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Bischöfliche Anleitung zum Kirchen-Suizid | “Nulla salus extra ecclesiam” - außerhalb der Kirche ist kein Heil, hat der antike christliche Theologe Cyprian von Karthago sinngemäß im 3. Jhd. gesagt. Diese Position, die bis in das 19. Jahrhundert für beide Konfessionen galt, wird von Protestanten seit dem Aufkommen der liberalen Theologie zu Recht als überholt angesehen, denn auch ohne Kirche kann ein Mensch aufrichtig an Gott glauben und sein Heil finden, wenngleich das schwerer ist als mit einer glaubwürdigen und gut funktionierenden Kirche. Doch eine Kirche ohne Gott, ohne Glauben und bekenntnistreue Pfarrerschaft kann es auch nicht gehen. Sie ist zu Kraftlosigkeit verurteilt, denn ihr fehlt es an essentieller Substanz, am Salz (Matthäus 5, 13). Derzeit verschwinden große Teile der Amtskirche, und das Tempo dieses Vorgangs nimmt zu. 1951 gehörten noch 96 Prozent der Deutschen einer christlichen Konfession an, 2016 waren es noch 53 Prozent, etwa je zur Hälfte katholischen und evangelischen Bekenntnisses. Seitdem sind die Zahlen weiter rapide gesunken, die Menschen laufen den Kirchen davon, viele halten die heutige Kirche nicht mehr aus oder sind gleichgültig und wollen das Geld sparen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), das ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts als Verband von 20 deutschen Landeskirchen, hat nun mit “Elf Leitsätzen für eine aufgeschlossene Kirche” darauf reagiert. Es ist eine sehr wirkungsvolle Suizidanleitung für die evangelische Kirche als Institution. Warum? Holen wir etwas aus. Die christliche Religion umfasst drei fundamentale transzendente Grundbekenntnisse: Gnade Gottes, Präsenz Gottes und Umkehr zu Gott (metanoia). Die Gnade drückt sich in der bedingungslosen Liebe Gottes zum Menschen, der sich ihm glaubend zuwendet, aus. Durch Gnade, d.h. ohne jedwede Selbstoptimierung, wird uns die „Befreiung eines Christenmenschen“ (Martin Luther) aus den Ambivalenzen unserer conditio humana, unserer Gottesferne und Fehlerhaftigkeit (Sünde), zuteil. Die Präsenz Gottes ist unsichtbar wirksam und personal erfahrbar. Sie drückt sich in seiner incarnation, der göttlichen Menschwerdung in Jesus von Nazareth, dem gekreuzigten und auferstandenen Christus aus. „Wahrer Gott und wahrer Mensch“, „in der Einheit des heiligen Geistes“ - das ist das trinitarische, das zentrale theologische Alleinstellungmerkmal des Christentums gegenüber dem Judentum, seiner Mutterreligion. In der Nachfolge Jesu Christi und in der Erwartung seiner Raum- und Zeitgrenzen transzendierenden Wiederkehr werden uns Hoffnung und Lebensmut geschenkt. Die Umkehr zu dem, der „die Welt im Innersten zusammen hält“ (Goethe), gibt uns die Courage, uns aktiv dem dreieinigen Gott in unserem Mitmenschen zuzuwenden. Stark verkürzend dargestellt haben die wesentlichen Grundmotive des Christentums in der Aufnahme der griechischen Philosophie und des römischen Rechts das neuzeitliche Naturrecht mitbegründet. Sie haben in der Folge der lutherischen Reformation das moderne Amts- und Berufsethos stark geprägt. Diese Grundmotive haben (insbesondere in Deutschland) die europäische Aufklärung als notwendige Bedingung geprägt, die Fähigkeit zur Vergebung und Toleranz kanalisiert und somit ganz entscheidend zur Herausbildung eines auf Gewalt verzichtenden, auf Kooperation setzenden Gemeinwesens beigetragen. Von diesem Denken, das bis vor 200 Jahren für fast alle Menschen in Europa und der von Europa geprägten Welt absolut selbstverständlich war, hat das 19. Jahrhundert intellektuell nicht viel übriggelassen. Als Ausdruck des kulturellen Wandels weg von der Religion und hin zum säkularen Bewusstsein begannen Philosophen, religiöses Denken als ideativ-spekulativ und rational nicht begründbar anzusehen. Kant zeigte die Unmöglichkeit von Gottesbeweisen auf, Feuerbach interpretierte Gott als Projektion des Menschen, Dilthey betrachtete Religion als hermeneutisch zu behandelnden Teil der Geistesgeschichte, Stirner sah den Menschen als seinen eigenen Gott und Nietzsche verkündete schließlich den Tod Gottes. Parallel zum intellektuellen Tod Gottes wandelte sich das Christentum für die Masse der Menschen von der im Alltag fest integrierten Offenbarungs- oder Bekenntnisreligion zur bloßen Folklore, zum Kulturgegenstand oder zum Objekt des aktiven Atheismus. Neuerdings wird es für die Mehrheit der Menschen einfach zu einem Nichtgegenstand (Glaubensignoranz ohne expliziten Atheismus). Genau diesem Trend folgen nun auch einige Bischöfe unter Führung des EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm. Ihre Anfang Juni 2020 veröffentlichen 11 Leitsätze zeugen davon. Wie der systematische Theologe Günter Thomas in sieben Thesen gezeigt hat, vertreten die Leitsätze (1) die Vorstellung von der Kirche als einer politisch-moralischen “NGO-Bewegungskirche” (G. Thomas) - vergleichbar mit Greenpeace oder Amnesty International, befürworten (2) NGO-Engagement ohne Kirchenmitgliedschaft, können (3) die Frage nicht beantworten, wie und warum Menschen zu Christen werden, schweigen (4) im Wesentlichen zur Gottesfrage, können (5) kein überzeugendes Verständnis der Rolle von Laien in der Kirche entwickeln, bieten (6) keine sinnvolle Beschreibung der Rolle der Kleriker in der Kirche und sind (7) nicht in der Lage zu definieren, was das unverwechselbare „Kernprodukt“ der Kirche sein soll. In politisch korrekter, partizipial-gendernder, sanfter und gleichzeitig bei der Diskussion organisatorischer Aspekte krass bürokratischer Sprache definieren die 11 Leitsätze ein Zielbild der Kirche als einer Gesinnungs-NGO. Diese soll sich für “Menschenwürde und Menschenrechte, für Freiheit und Gerechtigkeit, für Frieden und Bewahrung der Schöpfung” (2. Leitsatz “Frömmigkeit”) einsetzen. Das sind ehrwürdige politische Ziele. Doch ist das gleichzeitig eine totale theologische und spirituelle Bankrotterklärung! Denn wer will zahlendes Mitglied einer geistlichen Institution sein, die zu geistvollem Glauben und demütiger, sprich: realistischer Weltverantwortung nichts zu sagen hat, was nicht auch zahlreiche Organisationen (Gewerkschaften, Sozialverbände o.dgl.) eh schon tun? Dann ist es doch besser, direkt für eine gut aufgestellte, rein säkulare NGO zu spenden oder zu arbeiten. In diesem Zusammenhang sind drei Aspekte besonders. Erstens ist der christliche Glaube, wie neben Paulus und Luther einer der wichtigsten christlichen Theologen, Rudolf Bultmann, betont, für den modernen Menschen eine Entscheidung, die ihm dazu dient, angesichts der Gewissheit des eigenen Todes und der eigenen moralischen Unzulänglichkeit einen Sinn im Leben zu finden und die Gnade Gottes zu erleben. Wer sich diesen beiden Wahrheiten stellt und nicht glaubt, hat gute Chancen, am Leben zu verzweifeln. Ein erstklassiges Beispiel dafür ist Martin Heidegger, der den Glauben seiner Kindheit verloren hatte und dann zum verzweifelten Vordenker der Nationalsozialisten und der heutigen Antirationalisten wurde, die sich derzeit vergeblich darum bemühen, unsere Zivilisation zu zerstören. Die EKD leugnet nun die anthropologische Unvollkommenheit des Menschen (Sünde), die eine Fundamentalaussage des Neuen Testaments darstellt, indem sie so tut, als sei ein „sündloses“, moralisches Handeln ein umstandslos mögliches primäres Hauptprodukt menschlicher Aktivität. Dabei zeigen Paulus und Luther, dass es immer nur ein Nebenprodukt, eine Folge des Glaubens sein kann. Wer glaubt und der Gnade teilhaftig wird, ist nach lutherischer Lehre momentan und partiell als Ausdruck der Gnade zum tertius usus legis, zu vernünftigem normativen Handeln fähig. Daneben steht die Einsicht, dass Menschen leicht in den Zustand der Gottesvergessenheit zurückfallen und somit anfällig werden für halbseidene Selbstoptimierungsversprechen, für die Verlockungen der Selbstvergottung. Sie handeln aus dem “Fleisch” (bei Paulus die Essenz unserer Sündhaftigkeit) und sind den „Maskeraden des Bösen“ (Dietrich Bonhoeffer) wehrlos ausgeliefert. Deshalb braucht es die ecclesia, die heilsuchende und heilsame Gemeinschaft der Glaubenden. Doch laut EKD sollen sich Menschen, die sich “auch ohne Mitgliedschaft der Kirche verbunden fühlen” (Leitsatz 7 “Zugehörigkeit”) als scheinbar grenzenlos gute NGO-Aktivitsten betätigen - ohne Zusammenhang mit Glaube und Gnade. Von der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen, seiner Sündhaftigkeit und seiner Angewiesenheit auf Erlösung ist keine Rede. Die EKD ist als Leugnerin der Gottesvergessenheit des Menschen also selbst zutiefst gottesvergessen. Ein solches Denken führt nicht zu moralisch richtigem Handeln, sondern allenfalls zu einem moralisch erratischen oder gar amoralischen Handeln. Denn zweitens ist moralisches Handeln aufgrund sittlicher Gewissensimperative dem Menschen nicht bruchlos möglich. Das hat Hegel in seiner Schrift “Grundlinien der Philosophie des Rechts” in §139 gezeigt. Dort heißt es: “Das Gewissen ist als formelle Subjektivität schlechthin dies, auf dem Sprung zu sein, ins Böse umzuschlagen; an der für sich seienden, für sich wissenden und beschließenden Gewissheit seiner selbst haben beide, die Moralität und das Böse, ihre gemeinsame Wurzel.” Diese Einsicht, die nichts anderes zum Ausdruck bringt als die Aussage Luthers: “Der natürliche Mensch hasst Gott.”, scheint die EKD vergessen zu haben. Man erkennt dies leicht an den konkreten Ausgestaltungen ihrer NGO-Aktivitäten. So ist es verantwortungsethisch höchst fragwürdig, sich für unbegrenzte und ungeregelte Migration aus Ländern mit tribalisch-archaischer Kultur nach Deutschland auszusprechen und dafür gar Geldmittel der Kirche einzusetzen. Letztlich gefährdet dies massiv den inneren Frieden. Auch wenn es Beispiele gelungener Integration geben mag, so führt dieser hypermoralische Ansatz in der Endkonsequenz trotz (oder wegen) bester gesinnungsethischer Absichten zu Verwahrlosung, Mord und Totschlag in den Zielländern und einem Ausbluten der stärksten Humanressourcen der Herkunftsgesellschaften. Beides ist in Luthers und Hegels Sprache böse zu nennen. Zusätzlich zum Gewissen, das alleine untauglich ist, bedarf der Mensch zum lebensdienlichem moralischen Handeln der Gnade Gottes. Eine Kirche, die sich tendenziell selbst zu einer buchstäblich gottlosen, moralischen NGO erklärt, in der es nicht mehr um den Glauben als Notwendigkeit zur metanoia geht, sondern Glaube nur noch als eine diffuse “authentische Frömmigkeit” (Leitsatz 2) sieht, verlässt die fundamentalten Bekenntnisgrundlagen und begeht institutionellen Suizid. Drittens hat die Kirche gemäß „Schrift und Bekenntnis“ und zweitausend Jahren theologischer Lehre drei wesentlich Aufgaben: „Martyria“, „Liturgia“, „Diakonia“ - vor allem Verkündigung des Evangeliums in Predigt und Seelsorge sowie Armenfürsorge. Politisches Engagement ist nicht das Primärziel des Evangeliums, sondern Matthäus schreibt: “Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist.” (22, 21) und Paulus sagt in Römer 13: “Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat.” Damit bringt der römische Bürger zum Ausdruck, dass politisches Handeln im Rahmen des römischen Rechtsstaats vollzogen wird und nicht Sache des Glaubens ist. Die Sache des Glaubens ist die Erlösung durch die Gnade, Glaube schafft eine Beziehung zwischen dem Einzelnen und Gott; der gesellschaftliche Aspekt ist dagegen sekundär. Im Glauben geht es zuerst um mein Verhältnis zu Gott und wie ich ihm im Nächsten begegne. Der Erfolg des christlichen Abendlandes im Gegensatz zu manch anderen Kulturen, wie denen vom Islam geprägten, beruht auch auf der Trennung von Glauben/theonomer (gottbezogener) Kirche und dem anthroponomen (menschlich verantworten) Staat, während der Islam nur einen theonomen Staat kennt (Theokratie). Indem sich die Kirche zu einem rein politischen Akteur macht, wendet sie sich von dieser Tradition ab. Aber dadurch wird der Staat nicht theonom, sondern die Kirche, die von Gott handeln soll, anthroponom. Zum Versuch eines Kirchensuizids ist es schon mehrfach gekommen, beispielsweise als die Kirche in der Renaissance zu einem Unternehmen verkam, das mit Hilfe des Ablasshandels Macht- und Interessenpolitik finanzierte und (herrliche) Kunst kaufte. Dieses Verhalten der Kirchenfürsten hat beinahe zur Minorisierung der katholischen Kirche geführt, wenn die Habsburger seit Karl V. sie nicht mit massivem Aufwand in ihrem riesigen Reich massiv gestützt hätten. Doch wäre damit nicht das Christentum verschwunden, weil Glaube bis in das 19. Jahrhundert für alle Europäer selbstverständlich war. Zu den Kirchensuizid-Versuchen zählt auch das Vorhaben der „Deutschen Christen“ den christlichen Glauben von allem „Jüdischen“ zu reinigen und die Kirche zu einem innerweltlichen, national-sozialistischen Heilsprojekt umzuformen. Die Kirchen in der DDR konnten, aufs Ganze gesehen, der kommunistischen Variante dieses totalen Weltrettungsanspruchs widerstehen. Das süße Gift eines idealistischen Kulturmarxismus hat den Osten weniger stark durchdrungen als weite Teile der EKD, die infolge der 68er Kulturmanipulation philosophisch-theologische Grundbestände abendländischen Denkens preiszugeben bereit ist. Nun ist die Situation anders, wer heute Christ wird, trifft gegen den gedankenlosen oder agnostischen Zeitgeist eine Entscheidung zum Glauben und wird von vielen Zeitgenossen belächelt. Aktive Christen sind schon jetzt eine Minderheit. Wenn ihnen die Kirche die klassischen Glaubensinhalte nichts mehr anbietet, sondern als NGO auftritt, wenden auch sie sich ab. Die Amtskirche suizidiert sich, weil viele führende Kleriker den Glauben Luthers offensichtlich verloren haben. Anstatt dies analytisch klar zu erkennen und sich demütig zu bekennen, versuchen sie die Kirche, das zeigen die 11 Leitsätze, zu einer von Gott befreiten Institution umzubauen, weil sie als Gottlose den Glauben durch politische Gesinnungsethik ersetzt haben. Dadurch retten sie die Kirche aber nicht, sondern zerstören sie effektiv und rasch. Die Austrittswelle wird sich beschleunigen, am Ende bleiben ein paar Prozent Christen über, die wie ich durch die traditionelle Sozialisation in der Familie zu Christen werden. Diese organisieren sich dann in Freikirchen und bilden dort das “Salz der Erde” (Matthäus 5, 13), das wie zur Zeit des Urchristentums nicht “kraftlos” werden darf. Eine tiefe Kirchenhierarchie und Privilegien für die Oberkleriker wird es dort nicht geben, und auch keine ständige öffentliche Unterstützung und Apologie staatlichen Handelns. Die für die 11 Leitsätze verantwortlichen Amtsträger der EKD und jene, die sie unterstützen, haben damit ihre geistige und geistliche Autorität verloren. | Johannes Eisleben | Den Kirchen laufen immer mehr zahlende Mitglieder davon. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat nun mit “Elf Leitsätzen für eine aufgeschlossene Kirche” darauf reagiert. Einige Bischöfe versuchen, die Kirche zu einer von Gott befreiten Institution umzubauen und den Glauben durch politische Gesinnungsethik zu ersetzen. Es ist eine sehr wirkungsvolle Suizidanleitung für die evangelische Kirche als Institution. | article | 07.08.2020 06:10 | https://www.achgut.com/artikel/bischoefliche_anleitung_zum_kirchen_suizid/P7#comment_entries |
Linker Sprengstoff | Nachdem es nicht gelungen ist, die Meldung über Chemikalienfunde, die von Linksradikalen in und bei Rudolstadt, angehäuft wurden, unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung zu halten, erweisen sie sich als veritabler politischer Sprengstoff. Der Thüringer Landtag muss sich damit beschäftigen.
Es wurde bekannt, dass einer der Täter, nicht nur Mitglied, sondern bis zum Vortag der Entdeckung der Chemikalienlager und des Sprengstoff-Labors, Pressesprecher des „Bündnisses für Zivilcourage und Menschenrechte“ im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt war. Die Initiative setzt sich eigenen Angaben zufolge unter anderem gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ein. 2016 wurde ihr von der damaligen Thüringer Bildungsministerin Birgit Klaubert (Linke) ein Anerkennungspreis verliehen. Nach dem explosiven Fund verschwand der Pressesprecher von der Homepage und man beeilte sich zu versichern: „Wir sind keine Radikalen“. Eine Aussage, die bezweifelt werden muss. Wer gehört zum Bündnis? Nach eigenen Angaben „engagierte Privatpersonen und Vertreter*innen aus Vereinen und Initiativen, Kirchen, Parteien, Jugendarbeit, Politik, Wirtschaft und Schulen“. Eine Liste der 2Unterstützer*innen“ führt u.a. auf:
Bündnis 90 / Die Grünen, Kreisverband Saalfeld-Rudolstadt; Bündnis für den Bahnverkehr im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt“; DIE LINKE. Kreisverband Saalfeld-Rudolstadt; Vertreter*innen der Evangelischen Kirche. Die Staatsanwaltschaft Gera, die die Ermittlungen leitet, will bisher keinen politischen Hintergrund für die Anhäufung von Sprengstoff-Chemikalien, einem Labor und von bereits fertig gestelltem Sprengstoff erkannt haben. | Fundstück | Nachdem es nicht gelungen ist, die Meldung über Chemikalienfunde, die von Linksradikalen in und bei Rudolstadt, angehäuft wurden, unter dem Radar… | article | 18.03.2018 10:00 | https://www.achgut.com/artikel/fundstueck_linker_sprengstoff |
Massenhysterie: „Don’t go with the flow“ | Wo ist Greta Thunberg? Ich will nicht behaupten, dass ich sie vermisse, trotzdem mache ich mir Gedanken, wie sie so sang- und klanglos verschwinden konnte. Wochen lang haben wir täglich von ihr gehört und gelesen, ihre verfusselten Schals und Hoodies in Nahaufnahme gesehen, sie hielt Reden vor den Vereinten Nationen, konferierte mit Staatsoberhäuptern, überquerte Ozeane unter Kamera-Begleitung, ihr blasses, kaum erkennbares Lächeln, ihr Stirnrunzeln waren Schlagzeilen wert. Dann kam Corona und nach Corona die Black-Lives-Matter-Bewegung mit einem neuen Heiligen, und irgendwo im halb Verborgenen lauert schon die nächste atemberaubende Aufregung mitsamt ihren anbetungswürdigen Figuren. Wir leben in einer Zeit massenhysterischer Aufwallungen. Da die Wirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten gnadenlos globalisiert wurde, treten auch die Massenpsychosen global in Erscheinung. Und geben uns das Gefühl im Wortsinn welterschütternder Ereignisse. Wie verhält man sich in solchen Tagen? Wie bewahrt man die zum Überleben nötige Ruhe, wie erhält man seine psychische Gesundheit in den Stoßwellen immer neuer Elektroschocks? Den Rummel ignorieren? Nicht selten verwandelt sich die Hysterie in Massenpanik, dann muss man im Bilde sein, reagieren, Entscheidungen treffen. Andererseits weiß jeder Viehhirt: Es ist lebensgefährlich, sich einer Stampede frontal entgegenzustellen. Die in Panik geratene Herde zertritt alles, was ihr im Wege steht. In den Tagen der Greta-Hysterie oder der „Kampf-gegen-Rechts“-Mobilisierung konnte ein zweifelndes Wort zu ernsthaften existenziellen Schäden führen, zum Abbruch von geschäftlichen Beziehungen, zum Ende von Freundschaften, zum Verlust des Arbeitsplatzes, zu Ausgrenzung und Ächtung. Also lieber Mitmachen, und sei es zum Schein? Die amerikanische Autorin Amanda Ripley, eine Spezialistin für Crowd Dynamics, rät auch davon dringend ab. „Don't go with the flow“, schrieb sie in einem 2009 erschienenen Essay, Lass dich nicht von der Strömung mitreißen. Sie empfiehlt, sich aus großen, dichten, in eine bestimmte Richtung drängenden Menschenmassen herauszuhalten, im direkten wie übertragenen Sinn. „Inmitten von etwas“ zu sein, von Gleichgerichteten umringt, womöglich „von allen vier Seiten“, sei ein deutliches Zeichen, dass man sofort nach einem Fluchtweg Ausschau halten müsse. Man solle sich schrittweise seitwärts bewegen, empfiehlt Ripley, um langsam, aber sicher den Rand des strudelnden Stromes zu erreichen. Die alten Chinesen haben es noch kürzer und deutlicher gesagt: „Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom“. Festzuhalten ist, dass beide Quellen das Mitschwimmen, Mitlaufen, das gedankenlose oder opportunistische Mitmachen für etwas Lebensgefährliches halten. Das wird denen, die sich in großen Menschenmengen, in Mehrheiten sicher dünken, unbegreiflich bleiben. Obwohl historische Erfahrung – gerade aus der jüngeren deutschen Geschichte – dafür spricht, Mehrheiten unter Umständen zu misstrauen. (Vor allem, wenn man sicher sein kann, ob es sich nicht nur um gut orchestrierte, medial überrepräsentierte Minderheiten handelt). Erschwerend wirkt sich aus, dass wir alle in Respekt vor der Mehrheit erzogen sind, weil Demokratien auf Mehrheitsentscheidungen beruhen. Es ist dennoch verhängnisvoll, von einer „Unfehlbarkeit“ der Mehrheit auszugehen (wie früher der des Papstes). Die Bibel selbst wusste es besser: „Folge nicht der Mehrheit zum Bösen“, heißt es im Buch Exodus 23,2. Das Problem ist also schon seit einigen tausend Jahren bekannt. Vom Brand des Wiener Ring-Theaters 1881 ist eine Geschichte überliefert, für die ich mich nicht verbürgen kann. Meine Großmutter hat sie mir erzählt, die solche Geschichten liebte. Sie selbst hatte sich als Jüdin während der NS-Zeit in einer Flucht nach vorn mit den Behörden angelegt, weshalb sie zuerst in längere Gestapo-Haft kam und daher sehr spät ins KZ Theresienstadt, zu spät, um noch nach Auschwitz ins Gas transportiert zu werden. Sie führte ihr Überleben auf ihr abweichendes, wagemutiges Verhalten zurück. Beim Brand des Wiener Ring-Theaters wehte der brennende Vorhang von der Bühne ins Publikum, bei der ausbrechenden Massenpanik starben mehrere hundert Menschen, die meisten dadurch, dass sie im Gedränge an den Theaterausgängen erstickt und zertreten wurden. Überlebt hätten unter anderem die wenigen Verwegenen, so erzählte meine Großmutter, die entgegen der allgemeinen Bewegung den Mut aufbrachten, in Richtung Bühne (und von dort durch einen wenig frequentierten Bühnenausgang aus dem Theater) zu flüchten, obwohl von dort das Feuer kam. | Chaim Noll | Wir leben in einer Zeit massenhysterischer Aufwallungen. Wie verhält man sich in solchen Tagen? Es ist lebensgefährlich, sich einer Stampede frontal entgegenzustellen. Also lieber Mitmachen, und sei es zum Schein? Auch das ist gefährlich. „Inmitten von etwas“ zu sein, von Gleichgerichteten umringt, womöglich „von allen vier Seiten“, ist eher ein Zeichen, dass man sofort nach einem Fluchtweg Ausschau halten sollte. | article | 14.06.2020 08:53 | https://www.achgut.com/artikel/dont_go_with_the_flow |
Shalom und Adieu! | In der LINKEN werden abweichende Meinungen so lange geduldet, wie sie der Parteilinie nicht widersprechen. Das war in der SED nicht anders.
