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2024-03-28 09:19:09
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2025-03-11 12:39:42
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Diese fünf Acts musst du am Frequency gesehen haben, um mitreden zu können
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Wir wissen, was ihr kommendes Wochenende machen werdet. Ihr werdet am Frequency sein, mit hundertausend anderen Irren, wie zum Beispiel uns. Und wenn ihr nicht physisch dort seid, dann mit dem Geiste. Es wird nämlich schwer sein, dem größten Festival Österreichs (jaja, nach dem Donauinselfest) ausweichen zu können. Euer Newsfeed wird voll davon sein, Instagram solltet ihr meiden, wenn ihr euch heuer keine Tickets leisten könnt. Und wenn ihr in St. Pölten wohnt, hoffen wir für euch, dass ihr euch schon auf die Invasion der Rausch-Zombies vorbereitet habt. Im besten Fall werdet ihr aber tatsächlich selbst vor Ort sein, selbst Zombie sein und euren Freunden—sofern es das Netz erlaubt—den Newsfeed vom Green Park aus verhauen. Festivals folgen ja einem gewissen Muster: Man trinkt Bier, man stellt sein Zelt auf, man trinkt Bier, man trinkt mit Fremden Bier, man trinkt Bier, man geht abends irgendwann aufs Gelände und trinkt Spritzer. In diesem Ton geht es drei Tage durch. Weil im Delirium oft eines zum Anderen kommt, ist es schon passiert, dass nach dem Festival nichts anderes übrig bleibt, als der schlimmste Kater eures Lebens. Ihr habt keine der Bands gesehen, die ihr euch vorgenommen hattet und habt den Campingplatz nur verlassen, weil ihr euch verlaufen habt, als ihr nach Gras gesucht habt. Während eure Freunde bei der Heimfahrt von ihren Lieblingsmomenten mit euren Lieblingsmusikern erzählen, speibelst du immer noch ein bisschen auf dein T-Shirt, das du seit vier Tagen durchgehend anhast. Das ist nicht schön. Selbst wenn ihr zu jenen Banausen zählt, die nicht wegen der Musik hinfahren (ihr gehört ja eigentlich auf Festivals verboten), solltet ihr euch zumindest diese Acts ansehen, um sagen zu können, dass ihr dabei wart. Wenn ihr eh wegen der Musik hinfährt, ändert es nichts daran, dass das die Bands sind, die ihr gesehen haben müsst, um mitreden zu können. Auch wenn die Chemical Brothers am FQ 2011 gespielt haben, heißt das nicht, dass sie nicht auch 2015 zu einer jener Bands gehören, die man sich unbedingt ansehen sollte. Warum? Zum Beispiel weil Born in the Echoes, das achte Studioalbum der Chemical Brothers, ein mehr als würdiger Nachfolger von Further ist, weil die Chemical Brothers dir live den Atem aus deinem Organismus reißen und dein Körper anfängt, so viele Endorphine zu erzeugen, dass du Drogen aus deinem Leben streichen wirst. Wer die Brothers mal live gesehen hat, weiß, dass man noch so besoffen vor ihnen stehen kann—am nächsten Tag wirst du dich noch an jedes Detail des Konzerts erinnern können. Dabei ist es scheißegal wie die Setlist aussehen wird, ihr werdet nicht enttäuscht sein. Auch wenn Rowlands und Simons nicht mehr unbedingt als Trendsetter der Stunde bezeichnet werden können, macht sie das nicht weniger relevant. Ihre Show zählt zu den energetischsten, die ich jemals sehen durfte. Die Chemical Brothers werden euch Kopf und Herz verdrehen. Dass Kendrick Lamar endlich nach Österreich kommt, ist für viele schon jetzt das Highlight dieses Jahres. Mit To Pimp a Butterfly hat er uns es auch schwer gemacht, uns vor Vorfreude nicht anzupissen. Der 28-jährige Rapper hat die Stoßgebete seiner österreichischen Fans erhört und ich traue mich vorrauszusagen, dass Kendrick das gesamte Frequency auf ein anderes Level heben wird. Und das aus dem simplen Grund, dass er die Gegenwart und die Zukunft eines Genres ist, in dem es sonst nur um Hoes und Weed geht. Außerdem: Wer will das Konzert von einem Typen verpassen, der wahrscheinlich das Album des Jahres gemacht hat? Ehrlich, solltet ihr es tatsächlich schaffen, ihn zu versäumen, weil ihr mit einem Typen namens Engelbert Trichter gesoffen habt, wird euch das nicht nur zum Spott des guten Geschmacks machen, sondern euch ein Leben lang daran erinnern, dass ihr das einzig Gute, das euch passieren hätte können, hinter einen höllischen Kater gestellt habt. Ihr glaubt wir machen Witze? Manchmal schon, aber das hier meinen wir sehr ernst. Wer sich letztes Jahr auf Helge Schneider gefreut hat, der kommt auch heuer auf seine Kosten. Nach zehn warmen Bier und einem Tequilla-Menü kann es nur eine Band geben, die man sich zur eigenen Belustigung ansehen sollte. Diese Band macht irgendwas zwischen Nu Metal, Electro-Pop und Scherz und hat seit „In the End“ anscheinend tatsächlich noch Singles und Alben veröffentlicht. Außerdem habe ich mir von meinem Kollegen sagen lassen, dass Linkin Park jetzt so wie Coldplay klingen. Also komischen Club-Pop machen, der lame genug ist, um auf Ö3 auf und ab gespielt zu werden. Das klingt nach viel zu viel Spaß, um sie sich nicht anzusehen. Linkin Park kommen in dieser Aufzählung übrigens deshalb nach Kendrick Lamar, weil sie auch am Frequency nach Kendrick Lamar auf der gleichen Bühne, spielen. Wie ist das nur möglich? Wie?! Fallt es euch auch auf? Das heurige Frequency könnte ziemlich lustig werden. Eigentlich wäre das ja auch mit K.I.Z. so. Auf Hurra, die Welt geht unter ist das ein bisschen anders. Das neueste Studioalbum der Berliner ist aber ernster und ja, zeitweise fast ein bisschen traurig. Aber wer nach vier Jahren Album-Pause zurückkehrt, darf sich schon auch mal verändern. Dass es mit K.I.Z. trotz weniger Punchlines sehr unterhaltsam wird, wissen wir nicht erst seitdem wir mit ihnen auf einem Panzer durchs Dorf gefahren sind. Alles können und wollen wir euch dann doch nicht vorkauen. Lasst euch treiben, bleibt bei einem Act hängen, von dem ihr noch nie zuvor gehört habt, lauft zu Interpol, denkt dabei an eure erste große Liebe (was auch bedeuten würde, dass ihr vermutlich schon zu alt für Festivals seit, aber who cares) und heult euch die blutunterlaufenen Augen aus dem Kopf. Hofft, dass TV on the Radio ihre Version von „Heroes“ spielen, die es übrigens schon lange vor Game of Thrones gab, ihr Nerds. Oder seht euch Casper an, wenn ihr mal in ihn verliebt wart oder es seid. Oder Major Lazer—solltet ihr schon am ersten Tag schlecht drauf sein und mit eurer Zeltnachbarin gestritten haben. Macht irgendwas davon, aber macht es. Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.
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Isabella Khom
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2015-08-18T11:25:00+00:00
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2024-07-31T00:09:04+00:00
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https://www.vice.com/de/article/diese-fuenf-bands-musst-du-am-frequency-gesehen-haben-um-mitzureden-987/
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Linkin Park verabschieden sich mit neuem Musikvideo von Chester Bennington
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Am 20. Juli ist Chester Bennington gestorben und noch immer fühlt es sich surreal an, das zu schreiben. Zu schockierend sein Tod, zu groß die Lücke, die der Linkin Park-Sänger hinterlassen hat. Wie es für die restlichen Bandmitglieder weitergeht und ob sie mit einem neuen Sänger weitermachen, bleibt ungewiss. Dafür haben sie jetzt eine große Memorial Show in Los Angeles angekündigt und ein neues Musikvideo zu dem Song “One More Light” veröffentlicht, um sich von Chester zu verabschieden. Mike Shinoda erklärt in der Videobeschreibung nochmal, warum gerade dieser Song dafür perfekt geeignet ist: “One More Light wurde mit der Intension geschrieben, Liebe an alle zu geben, die jemanden verloren haben. Jetzt sind wir selbst jene, die sie erhalten.” Folge Noisey auf Facebook, Instagram und Snapchat.
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Noisey Staff
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2017-09-18T16:36:09+00:00
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2024-07-30T20:46:40+00:00
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https://www.vice.com/de/article/linkin-park-verabschieden-sich-mit-neuem-musikvideo-von-chester-bennington/
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Die Frau hinter dem bekanntesten Kannibalen der Popkultur
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Die Ästhetik des Barbarischen ist das, was das Food-Styling in Hannibal—der mittlerweile abgesetzten Serie über den belesenen Kannibalen Hannibal Lecter—außergewöhnlich gemacht hat. Ein pinkes und saftiges Stück Fleisch, eingewickelt in ein Bananenblatt und benetzt von einer Granatapfel-Reduktion ließ sogar ein menschliches Bein lecker aussehen. Janice Poon ist die Food-Stylistin, die dafür verantwortlich war, grässliche Verbrechen in köstliche Mahlzeiten zu verwandeln. Nun teilt sie ihre Erfahrungen in einem neuen Kochbuch mit dem Titel Feeding Hannibal: A Connoisseur’s Cookbook, das im Oktober erscheinen soll und auf Amazon vorbestellt werden kann. Als jemand, der gemeinsam mit Freunden chinesisches Essen bestellt und Shrimps gemampft hat, während er sich die Serie angesehen hat, kann ich bestätigen, dass das Essen in Hannibal nicht nur gut aussah, sondern auch ziemlich appetitanregend war—ganz nach Poons Plan. „Das war immer mein Ziel!”, sagt sie mir aufgeregt über Skype von ihrem Home Office in Toronto aus. „Unser Hannibal war einfach unwiderstehlich. Er war böse, aber man musste einen Bissen davon haben.” Das Buch umfasst 100 Rezepte aus der Show, aber auch viele vegetarische Alternativen, für all diejenigen, die nicht so auf Mord und Body-Horror stehen. Poon arbeitet schon seit ihrer Kindheit mit Essen. Aufgewachsen ist sie in einer kleinen Stadt in Alberta, wo Poons Familie einige Restaurants besaß. Einige ihrer frühesten und liebsten Erinnerungen sind davon, wie sie in einer Bäckerei auf einer Coca-Cola-Kiste stand und Miniaturbackwaren kreierte. Janice bei der Arbeit. „Als ich noch zu jung war, um zu sagen: ‚Das ist eklig’, habe ich Lebern geputzt”, erinnert sich Poon. „Ich hab es einfach getan, weil es mir gesagt wurde: Du putzt jetzt Shrimps und nimmst Hühnchen aus. Statt mit Barbies zu spielen, habe ich Eingeweide geschnitten.” Obwohl sie sich selbst immer als Künstlerin betrachtet hat, war Poon niemals ein Fan des armen Künstlerdaseins: „Ich möchte nicht hungern müssen”, sagt sie. Sie hat sich in vielen Bereichen der Kunst versucht. Poon hat als Art Director in einer schicken Werbeagentur gearbeitet, dann als Innenarchitektin und Dekorateurin für eine saudische Prinzessin, dann hat sie einen Laden für Quilts eröffnet und irgendwann kam sie wieder zurück zum Essen. „Man nutzt sein Know-How und das einzige, was sich wirklich ändert, ist die Berufbezeichnung”, sagt Poon. Während unseres Gesprächs erinnert sie mich immer wieder daran, dass „alles dasselbe ist.” Sie ist eine Bildhauerin und die Arbeit in Hannibal war einfach eine neue Übung im 3D-Modellieren. „Es ist wie Skulptur anzufertigen, nur anders herum: Man nimmt etwas dreidimensionales und versucht herauszufinden, wie es zweidimensional am besten aussehen wird”, sagt sie. „Bryan sagte, es sollte alles filmisch aussehen. Was er damit meinte, war, dass jedes Bild wie ein Gemälde aussehen sollte.” Der Macher von Hannibal, Bryan Fuller hat ihr bei der Serie ziemlich freie Hand gelassen. Sie las das Drehbuch, sah sich das Set an und ließ ihrer Fantasie freien Lauf. Wenn man bedenkt, dass sie einem Mann nacheiferte, der einst ein menschliches Bein in Hühnerfrikassee verwandelt hat, dann stellte sich Poon einer ziemlich großen Herausforderung. Sie las Drehbücher und gestaltete dunkle, aber auch humorvolle Stillleben und ließ sich vom Set inspirieren. „Du gehst ans Set und siehst, dass Hannibal einen Pepitaanzug und eine Paisleykrawatte trägt. Sein Esszimmer ist voller Kronen und Pfauenfedern. All das erzählt mir etwas über die Geschichte”, sagt sie. „ Und ich wollte, dass auch die Teller eine Geschichte erzählen. Dieses ganze Ding von Hab Angst vor mir und Respektiere mich: Er war als Charakter einfach der pedantischste Typ, mit dem ich je konfrontiert wurde—in der Fiktion und auch sonst.” Am Ende unseres Telefonats sagt Poon, dass sie gerade die Fotografien für das Kochbuch fertig macht. Sie hat jedes Stillleben und jedes Rezept darin selbstgemacht, was es nicht nur zu einem offiziellen Hannibal-Fanartikel, sondern auch zum einem persönlichen Werk der Künstlerin macht. Neben dem Kochbuch arbeitet sie auch an den Blumenarrangements für eine Hochzeit und malt Bilder für einen neuen Film. Ihr Arbeit an Hannibal war etwas neues, eine Herausforderung, aber—wie sie sagt—„sind die herausforderndsten Aufgaben auch die dankbarsten. Man hat es getan, weil man es gerne getan hat.”
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Carli Velocci
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Identity
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2016-04-12T10:08:21+00:00
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2024-07-30T23:50:16+00:00
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https://www.vice.com/de/article/die-frau-hinter-dem-bekanntesten-kannibalen-der-popkultur-hannibal/
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Dinge, die ich beim Lesen meiner alten Tagebücher gelernt habe
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Wenn wir Menschen irgendein ausgeprägtes Talent haben, dann ist das wahrscheinlich unsere Fähigkeit, die Vergangenheit zu verklären. Ich bin mir nicht sicher, ob es gut oder schlecht ist, dass ich mich dieser Möglichkeit zumindest zum Teil beraubt habe, indem ich jahrelang Tagebuch geführt habe. Immerhin kann ich heute ganz genau nachlesen, wie es wirklich war (zumindest aus der Sicht meines früheren Ichs). Andererseits habe ich meine alten Tagebücher erst diese Woche wieder ausgegraben und hatte damit also sehr lange Zeit, die Vergangenheit doch noch zu verklären. Und ich hätte sie auch nicht wieder aufgeschlagen, wenn ich nicht nach dem Datum einer bestimmten Begebenheit gesucht hätte. Eine volle Stunde lang konnte ich nicht aufhören, zu lesen, mich zu schämen und zu denken: Wenn ich in 10 Jahren das lese, was ich jetzt schreibe, werde ich mich dann genau so schämen? Wahrscheinlich. Wahrscheinlich macht es aber genau deswegen Spaß. Hier sind also ein paar Dinge, die ich beim Lesen meiner Tagebücher gelernt habe. Die Namen der Beteiligten wurden zu unser aller Wohl geändert. Heute hasse ich Smileys, ich möchte bei das/dass-Fehlern von anderen Menschen heulen und wenn mir jemand eine Nachricht schreibt, in der so etwas Wahnwitziges wie *grins* vorkommt, möchte ich Gabriele Heinisch-Hosek und den ORF nehmen und ganz fest schütteln. Bildung(sauftrag), fünf, setzen! Ich würde gerne behaupten, dass das schon immer so war, ich schon in der Grundschule meiner Sitznachbarin erklärt hätte, wann das und wann dass kommt, aber so ist es leider nicht. Ich war in Rechtschreibung eigentlich immer gut, aber wie allen anderen hat es auch mir in den 00er-Jahren irgendwie das Gehirn zerschmolzen und iCh haBe nuR nOch sOo geSchRieBen*. Hier ein Zitat aus meinem Tagebuch, April 2005: Haben heute in der Stadt übrigens Felix getroffen. Er hat die Haare geschnitten und sieht jetzt endgeil aus. *g*. *g*, +g+, -g- und gg ist das gleiche wie grinsen. grins.! +hihi+ Wooa, der Sommerbeginneintrag ist 4 Seiten lang geworden. *gäähn*. Bon nuit. Als ich 15 war, ist mein erster Freund bei einem Autounfall gestorben. Ich weiß noch genau, wie schlimm das damals war. Ich habe Red Hot Chili Peppers und Linkin Park gehört, geheult, laut mitgesungen, geheult, Gedichte über das Sterben geschrieben, geheult und geritzt. Das hat mir damals irgendetwas gegeben, das ich heute absolut nicht mehr erklären kann. Jedes Mal, wenn es jemand gesehen hat, habe ich mich in Grund und Boden geschämt, aber damit es niemand sieht, hatte ich bei 35 Grad einfach auch lange Ärmel an. Natürlich hat das auch meine Mutter mitbekommen—wie sie nicht wahnsinnig geworden ist weiß ich bis heute nicht. Im Nachhinein kann ich jedenfalls sagen, dass ich die Energie des Ritzens wohl besser in anderes stecken hätte sollen. Jugendlichsein zum Beispiel. Oder Mathe verstehen. Oder bessere Gedichte schreiben. Jugendliche sind schrecklich. Eh. Sie sagen Dinge wie Swag und Sheesh und Yolo und andere Dinge, die ich auch schon nicht mehr kenne, weil sie aktueller als 2011 sind. Sie wissen nicht mehr, was VHS-Kassetten sind oder dass Britney Spears mal süß war. Als wären wir damals anders gewesen. Wenn ich heute noch sage, dass etwas „voll cool” ist, dann schüttelt mein Papa den Kopf. Unser Sheesh war, DaSs wir sOo geSchRieBen und dass wir mit *rofl* und *gg* zu Ausdruck gebracht haben, wenn wir was lustig fanden. Dass wir Halloween und Valentinstag zu zelebrieren begonnen und mit x unsere nutzerxnamen auf Eventshooters und sms.at getrennt haben. Jugendliche sind unverständlich, egal in welchem Jahrzehnt. Ich war seit Ewigkeiten nicht mehr so richtig verliebt. Lange dachte ich, dass das früher anders war, weil ich damals irgendwie alle paar Monate einen neuen Freund hatte. Aber das stimmt eigentlich alles nicht. Ich bin auch heute noch alle 2 Tage in jemand anderen verknallt—nur weiß ich mittlerweile, dass das in Wahrheit nichts ist. Schon gar nicht Liebe. Mit 15 weiß man das halt noch nicht so ganz. Man verliebt sich also mit der Zeit nicht seltener—oder ich zumindest nicht. Man weiß nur irgendwann, was der Unterschied zwischen verknallt und verliebt sein ist. Es mag schon sein, dass „write drunk, edit sober” eine gute Formel ist, wenn man Romane schreiben möchte, aber ich verstehe auch, weshalb Hemingway so ein glühender Anhänger von Schreibmaschinen war. Große Teile meines nach dem Fortgehen Geschriebenen kann ich nämlich nicht mehr lesen. Wahrscheinlich ist das gut, weil die Teile, die ich lesen kann, sowieso peinlich genug sind. Aber das Schöne am Tagebuch ist, dass man nüchtern und betrunken schonungslos ehrlich ist. Ich habe einige Dinge gelesen, die ich tatsächlich schon verdrängt hatte. Es passiert nicht selten, dass ich innerhalb eines Tages zirka 100 Mal zwischen „ich liebe mein Leben und jeden Menschen dieser Erde” und „vielleicht wäre sterben auch nicht schlecht” hin und her schwanke. Das ist für mich völlig normal, nervt vielleicht ab und zu, aber wie langweilig wäre das Leben, wenn man voll und ganz stabil wäre? Aber, holy shit, die Gefühlsschwankungen, die ich als Teenager hatte, kann nicht einmal ich heute noch nachvollziehen. Wie ist es möglich, dass wir uns früher nicht alle in eine heulende und an Sex denkende Wolke aus Tränen, Blut und Hormonen aufgelöst haben? Deswegen schulden wir unseren Eltern einfach alles. Egal, was uns unsere Kinder antun werden: Wir haben es verdient. Meine Mama hat es mal sehr schön formuliert: „Teenager kann man nur lieb haben, weil man sie davor 13 Jahre lang lieben gelernt hat.” Das stimmt. VIDEO: Wenigstens bin ich nicht aus Plastik. So daneben wie es ist, wenn wir heute die Vergangenheit idealisieren, so falsch haben wir früher die Zukunft idealisiert. Endlich fortgehen so lange man will, endlich kaufen, was man will, endlich einen Hund haben können. Nur sagt einem halt niemand, dass man nach dem Fortgehen viel verkaterter ist als früher, man sich als Erwachsener auch nicht alles leisten kann, was man gern kaufen würde und ein Hund wirklich sau viel Arbeit bedeutet. Außerdem: Steuern. What up with that? Hätte ich gewusst, was wirklich kommt, hätte ich in meinem ganzen Leben über keine Schularbeit gejammert. Oder darüber, dass ich nur bis 0:00 Uhr fortgehen darf. Unsere Eltern haben sich das also tatsächlich nicht einfach nur überlegt, um uns zu ärgern. Ich führe heute keine Liste mehr, in der ich aufzähle, mit wem ich schon geschmust habe, und ob ich das gut oder schlecht fand. Die Bewertung sah damals übrigens so aus: ++++ Kandidat hat 100 Punkte +++ Sehr gut ++ Gut + *sterbenwill* Das habe ich zum Glück schnell wieder aufgehört. Es gibt also schon Dinge, in denen ich ein bisschen reifer geworden bin. Zitate wie: „Er hat so lange über den Witz gelacht, der nicht mal wirklich lustig war, dass ich ihn jetzt einfach nicht mehr mögen kann” könnten traurigerweise aber auch heute noch von mir kommen. Ich schreib sie nur nicht mehr in ein Tagebuch, in der Hoffnung, sie schnell zu vergessen und möglichst bald zu denken, dass ich mit 25 eigentlich ziemlich super war. Hanna schämt sich sicher auch bald für ihre Tweets: @HHumorlos.
