subsidiaire ( art. 114 LTF ) - n'est recevable que contre une décision cantonale de dernière instance ( art. 75 al. 1 LTF ) prise par un tribunal supérieur ( art. 75 al. 2, 1 re phrase, LTF) et, sauf exception expresse, rendue sur recours (art. 75 al. 2, 2 e phrase, LTF) ( ATF 138 III 41 consid. 1.1 p. 42; ATF 137 III 424 consid. 2.1 p. 426). L'exigence de la double instance vaut pleinement pour les décisions communiquées après le 1 er janvier 2011 (arrêt 5A_266/2011 du 24 octobre 2011 consid. 1). Sauf à violer le principe de la primauté du droit fédéral ( art. 49 Cst. ), les cantons doivent permettre de recourir auprès d'un tribunal supérieur dans les causes pendantes au 1 er janvier 2011 mais jugées après cette date ( ATF 137 III 238 consid. 2.2 p. 240). Toutefois, les cantons demeurent libres de désigner l'autorité de BGE 139 III 252 S. 256 première instance; il peut s'agir par exemple d'un juge unique, d'un tribunal ou d'une autorité administrative (cf. Message du 28 février 2001 concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, FF 2001 4109 s. ch. 4.1.3.1), laquelle devra alors rendre une décision formelle susceptible de recours. Dans le cas présent, le canton de Fribourg devait donc faire en sorte que la décision rendue par la Cour administrative le 28 septembre 2012, statuant en première instance, puisse faire l'objet d'un recours auprès d'un tribunal supérieur, fût-ce une autre chambre du même tribunal composée d'autres juges. Il est en effet évident que l'on ne se trouve pas dans un cas où le droit fédéral impose une instance cantonale unique ou autorise les cantons à prévoir une instance cantonale unique; la Cour administrative n'est pas un tribunal de commerce et elle n'a pas fondé sa compétence sur un accord des parties, de sorte que l'on ne se trouve dans aucun des cas d'exception prévus par l'art. 75 al. 2 let. a-c LTF. Il appartiendra au canton de Fribourg d'organiser l'administration judiciaire selon l'exigence de la double instance instaurée par l' art. 75 al. 2 LTF. L'autorité judiciaire de rang supérieur qui précède immédiatement le Tribunal fédéral devra au moins pouvoir examiner les griefs visés aux art. 95 à 98 LTF ( art. 111 al. 3 LTF ). Ainsi, le recours est irrecevable, parce qu'il est dirigé contre une décision rendue par une autorité statuant en première instance, et non pas sur recours comme l'exige l' art. 75 al. 2 LTF (cf. ATF 138 III 41 consid. 1.3 p. 44; ATF 137 III 424 consid. 2.4 p. 428 s.). La cause doit être transmise pour nouvel examen au Tribunal cantonal du canton de Fribourg.
Urteilskopf
36. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Hôpital intercantonal Y. (recours en matière civile)
4A_655/2012 du 25 février 2013
Regeste Art. 72 Abs. 2 lit. b und Art. 75 Abs. 2 BGG ; Haftung des Staates für die Tätigkeit von Spitalärzten; Rechtsweg, Erfordernis des doppelten kantonalen Instanzenzugs. Die Beschwerde in Zivilsachen steht offen gegen in Anwendung von kantonalem öffentlichem Recht ergangene Entscheide über die Verantwortlichkeit für rechtswidrige Handlungen von in öffentlichen Spitälern angestellten Ärzten (E. 1.1-1.5; Bestätigung der Rechtsprechung). In diesen Fällen hat das kantonale Recht, wenn sie ab dem 1. Januar 2011 entschieden wurden, ein Rechtsmittel an ein oberes Gericht zuzulassen. Die Kantone bleiben jedoch frei in der Bestimmung der ersten Instanz (E. 1.6).
Regeste
Art. 72 Abs. 2 lit. b und Art. 75 Abs. 2 BGG ; Haftung des Staates für die Tätigkeit von Spitalärzten; Rechtsweg, Erfordernis des doppelten kantonalen Instanzenzugs. Die Beschwerde in Zivilsachen steht offen gegen in Anwendung von kantonalem öffentlichem Recht ergangene Entscheide über die Verantwortlichkeit für rechtswidrige Handlungen von in öffentlichen Spitälern angestellten Ärzten (E. 1.1-1.5; Bestätigung der Rechtsprechung). In diesen Fällen hat das kantonale Recht, wenn sie ab dem 1. Januar 2011 entschieden wurden, ein Rechtsmittel an ein oberes Gericht zuzulassen. Die Kantone bleiben jedoch frei in der Bestimmung der ersten Instanz (E. 1.6).
Art. 72 Abs. 2 lit. b und Art. 75 Abs. 2 BGG Die Beschwerde in Zivilsachen steht offen gegen in Anwendung von kantonalem öffentlichem Recht ergangene Entscheide über die Verantwortlichkeit für rechtswidrige Handlungen von in öffentlichen Spitälern angestellten Ärzten (E. 1.1-1.5; Bestätigung der Rechtsprechung).
In diesen Fällen hat das kantonale Recht, wenn sie ab dem 1. Januar 2011 entschieden wurden, ein Rechtsmittel an ein oberes Gericht zuzulassen. Die Kantone bleiben jedoch frei in der Bestimmung der ersten Instanz (E. 1.6).
Erwägungen ab Seite 252
Erwägungen ab Seite 252 BGE 139 III 252 S. 252
BGE 139 III 252 S. 252
Extrait des considérants:
1.