http://bak-shalom.de/index.php/2008/06/15/ein-pladoyer-fur-den-pluralismus/ | Gastautor | article | 16.06.2008 00:04 | https://www.achgut.com//artikel/shalom_und_adieu |
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Pat Condell: Why I support Israel | And why you should too:
http://www.youtube.com/user/patcondell | Fundstück | article | 20.06.2014 00:05 | https://www.achgut.com/artikel/pat_condell_why_i_support_israel |
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Der Islam gehört zu Merkel-Deutschland | Christian Wulff, unser ehemaliger Bundespräsident und heutige Präsident des Deutschen Chorverbandes, formulierte 2010 in seiner Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit seine bis heute kontrovers diskutierte These, dass „der Islam zu Deutschland gehöre“, denn „Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen“. Als politische wie gesellschaftliche Konsequenz forderte er weitergehend, dass wir „Vielfalt schätzen“ sowie „Risse in unserer Gesellschaft schließen“ sollten, was „echten Zusammenhalt“ schaffe und so schlussendlich „Aufgabe der Deutschen Einheit heute“ sei. Angela Merkel folgte Wulff in dieser Lesart des realexistierenden Islams in Deutschland, indem sie ihm Anfang 2015, also wenige Monate vor der von ihr proaktiv forcierten Migrationskrise, wie folgt beipflichtete: „Der frühere Bundespräsident Wulff hat gesagt, der Islam gehört zu Deutschland. Das ist so. Dieser Meinung bin ich auch“. Und weiter sagte sie in Richtung des damaligen türkischen Premiers von Erdogans Gnaden, Ahmet Davutoğlu: „Ich bin die Bundeskanzlerin aller Deutschen. Das schließt alle, die hier dauerhaft leben, mit ein, egal welchen Ursprungs und welcher Herkunft sie sind“. Was Wulff und Merkel unter der realpolitischen Umsetzung dieser These verstehen, zeitigt seit 2006 die deutsche Islamkonferenz, deren Dramaturgie der „Soumission“, also einer politischen Unterwerfung Deutschlands unter einen orthodox-konservativ wie antisemitisch konnotierten Scharia-Islam Bassam Tibi folgendermaßen umreißt: „Die Islam-Konferenz [ist] ein ministeriell gehätscheltes Gremium, das Wunschdenken mit einer Methode der Integration verwechselt […] Der deutsche Staat kapitulierte vor dem organisierten Islam […] Jetzt wird die Konferenz von vier Verbänden getragen, die allesamt aus dem Ausland finanziert werden und islamistisch und schriftgläubig orientiert sind. In der Islam-Konferenz geht es nicht um Integration, sondern um die Nutzung von Minderheitsrechten als Machtinstrument des organisierten Islam. Über Themen wie Sicherheit oder die Regulierung von Zuwanderung oder gar den durch Migranten importierten neuen Antisemitismus weigern sich die Verbände zu reden.“ Diese überaus bedenkliche Zusammenfassung bleibt bis heute ohne politische Folge oder ist im Geiste des Merkelschen „Islam, Islam über alles“ sogar politisch beabsichtigt. Wer hat also recht? Merkel und Wulff? Oder Tibi mit seiner These der „Soumission“ Deutschlands? Hier soll also beantwortet werden, ob und unter welchen Bedingungen der Islam zu Deutschland gehört oder gehören kann. Dabei wird es wieder einmal etwas dialektisch. In meinen letzten beiden Artikeln „Für Höcke, Volk und Vaterland“ und „Der Sirenengesang der deutschen Volksgemeinschaft“ habe ich mich mit den nationalen beziehungsweise internationalen Kollektivisten auseinandergesetzt, deren Intonationen von „Führer, Volk und Vaterland“, obwohl sich weltanschaulich diametral entgegenstehend, im Kern doch erhebliche Überschneidungen aufweisen. Als Mathematiker würde ich hier von einer Dualität reden, deren semantische Interpretation zwar entgegengesetzt ist (was bei den einen wahr ist, ist bei den anderen falsch), die aber zur Erklärung der Berechtigung ihrer Existenz ihren Gegenpol benötigen und ohne ihn ideologisch nicht überleben könnten. Keine deutschen Herrenmenschen ohne multi-kulturelle Weltbürger, keine Kultur des blonden, blauäugigen Weißseins ohne eine Kultur der Buntheit, keine nazistische Rassenideologie ohne sozialistische Identitätspolitik, keine Rassenhygiene der Arier und Untermenschen ohne Diktatur des Proletariats gegen die Bourgeoise, kein Generalplan Ost ohne einen globalen Migrationspakt und schließlich kein spezifischer Volkssozialismus deutschen Nationalcharakters ohne den Globalsozialismus der offenen Grenzen. Doch ist diese Festlegung auf eine Dualität, die stets genau zwei sich konträr gegenüberstehende Pole manifestiert, zur Beschreibung unserer deutschen wie auch globalen Realität der allgegenwärtigen Kollektivismen ungenügend. Denn es fehlt die zentrale totalitär-kollektivistische Instanz des Islam, der sich global durch Terror und Segregation pandemisch ausbreitet. So müssten wir demnach das Prinzip der Zweiwertigkeit um eine weitere Ausprägung erweitern, in der sich, wie in Jan Łukasiewicz’ dreiwertigem Logiksystem, so drei Gegensätzlichkeiten ausdrücken lassen. Und wie bei der Dualität, braucht in diesem nun dreiwertigen Ansatz einer Trialität jeder Protagonist die zwei anderen Opponenten zur Begründung seiner Existenz. Alle drei Ausprägungen eint dabei eine totalitäre wie kollektivistische Erfassung des Menschen, der Politik und der Welt insgesamt. Individualismus und die Freiheit des Einzelnen sind grundsätzlich nur im Rahmen der eigenen Weltsicht definiert. Das heißt, sie sind so bis in den letzten Winkel pervertiert und damit letztlich vollständig autoritär entkernt. Wie auch jede Sekte versprechen sie die Freiheit; die Freiheit in absoluter Sklaverei. Wer denke hier nicht an die „Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam“, das Open-Border-Fest der Kipping-Linken oder die leitkulturelle Identitätsblase der Höcke-AfD. Jedes Abweichen hiervon ist Häresie beziehungsweise Apostasie und wird mit Ausschluss aus der Gemeinschaft der Gläubigen beziehungsweise (Volks-)Genossen bestraft. Der Sozialismus, ob nun völkisch, globalistisch oder religiös verbrämt, ist zentrale Adressierung ihrer jeweiligen Politik, die sich in ihrem esoterischen Kitsch von islamischer, proletarischer wie völkischer Revolution hin zu einem noch fernen, doch bald nahen Paradies als Kontrapunkt zur Jetztzeitigkeit wie Freiheitlichkeit von Liberalismus und Konservativismus versteht. Es ist also ein Sozialismus in seinen Schattierungen für deutsche Volksgenossen, kosmopolitische Globalisten und die muslimischen Anhänger einer weltweiten Umma. Definiert der Nationalkollektivismus ethnisch wie rassistisch aufgeladen sein nationales Volk beziehungsweise das nationale Vaterland zum Zielobjekt seines völkischen Kampfes, erklärt der globale Kollektivist die „eine Welt“ mit einem ethnisch wie kulturell gut durchmischten Melting Pot zu seinem ideologischen Mythos. Der Islamkollektivist schließlich beruft sich auf die grenzenlose Umma der globalen islamischen Gemeinschaft und postuliert ihr Kalifat zu seinem religiösen wie politischen Ziel. Dem entgegen steht stets ein natürlicher Antagonist: der fremdrassische Untermensch, der westliche, weiße Bourgeois-Kapitalist bzw. der haram-kuffār. Die auf den ersten Blick recht gegensätzlichen Wahrnehmungen der Welt offenbaren jedoch einige interessante Gemeinsamkeiten. Ist das Volk des Nationalkollektivisten ethnisch national-fixiert, ist es beim Islamkollektivisten ethnisch muslim-fixiert. Ist das Volk der Globalkollektivisten grenzenlos, ist es die Umma der Islamkollektivisten ebenso. Glaubt der Globalkollektivist an die eine, heile Welt der offenen Grenzen, betet der Umma-Sozialist für das eine Weltreich des Kalifats, in dem jeder Muslim nach Allahs Fasson selig werden muss. Macht der Globalkollektivist die Freiheit der westlichen, weißen Bourgeoise für alles Unrecht auf dieser Welt verantwortlich, adressiert der Islamkollektivist dieselbe Menschengruppe mit seiner Haramisierung des aufgeklärten, laizistischen Kuffār. Gibt es das islamische Heil wie auch das nationalistische Heil des Nationalkollektivisten nur im Reich einer muslimischen bzw. ethnisch-nationalen Reinheit, ist ersteres dennoch so globalistisch wie antiwestlich konzentriert. Vertraut der Nationalkollektivist dabei blind und untertänigst seinem Reichsführer, tut der Islamkollektivist bei seinem Propheten vergleichbares. Der Globalkollektivist zieht sich dabei auf seinen Marx und dessen Kapital zurück. Verbreitet der Nationalkollektivist das „Gift des Nationalismus“ und will der Globalkollektivist jede Nation zugunsten der einen, grenzenlosen Welt auflösen, so sind dem Islamkollektivisten beide Lesarten für seine Zwecke dienlich. Reklamiert er im ersten Fall einen antimuslimischen Rassismus der Biodeutschen (gibt es eigentlich auch einen Anti-Scientology-Rassismus?), nutzt er die Politik der Grenzenlosigkeit in ihrer gleichermaßen grenzenlosen Naivität ungehindert zur Verbreitung seiner menschenverachtenden Ideologie. Überstrahlt der Nationalkollektivist mit seiner Aura der Volksgemeinschaft jede rationale Kritik von Liberalen und Konservativen an Global- wie Islamkollektivisten, nutzen diese dasselbe, um ihre Kritiker in die Riege der völkischen Nationalkollektivisten als „Nazis“, „Rechtspopulisten“ und „Wutbürger“ einzureihen. Der Umgang mit dem Judentum offenbart so manch überraschenden ideologischen Querfront-Konsens. Bekämpft der Nationalkollektivist die jüdisch-bolschewistische Soros-Weltverschwörung, sind dem Global- wie Islamkollektivisten die jüdisch konnotierten „Banken und Konzene“ und der jüdische Apartheidsstaat Israel ein Dorn im Fleische einer gerechten antikapitalistischen Welt des nazistischen, umma-sozialistischen bzw. weltbürgerlichen Herrenmenschentums. Paktierte zur Zeit des Tausendjährigen Reichs von zwölf Jahren der deutsche Faschismus mit dem Islamofaschismus zur Ausrottung der Juden, tut der sozialistische linke Globalkollektivismus gleiches heute mit den zu Befreiungskämpfern umgedeuteten Schlächtern und Schergen von islamistischen Schurkenstaaten. Auch der rassenideologische Aspekt kommt nicht zu kurz. Verachtet der Nationalkollektivist nicht-weiße Menschen als kulturfremde Wesen, erhebt der Globalkollektivist diese in einem nicht weniger rassistisch anmutenden Wahn zu „edlen Wilden“. Dem Islamkollektivisten hingegen sind sie einfach entweder potenzielle Jünger, die er beliebig in seinem Kult des Paradieses der 72 Jungfrauen missbraucht, oder rechtlose Sklaven, die in einem „vergessenen Völkermord des araboislamischen Sklavenhandels“ regelgerecht dahingerafft werden. Leugnet der Nationalkollektivist jede Kollektivschuld für den Holocaust, den Völkermord an den Armeniern, das Wüten seiner Kolonialherren in überseeischen Gebieten, generalisiert er das massenmörderische Wirken von Scharia-Terroristen nicht nur auf alle Muslime, sondern mehr noch auf jeden Araber oder Türken in Deutschland, mögen sie auch noch so säkular beziehungsweise liberal sein. Der Globalkollektivist hingegen weist eine etwaige Kollektivschuld an den Verbrechen der Globalsozialisten in Kulturrevolution oder den Killing Fields mit Aussagen wie „das war gar kein richtiger Sozialismus“ weit von sich und versucht, seine Hände durch einen Kult um den Holocaust der „richtigen Sozialisten“ nationalistischer Färbung in Unschuld zu waschen. Der Islamkollektivist hingegen meint im Namen einer imaginierten globalen Umma zu sprechen und zu handeln, verleugnet aber jede etwaige Verantwortung für Terror, Paralleljustiz und Segregation: „das habe nichts mit dem Islam zu tun“. Betrachtet man also diese drei Antipoden nur in ihrer auf den ersten Blick ideologischen Widersprüchlichkeit, zeigt doch der nähere zweite Blick eine nicht weniger überraschende konsensuale Trialität. Es ist der urtypische deutsche Dreiklang von Kollektivismus, Totalitarismus sowie bedingungslosem Untertanengeist, der sie alle auszeichnet, und sich schließlich in seiner realpolitischen Manifestation zu einem Vierklang mit grenzenlosem Völkermord ausweitet. Einen massenmörderischen Vierklang, den nicht nur die nazistischen Volkssozialisten von ihren Anhänger einforderten, sondern deren Abwesenheit bei Realsozialisten und Kommunisten mit Umerziehungslager oder gleich dem Gulag bestraft wurde. Auch der vom einfachen Muslim zum islamischen Herrenmenschen sublimierte Umma-Sozialist fordert von seinen Glaubensbrüdern einen bedingungslosen Genozid gegen alle Ungläubigen, Häretiker und Apostaten. Von westlichen Werten der Aufklärung, der Freiheit des Einzelnen, von Humanismus, Laizismus, Toleranz und Demokratie wollen alle drei Kollektivismen nur solange etwas wissen, wie es ihrer Sache dient. Frei ist, wer Volksgenosse, Bruder/Schwester oder Weltbürger ist. Human ist, wer sich für die Rechte der Blut-und-Boden-Deutschen, der weltweiten Umma oder der kosmopolitischen Avantgarde einsetzt. Tolerant ist, wer sich vor faschistoiden Herrenmenschen, ob nun typisch deutscher oder islamischer Natur, voller Ehrfurcht und in vorauseilendem Gehorsam verneigt. Demokrat ist, wer Volksdemokrat ist, einem Euphemismus für ein preußisch anmutendes Klassenwahlrecht mit Volksgenossen, Weltbürgertum und Umma an seiner Spitze, das so jede demokratische Willensbildung persifliert. Sprach ich anfangs davon, dass diese drei Kollektivismen eine Trialität eines also dreiwertigen Antagonismensystem bilden, muss man jedoch bei genauerer Analyse ihrer Dialektik feststellen, dass ihre Widersprüchlichkeit sich mittels eines totalitär-kollektivistischen Konsens in eine Dualität von „Islam-, National- und Globalkollektivismus versus westliche Werte der Freiheit“ auflöst. Diese unheilige Dreifaltigkeit ist eine zutiefst antiwestliche Melange, die den freiheitlichen Charakter unserer Gesellschaft massiv zersetzt. Und so in ihrem Charakter eben typisch deutsch ist. In einer unheilvollen Allianz zweier dieser in ihrer Widersprüchlichkeit konsensualen Antipoden manifestiert sich eine überaus interessante Doppelwertigkeit: die Verbindung von Global- und Islamkollektivisten. Wobei ihre jeweilige Ideologie eine Schnittmenge im revolutionären Potenzial des islamischen Lumpenproletariats der Welt findet. So arbeiten sie Hand in Hand für einen globalen Migrationspakt, der die westliche Welt zur Arena des revolutionären Kampfes dieses Lumpenproletariats macht. Jedoch befördert dies eine von den Globalisten nicht vorgesehene Ambivalenz: Statt ihres feuchten Traumes der „einen Welt“, werden sie das Weltreich der Umma errichten und wie bei allen vorangegangenen islamischen Revolution diejenigen sein, die zuerst an den Baukränen baumeln werden. So passt es ins Bild, dass Deutschland, als Erfinderin des faschistischen wie kommunistischen Sozialismus, den Sozialismus der Umma nicht nur mit weit geöffneten Armen empfängt, mehr noch bietet es den halal-Apologeten in Medien, Wissenschaft und Politik einen geschützten Platz zur Verbreitung ihrer Agitation. Sei es im Spiegel eine Ferda Ataman, die zwar pointiert jede Religiosität von sich weist und sich als nette laizistische Muslima von nebenan inszeniert, aber bei jeder passenden Gelegenheit die muslimische Minderheitenkarte zieht, um das muslimische Herrenmenschentum gegen jede Kritik zu immunisieren. Oder sei es die deutsche Islamwissenschaftlerin Schirin Amir-Moazami, die in der ZEIT rationale Kritik an den Auswüchsen des Scharia-Islams einfach in eine Kritik an christlichen Religionen umdekliniert und danach fragt, ob „die christliche Prägung der säkularen Ordnung insgesamt auf dem Prüfstand“ stünde. Und Verfechtern eines Euro-Islam, der sich nicht im Widerspruch zu westlichen Werten ausdrückt, den „Wunsch nach einem keimfreien Islam“ attestiert. Beide Vertreterinnen des Islamkollektivismus haben sich passend mit der Allgegenwärtigkeit von Kollektivismus, Totalitarismus und Sozialismus in Deutschland arrangiert und bedienen die Klaviatur der Umma-Sozialisten wie der Globalkollektivisten höchst vorzüglich. Im Geiste der Aufklärung handeln sie jedoch nicht, sondern sie sind so typisch deutsch verblendet wie die Höcke-Entourage. Amir-Moazami selbst scheint, wenn man ein Interview mit der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahr 2016 als Grundlage nimmt, Demokratie, Menschenrechte, Aufklärung und Humanismus im Dienste des Islamismus für relativierbar, dekonstruierbar und beliebig gestaltbar zu halten. So sagt sie in Bezug auf Bassam Tibis Definition von Leitkultur: „Begriffe wie Demokratie und Menschenrechte, das sind leere Signifikanten - Worthülsen, wenn man so will. Die muss man füllen, und zwar im Austausch mit ganz unterschiedlichen Akteuren einer Gesellschaft, eingeschlossen Muslimen […] Ich würde von den Leuten, die immer noch von der ‚Leitkultur‘ sprechen, sehr gerne wissen, welche Kultur sie rehabilitieren wollen – angesichts aufgeweichter Grenzen, globaler Migration und interkultureller Verflechtungen […] Die sogenannten ‚aufgeklärten‘ Muslime, wie er [Bassam Tibi, Anm. des Autors] zum Beispiel – und er hat sich immer gerne selbst gern so genannt – fallen in das Register der guten Muslime; und die, die sich organisieren, die ihre Religiosität nach außen tragen, das sind die Bösen.“ Unabhängig von den abqualifizierenden Worten und Fake News über Bassam Tibi, einem brillanten Vordenker eines aufgeklärten Islam, möchte ich Ihnen dieses Interview zur dringenden Lektüre empfehlen, es artikuliert nicht nur deutlichen Widerspruch zu westlichen Werten, der Aufklärung und des Laizismus, sondern negiert zudem in seiner Konsequenz unsere FDGO. Das muss man als verbeamtete Hochschullehrerin, die der FDGO verpflichtet ist, auch erst einmal schaffen. Überdies: Stellen Sie sich bitte einmal vor, jemand würde sagen „Begriffe wie Faschismus und Holocaust, das sind leere Worthülsen“. Welchen Sturm der Entrüstung würde dies auslösen. Bassam Tibi zeigt uns gemeinsam mit weiteren deutschen Vertretern eines aufgeklärten Islam, dass es auch ganz anders geht, als sich präemptiv einem ultraorthodoxen Scharia-Islam zu unterwerfen. Zusammen mit Ali Ertan Toprak, Cem Özdemir, Seyran Ateş, Hamed Abdel-Samad, Lale Akgün, Ralph Ghadban, Necla Kelek, Susanne Schröter und Ahmad Mansour hat Tibi kurz vor Beginn der Islamkonferenz eine „Initiative säkularer Islam“ gegründet und einen entsprechenden Gründungsaufruf in der ZEIT veröffentlicht, den man auch auf Cem Özdemirs Facebook-Seite nachlesen kann. Das Selbstverständnis ihrer Initiative beschreiben die Erstunterstützer im Geiste eines westlichen Wertekanons wie folgt: „Säkularität bedeutet für uns die Betonung der positiven Neutralität des Staates und die weitgehende Trennung von Religion und Politik. Wir verstehen MuslimInnen als BürgerInnen einer demokratischen Gesellschaft, die die Rechte und Pflichten aller anderen BürgerInnen teilen. Wir sprechen uns für eine Verbesserung der bürgerlichen Teilhabe von MuslimInnen (etwa durch Bildungsangebote), aber gegen Sonderrechte für MuslimInnen aus. Das im Grundgesetz garantierte Recht auf die Freiheit des Bekenntnisses und auf ungestörte Religionsausübung beinhaltet unserer Ansicht nach nicht das Recht, religiöse Normen im öffentlichen Raum durchzusetzen.“ Auch der daran anschließende Forderungskatalog hat es in sich, stellt er sich doch weitestgehend dem global- wie islamkollektivistischen Narrativ entgegen, dass die Muslime doch stets und überall die armen Opfer wären: „Wir wollen uns nicht abfinden mit der wachsenden Macht eines demokratiefernen, politisierten Islams, der die Deutungshoheit über den gesamten Islam beansprucht. Die Muslime sind selbst in der Pflicht, den Bedenken der nichtmuslimischen Bevölkerung positiv entgegenzuwirken, nämlich durch die Entwicklung eines Islams, der mit den Menschenrechten vollumfänglich vereinbar ist. Dieser Islam muss der uneingeschränkten Gleichberechtigung von Frauen und Männern, den Rechten von Kindern und der sexuellen Selbstbestimmung des Individuums Rechnung tragen.“ Ihr Bild eines „aufgeklärten, demokratiefähigen Islam, der selbstkritisch und offen für Kritik von außen ist“ muss allen Islamapologeten vor den Kopf stoßen: „Eine Unterscheidung zwischen Gläubigen und Ungläubigen lehnen wir selbstverständlich ab. Ein zeitgemäßer ‚deutscher‘ Islam muss außerdem in jeder Hinsicht unabhängig von ausländischen Regierungen und Organisationen sein. Aus diesem Grund, aber auch aufgrund demokratischer Vorbehalte lehnen wir die Anerkennung der Islamverbände als Körperschaften des öffentlichen Rechts ab.“ Dieses Leitbild eines aufgeklärten Islam entsagt dem typisch deutschen Vierklang von Kollektivismus, Totalitarismus, bedingungslosem Untertanengeist und Völkermord. Bezeichnend dabei ist, dass ausgerechnet die Grünen in Person von Cem Özdemir hier federführend vorangehen. Wo genau hat sich die AfD hier eigentlich versteckt, die permanent einen aufgeklärten Islam reklamiert? Eine für die AfD mehr als verpasste Chance. Gehört der Islam also zu Deutschland? Das hängt davon ab, wie man deutsch definiert. Ist es eine Beschreibung über den oben reflektierten Vierklang, kann die Antwort nur Ja lauten. Dieser Islam steht in herrenmenschlicher Tradition der Unrechtsregime von Nazis und Kommunisten. Die „Initiative säkularer Islam“ um Bassam Tibi, Cem Özdemir und ihren Unterstützerkreis hingegen kann zum Deutschland einer allumfassenden Kollektivität jedoch nicht dazugehören, da jede Aufklärung diesem besagten Vierklang diametral entgegensteht. Umgekehrt passt zu einem Deutschland westlicher Werte kein antiaufklärerischer Scharia-Islam, sondern nur der Euro-Islam Bassam Tibis, der der Aufklärung sowie dem westlichen Wertekanon verpflichtet und somit eben nicht typisch deutsch ist. | Marcus Ermler | National-Kollektivsten, eine-Welt-Globalisten sowie Islam-Kollektivisten haben auffällige Gemeinsamkeiten. Von westlichen Werten der Aufklärung, der Freiheit des Einzelnen, von Humanismus, Laizismus, Toleranz und Demokratie wollen alle drei Kollektivismen nur solange etwas wissen, wie es ihrer Sache dient. Alle drei bilden eine antiwestliche Melange, die in ihrem Charakter typisch deutsch ist. | article | 13.12.2018 06:01 | https://www.achgut.com/artikel/der_islam_gehoert_zu_merkel_deutschland/P7#comment_entries |