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Hanna Herbst
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2015-06-12T10:55:00+00:00
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2024-07-31T01:13:12+00:00
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https://www.vice.com/de/article/dinge-die-ich-beim-lesen-meiner-alten-tagebuecher-gelernt-habe-463/
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Was Kinder über den Tod sagen
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Bild: Elias Levy | flickr | by CC 2.0 Sadie ist 10 Jahre alt und am besten mit Belle (10) befreundet (sag das nicht Eva). Sadie ist auch am besten mit Eva (10) befreundet (sag das nicht Belle). Außerdem ist das Nachbarsmädchen (8) ihre beste Freundin (was du weder Belle noch Eve erzählen darfst). Ihr Bruder heißt Wolf (17). Dora ist 13 und die Schwester von Will (15) und Bean (11). VICE: Kennt ihr jemanden, der gestorben ist? Sadie: Meine Katze. Belle: Mein Opa, als ich ein Jahr alt war. Dora: Mehrere Typen, die ich umgebracht habe. Will: Nicht viele Menschen sterben. Eva: Mein Charakter in Minecraft. Ungefähr 80 mal. Wie würdet ihr am liebsten sterben? Bean: Ich möchte auf die krasseste Art sterben, die es gibt: Während eines Faustkampfes mit einem Hai, wobei ich ertrinke. Nachbarsmädchen: Auf eine schöne Art. Durch viel Geld. Und ich bin das beliebteste und schönste Mädchen der Welt. Wie kannst du denn davon sterben? Sadie: Sie ertrinkt in ihrem Geld. Wolf: Ich würde gerne sterben, so wie mein Hamster gerade stirbt. Mit warmen Decken und in Ruhe. Und mit einfühlsamen Stimmen. Sadie: Wenn ich 1000 Jahre alt bin. Belle: Ich will nie sterben. Würdet ihr lieber wegen Arthritis qualvoll zusammengerollt herumliegen oder sterben? Sadie: Schmerzen haben ist besser als sterben. Nehmen wir an, ihr sterbt, wenn ihr 5000 Jahre alt seid. Wie wollt ihr dann sterben? Sadie: Auf eine natürlich Art. An einer Krankheit zum Beispiel? Sadie: Nein! Ich meine einfach, dass mich keiner erschießt oder so. Ich würde auch ungern im Magen eines riesigen Fisches sterben, wenn mich einer verschluckt. Da drin kannst du ja eine Weile überleben. Ich würde aber total verrückt werden. Da drin überlebst du eine Minute, bis dich die Magensäure verätzt und dich tötet. Du siehst also, wie sich dein Fleisch von deinen Knochen ablöst, bevor du stirbst. Was denkt ihr, passiert nach dem Tod? Wolf: Ich weiß es nicht. Ich muss es herausfinden. Ich glaube, dass Gott im Himmel herrscht, also kommt Jesus auf die Erde und holt die Leute Menschen ab. Wenn es eine Apokalypse gibt, holt er ihre Körper ab, wenn sie noch leben und ihre Seelen, wenn sie tot sind. Nächstes Jahr soll es eine Supernova geben. Eine Sonneneruption, die die Erde erreicht und die Apokalypse auslöst. Und wir werden in den Himmel kommen oder nach Eden. Was ist mit der Hölle? Wolf: Nun ja, ich bin ein guter Mensch und Gott weiß das. Ich komme wahrscheinlich in den Himmel. Aber ich habe Zaubershows gesehen, also komme ich vielleicht in die Hölle. Belle: Etwa zwei Wochen nach dem Tod beginnst du zu verwesen. Sadie: Nichts passiert. Für mich. Andere Leute sind traurig, weil ich sterbe. Nachbarsmädchen: Ich werde dann zu einem Geist. Wie wird euer Leben als Toter sein? Nachbarsmädchen: Ich werde Sadie heimsuchen. Wenn sie schläft. Und genau dann, wenn sie ihre Augen öffnet, ist mein Kürbisgesicht vor ihr. Was soll mit eurer Leiche passieren? Sadie: Ich will in einem Haus liegen, ganz allein und mit verschlossener Tür. Ein Mausoleum? Sadie: Ja, aber ich will nicht in einem Sarg liegen. Ich will dort in einem Stuhl sitzen. Du wirst verfaulen und Insekten und Maden werden auf dir sein. Sadie: Das ist mir egal. Wer wird dich besuchen kommen, wenn sie durch das Fenster schauen müssen und dich dann sehen, wie du dort in einem Stuhl sitzt ganz voll mit Maden? Sadie: Du kannst mein Haus besuchen. Aber wie soll ich reinkommen? Das Haus ist ja nur für dich. Wäre es nicht toll, eine Metallbox für deine Knochen zu haben, um die herum Leute im kühlen, schattigen Mausoleum sitzen und über dich nachdenken können? Wer wird denn schon in der Hitze draußen stehen und deinem Körper beim Verfaulen zusehen wollen? Sadie: Na ja, das ist meine Meinung! Das ist es, was ich machen will. OK. Ich finde das widerlich. Aber ich muss es respektieren. Sadie: Wenn ich zurück ins Leben kommen sollte und dann in einem Sarg stecke, das wäre widerlich. Nachbarsmädchen: Sadie ist so böse. Wolfgang, erinnerst du dich? Du wolltest, dass deine Leiche draußen herumliegt, damit sie von Tieren gefressen wird. Wolf: Nein. Nachbarsmädchen: Die Tiere sterben dann aber. Sie verhungern. Wolfgang sollte sich darum kümmern. Sadie: Fülle den Magen eines Vielfraßes und es wird zu Scheiße. Das ist der Kreis des Lebens. Wolf: OK, das mache ich. Nachbarsmädchen: Dadurch wird das ganze Rudel von deinem Fleisch leben können. Sadie: Es ist besser, wenn ein Mensch stirbt, anstatt dass ein Mensch und ein Haufen Tiere sterben. Wolf: OK! Ich mache es ja. Lasst meine Leiche einfach im Wald liegen. Nachbarsmädchen: Wolf, wie kannst du es wagen, so mit deinem Körper umzugehen? Ein Wissenschaftler wird ihn vor den Tieren finden und ihn zu einem Roboter machen!
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Lisa Carver
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2012-07-12T08:09:00+00:00
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2024-07-31T06:42:01+00:00
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https://www.vice.com/de/article/stuff-was-kinder-ueber-den-tod-sagen/
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Elon Musk: Geringe Chance, dass unsere Realität keine Simulation ist
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Am Mittwochabend war Elon Musk mal wieder ganz in seinem Element. In einer Talkrunde auf der Recode Code Conference, in der er sich den neugierigen bis absurden Hypothesen des Publikums stellte, antwortete der Geschäftsführer von SpaceX und Tesla auf jede Frage, als hätte er sich schon seit Jahren den Kopf über genau diese Themen zerbrochen. Wahrscheinlich hat er das sogar auch. Eine Frage jedoch stieß in besonderer Weise aus der Diskussion heraus und hinterließ nach ein paar ersten Lachern ziemlich nachdenkliche Gesichter. Musk zeigte sich nämlich überzeugt davon, dass wir mit einer Wahrscheinlichkeit von „eins zu Milliarden” NICHT in einer Computersimulation leben. Der visionäre Geschäftsmann ist also der Überzeugung, dass das Universum, wie wir es kennen, von einer hochentwickelten Künstlichen Intelligenz erschaffen wurde. „Das beste Argument dafür, dass wir uns in einer Simulation befinden ist folgendes: Vor 40 Jahren hatten wir [das Videospiel] Pong, zwei Rechtecke und einen Punkt”, sagte Musk. „So sahen die Games damals aus. Jetzt, 40 Jahre später, haben wir fotorealistische 3D-Simulationen, die von Millionen Menschen simultan gespielt und permanent weiterentwickelt werden. Bald gibt es Virtual Reality, Augmented Reality, und wenn man sich jeden möglichen Fortschritt dazu ausmalt, dann werden sich die Games bald nicht mehr von der Realität unterscheiden lassen.” Diese Hypothese eines simulierten Universums wurde in erster Linie von dem britischen Philosophen Nicholas Bostrom im Jahr 2003 formuliert. Die Annahme erlaubt drei unterschiedliche Erklärungsansätze für die Beschaffenheit unseres Universums, von denen jedoch nur einer zutreffen kann: Und die Philosophie ist nicht die einzige Disziplin, die die Beschaffenheit unserer Realität infrage stellt. Auch die Physik legt unterschiedliche Modelle vor, die unser Dasein in völlig neuem Licht erscheinen lassen könnten. So häufen sich die Hinweise darauf, dass unsere Realität ein gigantisches Hologramm ist, was wiederum nahelegt, dass die Physik einige Tücken hat, die wir uns schlichtweg (noch) nicht erklären können. Andere überlegen, ob es sich bei der vorherrschenden Lebensform unseres Universums um außerirdische Superintelligenzen handelt, und erst dieses Jahr diskutierte eine Gruppe bekannter Wissenschaftler über die Wahrhaftigkeit einer computersimulierten Welt. Elon Musk marschiert mit seiner Behauptung also nur scheinbar auf den Pfaden des Wahnsinns. Musk hält die erste von Bostroms drei Annahmen für korrekt. Er sagt, wir erstellten bereits heute Simulationen von allen möglichen Dingen und mit einer permanent zunehmenden Rechenleistung könnten wir vielleicht auch irgendwann simulierte Welten erschaffen. Wie die moderne Physik beweist, dass wir in einem Multiversum leben „Selbst, wenn der technische Fortschritt von jetzt an um das tausendfache abnimmt—mal dir mal die Zeit 10.000 Jahre in der Zukunft aus, was in der Evolution nichts ist. Wir befinden uns auf einer Zeitschiene in Richtung von Computerspielen, die sich von der Realität nicht mehr unterscheiden lassen. Und diese Spiele könnten mit einer Set-Top-Box oder einem PC gespielt werden, von denen es Milliarden gäbe. Die Chancen stehen also eins zu Milliarden, dass wir in der Wirklichkeit leben”, so Musk. „Sag mir, was an dieser Argumentation falsch ist. Wo ist der Fehler darin?” Musk erklärte außerdem, dass von Bostroms Möglichkeiten die Simulation die angenehmste sei; die anderen sind genau genommen ein ganzes Stück trostloser als die Vorstellung, dass unsere Realität nicht real ist. „Die Wahrscheinlichkeit, dass wir in der Wirklichkeit leben, ist eins zu Milliarden”, sagte er. „Ich denke, es beläuft sich auf eins zu Milliarden. Wir sollten hoffen, dass das stimmt, denn andererseits hätte die Zivilisation aufgehört, sich weiterzuentwickeln, weil verschiedene Katastrophen unsere Zivilisation ausgelöscht haben. Ansonsten würden wir Simulationen kreieren, die sich nicht mehr von der Realtiät unterscheiden ließen oder wir würden aufhören zu existieren. Das sind die beiden Optionen.” Musk hat schon einige Erfahrung mit Gedankenspielen dieser Art und weiß auch um ihre Grenzen. „Es ist schon verrückt, wie viele Simulations-Diskussionen ich schon hatte. Irgendwann drehte sich jedes Gespräch entweder um Künstliche Intelligenz oder Simulationen, sodass mein Bruder und ich uns schlussendlich darauf einigten, solche Themen wenigstens nicht mehr im Whirlpool anzusprechen. Das zerstört einfach die Magie.”
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Jason Koebler
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Die jüdische Russin, die nach Amerika flüchtete und den Frauentag erfand
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In Hunderten Ländern feiern die Menschen am 8. März den Weltfrauentag und richten den Blick auf die Leistungen von Frauen und ihren anhaltenden Kampf um Gleichstellung. Dabei übersehen viele allerdings die radikalen Wurzeln dieses Feiertags und die mutigen Aktivistinnen, die für seine Einführung sorgten. Eine Schlüsselfigur unter ihnen war Theresa Malkiel. Sie arbeitete Anfang des 20. Jahrhunderts in einer New Yorker Kleiderfabrik und führte als sozialistische Gewerkschafterin einen Frauentag ein. Der genaue Ursprung des Weltfrauentags ist unklar, aber Malkiels Frauentag war eindeutig sein Vorläufer. Die russische Immigrantin widmete ihr Leben dem Kampf um bessere Bedingungen für Arbeiterinnen und Einwanderinnen. Dabei konzentrierte sie sich auf wichtige Themen wie das Frauenwahlrecht, Einbürgerung und Zugang zu Bildung. Laut der Historikerin Sally M. Miller wissen wenige überhaupt von Malkiel, viele Details ihrer Biografie sind uns nicht bekannt. Was wir wissen ist allerdings, dass Malkiel eine hartnäckige Frau mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit war. 1891 kam sie mit 17 Jahren nach New York, ihre jüdische Familie war vor dem Antisemitismus in Russland geflohen. Wie viele junge Immigrantinnen hatte sie keine andere Wahl, als ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Sie fand eine Stelle als Kürschnerin in der Textilindustrie. Die Arbeitsbedingungen in dem Gewerbe waren ausbeuterisch: Die Fabriken waren gefährlich überfüllt, 65-Stunden-Wochen waren nichts Ungewöhnliches, Arbeiterinnen mussten von ihrem spärlichen Lohn Nähmaterial kaufen und wurden oft eingesperrt, damit sie keine Pausen machen konnten. Mehr von Broadly: Malala Yousafzai über Geflüchtete, Aktivismus und Frauenrechte Malkiel war überzeugt: Diese Ungerechtigkeit würden Frauen nur überwinden, wenn sie vereint dagegen kämpften. Sie wurde zur Gewerkschafterin. Dabei waren ihr Solidaritätsbekundungen nicht genug; es brauchte strategisches Handeln. “Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass Amerika die Träume lediger Immigrantinnen nicht erfüllte”, merkt Miller an. “Es war das Leben selbst, das sie radikalisierte.” Die Aktivistin nutzte ihre ausgeprägtes Talent fürs Schreiben, um den Kampf der Textilarbeiterinnen zu dokumentieren. Dazu erklärt die Historikerin Annelise Orleck vom Dartmough College: “Sie schrieb für die Tageszeitung der Sozialistischen Partei in New York City, als die Blusenmacherinnen 1909 ihren großen Generalstreik hielten.” An dem Streik beteiligten sich zwischen 20.000 und 40.000 Frauen, es war bis dato der größte Frauenstreik der Geschichte. “Theresa wollte mit Artikeln über diesen und ähnliche Streiks auf die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen”, sagt Orleck. 1910 veröffentlichte Malkiel ihren Roman The Diary of a Shirtwaist Striker. Darin hielt sie den furchtlosen Aktivismus der Arbeiterinnen fest. Ganz vorn steht darin: “Die Autorin widmet dieses Tagebuch liebevoll den namenlosen Heldinnen des Streiks der Blusenmacherinnen.” Als es 1911 in einer Blusenfabrik brannte und 146 Textilarbeiterinnen umkamen, lenkte Malkiels Roman zusätzliche Aufmerksamkeit auf die Missstände und half bei der Durchsetzung von Arbeitsrechtsreformen. Zu den ausbeuterischen Bedingungen in der damaligen Textilindustrie sagt Orleck: “Ja, die Bedingungen waren sehr schwierig, das sind sie aber auch heute noch.” Inzwischen hätten viele Entwicklungen die Triumphe der Arbeiterinnenbewegung des frühen 20. Jahrhunderts untergraben. Die Streikenden erkämpften ein maximale wöchentliche Stundenzahl, Bezahlung für Überstunden, Freizeit an den Wochenenden. “All diese Dinge wurden zum Standard, sind heute allerdings nicht mehr selbstverständlich – weder in den USA noch anderswo”, erklärt Orleck. Zwischen 2000 und 2015 sei die Zahl der Textilarbeiterinnen und -arbeiter weltweit von 20 Millionen auf 60 bis 75 Millionen gestiegen, das Gewerbe hat sich also mehr als verdreifacht. “Die meisten von ihnen sind Frauen, und sie engagieren sich heute in einem weltweiten Kampf, der stark jenem Kampf ähnelt, über den Theresa Malkiel 1909 schrieb.” Malkiel trat der Sozialistischen Partei bei und wurde in deren Nationales Frauenkomitee gewählt. Während ihrer Amtszeit führte sie den Women’s Day ein, der im Februar 1909 in New York begangen wurde. An jenem Tag versammelten sich 2.000 Menschen vor dem Murray Hill Lyceum in der 34th Street, um Reden von Feministinnen und Sozialistinnen zu hören. Die betonten in ihren Ansprachen den Stellenwert der Gleichberechtigung und die Dringlichkeit des Frauenwahlrechts. Waren Malkiel und ihre Zeitgenossinnen das, was wir heute als “radikal” bezeichnen würden? “Das waren sie eindeutig”, sagt die Politikwissenschaftlerin Deborah Stienstra, die sich eingehend mit feministischen Bewegungen in aller Welt beschäftigt. Sie verweist auf das Lied “Bread and Roses“, der in der amerikanischen Arbeiterbewegung sehr bekannt ist. “In Wirklichkeit bedeutet die Befreiung der Frau die Befreiung des Menschen in ihr.” – Theresa Malkiel “In dem Song geht es darum, dass Frauen Zugang zu Essen für ihre Familien haben, dass sie arbeiten können und diese Tatsache feiern”, sagt Stienstra. “Das waren Arbeiterfrauen und nicht Frauen aus der Bourgeoisie. Sie mussten Teil der wirtschaftlichen Produktion sein, um ihre Familie am Leben zu halten.” Malkiel heiratete später zwar einen Geschäftsmann und entkam so dem Leben in der Fabrik, doch ihr Engagement nahm deshalb nicht ab. “Frauenrechte sind Menschenrechte” – lange bevor die modernen Feministinnen der 1980er und 1990er es sagten, stellte Malkiel diesen Zusammenhang her. In einem Essay von 1909 schrieb sie: “Die Frauenfrage ist nicht mehr und nicht weniger als eine Menschenrechtsfrage. In Wirklichkeit bedeutet die Befreiung der Frau die Befreiung des Menschen in ihr.” Was können heutige Frauen von Malkiel und den Rebellinnen ihrer Ära lernen? “Ich glaube, die wichtigste Lektion ist, dass wir gemeinsam stark sind”, sagt Stienstra. “Eine einzelne Stimme ist nicht genug. Wir müssen uns zusammenschließen und ausdauernd Widerstand leisten, Unterdrückung bekämpfen und uns für andere einsetzen, die nicht Teil eines solchen Kollektivs sind.” Theresa Malkiel selbst stand für diese Werte. Heute erinnert an diese Ideale ein internationaler Feiertag, den wir zu einem großen Teil ihr zu verdanken haben. Folgt Broadly auf Facebook, Twitter und Instagram.