1. 1.1 Le Tribunal fédéral examine librement et d'office la recevabilité des recours dont il est saisi ( ATF 138 I 367 consid. 1 p. 369; ATF 138 III 41 consid. 1 p. 42, ATF 138 III 46 consid. 1). Peu importe donc que les parties n'aient pas soulevé le problème qui va être maintenant traité. BGE 139 III 252 S. 253
1.1 BGE 139 III 252 S. 253
1.2 Par arrêt du 28 mai 2009, la cour cantonale a retenu que le Réseau hospitalier C., soit actuellement l'Hôpital Z., était responsable des actes médicaux accomplis à l'Hôpital intercantonal Y. Il s'agit là d'une pure question de droit cantonal. Le recours en matière civile ne peut pas être formé pour violation du droit cantonal, hormis les exceptions prévues par l' art. 95 let. c-e LTF, qui n'entrent pas en considération ici ( ATF 134 III 379 consid. 1.2 p. 382; ATF 133 I 201 consid. 1 p. 203; ATF 133 III 462 consid. 2.3 p. 466). Le Tribunal fédéral n'applique d'office, en vertu de l' art. 106 al. 1 LTF, que le droit dont il peut contrôler le respect sur la base des art. 95 et 96 LTF. Il ne peut examiner la violation de dispositions de droit cantonal ou intercantonal que si le grief a été invoqué et motivé par la partie recourante ( art. 106 al. 2 LTF ). Il est donc hors de question de revenir sur cette décision.
1.2 art. 95 let art. 106 al. 1 LTF art. 95 et 96 LTF art. 106 al. 2 LTF Selon l'art. 4 de la loi fribourgeoise du 27 juin 2006 sur l'hôpital fribourgeois (LHFR; RSF 822.0.1), l'Hôpital Z. est un établissement de droit public doté de la personnalité juridique; il englobe notamment l'Hôpital intercantonal Y., sous réserve des dispositions spéciales de la convention intercantonale conclue entre les cantons de Fribourg et de Vaud (art. 2 LHFR). Il n'y a aucune raison de penser que la situation juridique était différente précédemment. On se trouve donc en présence d'un cas de responsabilité pour un hôpital public.
1.3 Selon la jurisprudence, les soins dispensés aux malades dans les hôpitaux publics ne se rattachent pas à l'exercice d'une industrie (cf. art. 61 al. 2 CO ), mais relèvent de l'exécution d'une tâche publique; en vertu de la réserve facultative prévue à l' art. 61 al. 1 CO, les cantons sont donc libres de soumettre au droit public cantonal la responsabilité des médecins engagés dans un hôpital public pour le dommage ou le tort moral qu'ils causent dans l'exercice de leur charge ( ATF 133 III 462 consid. 2.1 p. 465; ATF 122 III 101 consid. 2a/aa et bb p. 104 s.).
1.3 art. 61 al. 2 CO art. 61 al. 1 CO 1.4 Le canton de Fribourg a fait usage de cette faculté. L'actuel art. 41 LHFR prévoit expressément que la responsabilité de cet hôpital pour le préjudice que ses employés causent d'une manière illicite à autrui dans l'exercice de leurs fonctions, ainsi que la responsabilité de l'employé pour le dommage causé à son employeur en violant ses devoirs professionnels sont régies par la loi sur la responsabilité civile des collectivités publiques et de leurs agents.
1.4 L'art. 6 de la loi fribourgeoise du 16 septembre 1986 sur la responsabilité civile des collectivités publiques et de leurs agents (RSF 16.1) BGE 139 III 252 S. 254 prévoit, à son alinéa 1 er, que les collectivités publiques répondent du préjudice que leurs agents causent d'une manière illicite à autrui dans l'exercice de leurs fonctions. L'alinéa 2 de cette disposition précise que le lésé ne peut faire valoir aucune prétention contre l'agent personnellement. L'art. 7 al. 1 de cette loi permet l'octroi d'une réparation morale en cas de lésions corporelles ou de mort d'homme.
BGE 139 III 252 S. 254
Ainsi, le droit fribourgeois a institué une responsabilité causale qui suppose la réunion de trois conditions, un acte illicite, un dommage (ou un tort moral) et un rapport de causalité (naturelle et adéquate) entre l'acte illicite et le dommage (ou le tort moral) ( ATF 133 III 462 consid. 4.1 p. 467 s.).
La demande relève donc exclusivement du droit public cantonal. Dès lors que l'on ne se trouve pas dans l'une des hypothèses prévues par l' art. 95 let. c-e LTF, le recours n'est ouvert que pour autant qu'il y ait violation du droit fédéral, en particulier une violation de l'interdiction de l'arbitraire découlant de l' art. 9 Cst. ( ATF 137 V 57 consid. 1.3 p. 60, ATF 137 V 143 consid. 1.2 p. 145). art. 95 let art. 9 Cst. 1.5 Même s'il est vrai que le droit public cantonal peut renoncer à l'exigence d'une faute, il n'en demeure pas moins que les conditions de la responsabilité médicale, que celle-ci repose sur le droit privé ou sur le droit public, sont par ailleurs les mêmes et posent des problèmes spécifiques. De surcroît, la frontière entre le droit public et le droit privé, dans cette matière, n'est pas toujours très perceptible pour le justiciable: des médecins privés envoient leurs patients faire des examens dans un hôpital public tout en poursuivant leur traitement, tandis que des médecins d'hôpitaux publics sont autorisés à avoir une clientèle privée. Il paraît donc opportun, au moins au niveau du Tribunal fédéral, de soumettre toutes ces causes à la même voie de recours et de charger une seule et même cour de dégager une jurisprudence assurant l'application uniforme du droit.