„Singt nicht mit Juden!“ | Im Jahr 1979 fand der Eurovision Song Contest in Israel statt. Der Austragungsort war Jerusalem. Zwanzig Jahre später, im Jahr 1999, fand der Eurovision Song Contest wieder in Israel statt. Wieder war der Austragungsort Jerusalem. Wieder zwanzig Jahre später wird der Eurovision Song Contest in Israel stattfinden. Wo, ist jedoch noch ungewiss. Was vor zwanzig und vierzig Jahren noch kein Problem war, ist heute ein Problem. Juden dürfen wieder etwas offener diskriminiert werden. Am 12. Mai 2018 gewann Netta Barzilai mit ihrer Pophymne „Toy“ den Eurovision Song Contest in Lissabon für Israel. Sie konnte zwar nicht die Jury für sich gewinnen, aber das Publikum wählte Netta mit deutlicher Mehrheit. Die nächste Show wird daher in Israel ausgetragen. Für manche Gestalten in Europa ist der Gedanke unerträglich, in dem einzigen Land der Welt aufzutreten, in dem Juden in der Mehrheit sind. Sie rufen dazu auf, das Land zu boykottieren. In vier Ländern wird zur Zeit auf Parteiebenen darüber nachgedacht, den Eurovision Song Contest in Israel zu boykottieren. Irland: Der irische Politiker und Oberbürgermeister Dublins Mícheál Mac Donncha rief zu einem Boykott des Eurovision Song Contest in Israel auf. Island: In einer Petition riefen 23.000 Menschen den isländischen Sender RÚV dazu auf, den Wettbewerb in Israel zu boykottieren. Kurz darauf kündigte RÚV an, in einer Sitzung darüber entscheiden zu wollen, ob Island dem Wettbewerb in Israel fernbleiben soll. Schweden: Die schwedische Linkspartei forderte den Rundfunk SVT auf, den Wettbewerb in Israel zu boykottieren. Vereinigtes Königreich: Mitglieder der Gruppe We Support Jeremy Corbyn haben einen Boykott ausgerufen. Auch Unterstützer der britischen Liberaldemokraten riefen die britische Regierung und die BBC auf, den Wettbewerb in Israel zu boykottieren. In Israel leben 1.694.000 Muslime, die friedlich mit Juden zusammenleben. Es ist genau dieses Land, das boykottiert werden soll. In Israel sind Muslime die Nachbarn von Juden. Sie sind ihre Arbeitskollegen, Lehrerinnen, Anwälte, Richterinnen, Abgeordnete, Polizisten, Feuerwehrmänner, Soldatinnen, Köche, Sexualpartner und vieles, vieles mehr. Sie lachen, leben, essen, weinen und streiten zusammen. Sie leben miteinander und teilen sich die selbe Heimat. Sie sind gemeinsam in Treue verbunden mit den Bäumen, Flüssen, Bergen, Meeren, Seen, Städten, Dörfern und Wüsten ihrer Heimat, die sie oft in ihre Gebete einschließen. Sie sind eine Familie! Manche sind entfernte Verwandte, andere wiederum frisch nahe Vertraute. All diese 1.694.000 Muslime, die friedlich mit Juden zusammenleben, werden von diesem Boykott diskriminiert. Stattdessen werden die Muslime bestärkt, die Juden zu hassen und in Gebieten zu leben, wo Juden vertrieben wurden und nicht leben dürfen. Die Gründungscharta der im Gazastreifen herrschenden Hamas zum Beispiel fordert die Vernichtung des ganzen jüdischen Volkes (Artikel 7) und die Zerstörung Israels (Artikel 13). Minister der Hamas rufen zur Vernichtung aller Juden auf, die sie öffentlich – auf Plätzen, in Moscheen und im Fernsehen – als Ungeziefer und Bakterien bezeichnen, deren Kehlen durchgeschnitten und deren Familien ermordet gehören. Der Boykott richtet sich gegen das Land, das beschlossen hat, staatliche Krankenhäuser mit Gebetsräumen für alle Religionen ausstatten zu lassen, nachdem ein Muslim erfolgreich beim Obersten Justizgerichtshof des Landes geklagt hatte, weil er vor einer Klinik in Tel Aviv im Freien beten musste. Juden im Gaza-Streifen, in Algerien, Saudi-Arabien, Jordanien und Libyen haben keinen eigenen Gebetsraum in Krankenhäusern, sie haben nicht mal eine Aufenthaltserlaubnis dort. In diesen Regionen ist es verboten, Jude zu sein. Die Länder sind allesamt „judenrein“. Der Boykott richtet sich gegen das Land, in dem die damals 19-jährige Araberin aus der nördlichen Hafenstadt Akko, Lina Mahul, die israelische Ausgabe von „The Voice“ gewann. Im israelischen Fernsehen wurde vor einiger Zeit ein Test mit versteckter Kamera unternommen, um zu schauen, wie die Menschen in Israel auf Diskriminierung reagieren. Ein Tankstellenverkäufer, weigerte sich, Araber zu bedienen. Die Gäste reagierten wie hier im Video zu sehen. Gegen diese Menschen richtet sich der Boykott und somit gegen das einzige Land im Nahen Osten, in dem 1.694.000 Muslime sicher in einer Demokratie leben, die es ihnen erlaubt, schwul oder lesbisch zu sein. Sie haben die gleichen Rechte wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger des Landes, unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer Hautfarbe. Jeder fünfte Israeli ist ein Moslem und 77 Prozent dieser Muslime geben laut einer repräsentativen Umfrage der Harvard Kennedy School an, in keinem anderen Land lieber leben zu wollen als in Israel! Es gibt kaum ein anderes Land auf der Welt, das von Muslimen so geschätzt wird. Israel ist das einzige Land im ganzen Nahen Osten, in dem das Volk seine Regierung wählen und vor allem abwählen kann. Die israelische Regierung ist somit die einzige auch von Muslimen und Arabern demokratisch gewählte Vertretung eines Landes im Nahen Osten. Mahmud Abbas wurde zwar 2005 Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, aber seine Legislaturperiode endete am 9. Januar 2009. Seitdem hält er sich ohne Legitimation an der Macht. Der Boykott, der gerade in Irland, Island, Schweden und dem Vereinigten Königreich diskutiert wird, hat eine lange Tradition beim Eurovision Song Contest. Nachdem Israel den Wettbewerb zweimal hintereinander gewonnen hatte, nämlich 1978 und 1979, entschied sich der austragende israelische Sender, ein Jahr zu pausieren. Diese Entscheidung nutze Marokko und bestätigte seine Teilnahme am israelfreien Wettbewerb. Im Jahr 2015 meldete Marokko aufgrund einer wahrscheinlichen Absage Israels erneut Interesse am Eurovision Song Contest an. Als Israel dann aber doch seine Teilnahme für 2015 bestätigte, sagte Marokko am 31. Oktober 2014 seine Teilnahme ab und blieb dem Wettbewerb fern. Marokko weigert sich, gemeinsam mit Israel an einem Wettbewerb teilzunehmen, ganz nach dem Motto: „Singt nicht mit Juden!“ Für die marokkanischen Verantwortlichen ist schon allein die Existenz von israelischen Menschen ein Affront. Im Jahr 1977 zog auch Tunesien aus demselben Grund seine Teilnahme am Eurovision Song Contest zurück. Der Libanon meldete sich für den Eurovision Song Contest 2005 an und wählte die Sängerin Aline Lahoud aus, um das Land mit „Quand tout s’enfuit“ zu vertreten. Es kam jedoch zu einer Auseinandersetzung mit der EBU, da der verantwortliche libanesische Sender Télé-Liban den israelischen Beitrag ausblenden wollte. Die EBU verlangte jedoch, dass alle Lieder gesendet werden müssten. Dies wollte Télé-Liban nicht garantieren, weshalb der Libanon dem Wettbewerb fernblieb. Jetzt denken auch Länder wie Irland, Island, Schweden und das Vereinigte Königreich darüber nach, diesem unrühmlichen Beispiel zu folgen und fallen damit der Idee des Eurovision Song Contest in den Rücken, denn der Eurovision Song Contest ist und bleibt eine große, alberne Friedensdemo. Im Jahr 1955 wurde der Eurovision Song Contest ins Leben gerufen. Es war zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. In dieser Zeit kamen ein paar Menschen auf die Idee, einen Wettbewerb zu veranstalten, bei dem die Länder, die noch vor kurzem im Krieg miteinander lagen, sich statt Bomben nun Lieder um die Ohren hauen sollten. Länder, die sich einst spinnefeind waren, schoben sich nun Punkte für Lieder zu. Das ist Idee des Wettbewerbs. Also, lasst uns singen! Dieser Beitrag erschien zuerst auf Gerd Buurmanns Blog Tapfer im Nirgendwo | Gerd Buurmann | Im Jahr 1955 wurde der Eurovision Song Contest ins Leben gerufen. Zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg kamen ein paar Menschen auf die Idee, einen Wettbewerb zu veranstalten, bei dem die Länder sich statt Bomben nun Lieder um die Ohren hauen sollten. Länder, einst spinnefeind, schoben sich nun Punkte für Lieder zu. Jetzt gewinnen die Irren wieder an Fahrt und wollen Israel boykottieren. | article | 17.07.2018 15:30 | https://www.achgut.com//artikel/singt_nicht_mitjuden |
Drei Prozent Hoffnung | Je weniger man die Realität ausblendet, desto surrealer wirken die Ergebnisse des CDU-Parteitages. Vor allem angesichts dessen, was zur Abstimmung stand, nämlich ein Koalitionsvertrag, der allen kunstvollen Formulierungen zum Trotz, durch weitgehende Selbstaufgabe der CDU-Inhalte und Ministerämter zustande gekommen ist. Gut, es ist natürlich eine Frage der Maßstäbe. Misst man den Vertrag am eigentlich noch gültigen Grundsatzprogramm, dann muss es sich bei der Partei, die nun so überwältigend zugestimmt hat, um eine andere Vereinigung gleichen Namens handeln, wenn deren Parteitagsdelegierte wirklich glauben, ihre Inhalte im Koalitionsvertrag wiederfinden zu können. Nun hat die CDU ihrer Kanzlerin immerhin keine hundert Prozent a la Martin Schulz beschert, aber diese 97 Prozent für den Koalitionsvertrag wirken mindestens so surreal wie die Einstimmigkeit, die die Genossen im letzten Jahr noch ihrem Hoffnungsträger bescherten. Eigentlich ist es ja etwas billig, wenn man, geprägt durch ein paar Lebensjahrzehnte im SED-Staat, bei jedem Abstimmungsergebnis jenseits der 95-Prozent-Marke immer an die vorbestimmten DDR-Wahlergebnisse denken muss. Das ist natürlich ein unzulässiger Vergleich, denn unter hundert Prozent gab es in der DDR zwar bei den „Wahlen“, zu denen die Bevölkerung an die Urne genötigt wurde, jedoch SED-Parteitage waren ohne Einstimmigkeit unvorstellbar. Aber lassen wir diesen kleinkrämerischen Blick. Ich hätte den sich aufdrängenden und daher recht angestaubten Vergleich auch nicht aus der Schublade gezogen, wenn mich nicht schon die Rede der Bundeskanzlerin und der drehbuchgerechte lang anhaltende Beifall an die Wirklichkeitsnähe von SED-Parteitagen in der DDR-Endzeit erinnert hätte. Während die Gesellschaft mehr und mehr zerrissen wird, ein normaler Diskurs über so existenzielle Fragen wie die Massenzuwanderung, die Gefahr durch islamistischen Terror, die Schulden- und Währungskrisen oder der desaströse Zustand der Europäischen Union immer unmöglicher wird und sich die Menschen an Sprechverbote und Vorformen der Zensur gewöhnen, hält die Hauptverantwortliche für die entstandene Lage eine Rede, als lebten wir inmitten blühender Landschaften voll betörender Buntheit. Die CDU hat schließlich so viele Wahlen gewonnen in Merkels Amtszeit, jetzt nach harter Arbeit eine Regierungsbildung fast vollendet, erneuert sich und ist vom Wähler mit einem Regierungsauftrag ausgestattet. Die Wirtschaft floriert, die Einnahmen steigen und allen geht es gut. Ach ja und diese Zuwanderung habe man ja auch im Griff. Steht doch schließlich im Koalitionsvertrag. Offenbar ist eine jährliche Großstadt Zuzug aus Arabien und Afrika, zusätzlich zum Millionenheer, das in den letzten zwei Jahren schon zugewandert ist, eine Situation, die unseren Regierenden als beherrschbar gilt und das gute Leben im Land nicht beeinträchtigt. Eine Stadt nach der anderen verhängt bzw. verlangt wegen Überforderung Zuzugssperren für Asylbewerber, das Vertrauen in den Staat erodiert, die Infrastruktur in weiten Teilen Deutschlands zerbröselt, weil im Lande der schwarzen Null zwar für diverse Ausgaben Milliarden zu mobilisieren waren, nur nicht für hinreichende Investitionen in Straßen, Bahnen sowie Energie- und Kommunikationsnetze. Und wovon ist bei der Kanzlerin die Rede? Von Erfolgen, Erfolgen und nochmals Erfolgen. Allenfalls in Nebensätzen dürfen Probleme aufscheinen. Auch bei den Parteitagsrednern gab es nur ganz wenige, die klare Kritik übten, ohne sie in eine grundsätzliche Würdigung des Kanzlerinnenwerks oder ihre generelle Zustimmung zum Koalitionsvertrag einzubetten. Sollte jemand gehofft haben, es gäbe mehr Mutige in der CDU, die einen Politikwechsel hin zu den früheren Programminhalten fordern würden, und lautstark den Anspruch erheben, die Partei möge sich endlich den unangenehmen, den schweren, aber die Bevölkerung zuvörderst beschäftigenden Themen zuwenden, der wurde enttäuscht. Aber hatte das jemand gehofft? Vielleicht war eine ernstzunehmende Hoffnung wirklich nicht weit verbreitet, doch es gab sicher so manches CDU-Mitglied und bestimmt auch etliche Wähler, die ein Signal erwartet haben. Ein Signal, ob sich ihre Partei weiter von ihnen abwendet und sie sich deshalb auch von der Partei abwenden. Viele dieser (einstigen?) Parteigänger haben wahrscheinlich auf ein kleines Signal der Hinwendung gehofft. Nun, da es ausgeblieben ist und wenn es auch weiter ausbleibt, wird sich das in den Wahlergebnissen niederschlagen. Die Beobachter werden vom Niedergang der Volksparteien fabulieren. Dabei ist das kein Naturgesetz, aber seit die Volksparteien immer stärker versuchen, das Volk zu erziehen, statt sich um dessen elementare Interessen zu kümmern, verabschieden sich die umerziehungsunwilligen Wähler. Die Entfernung der Partei von der Wirklichkeit mag manchen Funktionären zwar gut ins Weltbild passen, aber es rächt sich früher oder später immer. Die Wirklichkeit ist am Ende einfach stärker. Doch 97 Prozent haben sich zum Parteitagsschluss lieber für das koalitionstaugliche Weltbild entschieden. Wer also Hoffnungen in eine erneuerte CDU setzen möchte, kann – sollten Parteitagsdelegierte repräsentativ sein – zunächst nur auf drei Prozent setzen. Ein schwaches Fundament. Ein vorheriger Ausflug der Delegierten an die Essener Tafel hätte vielleicht geholfen, die drängendsten Fragen nicht außer Acht zu lassen. Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de | Peter Grimm | Von wo kommt die Rettung im Meer der Duckmäuser? Wer noch ein wenig Bezug zur Realität hat, auf den wirken die Ergebnisse des CDU-Parteitages vollkommen surreal: 97 Prozent für einen Koalitionsvertrag, der allen kunstvollen Formulierungen zum Trotz, durch weitgehende Selbstaufgabe der CDU-Inhalte und Ministerämter zustande gekommen ist. Aber in punkto Wirklichkeitsnähe erinnerte dieser Parteitag ohnehin mehr an alte DDR-Zeiten, als an munteren demokratischen Diskurs. Trotzdem: am Ende gewinnt immer die Wirklichkeit. | article | 27.02.2018 06:28 | https://www.achgut.com//artikel/drei_prozent_hoffnung |
Schutzbefohlene, aufgepasst! | Von Wolf Lotter Anderswo ist es ein Skandal, wenn ein Mitarbeiter eines Ministers Unterlagen kopiert und an die Presse weitergibt. Hier ist es ein Skandal, wenn er es nicht tut und dafür gescholten wird. Wer soll sich da noch auskennen? Michael Offer, der Ex-Pressesprecher von Wolfgang Schäuble, jedenfalls nicht. Er ist zurückgetreten, d.h. nicht ganz. Er hat sich von seinen „Aufgaben entbinden“ lassen. Und macht jetzt an anderer Stelle im Finanzministerium weiter. Unkündbarkeit geht vor Unrecht. Doch genügt das? Natürlich nicht. Millionen unselbständig Erwerbstätiger sind sauer. So kann man mit seinen Leuten nicht reden. Ein solcher „Wutausbruch“ eines Vorgesetzten gegen seinen Mitarbeiter sei nicht hinnehmbar. Wenn allerdings das, was Wolfgang Schäuble gegen Offer losgelassen hat – und das war nicht fein, keine Frage – schon ein Wutausbruch war, dann darf man ab sofort den Umgangston, den z.B. Klaus Wowereit, Renate Künast oder Guido Westerwelle mit ihren Mitarbeitern pflegen, einen Angriffskrieg nennen. Politisch korrekt hingegen ist das, was Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, via Spiegel-Online verbreiten lässt: „So, wie sich Minister Schäuble aufgeführt hat, geht man mit Schutzbefohlenen nicht um.“
Listen and repeat: S-c-h-u-t-z-b-e-f-o-h-l-e-n-e.
Oha! Was ist das? Emphatie nach Gutsherrenart?
Dass ein durchschnittlicher deutscher Politiker die Auffassung vertritt, dass „die Leute“ samt Hab und Gut ihnen gehören, ist nicht neu. Dass man nach einigen Jahren intensiver Arbeit im haushaltspolitischen Ausschuß einen an der Waffel haben könnte, würde nicht überraschen. Bei Schneider aber liegt der Fall anders.
Er spricht aus, was andere schamvoll verschweigen. Der Bürger, und dazu gehört letztlich auch der liebe Beleidigte, ist eigentlich aller Rechte ledig. Ein weißer Mann in schwarzen Ketten. Ein Schutzbefohlener ist jemand, der, so die lexikale Definition, jemandes Schutzes übergeben ist, „der betreut und für den gesorgt“ wird. Schutzbefohlene nannte der alte Julius Caesar die Angehörigen der von ihm eroberten Stämme, die zwar nach der Pfeife der Römer tanzen mussten und so Sachen wie Selbstbestimmung fahren lassen konnten, dafür aber von einem lieben Imperator gegen den Unbill der Freiheit geschützt wurden. Und heute verwendet man den Begriff für Menschen, die zu klein sind, um selbst was zu entscheiden und all jene, die geistig nicht in der Lage sind, für ihr Handeln einzustehen. So gesehen steht Schneiders Wort auf solider Basis, nicht nur in seiner Partei. Zu doof, zu klein, zu unbedarft zum Selbermachen – das ist ein Schutzbefohlener. Nochmals zum Mitdenken: Schäuble sagt seinem Pressesprecher, er solle doch bitte, bitte, bitte Kopien austeilen, wenn’s nicht ausmacht. Doch der Kopierer bleibt kalt. Vielleicht hat der Praktikant gezickt. Möglicherweise war der Toner alle. Hatte Offer einen seelisch bedingten Kopierstau, weil Schäuble, der Tyrann auf Rädern, schon Morgens bei der Lagebesprechung ätzte: „Heute brauchen wir wieder Kopien, Offer, und Du wirst es nicht schaffen, Offer. Nie, Offer, nie!“? Auf gut deutsch betrachtet hat der Offer alles richtig gemacht, indem er nichts gemacht hat. Ein Schutzbefohlener ist, wie ein Kind, nicht für das verantwortlich, was es tut oder läßt. Ausschimpfen ist gemein. Und das nächste Mal, Leute, fragt doch bitte bei solchen Sachen gleich den Schneider, dafür ist er schliesslich da. Der Offer muss gar nichts. Der Schäuble aber muss sich entschuldigen, dafür, dass er dieses Stück bundesdeutsche Realität glatt übersehen hat. | Wolf Lotter | article | 09.11.2010 23:27 | https://www.achgut.com//artikel/schutzbefohlene_aufgepasst |
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Auszüge aus „Die Sonne über Berlin – Mordshitze“ (5) | Carla Kalkbrenner Letzte von fünf Berliner Krimi-Miniaturen
„Warst du damals eigentlich zuerst IM und dann Bürgerrechtler oder umgekehrt?“
Warmbrunn nahm an, dass er erst hektisch rotfleckig und dann schwitzig bleich geworden war. Das Herz hatte hart und schnell im Hals geschlagen, der Hosenboden war feucht geworden und hatte das Leder der schicken Sitzbank getränkt. So schlimm war es Warmbrunn das letzte Mal vor 25 Jahren ergangen, als die beiden Herren bei ihm zu Hause in Leipzig-Connewitz auftauchten. Die Genossen hatten ohne große Umschweife angefangen, wie er sich das denn denke, als Mitarbeiter eines sozialistischen Hochbaubetriebes bei einer verbotenen Bürgerrechtsgruppe mitzumachen, die die Wohnungsbaupolitik der DDR angreift. Ob er da als verantwortlicher Bauingenieur noch tragbar sei? Viel mehr mussten sie nicht sagen. Er unterschrieb. Im Laufe der Zeit gewöhnte er sich dran. Werktags Sechsgeschosser und Hochhausscheiben zeichnen, am Wochenende Kirchengruppe. Und einmal im Monat Berichterstattung über Flugblattaktionen und Republikfluchtpläne. „Ist dir nicht gut?“ Dobrzynskis Frage war wie aus großer Ferne in Warmbrunns Gehirn gedrungen. Du Schwein, hatte er gedacht, du verdammtes Schwein, woher weißt du das alles? Herausgebracht hatte er nur ein verräuspertes Was-willst-du, obwohl er die Antwort schon kannte. Dobrzynski wollte weiter Partner sein und genau das wollten DIE nicht. Die Ermittlungen wegen des Hotelmordes und das Rumgestochere in Tiefenbrocks Geschäften wurden ihnen langsam gefährlich und sie hatten ihn als neuen Partner auserkoren. Was für eine Scheißzwickmühle, dachte Warmbrunn. Und er saß in diesem unsäglichen Büro, eingeklemmt, zusammengepresst zwischen Erdgeschoss Nobelrestaurant und Erster Etage Anwaltskanzlei, und wartete darauf, dass er auch noch zwischen Dobrzynski und DENEN zerquetscht würde. Und der Kripo womöglich. Warmbrunn wischte sich über das feiste Gesicht. An frische Luft war nicht zu denken. Von draußen kamen nur Hitze und Lärm. Warmbrunn schloss das seltsame Fenster. Er hatte die Wahl zwischen Hölle und Fegefeuer. Dobrzynski kannte seine Spitzel-Vergangenheit, die Anderen dafür umso besser die Nachwendegeschichten als bürgerbewegter Stadtrat für Bauwesen. Er presste einen höhnischen Lacher heraus. Das wissende Grinsen war auf Dobrzynskis Gesicht festgefroren gewesen und das Eis im Whisky geschmolzen. Er hatte die Hand nach dem Glas ausgestreckt, es hochgehoben und Dobrzynski zugeprostet. „Ja, dann auf gute Zusammenarbeit“, hatte er gesagt und gehofft, dass der ihm das abkaufte. Die Journalistin Carla Kalkbrenner, geboren in Dresden, aufgewachsen mit Krimis und Altgriechisch, Abitur in Potsdam, Journalistikstudium in Leipzig, eine Doktorarbeit geschrieben und zwei Kinder bekommen, beim Fernsehen Architektur, Denkmalpflege und Satire beackert, mit einem Grimmepreis geehrt, Berlin nicht nur mit dem Fahrrad erforscht, hat einen Kriminalroman geschrieben, mit reichlich Berliner Typen und mit dem Lebensgefühl dieser Stadt. Hier können Sie ihn bestellen:
http://www.martini-und-loersch.de/
Oder hier:
http://www.amazon.de/Die-Sonne-über-Berlin-Mordshitze/dp/3981610717 | Gastautor | article | 25.05.2014 16:35 | https://www.achgut.com/artikel/auszuege_aus_die_sonne_ueber_berlin_mordshitze_5 |
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Arbeitsmarkt im August: Mehr Arbeitslose und Arbeitskräftemangel | Die einen suchen Arbeitskräfte, die anderen verwalten steigende Arbeitslosenzahlen und die Bundesregierung kann nichts dafür. Auch für diesen Monat schlägt die Bundesagentur für Arbeit (BA) die üblichen wilden Kapriolen sprachlicher Unlogik: „Trotz der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten ist der Arbeitsmarkt robust. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung haben zwar im August erneut stärker zugenommen als jahreszeitlich üblich, so der Bericht. „Dies liegt jedoch weiterhin an der Erfassung ukrainischer Geflüchteter“, beruhigt uns die neue Vorstandsvorsitzende für Arbeit, Andrea Nahles. Der Talking Point der ehemaligen Ministerin ist klar: „Im Zuge der Sommerpause und durch die noch andauernde Erfassung ukrainischer Geflüchteter gab es im August 2022 einen weiteren deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vormonat, und zwar um 77.000 auf 2.547.000.“ Das Erzählmuster ist so simpel wie unlauter. Da Putin einen Krieg angezettelt habe, für den wir nichts können, sind nun ukrainische Flüchtlinge im Land, die die Arbeitslosenzahlen in die Höhe treiben, für die wir nichts können. Putin ist nun auch an der hohen Zahl von Hartz-IV-Empfängern schuld. Hätten Sie es geahnt? Jeder, der sich länger mit dem Arbeitsmarkt befasst, weiß, dass diese Aussage Unsinn ist. Denn die Zahlen waren vor einem Jahr sogar etwas höher (24.000 mehr) als in diesem August. Was auch klar ist: Man kann die von Frau Nahles 2,547.000 proklamierte Arbeitslosenzahl getrost verdoppeln. Genaueres zu meiner Schätzung finden Sie hier. Aufatmen können hingegen Rentner, die vorzeitig in Rente gegangen sind oder gehen mussten und aufgrund einer schlechten Rente auf Zuverdienste angewiesen sind. Dazu Hubertus Heil, unser aller Bundesminister für Arbeit und Soziales: „Wir schaffen die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten ab. Schon während der letzten beiden Corona-Jahre lag die Hinzuverdienstgrenze deutlich höher als zuvor. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht und ermöglichen nun dauerhaft, den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand flexibel zu gestalten“. So kann Oma Erna neben dem Flaschensammeln auch noch in der Pflege aushelfen, damit das Geld reicht, bevor sie auf selbige angewiesen ist. Gute Nachrichten verbreitet, zumindest in einem Punkt, eine neue Corona-Arbeitsschutzverordnung. Unternehmen sollen ab Herbst nun doch nicht verpflichtet werden, ihre Mitarbeiter in das Homeoffice zu verbannen. Das Kabinett beschloss dies laut den Aussagen von Hubertus Heil. Und der muss es wissen, war er doch ursprünglich für die Einführung einer Homeoffice-Pflicht. Homeoffice kann in bestimmten Situationen ergänzend Sinn machen. Eine von staatlicher Seite verordnete Pflicht wäre ein unlauterer Eingriff in die unternehmerische Souveränität. Davon abgesehen, halte ich die reine Heimarbeit, gerade in Teamarbeit, für oftmals schwierig und nachteilig für Betrieb und Mitarbeiter. Gerade im Lockdown war für viele der Gang zur Arbeit die einzige Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen. Man kann nur hoffen, dass wenigstens dies den Arbeitnehmern und Arbeitgebern ab Herbst erspart bleibt. Was das Thema Fachkräftemangel angeht, will Minister Heil noch in diesem Jahr „erste Pflöcke einschlagen“. Er möchte die offenen Stellen mit Zuwanderern besetzen. Prinzipiell ist nichts dagegen zu sagen, machen doch Länder wie Australien, Kanada, aber auch die Schweiz vor, wie es gehen kann, wenn man qualifiziert einwandern lässt. Doch gerade was das angeht, ist von der Koalition kaum etwas zu erwarten. Bis heute ist nicht genau geklärt, wie viele Menschen, aus welchen Ländern und in welchem Alter ab 2015 nach Deutschland kommen. Die gleichen Politiker – Merkel wurde durch Scholz lediglich optisch ersetzt – wollen nun für qualifizierte Zuwanderung sorgen. Man muss kein Pessimist sein, um zu wissen, dass diese Idee von Arbeitsverhinderungsminister Heil nur schiefgehen kann. | Julian Marius Plutz | Die einen suchen Arbeitskräfte, die anderen verwalten steigende Arbeitslosenzahlen und die Bundesregierung kann nichts dafür. | article | 01.09.2022 12:00 | https://www.achgut.com//artikel/arbeitsmarkt_im_august_mehr_arbeitslose_und_arbeitskraeftemangel |