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2018-03-08T11:56:32+00:00
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2024-08-12T08:06:35+00:00
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https://www.vice.com/de/article/die-juedische-russin-die-nach-amerika-fluchtete-und-den-frauentag-erfand/
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Exklusive Videopremiere: Sofia Kourtesis—„Las Magnolias“
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Sofia Kourtesis treibt schon seit längerem als DJ ihr Unwesen in Hamburg und Berlin, nun beginnt sie zunehmend an ihrer Karriere als Produzentin eigener Tracks zu arbeiten. In den letzten zwölf Monaten sind nach und nach eigene Tracks auf ihrem Soundcloud-Profil aufgetaucht und zu „Las Magnolias”, dem Stück, das dort bisher die meisten Plays sammeln konnte, legt Miss Sofie aka Sofia Kourtesis nun auch ein Video nach. Darin sind weniger blühende Bäume zu sehen, sondern elegisch schwebende Quallen und Sofia, die gedankenverloren in einem Blumenbeet hockt oder tanzend vor einem Brunnen mit der Kamera flirtet. Regie führte dabei Francisco Alvarez. Im späten Herbst soll ein komplettes Album folgen, Support bekommt Sofia—wie auch beim Song „Las Magnolias”—von Gold Panda, mit dem sie nicht nur privat befreundet ist, sondern in dem sie auch einen ziemlich guten Kollaborateur und Co-Produzenten gefunden hat.
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THUMP Staff
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2014-08-05T14:00:00+00:00
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2024-07-31T04:42:52+00:00
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https://www.vice.com/de/article/sofia-kourtesis-las-magnolias-video-premiere/
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Virgen Blood
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Foto Illustration von K.K. Barrett und Asger Carlsen Als einer der weltweit einflussreichsten Szenenbildner für Filmproduktionen ist K. K. Barrett verantwortlich für das Gesamtbild und die Stimmung von Filmen wie Being John Malkovich, Lost in Translation, I Heart Huckabees und Wo die wilden Kerle wohnen. Seit etwa fünf Jahren arbeiten K. K. und Karen O an einem Projekt mit dem Titel Stop the Virgens. Ursprünglich sollten dabei Videos für eine Serie entsprechender Songs entstehen, diese nahmen schließlich die Gestalt der „Psycho Opera“ an. Das Projekt inspirierte auch die Gestaltung dieses Titelblatts (die zombimäßigen Frauen, die aus Karen O’s durchtrenntem Hals herauskriechen, sind die „Virgens“). Diese Art von Inszenierung kann nur verstehen, wer sie persönlich erlebt hat. Wir haben daher K. K. gebeten, sie uns so gut wie möglich zu erklären. Das hat er, wie wir finden, gut hinbekommen. VICE: Stop the Virgens wurde über Jahre entwickelt und hat verschiedene Umsetzungen durchlaufen. Was war die ursprüngliche Idee? K. K. Barrett: Karen wollte ursprünglich einzelne kurze Filme für eine Serie von Songs, die sie geschrieben hatte, produzieren. Sie hatte einige sehr prominente kreative Regisseure an der Hand, mit denen sie zusammenarbeiten wollte, und ich denke, wir waren dabei, das Projekt auf den Weg zu bringen. Derweil schrieb ich einen Haufen Kurzgeschichten, nicht länger als eine Seite, Gedanken und kleine Great-Escape-Texte. Mit Bezug zu ihren Liedern? Nein, das waren eigenständige Sachen. Ich habe sie ihr nur eines Tages gezeigt und da sagte sie: „Warum schreibst du nicht das Drehbuch für unser Projekt?“ Du kanntest bis dahin die Musik gar nicht? Karen hatte sie ein paar Mal für mich gespielt und sie stand mir auch zur Verfügung. Ungefähr sechs Monate lang schrieb ich an dem Drehbuch, während ich noch mit anderen Dingen beschäftigt und sie unterwegs war. Das war schwer, ich schrieb an dem Drehbuch und dann musste ich es mit dem Lied zusammenführen und wollte keine Unterbrechung zwischen den Liedern, denn dann hätte ich eher ein Musikvideo oder eine Art Schablone in einem Strom von Motiven gehabt. So versuchte ich, eine Erzählstruktur zu entwickeln. Wir lernten in diesem Prozess, dass das keine Erzählstruktur sein dürfte, die von der Rezeption der Lieder ablenken würde. Man will ja keinen Sprech-Gesang hören. Wann kam der Wandel von einem videozentrierten Projekt zu etwas, das mehr dem Theater oder einem Musical ähnelte? Wir spielten mit dem Begriff der Oper, wollten unser Projekt aber nicht so nennen, weil wir keine Assoziationen mit der Rockoper wecken wollten. Und da wir Erfahrung mit der Presse hatten, wussten wir, dass du denen entweder ein Schlagwort anbieten oder sagen musst, was sie denken sollen. Damit kommen sie klar: „Aha, darum geht es.“ Ich las einen Artikel in der Times über den Unterschied zwischen einem Musical und einer Oper und schickte ihn Karen. Die Oper ist nach dieser Definition mehr durch die Emotionalität der musikalischen Darbietung gekennzeichnet als durch die Stimme oder die Melodie der Musik. Es war also die reinere Form, dachten wir. Und so kamen wir zu dem Schluss: „OK, wir werden es Oper nennen.“ Aber die Leute sprachen dann irrtümlicherweise doch von Rockoper. Schließlich dachten wir uns die Bezeichnung „Psycho Opera“ aus und wir wussten, dass es das war. Die Lieder schreiben also das Drehbuch. Das klingt für mich nach Oper. Die Alternative war ein Liederzyklus, aber wir wollten keine Begrenzungen am Ende eines Liedes, dann eine ganz neue Idee, dann ein anderes Lied, das wieder zu einem anderen Motiv überleitet. Wir wollten einen kontinuierlichen Fluss und entschlossen uns, visuelle Einlagen einzusetzen, keine Montagen, die die Geschichte visuell vorantreiben, ohne Dialoge. Das Lied hatte die Kraft, die normalerweise Menschen in ihrer Interaktion und ihren Dialogen entfalten. Wir begriffen das nicht, bis Karen sich damit auseinandersetzte. Sie nahm ein paar Sachen heraus, Charaktere und Mythologie. Aber sie stellte fest, dass sie keine anderen Worte in dem Stück haben wollte außer ihren Liedtexten. Das war natürlich ein Durchbruch. Viele Filme der 60er, zum Beispiel von Kenneth Anger und Stan Brakhage, waren visuelle Dichtungen, die die Musik ergänzten, ohne von ihr abzulenken. Die Virgens sind ein Teil der Mythologie, die du erwähnt hast. Wo kommen sie her? Eine meiner kleinen Geschichten handelt von Zwillingen, die einander nicht ähnlich sehen. Sie springen herum, reisen zu allen möglichen Orten, leben auf dem Mond und werden in Österreich zu Zwillingen getraut. Es ist im Grunde eine Zeitreise durch ein Leben. Bestimmte abstrakte Bestandteile dieser Geschichte schlugen sich auch in unserem Vorgehen nieder. Karen und ich setzten uns zusammen und diskutierten darüber, was wir taten, Lied für Lied, und wir verfilmten das. Sie analysierte das nicht einmal, sie ließ sich von dem Prinzip leiten „Das ist, was ich sehe.“ Wir dachten uns Sachen aus wie zum Beispiel diese beiden Mädchen auf dem Rücksitz eines Cabrios, die dann im Schlaf über der Straße zu schweben beginnen, während sie die Straße hinunterfahren. Das ist alles in dem Drehbuch; das ist, was sie mir erzählt hat. Es gibt einen Moment, in dem sie aufwachen und begreifen, dass sie da oben schweben und dann fallen sie zurück auf die Erde. Wir nahmen diese beiden Mädchen und fingen an, daraus eine Geschichte zu spinnen. Ein anderer wichtiger Aspekt dieser Aufführung liegt darin, dass ihr die Leute zu euch kommen lasst—zumindest am Anfang—anstatt auf Tournee zu gehen. Wir fingen an über Möglichkeiten einer Aufführung zu sprechen, die an einem Ort stattfindet, wo du für eine Woche bleiben kannst. Es kam natürlich das Modell des Theaters ins Gespräch. Das Ensemble geht an einen Ort und die Leute kommen Abend für Abend. Dann packt es seine Sachen und zieht weiter zum nächsten Ort. Das ist immer noch eine Tournee, aber eine humanere Art von Tournee. Kommen wir noch einmal auf die Frage zurück, wie dein Engagement in dem Projekt anfing. Ich wusste, dass du mit Karen befreundet warst, aber ich weiß nicht genau, wie eure Zusammenarbeit in dem Projekt anfing. Ich traf sie durch Spike [Jonze] nach einer Show im Greek Theatre in Los Angeles, wo die [the Yeah Yeah Yeahs] mit einem Supportgig für die White Stripes auftraten. Das war also zu einem sehr frühen Zeitpunkt ihrer Karriere. Ich traf eine Menge Regisseure an der Seite von Karen. Und noch einmal, ich unterstütze sie bei der Reise, aber es ist immer noch ihre Reise, zum größten Teil zumindest. Es ist ihr Baby. Aber ich war da, um zu sagen: „Was machen wir jetzt?“ und die Dinge am Laufen zu halten. Es war irgendwie verblüffend zu sehen, wie Mark [Subias, Produktionsleiter] den Ball annahm, als wir Adam [Rapp, Regisseur] auswählten. Ich wusste nicht, dass er auch Produzent war, beziehungsweise eher eine Art Maschine. Ich wusste auch nicht, dass er eine Maschine ist. Ich dachte, er ist Adams Manager und weiter nichts. Er hatte bereits die Denkweise, die auch uns bestimmte: „Oh, so etwas hat Adam noch nie gemacht.“ Es ist nicht narrativ gesteuert durch Worte, insbesondere nicht durch Worte, die er selbst geschrieben hat. Damit ziehst du dem Typen die Beine weg, weißt du? Er ist es gewöhnt, alles selbst zu kontrollieren. Ja, und auch Wörter rauszunehmen. OK, hier ist etwas, das ich dich bitte zu inszenieren, das du nicht geschrieben hast, und tatsächlich sind da keine Worte. Mit Ausnahme von ein paar Worten zur Orientierung und die werden nicht anders ausgesprochen als in ihrem natürlichen Ausdruck im Lied. Und hier ist die abstrakte Kunst, was passiert und in welche Richtung es geht. Und dann sagt der Manager vielleicht: „Das ist etwas, was du tun solltest.“ Oder Adam hätte sagen können: „Das ist etwas, was ich tun möchte“ oder „Ich weiß nicht, was wir mit dem Zeug hier machen sollen.“ Und Mark sagt: „Ja, das ist großartig!“ Nachdem ihr fünf oder sechs Jahre über eurem Projekt gebrütet oder auch einfach abgewartet habt, denke ich, euch stehen tolle Leute zur Seite und ihr könnt darauf setzen, dass— Die Dinge passieren, wenn sie reif sind dazu. Das habe ich in der Welt des Theaters gelernt. Diese Leute bewegen etwas. In der Filmwelt passiert nichts nach Plan. Und dann triffst du diese Typen vom Theater, die dir vermitteln: „Wir könnten das einfach mal machen. Wir haben einen Raum und bekommen Geld. Alles was wir brauchen, sind ein paar Leute.“ Es wäre spannend, wenn diese Energie der Theaterwelt einmal auf die Filmemacher übergehen würde, aber das dürfte eher selten der Fall sein. Tatsächlich bietet das Theater bessere Möglichkeiten, Low-Budget-Projekte umzusetzen, weil es in einem System funktioniert, das nicht so schwerfällig ist wie das Filmemachen. Und außerdem sind sie besessen von ihren Proben und das ist toll, denn es führt zu einer Disziplin, die du brauchst, wenn du etwas live aufführen möchtest, wenn da ein Publikum direkt vor dir ist und du es anfassen kannst. Du kommst nicht durch nachträgliche Bearbeitungen raus aus dieser Situation. Genau das wollte ich gerade sagen. Im Film wird nicht so viel geprobt, weil es immer die Möglichkeit gibt, einzelne Momente auszuwählen und zu einem Ganzen zusammenzufügen. Das ist den Schauspielern gegenüber unfair, weil sie ihre Rolle wirklichkeitsnah und in Echtzeit darbieten wollen. Ihr Spiel wird aber auseinandergepflückt und dann entschieden, hier bist du gut, da bist du gut und dort bist du gut. Das Ergebnis ist eine Art Frankenstein ihres Spiels. Hat das nicht die Schauspielkunst zerstört? Vielleicht haben wir aus diesem Grund heute Schauspieler, die alle wie Vollidioten rüberkommen? Die Zeiten der Serien a là Playhouse 90s, als eine Live-Aufführung eines Theaterstückes von Anfang bis zum Schluss gefilmt wurde, sind vorbei. Wenn du da auf der Bühne warst, gab es kein Zurück bis zum Ende des Spiels. Aber ich denke, die Schauspieler haben durch diese Veränderungen auch gelernt, sie haben gelernt, dir verschiedene Varianten anzubieten. Lass es mich noch einmal spielen, lass mich dies versuchen oder das tun. Es hat also die Schauspielkunst nicht zerstört, sondern sie auf neue Wege geschickt. Dass jemand es hinbekommt, alle diese kleinen Teile zusammenzufügen, ist genauso beeindruckend. Das Titelbild, das du für uns gemacht hast, ist nicht direkt einer Szene aus Stop the Virgens entnommen, sondern nur von dieser Geschichte inspiriert. Wie bist du auf diese Idee gekommen? Ich habe einen sehr guten Freund in L.A. aus Marks kleiner Familie. Sunny [Gerasimowicz, künstlerischer Leiter] ist mein erster Ansprechpartner, wenn es darum geht, etwas zu visualisieren. Als wir das Titelblatt planten, hatten Karen und ich ein paar Ideen und wir skizzierten sie. Sunny ist einfallsreich genug, eine Idee einfach zu nehmen und mit ihr weiterzuarbeiten: „Lass mich einfach ein bisschen spielen mit ihr, lass mich aufnehmen, was du gesagt hast. Ich bin kein Werkzeug, das wortgetreu umsetzt, was du gesagt hast, ich möchte ein Gefühl dafür bekommen, was du meinst, und ich werde auch mit ein paar anderen Ideen spielen.“ Karen und ich hatten verschiedene Ideen, bei denen sie auf einer Seite zu sehen war und nach dem Umblättern des Covers auf eine bestimmte Art aufklappte. Aber dann kam Sunny mit seinem Einfall: „Schneide den Hals durch, öffne ihn, und dann kriechen sie das raus.“
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Eddy Moretti
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"VICE Magazine"
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2011-11-08T00:00:00+00:00
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2024-07-31T07:19:28+00:00
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https://www.vice.com/de/article/virgen-blood-0000028-v7n10/
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Berlins Abzocker oder Tech-Kämpfer von morgen?
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Bürgeramt Hohenzollerndamm. Foto: Sebastian Rittau | Flickr | CC BY 2.0 Du musst etwas bei einem der Bürgerämter in den Berliner Bezirken erledigen? Deinen neuen Wohnsitz anmelden oder einen Personalausweis beantragen? Dann brauchst du Geduld. Sehr viel Geduld. Um genau zu sein 60 Tage Geduld. Im Terminstau bei den 40 Bürgerämtern der deutschen Hauptstadt ist es praktisch unmöglich, einen zeitnahen Termin zu bekommen. Für die Onlinebuchung sind Termine für acht Wochen im Voraus freigegeben. Ein kurzer Blick in das Online-Terminvergabesystem der Stadt zeigt aber: bis Mitte Januar 2016 nur rote Kästchen. Als „Notfallkunde” (wenn dir zum Beispiel der Personalausweis gestohlen wurde) kannst du zwar ohne Termin spontan erscheinen, musst dich aber aber mit dem Gedanken anfreunden, stundenlang mit deinen schwer genervten Mitbürgern in der Schlange zu stehen. Und wenn du sonst nichts Anderes zu tun hast, kann du natürlich tagelang den Online-Terminkalender der Stadt im Zehnminutentakt aktualisieren, um mit etwas Glück einen kurzfristig freiwerdenden Termin zu ergattern. Screenshot von der Homepage der Onlineplattform Genau das ist es, was die Onlineplattform www.buergeramt-termine.de macht, nur um ein Vielfaches schneller und effizienter, als man es selbst je könnte. Seit Juni dieses Jahres ist das System der drei jungen Gründer Martin Becker, Jörn Kamphuis und Mateus Kratz online. Der Plattform liegt ein intelligenter Algorithmus zugrunde, der nach kurzfristig freiwerdenden Terminen bei Berliner Bürgerämtern sucht, diese mit eingegangenen Kundenanfragen abgleicht, und einen eventuell passenden Termin mit den Daten des Anfragestellers füllt. Bei erfolgreicher Terminvermittlung zahlt man 25€ (für einen Termin innerhalb 5 Tagen) oder 45€ (für einen Termin innerhalb zwei Tagen). Laut Becker und Kratz sind seit dem Launch der Seite schon über fünfhundert Anfragen eingegangen. Ein cleverer Weg, um eine öffentliche Dienstleistung zu optimieren, den man bestimmt willkommen heißt? Fehlanzeige! Seit geraumer Zeit holen sich die drei Start-up-Unternehmer für ihre Idee sowohl von der Politik als auch den Medien ein ganz schönes Bashing ein. „Abzocker” und „unmoralisch” werden sie genannt. Ihnen wird vorgeworfen, aus der Not ein Geschäft zu machen. Der Senat und die Bürgerämter sprechen sich vorwiegend gegen den Servicedienstleister aus. Für Bezirksstadträtin Dagmar König (CDU) etwa ist der Online-Vermittlungsservice „absolut nicht in Ordnung”. Sie sieht keinen Unterschied zwischen dem Online-Service und dem klassischen Terminhandel, bei dem Termine en masse blockiert und verkauft werden. „Es ist im Grunde genommen Terminhandel in einer anderen Form. Es werden Termine gegen Geld vertrieben und so dem allgemeinen Zugriff entzogen”, erläutert sie. Auf die Frage, ob eine Kooperation mit der Plattform denkbar wäre, antwortet sie mit einem entschiedenen „Nein”. Dadurch verändere sich nichts an der Situation, versichert sie—die Termine würden dadurch nicht mehr und die Nachfrage steige immer weiter an. Der „springende Punkt” für Frau König: zusätzliches Personal. Stau im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Foto: Alper Çuğun | Flickr | CC BY 2.0 Auch der Senat zeigt sich nicht von seiner kooperativen Seite. Er bestätigt zwar, „wegen fehlender Rechtsgrundlagen” nicht gegen den Service vorgehen zu können, versucht aber mit verschiedenen Mitteln, die Online-Plattform effektiv lahmzulegen. Zuerst waren es technische Blockierungsversuche gegen den Suchalgorithmus, jetzt ist von einem neuen Verfahren die Rede, das freiwerdende Termine nur noch telefonisch buchbar machen soll. Im Kampf gegen die Wartezeiten tut der Senat kleine, mühevolle Schritte. Beispielsweise hat er den Bürgerämtern von 80 geforderten Stellen 31 neue Stellen bewilligt. Ob das bei Berlins voraussichtlichem Zuwachs von jährlich ca. 80.000 Menschen reicht, ist fraglich. Für die Gründer der Onlineplattform ist die Situation zunehmend frustrierend. Sie haben sich mittlerweile an der Berichterstattung über ihre Geschichte satt gesehen und bedauern, dass „immer wieder die gleiche Story” erzählt würde. Zwar führe das zu mehr Klicks auf der Website, mehr Anfragen und mehr Nachrichten, aber eben nicht zu einer richtigen Veränderung. Ebenso unzufrieden sind sie mit dem bisherigen Zusammentreffen mit der Politik. Man habe sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen festgebohrt, sagt Becker—„Die Stadt schiebt uns die Schuld in die Schuhe und wir werfen ihr vor, dass ihre Verwaltungsarbeit ineffizient ist.” Für Becker, Kamphuis und Kratz ist es höchste Zeit, dass die Diskussion einen Schritt weitergeht. Während man in den Bürgerämtern und im Senat bei Lösungsvorschlägen vorwiegend auf zusätzliche Arbeitskräfte setzt, fordern die Start-up-Gründer eine genauere Überprüfung des Zustands. „Wie ist der Krankenstand? Wie viele Leute sind einfach verhindert oder auf Fortbildungen? Wie viele Termine verpuffen einfach, weil sie entweder gar nicht oder zu kurzfristig abgesagt werden?”, fragt Kratz. Den größten Hebel sieht er in der „Verbesserung des Verwaltungssystems, indem man die Technik und Prozesse, die dahinterstecken, effizienter und effektiver macht.” Und das geht weit über eine Online-Plattform zur Terminvermittlung hinaus. Die drei Gründer würden gern eine vollständige Digitalisierung vieler der von den Berliner Ämtern angebotenen Dienstleistungen sehen. Kratz veranschaulicht mit einem Beispiel: „Es gibt circa 170.000 An- und Ummeldungen in Berlin pro Jahr. Das sind 170.000 Termine, die von Sachbearbeitern abgearbeitet werden müssen. Wenn es hierzu zum Beispiel eine Onlinefunktion gäbe, würden daraus potenziell 170.000 freie Plätze für andere Terminanliegen entstehen. Und das ist nur eine der Dienstleistungen, die man digitalisieren könnte.” „Man braucht dafür aber ein Mindestmaß an Entgegenkommen von den Behörden”, bekennt Kratz. Das habe es bisher nicht gegeben. Dafür macht er die Natur der Politik verantwortlich: „Während man in der privaten Marktwirtschaft immer nach Innovation streben muss, um ein Unternehmen am Leben zu halten, ist es in der Politik nicht so. Dann sträubt man sich dagegen, weil einem der innovative Schritt später auf den Fuß fallen könnte.” „Hack de Overheid”. Foto: Alper Çuğun| Flickr | CC BY 2.0 Aber ganz hat das erfinderische Trio die Hoffnung nicht verloren, denn es gibt Erfolgsgeschichten, an denen man sich orientieren kann. Die niederländische Netzaktivisten-Gruppe „Hack de Overheid” (Hack die Regierung) ist für die drei jungen Männer das Paradebeispiel. Unter anderem führt sie Open-Data-Projekte für die niederländische Regierung aus. Becker, Kamphuis und Kratz zeigen sich schließlich entschlossen: „Wir haben schon einige neue Überlegungen und sitzen schon an konkreten Sachen dran.” „Berlin als Herzschrittmacher der digitalen Wende—das ist das Ziel.” Das verkündet Berlins amtierender Bürgermeister, Michael Müller, in seinem Grußwort für den IT-Gipfelblog 2015. Lange müsste er nicht suchen, um innovative Köpfe zu finden, mit denen man „gemeinsam den Sprung ins nächste technologische Zeitalter” machen kann.