1.5 L' art. 72 al. 2 LTF soumet désormais au recours en matière civile des causes qui relèvent du droit public. La liste figurant à l' art. 72 al. 2 let. b LTF est précédée de l'adverbe "notamment", ce qui montre qu'elle n'est pas exhaustive. Dans un arrêt de principe rendu le 13 juin 2007 - que les autorités fribourgeoises peuvent d'autant moins ignorer qu'il concernait une cause provenant de ce canton -, le Tribunal fédéral a jugé que la responsabilité médicale, lorsqu'elle est soumise au droit public cantonal, donne lieu à des décisions qui sont certes prises en application du droit public, mais qui se rapportent à une BGE 139 III 252 S. 255 matière qui doit être considérée comme connexe au droit civil au sens de l' art. 72 al. 2 let. b LTF ( ATF 133 III 462 consid. 2.1 p. 465). art. 72 al. 2 LTF art. 72 al. 2 let. b LTF BGE 139 III 252 S. 255
art. 72 al. 2 let. b LTF Il en résulte qu'une décision rendue dans ce domaine, même fondée sur le droit public cantonal, ne peut être attaquée devant le Tribunal fédéral que par la voie du recours en matière civile ou, si la valeur litigieuse est insuffisante, du recours constitutionnel, adressé à la première Cour de droit civil de cette juridiction ( art. 31 al. 1 let. d du règlement du 20 novembre 2006 du Tribunal fédéral [RTF]; RS 173. 110.131). art. 31 al. 1 let La valeur litigieuse étant manifestement suffisante en l'espèce ( art. 74 al. 1 let. b LTF ), seul le recours en matière civile entre en considération. art. 74 al. 1 let. b LTF 1.6 Les conditions de recevabilité d'un recours en matière civile, outre les exigences générales des art. 90-101 LTF, sont régies par les art. 72-76 LTF.
1.6 art. 90-101 LTF art. 72-76 LTF L' art. 75 al. 2 LTF prévoit - sauf les exceptions qu'il mentionne - que les cantons instituent des tribunaux supérieurs comme autorités cantonales de dernière instance, statuant sur recours. Le droit fédéral a ainsi imposé aux cantons l'exigence d'une double instance, puisque le tribunal supérieur doit statuer sur recours. art. 75 al. 2 LTF Cette disposition ( art. 75 al. 2 LTF ) n'est pas entrée en vigueur en même temps que la LTF le 1 er janvier 2007. L' art. 130 al. 2 LTF, à titre de disposition transitoire, a accordé aux cantons un délai d'adaptation courant en principe jusqu'à l'entrée en vigueur du Code de procédure civile suisse (CPC; RS 272). Depuis l'entrée en vigueur du CPC le 1 er janvier 2011, l' art. 75 al. 2 LTF est entré en force et le recours en matière civile au Tribunal fédéral - comme d'ailleurs le recours constitutionnel subsidiaire ( art. 114 LTF ) - n'est recevable que contre une décision cantonale de dernière instance ( art. 75 al. 1 LTF ) prise par un tribunal supérieur ( art. 75 al. 2, 1 re phrase, LTF) et, sauf exception expresse, rendue sur recours (art. 75 al. 2, 2 e phrase, LTF) ( ATF 138 III 41 consid. 1.1 p. 42; ATF 137 III 424 consid. 2.1 p. 426). L'exigence de la double instance vaut pleinement pour les décisions communiquées après le 1 er janvier 2011 (arrêt 5A_266/2011 du 24 octobre 2011 consid. 1). Sauf à violer le principe de la primauté du droit fédéral ( art. 49 Cst. ), les cantons doivent permettre de recourir auprès d'un tribunal supérieur dans les causes pendantes au 1 er janvier 2011 mais jugées après cette date ( ATF 137 III 238 consid. 2.2 p. 240). Toutefois, les cantons demeurent libres de désigner l'autorité de BGE 139 III 252 S. 256 première instance; il peut s'agir par exemple d'un juge unique, d'un tribunal ou d'une autorité administrative (cf. Message du 28 février 2001 concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, FF 2001 4109 s. ch. 4.1.3.1), laquelle devra alors rendre une décision formelle susceptible de recours. art. 75 al. 2 LTF art. 130 al. 2 LTF art. 75 al. 2 LTF art. 114 LTF art. 75 al. 1 LTF art. 75 al. 2, 1 re art. 49 Cst. BGE 139 III 252 S. 256
Dans le cas présent, le canton de Fribourg devait donc faire en sorte que la décision rendue par la Cour administrative le 28 septembre 2012, statuant en première instance, puisse faire l'objet d'un recours auprès d'un tribunal supérieur, fût-ce une autre chambre du même tribunal composée d'autres juges. Il est en effet évident que l'on ne se trouve pas dans un cas où le droit fédéral impose une instance cantonale unique ou autorise les cantons à prévoir une instance cantonale unique; la Cour administrative n'est pas un tribunal de commerce et elle n'a pas fondé sa compétence sur un accord des parties, de sorte que l'on ne se trouve dans aucun des cas d'exception prévus par l'art. 75 al. 2 let. a-c LTF.