Die Entmachtung der Aufklärung | Auch die aktuellen Vorgänge in den USA sind Teil eines tieferliegenden und langfristigen Prozesses: Die neuen Macht-Eliten des Westens verabschieden sich spürbar von dessen Grundlagen. Aberglaube und Ideologie werden mächtiger. Kann es zu einer kulturellen Erholung kommen? Sprachregelungen hüllen im technischen Zeitalter nicht selten die Sachprobleme in dichten Nebel. (Ernst Käsemann, 1972) Enlightenment (Lichtwerdung) und Siècle des Lumières (Jahrhundert der Lichter) nennen die Engländer und Franzosen das, was wir Deutschen scheinbar nüchterner als Aufklärung bezeichnen. Über diese Phase der Neuzeit ist viel Tinte vergossen und neuerdings Festplattenspeicher gefüllt worden. Was kann man nach Herder, Claudius, Hamann, Kant, Schiller, Hegel, Nietzsche oder Adorno/Horkheimer, Rawls, Habermas oder Koselleck noch dazu sagen, ohne zu langweilen? Angesicht der jüngsten Entwicklung zu einer neuen Phase des Totalitarismus im Abendland, in dem sich die Aufklärung ereignete, einiges. Unabhängig davon, ob man die Rousseausche Anthropologie der Frankfurter Schule und der Amerikaner Dewey, Rawls und Rorty teilt oder den Menschen eher so sieht wie Thomas Hobbes, Max Scheler oder Iräneus Eibl-Eibesfeld, die Aufklärung wird im Allgemeinen als die kulturelle Phase betrachtet, in der sich das Bürgertum geistig den Ideen des Feudalismus und des Absolutismus widersetzte und diesen seine eigene Metaphysik entgegenstellte (Koselleck). Diese politische Metaphysik sieht das Naturrecht als unveräußerlich an, betrachtet das Volk als den Souverän und postuliert die partizipative, repräsentative Demokratie als die dem so verstandenen Menschen adäquate Staatsform. Angesichts dieser Staatsmetaphysik stellt sich für viele Beobachter, die den Verlust an Rechtsstaatlichkeit und die Erosion der Grundrechte im Westen kritisch betrachten, die Frage, wie Gesellschaften nach der Aufklärung diesen Pfad einschlagen konnten. Diese Frage stellte sich nach dem Ende des westeuropäischen Totalitarismus 1945 schon einmal. Man beantwortete sie für den Westen (der Totalitarismus Russlands, Chinas oder Nordkoreas wurde anders betrachtet und als dem deutschen NS-Totalitarismus unvergleichbar postuliert) in etwa so, dass man auf Besonderheiten der historischen Entwicklung hinwies, die dies ermöglicht hätten – von Horkheimer und Adorno abgesehen, auf die wir noch zu sprechen kommen. Nun sei man in der BRD aber im Westen angekommen, Rechtsstaatlichkeit und gelebte Demokratie seien auch bei den Deutschen zur Reife gekommen und unverbrüchliches Erbe geworden, so lange man das „Nie wieder!“ nur gut kultiviere. Was ist der Kardinalfehler dieses Denkens? Die Vorstellung, die bürgerliche Staatsmetaphysik unterscheide sich prinzipiell von anderen politischen Philosophien in ihrem normativen Anspruch und sei das wichtigste Ergebnis der Aufklärung. Die Machtübernahme durch das Bürgertum im Westen zwischen 1776 und 1919 schien dies zu bestätigen. Doch ist die wichtigste Wirkung der Aufklärungsphilosophie der empirische Rationalismus, die naturwissenschaftlich-cartesianische Sicht der Welt, aus der sich der Positivismus, der unser Denken noch heute bestimmt, entwickelte. Dieser kulturelle Prozess vollzog sich zusammen mit der Technisierung der Lebenswelt durch die industrielle Revolution. Seine Überzeugungskraft zieht der Positivismus aus den gewaltigen Errungenschaften der Technik. Obwohl der Aufklärungsphilosoph Kant die klare Einsicht vortrug, dass die Reichweite der deterministisch-mechanistischen Naturerklärung begrenzt ist (Kritik der Urteilskraft, §75, wo Kant die These formuliert, dass biologische Systeme sich nicht mit Newtonscher Mathematik modellieren lassen), wurde diese eindeutig richtige Sicht der Begrenztheit mathematischer Modelle kulturell nicht gewürdigt. Stattdessen setzte sich der Positivismus durch. Im Wesentlichen sieht diese „Ideologie“ (die keine Philosophie ist, siehe Max Scheler) die sinnlich erfassbare Welt als eine zu erkennende Struktur, in der wir Zusammenhänge identifizieren und modellieren können, um mit Hilfe der sogenannten Naturgesetze die Welt technisch zu verändern. Arnold Gehlen hat dieses Denken „instrumentelles Bewusstsein“ der Industriegesellschaft genannt und es vom „ideativen Bewusstsein“ der Agrargesellschaft abgegrenzt. Instrumentelles Denken wenden wir nicht nur in der Landwirtschaft oder der Industrie an, sondern auch in der Wirtschaft und allen anderen Bereichen des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Wir versuchen, Kausalzusammenhänge zu erkennen und diese gemäß unseren Zielen zu nutzen. Dies gilt nicht nur in der Physik und ihren Anwendungen, sondern auch in der Medizin und Biologie, genauso wie in der Chemie, Ökonomie oder den Sozialwissenschaften. Die Voraussetzung für die Durchsetzung des Positivismus waren die Abkehr vom Christentum mit vollständiger Säkularisierung sowie die Abwrackung der abendländischen Metaphysik. Heidegger bezeichnete deswegen die Technik als Nachfolgerin der Metaphysik. Das klingt attraktiv, ist aber falsch, steckt doch die Physik selbst als Grundlage der Technik voller metaphysischer Postulate, beispielsweise bei den Maßskalen, der Zulässigkeit von Approximationen oder den Symmetrien. Doch das wird allgemein nicht beachtet. Im Gefolge der kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts entstand an dessen Ende die Moderne. Sie proklamiert und vollzieht eine Abkehr von menschengerechter Ästhetik und eine Durchdringung der Gesellschaft mit dem ökonomischen Verwertungsprimat, das den Menschen in erster Linie als Arbeitskraft und Konsumenten sieht: Die Entzauberung der Welt, wie Weber es genannt hat. Die riesige kulturelle Bewegung von der Aufklärung zur Moderne als Ausdruck der philosophischen Emanzipation des Bürgertums und der Durchsetzung ihres Wirtschaftssystems, des Kapitalismus, zu begreifen, greift viel zu kurz. Diese Einschätzung der Aufklärung hat unsere Wahrnehmung geprägt, weil wir in Gesellschaften sozialisiert worden sind, deren Staaten sich auf die staatsphilosophische Metaphysik der Aufklärung berufen. Kommen wir noch einmal auf den Absturz Deutschlands in die Barbarei des Dritten Reiches zurück. Wie ist die Erklärung dieser Phase durch den Westmarxismus zu bewerten? Angesichts der Herausbildung totalitärer Staaten in Italien und Deutschland ab den 1920er Jahren sprachen Adorno und Horkheimer von einer „Dialektik der Aufklärung“. Ihrer Einschätzung zufolge sei die Aufklärung gescheitert, weil sie lediglich einen Kulminationspunkt der bereits in der klassischen Antike angelegten „instrumentellen Vernunft“ darstelle, wobei es sich um einen „spezifisch abendländischen, auf Selbsterhaltung und Herrschaft abzielenden Rationalitätstypus“ handle – man beachte die Nähe zu Heideggers Metaphysikkritik, was die Frankfurter niemals eingeräumt hätten. Diese Sicht verkennt zweierlei: Erstens ist die von den Autoren vorgelegte Genealogie der Vernunft offensichtlich falsch. In der klassischen Antike, aber auch in der gesamten darauf folgenden abendländischen Geistesgeschichte ist axiomatische, nicht begründbare Metaphysik mit einem breiten Spektrum unkontrollierter Spekulationen ebenso bedeutend wie der Glaube sowie die theologischen Theorien zu Gottheit und Jenseits. Außerdem gibt es eine lebhafte Tradition des nicht-christlichen, heidnischen Übersinnlichen (Aberglaube) und der Esoterik (Aberglaube der höheren sozialen Schichten, beispielsweise Corpus hermeticum in der Renaissance – mit bis heute andauernder Wirkung – oder Svedenborg im Zeitalter der Aufklärung). All dies gehört zum ideativen Bewusstsein, es ist vor der Aufklärung stets präsent und relevant. Das instrumentelle Bewusstsein im heutigen Sinne gibt es noch nicht, die präinstrumentelle Vernunft ist in dieser Phase nichts anderes als ein Ausdruck der überlebensnotwendigen Kompensationsleistung des Menschen als Mängelwesen, welche die Entlastung ermöglicht (Gehlen). Erst mit der Aufklärung wird die Metaphysik auf ein explizit definiertes Minimum reduziert (oder im Positivismus und Neopositivismus fälschlicherweise verdrängt), wird der Glaube in den Privatbereich abgedrängt und für kulturell irrelevant erklärt. Vorher haben das metaphysisch-spekulative, das übersinnlich-esoterische und das theologische Denken für die Vorstellungswelt der Menschen einen dominierenden Stellenwert. Kurz gesagt: Die Vernunftkultur der Antike, des Mittelalters und der Renaissance ist kein Rationalismus. Von ihm kann erst dann die Rede sein, wenn die nicht-rationale und nicht-empirische Weltsicht verdrängt und durch den für die Endphase der Aufklärung (Kant) charakteristischen rationalistischen Realismus ersetzt wurde. Erst nach der Aufklärung kann von instrumentellem Bewusstsein oder instrumenteller Vernunft gesprochen werden. Vorher sind theoretische Denkgebäude immer von Metaphysik und Transzendenz durchsetzt und stark ideativ geprägt. Zweitens verkennen die beiden Westmarxisten, dass menschliche Vergesellschaftung immer Herrschaft bedeutet (Hobbes, Weber, Popitz, Eibl-Eibesfeld) und dass dies nichts mit der kulturellen Ausprägungsform der menschlichen Vernunft zu tun hat: Als vernunftbegabtes Wesen lebt der Mensch eine machtzentrierte Vergesellschaftung und spätestens seit dem Neolithikum ist Vernunft in allen Kulturen ein wesentliches Mittel der Machtausübung. Die Vorstellung Horkheimers und Adornos, instrumentelle Vernunft sei spezifisch abendländisch, ist ab dem 19. Jahrhundert korrekt, doch global gesehen ist der Einsatz der Gattungseigenschaft Vernunft in allen Gesellschaften Herrschaftsmittel. Instrumentelle Vernunft – deren Formulierung erst ab dem 17. Jahrhundert zu Tage tritt, und zwar zunächst in Schottland (Locke, Hume) und Frankreich (Descartes, Lagrange), erst verspätet in Deutschland – ermöglicht lediglich durch die Technik, die sie hervorbringt, intensivere Herrschaft. Diese und ähnliche Fehlinterpretationen der Aufklärung ergeben sich, wenn man die Staatsmetaphysik der Aufklärung für besonders relevant hält, wie dies, beginnend mit der Durchsetzung des bürgerlichen Machtanspruchs, der sie diente, bis heute der Fall ist. Erkennt man, dass dieser Anteil der Aufklärung nur temporär relevant ist, ihre bleibende Leistung vielmehr in der kulturellen Ablösung von Glauben, Aberglauben und Metaphysik durch rationalistischen Empirismus, Utilitarismus, Positivismus – kurz gesagt instrumentelles Bewusstsein – besteht, braucht man sich nicht zu wundern, dass Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zweimal in absolute Barbarei verfiel und es auch heute wieder zusammen mit den Überseekulturen des Westens in diese Richtung treibt. Das anthropinon (Thukydides), das Bleibend-Menschliche der Vergesellschaftung ist der Kampf um die Macht, wie ihn Thukydides, Machiavelli und Hobbes beschreiben. Die Aufklärung ist der erste kulturelle Höhepunkt einer Entwicklung weg von der Agrar-, hin zur Industriegesellschaft. Diese Entwicklung hat Arnold Gehlen in Die Seele im technischen Zeitalter als Epochenübergang verstanden, der so bedeutsam sei wie der Wandel von der Nomadengesellschaft zur Sesshaftigkeit mit feldgebundener Landwirtschaft und Tierhaltung im Neolithikum. Gehlen schildert, wie gewaltig der damit einhergehende Bewusstseinswandel gewesen sein muss, wie lange es gedauert hat, bis sich die neue Lebensweise durchsetzte und welch krasse kulturelle Veränderung dies für die Menschen bedeutete. Wir stehen noch mitten in diesem epochalen Bewusstseinsübergang, dessen Voraussetzung die Neuzeit war, der aber erst mit der Aufklärung und der sich parallel zu ihr durchsetzenden industriellen Revolution beginnt. So ein Wandel kann Jahrhunderte brauchen, bis ein neuer stabiler Bewusstseins- und Kulturzustand entsteht – das ist eine der tiefsten Erkenntnisse in Gehlens Analyse. Wir befinden uns erst am Beginn dieses Wandels. Das bürgerliche Zeitalter endet (Kondylis, Kotkin). Die bürgerliche Staatsmetaphysik wird durch eine neue Staatsphilosophie ersetzt, die den sozio-ökonomischen Gegebenheiten unserer Zeit gemäß ist. Die Merkmale der bürgerlichen Idee des Staates mit Naturrecht, Rechtsstaatlichkeit, Isonomie, Gewaltenteilung und demokratischer Partizipation sind im Verlauf der Übernahme der Macht des Adels durch das Bürgertum entstanden. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts übernimmt langsam eine andere, viel kleinere Schicht die politische Macht. Sie setzt sich aus den adeligen Familien, die ihr Vermögen in die Industriegesellschaft gerettet haben, und den neuen megabürgerlichen Familien zusammen. Solche Familien verfügen über Privatvermögen von Billionen (Tausende von Milliarden) US-Dollar. Für sie sind die Ideen des Bürgertums von Staat und Herrschaft nicht relevant und sie handeln entsprechend. Doch wir versuchen immer noch, das politische Geschehen mit den Maßstäben der bürgerlichen Staatsmetaphysik zu erklären. Viele sehen nicht, dass wir im Westen ein Verschwinden der realen politischen Relevanz dieser Ideen beobachten, dass sie nur noch vorgetragen werden, um den Schein kultureller Kontinuität zu wahren. Andere sehen es, können es sich aber nicht erklären. Keiner weiß, welche Gestalt die neuen Ideen annehmen werden, wenn sie ausreifen. Was wir derzeit öffentlich sehen, der postmoderne Kollektivismus von Bewegungen wie der Critical Race Theory, der Kampf um „geschlechtergerechte Sprache“, der neue von Großunternehmen und Vermögensverwaltern vorgetragene Salonsozialismus (diversity, equity, inclusion), Forderungen nach Gleichberechtigung der Frau in Form von einem Recht auf Abtreibung bis zum Ende der Schwangerschaft, die pseudo-feministische Islamophilie oder die Intersektionalitätstheorie der Identitätspolitik, ist philosophisch äußerst schwach differenziert, ideengeschichtlich aus plumpen Versatzstücken zusammengesetzt, in sich vollkommen widersprüchlich und strukturell primitiv. Wenn sich die neue Herrschaftsschicht stabilisiert, wird sich auch eine reifere politische Metaphysik entwickeln. Der springende Punkt in unserem Zusammenhang ist, dass der wesentliche Beitrag der Aufklärung nicht die bürgerliche Staatsmetaphysik ist, deren Hochphase von etwa 1750 bis 1970, gerade einmal gut 200 Jahre, währte. Diese Metaphysik versinkt vor unseren Augen, da die Anbindung realer Machtausübung an sie schwindet. Vielmehr ist die entscheidende Leistung der Aufklärung die kulturelle Begleitung des Epochenbruchs von der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft und die Erzeugung des instrumentellen Bewusstseins. Es dominiert unser Denken so stark, dass es fast alle gesellschaftlichen Gegensätze eint: Kaum eine hörbare Stimme fordert einen Verzicht auf geplantes Eingreifen in natürliche Vorgänge, und in vielen Bereichen ist sie auch nicht möglich, wollen wir auf diesem Globus bis zu 10 Milliarden Menschen ernähren (Weiß). Ist damit das ideative Bewusstsein überwunden, kulturell aufgebraucht und abgearbeitet und kommt nie mehr wieder? Aufklärungsgegner wie Vico, Haman, Herder, Claudius, Schiller (Berlin, Stuke) und dann vor allem Schleiermacher haben gezeigt, dass Religion und Metaphysik gebraucht werden. August Comtes rationalistische Ideen der Kompensation dieses Mangels, den er durchaus erkannte, durch eine „église du positivisme“ und „religion de l’humanité“ sind gescheitert, das positivistische Motto „Ordem e Progresso“ steht verloren auf der brasilianischen Flagge. Die rein empirisch-rationalistische Weltsicht des Positivismus und der Utilitarismus als Ethiksurrogat reicht nicht aus, um Menschen in ihrem Leben einen Sinn erkennen und jeden Tag wissen zu lassen, wofür sie aufstehen und sich abmühen: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Daher sehen wir, wie im Rahmen des postmodernen Kollektivismus, aber auch spontan und chaotisch überall in der Gesellschaft, neo-religiöse Bewegungen entstehen und sich vor allem ein moderner Aberglaube als Ventil für das transzendente Bedürfnis der Menschen verbreitet. Aberglaube ist laut Kant die Auffassung, „sich die Natur Regeln, welche der Verstand ihr durch sein eigenes wesentliches Gesetz zum Grund legt, als nicht unterworfen vorzustellen“, also die Vorstellung, ein der Funktion und den objektiven Erkenntnismöglichkeiten des Verstandes widersprechender scheinbarer Zusammenhang sei wahr. Wir sehen diesen Aberglauben nun in vielen politisch als zentral angesehenen Bereichen wie beispielsweise bei der in den Medien verbreiteten Klimatheorie, der viele Wissenschaftler sehr ernsthaft und mit stichhaltigen Argumenten widersprechen (Crok und May). Wenn solcher Aberglaube Herrschaftsinteressen dient, wird er Teil einer Ideologie. Deren Anhänger sind dem Aberglauben besonders treu, weil sie ihn mit moralischen Vorstellungen und ihrer Individuation verbinden: Er wird Teil ihres Selbstwertbewusstseins. Interessanterweise bedienen sich diejenigen, die den Aberglauben propagieren, rhetorisch der Sprache und der Formen des positivistisch-wissenschaftlichen Arguments, auch wenn die behaupteten Kausalzusammenhänge sich bei genauer Betrachtung der Tatsachen und Sachverhalte gar nicht ergeben. Doch der Positivismus ist kulturell so dominierend, dass man auch im Aberglauben nicht um ihn herumkommt. Neben den verschiedenen Formen dieses auf das Naturgeschehen bezogenen Aberglaubens und der Ideologie des postmodernen Kollektivismus verbreiten sich im Westen mit dem Wegfall des Christentums auch esoterische Sekten oder kulturfremde Glaubensrichtungen wie der Buddhismus oder der Islam. Die Menschen sind auf der Suche nach Sinn, den die metaphysisch durch Skeptizismus entkernte und von der Transzendenz befreite Postmoderne nicht bieten kann. Im Vergleich zu traditioneller Metaphysik und Theologie, wie sie in den 1920er Jahren noch bei Max Scheler oder Rudolf Bultmann und in Ausläufern auch noch in der Nachkriegszeit bei Arnold Gehlen oder Ernst Käsemann zu finden waren, sind all diese Ersatzbewegungen geistig äußerst schwach differenziert und unausgegoren. Ob es zu einer kulturellen Erholung kommt, ist ungewiss. Jobst Landgrebe ist Wissenschaftstheoretiker, er hielt zahlreiche Vorträge im akademischen und nicht-akademischen Umfeld, zuletzt an der Universität Lugano, bei der Hayek-Gesellschaft und am Japanischen Kulturinstitut Köln. Dieser Beitrag erschien zuerst auf "Globkult" Das Buch von J. Landgrebe und B. Smith „Why machines will never rule the world. AI without fear“ ist 2022 bei Routledge erschienen. Literatur [1] Max Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos. Bern, 1962 (zuerst 1928) [2] Arnold Gehlen, Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt. Frankfurt am Main, 1993 (zuerst 1940) [3] Arnold Gehlen, Die Seele im technischen Zeitalter. Frankfurt am Main 2004 (zuerst 1957) [4] M. Horkheimer und Th. Adorno, Die Dialektik der Aufklärung. Frankfurt 2022 (zuerst 1947) [5] Irenäus Eibl-Eibesfeld, Die Biologie des menschlichen Verhaltens. Grundriß der Humanethologie. München 1984 [6] Isaiah Berlin, Three Critics of the Enlightenment: Vico, Hamann, Herder. London 2013 [7] Host Stuke, Aufklärung. In: Geschichtliche Grundbegriffe, Band I (A-C), pp. 243-342. Hrsg. Brunner, Conze, Koselleck. 4. Aufl., Stuttgart 1994 [8] Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft. Hamburg 2009 [9] M. Crok und A. May (Hrsg.), The frozen climate views of the IPCCC. Amsterdam 2023. [10] Panajotis Kondylis, Der Niedergang der bürgerlichen Denk- und Lebensform. Weinheim 1991 [11] Joel Kotkin, The coming of neo feudalism, New York 2020 [12] Johannes Weiß, Vernunft und Vernichtung: Zur Philosophie und Soziologie der Moderne. Opladen 1993 [13] Ernst Käsemann, An die Römer. Tübingen 1973 (p. 25) | Jobst Landgrebe | Auch die aktuellen Vorgänge in den USA sind Teil eines tieferliegenden und langfristigen Prozesses: Die neuen Macht-Eliten des Westens verabschieden sich spürbar von dessen Grundlagen. Aberglaube und Ideologie werden mächtiger. Kann es zu einer kulturellen Erholung kommen? | article | 23.07.2024 06:06 | https://www.achgut.com/artikel/die_entmachtung_der_aufklaerung/P21#comment_entries |
Irvings Auferstehung | Die Ikone aller Holocaustleugner ist wieder da. David Irving hat seinen mehr als einjährigen Aufenthalt in einem österreichischen Knast gut überstanden. Und macht heiter weiter. Was wäre, wenn jemand ihn einen Antisemiten nennen würde? Wäre er beleidigt und würde klagen? Und hätte er vor einem deutschen Gericht eine Chance, Recht zu bekommen? Vielleicht vor dem LG Frankfurt, das besonders enge Maßstäbe an den Begriff “Antisemitismus” anlegt? Er ist ja nicht der einzige, der behauptet, Juden seien an ihrem Unglück selber schuld. In an interview with The Guardian, Irving said that his beliefs regarding the Holocaust had not changed at all, and that they had crystallised over the years. In the books he plans to publish, Irving blames Jews for the “events”, as he called them, in which millions perished. In the interview the discredited historian said that Jews were responsible for what happened in World War II and blamed the “Jewish problem” for most of this century’s wars. “The Jews are the architects of their own misfortune,” he said.
http://www.ajn.com.au/news/news.asp?pgID=4193
http://www.guardian.co.uk/farright/story/0,,2179842,00.html | Henryk M. Broder | article | 05.10.2007 14:35 | https://www.achgut.com/artikel/irvings_auferstehung |
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Ein Stimme der Vernunft | Das absehbare Scheitern ihrer Klimaschutz-Pläne beim G-8-Gipfel ist nicht die erste Pleite, die Kanzlerin Merkel in ihrer Eigenschaft als weltpolitische Visionärin erlebt. Auch von ihrer vor Monaten emphatisch eingeläuteten Nahost-Initiative ist nichts übrig geblieben. In Zukunft sollte sie die Fallstricke des deutschen Idealismus meiden. Angela Merkels Versuch, die Teilnehmer des G-8-Gipfels auf das Klimaschutz-Ziel von nur zwei Grad Erderwärmung bis 2050 einzuschwören, ist offensichtlich schon im Vorfeld gescheitert. Der US- Klimachutzbeauftragte James Connaughton sprach deutlich aus, was keineswegs nur für die Bush-Regierung, sondern auch für die meisten anderen beteiligten Regierungen feststeht: „Das Zwei-Grad-Ziel ist eines, das die Europäische Union sich vorgenommen hat, aber es ist keines, das irgend ein anderes Land bereit ist zu übernehmen.“ [...] Noch hat die offensichtliche Fallhöhe zwischen emphatischen Ansprüchen und bescheidenen Ergebnissen das außenpolitische Ansehen der Lichtgestalt Angela Merkel nicht beschädigt. Nach dem G-8-Gipfel und dem Platzen der klimapolitischen und manch anderer (vielleicht der afrikapolitischen?) idealistischen Seifenblase könnte das schon anders aussehen. Die Kanzlerin sollte daraus rechtzeitig ihre Lehren ziehen. Wir brauchen und schätzen Angela Merkel als umsichtige und pragmatische, gleichwohl von klaren Wertüberzeugungen geleitetete Realpolitikerin. Als Prophetin einer lichten Menschheitszukunft und Visionärin einer harmonisierten Welt made in Germany ist sie aber eine Fehlbesetzung.
http://debatte.welt.de/kommentare/23596/als+prophetin+einer+harmonisierten+welt+ist+angela+merkel+eine+fehlbesetzung | Benny Peiser | article | 30.05.2007 16:35 | https://www.achgut.com/artikel/ein_stimme_der_vernunft |
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Kulturschaffende beklagen „Kultur der Zensur“ | Acht von zehn Beschäftigen in der britischen Kunst- und Kulturbranche sind der Meinung, dass das Äußern von kontroversen Meinungen zu beruflicher Ächtung und Mobbing führen kann. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Umfrage der Publikation „ArtsProfessionals“ unter 500 Kulturschaffenden. Als Beispiele für kontroverse Meinungen nannten die Befragten u.a. die Unterstützung von „rechten“ Ideologien, konservativen Parteien und dem Brexit. Auch Diskussionen rund um Religion, Sexualität und Gender-Fragen seien ein „Minenfeld“. Nur 40 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass Kollegen ihren persönlichen Meinungen mit Respekt begegnen und nur 42 Prozent meinten, dass sie frei seien, offen über die Probleme der Branche zu sprechen. Jeder sechste Befragte gab an, schon einmal Geld angeboten bekommen zu haben, um eine Geheimhaltungsvereinbarung zu unterzeichnen. Fast 70 Prozent sagten, dass sie einen Geldgeber nicht kritisieren würden, um künftige Investitionen nicht zu gefährden, und 40 Prozent gaben an, dass Geldgeber sie aufgrund von Meinungsäußerungen unter Druck gesetzt hatten. Zwei Drittel waren allerdings der Meinung, dass der Druck, sich mit Meinungsäußerungen zurückzuhalten, primär von Kollegen ausgeht. | News-Redaktion | Acht von zehn Beschäftigen in der britischen Kunst- und Kulturbranche sind laut einer aktuellen Umfrage der Meinung, dass das Äußern von kontroversen Meinungen zu beruflicher Ächtung und Mobbing führen kann. Als Beispiele für kontroverse Meinungen nannten die Befragten u.a. die Unterstützung von „rechten“ Ideologien, konservativen Parteien und dem Brexit. | article | 25.02.2020 14:30 | https://www.achgut.com//artikel/kulturschaffende_beklagen_kultur_der_zensur |
Kanadas Premierminister Trudeau kündigt Rücktritt an | Der wegen schlechter Umfragewerte und interner und externer Kritik schon länger unter Druck stehende kanadische Premierminister Justin Trudeau tritt zurück.