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Timea Rüb
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2015-11-20T11:03:00+00:00
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2024-07-31T01:38:41+00:00
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https://www.vice.com/de/article/berlins-abzocker-oder-tech-kaempfer-von-morgen-123/
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Jung und queer: Jamaikas Gully-Queens
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In Jamaika stehen Angriffe, Morde und Vergewaltigungen gegenüber der LGBTI-Community an der Tagesordnung, kaum wird allerdings nach den Verantwortlichen gefahndet, um so für Gerechtigkeit zu sorgen. Nachdem sie aus Baracken, baufälligen Häusern und von ihren eigenen Familien vertrieben wurden, finden sie ihr urbanes Exil in den Straßenablauf-Systemen von Kingston—die dort als der Gully bekannt sind. Für transsexuelle Frauen und homosexuelle Männer, die ihre Sexualität entweder nicht verstecken wollen oder es nicht können, präsentiert sich der Gully mit der relativen Sicherheit und einem Sinn der Zugehörigkeit als einladender Zufluchtsort. VICE News ist zur New Kingston-Gegend gefahren, um zu sehen, was Alltag für die LGBTI in Jamaika bedeutet—wo du, nur weil du bist wer du eben bist, ein Leben im Untergrund fürchten musst.
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VICE Staff
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2014-07-30T08:23:00+00:00
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2024-07-31T03:36:12+00:00
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https://www.vice.com/de/article/young-and-gay-in-jamaica-572/
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So fühlt es sich an, bei einem Rap-Battle anzutreten
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Ich habe mich mit Karol aka ARL getroffen, der in Wien geboren und aufgewachsen ist. Seit langer Zeit schreibt er Rap-Texte und nimmt an Battles teil. Ich habe mit ihm über seine ersten Auftritte gesprochen, die Atmosphäre bei Rap-Events und das harte Leben auf der Straße. OK, letzteres eher nicht. Der folgende Text wird aus seiner persönlichen Perspektive erzählt. Meinen ersten Rap-Text habe ich mit 14 Jahren geschrieben. Da es aber nicht besonderen Spaß bereitet, alleine in seinem Zimmer Songs zu schreiben, habe ich mich informiert welche Rap-Events in Wien so organisiert werden. Zu dieser Zeit habe ich keinerlei gefunden—zumindest war ich in dem Alter nicht Google-Experte genug, eines zu finden. Im Internet gab es die RBA, die Reimliga-Battle-Arena, bei der man sich online anmelden und gegen Mitglieder aus dem deutschsprachigen Raum ein Online-Rap-Battle eingehen konnte. Bei diesem Battle hattest du vier Tage Zeit dir Lines zu überlegen, hast diese dann hochgeladen, um Feedback von anderen Nutzern zu bekommen—und natürlich um das Battle für dich zu entscheiden. Die Plattform wurde vor allem auch durch bekannte Größen aus dem HipHop-Bereich geprägt. Casper, Kollegah und F.R. waren aktive Nutzer. Für mein junges Alter waren diese Online-Battles wirklich perfekt. Ich hatte genügend Zeit, mich darauf vorzubereiten, und musste auch keine Angst vor Blamagen haben, da man sich ja persönlich nicht kannte. Ich hatte keine Freunde, die ich für den HipHop- oder Rap-Bereich begeistern konnte. Geschweige denn konnte ich mit ihnen mal einen Text reimen. Deshalb war es schön, sich mit anderen auszutauschen und sich immer wieder weiterentwickeln zu können. Ich habe mich also immer wieder Battles gestellt und so meine Reime verbessert. Während der Schulzeit, als ich in der RBA nicht mehr so aktiv war, habe ich wie eine Art Tagebuch im Internet geführt. Da war ich circa 15 Jahre alt. Das war damals noch zu MSN-Zeiten. Du konntest online deine eigenen Notizen hochladen und deine Kontakte hatten die Möglichkeit, sie durchzulesen. Meine Follower, wie man es jetzt nennen würde, waren can einer Hand abzulesen. Aber ich habe das eigentlich nur gemacht, um meine Eindrücke vom Alltag in etwas Sinnvolles zu verpacken. In dieser Zeit haben mich keine Rap-Battles. Ich wollte nur meine Schreibweise und Reime verbessern. Das hat auch funktioniert. Wie ich schon erwähnt habe, war in Wien die Rap-Szene, vor allem im Bereich Battle-Rap, nicht besonders etabliert. Mit 16 Jahren habe ich dann aber tatsächlich ein Event gefunden, das mir sehr interessant schien. Im Einbaumöbel konnte jeder vorbeikommen und seine Gedanken und Freude an der Musik teilen. Da noch immer keiner aus meinem Freundeskreis sich für Rap-Musik begeistern ließ, entschied ich mich, alleine dort aufzutauchen. Bevor ich das erste Mal ins Einbaumöbel gegangen bin, habe ich mir das Ganze riesig vorgestellt. Es würde verraucht sein, eine Menge Alkohol geben und die harten Typen von der Straße würden mir sofort den Kopf einschlagen wollen. Das war eher nicht so. Der Raum war nicht größer als ein Wohnzimmer. Mit Sesseln, ein paar Lampen und alten Sachen wurde es gemütlich gemacht. Auch eine kleine Bühne gab es. Es standen bereits ein paar der Typen oben und haben sich das Mikro rumgereicht. Von den Reimen war ich überrascht. Ich hatte mich darauf vorbereitet, dass es die ganze Zeit Beleidigungen geben würde, wie man es sich eben bei 8Mile eingeprägt hat, aber sie erzählten in Reime verpackte Alltagsgeschichten, nicht etwas Kriminelles, wie man es sich als Außenstehender vorstellt. Ich habe mir das Ganze erst einmal als Gast angeschaut. Alle Anwesenden kannten sich. Es waren zwar nur circa zehn Leute dort, aber trotzdem hat mich das natürlich ein bisschen eingeschüchtert. Doch was ich mir als riesige Herausforderung vorgestellt habe, war ein schönes Miteinander, bei dem man seine Freestyle-Skills einfach verbessern konnte, ohne dass dich jemand dafür auslacht, was du gerade für unwichtige Sachen erzählst. Kurz bevor ich wegmusste, stand ich dann vor der Wahl: Entweder du traust dich endlich etwas zu freestylen oder du verschwindest ganz schnell, ohne dass es jemand bemerkt. Zehn Minuten hatte ich noch Zeit. Ich wusste überhaupt nicht was ich tun sollte. Als ich mich dann endlich überwunden habe auf die Bühne zu gehen, kam ich mir im nächsten Moment vor wie in einem schlechten Film. Mir ist das Herz fast in die Hose gerutscht, als mir das Mikro gereicht wurde. Versunken in meiner eigenen Welt rappte ich also ein paar Zeilen und merkte die komischen Blicke. Ist es so schlecht, was ich da gerade rappe? Der Typ neben mir nahm mir das Mikro aus der Hand und sagte, „Schau, so musst du‘s halten, sonst versteht dich keiner“. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken. Jetzt habe ich mich überwunden mich dahin zu stellen, und bin zu deppad das Mikro zu halten? Es war furchtbar. Ich habe mich dann ziemlich schnell aus dem Staub gemacht. Dieser Abend hat die nächsten Wochen an meinem Ego genagt. Es hat mich ur genervt, dass ich es so vermasselt habe. Also habe ich mich im Endeffekt doch dazu entschieden, nochmal hinzugehen und endlich einmal ein Erfolgserlebnis zu haben—wahrscheinlich erinnert sich auch keiner mehr an mich, habe ich mir eingeredet. Ich wusste, schlimmer als letztes Mal konnte es nicht kommen. Gerappt habe ich glaub ich irgendetwas über die damals aktuelle politische Lage. Zu meiner Überraschung lachten die Burschen und haben sogar geklatscht. Ich bin an dem Abend eingeschlafen wie ein kleines Kind. Ab dem Zeitpunkt war das Einbaumöbel ein Ort, an dem ich mich weiterentwickeln konnte. Durch diese gemeinschaftliche Atmosphäre musste man wirklich keine Angst haben ausgelacht zu werden. Jedem wurde geholfen, Tipps gegeben und Verbesserungsvorschläge gebracht. In der Zeit während meiner Matura habe ich nicht viel bei Rap-Battles teilgenommen. Zwar habe ich immer noch Texte geschrieben, war aber nicht mehr aktiv bei Events. Ich habe vor allem gelernt, wie man sich besser auf Freestyle-Battles vorbereiten kann. Eine richtige Taktik habe ich bis heute nicht gefunden. Trotzdem macht Übung den Meister. Bevor ich beim nächsten Event teilnehme, versuche ich wieder reinzukommen. So habe ich immer Floskeln, die mich retten können, wenn mir nichts einfällt. Das macht natürlich keinen exzellenten Freestyler aus. Aber jeder, der unerfahren ist, benutzt sie. Parolen wie „ganz ehrlich“, „ich weiß, dass du“ „ich bin wieder da“ sind natürlich Klischee-Reime, die dir aber immer aus der Patsche helfen. Wenn es ganz blöd läuft, hast du eben mal einen kompletten Blackout beim Battle. Das ist mir auch schon passiert, ich habe irgendwann auf einen Reim gar keinen Einfall mehr gehabt und nur irgendeine Melodie gesummt. Aber trotzdem hat im Publikum keiner gebuht, sie haben nur ein wenig verdutzt geschaut, was ich da gerade von mir gebe. Aber ich denke das passiert jedem Mal. Letztes Jahr, im Frühjahr 2014, wurde in Wien dann ein neues Event gestartet, es heißt Dreistil. Bei diesem Battle-Format kann sich jeder bewerben. Ich habe damals ein paar Songs mitgeschickt und konnte mich für das Acapella-Battle anmelden. Acapella bedeutet, du hast einen Gegner, gegen den du deine vorbereiteten Lines ohne Beat präsentierst und er dann darauf kontert. Also machte ich mich zusammen mit ein paar Freunden—endlich hatte ich es geschafft, bei ihnen Interesse für Rap-Battles zu wecken—auf den Weg zum ersten Event von Dreistil. Es fand im replugged statt. Das war schon ein bisschen was anderes. Der Raum hatte wirklich eine Bühne und sogar eine Kamera davor. Ich wurde während meinem Aufritt aufgenommen, und jeder konnte sich danach immer wieder anhören, was ich gerappt habe. Ich war aufgeregt wie nie—aber zumindest wusste ich, wie ich das Mikro halten sollte. Der Raum füllte sich mit der Zeit, und es waren bestimmt über 100 Leute anwesend. Das ließ meine Nervosität noch mehr steigen. Als ich aufgerufen wurde, dachte ich, ich würde sofort kollabieren. Ich fing ganz unsicher an meine Lines zu rappen, aber ließ mir meine Nervosität nicht allzu sehr anmerken—glaube ich zumindest. Aber ich war gut vorbereitet. Das hab ich mir immer wieder versucht in den Kopf zu rufen. Dass ich tatsächlich gewinnen würde, hätte ich niemals gedacht. Das war eine Bestätigung, dass ich ganz gut in dem geworden bin. Seitdem nehme ich wieder regelmäßig an Veranstaltungen teil. Inzwischen ist das Dreistil eine wichtige Veranstaltung in Wien geworden. Es hat auch wirklich viel Anklang gefunden, es gehen sicherlich mehr als 200 Leute zu den Battles. Das Dreistil ist eine große Bereicherung für die HipHop- und Rap-Szene in Wien. Ich kann nur jedem raten, auf solche Veranstaltungen zu gehen. Die meisten geben auch unerfahrenen Freestylern die Chance und Möglichkeit, einfach mal zu trauen. Man muss sich nicht unwohl dabei fühlen, wenn man mal seinen ersten Auftritt verpatzt. Oder noch lernen muss, wie man das Mikro hält. ** Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.
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Cristina Gemmellaro (Niederschrift)
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"Features",
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"Noisey Blog"
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2015-10-22T09:25:00+00:00
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2024-07-31T00:14:54+00:00
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https://www.vice.com/de/article/rap-battles-in-wien-234/
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Meine Bar heißt zwar Christmas Bar, aber wirklich christlich geht’s hier nicht zu…
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Eine Absturzkneipe zu führen, ist nicht jedermanns Sache. Man braucht schon den richtigen Sinn für Humor, um mit dem Kram, der hier passiert, gut umgehen zu können. Ich liebe meinen Laden, die Snake and Jakes Christmas Club Lounge, und das nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch deswegen, weil es eine solche Kneipe weit und breit kein zweites Mal gibt. Auch wenn sie bei einigen in der Nachbarschaft alles andere als wohlgelitten ist. Am Ende habe ich dann trotzdem noch einen Geschäftspartner gefunden. Und wir hatten eine Sache gemeinsam: keine Ahnung davon, wie man eine Bar führt. Alles fing übrigens damit an, dass ich mit einem Kumpel um die Häuser zog und nach dem x-ten Bier dann vollmündig verkündete: „Wir beide sollten auch mal eine Kneipe aufmachen.” Zugegeben kein besonders einfallsreicher Gedankenblitz für ein betrunkenes Männchen. Jahre später sah ich dann, dass das alte Snake and Jake’s zum Verkauf stand. Nach kurzer Überlegung schlug ich eiskalt zu. Mein Kumpel, dem ich damals meine buchstäbliche Schnapsidee steckte, bekam aber kalte Füße, weil er einmal einen Traum hatte, in dem er hochkantig aus selbiger Bar rausgeworfen wurde. Kein gutes Omen, fand er, also lieber beim Bürojob bleiben. Am Ende habe ich dann trotzdem noch einen Geschäftspartner gefunden. Und wir hatten eine Sache gemeinsam: keine Ahnung davon, wie man eine Bar führt. Dennoch haben wir eine Menge Geld in den Laden gesteckt. Und der nahm sehr zu unserer Überraschung langsam aber sicher Fahrt auf. Nach einer Weile habe ich ihm dann seine Anteile abgekauft, sodass ich jetzt der stolze und vor allem alleinige Besitzer bin. Eine kluge Entscheidung, denn mittlerweile hat der Schuppen echt Kultstatus erreicht. In den Anfangstagen saß ich mit einem meiner ersten Stammgäste am Tresen, als er auf die Straße zeigte und meinte: „Da läuft Sam Christmas!” „Wer?”, wollte ich wissen. „Na der Typ, dem der Laden gehörte, als er noch The Christmas Lounge hieß.” Jetzt wisst ihr auch, wo der Name herkommt. Doch bis auf den hat die Bar mit Weihnachten nicht wirklich viel am Hut. Als wir den Laden kauften, hingen draußen noch das Schild der allerersten Kneipe—The Christmas Lounge—und das seines Nachfolgers, der S&J Lounge. Und weil uns bei der Namenswahl nichts Besseres einfiel, entschieden wir uns hochkreativ für den Namen Snake and Jake’s Christmas Club Lounge. Nicht direkt kurz und bündig, aber was soll’s. Es lag dann wohl auch am Namen, dass wir die Bar stilecht mit Weihnachtsbeleuchtung und einem Santa Claus aus Plaste ausgeschmückt haben. Ein bisschen Christmas-Bezug kann ja auch nicht schaden. Passenderweise haben wir auch an Weihnachten auf—es sei denn, die Stadt New Orleans funkt noch dazwischen. Die Leute meinten schon zu uns, wir sollten daraus unbedingt eine Kette machen, Amerika braucht schließlich mehr solcher Kneipen. Die Wahrheit ist aber, dass ich mir einen solchen Laden höchstens noch in Las Vegas (und natürlich in Europa) vorstellen könnte. Was macht ihn so besonders? Wenn ich jetzt sage, dass hier viel gesoffen und geflirtet wird und an meiner Theke so manche Tinder-Affäre ihren Anfang nimmt, dann denkt ihr wahrscheinlich: So what, das gibt’s doch in jeder zweiten Bar. Darum zur Veranschaulichung diese kleine Anekdote. Und vergesst dabei nicht, wir reden hier immer noch von einer Bar im puritanischen Amerika: Mein Kumpel Barbecue Dave hat vor unserem Lokal für lecker Rippchen und Würstchen gesorgt. Sein Kollege, der die ganze Zeit lang mehr meine Vorräte weggesoffen als beim Verkauf geholfen hatte, war dann urplötzlich verschwunden. Weil wir dachten, er hätte sich nach Hause geschleppt, haben wir einfach ordentlich weitergefeiert. Bis dann zu späterer Stunde die Müllabfuhr reinschneite und meinte, wir hätten etwas weggeschmissen, was noch gut war. Dazu zeigten sie uns ein Foto. Da lag doch tatsächlich der verschollene Typ gebettet auf reichlich Mülltüten im Container und war kurz davor, eine unliebsame Bekanntschaft mit dem Müllwagen zu machen. Mancherorts wäre das wohl als genuines Weihnachtsmärchen durchgegangen. Für unsere Bar war es eher business as usual. Aufgezeichnet von Sarah Baird Foto von El Jefe
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Dave Clements
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Food
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2014-12-19T17:30:37+00:00
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2024-07-31T04:32:26+00:00
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https://www.vice.com/de/article/meine-bar-heist-zwar-christmas-bar-aber-wirklich-christlich-gehts-hier-nicht-zu-271/
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Mike Black
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When I think of Mike Black, I think of a mix of old-school surfing, advanced mathematical theory, and his drug influenced experimental art and films.