Il appartiendra au canton de Fribourg d'organiser l'administration judiciaire selon l'exigence de la double instance instaurée par l' art. 75 al. 2 LTF. L'autorité judiciaire de rang supérieur qui précède immédiatement le Tribunal fédéral devra au moins pouvoir examiner les griefs visés aux art. 95 à 98 LTF ( art. 111 al. 3 LTF ). art. 75 al. 2 LTF art. 111 al. 3 LTF Ainsi, le recours est irrecevable, parce qu'il est dirigé contre une décision rendue par une autorité statuant en première instance, et non pas sur recours comme l'exige l' art. 75 al. 2 LTF (cf. ATF 138 III 41 consid. 1.3 p. 44; ATF 137 III 424 consid. 2.4 p. 428 s.). La cause doit être transmise pour nouvel examen au Tribunal cantonal du canton de Fribourg. art. 75 al. 2 LTF
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Urteilskopf 139 III 257 37. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre Justice de paix du district de Lausanne (recours en matière civile) 5A_299/2013 du 6 juin 2013 Regeste Art. 450e Abs. 4 ZGB ; Anhörung der Person, die fürsorgerisch untergebracht wurde. Verpflichtung der gerichtlichen Beschwerdeinstanz, die betroffene Person persönlich anzuhören, selbst wenn Letztere bereits in erster Instanz von einer gerichtlichen Behörde angehört worden ist. Diese Verpflichtung rechtfertigt sich ebenso sehr durch das Fehlen des Erfordernisses, die Beschwerde zu begründen ( Art. 450e Abs. 1 ZGB ), wie durch die Notwendigkeit für die Beschwerdeinstanz, sich über die Situation des Betroffenen eine eigene Meinung zu bilden (E. 4). Sachverhalt ab Seite 258 BGE 139 III 257 S. 258 A. Son attention ayant été attirée sur la situation de X., né le 24 juin 1964, par le CHUV, où celui-ci avait été hospitalisé à de multiples reprises aux urgences pour des intoxications alcooliques massives, la Justice de paix du district de Lausanne (ci-après: Justice de paix) a ouvert une enquête en interdiction civile et en placement à des fins d'assistance par décision du 1 er avril 2010. Le 23 août 2011, elle a prononcé l'interdiction civile (ancien art. 370 CC ) et le placement à des fins d'assistance de l'intéressé pour une durée indéterminée dans un établissement approprié; le tuteur général a été désigné en qualité de tuteur. L'expertise psychiatrique du 23 juin 2011 effectuée par le Dr Y. constatait que l'intéressé souffre d'une dépendance à l'alcool sévère, qu'il présente un danger pour lui-même en raison de ses consommations massives d'alcool et de ses sevrages brutaux sans contrôle médical et que si un sevrage d'alcool devait être prévu à nouveau, il devrait se dérouler en milieu somatique en raison des antécédents de crises d'épilepsie de l'intéressé. Le 15 février 2012, le placement d'urgence de l'intéressé à l'Hôpital de A. a été ordonné par le tuteur général. L'intéressé y a résidé jusqu'au 3 octobre 2012, date à laquelle il a été transféré à la Fondation Z., institution qui n'est pas spécialisée dans le suivi et le traitement de patients présentant une dépendance à l'alcool. Le 6 septembre 2012, l'intéressé, alors assisté de son conseil, avait été entendu oralement par le juge de paix. B. Lors de son audience du 1 er novembre 2012, le juge de paix a entendu l'intéressé, assisté de son conseil, qui a sollicité la levée de son placement à des fins d'assistance. Son assistante sociale a conclu au maintien de la mesure de placement. Le 8 novembre 2012, le directeur de la Fondation Z. a requis le transfert de l'intéressé à l'Hôpital de A., celui-ci ne respectant pas le cadre qui lui était imposé pour être accueilli à la Fondation Z. Le 13 novembre 2012, l'assistante sociale a conclu à la levée du placement, qui n'atteignait pas son but depuis plusieurs mois, l'intéressé étant la majeure partie du temps chez son amie et de temps en temps à l'Hôpital de A. et ne respectant pas le cadre de la Fondation Z.; elle considérait que l'intéressé pourrait vivre chez son amie, tout en étant suivi en addictologie en ambulatoire. Lors de sa séance du 26 novembre 2012, la Justice de paix a procédé à l'audition de l'intéressé, assisté de son conseil. BGE 139 III 257 S. 259 Par décision du même jour, notifiée à l'intéressé le 6 février 2013, la Justice de paix a clos l'enquête en mainlevée de la mesure de privation de liberté à des fins d'assistance/placement à des fins d'assistance et maintenu cette mesure pour une durée indéterminée. Elle a considéré qu'il y avait lieu de maintenir le placement, l'intéressé refusant toute assistance et ne semblant pas avoir pris conscience de la gravité de son trouble et de ses répercussions sur sa santé. Contre cette décision, X. a recouru à la Chambre des curatelles du Tribunal cantonal du canton de Vaud (ci-après: Chambre des curatelles) le 18 février 2013. Statuant le 7 mars 2013, la Chambre des curatelles a rejeté le recours et confirmé la décision du 26 novembre 2012. C. Par arrêt du 6 juin 2013, le Tribunal fédéral a admis le recours interjeté par X. contre cette décision, annulé l'arrêt attaqué et renvoyé la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle instruction et décision dans le sens des considérants. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 4. Le recourant reproche à la Chambre des curatelles de n'avoir pas procédé à son audition personnelle comme le lui impose l' art. 450e al. 4 CC. 4.1 A cet égard, la Chambre cantonale a considéré qu'il en va de même pour l'expertise et pour l'audition personnelle. Si l' art. 450e al. 3 et 4 CC prévoit tant l'expertise que l'audition personnelle de l'intéressé, cela ne vaut, dans le canton de Vaud, dans lequel l'autorité de protection de l'adulte est une autorité judiciaire, que pour la première autorité judiciaire compétente, soit l'autorité de protection de l'adulte. En d'autres termes, ni l'audition personnelle ni l'expertise n'ont à être réitérées devant l'instance judiciaire de recours. Aucun élément du Message du Conseil fédéral n'exprime l'idée que deux juges successifs devraient procéder chacun à une audition personnelle. Elle se réfère à l'auteur THOMAS GEISER (in Basler Kommentar, Erwachsenenschutz, 2012, n° 25 ad art. 450e CC ), qui exclut ce cas de figure, et estime qu'il y a donc lieu d'interpréter l' art. 450e al. 4 CC contra litteram, en ce sens qu'une audition personnelle n'est pas nécessaire en deuxième instance. 