Er wolle sich von seinen Ämtern als Vorsitzender der Liberalen Partei sowie als Regierungschef zurückziehen, sobald seine Partei einen neuen Chef gewählt habe, kündigte Trudeau am Montag in Ottawa an. Der Rücktritt war schon vorher erwartet worden.
„Dieses Land verdient eine echte Wahl“, so der Premier weiter. Wenn er „interne Kämpfe“ auszutragen habe, könne er nicht die beste Option für Kanadier an der Wahlurne sein. Das Parlament sei „seit Monaten gelähmt“, fügte Trudeau hinzu und bezog sich auf die Aufkündigung der Tolerirung seiner Minderheitsregierung durch die linke New Democratic Party. Deshalb brauche es eine Erneuerung. Die Sitzungen des Unterhauses würden folglich bis zum 24. März vertagt, kündigte er an.
Trudeau war seit 2015 Regierungschef in Kanada. Zuletzt waren seine Popularität und der Rückhalt auch in seinen eigenen Reihen zurückgegangen, sodass es von mehreren Abgeordneten Rücktrittsforderungen gegeben hatte. Während seiner Regierungszeit führte Trudeau eine bewusst „progressive“ oder auch woke Politik durch, mit Canabis-Legalisierung, Einschränkung der Meinungsfreiheit, erleichterter Einwanderung aus der Dritten Welt, gender mainstreaming und Fokus auf sogenannte Minderheiten. Mit dem Fall Trudeaus geht der letzte der einst von den Medien hochgelobten young progressive global leaders. (Quelle: Dts-Nachrichten) | News-Redaktion | Der wegen schlechter Umfragewerte und interner und externer Kritik schon länger unter Druck stehende kanadische Premierminister Justin Trudeau tritt zurück. | article | 07.01.2025 06:30 | https://www.achgut.com/artikel/kanadas_premierminister_trudeau_kuendigt_ruecktritt_an |
“Ahmadinejad may be crazy, but he is no fool” | Ein Irrer hält die Welt zum Narren. Und die Welt läßt sich am Nasenring vorfühen. Iran’s Friendly Audience
http://www.frontpagemag.com/Articles/Read.aspx?GUID=849AE9F4-D8DB-48C6-81C9-D80F4FDF8A22 Normal Craziness
http://www.timesonline.co.uk/tol/comment/leading_article/article2532421.ece “In the end, who was the winner?”
http://www.nytimes.com/2007/09/26/world/middleeast/26iran.html?ex=1191470400&en=e74b9671ca7c57db&ei=5070&emc=eta1 Columbia: Same Idiots, Useful as Ever
http://www.townhall.com/columnists/MaryKatharineHam/2007/09/25/columbia_same_idiots,_useful_as_ever Mahmoudapalooza: The Good, the Bad and the Craven
http://www.townhall.com/columnists/MichelleMalkin/2007/09/26/mahmoudapalooza_the_good,_the_bad_and_the_craven Columbia’s Arrogant, Ignorant Decision
http://www.townhall.com/columnists/BenShapiro/2007/09/26/columbias_arrogant,_ignorant_decision Mr Bollinger’s devastating mistake
http://michelgurfinkiel.com/articles/139-Columbia-Mr-Bollingers-devastating-mistake.html Und so sieht es die staatliche iranische Presseagentur:
President Ahmadinejad meets Jewish rabbis in New York
http://www2.irna.ir/fa/news/view/line-24/0709252042114806.htm
Ahmadinejad urges Western media not to tell lies about Iran
http://www2.irna.ir/fa/news/view/line-24/0709256378132749.htm
IRI President addresses students at Colombia University
http://www2.irna.ir/fa/news/view/line-24/0709256050022719.htm | Henryk M. Broder | article | 26.09.2007 18:47 | https://www.achgut.com//artikel/ahmadinejad_may_be_crazy_but_he_is_no_fool |
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Der Generalverdächtiger: Mein Name ist Maas, Heiko Maas | „Die feige Tat von Vorra ist ein Anschlag auf die gesamte Zivilgesellschaft. Diese Taten sind abscheulich. Ausländerfeindlichkeit darf bei uns keinen Platz haben“. Der Mann, der diese Sätze im Dezember 2014 der Welt via Facebook mitteilte, wusste offenbar schon genau, wer den Brand in einem Haus gelegt hatte, in dem kurz darauf Asylbewerber einziehen sollten. Ein an die Wand gesprühtes Hakenkreuz, versehen mit den Worten „Kein Asylat in Vorra“, reichte ihm als hinreichendes Indiz, um die Tätergruppe klar zu erkennen. Dass der Brandstifter nicht einmal fehlerfrei „Asylant“ schreiben konnte, machte ihn nicht stutzig, schließlich weiß man ja, wie dumm Neonazis so sind. Der zitierte Facebook-Autor bewegte sich inmitten eines Gleichklanges mit Kollegen und Medien. Dass eine lautstarke falsche Vorverurteilung in einem Rechtsstaat kein guter Stil ist, dass muss nicht jeder wissen, der in sozialen Netzwerken als Erster seine gute Gesinnung zeigen möchte. Sollte er allerdings, wie der eingangs zitierte Mann, Heiko Maas heißen und als Bundesjustizminister für das Rechtswesen zuständig sein, ist eine Schuldzuschreibung ohne genauere Sachkenntnis schon problematisch. Aber es gab ja kein Problem, denn daran, dass heimische Rechtsextremisten das Feuer gelegt hätten, äußerte ja niemand laute Zweifel. Ärgerlich ist nun nur, dass die Polizei nach eineinhalb Jahren dann doch die richtigen Brandstifter ermittelt hat und den urteilsschnellen Justizminister damit nun etwas blamiert dastehen lässt. Bei den Brandstiftern handelte es sich nämlich um kosovarische Bauunternehmer, die zwar mit dem Asylbewerberheim Geld verdienen wollten, allerdings keine Lust auf die Beseitigung von gravierenden Baumängeln hatten. Ein von Rechtsextremisten gelegter Brand hätte das Problem lösen können und wenn die Neonazis partout nicht zündeln wollten, dann mussten die beiden Kosovaren das halt selbst in die Hand nehmen. Ausländerfeindlichkeit war dabei eindeutig nicht ihr Motiv. Auch einen „Anschlag auf die gesamte Zivilgesellschaft“, wie ihnen der Justizminister fälschlicherweise unterstellte, hatten die Zuwanderer vom Balkan nicht im Sinn. Müsste er sich nicht wegen der überzogenen Anschuldigungen jetzt bei ihnen entschuldigen? Von Heiko Maas ist nicht bekannt, dass er sich zu seinem kleinen Irrtum schon geäußert hätte. Der Glaubwürdigkeit des Protests gegen wirkliche rechtsextreme Übergriffe hat er jedenfalls wiederholt geschadet. Aber es ist ja nicht der einzige Schaden, den der Minister, der sich lieber um die Gesinnung als um die Justiz kümmert, in seiner Amtszeit angerichtet hat. Zuerst erschienen auf Peter Grimms Blog Sichtplatz hier. | Peter Grimm | „Die feige Tat von Vorra ist ein Anschlag auf die gesamte Zivilgesellschaft. Diese Taten sind abscheulich. Ausländerfeindlichkeit darf bei uns keinen Platz haben“, schrieb Heiko Maas zu einer Brandstiftung. Ärgerlich ist nun nur, dass die Polizei die richtigen Brandstifter ermittelt hat. | article | 27.06.2016 06:00 | https://www.achgut.com//artikel/generalverdaechtiger_schon_wieder_maas |
Die Selbstaufgabe der FDP | Ich erinnere mich noch gut, als Christian Lindner nach Tagen zäher Verhandlungen im November 2017 vor die Presse trat und verkündete, dass es besser sei, „nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“ und damit der ersten Jamaika-Koalition auf Bundesebene eine Absage erteilte. Nicht Wenige warfen ihm damals vor, unmutig agiert zu haben. Die damalige Verhandlungsführerin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, sagte, die FDP hätte sich nicht für die gemeinsame Verantwortung entschieden. Am Ende gab es, unter heftigem Zähneknirschen vieler SPD-Mitglieder, eine Neuauflage der Großen Koalition. Entgegen vieler anderer Stimmen äußerte ich mich damals positiv zur Entscheidung der FDP. Das mag nicht zuletzt auch daran liegen, dass eine Koalition zwischen Grünen, FDP und CDU – anders, als es bei vielen Journalisten-Kollegen der Fall ist – nicht zu meinen feuchten Polit-Träumen gehört. Für mich war die Absage an eine Koalition mit den Grünen alles andere als unmutig. Sie war notwendig. Wirft man Politikern und Parteien oft genug vor, es würde ihnen nur um Macht gehen, belegte die FDP mit ihrer Entscheidung, nicht zu regieren, doch ausnahmsweise das Gegenteil. Man hatte aus dem Rauswurf aus dem Bundestag 2013 gelernt. Damals hatte man sich von der unter Merkel zur sozialdemokratisch entwickelten CDU marginalisieren lassen. Eine Koalition mit eben dieser sozialdemokratischen CDU und den Öko-Sozialisten hätte auch noch das letzte bisschen Liberalismus aus der FDP geprügelt. Abgesehen davon träumen von solchen Koalitionen ohnehin nur diejenigen, die grundsätzlich keine Ahnung von den großen politischen Ideenschulen haben und deshalb nicht verstehen, weshalb Liberalismus und grüner Öko-Sozialismus nie auf einen Nenner kommen werden. Es sind jene, die deshalb glauben, man könne sich vom bunten Polit-Buffet hier und da die Rosinen herauspicken. Ein bisschen Umwelt ist schön. Grüne wählt man für’s Gewissen. Und die FDP und CDU sollen mit ihrer Realpolitik dafür sorgen, dass wir zumindest am Ende nicht alle auf Eseln reiten. Aber so funktioniert das nicht. Man kann nicht einerseits fordern, dass Parteien ihr Profil wieder schärfen und sich andererseits für Koalitionen aussprechen, die nur dann funktionieren, wenn keine Partei noch irgendwelche Prinzipien verteidigt. Dass die FDP zumindest damals noch so etwas wie Überzeugungen hatte, lässt sich ja eben genau daran erkennen, dass man sich nicht auf diese Koalition eingelassen hat. Es war das letzte Mal, dass ich Hoffnung in die FDP gesetzt habe. Eigentlich hatte ich sie schon 2016 verloren. Als man zwar gute Ideen bezüglich einer Trennung von Einwanderung und Asyl vorlegte, aber irgendwie der Biss fehlte, sich auch wirklich damit Gehör zu verschaffen. Als man immer wieder zu Themen wie Asyl und Islam schwieg, als man hätte für meinen Geschmack laut sein müssen. In der Opposition ist das freilich nicht immer einfach. Angesichts einer linksgrün dominierten Medienlandschaft, die lieber ein drittes Mal Robert Habeck in eine Talkshow einlädt als einmal Christian Lindner, sowieso. Das Problem besteht für die AfD allerdings in noch größerem Ausmaß. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass den Wählern der AfD auffällt, wenn sie zu gewissen Themen nicht gehört wird und die AfD es versteht, ihre Positionen dann anderweitig an die eigene Klientel zu bringen. Die FDP ist hingegen an einem Punkt der Selbstmarginalisierung angelangt, an dem es dem Wähler nicht einmal mehr auffällt, wenn man zu gewissen Themen nichts von ihr hört. Seit Jahren versäumt man es, sein Angebot lautstark zu formulieren. Im Endergebnis sinkt die Nachfrage nach einer liberalen Kraft in der deutschen Politiklandschaft. Das belegen nicht zuletzt die aktuellen Zahlen aus NRW. Ja, wenn man einmal eine Weile die Stories auf Christian Lindners Instagram verfolgt, hat man schon arge Probleme, nicht einzuschlafen. Das ist gerade angesichts der Tatsache, dass wir in Deutschland akut einen Haufen Baustellen haben, bei denen eine klare liberale Position dringend erforderlich wäre, schon ein Armutszeugnis. Schlimmer noch: Es ist Arbeitsverweigerung und völlige Selbstaufgabe. Ja, alles an dieser Partei wirkt mittlerweile lieb- und kraftlos. Mit #GermanMut wollte man einst punkten. Spätestens nach der Landtagswahl in Thüringen muss auch dem Letzten klar geworden sein, dass von dieser Partei alles, aber kein Mut zu erwarten ist. Aus „besser nicht regieren, als falsch regieren“ hätte in Thüringen „lieber regieren, als die Falschen regieren zu lassen“ werden sollen. Man hätte es durchziehen müssen. Gegen den Druck von Links und deren Wählerklientel, die einen sowieso nicht wählt. Man stand schon auf dem 10-Meter-Brett, bereit zu springen, und machte dann doch in letzter Sekunde einen feigen Rückzieher. Was folgte, war ein unwürdiges Entschuldigungs-Spektakel von Christian Lindner und die verpasste Chance, erstmalig einen liberalen Ministerpräsidenten zu stellen. Bis heute begreift die FDP nicht, dass der Kampf gegen die AfD nicht mit substanzloser, hysterischer Abgrenzung funktioniert, sondern mit guter Politik. Dass das eigene verlorene Wählerpotenzial nicht bei den Grünen oder den Linken liegt, sondern vor allem bei der AfD, und dass man diese Menschen nicht zurückgewinnt, indem man sie verteufelt, sondern indem man ihnen ein gutes Alternativangebot liefert und dieses vor allem auch mit Leidenschaft und Biss formuliert. Indem man zeigt, dass es auch weniger populistisch, aber durchaus kritisch geht. Stattdessen ist die FDP zum Inbegriff dessen geworden, was sich am ehesten mit „Liberal, scheiß egal“ umschreiben lässt. Wer glaubt, er könne angesichts brennender Flüchtlingscamps in Griechenland und eines bevorstehenden Wirtschaftseinbruches durch die Corona-Maßnahmen Wähler mit der Abschaffung des Soli und freiem W-Lan in Schwimmbädern gewinnen, der braucht sich am Ende nicht wundern, wenn sich immer mehr von ihnen fragen, wofür es eigentlich noch die FDP braucht, wenn die Probleme, die einem selbst als dringlich erscheinen, aus purer Angsthasenmentalität seit Jahren gar nicht oder allenfalls nur halbherzig besetzt werden. Knappe vier Minuten widmete Christian Lindner dem Thema Moria, als er zuletzt vor die Presse trat. Deutschland hätte eine humanitäre Verantwortung, sagt er. Es ginge vor allem um die Aufnahme von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen. Einen nationalen Alleingang dürfe es von Deutschland, anders als 2015, jedoch nicht geben. Vielmehr bräuchte es eine europäische Lösung, so Lindner, und man möchte ihn augenblicklich schütteln und fragen, wer mit diesen Plattitüden aus 2015/16 im Jahre 2020 noch etwas anfangen soll? Die ehemaligen FDP-Wähler, die als Unternehmer angesichts der Zuwanderung aus mehrheitlich islamischen Ländern und einer Rekordsteuerbelastung das Land in Scharen verlassen? Haben wir angesichts einer derart raschen Abwanderung von Nettosteuerzahlern und einer unkontrollierten Zuwanderung von mehrheitlich Transferleistungsempfängern wirklich noch die Zeit für Floskeln, die schon vor fünf Jahren die politische Debatte um Asyl und Zuwanderung bestimmten? Hat der FDP-Vorsitzende zudem verpasst, dass es bereits eine europäische Lösung gibt? Die überwiegende Mehrheit der EU-Länder möchte keine weiteren Migranten aufnehmen. Auch nicht jene Länder wie Österreich und Dänemark, die sich vor Kurzem noch an der Aufnahme beteiligten. Athen fürchtet bei einer Umverteilung gar, dass es zu einer Kettenreaktion kommt und reihenweise Camps angezündet werden, um sich so seine Eintrittskarte nach Deutschland zu verschaffen. Die Bundesrepublik steht isoliert da, und noch immer erzählt man von einer europäischen Lösung, weil man zu borniert ist, zu erkennen, dass die Lösung darin besteht, den deutschen Weg abzulehnen. Das Ganze hat etwas von den üblichen Gesprächen über Asyl mit dem Durchschnittsbürger, der stets mit hundertprozentiger Sicherheit nach einiger Zeit Weisheiten wie „Wer Straftaten begeht, muss ausgewiesen werden“ von sich gibt, woraufhin alle in der Runde nicken. Das Gleiche gilt für Talkshow-Debatten, in denen zum 5367. Mal irgendein Politiker sagt, dass, wer bleiben will, sich an unsere Werte anzupassen und zu integrieren hat. Dass weder Straftäter seit Anbeginn der Zuwanderung über das Asylrecht nach Deutschland automatisch ausgewiesen werden noch Menschen, die sich „nicht an unsere Werte anpassen“, spielt dabei keine Rolle. Was zählt, ist allein die hohle Geste der Aussage. Als würde man jemandem auf die Schulter klopfen, weil er sagt „Wer im Supermarkt ein paar Tomaten mitnimmt, sollte diese bezahlen“, während man den, der sich traut, die Frage in den Raum zu werfen, warum dennoch immer mehr Kunden ohne Konsequenzen Tomaten mitnehmen, ohne zu bezahlen und wann man gedenkt, endlich etwas dagegen zu tun, als Hetzer verunglimpft. Es müssten eigentlich goldene Zeiten für den Liberalismus sein. Selten gab es so viele Themen und damit einhergehende politische Entscheidungen, die dem so zuwiderlaufen, wie es aktuell der Fall ist. Sie aufzuzeigen und liberale Alternativen zu formulieren, würde einen, wenn nicht sogar den essenziellen Beitrag liefern, um den Menschen wieder in Erinnerung zu rufen, was die großen Vorteile des Liberalismus sind. Warum der Liberalismus sich als Erfolgsmodell für Frieden und Wohlstand einst gegen andere Gesellschaftsmodelle durchsetzte. Warum wir den Meinungspluralismus der durch die political correctness verursachten Meinungskonformität vorziehen – auch und gerade wenn es um Meinungen geht, die uns selbst zuwider sind. Warum ein Mietendeckel wie in Berlin eine Scheißidee ist. Genauso wie Steuererhöhungen in Krisenzeiten, wenn man ohnehin schon die höchste Steuer- und Abgabenlast weltweit hat. Statt sich dem Islam in Deutschland anzubiedern, wäre es unbedingt wichtig, zu erkennen, dass der strenge Islam der direkte Antagonist der eigenen Ideenschule ist. Dass, wer für Meinungspluralismus, Religionsfreiheit, Gleichberechtigung und Toleranz gegenüber Minderheiten und marktwirtschaftlichen Leistungsgedanken ist, für das selbstverantwortliche Individuum, für Fortschritt und Wohlstand, unmöglich eine Religion hofieren kann, die in all diesen Punkten das exakte Gegenteil darstellt. Und dass man in diesem Sinne auch keine völlig unkontrollierte Zuwanderung aus eben diesen Ländern befürworten oder dem Ganzen zumindest gleichgültig gegenüberstehen kann. Liberal bedeutet im eigentlichen Sinne eben nicht scheißegal. Der Liberalismus muss wehrhaft sein. Vor allem gegenüber jenen, die seine Freiheiten ausnutzen, um ihn abzuschaffen. Wer Kant verstanden hat, weiß um die Intelligenz und Schönheit des liberalen Freiheitsbegriffes. Wer einmal Milton Friedman gelauscht hat, wenn er anhand eines Bleistiftes die Vorteile des freien Marktes erklärt, realisiert, auf welche geniale Art und Weise die „unsichtbare Hand“ Adam Smiths funktioniert. Und wer einmal Hayeks Dekonstruktion des Begriffes der „sozialen Gerechtigkeit“ gelesen hat, ist sich bewusst, dass nicht alles, was sich gut anhört, auch automatisch zu positiven Effekten führt. Die staatsgläubige Bevölkerung der Bundesrepublik hatte nie sonderlich viel für den Liberalismus, der ihr all den Wohlstand und Frieden erst ermöglicht hat, übrig. In Zeiten, in denen sich der Totalitarismus in Form von political correctness, Open-Border-Ideologie und Öko-Diktatur jedoch wieder Bahn bricht und eine wachsende Klientel nur noch „Ansprüche“ ohne die Bereitschaft zur Gegenleistung an den Staat formuliert, ist das Bedürfnis nach einer starken liberalen Kraft bei der noch an die Leistungsgesellschaft glaubenden Mittelschicht umso größer. Nie haben sich so viele Menschen in Deutschland ihrer politischen Heimat beraubt gefühlt. Nie war es so einfach, mit den richtigen Themen, Wähler zu gewinnen. 78 Prozent der Deutschen sind mittlerweile der Meinung, man könne seine Meinung zu bestimmten Themen nicht oder nur noch mit Vorsicht äußern. Ist das kein Thema für eine liberale Partei? Die FDP wird sich bald entscheiden müssen, ob sie den Weg ins politische Nirwana geht oder doch ihren Mut wiederentdeckt. Mit sozialliberalem Wischiwaschi funktioniert es nicht. Ob man für etwas anderes allerdings das richtige Personal hat, bleibt fraglich. | Anabel Schunke | Nie haben sich so viele Menschen in Deutschland ihrer politischen Heimat beraubt gefühlt. Nie war es so einfach, mit den richtigen Themen, Wähler zu gewinnen. 78 Prozent der Deutschen sind mittlerweile der Meinung, man könne seine Meinung zu bestimmten Themen nicht oder nur noch mit Vorsicht äußern. Ist das kein Thema für eine liberale Partei? | article | 17.09.2020 06:00 | https://www.achgut.com/artikel/die_selbstaufgabe_der_fdp/P140#comment_entries |