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"HI Shredability",
"Sport"
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2008-05-21T00:00:00+00:00
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2024-08-12T08:23:22+00:00
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https://www.vice.com/de/article/mike-black/
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Videopremiere: In “Zuckerwatte” verwandelt sich Tristan Brusch vom Hotelboy zum Mitternachtssnack
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“Es duftet nach Zuckerwatte, Rauch, verschüttetem Bier” – In seinem neuesten Streich “Zuckerwatte” besingt Tristan Brusch den Reiz der verbotenen Liebe. Dabei verzaubert er uns mit verspielter Kirmes-Leierkasten-Musik, französischen Chanson-Elementen und wie gewohnt cleveren Texten. Der Song und das dazugehörige Musikvideo feiern heute exklusiv auf Noisey Premiere. Darin spielt Brusch einen Hotelier, der sich etwas zu doll in einen Gast verguckt. Schon beim Einchecken wird ihm klar, dass er der Pik-Bube zu ihrer Herz-Dame sein will. Am Pool, wenn sie alleine vor der Hotelbar tanzt oder eine Runde Solitär spielt – er ist immer zur Stelle, um sie anzuschmachten. Sehnsüchtig und … relativ creepy. Unterbrochen werden die Szenen durch Nahaufnahmen von rohem Fleisch, Eckzähnen, die mit Zahnseide gereinigt werden und einem Hals, der trocken rasiert wird. Bilder, die stark an das Opening von Dexter erinnern. Irgendwann stellt er die Frage: Denkst du, dass es Vampire wirklich gibt? Sie nimmt ihn an der Hand, führt ihn durch das mit Kerzen beleuchtete Zimmer. Oh, mon amour. Endlich fallen sie sich in die Arme, die Leidenschaft sprudelt nur so über, wird verschüttet. Avec plaisir. Plötzlich: Vampirzähne. Sie beißt ihm in den Hals, er sinkt zu Boden. (Ah! Deshalb auch das ganze rohe Fleisch!) Die Frage, ob es Liebe wirklich gibt, steht am Ende im Raum. Immer noch ne bessere Lovestory als Twilight. “Zuckerwatte” ist die vierte Single dem Debütalbum des Gelsenkircheners. Das Paradies erscheint am 8. Juni 2018 und kann überall hier vorbestellt werden. Tristan Busch ist 2018 auf Tour. Hier alle Dates: ** Mehr zum Thema: Folge Noisey auf Facebook , Instagram und Snapchat.
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Noisey Staff and Tina Blech
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"Exklusive videopremiere",
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"Zuckerwatte"
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2018-05-11T08:16:23+00:00
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2024-07-30T18:35:07+00:00
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https://www.vice.com/de/article/videopremiere-in-zuckerwatte-verwandelt-sich-tristan-brusch-vom-hotelboy-zum-mitternachtssnack/
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Noch mehr Zeugs aus Japan
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Um ganz ehrlich zu sein haben wir keine Ahnung was hinter dieser Bilderserie unserer japanischen Kollegen steckt. Nada. Wir starren diese Bilder also an und assozieren frei vor uns hin: Abschied, Walfang, Brötchen, Sex, Hot Dog, Pädophilie, Kinderarbeit, Superheld, Tim Burton, Kunstgeschichte Vorlesungen, Charles Atlas, Schwer zu sagen. Nein wirklich, abgesehen davon, dass wir ziemlich viel über unsere psychische Konstitution erfahren, haben wir keine Ahnung. Dinge, die wir jedoch wir wissen, sind, dass diese Bilder von einem japanischen Fotografen namens Aizawa Shinya stammen und er eine Serie mit einem rießigen, mit Schokolade gefüllten Hörnchen geschossen hat. Oder so. Aber dafür hätte sich Google echt nicht die Mühe machen müssen und es für uns zu übersetzen. http://www.aizawashinya.com/
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Aizawa Shinya
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"Fotos",
"Vice Blog"
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2010-06-04T11:59:00+00:00
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2024-07-31T07:52:22+00:00
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https://www.vice.com/de/article/noch-mehr-zeugs-aus-japan/
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Blut, Lachgas und Dry Humping: Das Chaos des diesjährigen Notting Hill Carnivals
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Vergangenes Wochenende haben sich wieder Hunderttausende Menschen in Notting Hill zusammengefunden, um viel zu viel Rum zu trinken, sich zu Dancehall-Musik auf dem Boden herumzurollen und Geld für die Benutzung von fremden Toiletten zu zahlen. Wir haben den Londoner Fotografen Charlie Kwai losgeschickt, um das faszinierende Schauspiel zu dokumentieren. Mehr Fotos von Charlie findest du bei Instagram.
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2015-09-02T04:03:00+00:00
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2024-08-12T04:40:13+00:00
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https://www.vice.com/de/article/photos-from-this-years-notting-hill-carnival/
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Wie 4chan-Trolle Shia LaBeoufs Livestream zerstörten und seine Geheimlocation aufspürten
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Aller guten Dinge sind drei. Mit diesem Mantra und der von 4chan bekannten Kompromisslosigkeit haben Nutzer des Messageboards vergangene Woche Jagd auf Shia LaBeoufs Livestream gemacht, mit dem er ein Zeichen gegen Trump setzen wollte. Schließlich musste LaBeouf seine Aktion an einen geheimen Ort verlegen – doch nachdem anonyme User auf 4chan zu einer Schnitzeljagd geblasen haben, dauerte es nur einen Tag bis er auch dort seinen Livestream abbrechen musste. Begonnen hat LaBeoufs Livestream-Aktion mit dem Namen „He Will Not Divide Us” am Tag von Donald Trumps Amtseinführung: Die gemeinschaftliche Aktion mit den Künstlern Rönkkö und Turner soll all jenen eine Plattform bieten, die dem am 20. Januar 2017 vereidigten US-Präsidenten eine Stimme entgegensetzen wollen. Dafür installierte der Hollywood-Schauspieler eine Kamera an der Außenwand eines New Yorker Museums und rief Gleichgesinnte dazu auf, vor die Kameralinse zu treten. Sie sollen „den Satz ‘He will not divide us’ so oft und so lang wiederholen, wie sie wollen”, heißt es auf der offiziellen Webseite. Folgt Motherboard auf Facebook, Instagram, Snapchat und Twitter Die Aktion sollte während der gesamten Amtszeit von Donald Trump fortgesetzt werden, doch nach weniger als einer Woche wurde sie zum ersten Mal abgebrochen. Für jene Trolle unter den 4chan-Usern, denen LaBeouf schon lange ein Dorn im Auge oder einfach nur wie ein dankbares Ziel erschien, stellte die Protestaktion schon damals ein gefundenes Fressen dar. Sie versammelten sich vor dem Museum und skandierten lautstark Pro-Trump-Slogans – sehr zum Unmut LaBeoufs. Der 30-Jährige geriet mehrmals in Konflikt mit seinen Gegnern und wurde schließlich wegen Übergriffigkeit und Belästigung vor laufender Kamera festgenommen. Auch der zweite Anlauf des Livestreams, der diesmal in Albuquerque, New Mexico, stattfand, war nur kurze Zeit am Netz. Doch LaBeouf zog seine Lehren aus den missglückten Aktionen. Nachdem ihm spätestens jetzt klar gewesen sein muss, dass er im Fadenkreuz von 4chan-Usern und rechten Trolle steht, ging er nun vorsichtiger vor. Für den dritten Anlauf seines Projekts suchte sich der Transformers-Star einen geheimen Unterschlupf. Statt Trump-Gegnern zeigte das live im Netz übertragene Bild nun eine „He Will Not Divide Us”-bedruckte Flagge, die gen Himmel ragte. Was der 30-Jährige nicht ahnen konnte: In weniger als 24 Stunden sollte die Flagge wieder verschwunden sein und durch ein „Make America Great Again”-Basecap sowie ein T-Shirt des Internet-Memes Pepe the Frog ersetzt werden – hinterlassen als Siegeszeichen jener Trolle, die online zur Jagd auf LaBeouf geblasen hatten. Den Auftakt der jüngsten Jagd-Aktion markierte ein eigentlich harmloses Foto am 8. März auf dem der Schauspieler für ein Foto mit einem Fan in einem Restaurant posierte. Was LaBeouf nicht geahnt haben dürfte: So verriet er seinen aufmerksamen Online-Trollen, dass er sich im kleinen Ort Greenville im US-Bundesstaat Tennessee befand. Es war die erste Spur eines Rätsels, an dessen Lösung 4chan-User fortan in einem eigenen Thread mit vereinten Kräften arbeitete. Um sicherzustellen, dass der Schauspieler nicht nur auf der Durchreise war, sondern aus Tennessee wirklich seinen Livestream sendete, verglichen seine Internethäscher die Zeit des Sonnenuntergangs in Greenville mit der des Livestreams – sie stimmte überein. Aus Mangel an weiteren Informationen konzentrierte man sich fortan auf die einzigen Hinweise, die der Livestream bot: den freien Blick auf den Himmel. Bis auf Kondensstreifen war dort jedoch nicht viel zu sehen. Das änderte sich, als sich die Flugbahnen zweier Flugzeuge kreuzte: Durch den Abgleich mit einem Online-Flugradar war es möglich, das gesuchte Gebiet näher zu bestimmen. Ein weiterer Durchbruch gelang schließlich mit Hilfe eines dritten Flugzeugs: Mit dessen Flugbahn konnten ein Koordinaten-Dreieck gebildet werden, das eine noch präzisere Lokalisation der Quelle ermöglichte. Parallel verfolgten die 4chan-Jäger die Laufbahnen der im Livestream zu sehenden Sterne. Gemeinsam mit den Erkenntnissen aus dem Flugzeugradar-Abgleich ergab sich dadurch ein sehr überschaubarer Bereich, innerhalb dessen sich die gesuchte Flagge befinden musste. Nach diesen technisch überaus anspruchsvollen Lösungsschritten war ausgerechnet der finale Hinweis geradezu banal: Ein in Tennessee beheimateter Nutzer des Messageboards setzte sich ins Auto und fuhr hupend durch das vorher abgesteckte Gebiet. Alles, was jetzt zu tun blieb, war seine Huplaute mit denen in der Übertragung abzugleichen – ein Kinderspiel. Diese Flagge war das Ziel der 4chan-Schnitzeljäger. Screenshot: He Will Not Divide Us. Die Fahne war endgültig lokalisiert. Jetzt brachte sich eine Gruppe 4chan-Nutzer in Stellung und wartete einen passenden Moment ab. Als dieser gekommen war, stahlen sie die Flagge und hissten vor laufender Kamera ihr Basecap und das Pepe-T-Shirt. Die Utensilien waren noch für einige Zeit im Livestream zu sehen und zeugten dort von LaBeoufs Niederlage, bis dieser die Übertragung schließlich zum dritten Mal einstellte. 4chan hatte erneut gewonnen. Mit der Online-Schnitzeljagd kam einmal mehr jene Seite des Messageboards zum Vorschein, für die 4chan berüchtigt ist. Das Forum ist nicht nur als Meme-Schleuder und für seinen anarchischen Humor bekannt, sondern sorgt auch immer wieder durch Troll-Aktionen für Aufmerksamkeit, die über die weitverbreitete Ironie hinausgehen und rassistisch oder gewaltverherrlichend sind. Erst vergangene Woche geriet ein Teil der Community für die unverhohlen geäußerte Anerkennung des mutmaßlichen Kindermörders von Herne in die Schlagzeilen. Die zielstrebige Verfolgung von LaBeoufs Protestaktion enttarnt jedoch mehr als die rechte Gesinnung seiner Häscher: Sie zeigt auch, mit welcher technischen Versiertheit viele 4chan-Nutzer agieren, um jede als liberal wahrgenommene Person oder Aktion ins Visier zu nehmen. Die Zeiten, in denen verschrobene Trolle lediglich harmlose Spam-Kommentare abgesetzt oder fragwürdige Inhalte ausgetauscht haben, sind schon lange vorbei und das mussten nun auch Shia LaBeouf und seine denkbar harmlose Kunstaktion erfahren.
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Gregor Thomanek
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"4Chan",
"He Will Not Divide Us",
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"Motherboard",
"Pepe",
"Shia LaBeouf",
"Tech",
"Trump"
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Tech
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2017-03-14T13:06:26+00:00
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2024-07-30T19:27:29+00:00
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https://www.vice.com/de/article/wie-4chan-trolle-shia-labeoufs-livestream-zerstorten-und-seine-geheimlocation-aufspurten/
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Beim Urban Art Forms wird offenbar wirklich alles neu
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Gestern vormittag gab Skalar—der größte, aber bekanntlich leicht unter Druck geratene Konzertveranstalter Österreichs—die neuen Eckdaten für alle Festivals bekannt, die früher in Wiesen stattgefunden haben. Wir erinnern uns: Die Konkurrenz von Arcadia Live ist ab 2016 Generalpächter des Festivalgeländes in Wiesen, woraufhin Skalar beschloss, sich vollständig von dort zurückzuziehen. Die Festivals Urban Art Forms, 2 Days A Week und Harvest Of Art ziehen wie berichtet in die St.Marx-Halle nach Wien. Die beiden ersteren werden auch zu 1-Tages-Festivals. Viele UAF-Fans waren davon eher wenig begeistert. Es brach—wie immer, wenn sich Dinge ändern—auf Facebook ein kleinerer Shitstorm aus. Die Aufregung überdeckte aber wie so oft die wirklich gröberen Neuerungen und Hintergründe, die erst im Laufe des gestrigen Tages klarer wurden und auch uns hier erstmal verborgen blieben. Das Urban Art Forms zieht nämlich nicht nur um, sondern wird in Wien ein komplett anderes Festival sein. Wie ein User völlig richtig bemerkte, wird nicht nur das UAF zur Tagesveranstaltung—es wird auch von einem anderen Team gemacht werden. Die ursprünglichen Macher meldeten sich gestern Nachmittag auf Facebook zu Wort und gaben bekannt, dass die Veranstaltung in der Marxhalle nicht von ihnen organisiert wird. Stattdessen gab es leicht kryptische Hinweise darauf. dass es von ihnen ein neues 3-Tage-Festival in Wiesen geben wird. Neuigkeiten solle es am 24.11. auf der Arcadia Live-Pressekonferenz geben. Bei dem Festival wird es sich wohl um das Nu Forms Festival handeln. Es soll werden „wies früher mal war in Wiesen, einfach leiwand!“. Back To The Roots also, vermutlich mit einer deutlich stärkeren D’n’B-Schlagseite, als sie das UAF in den letzten Jahren hatte. Man könnte jetzt über die Konflikte spekulieren, die es möglicherweise gegeben hat. Das würde aber zu wenig führen. Sehen wir es lieber positiv: Für ehemalige UAF-Hardcore-Fans wird es im Sommer in Wiesen vermutlich ein Festival geben, bei dem sie drei Tage lang zu 170bpm+ durchfeiern können. Und Wien bekommt quasi ein neues, eintägiges elektronisches Festival mit sicher ziemlich großen Acts, für das man nicht unbedingt zelten muss. Das sind eigentlich beides ziemlich gute Nachrichten.
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Noisey Staff
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"Music",
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2015-11-11T09:28:00+00:00
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2024-07-31T00:19:02+00:00
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https://www.vice.com/de/article/urban-art-form-wird-neu-123/
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Der perfekte Manhattan
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Portionen: 1 Insgesamt: 2 Minuten Zutaten60 ml Rye Whisky30 ml süßer Wermut3 Spritzer Angostura BitterCocktailkirsche, zum Garnieren Zubereitung Whisky, Wermut und Angostura in einen mit Eis gefüllten Shaker geben, umrühren und in ein Cocktailglas mit einem großen Eiswürfel—oder ohne Eis—seihen. Mit einer Cocktailkirsche garnieren.
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Austin Hartman
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"manhattan",
"Munchies",
"rezepte",
"rye whisky",
"süßer Wermut",
"Wermut",
"Whisky"
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Food
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2016-09-02T11:15:21+00:00
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2024-07-30T23:18:09+00:00
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https://www.vice.com/de/article/der-perfekte-manhattan/
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Mike Bailey Gates’ Hommage an die Kunstuni
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Mike Bailey Gates ist ein Teil des Duos Mike and Claire. Bald wird er sein Studium an der Kunsthochschule abschließen, und mit seinem Abschlussprojekt erweist er den Menschen Respekt, die ihm auf dem Weg dorthin geholfen haben. Bailey Gates fotografierte Queer-Aktivisten aus New York City als Engel und inszenierte sie in seiner einzigartigen Ästhetik, die sich auf die Folklore der Queer-Szene bezieht und oft Bodypainting und Primärfarben einsetzt. Seine Arbeit ist im März als Teil der Ausstellung Mentors der School of Visual Arts in New York zu sehen. Der Verkaufserlös geht als Spende an Visual AIDS, eine Organisation, die AIDS bekämpft, indem sie Dialoge anregt und HIV-positive Künstler unterstützt.