4.2 Sous l'empire du droit antérieur, en vigueur jusqu'au 31 décembre 2012, la décision de privation de liberté à des fins d'assistance BGE 139 III 257 S. 260 (ancien art. 397a CC ) était prise par une autorité de tutelle ou, en cas de péril en la demeure, par un autre office approprié (ancien art. 397b al. 1 CC ). Si l'autorité de tutelle avait ordonné la mesure, elle était compétente pour la lever; dans les autres cas, la compétence appartenait à l'établissement (ancien art. 397b al. 3 CC ). La personne en cause pouvait en appeler par écrit au juge (ancien art. 397d al. 1 et 2 CC : "Contrôle judiciaire"). Le droit fédéral imposait que, pour ce contrôle, le juge de première instance entende oralement la personne (ancien art. 397f al. 3 CC ). Selon la jurisprudence, cette audition personnelle prévue par l'ancien art. 397f al. 3 CC garantissait, d'une part, le droit d'être entendu ( art. 29 al. 2 Cst. ) sur le plan de la loi et, d'autre part, le droit à une audition personnelle, dans un domaine qui touche à un bien important et qui, pour y porter atteinte, exige une impression propre du juge ( ATF 115 II 129 ); la jurisprudence avait même exigé que l'ensemble du collège chargé du contrôle judiciaire doive entendre l'intéressé, ce qui a été abandonné dans le nouveau droit. Dans l'ancien droit, la procédure de recours n'était pas réglée par le droit fédéral. Dans un arrêt non publié (5A_564/2008 du 1 er octobre 2008 consid. 2.1), rendu dans une affaire vaudoise, le Tribunal fédéral avait jugé que l'ancien art. 397f al. 3 CC ne conférait pas à l'intéressé le droit d'être entendu oralement par le Tribunal cantonal. 4.3 L'exigence de l'audition personnelle a été reprise dans le nouveau droit à l' art. 447 al. 2 CC pour la procédure devant l'autorité de protection de l'adulte, qui statue, normalement, sur le placement à des fins d'assistance et la libération ( art. 428 al. 1 CC ). Selon l' art. 447 al. 2 CC, en cas de placement à des fins d'assistance, la personne concernée est en général entendue par l'autorité de protection de l'adulte réunie en collège. Le Message du 28 juin 2006 du Conseil fédéral concernant la révision du code civil suisse (Protection de l'adulte, droit des personnes et droit de la filiation [ci-après: Message]) précise que, contrairement au droit actuel, la possibilité de déléguer l'audition à un membre de l'autorité est admise exceptionnellement (avec référence aux ATF 110 II 122, ATF 110 II 124 consid. 4) et que l'on pourrait aussi renoncer à une audition personnelle si, par exemple, la personne concernée la refuse ou parce que sa réalisation est rendue impossible pour d'autres motifs (avec renvoi à l' ATF 116 II 406 ; Message, FF 2006 6712 ad art. 447). L'audition personnelle est également imposée à l'autorité de recours par l' art. 450e al. 4 1 re phrase CC. Aux termes de cette disposition, BGE 139 III 257 S. 261 l'instance judiciaire de recours, en règle générale réunie en collège, entend la personne concernée. Selon le Message, cette disposition correspond à l'ancien art. 397f al. 3 CC et à l' art. 447 al. 2 CC ; par ailleurs, toujours selon le Message, elle énonce clairement que l'autorité judiciaire de recours également doit, en règle générale, entendre la personne concernée en tant qu'autorité collégiale (Message, FF 2006 6719 ad art. 450e). Cette exigence de l'audition personnelle s'inscrit dans le cadre de la seule voie de recours prévue par le droit fédéral, qui est une voie de recours ordinaire conférant à l'instance de recours un pouvoir d'examen complet en fait et en droit ( art. 450a CC ), seule l'absence d'effet suspensif, justifiée par le fait que le placement est souvent ordonné dans une situation de crise et ne supporte donc aucune attente, lui donnant, dans cette mesure, le caractère d'une voie de droit extraordinaire (Message, FF 2006 6719 ad art. 450e). L'autorité de recours examine d'office la décision de première instance, en appliquant la maxime inquisitoire et la maxime d'office, en règle générale en se limitant seulement à l'étendue du recours, mais en allant au-delà si besoin est (Message, FF 2006 6715 ch. 2.3.3). L'élément décisif en faveur de l'interprétation littérale de la disposition litigieuse réside dans le fait que, en vertu de l' art. 450e al. 1 CC, le recours ne doit pas être motivé, même s'il doit être néanmoins formé par écrit (Message, FF 2006 6719 ad art. 450e). Si le recours n'a pas à être motivé, c'est parce que l'intéressé pourra exposer ses motifs oralement lors de son audition personnelle par l'autorité de recours. La question de savoir si l' art. 450e al. 1 CC s'applique également aux autres personnes ayant qualité pour recourir au sens de l' art. 450 al. 2 CC peut en l'espèce rester ouverte. L'audition personnelle de l'intéressé est de surcroît nécessaire pour permettre à l'autorité de recours de se forger sa propre opinion quant à la situation de l'intéressé, ce d'autant que celle-là a pu évoluer depuis la décision rendue en première instance. On relève en outre que le législateur n'a pas perdu de vue que, selon le droit cantonal, l'autorité de protection de l'enfant et de l'adulte peut être un tribunal ou un organe administratif puisqu'il a rappelé cette circonstance dans son Message quelques lignes plus haut, prévoyant que l'appel au juge - le "contrôle judiciaire" - contre une décision de placement prise par un médecin par exemple ( art. 439 CC ) peut être de la compétence de l'autorité de protection si elle est un tribunal, mais que, si elle est un organe administratif, le canton doit prévoir une compétence judiciaire BGE 139 III 257 S. 262 speciale, qui ne doit pas être l'instance de recours. On ne saurait donc en déduire que le législateur a méconnu ce point lorsqu'il a prévu que l'instance de contrôle judiciaire doit entendre l'intéressé en personne. La Chambre cantonale se réfère certes à THOMAS GEISER (op. cit., n° 25 ad art. 450e CC ) pour appuyer son point de vue. La citation est toutefois ambiguë. Les cantons peuvent prévoir une procédure judiciaire de recours comportant deux échelons (DANIEL STECK, in Erwachsenenschutz, 2013, n° 18 ad art. 443-450g et n° 10 ad art. 450 CC ), le droit fédéral n'imposant qu'une instance judiciaire de recours (Message, FF 2006 6715 ch. 2.3.3). Or, il n'est pas possible d'exclure, comme l'a compris DANIEL STECK (op. cit., n° 19 ad art. 450e CC ), que THOMAS GEISER ait envisagé là la possibilité de renoncer à l'audition personnelle devant la deuxième autorité de recours. Enfin, il ne s'impose pas de traiter l'expertise et l'audition personnelle en procédure de recours de manière identique. D'ailleurs, le Message précise expressément que si l'autorité de protection de l'adulte a déjà demandé une expertise indépendante, l'instance judiciaire de recours peut se baser sur celle-ci (Message, FF 2006 6719 ad art. 450e). La Chambre des curatelles n'ayant pas procédé à l'audition personnelle de l'intéressé, qui n'avait ni renoncé à son droit, ni n'était empêché pour quelque motif que ce soit, elle a violé l' art. 450e al. 4 1 re phrase CC. Il s'ensuit que l'arrêt attaqué doit être annulé.