Das ist ja irre! (11) Unter Queeren | „CDU ist scheiße“, erwidert eine queere Zuhörerin of Colour. Für sie seien aber nicht das Regierungssystem oder Parteien wichtig, sondern der Rassismus in der queeren Szene von unten – ganz besonders in Berlin. „Egal ob wir ins Schwuz gehen oder anderswo, immer erlebe ich Rassismus“, sagt sie. Auch auf Dating-Plattformen würden People of Colour regelmäßig rassistisch angemacht. Eine andere Betroffene im Publikum berichtet über einen „Zirkel älterer Lesben“, die „krasse rassistische Denkweisen“ pflegten. Die Beispiele werden immer mehr, je länger die Diskussion geht. Mehr | Henryk M. Broder | article | 29.10.2015 19:31 | https://www.achgut.com//artikel/das_ist_ja_irre_11_unter_queeren |
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Es wird Zeit für Achgut TV | Nokia’s latest study, ‘A Glimpse of the Next Episode’, predicts that within five years a quarter of all entertainment will be created, edited and shared within peer groups rather than coming out of traditional media groups. Trend-setting consumers from 17 countries were asked about their digital behaviors and lifestyles. Nokia also used information gathered from its 900 million customers and views of leading industry figures to reach the conclusion that you will control 25% of the world’s entertainment by 2012. “From our research we predict that up to a quarter of the entertainment being consumed in five years will be what we call ‘Circular’. The trends we are seeing show us that people will have a genuine desire not only to create and share their own content, but also to remix it, mash it up and pass it on within their peer groups - a form of collaborative social media,” said Mark Selby, Vice President, Multimedia, Nokia. | Benny Peiser | article | 12.03.2008 16:02 | https://www.achgut.com//artikel/es_wird_zeit_fuer_achgut_tv |
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Kleine Fortbildung für Versuchs-Kaninchen | Es hat ja inzwischen die Runde gemacht, wie es in Olaf Scholz so zum Thema Impfung denkt. Er sagte in einem Interview der NRW-Lokalradios: „50 Millionen sind jetzt zweimal geimpft. Wir waren ja alle die Versuchskaninchen für diejenigen, die bisher abgewartet haben. Deshalb sage ich als einer dieser 50 Millionen – es ist gut gegangen! Bitte macht mit“. Deshalb liegt es auf der Hand, einmal nachzuschauen, wie Deutschland unter besonderer Berücksichtigung von SPD und Grünen in Sachen Tierversuche sonst so tickt. Auf der Seite Sozis für Tiere legt Olaf Scholz seine diesbezügliche Haltung dar, die Versuchskaninchen dürfen demnach aufatmen, besonders wenn sie in der Landwirtschaft beschäftigt sind. Auch für Schulkinder besteht Hoffnung, denn der Tierschutz soll "eine stärkere Rolle in Aus-, Fort- und Weiterbildung" spielen. Hier das vollständige Zitat: „Wir müssen mit Tieren verantwortungsvoll umgehen. Das bedeutet konkret eine artgerechte Haltung und Schutz vor vermeidbarem Leid. Tierversuche sind auf ein nötiges Minimum zu beschränken, Tierquälerei gehört geächtet und verboten. Die Verankerung des Tierschutzes in unserem Grundgesetz seit 2002 macht ihn zu einer wichtigen Grundlage für das gemeinsame Zusammenleben aller Lebewesen in unserem Land. Der wichtigste Bereich, in dem wir dringend für mehr Tierschutz sorgen müssen, ist die Landwirtschaft. Die Einführung des Tierwohllabels haben wir in der SPD lange gefordert. Es wird jetzt endlich eingeführt. Tierschutz bedeutet für uns auch, dass wir insgesamt ein stärkeres tierschutzpolitisches Bewusstsein in unserer Gesellschaft brauchen. Tierschutz muss deshalb eine stärkere Rolle in Aus-, Fort- und Weiterbildung spielen. Und wir müssen den Rückgang der biologischen Vielfalt endlich stoppen. Mit dem Bundesprogramm Biologische Vielfalt, dem Aktionsprogramm Insektenschutz und der Verschärfung der Düngeverordnung sind uns hier bereits wichtige Schritte gelungen. Wir wollen weiter daran arbeiten.“ Und hier noch zur Begriffserläuterung ein entsprechende Beitrag aus Wikipedia: „Tierversuche sind wissenschaftliche Experimente an oder mit lebenden Tieren. Man spricht auch von Versuchstieren. Ziele von Tierversuchen sind Erkenntnisgewinn in der Grundlagenforschung sowie die Entwicklung und Erprobung neuer medizinischer Therapiemöglichkeiten. Die Forschung mit Versuchstieren wird in Universitäten und Forschungseinrichtungen, Pharmaunternehmen und Dienstleistungsunternehmen durchgeführt. Die meisten Tiere werden eigens für Forschungszwecke gezüchtet, nur sehr wenige werden dafür gefangen. Schätzungen zufolge wurden im Jahr 2005 weltweit zwischen 58 und 115 Millionen Wirbeltiere – vor allem Zuchtformen der Hausmäuse und Wanderratten, aber auch Hamster, Meerschweinchen, Kaninchen, Frettchen, Hunde und Primaten – für Tierversuche verwendet. Viele Versuchstiere sterben während der Experimente oder werden anschließend getötet. Die Aussagekraft von Tierversuchen ist belegt, ihre ethische Vertretbarkeit ist umstritten...“ Nach Wikipedia wurde mit dem Veterinär Lothar Wieler als Chef des Robert-Koch-Institutes eine geradezu prophetische Wahl getroffen: „Nach dem Tierschutzgesetz dürfen nur Personen mit entsprechender Qualifikation Versuche an Tieren durchführen. Dazu gehören das Studium der Veterinärmedizin oder eine vergleichbar qualifizierende naturwissenschaftliche Ausbildung (z.B. im Fach Humanmedizin, Biochemie, Biologie oder als entsprechende technische Assistenten) in Verbindung mit einer entsprechenden Weiterbildung (Sachkundenachweis).“ Auch die programmatischen Aussagen der Grünen lassen eine gewisse Vorhersehung erkennen. So heißt es auf gruene-bundestag.de unter anderem: „Im Tierschutzbericht der EU-Kommission wird die gestiegene Verwendung von gentechnisch veränderten Mäusen in der Grundlagenforschung direkt mit einer Zunahme von Studien verknüpft, bei denen immer mehr Versuchsreihen an Mäusen mit unterschiedlichen Gen-Defekten durchgeführt werden. Der Ansatz läuft dann vermutlich nach dem Motto: „Wenn es diese ganzen verschiedenen Gentech-Mäusearten gibt, kann man diese bei neuen Untersuchungen ja auch gleich alle noch mal mit durchtesten“. Die meisten manipulierten Arten sind die „klassischen“ Versuchstiere wie Ratten und Mäuse, aber auch Nutztiere wie Rinder und Schweine bis hin zu Primaten geraten zunehmend in den Fokus“. Unter der Überschrift „Patentdruck als Motor für Tierversuche“ führen die Grünen aus: „Die Entwicklung bei den Patenten macht außerdem deutlich: Die Forschung mit und an gentechnisch veränderten Tieren ist ganz erheblich vom wirtschaftlichen Interesse der Patentverwertung angetrieben“. | Dirk Maxeiner | "Wir waren ja alle die Versuchskaninchen für diejenigen, die bisher abgewartet haben", sagt Olaf Scholz zur deutschen Impfkampagne. Höchste Zeit also, einmal nachzuforschen, wie die SPD so tickt in Sachen Tierversuche. | article | 05.09.2021 17:41 | https://www.achgut.com/artikel/kleine_fortbildung_fuer_versuchskaninchen |
Rohrkrepierer: Die Linke und die Brandstifter | Ein klassisches Eigentor auf dem politischen Parcours. In einer Deutlichkeit, wie es nur selten vorkommt. Ausgerechnet eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken an die Bundesregierung förderte in deren Antwort diese brisante Information zutage: Die Anzahl linksradikal motivierter Brandstiftungen in den Jahren 2018 und 2019 ist nach Erkenntnissen des Bundesinnenministeriums gut 18-mal so hoch wie diejenige der rechtsradikal motivierten Anschläge. Darüber hinaus gibt es auch häufiger Brandanschläge, die einer „ausländischen Ideologie“ (Islamismus) zuzuordnen sind als diejenigen der Rechten. Das Ministerium hat die Antwort bereits am 10. Februar der Linken-Fraktion vorab zugestellt. Das Interesse in der Öffentlichkeit seither: nahe Null. Keine Zeitungsmeldung (mit einer originellen Ausnahme, s.u.), keine Rundfunknachricht, Schweigen in den Online-Formaten. Ganz offenbar entspricht eine solche Nachricht nicht dem Beuteschema von Haltungs-Journalisten. Man stelle sich vor, das Ergebnis wäre umgekehrt ausgefallen. Es zeigt sich erneut: Interessant für die Redaktionen sind nicht etwa überraschende Neuigkeiten, solche, die eingefahrenen Meinungen, Vorurteilen widersprechen. Gefragt sind vielmehr Bestätigungen der verbreiteten Weltbilder. Dabei hatte es sich die Fraktion der Linken im Bundestag so schön ausgedacht. Sie überschrieb ihre Anfrage: „Fälle von Brandstiftung aus dem Bereich der Politisch motivierten Kriminalität-rechts in den Jahren 2018 und 2019“ (Zahlen für 2020 liegen noch nicht vor). Doch die Bundesregierung nahm sich die Freiheit, sämtliche nach ihren Erkenntnissen aus dem fraglichen Zeitraum politisch motivierte Brandstiftungen aufzulisten, und nicht nur die rechten. Heraus kam dieses Ergebnis: Gesamtzahl der Anschläge mit politischem Hintergrund: 378. Darunter „Links“: 308, „Rechts“: 17, „Ausländische Ideologie“: 20. Die Tendenz dieser Anteile ist nicht neu, aber die Linke hatte sich offenbar darauf verlassen, dass nur der kleine Ausschnitt unter den Brandanschlägen im Lande thematisiert würde, nämlich der vom rechten Lager ausgehenden. Jetzt, nach Vorlage der Antwort, mutet es umso peinlicher an, dass die Fraktion bei ihren Fragen nach Details sich lediglich für jene knapp viereinhalb Prozent interessierte. Die übrigen, über 95 Prozent der Taten, scheinen für sie uninteressant zu sein. Inwieweit Personen zu Schaden gekommen waren, interessierte die Abgeordneten ausschließlich bei rechten Anschlägen. Nach Folgen von Taten aus dem linken Lager zu fragen, wollte sie ihrer eigenen Klientel ganz offenbar nicht zumuten. Interessant wäre zu wissen, inwieweit die Antwort auf ihre Frage, wie viele Personen bei rechten Brandanschlägen verletzt wurden, bei den linken Abgeordneten ehrliche Erleichterung ausgelöst hat. Die Bundesregierung teilte ihnen nämlich mit: „Bei den zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 31. Dezember 2019 polizeilich erfassten und dem Bereich der PMK – rechts – zugeordneten Fällen von Brandstiftung wurden keine Opfer über den KPMD-PMK gemeldet“ (hinter dieser Abkürzung verbirgt sich keine neue kommunistische Sektierer-Partei, sondern der „Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“). Könnte ja sein, dass es manchen Bundesbürger auch interessiert hätte, ob es womöglich bei den gut 95 Prozent der Anschläge, die nicht von rechts ausgingen, Personenschaden gab. Doch so etwas hat nicht zu interessieren. Der Linken scheint das auf jeden Fall egal zu sein. Der Öffentlichkeit bis heute offensichtlich weitgehend auch. Ein denkbar selektives Erkenntnisinteresse. Es geht überhaupt nicht darum, rechte Gewalt in Abrede zu stellen, sie ist präsent, menschenfeindlich und sie hat Todesopfer gefordert (islamistische Terroranschläge übrigens auch, von der RAF wollen wir gar nicht reden). Und es ist absehbar, dass die Fraktion der Linken, nachdem sie sich erst einmal von dem Schock ihres spektakulären Eigentors erholt hat, die Zahlen anzweifeln wird, die Zuordnung von links, rechts und islamistisch deutlich geändert haben will und Einäugigkeit unterstellt. Diese Diskussion kann und muss geführt werden. Bis jetzt sieht es aber so aus, dass die Qualitätsmedien im Land auf das ziemlich eindeutige Ergebnis aus der Antwort der Bundesregierung erst bzw. nur dann aufzuspringen bereit sind, wenn die Zahlen eine andere Sprache sprechen. Ganz offensichtlich ist man ratlos, wie man mit dieser Nachricht umgehen soll. Ausgerechnet die linke Tageszeitung taz hat die Antwort der Bundesregierung thematisiert, und die Linken-Abgeordnete Martina Renner, die die Anfrage initiiert hatte, wird darin auch schon mal mit den Worten kritisiert, die Bundesregierung habe ein „Wahrnehmungsproblem“. Und die Linken-Fraktion? Stellt den taz-Artikel auf ihre Website und hüllt sich ansonsten lieber in Schweigen. Wie man das so macht, nach spektakulären Eigentoren. | Ulli Kulke | Ein klassisches Eigentor auf dem politischen Parcours: Ausgerechnet eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken an die Bundesregierung förderte in deren Antwort eine brisante Information zutage: Die Anzahl linksradikal motivierter Brandstiftungen in den Jahren 2018 und 2019 ist nach Erkenntnissen des Bundesinnenministeriums gut 18-mal so hoch wie diejenige der rechtsradikal motivierten Anschläge. Dazu ein großes Schweigen im Blätterwald. Man stelle sich vor, das Ergebnis wäre umgekehrt ausgefallen. | article | 02.03.2021 06:15 | https://www.achgut.com/artikel/rohrkrepierer_die_linke_und_die_brandstifter/P35#comment_entries |
Beruf: Helfer | Bei der sozialpädagogischen Familienhilfe handelt es sich um sogenannte „Hilfen zur Erziehung“ nach Paragraf 31 des Kinder-und Jugendhilfegesetzes. Eltern können Familienhilfe beim Jugendamt beantragen, darauf haben sie einen gesetzlichen Anspruch. Und das Jugendamt kann die Familienhilfe anordnen: Wenn Familien auffällig werden durch Polizeieinsätze oder durch Hinweise von Nachbarn, Schulen, Kindergärten und Ärzten. 408 Millionen Euro hat Berlin im vergangenen Jahr allein für „Hilfen zu Erziehung“ ausgegeben.
http://www.tagesspiegel.de/berlin/hilflose-helfer-wenn-politik-den-missstand-verwaltet/4527696.html?p4527696=2 | Fundstück | article | 24.08.2011 21:22 | https://www.achgut.com//artikel/beruf_helfer |
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Offener Brief an den General-Bundesanwalt Dr. Peter Frank zum Attentat von Hanau | Sehr geehrter Herr Generalbundesanwalt, sehr geehrter Herr Dr. Frank, neben den medialen und politischen Reaktionen auf das Attentat von Hanau waren es leider vor allem auch Ihre Einlassungen, die mich als Bürger, aber auch als psychiatrischer Praktiker und Wissenschaftler in tiefe Sorge versetzt haben. Ich sehe nämlich die Gefahr, dass eine bedeutsame zivilisatorische Errungenschaft großen Schaden nehmen könnte: Der § 20 StGB, der bekanntlich die Frage der Schuldunfähigkeit definiert. Erlauben Sie mir, auch wenn Ihnen der Inhalt natürlich geläufig ist, diesen Paragraphen kurz zu zitieren: „Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, (…) unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“ Dazu erlauben Sie mir bitte einige Fragen. 1. In ihrer Stellungnahme vom 20.02.2020 zu den Vorfällen in Hanau heißt es u.a.: „Es liegen gravierende Indizien für einen rassistischen Hintergrund der Tat vor.“ Finden Sie nicht auch, dass sich aus dem vom Täter verfassten umfangreichen Manifest vielmehr ganz vorrangig Indizien für eine (schwere) krankhafte seelische Störung ergeben? 2. Haben Sie bzw. Ihre Behörde vor der oben zitierten Stellungnahme bei der Analyse des Manifests fachpsychiatrische Kompetenz hinzugezogen? 3. Nach meiner fachpsychiatrischen Analyse des Täter-Manifests, die zweifellos – um es zurückhaltend zu formulieren – in den wesentlichen Zügen und Schlussfolgerungen von der großen Mehrheit des Faches geteilt werden würde, hat beim Täter ein psychiatrisches Syndrom aus einem schweren paranoiden Wahn mit zusätzlichen (wahnhaften) Größenideen, zumindest zeitweiligen akustischen Halluzinationen, sogenannten Ich-Störungen in Gestalt von Gedankenausbreitung, Gedankenentzug und Gedankeneingebung vorgelegen sowie eine Denkstörung in Form einer Denkzerfahrenheit. Sehen Sie oder ihre Behörde das ähnlich? Und falls nicht, warum nicht? 4. Gehen Sie oder ihre Behörde ebenfalls davon aus, dass der Täter zur Tatzeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit an einer paranoiden Schizophrenie erkrankt war? 5. Gehen Sie ebenfalls davon aus, dass, wäre der Täter noch am Leben, das Gericht deswegen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf Schuldunfähigkeit wegen einer schweren krankhaften seelischen Störung entscheiden würde? 6. Jetzt kommt eine ganz wichtige Frage: Ist Ihnen bekannt, dass aus einem Schriftstück, welches in einem psychischen Zustand wie oben geschildert verfasst wurde, das also durchgehend (u.a.) wahnhaft geprägt ist, so gut wie keinerlei Rückschlüsse auf die „eigentliche“, also nicht krankheitsbelastete oder krankheitsgeprägte Persönlichkeit, auf politische Einstellungen und Motive möglich sind? Um es noch einmal zu betonen: weil in diesem Manifest auch potenziell rassistische Äußerungen – bis zum Beweis des Gegenteils (s. Punkt 6) – entscheidend oder gar ausschließlich durch das wahnhafte Erleben bestimmt sind. 6. Vielleicht wies der Täter in gesunden Tagen tatsächlich eine fremdenfeindliche oder rassistische Gesinnung auf. Aber ist Ihnen bekannt, dass man valide Informationen über die „prämorbide“ Persönlichkeit des Täters, seine politischen Einstellungen und Motive allenfalls retrospektiv gewinnen kann durch eine umfassende biographische Ermittlung – also v.a. durch die Vernehmung von Zeugen, ergänzt durch die Analyse von Zeugnissen, medizinischen Behandlungsunterlagen etc. 7. Würden Sie auch die folgende Täterin als rassistisch oder fremdenfeindlich motiviert einschätzen? Eine 35-jährige Mutter von drei noch nicht schulpflichtigen Kindern erkrankt nach der Geburt des dritten Kindes an einer paranoiden Schizophrenie. Sie entwickelt dabei den Wahn, dass Muslime aus einer in der Nähe gelegenen Moschee ihre über alles geliebten Kinder entführen, foltern und bei lebendigem Leibe verbrennen wollen. Um ihnen das zu ersparen, erstickt sie alle drei Kinder. Falls Sie diese Täterin grundlegend anders beurteilen als den Hanau-Täter, warum? 8. Wie t-online.de am 21.02.2020 meldete, lag ihrer Behörde bereits im November 2019 eine offenbar nur leicht gekürzte Version des späteren Täter-Manifests vor. Warum hat ihre Behörde damals nicht den zuständigen Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamts informiert, etwa mit der Bitte, zu prüfen, ob der Verfasser bereits aktenkundig ist und ob der Dienst die Notwendigkeit für eine Einbestellung oder einen (angemeldeten) Hausbesuch sieht? Und, ob die Person vielleicht gar einen Waffenschein besitzt. 9. Aus Presseverlautbarungen geht hervor, dass bei der etwas kürzeren Version des Täter-Manifests, welches Ihrer Behörde bereits im vergangenen November vorlag, der auf eine vermeintlich rassistische Motivation weisende Teil angeblich nicht enthalten war. Deshalb sei ihre Behörde damals nicht tätig geworden. Damit nicht der Eindruck entsteht, es handele sich hier vorrangig um eine Schutzbehauptung, wäre es hilfreich, zu erfahren, welcher Teil des Manifestes Ihnen damals genau vorgelegen hat. Abschließend, sehr geehrter Herr Dr. Frank, erlauben Sie mir die Anmerkung, dass sicherlich auch Ihnen ja nicht entgangen sein dürfte, wie schwer es Medien und Politik derzeit fällt, bei einer solchen Tat wie der in Hanau, dem Schuldunfähigkeitsprinzip bzw. dem Schutz der darunter fallenden psychisch kranken Täter angemessen Rechnung zu tragen. Ich jedenfalls würde mich freuen, wenn Sie künftig auch dieses Prinzip etwas offensiver vertreten und verteidigen würden. Mit freundlichen Grüßen Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. W. Meins Dieser Brief wurde vom Autoren am Freitag, den 21. Februar 2020, an Generalbundesanwalt Dr. Frank [email protected] gesandt. Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Wolfgang Meins ist Neuropsychologe, Arzt für Psychiatrie und Neurologie und apl. Professor für Psychiatrie. In den letzten Jahren überwiegend tätig als gerichtlicher Sachverständiger im sozial- und zivilrechtlichen Bereich. Lesen Sie zum gleichen Thema: Der Täter von Hanau – eine Diagnose | Wolfgang Meins | Sehr geehrter Herr Generalbundesanwalt, sehr geehrter Herr Dr. Frank, neben den medialen und politischen Reaktionen auf das Attentat von Hanau waren es leider vor allem auch Ihre Einlassungen, die mich als Bürger, aber auch als psychiatrischer Praktiker und Wissenschaftler in tiefe Sorge versetzt haben. Ich sehe nämlich die Gefahr, dass eine bedeutsame zivilisatorische Errungenschaft großen Schaden nehmen könnte: Der § 20 StGB, der bekanntlich die Frage der Schuldunfähigkeit definiert. | article | 22.02.2020 06:20 | https://www.achgut.com/artikel/offener_brief_an_den_generalbundesanwalt_dr._peter_franke_zum_attentat_von_/P147#comment_entries |