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Mike Bailey Gates
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"Jahrgang 11 Ausgabe 3",
"Jahrgang 9 Ausgabe 4",
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"Photos",
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"VICE Magazine"
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2015-05-04T04:00:00+00:00
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2024-07-31T00:49:32+00:00
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https://www.vice.com/de/article/full-bleed-0001015-v11n3/
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Der Stammtisch formiert sich: Pegida plant Aufmarsch in Wien
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Dieser Artikel ist Teil unserer Berichterstattung zu Pegida. Am 20. Oktober 2014 organisierte die Pegida rund um Initiator Lutz Bachmann erstmals einen Aufmarsch in der Dresdner Innenstadt. Ausgehend von einigen hundert Menschen, die an der ersten Kundgebung teilnahmen, sind die Märsche schnell angewachsen—auf zuletzt rund 17.000 TeilnehmerInnen . Der Aufmarsch in Dresden hat bundesweit für Beachtung gesorgt und wurde in den vergangenen zwei Monaten zu einem Kristallisationspunkt der extremen Rechten. Sogar aus Wien nahmen rechtsextreme Burschenschafter daran teil. Auch in zahlreichen anderen deutschen Städten gingen Ableger der Dresdner Pegida auf die Straße, allerdings mit deutlich geringerem Erfolg und weit größeren Gegen-Protesten als in Dresden selbst. Dass die Bewegung auch nach Österreich überschwappt, war da nur eine Frage der Zeit. Im Kern fordert Pegida eine deutlich verschärfte Politik gegen MigrantInnen. Die Speerspitze richtet sich dabei vor allem gegen Menschen mit einem muslimischen Kulturhintergrund und gegen Kriminalität, die in Verbindung mit Migration gebracht wird (was nicht einer gewissen Ironie entbehrt, ist doch Pegida-Initiator Bachmann selbst mehrfach vorbestraft und flüchtete vor einer Haftstrafe sogar ins Ausland). Dazu kommen Forderungen nach einer Aufrüstung der Polizei sowie der Bewahrung der „christlich-jüdischen Abendlandkultur”. Damit bewegt sich Pegida im (rechten) Mainstream in Deutschland und Österreich, doch die neue Qualität der aktuellen Aufmärsche zeigt sich daran, dass die Dresdner Gruppe es geschafft hat, die Positionen der rechten Stammtische auch auf die Straße zu bringen. Politisch hat Pegida in Deutschland bereits erste Ziele erreicht. So fordert die konservative CDU in Sachsen nun als Reaktion auf Pegida eine weitere Verschärfung der Zuwanderungspolitik. Starker Druck in diese Richtung kommt auch von der neuen „Alternative für Deutschland”, einer rechtspopulistischen Partei, die künftig in Deutschland einen Platz besetzen könnte, der in Österreich von der FPÖ eingenommen wird. Offiziell wird von Pegida immer wieder die Abgrenzung vom Rechtsextremismus betont und behauptet, dass es keine pauschale Verurteilung von MigrantInnen geben würde. Im Forderungstext wird sogar die Forderung nach einem „weltoffenen Deutschland” erhoben. Doch die Transparente der Gruppe sprechen eine andere Sprache, so wird auf den Aufmärschen beispielsweise ein Banner mit der Aufschrift „ Ali Baba und die 40 Dealer ” geschwungen und damit Migration und Drogenhandel verknüpft. Auch die Debatten in den Facebook-Foren sind eindeutig. Auf den Seiten von Pegida-Österreich finden sich offener Rassismus, eindeutige rechte Code-Begriffe (etwa immer wieder der Kampf gegen „Gutmenschen”) und Gewalt-Fantasien und –Aufrufe gegen AntifaschistInnen und MigrantInnen. Den Ton geben dabei oft bekannte Kader der extremen Rechten an. Screenshot Facebook-Seite Pegida Österreich, Credit: OGR In Österreich ist die Facebook-Seite von Pegida erstmals am 9. Dezember online gegangen. Seitdem ist die Seite schnell gewachsen. Auffallend ist die hohe Interaktionsrate—fast jeder Beitrag wird relativ intensiv kommentiert und hat im Verhältnis zu den Abos der Seite eine verhältnismäßig große Anzahl von Likes. Programmatisch orientiert sich der österreichische Ableger am bundesrepublikanischen Vorbild, wobei hierzulande auffallenderweise gleich als erster Punkt die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen unterstützt wird. (Bei einem Blick auf die Diskussionen unter den Artikeln auf der Facebook-Page zeigt sich allerdings recht schnell, wie die tatsächliche vorherrschende Meinung ist.) Danach dann im Forderungskatalog die gleiche Leier wie in Deutschland, also Abschiebungen, Grenzkontrollen, Festung Europa. Auffallend sind zwei Punkte, die ein wenig aus der Reihe fallen. So spricht sich Pegida Österreich ausdrücklich gegen Waffenlieferungen an die PKK aus, was in der Logik von Pegida etwas seltsam ist, da gerade die PKK aktiv gegen islamischen Fundamentalismus kämpft. Doch wahrscheinlich missfällt den Pegida Leuten schlicht der linke Hintergrund der PKK. Eventuell liegt es aber auch einfach daran, dass die Leute von der PKK ja auch irgendwie „Ausländer” sind. Ebenfalls aus dem sonstigen Rahmen fällt die Forderung gegen „Gender Mainstreaming”, also geschlechtergerechte Sprache, die als „wahnwitzig” bezeichnet wird. Der Schluss liegt nahe, dass bei Pegida Österreich Männerrechtler das Sagen haben, die ihr antifeministisches Steckenpferd unbedingt im Text unterbringen wollten. Screenshot Facebook-Seite Pegida Österreich, Credit: OGR Pegida Österreich bezieht sich wie das deutsche Vorbild auf das christlich-jüdische Abendland. Historisch betrachtet ist dieser Bezug auf eine angeblich heutzutage in Europa bedrohte christlich-jüdische Kultur allerdings ziemlicher Unfug. Denn die „Christliche Abendlandkultur” in Europa hat sich möglicherweise nur dadurch vom „Islamischen Staat” unterschieden, dass die Inquisition, die Hexenverbrennungen und die Kreuzzüge weit mehr Menschen auf dem Gewissen haben als der IS (und vor allem Juden und Jüdinnen hier oft zu Opfern wurden). Tatsächlich ist die heutige Gesellschaft in Europa gerade ein Produkt der Aufklärung, also der Emanzipation vom Christentum, beginnend mit dem Bauernkriegen über die französische Revolution bis zu den Kämpfen der ArbeiterInnenbewegung im 19. und 20. Jahrhundert. Doch mit dieser Geschichtsklitterung und dem Bezug auf eine angebliche christlich-jüdischen Kultur vollzieht Pegida etwas nach, was seit einigen Jahren im gesamten westeuropäischen Rechtsextremismus vorexerziert wird—nämlich den Versuch, sich über eine offizielle Absage an den Antisemitismus bündnis- und regierungsfähig zu machen und gleichzeitig alle vorhandenen Ressentiments gegen den Islam zu richten. Diese Entwicklung ist etwa beim französischen Front National zu beobachten, bei der niederländischen PVV oder bei der FPÖ. Gerade die FPÖ hat dabei allerdings einen enormen Spagat zu bewältigen, muss doch auch die antisemitische Kernklientel befriedigt werden. Und so besucht etwa Parteiobmann Strache einerseits in Israel für die Öffentlichkeit (und insbesondere die Kronen-Zeitung) die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, trägt dort dann aber andererseits als Signal an den Kaderkern als Kopfbedeckung die „Biertonne” seiner rechtsextremen Burschenschaft. Gleichzeitig organisiert sich auch das militante rechtsextreme Spektrum neu. Käthe Lichtner von der „Offensive gegen Rechts” sagt dazu: „ Wir erleben seit 10 bis 15 Jahren eine Neuformierung eines Spektrums, das sich vom alten Stiefel-Glatzen-Nationalsozialismus abgewandt hat und nicht mehr damit beschäftigt ist, provokante, tabuisierte Parolen zu schreien oder Hakenkreuze an Häuserwände zu malen. Dieses Spektrum gibt es natürlich weiterhin, das zeigt nicht zuletzt der Terror des NSU. Doch insgesamt geht es heute vor allem um eine Diskursverschiebung nach Rechts.” Und diese Strategie scheint aufzugehen. Über die Zusammensetzung des Aufmarsch in Dresden sagt Danilo Starosta vom Kulturbüro Sachsen gegenüber der Deutschen Welle: „Wir beobachten dort die untere Mittelschicht, Unternehmer, Kleinbürger und eine Menge fußballaffinen Anhang.” Den Organisatoren der Pegida sei es auch gelungen, weit über die üblichen rechtsextremen Kreise hinaus Leute zu mobilisieren. Die Fußball-Connection ist übrigens kein Zufall, denn fast gleichzeitig mit Pegida wurden auch die Hooligans gegen Salafisten (Hogesa) aktiv, die sehr ähnliche Themen bearbeiten, allerdings für die breite Masse weniger anschlussfähig sind, da sie im Gegensatz zu Pegida offen gewalttätig auftreten. Lutz Bachmann, Foto von Jennifer Stange Wer hinter Pegida steht, ist weitgehend unklar. In Deutschland tritt vor allem Lutz Bachmann an die Öffentlichkeit, doch bereits in der zweiten Reihe finden sich organisierte Rechtsextreme. So ist die Sprecherin des Bonner Ablegers von Pegida, Melanie Dittmer, ein bekannter NS-Kader, die mittlerweile bei der rechtsextremen Gruppe „ Identitäre” aktiv ist. Natascha Strobl, Autorin des Standardwerks über die Identitären , hält das nicht für einen Zufall. Sie sieht eindeutige ideologische Übereinstimmungen zwischen Identitären und Pegida: „ Die Identitären feiern Pegida seit dem Beginn als spontane Volkserhebung, was natürlich Blödsinn ist. Es gibt Fahrten nach Dresden und offenbar beste Kontakte zu Lutz Bachmann. Dieser lässt sich gerne in T-Shirts aus dem identitären Merchandise-Shop ablichten. Es scheint als hätten sich Pegida und die Identitären gesucht und gefunden. In ihrem vermeintlich harmlosen Auftreten, hinter dem aber Rassismus und Antifeminismus stehen, ähneln sie sich. Diese Form des Rechtsextremismus ist genau auf Grund seiner vermeintlichen Harmlosigkeit gefährlich.” Ob es auch in Österreich personelle Überschneidungen zwischen Pegida und Identitären gibt, kann derzeit noch nicht eindeutig gesagt werden, denn der alpenländische Pegida-Ableger hält noch geheim, wer in der Gruppe aktiv ist. Doch der Rechtsextremismus-Experte Wolfgang Purtscheller geht davon aus, dass in Österreich die Identitären eine wesentliche Rolle bei Pegida spielen. Er glaubt, dass die rechtsextremen Burschenschafter, die hinter den Identitären stehen, Pegida als Chance sehen, ihre Inhalte in einer größeren Öffentlichkeit zu verbreiten. Doch trotz der Geheimhaltung von Pegida Österreich gibt es bereits jetzt klare Hinweise, dass eindeutig rechtsextreme Kräfte hinter der Gruppe stehen. So hat einer der Moderatoren der Pegida-Seite ein Bild seiner eigenen Page geteilt und damit das eigene Profil sichtbar gemacht. Der Link führt zu einem offensichtlich neu erstellten Profil, dessen Eigentümer „Donar Wien” Affinitäten zu den Fußballklubs Rapid Wien und Ferencváros Budapest hat. Die organisierte Fan-Kurve von Ferencváros ist dabei bekannt für ihre rechtsextreme Ausrichtung und wurde kürzlich auch in Wien aktiv . Daneben zeigt das Profil auch eine deutliche Vorliebe für die nordische Götterwelt. Der Profil-Name Donar ist die germanische Bezeichnung für den Donnergott Thor und auf seinem Profil erklärt der Pegida-Moderator, dass er gerne mit Odin in Walhalla saufen würde und gibt sich als Zweitnamen den Begriff Draugr, der für eine Art Wikinger-Untoter steht. Und diese Vorliebe für nordische Göttersagen wiederum ist ein typisches Merkmal rechtsextremer Strukturen. Das Profil lässt auch Mutmaßungen zu, dass Pegida in Österreich aus einem ähnlichen Kreis heraus organisiert wird, der bereits die österreichische Anreise zum „Hooligans gegen Salafisten”-Aufmarsch in Köln geplant hat. Screenshot Facebook-Seite Pegida Österreich, Credit: OGR Weitere Pegida-Organisatoren in Österreich bleiben derzeit noch im Dunkeln. Sehr viel mehr aber kann über jene gesagt werden, die von der Seite angezogen werden. Es finden sich bekannte Rechtsextreme wie etwa der ehemalige Abgeordnete Werner Königshofer, der das Kunststück geschafft hat, wegen Rechtsabweichung aus der FPÖ ausgeschlossen zu werden. Königshofer, bereits vor seiner Zeit in der FPÖ in NS-Strukturen aktiv, soll mit der Neonazi-Seite Alpen Donau der Gruppe rund um Gottfried Küssel zusammengearbeitet haben und hat in jüngerer Zeit bei der Initiative Heimat und Umwelt angedockt, die als Vorfeldorganisation der neonazistischen Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik gilt. Andere haben offenbar auch das Jahr 1945 noch nicht überwunden und sprechen von den Kameraden des „Gaues” Österreich. Einer, der sich bereits jetzt eindeutig positiv zu Pegida äußert, ist FPÖ-Obmann Strache. Das ist natürlich kein Zufall, denn die Pegida-Politik entspricht weitgehend den Positionen der FPÖ. Bereits Mitte Dezember hat Strache in einem Posting seine Unterstützung für die rechten Aufmärsche in Dresden ausgedrückt. Was Pegida in Österreich betrifft, scheint die Sache allerdings noch nicht ganz ausgemacht. Möglicherweise weiß die FPÖ auch noch nicht genau, wer sich hinter dem alpenländischen Ableger der Dresdner Gruppe verbirgt und möchte hier noch Klarheit gewinnen. Doch inzwischen drückt Strache seine Sympathie aus und überlegt auch, an einem Aufmarsch von Pegida teilzunehmen . Die Pegida-Leute haben das auf ihrer Facebook-Seite übrigens beantwortet, indem sie einerseits behauptet haben, keiner Partei anzugehören, andererseits aber geschrieben haben, dass Strache selbstverständlich teilnehmen könne. Ein Aufmarsch wie Pegida wäre für Österreich nicht gänzlich neu. Rechtsextremismus-Experte Purtscheller weist darauf hin, dass die sogenannte „Bürgerinitiative Dammstraße”, die 2009 in Wien gegen den Ausbau eines islamischen Kulturzentrums auf die Straße ging, ein sehr ähnliches Spektrum repräsentierte wie es sich jetzt bei Pegida wieder findet: „Bereits damals waren in Wien ÖVP, FPÖ und neonazistische Kräfte gemeinsam auf der Straße. Genau das könnte sich bei Pegida wiederholen.” Wann der Aufmarsch in Wien stattfinden soll, ist derzeit noch unklar. Auf der Facebook Seite von Pegida heißt es ein wenig kryptisch, dass es ein Montag Mitte oder Ende Jänner werden wird, damit kämen der 12., der 19., oder der 26. Jänner in Frage. Das Boulevard-Blatt Österreich hat sich bereits auf den 19. Jänner festgelegt, wobei Informationen dieser Zeitung durchaus mit Vorsicht genossen werden sollten. Dem Vernehmen nach sollen burschenschaftlich-identitäre Kreise den 30. Jänner bevorzugen, womit der erste Pegida-Aufmarsch auf den gleichen Tag fiele wie der Akademiker-Ball der Burschenschaften. Das würde allerdings der Idee entgegenstehen, Pegida so zu verbreitern, dass nicht nur die üblichen rechtsextremen Kreise auf die Straße gehen, ist also nicht sehr wahrscheinlich. Aufruf zum Protest gegen PEGIDA der Offensive gegen Rechts Klar ist, sollte der Aufmarsch von Pegida in Wien stattfinden, dann wird das nicht ohne Widerstand geschehen. Die Offensive gegen Rechts, ein breites Bündnis von sozialdemokratischen Jugendstrukturen, Gewerkschaften sowie marxistischen und trotzkistischen Organisationen, hat bereits angekündigt, dass ein möglicher Pegida-Aufmarsch mit Blockaden beantwortet werden würde. Unter dem Motto „ Kein Platz für Rassismus! In Wien macht ihr keinen Meter. ” sollen die Rechten am Marschieren gehindert werden . Käthe Lichtner von der OGR hat hier eine eindeutige Ansage: „ Für uns ist klar: Egal wo, egal wer, egal wann—wir werden uns rassistischen Aufmärschen in den Weg stellen.” Lichtner spricht auch über die Zusammensetzung der Pegida-Aufmärsche: „Es kommen sicher nicht alle Menschen, die an Pegida teilnehmen, aus dem organisierten Rechtsextremismus. Doch organisatorisch vorne mit dabei sind immer führende Köpfe der sogenannten Neuen Rechten. Und es werden genau die erreicht, die immer schon das Ziel neurechter Agitation waren, nämlich ein sich radikalisierendes Bürgertum, das ein diffuses Gefühl von Ohnmacht und Abstiegsängste hat.” Screenshot Credit: OGR Dass die OGR mit ihrem Blockaden erfolgreich sein könnte, ist sehr gut möglich. In Dresden selbst hat sich mittlerweile eine Gegenbewegung formiert, beim letzten Pegida-Aufmarsch am 22. Dezember waren es bereits über 4000 Gegen-DemonstrantInnen. Es gibt Mutmaßungen, dass die gut besuchte antifaschistische Demo in Dresden der Grund war, dass am 29. Dezember der rechte Aufmarsch erstmals ausfiel . In anderen Städten sah es für Pegida ohnehin bereits zu Beginn ziemlich bitter aus. In München gingen bis zu 25.000 Menschen gegen Pegida auf die Straße, auch in Kassel, Bonn, Nürnberg und Würzburg gab es große antifaschistische Mobilisierungen. Demgegenüber konnte der Dresdner Erfolg der Rechten nicht auf andere Städte übertragen werden, zumeist nahmen gerade einmal 100 bis 200 Personen an den Pegida-Kundgebungen teil. Den absoluten Minusrekord stellte Berlin dar, dort konnte Pegida gerade einmal fünf Personen mobilisieren . Es zeigt sich in solchen Fällen, dass es zwar leicht ist, per Facebook den Alltags-Rassismus loszuwerden, aber etwas ganz anderes, dann auch für rassistische Überzeugungen auf die Straße zu gehen. Der Hass und die Wut in den Pegida-Foren kanalisieren sich gegen MigrantInnen im Allgemeinen und gegen Muslime im Besonderen. Diese Angst ist natürlich auch eine gemachte, kaum eine Ausgabe einer der Boulevard-Zeitungen kommt ohne anti-muslimische Artikel aus und der politische Diskurs betont laufend (etwa mit dem neuen Islam-Sondergesetz) ohne jede Differenzierung die scheinbar naturwüchsige Problematik einer ganzen Religion. Charakteristisch dabei ist, dass Islam und Fundamentalismus im Wesentlichen gleichgesetzt werden, was ungefähr so unsinnig ist, wie alle ChristInnen für die Inquisition verantwortlich zu machen. Doch es sollte klar sein, wozu das führt: Wer alle Menschen mit einem bestimmten Kulturhintergrund diskriminiert und in eine bestimmte Ecke schiebt, wird genau damit dafür sorgen, dass sie in Österreich keine Perspektive sehen und damit besonders anfällig werden für fundamentalistische Positionen. Im Klartext: Die RassistInnen schaffen sich die nächste Generation von FundamentalistInnen großteils selbst. Manchmal kommt die rassistische Argumentation verschämt daher mit dem klassischen „Ich habe nichts gegen Ausländer, aber …” (So wie das auch der Aufruf Text von Pegida versucht). Doch meist wird ganz offen diskutiert—oft vermengt mit Aufrufen zu Gewalt. Wer sich nun allerdings empört, sollte dabei nicht vergessen, dass diese rassistischen Gewaltfantasien manchmal sogar in der Abschiebe-Politik des Staates verwirklicht werden und sich in den Aktionen der EU-Grenzpolizei wiederfinden. In den Amtsstuben wird das Ganze einfach nur nüchtern organisiert und dann an den Grenzen der EU mit Knüppeln und Hunden umgesetzt anstatt mit Baseballschlägern. Es lässt sich auch schnell herauslesen, dass viele Pegida-Unterstützer sich selbst als Rebellen gegen das System begreifen. Doch tatsächlich gibt es kaum etwas systemkonformeres, als gegen die ärmsten und am meisten unterdrückten Schichten der Gesellschaft auf die Straße zu gehen und ihnen gleiche Rechte verwehren. Es ist übrigens auch ganz eigennützig dumm. Denn eine Schicht von Menschen, die Arbeit unter den kollektivvertraglichen Mindestlöhnen annehmen muss oder mangels Alternative völlig überteuerte Mieten akzeptiert, wie das bei MigrantInnen oft der Fall ist, treibt für alle die Löhne nach unten und die Mietpreise nach oben. Miese Löhne und hohe Mieten allerdings wären tatsächlich ein guter Grund, auf die Straße zu gehen. Und zwar gemeinsam mit allen Betroffenen. Update: Laut einem Bericht der Wiener Zeitung marschiert Pegida am 2. Februar um 18:30 über die Mariahilfer Straße.Gegendemonstrationen von NoWKR und OGR wurden bereits angekündigt. Du kannst mit Michael auf Facebook in Kontakt treten.