Urteilskopf
37. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre Justice de paix du district de Lausanne (recours en matière civile)
5A_299/2013 du 6 juin 2013
Regeste Art. 450e Abs. 4 ZGB ; Anhörung der Person, die fürsorgerisch untergebracht wurde. Verpflichtung der gerichtlichen Beschwerdeinstanz, die betroffene Person persönlich anzuhören, selbst wenn Letztere bereits in erster Instanz von einer gerichtlichen Behörde angehört worden ist. Diese Verpflichtung rechtfertigt sich ebenso sehr durch das Fehlen des Erfordernisses, die Beschwerde zu begründen ( Art. 450e Abs. 1 ZGB ), wie durch die Notwendigkeit für die Beschwerdeinstanz, sich über die Situation des Betroffenen eine eigene Meinung zu bilden (E. 4).
Regeste
Art. 450e Abs. 4 ZGB ; Anhörung der Person, die fürsorgerisch untergebracht wurde. Verpflichtung der gerichtlichen Beschwerdeinstanz, die betroffene Person persönlich anzuhören, selbst wenn Letztere bereits in erster Instanz von einer gerichtlichen Behörde angehört worden ist. Diese Verpflichtung rechtfertigt sich ebenso sehr durch das Fehlen des Erfordernisses, die Beschwerde zu begründen ( Art. 450e Abs. 1 ZGB ), wie durch die Notwendigkeit für die Beschwerdeinstanz, sich über die Situation des Betroffenen eine eigene Meinung zu bilden (E. 4).
Art. 450e Abs. 4 ZGB Verpflichtung der gerichtlichen Beschwerdeinstanz, die betroffene Person persönlich anzuhören, selbst wenn Letztere bereits in erster Instanz von einer gerichtlichen Behörde angehört worden ist. Diese Verpflichtung rechtfertigt sich ebenso sehr durch das Fehlen des Erfordernisses, die Beschwerde zu begründen ( Art. 450e Abs. 1 ZGB ), wie durch die Notwendigkeit für die Beschwerdeinstanz, sich über die Situation des Betroffenen eine eigene Meinung zu bilden (E. 4).
Art. 450e Abs. 1 ZGB Sachverhalt ab Seite 258
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 139 III 257 S. 258
BGE 139 III 257 S. 258
A. Son attention ayant été attirée sur la situation de X., né le 24 juin 1964, par le CHUV, où celui-ci avait été hospitalisé à de multiples reprises aux urgences pour des intoxications alcooliques massives, la Justice de paix du district de Lausanne (ci-après: Justice de paix) a ouvert une enquête en interdiction civile et en placement à des fins d'assistance par décision du 1 er avril 2010.
A. Le 23 août 2011, elle a prononcé l'interdiction civile (ancien art. 370 CC ) et le placement à des fins d'assistance de l'intéressé pour une durée indéterminée dans un établissement approprié; le tuteur général a été désigné en qualité de tuteur. L'expertise psychiatrique du 23 juin 2011 effectuée par le Dr Y. constatait que l'intéressé souffre d'une dépendance à l'alcool sévère, qu'il présente un danger pour lui-même en raison de ses consommations massives d'alcool et de ses sevrages brutaux sans contrôle médical et que si un sevrage d'alcool devait être prévu à nouveau, il devrait se dérouler en milieu somatique en raison des antécédents de crises d'épilepsie de l'intéressé. art. 370 CC Le 15 février 2012, le placement d'urgence de l'intéressé à l'Hôpital de A. a été ordonné par le tuteur général. L'intéressé y a résidé jusqu'au 3 octobre 2012, date à laquelle il a été transféré à la Fondation Z., institution qui n'est pas spécialisée dans le suivi et le traitement de patients présentant une dépendance à l'alcool. Le 6 septembre 2012, l'intéressé, alors assisté de son conseil, avait été entendu oralement par le juge de paix.
B. Lors de son audience du 1 er novembre 2012, le juge de paix a entendu l'intéressé, assisté de son conseil, qui a sollicité la levée de son placement à des fins d'assistance. Son assistante sociale a conclu au maintien de la mesure de placement.