Haltungslos | Muss man zu allem und jedem eine Meinung haben, eine Haltung einnehmen? Kann einem nicht mal etwas völlig wumpe sein? Selbst zu Hülsenfrüchten soll man sich heutzutage erklären. Es ist einer dieser Momente, in denen man sich fragt… Aber der Reihe nach: Wir sitzen gemütlich beisammen im Freundeskreis, bestimmt sechs Leute (ich zähle nur durch, solange ich die Befürchtung habe, keinen Sitzplatz zu bekommen), als Martin sagt, er würde auch mal wieder Linseneintopf essen. Damit hätte man es dann auch bewenden lassen können und außerdem ist es mir linseneintopfegal, was Martin gerne mal wieder essen würde. Und hätte Sabine jetzt einfach die Klappe gehalten, wären wir noch Freunde. Aber nein, Sabine meinte, Hülsenfrüchte seien ja allgemein sehr nahrhaft. Worauf der Schatz meinte, dass auch Nüsse sehr nahrhaft wären. Und dass sie gerne Nüsse isst. Und dann habe ich Depp gesagt, dass der Schatz vor allem dann gerne Nüsse isst, wenn sich eine Tafel Schokolade mit Rosinen drumherum befindet. Das hätte ich lieber bleiben lassen sollen, denn jetzt kicherte Sabine, dass der Schatz ja dann wohl keine Hülsenfrüchte möge, wenn keine Schokolade drumherum ist, ja hihi und haha. Bernd meinte, er esse gar keine Hülsenfrüchte, Schokolade hin oder her, und seine Frau, die dumme Gans, meinte, man wisse eh nicht, was in Schokolade so drin sei und Kakaobutter sei sowieso klimaschädlich, und dann ist mir rausgerutscht, dass ich mich fragen würde, ob sie alle, inklusive Schatz, einen am Helm hätten und gab damit indirekt zu verstehen, dass ich dieses Gespräch als Verschwendung meiner doch in meinem Alter limitierten Lebenszeit ansähe. Ja, ob ich denn keine Hülsenfrüchte mögen würde. Ehrlich gesagt, gehen mir Hülsenfrüchte, wenn nicht im, dann doch quer an Magen und dem dazugehörigen Anus vorbei. Ich saß noch nie in meinen Mußestunden da und fragte mich, welche Bedeutung Linsen, Erbsen, Erdnüsse und Bohnen für mich hätten. Ich weiß, dass Hülsenfrüchte dieses Jahr der heißeste Scheiß auf der Grünen Woche waren, was für mich einmal mehr ein Grund war, die Grüne Woche nicht zu besuchen, weil ich Hülsenfrüchte gähnend langweilig finde. So what? Ich habe nichts für und nichts gegen Hülsenfrüchte, wir akzeptieren uns gegenseitig in unseren Angewohnheiten, und damit können die Hülsenfrüchte und ich gut leben. Was also soll ich dazu sagen? Ich sagte: „Hülsenfrüchte sind mir egal.“ „Also magst du sie nicht!“, stellte Sabine fest. „Das habe ich nicht gesagt, ich sagte, sie sind mir egal“, korrigierte ich sie. „Aber du isst sie“, meinte Martin, der Hülsenfrüchtefreund. „Ja, ich esse sie. Wenn da ein großartiger Linseneintopf steht, der nicht unbedingt mit der Unsitte eines gezuckerten Suds gemacht ist, dann esse ich ihn“, bestätigte ich ihn. „Also magst du sie doch!“, triumphierte Sabine, und ich hatte das Gefühl, mit Vollidioten am Tisch zu sitzen, ohne eine Ahnung zu haben, wie ich in diese Kreise geraten war. Ich hatte jetzt gute Lust, die dumme Sabine zu filetieren, aber wir sind ja Freunde, da macht man das nicht. „Ja, ich mag Hülsenfrüchte“, sagte ich und wechselte das Thema: „Was sagt Ihr zum Ausgang der Berlin-Wahl?“ Aber nicht mit denen da am Tisch: „Magst du jetzt Hülsenfrüchte oder nicht? Lenk jetzt nicht vom Thema ab!“, nahm mich Bernd ins Kreuzverhör, und mir platzt der Kragen: „Ich habe keine Haltung zu Hülsenfrüchten jedweder Art, ich kenne mich mit Linsen, Erbsen, Bohnen, Erdnüssen, Kichererbsen und Platterbsen und ob ihre einzelnen Klappen der Perikarps auch als Valven bezeichnet werden, nicht aus. Und ob sie einen hohen Eiweißgehalt haben, ist mir ebenso latte wie ihr Geschmack. Es ist mir egal. Keine Haltung. Keine Meinung. Es gibt in keiner aller möglichen Kombinationen in diesem und anderen Paralleluniversen irgendeine Chance, dass ich zu Hülsenfrüchten irgendeine Meinung haben könnte. Der eine mag sie, der andere nicht, der eine isst sie, der andere nicht, beides halte ich in einer funktionierenden Demokratie für einen tolerablen und achtbaren Standpunkt, Hülsenfrüchte sind mir wirklich wirklich und ehrlich, ehrlich vollkommen gleichgültig. Wir führen eine Koexistenz der gegenseitigen Nichtbeachtung, mit der wir beide gut leben können, und selbst wenn Martin gerne in Linsen badet oder mit der Gabel Jagd auf die letzte Erbse unter der Prinzessin macht, so tangiert mich dies in keinerlei Weise. Ist das nun umfassend geklärt oder braucht Ihr einen Nachschlag?“ Schweigen. Langes Schweigen. Alle sahen mich entsetzt an. „Man muss aber doch einmal eine Haltung haben, eine Meinung…“, fand Sabine als erste die Sprache wieder. „Nein!“, blaffte ich sie an, „…muss man nicht! Man muss eben NICHT zu allem eine Haltung und eine Meinung haben! Nicht zu allem und erst recht nicht zu Hülsenfrüchten oder dem Ausgang der Berlin-Wahl oder zu Corona oder zum Ukraine-Krieg, nicht zum Gendern, nicht zu der verkniffenen, schwarzhaarigen Tusse der Berliner Grünen, nicht zu Inklusion, der Fußballnationalfrauschaft oder dem Steuersystem von Botswana. Dazu gibt es keine Pflicht. Haltungslosigkeit ist ein Menschenrecht, erst recht, wenn ich mir nie sicher sein kann, ob mir eine der Haltungsseiten gerade faustdicke Lügen auftischt oder ich keine Chance habe, auch eine andere Meinung zu hören!“ „Na, ja“, lenkt Martin ein, „aber es gibt schon Fälle, die unstrittig sind. Beispielsweise, dass es nur zwei Geschlechter gibt…“ „Das sehen andere Menschen aber anders, ebenso, wie es Leute gibt, die behaupten, die Erde sei eine flache Scheibe! Ich weiß es nicht, ich kann es nicht beurteilen, ich kann im Stehen pinkeln und rasiere mich jeden Morgen, es liegt nahe, dass ich männlich gelesen werde, aber möglicherweise bin ich auch nur ein soziales Konstrukt und bilde mir das alles ein. Ich weiß es nicht, vielleicht bin ich auch nur eine dämliche Hülsenfrucht, was weiß ich denn? Ich habe es satt, zu jedem Scheiß eine Haltung und eine Meinung haben zu müssen. Ich möchte einfach nur hier sitzen und in Ruhe diese hervorragenden Spaghetti genießen, für die sich hier irgendjemand in die Küche gestellt hat, wenn das okay für Euch ist!“ Das war es. An diesem Abend hat mich niemand mehr angesprochen und eine Meinung von mir gefordert. Und ich empfand das als wohltuend. Einfach nur Spaghetti essen. Einfach nur zum Fenster hinaussehen. Einfach einmal keine Haltung zu haben. Nächstes Mal machen wir Linseneintopf. (Weitere schmackhafte Geschichten des Autors unter www.politticker.de) Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro. | Thilo Schneider | Muss man zu allem und jedem eine Meinung haben, eine Haltung einnehmen? Kann einem nicht mal etwas völlig wumpe sein? Selbst zu Hülsenfrüchten soll man sich heutzutage erklären. | article | 11.02.2023 14:00 | https://www.achgut.com/artikel/haltungslos/P21#comment_entries |
Frauen, fürchtet euch nicht! | Ein rbb-Beitrag berichtet, dass Berliner Frauen angegeben haben, „sich an 72 Prozent der abgefragten Orte unsicher zu fühlen“. Es folgen Augenwischerei, fadenscheinige Tipps und mal wieder die Ignoranz des rosa Elefanten im Raum. Der rbb hat einen Text mit dem Titel „Warum der nächtliche Heimweg vielen Menschen in Berlin Angst macht“ sowie einen dazugehörigen Video-Bericht veröffentlicht. Der Beitrag führt an, dass laut einer Studie des Vereins Plan International e.V., die 2020 veröffentlicht wurde, Berliner Frauen angegeben haben, „sich an 72 Prozent der abgefragten Orte unsicher zu fühlen“. Die Gründe seien demnach „suspekte Personen“ (46 Prozent), „schlechte Beleuchtung“ (27 Prozent) und die Tatsache, dass es sich um eine „einsame Gegend“ gehandelt habe (12 Prozent). Es geht in diesem Beitrag also darum, dass sich Berliner Frauen nachts auf den Straßen nicht besonders sicher fühlen. Die Autorin des Beitrags schreckt nicht davor zurück, in diesem Zusammenhang auch von „nicht-männlichen Personen“ zu sprechen. Dementsprechend überrascht der verharmlosende Grundtenor des Textes wenig. So führt die Autorin an, dass Berlin so sicher sei „wie seit zehn Jahren nicht mehr – geht doch die Zahl der registrierten begangenen Straftaten zurück. Von 2020 auf 2021 ist sie laut Kriminalitätsstatistik um 4,4 Prozent auf 482.127 gesunken. Aber zu diesen Straftaten zählen auch Steuerdelikte, über die sich die wenigsten sorgen, die nachts alleine unterwegs sind.“ Der Text bezieht sich auf die Berliner Polizeistatistik für das Jahr 2021. Demnach seien die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung um 32,7 Prozent gestiegen. Diese Zahl ist für die weibliche Sicherheit im öffentlichen Raum schon relevanter, und als geneigter Leser fragt man sich, warum an dieser Stelle eine solche Augenwischerei begangen wird. Die Polizei gebe „eine umfassende Strafrechtsänderung und -verschärfung im Jahr 2017“ als Grund für den Anstieg an. Außerdem beziehen sich die höheren Fallzahlen laut Polizei vor allem auf sexuelle Gewalt gegen Kinder (und Jugendliche). Doch auch Vergewaltigungen sind laut Polizeistatistik um 9,2 Prozent gestiegen. Ein Politiksoziologen verweist im rbb-Text außerdem auf eine mutmaßlich hohe Dunkelziffer in diesem Zusammenhang. Die Autorin Laura Kingston schildert eigene angsteinflößende Erfahrungen, die sie in den letzten fünf Jahren nachts auf Berliner Straßen gesammelt hat: von unflätigen Kommentaren bis hin zur Verfolgung an die eigene Haustür. Sie fragt sich, ob sie und andere Frauen zu empfindlich seien, sich zu sehr anstellten. Wenn sie etwa aus Angst vor einem suspekten Fremden die Straßenseite wechselte, habe sich das „immer etwas anachronistisch angefühlt, wie das Relikt aus einer längst vergangenen Zeit“. Als solches eine legitime Anmerkung, denn auch ich kann bestätigen, dass sich mein Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum in Berlin verschlechtert hat. Und auch mich ärgert das, weil diese Unsicherheit einen Kontrast zu der selbstbewussten Frau darstellt, als die ich mich eigentlich wahrnehme. Doch bei aller Selbstkritik muss die entscheidende Frage natürlich lauten, ob die weibliche Verunsicherung eingebildet ist oder ob es rationale Gründe für sie gibt. In diesem Zusammenhang lohnt ein Blick auf eine Auswertung der Bundespolizei über Straftaten in Zügen und auf Bahnhöfen, die der „Bild am Sonntag“ vorliegt. Im Jahr 2022 seien demnach bundesweit „398.848 Straftaten in Zügen und auf Bahnhöfen registriert“ worden, dies sei eine Steigerung um zwölf Prozent zum Vorjahr. Allein in Zügen habe es 82 Messerangriffe gegeben, 2021 seien es 44 gewesen. An Bahnhöfen und Haltestellen waren es sogar 254 gewesen, im Vorjahr noch 122. Und: „Die Anzahl der Sexualstraftaten erhöhte sich wiederum deutlich von 697 auf 857.“ Das Treiben auf Bahnhöfen und in Zügen ist natürlich auch für das nächtliche Sicherheitsgefühl ausschlaggebend, wenn Frauen öffentliche Verkehrsmittel nutzen, um nach Hause zu kommen. Fairerweise muss man sagen, dass die gerade zitierten Zahlen erst kurz nach Erscheinen des rbb-Beitrags bekannt wurden. Doch wer suchet, der findet; beispielsweise war schon vorher eine Statistik der Bundespolizei bekannt, wonach sich „die Zahl der Körperverletzungsdelikte, bei denen Messer zum Einsatz kam, zwischen dem zweiten Halbjahr 2021 und dem ersten Halbjahr 2022 von 46 auf 98 mehr als verdoppelt“ habe (ebenfalls in Bezug auf das Hoheitsgebiet der Bundespolizei, wie Bahnhöfe und Flughäfen). All dies sind Indizien für einen Anstieg der Gewalt im öffentlichen Raum. Und damit für einen rationalen Hintergrund der weiblichen Angst auf nächtlichen Berliner Straßen. Die rbb-Autorin geht indes in ihrem Beitrag einen sehr eigenen Weg, denn sie zitiert Mary Dellenbaugh-Losse, die „zur gefühlten Sicherheit in der Stadt“ forscht und stadtplanerische Empfehlungen abgibt – also wie angsteinflößende Unterführungen und weitere „bautechnische Merkmale, die zu einer größeren gefühlten Unsicherheit führen“ vermieden werden können. Für Stadtplanerin Dellenbaugh-Losse ist klar: „Wir leben in historisch gewachsenen Städten und für den Löwenanteil an dieser Geschichte waren Planer zuständig. Bewusst männlich und ungegendert.“ Aha. Soll das heißen, dass (längst verstorbene) männliche Stadtplaner für das heutige Unsicherheitsgefühl von Frauen im öffentlichen Raum zuständig sind? Hat zum Beispiel der Architekt James Hobrecht in den 1860er Jahren nicht nur die berühmt-berüchtigte Berliner Mietskaserne verzapft, sondern mit seinem Bebauungsplan auch dafür gesorgt, dass Frauen sich im Jahr 2023 zwischen Berliner Altbauten nicht sicher fühlen können? Ich glaube nicht. (Im Video sind Mary Dellenbaugh-Losse und rbb-Reporterin Margarethe Neubauer übrigens beim Dämmerungs-Spaziergang durch den Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg zu sehen. Dieses familienfreundliche Viertel ist bekannt für Hipster, Bioläden und Chai-Latte-Mütter und zählt zu den sichersten und teuersten Pflastern der Hauptstadt. Ist es ein Zufall, dass die beiden sich hier und nicht etwa in den „Problembezirken“ Wedding oder Neukölln getroffen haben?) Mary Dellenbaugh-Losse bringt außerdem ins Spiel, dass „individuelle Faktoren wie Alter, Geschlecht, Herkunft, sexuelle Orientierung und die subjektive Empfindung“ sich außerdem auf das Sicherheitsempfinden auswirkten. Und die rbb-Autorin ergänzt: „Würde ich aber ein Kopftuch tragen, wäre ich trans* oder hätte eine andere Hautfarbe, würde das mein Sicherheitsempfinden – und wohl auch meine tatsächliche Sicherheit – beeinflussen.“ Dies ist ebenfalls eine sehr eigenwillige Interpretation der Wirklichkeit. Denn sowohl die anekdotische als auch statistische Evidenz belegt, dass überproportional viele Migranten Straftaten begehen. Aus einer Statistik des Bundeskriminalamtes für das Jahr 2021 geht etwa hervor, dass von knapp 1,9 Millionen erfassten Tatverdächtigen knapp ein Drittel nicht deutscher Herkunft waren – bei einem Gesamtanteil an der deutschen Bevölkerung von 12,7 Prozent. „Nicht deutsch“ bedeutet, dass die Betreffenden über keinen deutschen Pass verfügen. Wie hoch der Anteil deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund an Straftaten ist, wird laut Mediendienst Integration polizeilich nicht erfasst. Bekanntlich schlägt bei Vergewaltigungen, Messermorden und so weiter immer wieder „Einmann“ zu: Ein mittlerweile geflügeltes Wort angesichts einschlägiger Medienberichte, die sich bei der Meldung einer Gewalttat bezüglich der Täterbeschreibung verdächtig bedeckt halten – „ein Mann hat ...“ – und sich höchstens noch die Beschreibung „südländischer Typ“ abringen können. Oftmals entpuppt sich der Tatverdächtige dann als Asylbewerber oder Deutscher mit Migrationshintergrund – meist aus dem orientalischen oder afrikanischen Kulturkreis. Und auch, wenn ich meinen eigenen Erfahrungsschatz sowie die Berichte meiner Freundinnen und Bekannten Revue passieren lasse, ist es genau diese Klientel, die einem als Frau im öffentlichen Raum immer wieder unangenehm auffällt. Vor allem nachts. Mary Dellenbaugh-Losse erklärt im rbb-Bericht das weibliche Unbehagen auf Berlins nächtlichen Straßen zum „gesellschaftlichen Problem“, woran „wir“ arbeiten sollten. Im Videobericht rät sie Frauen zur „Selbstermächtigung“: „In den USA sagen wir: 'Take back the night.' Das wichtigste ist, dass man diese Orte nicht meidet, sondern auch besetzt durch die Anwesenheit. Nur so können wir dann Solidarität zeigen.“ Ob dies eine wirksame Strategie ist, bleibt dahin gestellt. Der rosa Elefant im Raum, nämlich eine Steigerung der Straftaten durch Zuwanderung, wird beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht thematisiert. Vielleicht hätten Frauen ein „Empowerment“ überhaupt nicht nötig, wenn Gewalt nicht so konsequent und nachhaltig importiert würde. Da hilft auch alles Gendern im Beitrag nichts, wenn man die tatsächlichen Probleme im weiblichen Alltag nicht anzusprechen wagt. Aber diesen Widerspruch kann man sich wohl nur leisten, wenn man Feministin ist. Ulrike Stockmann, geb. 1991, ist Redakteurin der Achse des Guten. Mehr von ihr finden Sie auf ihrem YouTube-Kanal. | Ulrike Stockmann | Ein rbb-Beitrag berichtet, dass Berliner Frauen angegeben haben, „sich an 72 Prozent der abgefragten Orte unsicher zu fühlen“. Es folgen Augenwischerei, fadenscheinige Tipps und mal wieder die Ignoranz des rosa Elefanten im Raum. | article | 31.01.2023 14:00 | https://www.achgut.com/artikel/frauen_fuerchtet_euch_nicht/P21#comment_entries |
Corona-Aufarbeitung: „Es sind Verbrecher“ | Gunter Frank spricht in „Indubio“ über die tödliche Schuld der Corona-Politik-Verantwortlichen: „Sie haben alles gewusst und sie haben die rote Grenze überschritten, wo es einfach tödlich wurde und sie haben es in Kauf genommen.“ Hier auch als Transkript:
"Ich glaube, man muss wirklich unterscheiden zwischen Mitläufer und Täter. Und du kannst Menschen einfach unter Angst setzen. Die Mechanismen sind ja gut bekannt und dann sind sie manipulierbar. Psychologisch sagt man Selbstinfiltration. Du kannst Menschen alles Mögliche in den Kopf setzen. Das trifft aber definitiv nicht zu auf Spahn, Lauterbach, Merkel und so weiter. Ich meine, das sieht man doch allein schon an den RKI-Protokollen, dass sie natürlich genau alles wussten.
Ich meine, in den RKI-Protokollen steht zum Beispiel drin, der neue Impfstoff, es wird gewünscht, dass der nicht vor den US-Wahlen zugelassen wird. Lasst das mal wirken. Da steht, da diskutiert eine deutsche Seuchenbehörde, dass die Zulassung eben politisch ist. Der Hintergrund: Das Problem, das unser Führungspersonal hat, ist aufzusteigen, Chancen zu haben für die Karriere. Es lernt deshalb, früh Regeln zu brechen. Ich kenne das sehr gut aus der Wissenschaft, aus der Medizin. Das ist oft im Falle der Doktorarbeit der Fall. Da ein Wert nicht berücksichtigen, damit die Kurve stimmt. Da vielleicht noch was doppelt und noch mal messen, damit es passt.
Der Doktorvater will, dass dann doch vielleicht eine positive Aussage herauskommt, und immer so weiter. Man verstrickt sich immer mehr. Ich habe das in meinem Buch verglichen mit einem Einbahnstraßenfahrer, der einfach die Regel bricht und die Einbahnstraße fährt, weil er schneller nach Hause kommt. Und es passiert nichts. Vielleicht kriegt er sogar mal einen Strafzettel. Aber er macht es immer öfter, fährt immer schneller. Auf einmal fährt er aber jemanden tot.
Und was haben wir dann? Haben wir dann eine Ordnungswidrigkeit? Man frage den Rechtsanwalt. Das ist eine fahrlässige Tötung, mindestens. Und deswegen: Wieler, Spahn, haben das alle gewusst und sie haben irgendwann in ihrem Leben die rote Linie überschritten, an der dieser Regelbruch einfach tödlich wurde und sie haben es in Kauf genommen. Es sind Verbrecher, fahrlässige Tötung ist noch das geringste, was diesen Menschen vorzuwerfen ist.
Okay, der Nachbar, oder der Arbeitskollege die sind auch in der Lüge drin, weil sie ständig diesen Leuten zuhören und es glauben. Also wenn jetzt plötzlich Achgut die ARD übernehmen würde und wir machen die Tagesschau, dann werden die Leute irgendwann aufwachen. Das wird gar nicht so lange dauern, weil sie einfach Mitläufer sind. Aber die Verantwortlichen, die wussten ganz genau, was sie tun. Weil sie irgendwann mal die Regeln gebrochen haben und es akzeptiert haben, dass sie damit auch Menschen umbringen. Sie sind Täter, ganz klar."