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Michael Bonvalot
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2014-12-31T06:09:00+00:00
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2024-07-31T04:02:10+00:00
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https://www.vice.com/de/article/der-stammtisch-formiert-sich-pegida-plant-aufmarsch-in-wien-591/
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Der Strassenbahn-Michl ist der Künstler, den die Wiener Linien immer gebraucht haben
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Die Wiener Linien scheinen keinen Erfolg mit ihren Erziehungsmaßnahmen zu erzielen. Seitdem ihre Kampagne gegen das Essen in den Öffis lief, änderte sich nämlich genau gar nichts in unseren lieblichen Garnituren. Das Essen bleibt somit ein zentrales Thema—nicht nur für die große Organisation der Wiener Linien, sondern für jeden Einzelnen im Betrieb. Michael Wihl ist nicht nur frustrierter Ehemann (laut seinem Song) und Straßenbahnfahrer aus Leidenschaft, sondern auch passionierter Sänger. Nachdem die Kampagne der Wiener Linien „Mach was du willst—aber nicht hier!” geschalten wurde, ist der Straßenbahn-Michl inspiriert worden. Für das Video ist der Regisseur Fred Weidler aus Mainz eingeflogen worden, der „ein bisschen, so zwölf Jahre” für Jürgen Drews gearbeitet hat. Im Video ist Straßenbahn-Michl in einer Straßenbahn zu sehen, um ihn herum sitzende Wiener Linien-Nutzer, die absolut glaubhaft den Montag-sieben-Uhr-Früh-Zustand spielen. Obwohl es wahrscheinlich nicht Montag Morgen war. Österreich ist eben das Land der Künstler. Der Inhalt des Songs: Regeln, noch mehr Regeln und Michls majstätisches Gefühl, wenn er Straßenbahn fährt. Und natürlich auch: Das Essen in den Öffis. Für den Song wurde auch extra ein Komponist aus Deutschland eingeschalten, weil es hierzulande niemanden gibt, der besser hochwertige und authentische Mallorca-Musik komponieren kann. Nicht mal die Komponisten von Andi Gabalier. Nachdem die Berliner BVG auf ähnlichem Niveau versucht ihre Fahrer zu erziehen, verwundert der Versuch der Wiener Linien nicht. Was bei den Deutschen nicht funktioniert, tja, wird bei uns noch weniger funktionieren. Oder so. Jedenfalls kann man den Song „König auf der Straße” auf Amazon und iTunes und anderen Anbieteren kaufen. Wann das Video erscheint weiß niemand so recht. Ich bin mir sicher, Hardliner-Fans können den Wiener Linien auf die Pinnwand schreiben und nachfragen. Ansonsten: Leute. Wir könnten auch echt einfach aufhören in den Öffis zu essen. Schaut euch an, was passiert, wenn wir weiterhin so resistent gegen jegliche Bitten und Kampagnen bleiben. Das vollständige Video findet ihr hier. ** Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.
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Fredi Ferkova
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2016-01-25T08:29:00+00:00
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2024-07-30T21:15:43+00:00
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https://www.vice.com/de/article/strassenbahn-michl-987/
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Strache will die Krampus-Traditionen ernsthaft ausgerechnet „für die Kinder“ bewahren
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Es kommt ja öfter mal vor, dass wir Pressemitteilungen, Plakate oder Postings der FPÖ zweimal anschauen und dreimal auf ihre Echtheit überprüfen müssen, bevor wir es selbst wirklich glauben können. Und obwohl sich diese Vorsicht im letzten Jahr immer öfter als überflüssig erwiesen hat, waren wir auch diesmal skeptisch, als die ersten Screenshots von Straches Perchten-Posting in unsere Newsfeeds gespült wurden. Auf dem rechtefreien Wikimedia-Foto, das die „HC Strache”-Seite vergangene Sonntagnacht um 01:31 Uhr veröffentlicht hat, sieht man eine Krampus-Figur, die sich ziemlich gut als Bösewicht inThe Purge 3 eignen würde—darüber steht im bekannten freiheitlichen Font: „Unsere Tradition. Unsere Zukunft.” Im Begleittext macht Heinz-Christian Strache sicherheitshalber auch den Kontext klar: „Wir sind es unseren Kindern schuldig, das Kulturgut unserer Heimat zu schützen und für die Zukunft zu bewahren.” Das ist, um es freundlich auszudrücken, irritierend. Nichts gegen gruselige Figuren und rituellen Horror—ich persönlich liebe Slasher-Filme und lass mich gern schocken. Aber vielleicht sollte sich die FPÖ die Mühe machen und einfach mal die Kinder direkt fragen, denen wir laut Heinz-Christian Strache den Erhalt der Tradition „schuldig” sind. Übrigens gehören Krampus und Perchten—genau wie der Weihnachtsbaum, wenn wir schon dabei sind—zu den heidnischen Traditionen aus vorchristlichen Zeiten. Wie gut sich das mit dem Hochhalten christlicher Werte verträgt, sei dahingestellt. Aber vermutlich sollte man sich über Stringenz in der FPÖ nicht mehr Gedanken machen, als die Partei selbst es tut. Was solche Postings aber wieder einmal zeigen, ist, wie anfangs schon erwähnt, dass die FPÖ nicht substanziell anders auftritt als die Satire-Seiten, die sich über sie lustig machen. Das Krampus-Posting hätte ohne irgendeine Änderung genauso von der Blutgruppe HC Negativ, den Gebrüdern Moped oder der Tagespresse stammen können. Davon, dass die FPÖ offenbar kein Problem damit hat, wie der leibhaftige Beelzebub aufzutreten, rede ich erst gar nicht. Alles, was man dazu sagen könnte, hat sowieso Bertolt Brecht in seinem Gedicht „Die Masken des Bösen” schon viel besser gesagt: An meiner Wand hängt ein japanisches Holzwerk Maske eines bösen Dämons, bemalt mit Goldlack. Mitfühlend sehe ich Die geschwollenen Stirnadern, andeutend Wie anstrengend es ist, böse zu sein. Markus auf Twitter: @wurstzombie
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Markus Lust
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2015-12-06T16:30:00+00:00
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2024-07-31T01:20:27+00:00
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https://www.vice.com/de/article/strache-krampus-und-das-boese-229/
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Wilderer lassen sich von Robo-Hirsch ködern
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Das ist kein echter Hirsch, Imagine Ich könnte mir vorstellen, dass man sich wie ein Idiot vorkommt, wenn man für ein Jahr in den Knast muss, weil man einen Hirsch erlegt hat, der in Wirklichkeit ein Roboter war. Manche Wilderer scheinen aber immer wieder auf den Trick reinzufallen. Der neuste Fall ereignete sich am Mittwoch in Myakka City, Florida, wo ein Wilderer in eine von der Polizei ausgelegte Robo-Hirsch-Falle tappte. Brett Russel Thomson fuhr in seinem Auto, als er das „Tier“ am Straßenrand stehen sah. Er hielt an, stieg aus seinem Wagen und erlegte den vermeintlichen Hirsch mit einem Schuss in den Hals. Die Polizeibeamten, die ihm auflauerten, kamen aus ihrem Versteck gekrochen und verhafteten den Wilderer, der jetzt wegen unerlaubten Abfeuerns einer Waffe auf einer öffentlichen Straße und wegen Nichteinhaltung der Wildschonzeit in den Knast muss. Die Nachricht wurde viral, nachdem der Miami Herald erstmals von der Geschichte berichtete. Und seien wir doch mal ehrlich, wer von uns hat was gegen eine „idiotischer Wilderer erlegt Robo-Hirsch“ Geschichte? Aber Roboter-Tierattrappen als Köder sind keine neue Taktik. In den USA benutzen Beamte der Jagd- und Fischereibehörden diese Technologie schon seit Jahren, um Wilderer auf frischer Tat zu ertappen. Ja, auch der ist unecht. Die Polizei setzt die Roboter-Tierattrappen dabei ein, Wilderer, die die Jagdvorschriften ignorieren und Hirsche auf eine „unsportliche“ Art und Weise außerhalb der Jagdsaison, von öffentlichen Straßen aus oder durch die Benutzung von Flutlicht und anderen unfairen Mitteln, erlegen, das Handwerk zu legen. Die Motivation der Wilderer ist das Geld, das man für das Fleisch und die Geweihe der Tiere bekommen kann. Damit aber so ein Täuschungsmanöver gelingt, muss man es gut durchdenken, dann geht der Plan aber oft auf, heißt es im Harold. Die Köder sehen super realistisch aus, besonders wenn sie inmitten der Wildnis platziert werden, berichten auch Polizisten. Und das Beste: Die Attrappen bewegen sich! Polizisten, die sich während der Lockaktion in den Büschen der unmittelbaren Umgebung verstecken, können aus einer Entfernung von bis zu 15 Metern den Schwanz, die Ohren und den Kopf des Robo-Hirsches mit einer Fernsteuerung bewegen. Außerdem kann so eine Attrappe bis zu 1000 Gewehrsalven aushalten, bevor man sie ersetzen muss. VICE hat Robotic Wildlife besucht und mit den professionellen Ausstopfern der Robo-Hirsche gesprochen. Um einen bessere Vorstellung von den Roboter-Tierattrappen zu kriegen, hat VICE Robotic Widlife, – eine Firma, die sich auf die Herstellung dieser Köder für Strafverfolgungsbehörden spezialisiert hat – letztes Jahr besucht. Der Besitzer des Unternehmens, Brian Wolslegel, erklärt, dass sich die Polizei für Gewöhnlich einen Platz aussucht, von dem bekannt ist, dass dort gewildert wird, oder aber sie versucht einen bereits bekannten Täter auf frischer Tat zu stellen. „Es ist, als ob der Wilderer zum Gejagten wird,“ bemerkt Wolslegel. Für gesetzestreue Jäger bietet Robotic Wildlife ebenfalls Tierattrappen an. Es handelt sich dabei meist um typische Beutetiere, wie Truthähne, Kaninchen und dergleichen, – diese sollen Raubtiere anlocken. Betrieben von zwölf AA-Batterien ist die Handhabung dieses Systems nicht nur sehr einfach, sondern auch extrem tödlich für das Beutetier, das man im Freien und in Reichweite der Räuber aussetzt,“ schreibt man auf der Webseite der Firma. Ein weiteres Anwendungsbeispiel lautet folgendermaßen: „Bei richtiger Benutzung kann eine Robo-Coy Attrappe dabei behilflich sein, die Aufmerksamkeit eines brünstigen Bocks zu erregen und damit den Jäger vor unliebsamen Annäherungen zu schützen.“ Offensichtlich fallen nicht nur Menschen auf die dargebotenen Lockungen herein.
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Meghan Neal
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Tech
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2013-11-18T14:25:00+00:00
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2024-07-31T05:57:06+00:00
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https://www.vice.com/de/article/wilderer-lassen-sich-von-robo-hirsch-kdern/
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Ach ja, ihr habt Monotonix verpasst
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Hey, ihr habt am Freitag eine der besten Shows eures Lebens verpasst. Ich sage das nicht in diesem das-beste-Deo-der-billigste-Tarif-die-leckerste-Lowfat-Magarine-eures-Lebens-Kontext, in dem es sonst verwendet wird. Es handelt sich hierbei um ein absolut aufrichtiges, gehässiges “Hey, ihr habt Freitag eine der besten Shows eures Lebens verpasst”. Denn Monotonix haben im White Trash gespielt. Die wilden Shows (“wild” hier nicht wie “wilder Duft” in der Herbal Essences Werbung, sondern wie in “stinkende schwitzende haarige Männer mit Gitarren”) der drei langhaarigen Israelis sind inzwischen legendär. Wir haben den Wahrheitsgehalt der Legenden überprüft. Vice: Hey, ich hab gehört, ihr zündet euch bei euren Konzerten ab und zu an? Levi: Ab und zu? In den meisten Shows… Bonanza: Gestern haben wir ein paar Deutsche angezündet. Levi: Eine Zeitlang fing die Show damit an, dass wir das Schlagzeug anzuzünden, aber jetzt machen wir das nicht mehr. Moshe: Einmal haben wir unseren Schlagzeuger erwischt. Levi: Er war sehr böse. Bonanza: Ja, war ich. Die Flammen sind so schnell, sie können die Hälfte des Haares verbrennen. Moshe: Haare sind sehr wichtig. Levi: Sie halten dich warm. Deswegen klaut ihr Drinks vom Publikum? Levi: Oh, ja, aber wir geben sie nicht zurück. Wo ist dieses Foto entstanden, in dem du aus einem Schuh trinkst? Levi/Bonanza: Ich erinnere mich… es war ein sehr schöner Schuh von einer Lady… das ist der Trick. Du musst nur aus ihrem Schuh trinken, und sie ist den Rest der Nacht dein. Ich merks mir. Wie oft ist die Polizei gekommen, um eure Shows abzubrechen? Levi: Cops. Bonanza: Cops. Levi: Ich würde sagen, so fünfzehn Mal? In welchen Städten? Levi: Hauptsächlich in Amerika,… Toronto… Seattle, wegen des Feuers… Edinburgh… Moshe: Das war, wo der Cop deinen Drumstick gefangen hat… Bonanza: Jaaaa – ich spiel so, und plötzlich fängt jemand von hinten meinen Drumstick, und ich dreh mich um und da steht ein Cop. Levi: Cool wärs gewesen, wenn er an deiner Stelle weitergespielt hätte. Bonanza: Hahaha, ja. Ok, was habt ihr euch noch nicht getraut? Levi: Irgendwann eine Show in Palästina spielen, ohne getötet zu werden. Ich wollte eigentlich nicht damit anfangen, aber was glaubt ihr, was wird das im Nahen Osten? Bonanza: Hm… ich glaub, das kommt schon wieder in Ordnung. Levi: Ja, denk ich auch. Gebt denen noch ein paar Jahre, und sie kriegen sich wieder ein. Danke.
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VICE Staff
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2009-12-09T11:13:00+00:00
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2024-07-31T08:12:16+00:00
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https://www.vice.com/de/article/ach-ja-ihr-habt-monotonix-verpasst/
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Warum unsere deutschen Nachbarn Weltmeister im Pornokonsum sind
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Foto: imago | EntertainmentPictures Die Deutschen waren nicht nur Papst und sind Fußballweltmeister, auch was deren Pornokonsum anbetrifft, kann ihnen niemand das Wasser oder genügend Taschentücher reichen. 12,4 Prozent des weltweiten Traffics aller pornografischen Inhalte gehen auf das Konto der Deutschen. Selbst die USA mit ihren 321 Millionen Einwohnern und 8,3 Prozent kommen nicht an sie heran. Die Amerikaner liegen abgeschlagen auf Platz vier, noch hinter Spanien (9,5 Prozent) und Großbritannien (8,5 Prozent). Diese Zahlen haben die Analysten von Netzsieger in ihrer Studie ermittelt, doch noch interessanter wird es, wenn man sich die neuesten Zahlen einer von der Welt in Auftrag gegeben Analyse zuwenden. Die Tageszeitung hat Pornhub gebeten, das Konsumverhalten ihrer deutschen User auszuwerten. Die Ergebnisse besitzen durchaus eine repräsentative Aussagekraft, wenn man bedenkt, dass Pornhub nicht nur zu den meistbesuchten Internetseiten in Deutschland gehört—laut Welt liegt es auf Platz 35 noch vor Bahn.de (38.) oder auch sueddeutsche.de (65.)—, die Seite besitzt auch das weltweit größte Pornofilmarchiv des Internets. Von den 87,8 Milliarden Videoklicks im vergangenen Jahr hat Pornhub nun den deutschen Anteil ausgewertet. Das Ergebnis? Nichts killt den deutschen Pornokonsum dermaßen wie der Tatort und König Fußball. Den Rekordabfallwert an Traffic während der sonntäglichen Crime-Primetime verbuchte Pornhub bei der Folge Schutzlos mit dem Schweizer Kommissarenduo. Um ganze 17 Prozent sank der Traffic am 5. Juli 2015 zwischen 20 und 22 Uhr. Direkt nach der Ausstrahlung erholten sich die Werte wieder. Beim österreichischen Tatort Grenzfall ging der Masturbationsandrang um 10 Prozent nach unten, die Münsteraner Thiel und Professor Boerne schafften es mit ihrem Schwannensee die Wichswerte um 5 Prozent zu drücken. Doch wenn es darum geht, nicht nur der Autoerotik im Wege zu stehen, sondern sie gleichzeitig zu befeuern, dann ist der Fußball nicht zu schlagen. Vor allem bei großen Spielen hat der Schritt erst mal Sendepause. Zum Beispiel beim Pokal-Halbfinale zwischen Bayern und Dortmund sanken die Pornoabrufe um 15 Prozent, doch umso erstaunlicher war dann, dass sich nach dem Abpfiff nicht nur die Werte auf Pornhub normalisierten, nein, die Besucheranzahl stieg um 30 Prozent. Bei Niederlagen eine Form der Frustbewältigung oder das Sahnehäubchen auf den Sieg der Lieblingsmannschaft? So oder so: Fußball und Penis gehen offensichtlich Hand in Hand, wenn man bedenkt, dass 83 Prozent der Nutzer Männer sind. Fun Fact: 53 Prozent aller weltweiten Pornoabrufe werden über Smartphones getätigt und dabei wurde herausgefunden, dass Besitzer von Apple-Geräten um ein Vielfaches mehr Pornos als es ihr androides Pendant schauen. Den weltweiten Marktanteil von Betriebssystemen bestimmt Android mit 75,1 Prozent, während Apples iOS auf Platz 2 mit nur 13,2 Prozent rangiert; aber wenn es um den totalen, mobilen Pornokonsum geht, machen Benutzer von Apple-Geräten einen Anteil von 44,4 Prozent aus—also fast so viel wie die 51,7 Prozent, die die Android-Konsumenten für sich verbuchen können. Es kann also doch mit Fug und Recht behauptet werden: Apple-Nutzer sind die größten Wixxer.