B. Le 8 novembre 2012, le directeur de la Fondation Z. a requis le transfert de l'intéressé à l'Hôpital de A., celui-ci ne respectant pas le cadre qui lui était imposé pour être accueilli à la Fondation Z. Le 13 novembre 2012, l'assistante sociale a conclu à la levée du placement, qui n'atteignait pas son but depuis plusieurs mois, l'intéressé étant la majeure partie du temps chez son amie et de temps en temps à l'Hôpital de A. et ne respectant pas le cadre de la Fondation Z.; elle considérait que l'intéressé pourrait vivre chez son amie, tout en étant suivi en addictologie en ambulatoire.
Lors de sa séance du 26 novembre 2012, la Justice de paix a procédé à l'audition de l'intéressé, assisté de son conseil. BGE 139 III 257 S. 259
BGE 139 III 257 S. 259
Par décision du même jour, notifiée à l'intéressé le 6 février 2013, la Justice de paix a clos l'enquête en mainlevée de la mesure de privation de liberté à des fins d'assistance/placement à des fins d'assistance et maintenu cette mesure pour une durée indéterminée. Elle a considéré qu'il y avait lieu de maintenir le placement, l'intéressé refusant toute assistance et ne semblant pas avoir pris conscience de la gravité de son trouble et de ses répercussions sur sa santé.
Contre cette décision, X. a recouru à la Chambre des curatelles du Tribunal cantonal du canton de Vaud (ci-après: Chambre des curatelles) le 18 février 2013.
Statuant le 7 mars 2013, la Chambre des curatelles a rejeté le recours et confirmé la décision du 26 novembre 2012.
C. Par arrêt du 6 juin 2013, le Tribunal fédéral a admis le recours interjeté par X. contre cette décision, annulé l'arrêt attaqué et renvoyé la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle instruction et décision dans le sens des considérants.
C. (résumé)
Erwägungen
Erwägungen Extrait des considérants:
4. Le recourant reproche à la Chambre des curatelles de n'avoir pas procédé à son audition personnelle comme le lui impose l' art. 450e al. 4 CC.
4. art. 450e al. 4 CC 4.1 A cet égard, la Chambre cantonale a considéré qu'il en va de même pour l'expertise et pour l'audition personnelle. Si l' art. 450e al. 3 et 4 CC prévoit tant l'expertise que l'audition personnelle de l'intéressé, cela ne vaut, dans le canton de Vaud, dans lequel l'autorité de protection de l'adulte est une autorité judiciaire, que pour la première autorité judiciaire compétente, soit l'autorité de protection de l'adulte. En d'autres termes, ni l'audition personnelle ni l'expertise n'ont à être réitérées devant l'instance judiciaire de recours. Aucun élément du Message du Conseil fédéral n'exprime l'idée que deux juges successifs devraient procéder chacun à une audition personnelle. Elle se réfère à l'auteur THOMAS GEISER (in Basler Kommentar, Erwachsenenschutz, 2012, n° 25 ad art. 450e CC ), qui exclut ce cas de figure, et estime qu'il y a donc lieu d'interpréter l' art. 450e al. 4 CC contra litteram, en ce sens qu'une audition personnelle n'est pas nécessaire en deuxième instance.
4.1 art. 450e al. 3 et 4 CC art. 450e CC art. 450e al. 4 CC 4.2 Sous l'empire du droit antérieur, en vigueur jusqu'au 31 décembre 2012, la décision de privation de liberté à des fins d'assistance BGE 139 III 257 S. 260 (ancien art. 397a CC ) était prise par une autorité de tutelle ou, en cas de péril en la demeure, par un autre office approprié (ancien art. 397b al. 1 CC ). Si l'autorité de tutelle avait ordonné la mesure, elle était compétente pour la lever; dans les autres cas, la compétence appartenait à l'établissement (ancien art. 397b al. 3 CC ). La personne en cause pouvait en appeler par écrit au juge (ancien art. 397d al. 1 et 2 CC : "Contrôle judiciaire"). Le droit fédéral imposait que, pour ce contrôle, le juge de première instance entende oralement la personne (ancien art. 397f al. 3 CC ). Selon la jurisprudence, cette audition personnelle prévue par l'ancien art. 397f al. 3 CC garantissait, d'une part, le droit d'être entendu ( art. 29 al. 2 Cst. ) sur le plan de la loi et, d'autre part, le droit à une audition personnelle, dans un domaine qui touche à un bien important et qui, pour y porter atteinte, exige une impression propre du juge ( ATF 115 II 129 ); la jurisprudence avait même exigé que l'ensemble du collège chargé du contrôle judiciaire doive entendre l'intéressé, ce qui a été abandonné dans le nouveau droit. Dans l'ancien droit, la procédure de recours n'était pas réglée par le droit fédéral. Dans un arrêt non publié (5A_564/2008 du 1 er octobre 2008 consid. 2.1), rendu dans une affaire vaudoise, le Tribunal fédéral avait jugé que l'ancien art. 397f al. 3 CC ne conférait pas à l'intéressé le droit d'être entendu oralement par le Tribunal cantonal.