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VICE Staff
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2016-03-21T10:32:00+00:00
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2024-07-30T21:50:28+00:00
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https://www.vice.com/de/article/das-sind-die-groessten-feinde-des-pornokonsums-der-deutschen-245/
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“Ich angle sie am liebsten mit meinem Speer” – Wir haben Marteria in Wien getroffen
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Am 26. Mai erscheint Marterias neues Album Roswell. Zwar ist das Album mehr Autobiographie als YouTube-Verschwörungsdoku, trotzdem fallen im Interview Worte wie “Fantasy-Rap” und “Pyramiden”. Trotz Presse-Stunden und PR-Stress hat Marteria nicht nur über sein Album geredet, sondern sich Zeit genommen, um über seine neuen Hobbys, Südafrika, Spotify oder Schönheit zu philosphieren, spricht abgeklärt über seine extreme Persönlichkeit und rettet mich sogar vor einer Spinne. Marteria ist irgendwie der harte und kluge Musiker-Freund, den wir alle niemals hatten, aber gerne hätten. Und das beweist er mit seinem Album und diesem Interview aufs Neue. Noisey: Eine Frage, die du wahrscheinlich noch nie gehört hast: Glaubst du an Aliens? Marteria: Auf jeden. Ich glaube, dass jeder, der nicht daran glaubt ein bisschen komisch ist. Die Chance, dass es sie gibt, ist doch viel größer, als dass es sie nicht gibt. Auch Roswell und so?Also nein, das glaub ich irgendwie nicht. Also Aliens gibt’s schon, aber sie waren nicht auf der Erde.Kann auch sein. Ich bin jetzt nicht so der Science Fiction-Fan, aber ich kenne die typischen fünf Dokus, die jeder kennt. Und das mit den Pyramiden und Maya-Tempeln?Das kann natürlich sein! Ist doch seltsam, dass alle Pyramiden in der selben Achse stehen. Müssen doch Aliens gewesen sein. Zumindest klingt es in der Verschwörungs-Doku logisch.Alf war es. Mit E.T. zusammen. Weg von Aliens – zu deinen Album. Welche Themen wirst du diesmal anschneiden?Hm. Alle Themen. Bei mir ist ein Album immer ein Querschnitt oder besser gesagt ein Rückblick auf die Jahre nach dem letzten Album. Also alles, was mir die letzen zwei oder drei Jahre passiert ist. Was ist denn passiert?Tausend Sachen. Lifestyle komplett verändert. Ich habe früher hart gesoffen und alles hart gemacht – jetzt bin ich clean und habe auch andere Prioritäten. Ich habe viele Länder gesehen und bin viel in der Welt unterwegs und fühle mich auch überall Zuhause. Deshalb auch der Song “Aliens” weil man da irgendwie trotzdem immer ein Außenseiter ist. Selbstgewähltes Migranten-Dasein?Irgendwie fremd zu sein. Dass man nicht als großes Ziel hat, irgendwie ein großer Star zu sein, sondern erstmal irgendwo anzukommen. Das zieht sich ja durch mein Leben durch – in meiner Heimatstadt Rostock, da gab’s nur eine kleine HipHop-Szene mit 300 Leuten. Also eine ziemliche Alien-Szene. Dann mit 17 nach New York – da willst du auch nicht so der Star sein, sondern eben Teil von der Stadt sein, fühlst dich aber wie ein Alien. Das ist ein bisschen die Metapher dafür – also es geht jetzt nicht um ein Hokus-Pokus Alien- Ding, sondern es ist alles sehr autobiographisch. Wie wichtig ist eigentlich Weed bei Marterias Kreativprozess?Kiffen allgemein? Ja. Ist das irgendwie wichtig für die Themenfindung, Text oder die Beats? Bei Marteria-Songs ist es jetzt nicht krass wichtig, aber kann schon helfen. Kreativ macht Weed allemal. Ich mag halt nicht so hartes Gras, das gerade überall geraucht wird. Eher so Jamaica-Style, ganz leicht und mit dem man noch alles machen kann. Aber ich bin jetzt nicht der Hardcore-Kiffer, der immer kifft. Das ist bei Marsimoto bisschen anders, da fahren wir wirklich für ein zwei Monate auf Jamaica. Aber man muss schon auch klar sein. Clean bist du jetzt, hast du gemeint. Also so Straight Edge mit Spazieren am Sonntag?Nein, nein. Ich gehe jetzt angeln und so. Ich hatte ja eine schwere Erkrankung. Nierenversagen oder?Ja. Es war jetzt nicht so, dass ich Alkoholiker oder Drogenjunkie war. Aber ich bin ein extremer Typ: Manchmal war ich drei Tage durchgängig feiern, dann wieder paar Wochen nur Sport und gar nichts. Ich könnte jetzt auch ein Bier trinken, aber ich weiß, dass ich nicht der Typ für ein Bier bin. Eher einer für zehn. Und das Nierenversagen hat dir geholfen zu erkennen, dass du ein extremer Typ bist?Naja. Das denkt man sich irgendwie immer. Dann hört man für paar Wochen auf und dann denkt man sich “Ach scheiß drauf” und fängt wieder an. Ich glaube, so etwas muss man selber erleben, damit das auch nachhaltig wirkt – wenn das einen Kumpel passiert, dann ist das bisschen egal für das eigene Verhalten. Man denkt irgendwie man ist unsterblich und Superman. Da hilft so etwas schon, um die eigene Sterblichkeit zu erkennen. Und das Angel-Ding ist irgendwie ein Ausgleich – man reist viel damit. Ich bin Raubfisch-Angler und angle große Fische, da ist schon viel Action. So mit Speeren?Nein, nicht mit Speeren, eher so mit Händen. “Ich angle sie am liebsten mit dem Speer” hätte ich gerne als Überschrift. Man sagt ja, dass man aus jeder Situation lernen kann. Was sind so deine Learnings nach dem Album?Lernen ist so ein beschissenes Wort. Es geht eher so um … Erfahrungserweiterung!Ja, genau. Ich merke irgendwie, dass es ein Album ist, das ich schon immer machen wollte. Ich will nie, dass sich ein Lied wiederholt. Das ist mein Anspruch und das Album macht mich glücklich. Ja aber das Autobiographische hattest du ja schon vor diesem Album.Ja schon, aber jede Platte hat so seine eigene Farbe. So die letzte Platte war eher sehr düster und sehr dark. “Kids” und “OMG” waren zwar Abfeier-Songs, aber der Rest war eher dunkel. Diese Platte geht mehr so nach vorne – sie ist aktiver, man kann dazu tanzen, feiern. So ein Album machst du ja für dich und mir ist es wichtig, dass sie sich der Stil und die Themen abwechseln. Erst wenn man es selbst abfeiert, kann man es auch von Leuten verlangen. Wenn man meine Platte hört, ist man in meinem Kopf. Was ist dein Liebelingstrack?“Blue Marlin.” Ist übrigens ein Fisch, ein sehr großer Fisch. Ich mag Lieder zum Autofahren. Mit dem Speer gefangen?Mit dem Speer fange ich sie am liebsten, haha. Das ist irgendwie mein Lieblingslied weil es so Fantasy-Rap ist. “Skyline mit zwei Türmen” ist auch sehr wichtig für mich. Warum? Auch ein Auto-Lied?Nein (lacht). Da geht’s um meine Zeit in New York mit Ende 17. Ah, dazu habe ich eh eine Frage: Du warst ja Model in NYC. Und wenn man sich deine Facebook-Bilder durchschaut, dann sieht man, dass besonders weibliche Fans dein Aussehen thematisieren. Stört dich das eigentlich? Deshalb ist der Song so geil, weil es einfach die Realität zeigt. Wenn irgendwo steht “Er war Fußballer und ein Model” dann klingt das so idealisiert. Dass du abends heulend im Bett liegst, sehr viel Heimweh hast und 1.000 Euro irgendwie machst, davon 900 abgeben musst und deine Mutter dir Geld überweisen muss, damit du dir Essen kaufen kannst – das ist die Realität. “War mal Model für Valentino” ist nicht die Wahrheit, deshalb ist der Song auch so dark geworden. Stört es die Rap-Credibility wenn man schoaf ist?Ich finde Komplimente immer schwierig. Schönheit fand ich schon immer komisch, Schönheit kann man doch nicht bewerten oder einordnen. Die Modelwelt zum Beispiel, ist keine Welt die ich besonders schön finde. Ich finde andere Frauen viel, viel schöner. Wenn sie irgendetwas besonderes, catchiges haben. Ich bin jetzt auch nicht der krasse Schönlingstyp, ich glaube ich bin eher ein Mann. Ich bin groß, habe eine tiefe Stimme – ich bin einfach ein Mann. Wie stehst du eigentlich zu Spotify? Ich glaube noch nie etwas über dich und deine Meinung zu Spotify gelesen zu haben, aber es avanciert zu meiner Lieblingsfrage.Ich finds eher positiv. Die Vergangenheit ist vorbei. Alles, was wir haben, ist die Zukunft. Und das ist die Zukunft. Dass du monatlich zahlst, oder auch nicht, und dann alles an Musik hören kannst. “Es war so geil, als wir noch CDs verkauft haben.” Ja, na und? Dann war’s eben geil, jetzt können dafür viel mehr Menschen deine Musik hören. Dafür gibts auch immer mehr Musik – viel Schwachsinn auch, aber egal. Das ist die Welt. Die Welt entwickelt sich und die Möglichkeit ist genial. Ich nutze es ja auch. Ich habe eine ganz klare Regel: Will ich den Künstler unterstützen, dann kauf ich die Platte. Und ich höre es auch auf Spotify und auf iTunes. Ich kaufe auch gerne Vinyl. Es nervt auch, wenn Leute an der Vergangenheit festhalten und so negative Vibes haben. ANTIMARTERIA wurde ja in Südafrika gedreht. Wie empfindest du die Arm-Reich-Schere dort?Südafrika ist ein besonders Land. Die Apartheid, die es gab, hallt noch nach. 85 Prozent der Menschen sind ja schwarz und der weiße Rest ist irgendwie krass drauf. Alles ist abgesichert, überall sind Kameras. Man merkt die Abschottung auch an der Job-Verteilung, dass das noch nicht ganz vorbei ist. Aber irgendwie darf man es ihnen auch nicht verübeln, ich habe dort ja mit vielen Menschen gesprochen: Sie denken nicht, dass sie Rassisten sind. Sie kennen es nicht anders. Die Apartheid wurde ja erst in den 80ern abgeschafft und es gab ja die Busstationen für Schwarze und Weiße. Wenn man die Leute fragt, dann denken die nie im Leben daran, dass sie Rassisten sind. Die junge Generation, zu der ich mich auch noch zähle, ist aber voll open minded und offen. Was läuft falsch in der Welt? Du warst ja schon überall.Es laufen ganz viele Dinge falsch. Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer – das klingt wie eine Floskel, aber es ist wahr. Aber wie würde die Welt ohne Geld aussehen?Ja mega. Ich würde die ganze Zeit nur Handeln. Ich würde einen Fisch hergeben – den ich ja mit dem Speer angle (lacht) – und würde Fleisch bekommen. Und es ginge immer um Austausch. Meine Mama sagt, dass damals in der DDR einfach nie über Geld geredet wurde. Es gab das Thema nicht. Und das ist eine unfassbar krasse Sache – das kann man sich nicht mehr vorstellen. Ich komme ja auch aus einem ehemalig kommunistischen Land, ich weiß nicht ob das nur Vorteile hatte.Woher? Aus der Slowakei. Ich habe tschechische Wurzeln. Laciny heißt ja auch “billig” (lacht). ** Folgt Noisey bei Facebook, Instagram und Twitter.
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Fredi Ferkova
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2017-05-23T10:27:38+00:00
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2024-07-30T20:04:43+00:00
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https://www.vice.com/de/article/ich-angle-sie-am-liebsten-mit-meinem-speer-wir-haben-marteria-in-wien-getroffen/
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Diese alte Doku zeigt, was Bam Margera für ein hoffnungsloser HIM-Fanboy war
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Am 31.12.2017 werden HIM ihr letztes Konzert spielen. Das war es dann mit den finnischen Gothic-Rockern und ihrem schon immer kitischigem Band-Symbol, dem Heartagram. Dank ihrer Single “Join Me in Death” kannte sie seit 1999 jeder, der sich auch nur nebenbei durchs Musikfernsehen zappte. Zu dieser Zeit war Bam Margera Profi-Skater für Volcom und brachte mit Freunden wie Ryan Dunn oder Raab Himself die erste CKY-Videokassette raus – auf der die Typen im Grunde das machten, was sie später in Jackass perfektionierten. Wenig später saß Bam im Flieger nach Finnland, hörte zum ersten Mal von HIM, verliebte sich sofort und packte ihre Songs sogar in seine Skatevideos. 2002 war die Band schließlich in L.A. und Bam Margera sollte gleich zwei Musikvideos für sie drehen. Das Making-of dazu ist jetzt bei YouTube aufgetaucht und pures Nostalgie-Gold. Skateboarding, Jackass, HIM, Bam Margera: Geht es noch mehr Anfang 00er? Klar. Denn HIM wurden in L.A. freudig von Bam begrüßt, der sich Sänger Ville Valo sofort in sein Cabrio packte und mit ihm zu System of A Downs “Aerials” abgeht. Später rappt er noch begeistert zu Eminems “Lose Yourself”, bevor es zum Drehort des Musikvideos “Buried Alive By Love” geht. Dann liegt Bam mit Valo im Bett, trinkt Schnaps und hört dem Finnen beim Sinnieren übers Bandleben zu. Dass der Dreh natürlich komplett chaotisch abläuft, kann sich jeder Denken, der mal eine Folge von Viva la Bam geguckt hat. VICE-Video: “Auf der Suche nach den besten Skate-Spots von Mexiko” Beim Dreh zu “The Sacrament” dreht Bam dann irgendwann komplett durch – weil er beschließt, Whiskey zu trinken. Er rennt frontal gegen Schaufenster-Rolläden, fügt sich die dickste Beule am Schienbein zu, die wir je gesehen haben und fliegt schließlich umwickelt mit Toilettenpapier in eine Badewanne. Das sind eben genau die Bilder, die Jackass-Fans sehen wollen. Trotzdem ist da dieses nagende, bittersüße Gefühl, dass in den letzten 15 Jahren auch verdammt viel unschönes Zeug passiert ist. So verunglückte Bams Jugendfreund Ryan Dunn 2011 tödlich bei einem Autounfall, was ihn komplett aus der Bahn warf. Er verfiel dem Alkohol, verlor seine Lebensfreude und zeigte sich schließlich 2016 aufgeschwemmt in einer Rehab-Reality TV-Show. Unsere VICE-Kollegen hätten es mit ihrer Überschrift “Bam Margeras Leben macht mir furchtbare Angst vor dem Tod” nicht treffender formulieren können. Umso schöner das Video im Frühling diesen Jahres, das Bam wieder quicklebendig auf dem Skateboard zeigte. Erst diese Woche widmete sich VICELAND mit einem berührenden Film dem ehemaligen Profi-Skater. HIM wird 2018 nicht mehr sein, aber Bam Margera wird uns hoffentlich noch lange erhalten bleiben – nicht nur in verpixelten Videos aus den 00ern. Folge Noisey auf Facebook, Instagram und Snapchat.
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Noisey Staff
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2017-09-04T15:34:48+00:00
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2024-07-30T20:42:22+00:00
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https://www.vice.com/de/article/diese-alte-doku-zeigt-was-bam-margera-fur-ein-hoffnungsloser-him-fanboy-war/
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Willenloses Sexting
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Beziehungen sind eine komplizierte Angelegenheit. Manchmal tun wir Dinge für unsere Partner, auf die wir eigentlich keine Lust haben – sei es der Abwasch, Shoppen von Schuhen oder Motorradzubehör und eben auch mal Sex. Es gibt eine Menge Studien zu dem Thema „unerwünschte, aber einvernehmliche” sexuelle Aktivität. Ein verstörend weites Forschungsfeld, das sich jetzt auch dem Sexting gewidmet hat. Forscher aus Indiana und Purdue haben herausgefunden, dass eine Menge Leute mit ihren Partnern intime Fotos austauschen, nicht weil sie das so toll finden, sondern weil sie sich verpflichtet fühlen. In einer Umfrage unter 155 Sextern im Studentenalter, die alle in einer festen Beziehung sind, gaben 52,3 Prozent an, sich zumindest einmal dazu verpflichtet fühlten zu sexten. Laut der Studie die meisten mitgemacht, “um zu flirten, fürs Vorspiel oder um auf die Bedürfnisse des Partners einzugehen”. Die Studie umfasste 93 Frauen und 62 Männer, wobei erstere häufiger unerwünschte als einvernehmliche „Sexts” sendeten. Die Forscher vermuteten als möglichen Grund hierfür Geschlechternormen, da es für Männer vielleicht nicht so eine große Sache sei, wie für Frauen, die eher nach konservativen Normen trainiert seien. Ein weiteres Ergebnis der Studie war, dass „unsichere Bindungen stark zur Häufigkeit von Sexting bei Frauen beitragen”. Manchmal reicht es als Grund aber auch nur, wenn man einem Streit aus dem Weg gehen will. Ein Dreieck von Sexting-Emotionen erklärt diese Wahrscheinlichkeit: Das Prinzip von unerwünschter, aber doch einvernehmlicher sexueller Aktivität wurde bereits ausreichend dokumentiert. Es ist also nicht verwunderlich, dass dies auch beim Sexting geschieht. Aufsehenerregend ist aber, wie weit verbreitet das Phänomen ist. Eine Umfrage aus dem Jahr 1997 unter 80 weiblichen und 80 männlichen Studenten ergab, dass insgesamt 38 Prozent über einen Zeitraum von zwei Wochen unerwünschtem Sex zustimmten, während ein Bericht aus dem Jahr 1994 hervorhob, dass „55 Prozent amerikanischer Frauen und 35 Prozent amerikanischer Männer einvernehmlichen aber unerwünschten Sex hatten.” Die jüngste Studie, die in Computers in Human Behavior veröffentlich wurde, stellte fest, dass die Befragten mit höherer Angst ihren Partner zu verlieren, eher zum Sexting neigten. Einige gaben aber auch an, dass sie aus reiner Langeweile mitmachen. Diese Befunde werden durch frühere Forschungsarbeiten gestützt. Der emotionale Aspekt der Studie bietet interessante Einblicke darin, wie menschliche Beziehungen funktionieren und zeigt, warum unerwünschter aber einvernehmlicher Sex ein wichtiges Thema der Forschung ist. Wie eine Studie aus dem Jahr 2004 belegt, wird das Ganze häufig von einer Mischung aus ängstlichem und vermeidendem Verhalten angeheizt, was unter anderem von geringem Selbstwertgefühl kommen kann. All dies sind wesentliche Aspekte emotionaler und sexueller Gesundheit. Diese aktuelle Untersuchung ist auch deshalb interessant, weil sie die Sexting Gewohnheiten von Erwachsenen analysiert, was nicht besonders häufig vorkommt. Das ebenfalls wichtige Thema Sexting unter Jugendlichen ist dagegen schon häufig beschrieben worden, aber die Frage wie weit das Phänomen in Beziehungen von Erwachsenen vorgedrungen ist, wurde bisher kaum beleuchtet. Und das trotz der regelmäßigen Politkerskandale und den Bedenken bezüglich der Privatsphäre. Auch wenn die neuste Studie nicht auf die quantitative Verbreitung von Sexting eingeeht, so zeigt sie dennoch, dass das Zusammenspiel von Sex und die emotionalen Aspekte unserer Beziehung bis hinein in die digitalen Schlüpfrigkeiten und Intimbilder wirkt. Eine Studie zu den wahren Gründen, um aus Facebook auszusteigen. Warum uns das Symptome Googlen krank macht. Zorn ist viraler als Freude.
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Derek Mead
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Tech
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2014-01-04T09:11:00+00:00
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2024-07-31T04:10:18+00:00
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https://www.vice.com/de/article/sexting-ohne-absicht/
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Glass Animals und Joey Bada$$ zeigen auf „Lose Control“, wie ein guter Rap-Pop-Crossover zu klingen hat
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Vorhersehbare Kollaborationen sind eigentlich immer scheiße. Was soll bitte Interessantes dabei rumkommen, wenn Singer-Songwriter A zusammen mit House-Producer B ins Studio geht? Wo bleibt der Twist, wenn ein Rap-Verse über einen Popsong gelegt wird? Die besten Kollaborationen sind immer die, bei denen sich beide beteiligten Parteien derartig radikal unterscheiden, dass dabei nur etwas rumkommen kann, was sich fernab von allem befindet, was diese Künstler sonst so treiben. Gut, nachdem das jetzt geklärt ist, brauchen wir auch nicht mehr viele Worte darüber zu verlieren, warum „Lose Control“, das gemeinsame Kind der britischen Klangtüftler von Glass Animals und Brooklyns Vorzeigerapper Joey Bada$$, deine knapp Zeit definitiv wert ist. Der Song ist ein schaurig guter Banger geworden, bei dem Bada$$ auf dem krummen Glass Animals-Groove richtig schön freidreht, bevor deren Sänger, Dave Bayley, am Ende selbst einsteigt und mit geisterhaft-sphärischen Vocals den Song beschließt. Joey sagt zu der Entstehung des Tracks: „Wir waren in New York und die Session war eigentlich für 11 Uhr vormittags angesetzt, ging dann aber erst um 11 Uhr nachts los. Dave und ich sind voll auf einer Wellenlänger—wir haben den Vibe des anderen sofort verstanden und dann die Nacht durchgeackert, um dieses Teil zu zaubern.“ Und Dave Bayley sagt: „Ich habe Joeys Mixtape 2012 in die Finger bekommen und war sofort angefixt. Vor ein paar Monaten habe ich gehört, dass er auf Glass Animals steht, also habe ich ihn angeschrieben. Als ich dann in Brooklyn war, ist er für eine Nacht im Studio vorbeigekommen. Ich habe angefangen, ihm ein paar Sounds vorzuspielen und nach einer Stunde hatten wir den Beat. Er meinte dann nur so: „Ich bin bereit“, ist in die Kabine und hat das Ding dann fast in einem Rutsch hingelegt … Der Typ ist so talentiert.“ Seine Premiere feierte der Track auf Radio1, aber im Internet bekommst du „Lose Control“ nur bei Noisey. Gern geschehen. ** Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.
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Noisey Staff
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2015-10-07T08:12:00+00:00
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2024-07-31T00:25:27+00:00
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