4.2 BGE 139 III 257 S. 260
art. 397a CC art. 397b al. 1 CC art. 397b al. 3 CC art. 397d al. 1 et 2 CC art. 397f al. 3 CC art. 397f al. 3 CC art. 29 al. 2 Cst. art. 397f al. 3 CC 4.3 L'exigence de l'audition personnelle a été reprise dans le nouveau droit à l' art. 447 al. 2 CC pour la procédure devant l'autorité de protection de l'adulte, qui statue, normalement, sur le placement à des fins d'assistance et la libération ( art. 428 al. 1 CC ). Selon l' art. 447 al. 2 CC, en cas de placement à des fins d'assistance, la personne concernée est en général entendue par l'autorité de protection de l'adulte réunie en collège. Le Message du 28 juin 2006 du Conseil fédéral concernant la révision du code civil suisse (Protection de l'adulte, droit des personnes et droit de la filiation [ci-après: Message]) précise que, contrairement au droit actuel, la possibilité de déléguer l'audition à un membre de l'autorité est admise exceptionnellement (avec référence aux ATF 110 II 122, ATF 110 II 124 consid. 4) et que l'on pourrait aussi renoncer à une audition personnelle si, par exemple, la personne concernée la refuse ou parce que sa réalisation est rendue impossible pour d'autres motifs (avec renvoi à l' ATF 116 II 406 ; Message, FF 2006 6712 ad art. 447).
4.3 art. 447 al. 2 CC art. 428 al. 1 CC art. 447 al. 2 CC L'audition personnelle est également imposée à l'autorité de recours par l' art. 450e al. 4 1 re phrase CC. Aux termes de cette disposition, BGE 139 III 257 S. 261 l'instance judiciaire de recours, en règle générale réunie en collège, entend la personne concernée. Selon le Message, cette disposition correspond à l'ancien art. 397f al. 3 CC et à l' art. 447 al. 2 CC ; par ailleurs, toujours selon le Message, elle énonce clairement que l'autorité judiciaire de recours également doit, en règle générale, entendre la personne concernée en tant qu'autorité collégiale (Message, FF 2006 6719 ad art. 450e). art. 450e al. 4 1 BGE 139 III 257 S. 261
art. 397f al. 3 CC art. 447 al. 2 CC Cette exigence de l'audition personnelle s'inscrit dans le cadre de la seule voie de recours prévue par le droit fédéral, qui est une voie de recours ordinaire conférant à l'instance de recours un pouvoir d'examen complet en fait et en droit ( art. 450a CC ), seule l'absence d'effet suspensif, justifiée par le fait que le placement est souvent ordonné dans une situation de crise et ne supporte donc aucune attente, lui donnant, dans cette mesure, le caractère d'une voie de droit extraordinaire (Message, FF 2006 6719 ad art. 450e). L'autorité de recours examine d'office la décision de première instance, en appliquant la maxime inquisitoire et la maxime d'office, en règle générale en se limitant seulement à l'étendue du recours, mais en allant au-delà si besoin est (Message, FF 2006 6715 ch. 2.3.3). L'élément décisif en faveur de l'interprétation littérale de la disposition litigieuse réside dans le fait que, en vertu de l' art. 450e al. 1 CC, le recours ne doit pas être motivé, même s'il doit être néanmoins formé par écrit (Message, FF 2006 6719 ad art. 450e). Si le recours n'a pas à être motivé, c'est parce que l'intéressé pourra exposer ses motifs oralement lors de son audition personnelle par l'autorité de recours. La question de savoir si l' art. 450e al. 1 CC s'applique également aux autres personnes ayant qualité pour recourir au sens de l' art. 450 al. 2 CC peut en l'espèce rester ouverte. L'audition personnelle de l'intéressé est de surcroît nécessaire pour permettre à l'autorité de recours de se forger sa propre opinion quant à la situation de l'intéressé, ce d'autant que celle-là a pu évoluer depuis la décision rendue en première instance. On relève en outre que le législateur n'a pas perdu de vue que, selon le droit cantonal, l'autorité de protection de l'enfant et de l'adulte peut être un tribunal ou un organe administratif puisqu'il a rappelé cette circonstance dans son Message quelques lignes plus haut, prévoyant que l'appel au juge - le "contrôle judiciaire" - contre une décision de placement prise par un médecin par exemple ( art. 439 CC ) peut être de la compétence de l'autorité de protection si elle est un tribunal, mais que, si elle est un organe administratif, le canton doit prévoir une compétence judiciaire BGE 139 III 257 S. 262 speciale, qui ne doit pas être l'instance de recours. On ne saurait donc en déduire que le législateur a méconnu ce point lorsqu'il a prévu que l'instance de contrôle judiciaire doit entendre l'intéressé en personne. art. 450a CC art. 450e al. 1 CC art. 450e al. 1 CC art. 450 al. 2 CC art. 439 CC BGE 139 III 257 S. 262
La Chambre cantonale se réfère certes à THOMAS GEISER (op. cit., n° 25 ad art. 450e CC ) pour appuyer son point de vue. La citation est toutefois ambiguë. Les cantons peuvent prévoir une procédure judiciaire de recours comportant deux échelons (DANIEL STECK, in Erwachsenenschutz, 2013, n° 18 ad art. 443-450g et n° 10 ad art. 450 CC ), le droit fédéral n'imposant qu'une instance judiciaire de recours (Message, FF 2006 6715 ch. 2.3.3). Or, il n'est pas possible d'exclure, comme l'a compris DANIEL STECK (op. cit., n° 19 ad art. 450e CC ), que THOMAS GEISER ait envisagé là la possibilité de renoncer à l'audition personnelle devant la deuxième autorité de recours. art. 450e CC art. 450 CC art. 450e CC Enfin, il ne s'impose pas de traiter l'expertise et l'audition personnelle en procédure de recours de manière identique. D'ailleurs, le Message précise expressément que si l'autorité de protection de l'adulte a déjà demandé une expertise indépendante, l'instance judiciaire de recours peut se baser sur celle-ci (Message, FF 2006 6719 ad art. 450e).
La Chambre des curatelles n'ayant pas procédé à l'audition personnelle de l'intéressé, qui n'avait ni renoncé à son droit, ni n'était empêché pour quelque motif que ce soit, elle a violé l' art. 450e al. 4 1 re phrase CC. Il s'ensuit que l'arrêt attaqué doit être annulé. art. 450e al. 4 1
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