Dr. med. Gunter Frank, geb. 1963 in Buchen im Odenwald, ist niedergelassener Allgemeinarzt in Heidelberg und Dozent an der Business School St. Gallen. Er ist Autor mehrerer erfolgreicher Bücher. Gunter Franks brisantes Buch „Das Staatsverbrechen“ finden Sie im Achgut-shop. | Gunter Frank | Gunter Frank spricht in „Indubio“ über die tödliche Schuld der Corona-Politik-Verantwortlichen: „Sie haben alles gewusst und sie haben die rote Grenze überschritten, wo es einfach tödlich wurde und sie haben es in Kauf genommen.“ | article | 21.03.2025 12:00 | https://www.achgut.com//artikel/corona_aufarbeitung_es_sind_verbrecher |
Hängen und hängen lassen | Nachrichten, die die tagesschau Ihnen nicht zumuten wollte:
http://www.20min.ch/news/ausland/story/19750526
http://www.20min.ch/news/ausland/story/11952260
http://www.iranpressnews.com/source/027765.htm Siehe auch:
http://www.netzeitung.de/ausland/703890.html
http://www.20min.ch/print/story/16991907 | Henryk M. Broder | article | 02.08.2007 21:26 | https://www.achgut.com/artikel/haengen_und_haengen_lassen |
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Gorleben: Wie Ideologie über Geologie siegte | “…Die Diskussion darüber, ob Gorleben ein geeigneter Standort für die Endlagerung hoch radioaktiver, Wärme entwickelnder Abfälle ist, wird leider nicht nur auf den Erkenntnissen von anerkannten fachlichen Institutionen geführt, sondern sie wird von politischen Zielsetzungen dominiert, die die Faktenlage zunehmend, ja sogar teilweise völlig außer Acht lässt…” Hier lesen | Fundstück | article | 18.08.2013 13:10 | https://www.achgut.com//artikel/gorleben_wie_ideologie_ueber_geologie_siegte |
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Lifestyle-Spitzel mit nachhaltigen Größenphantasien | „Wo Idealisten plädieren, sind Scheinheilige nicht weit.“ (Peter Sloterdijk) Heute treten in den sozialen Medien Leute auf, die die ökologisch beste aller Welten ganz persönlich zu leben behaupten. Jedenfalls solange die Kamera läuft – oder eine Interviewerin der Bunten sie besucht. In der Bunten wird ein Paar vorgestellt, das „zu den beliebtesten und erfolgreichsten jungen Schauspielern gehört. Ihre Berühmtheit wollen sie nutzen, um für einen nachhaltigen Lebensstil zu werben.“ Und: „Sie sind Role-Models für die junge Generation und sich dieser Verantwortung sehr bewusst, sagen die beiden. Die Schauspieler Lea van Acken, 20, und Lucas Reiber, 25, wollen zeigen, dass es in den sozialen Medien auch noch um wichtige Inhalte gehen kann und nicht nur um oberflächliches Posen.“ (Bunte 27 / 2019. Seite 36) „Role-Models“ – das sind Leute, die Werbung für einen „Lifestyle“ machen. Falls es ihnen gelingt, damit „Influencer“ zu werden, können sie Werbeaufträge erhalten und damit Geld verdienen. Lea und Lucas werben für einen idealen Öko-Lifestyle. Das Interview erbrachte Folgendes: Zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe haben Lea und Lucas eine Aktion gegen überflüssige Plastikverpackungen gestartet: Unternehmen, die solche Verpackungen verwenden, sollen eine Petition erhalten, die sie auffordert, in Zukunft auf solche Plastikverpackungen zu verzichten. Lea selbst hat immer einen Beutel dabei, mit dem sie Müll aufsammelt, den andere Menschen achtlos weggeworfen haben. Wenn das Paar sich am Wochenende mit Freunden auf dem Land trifft, organisieren sie einen Mülldienst, der in der Umgebung weggeworfene Plastikflaschen und Verpackungen aufsammelt. Lucas findet geschnittenes Obst in Plastikschalen ganz schrecklich. Er ist Vegetarier, weil Fleisch ungesund ist und wegen des Leids der Tiere. Lea lebt seit zwei Jahren vegan und nimmt neben Roter Beete auch Tabletten als Nahrungsergänzung zu sich. Als Schauspielerin sollte Lea nach Paris fliegen, fuhr jedoch lieber acht Stunden mit dem Zug. Nach Malta muss sie fliegen, macht aber hinterher den CO2-Ausgleich für Klimaschutzprojekte. Lucas fährt viel Bahn und Fahrrad. Er hat zwar ein Benzin-Auto mit der neuesten Abgastechnik, will jedoch bald auf einen voll-elektrischen Opel Corsa-e umsteigen. Lea praktiziert Car-Sharing. Sie träumt von einem autofreien Berlin, Gärten in Hinterhöfen und Solaranlagen auf den Dächern. Den Energieverbrauch von Häusern könnte man, sagt sie, um bis zu 50 Prozent absenken, indem man die Dächer einfach weiß streichen würde. Lucas bezieht Öko-Strom und Öko-Gas und hat ein Konto bei der GLS-Bank, die in nachhaltige Projekte investiert. Bei der Mode ist Lea zwar inkonsequent, aber sie trägt neben High-End-Brands auch Second-Hand-Mode und ist immer auf der Suche nach grünen Labels. Beide benutzen Zahnpasta-Drops, die man wie Kaugummi kaut und so Zahnpasta-Tuben aus Plastik vermeidet. Und Lucas hat statt Plastik-Trinkhalmen wunderschöne Trinkhalme aus Glas. Die Bunte unterhält mit Bildern und Berichten über Lifestyles und deren Trends. Sie muss keinen investigativen Journalismus und keine soziologische Analyse bieten. Aber was ist das gesellschaftliche Modell „hinter den Kulissen“? – Es ist ein Modell, das eine gewisse Zwanghaftigkeit impliziert. Das liegt daran, dass die jungen Leute sich als Verkörperung eines absoluten Ideals darstellen, als totalen Teil eines idealisierten Ganzen. Und in diesem idealisierten Ganzen geschieht etwas Seltsames: Wer einzeln oder in Gruppe durch die Gegend zieht und Müll aufsammelt, verhält sich insofern seltsam, als er sich nicht vorstellen kann oder möchte, dass das Sauberhalten der Städte und Landschaften von einer gut ausgestatteten Verwaltung erledigt werden kann, zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger. Die jungen Leute fordern nicht mehr Stellen für Müllmänner in den Stadtverwaltungen. Sie appellieren an das Gewissen der Einzelnen beziehungsweise an „Werte“ eines abstrakten großen WIR. Sie piesacken damit das Individuum. Das Gesellschaftsmodell, das die Models verkörpern, hat einen unschönen Aspekt. Es geht um die Verkörperung eines Wunschs nach dem optimal perfekten Ganzen – und dieses Ideal enthält die Forderung nach absoluter Unterordnung aller noch so kleinen Teile unter das Ganze. Demokratisch ist das nicht. Denn hinter Lea und Lucas, diesen netten Menschen, steht gesellschaftlich eine Art säkularisiertes Jüngstes Gericht, das sich berechtigt fühlt, Jede und Jeden für einen Verstoß gegen die ökologischen Gebote zu bestrafen. (In den Sozialwissenschaften, den Cultural Studies, wird so etwas als „Selbstermächtigung“ schön geschrieben; besser ist die psychologische Erklärung, die solche Größenfantasien als Narzissmus interpretiert.) Zu bestrafen zum Beispiel für einen zu großen ökologischen „Fußabdruck“. Das enthält eine massive Drohung, nämlich das Bild des Kriminalinspektors, der den Fußabdruck eines Verbrechers in Gips gießen lässt, um ihn dem Gericht als Beweismaterial vorzulegen. Allerdings ist „Fußabdruck“ heute ein altmodisches Bild, angesichts der Gesichtserkennungs-Systeme, wie sie gerade in China eingerichtet werden. In einem ökologistisch regierten Staat könnte damit jede Person registriert werden, die, statt den Zug zu nehmen, einen Flughafen betritt oder, statt auf Fleisch zu verzichten, in ein Steakhaus geht. Diese „Umweltsünder“ könnten Strafpunkte bekommen. Das säkularisierte Jüngste Strafgericht befände sich dann im Algorithmus. So gerät der „Lifestyle“ jedes Einzelnen – der in freien, demokratischen Gesellschaften niemanden etwas angeht – in das kontrollsüchtige ökologistische Blickfeld. Allerdings veröffentlichen heute die Leute ihre Lifestyles freiwillig und ausgiebig in den sozialen Medien, und eine Menge von Richtern des säkularen Jüngsten Gerichts stürzt sich strafsüchtig darauf. In manchen Blogs wird jede kleinste individuelle Regung, selbst jede Verwendung von verpönten Wörtern, sogleich mit Shitstorms bedacht. Und wenn böse Leute ihren Müll nicht sortieren oder den Kot ihres Hundes auf der Straße liegen lassen – dann ist das für die selbsternannten Richter sogleich ein Verbrechen an der gesamten Menschheit. Unterdrückt wird das freiheitliche Leben und Lebenlassen. Lea, 20, und Lucas, 25, die in den Medien Karriere machen wollen, werden irgendwann merken, dass ihre frohe Botschaft aus der Öko-Filterblase sie nicht weit bringt. Erfolg hat man in der Medien-Öffentlichkeit mit Horrorgeschichten und Tabubrüchen. Die Klimarettungs-Bewegung hat das längst verstanden. So sehen auch die Schülerinnen und Schüler von Fridays for Future die Welt dramatischer als Lea und Lucas. Da gibt es hochdramatische Fantasien: Flutkatastrophen! Tsunamis! Tornados! Extremwetterlagen! Die Weltkatastrophe im Jahr 2030! Die Uhr tickt! Und Greta als Erlöserin! (Apropos „Erlöserin“: Ist es ein Zufall, dass Greta einen Mittelscheitel trägt und auf dem zur Ikone gewordenen Greta-Portrait den Betrachter direkt und ernst anblickt? In der Spätantike trugen Jupiter und auch der frühe Christus den Mittelscheitel und zeigten auch diesen ernsten, frontalen Blick,) Und dann auch noch: Die Schuld der sündigen Menschheit! Die Erbsünden vor allem der europäischen Menschheit: Kreuzzüge, Sklavenhandel (der in Wirklichkeit von den Arabern initiiert wurde), Kolonialismus, Imperialismus etc. Wie bei Augustinus, dem Erfinder der „Erbsünde“ Evas und Adams, lasten auch diese Sünden bis in alle Ewigkeit auf der gesamten Menschheit, die dafür „büßen“ muss. Die Kompetenz, über die Veränderung des Weltklimas Sachinformationen zu liefern – und nicht nur die üblichen Predigten zu halten –, haben die wissenschaftlich seriösen Klimaforscher oder auch informierte Fachjournalisten. Liegt wirklich eine Erderwärmung von 1 Grad Celsius und ein erhöhter Meeresspiegel von 0,7 cm vor? Wenn das der Fall ist, kann man wirklich heiße Sommer und kalte Winter, Tsunamis, Tornados, Überschwemmungen etc. – all das auf diese 1 Grad Celsius und 0,7 cm zurückführen? Die Fridays-for-Future-Bewegung beantwortet diese Fragen nicht. Gesicherte Daten legt sie nicht vor, sie legt überhaupt keine Daten vor. Sie steht außerhalb der als katastrophisch wahrgenommenen Welt und begnügt sich damit, als Gefolgschaft der Erlöserin Greta dem Rest der Welt gegenüberzutreten. Die Schülerinnen und Schüler gehen in Stadträte und andere Gremien – aber sie wollen von den dort sitzenden Experten, den Politik-Profis, nichts über die reale Welt erfahren. Sie treten dort als Jünger Gretas auf, die von den Spitzenpolitikern der Welt bereits heilig gesprochen wurde. Gretas Jünger warnen in den Stadträten vor dem Weltuntergang – und bevor die Praktiker dazu etwas sagen können, sind Gretas Jünger schon wieder verschwunden. Soll man nun annehmen, dass Fridays for Future angesichts ihrer katastrophischen Weltsicht aus fanatischen, sektiererischen „Apokalyptikern“ besteht? – Natürlich nicht. Sie tun nur so. Ich wage hierzu folgende Hypothese: Bewegt wird diese Bewegung durch ein sehr nüchternes Interesse: Die Beschwörung von Apokalypse und Erlösungshoffnungen, zusammen mit einem Tabubruch, der Verletzung der gesetzlichen Schulpflicht, – das bringt in den sozialen Medien und bei den Fernsehredakteuren „Awareness“, Aufmerksamkeit und Follower. Schließlich nutzen die Jugendlichen ständig die „Social media“, und dort beschäftigt alle ein einziges Interesse: möglichst viele Follower zu finden. Siehe Lea und Lucas, aber auch sonst alle, von Präsident Trump bis Sylvie Meis. Daran geschult, organisieren die jungen Leute heute auch kein schlichtes Teach-In mehr, wie es einst Opa und Oma an den Universitäten veranstalteten. Jene hatten noch gedacht, dass es um die Erarbeitung von Wissen und um rationale Argumente geht. Wie naiv! Die heutigen Schülerinnen und Schüler wissen es besser: Aufmerksamkeit erregt man, wie gesagt, durch Tabubrüche und Horrorszenarien. Auch der Tabubruch der Greta-Bewegung, das regelmäßige Schuleschwänzen, beruhte auf dieser Interessenlage. Das war eine Erfindung von Bo Thorén, dem Besitzer einer PR-Agentur, der Public Relations-Agentur We Dont Have Time AB, bei der Gretas Vater und Greta Kunden sind. Auch hier wird Geld verdient. (Was ebenfalls kein Verbrechen ist.) – Allerdings verbirgt sich hinter dem Tabubruch der Verletzung der gesetzlichen Schulpflicht ein weiterer Tabubruch: in der Maxime „Wer Gutes will, darf auch Gesetze übertreten!“ Zwar ist es immer wieder schön, wenn Robin Hood im Film den Sheriff von Nottingham, diesen Tyrannen, bekämpft. In der Realität von Demokratien jedoch ist diese Art von Selbstermächtigung nicht akzeptabel. Dass dieses Interesse, „Awareness“ herzustellen, auch die Fridays-for-Future-Bewegten beschäftigt, kann man in manchen Fernsehinterviews sehen. Manchmal tritt da auch am Rand einer Freitagsdemo eine Schülerin ohne Pathos auf und sagt nüchtern: „Wir haben viel Aufmerksamkeit bewirkt.“ Das heißt: Wir haben Follower gefunden. (Was kein Verbrechen ist.) Und wer sich darin übt, Follower zu finden, kann vielleicht eine Karriere als Influencer machen und mit Werbeaufträgen Geld verdienen oder einen Posten bei einer NGO oder Partei ergattern. Schließlich sind angesichts der vielen Rationalisierungen („Digitalisierung“) und Massenentlassungen die Berufschancen nicht gerade rosig (außer für Techniker, Facharbeiter, Handwerker etc.). Dazu kommt, dass in den Meinungsumfragen, die immer nur „Einstellungen“ („Prädispositionen“) und „Wertorientierungen“ („Attitüden“) abfragen, die Schülerinnen und Schüler als „die idealistische Jugend“ erscheinen. „Die Jugend hat nun einmal Ideale.“ So, als würden die heutigen Jugendlichen den „Naturjubel“ (Ernst Bloch) der alten Romantiker-Jugend wiederbeleben. Und da Politikerinnen und Politiker auf nichts mehr hören als auf die jeweils aktuelle Meinungsumfrage, rufen sie 2019, vier Jahre nach der Willkommenskultur, schon wieder „Willkommen“ – und hoffen ebenfalls, dass ihnen das Follower bringt. Wenn also die Fridays-for-Future-Anhänger den bedrohten Globus dramatisieren und hierbei Fantasien über die sündhafte Welt, die drohende Apokalypse und die Hoffnung auf Erlösung verbreiten, wenn sie den Leuten beibringen, dass sie wegen ihrer „Sünden“ büßen müssen – dann ist das bloß Werbematerial, das zwecks Herstellung von „Awareness“ instrumentell eingesetzt wird. Bei den Profis der Öffentlichkeitsarbeit heißt das nicht „Werbematerial“, sondern eben: „Public Relations (PR)“. Übrigens sprach man in der Frühzeit der PR nicht von „Public Relations“, sondern – von „Propaganda“. Die Welt verändern und selbst gestalten zu wollen, ist eine gute Sache, solange es auf realitätstüchtige Weise geschieht. Realitätstüchtigkeit bedeutet, dass man die Übel dieser Welt wahrnimmt und benennt. Zu einer realitätstüchtigen Wahrnehmung gehört es aber auch, dass man die guten, sinnvollen, nützlichen, vernünftigen Aspekte dieser Welt wahrnimmt – und übrigens auch die Glücksmomente, die es im persönlichen Erleben gibt. Und manchmal gibt es auch Geglücktes in der Wirtschaft, der Politik und der Gesellschaft. Realitätstüchtigkeit bedeutet, dass man das Üble und das Geglückte vergleicht und abwägt und sich so ein differenziertes Urteil erarbeitet. Wer sich in der Politik und der Öffentlichkeit dem rationalen Vergleichen und Abwägen von Nutzen und Kosten widersetzt, verhält sich scheinheilig. Dieter Prokop ist Professor em. für Soziologie an der Goethe-Universität Frankfurt. Siehe zum gleichen Thema unser Fundstück: "Die Industrie muss zurückgebaut werden" | Dieter Prokop | Klima-Aktivisten scheinen sich berechtigt zu fühlen, Menschen für einen zu großen ökologischen „Fußabdruck“ zu bestrafen. Was für eine Idee, angesichts der Gesichtserkennungs-Systeme, wie sie gerade in China eingerichtet werden. In einem ökologistischen Staat könnte damit jeder registriert werden, der einen Flughafen oder ein Steakhaus betritt. Das ganze wird überaus hipp als "Awarness" von "Influencern" serviert. | article | 24.07.2019 06:01 | https://www.achgut.com//artikel/lifestyle_spitzel_mit_nachhaltigen_groessenphantasien |
Sind Ungeimpfte unsolidarisch? | Ungeimpften wird vorgeworfen, nicht solidarisch zu sein. Diese Bezichtigung entbehrt jeder Grundlage, wie im Folgenden gezeigt wird. Impfungen sind in erster Linie Präventionsmaßnahmen zum Eigenschutz. Das Individuum ist der ausschließliche und rechtmäßige Eigentümer seines Körpers. In einem Rechtsstaat dürfen ihm körperliche Eingriffe nicht aufgezwungen werden. Selbst wenn Covid-Impfungen wirksam und sicher wären, woran es berechtigte Zweifel gibt, entbehren alle Argumente, Ungeimpfte seien verantwortungslos oder gar unsolidarisch, jeder rationalen Grundlage. Dies wird bei einem Vergleich mit der Masernimpfung deutlich. Menschen haben die Fähigkeit, über ihre Belange selbst zu bestimmen. Genau darin besteht die Menschenwürde. [1] Dies ist auch die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts. In einer Presseerklärung zu einem Entscheid vom Februar 2020 [2] heißt es: „Die Achtung und der Schutz der Menschenwürde und der Freiheit sind grundlegende Prinzipien der Verfassungsordnung, die den Menschen als eine zu Selbstbestimmung und Eigenverantwortung fähige Person begreift. Von der Vorstellung ausgehend, dass der Mensch in Freiheit sich selbst bestimmt und entfaltet, umfasst die Garantie der Menschenwürde insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität. Die unverlierbare Würde des Menschen als Person besteht hiernach darin, dass er stets als selbstverantwortliche Persönlichkeit anerkannt bleibt.“ Die Menschenwürde bildet die Basis der Menschenrechte, die wiederum als Grundrechte in Verfassungen festgeschrieben sind. Sie bieten dem Individuum einen Schutzraum. Das mündige Subjekt allein bestimmt, wen es in diesen Schutzraum auf welche Weise hineinlässt, und zwar ganz unabhängig davon, was aus Perspektive anderer das Beste wäre. Laut Robert Nozick (1938–2002) ist das Individuum ausschließlicher und rechtmäßiger Eigentümer seines Körpers. [3] Ein körperlicher Eingriff darf Letzterem von niemandem aufgezwungen werden – auch nicht im Hinblick auf vermeintlich gute kollektive Ziele. Das Bundesverfassungsgericht stellt in oben zitierter Presseerklärung klar: „Ein gegen die Autonomie gerichteter Lebensschutz widerspricht dem Selbstverständnis einer Gemeinschaft, in der die Würde des Menschen im Mittelpunkt der Werteordnung steht, und die sich damit zur Achtung und zum Schutz der freien menschlichen Persönlichkeit als oberstem Wert ihrer Verfassung verpflichtet.“ Auf die Impfungen bezogen, bedeutet dies, dass die Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, geachtet werden muss, selbst wenn die betroffene Person diesen Entschluss eines Tages mit dem Leben bezahlt. Sie darf unter keinen Umständen dazu führen, dass Ungeimpften lebensnotwendige medizinische Maßnahmen verwehrt oder sie in Triage-Situationen nachrangig behandelt werden. Für eine Triage darf nur das Maß der akuten Lebensbedrohung ausschlaggebend sein. Nichts anderes – weder Alter noch Geschlecht noch ethnische Zugehörigkeit noch Religion noch politische Überzeugung noch Impfstatus. Die UNESCO-Erklärung über Bioethik und Menschenrechte wurde auf der 33. Generalkonferenz der UNESCO in Paris am 19. Oktober 2005 einstimmig – also auch von der Bundesrepublik – angenommen. Dort heißt es unter anderem: Artikel 3
1. Die Menschenwürde, die Menschenrechte und die Grundfreiheiten sind in vollem Umfang zu achten.
2. Die Interessen und das Wohl des Einzelnen sollen Vorrang vor dem alleinigen Interesse der Wissenschaft oder der Gesellschaft haben. Artikel 5
Die Freiheit einer Person, selbständig eine Entscheidung zu treffen, für die sie die Verantwortung trägt und bei der sie die Entscheidungsfreiheit anderer achtet, ist zu achten. Artikel 6
Jede präventive, diagnostische und therapeutische medizinische Intervention hat nur mit vorheriger, freier und nach Aufklärung erteilter Einwilligung der betroffenen Person auf der Grundlage angemessener Informationen zu erfolgen. Die Einwilligung soll, wenn es sachgerecht ist, ausdrücklich erfolgen und kann durch die betroffene Person jederzeit und aus jedem Grund widerrufen werden, ohne dass die betroffene Person einen Nachteil oder Schaden erleiden darf. Artikel 27
Diese Erklärung darf nicht so ausgelegt werden, als stelle sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person eine Berufungsgrundlage dar, um sich an einer Tätigkeit zu beteiligen oder eine Handlung auszuführen, die im Widerspruch zu den Menschenrechten, den Grundfreiheiten und der Menschenwürde steht. Im internationalen Standardwerk zur Bioethik [4] finden sich vier Grundprinzipien des ärztlichen Handelns: 1. Selbstbestimmungsrecht des Patienten (respect for autonomy) 2. Schadensvermeidung (non-maleficence) 3. Patientenwohl (beneficence) 4. Soziale Gerechtigkeit (justice) Man sieht, wie weit sich die herrschende Praxis seit Beginn der staatlichen Corona-Maßnahmen von diesen Prinzipien entfernt hat. Als Rechtfertigung dient die immergleiche Behauptung, es handele sich bei SARS-CoV-2 um ein hypergefährliches Virus, das nicht wirkungsvoll bekämpft werden könne, wenn jene Regeln und Gesetze weiter uneingeschränkte Beachtung fänden. Doch das erscheint mehr als fraglich. Vor der Einführung eines Impfstoffs starben im Jahr etwa 2,6 Millionen Menschen an den Masern. Die Impfung verhinderte seit dem Jahr 2000 schätzungsweise 21 Millionen Maserntote. Der Impfstoff senkt zudem die Gesamtsterblichkeit viel stärker, als aufgrund der spezifischen Wirkung zu erwarten wäre [5], ist lang erprobt und sicher. Das Masernvirus besitzt eine hohe Ansteckungsfähigkeit von etwa 95 Prozent. Es ist nur von Mensch zu Mensch übertragbar, kann also theoretisch ausgerottet werden. Das Ziel, die Masern auszurotten, ist nicht von vornherein unsinnig. SARS-CoV-2 hingegen ist eine Zoonose, kann also vom Tier auf den Menschen übertragen und deshalb auch nicht ausgerottet werden. „Zero Covid“ taugt nicht als rationaler Zweck der Impfung. Am wichtigsten für die hier vorgetragene Argumentation ist aber Folgendes: Die Opfer sind in der überwiegenden Mehrzahl Kinder. Masern sind eine Kinderkrankheit. Im Hinblick darauf, wer am schwersten von der Krankheit betroffen ist, könnten die Unterschiede zwischen Masern und Covid nicht größer sein. Das Medianalter der Verstorbenen liegt bei Covid über der Lebenserwartung – und das, obwohl die meisten Todesopfer Männer sind, die bekanntlich eine geringere Lebenserwartung als Frauen haben. Kinder und Jugendliche sind so gut wie überhaupt nicht betroffen. Die Eigenschaften des Masernvirus und der Masernimpfung bieten immerhin eine faktische Grundlage, denjenigen Verantwortungslosigkeit vorzuwerfen, die ihre Kinder nicht gegen Masern impfen lassen: Kinder können nicht hinreichend qualifiziert urteilen, deshalb müssen andere, zuerst ihre Eltern, die Verantwortung für sie übernehmen. Kinder sind zudem die Hauptopfer der Krankheit, während ihr Risiko, an Covid schwer zu erkranken und zu sterben, praktisch null ist. Was mündige Erwachsene hingegen bezüglich der Impfung tun, ist allein deren Sache. Bei der Covid-Impfung fehlt also bereits die faktische Voraussetzung, um den Vorwurf der Verantwortungslosigkeit überhaupt sinnvoll anbringen zu können. Als Ausnahme können außer Kindern nur unmündige Erwachsene gelten sowie Menschen, die gegen den betreffenden Impfstoff allergisch sind und sich deshalb nicht impfen lassen. Diesen gegenüber mag das Verantwortungs- und Solidaritätsargument eine gewisse Berechtigung haben. Allerdings ist es ethisch höchst fragwürdig, Eingriffe in den menschlichen Körper zur moralischen oder gar rechtlichen Pflicht zu erklären, wenn diese Eingriffe nur mit dem abstrakten Nutzen für andere oder gar für „die Gemeinschaft“ begründet werden (siehe dazu weiter unten). Eine Impfung ist in erster Linie eine Präventionsmaßnahme, die dem Selbstschutz dient. Gänzlich inakzeptabel ist es, Kinder und Jugendliche gegen Covid zu impfen, obwohl diese von der Impfung in keiner Weise gesundheitlich profitieren. Selbst eine ordnungsgemäß geprüfte, lange bewährte und hochwirksame Covid-Impfung brächte ihnen nicht den geringsten Nutzen, wäre also nicht indiziert. Der Vorwurf grober Verantwortungslosigkeit trifft hier nicht die „Impfverweigerer“, sondern Eltern, die ihre Kinder gegen Covid impfen lassen. Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats würde sogar ihre kleinen Kinder impfen lassen, obwohl die Ständige Impfkommission (STIKO) keine Empfehlung ausspricht und deren Vorsitzender seine Enkel nicht impfen lassen würde. Sie begründet dies mit allgemeinen Ausführungen, dass „moderne Impfstoffe“ kaum Probleme bereiten, so gut wie keine Langzeit- oder Spätfolgen hätten und dergleichen. Sie scheint sich da sehr sicher zu sein, sicherer als der Vorsitzende der STIKO. Es gilt aber Folgendes: „Je weniger dringlich und notwendig der Eingriff, desto höher und strenger sind die Anforderungen der Rechtsprechung in puncto Aufklärung.“ So steht es in einem juristischen Beitrag zum Thema Aufklärungspflicht. Bei Kindern gibt es indes gar keine Indikation. Die Impfaufklärung des betreffenden Arztes müsste daher zwingend darin münden, Frau Buyx dringend von der Impfung ihrer Kleinen abzuraten. Da eine Vorsitzende des Deutschen Ethikrates sich davon nicht wird beeindrucken lassen, muss der Arzt selbstverständlich die Impfung verweigern. Gehen wir davon aus, dass die Covid-Impfung gegen schwere Verläufe und Tod zu hundert Prozent schützt. Dann stellt sich die Frage, worin das Problem mit den Ungeimpften bestehen soll. Das Schlimmste, was sie den Geimpften antun könnten, wäre ja, sie mit Husten oder Schnupfen anzustecken. Dieses Risiko war bis Corona für niemanden ein Problem. Wenn mich ein gegen Covid Geimpfter mit Rhinoviren ansteckt, fordere ich nicht, dass man ihm die Grundrechte entzieht und ihn wie Abschaum behandelt. Rhinoviren sind für alte Menschen mit geschwächtem Immunsystem mindestens so tödlich wie Influenzaviren. Wer als Geimpfter einen ebenfalls gegen Covid geimpften alten, kränkelnden Verwandten knuddelt, schickt diesen womöglich per Rhinoviren ins Jenseits. Jemand, der andere mit Rhinoviren ansteckt, ist aber bisher noch nicht als Mörder der Alten und Schwachen an den Pranger gestellt worden. Bisher gehörten solche Ansteckungsrisiken in den Bereich der allgemeinen Lebensrisiken, die in Kauf zu nehmen sind, wenn ein gedeihliches Miteinander möglich sein soll. Covid-Impfungen bewirken keine sterile Immunität. Eine geimpfte Person kann durchaus mehr Menschen anstecken als eine ungeimpfte, da für Geimpfte die Kontaktbeschränkungen geringer sind oder ganz wegfallen. Kürzlich soll ein Geimpfter auf einer Party 83 Menschen angesteckt haben. Auf einem Festival in Utrecht, an dem nur Geimpfte, Genesene und negativ Getestete teilnehmen durften, sollen sich tausend Menschen infiziert haben. Kontaktarme Ungeimpfte kommen kaum als „Spreader“ infrage, während gesellige Geimpfte selbst dann „Superspreader“ sein können, wenn sie sich nur unter ihresgleichen bewegen. Doch auch das wäre, glaubt man an die Wirksamkeit der Impfung, kein Problem, da sich die Beteiligten schlimmstenfalls leichte Symptome „einfangen“. Ungeimpfte können nach bisheriger Analyse also gar kein Problem für Geimpfte sein, wenn die Impfung so wirkt, wie das offizielle Narrativ suggeriert. Mündige Ungeimpfte nehmen das Risiko, sich anzustecken und ggf. schwer zu erkranken, bewusst in Kauf. Diese Entscheidung ist zu achten. Selbstverständlich darf eine solche Entscheidung – siehe oben – nicht dazu führen, Ungeimpften notwendige medizinische Behandlungen zu verweigern. Dann könnte man zum Beispiel auch Rauchern lebenserhaltende Behandlungen gegen Lungenkrebs vorenthalten. Oder man spielt die Motorradfahrer gegen die Autofahrer, diese gegen die Fahrradfahrer und letztere gegen die Fußgänger aus. Ginge man nach dem Risiko, das die Verkehrsteilnehmer für sich selbst und andere darstellen, würden Fußgänger in der Notaufnahme bei Unfällen gegenüber den anderen bevorzugt, dann die Radfahrer gegenüber den Auto- und Motorradfahrern sowie die Autofahrer gegenüber den Motorradfahrern – und das unabhängig von der Schwere ihrer Verletzungen. Die Absurdität solcher Gedanken hält leider viele nicht davon ab, sie ernsthaft zu vertreten. Eines ist aber klar: Ein auf diese Weise organisiertes System wäre ein totalitäres. Und ein solches kann man zum Beispiel in China beobachten. Glaubt man der Mehrzahl der veröffentlichten Meinungen, bedeutet „Solidarität“, dass alle an einem Strang ziehen und niemand aus der Reihe tanzt („Gemeinsam gegen Corona!“). Doch in einem Rechtsstaat ist das Gegenteil der Fall. Die Grundrechte sollen das Individuum genau vor solchem Zugriff schützen – vor allem dann, wenn es sich in der Minderheit befindet. Solidarität besteht in einem Rechtsstaat darin, dass Bürger die Rechte anderer Bürger achten, und nicht darin, dass eine Gruppe Wahrheits- und Moralbesitzer bestimmt, was getan werden muss, um alle, die sich dem nicht fügen, zu ihrem „Glück“ zu zwingen. Diese von Rousseau stammende Vorstellung eines Gemeinwillens, der mehr als die Summe aller Einzelwillen und daher mit „Vernunft“ identisch sei, hat sich in der Geschichte verheerend ausgewirkt. Er wurde sowohl von rechten als auch von linken Totalitaristen zur Rechtfertigung ihrer Gräueltaten genutzt. Frau Merkel hat also nicht die Verantwortung für meine persönlichen Lebensentscheidungen zu übernehmen, sondern lediglich dafür zu sorgen, dass ich sie frei treffen kann, ohne damit rechnen zu müssen, meiner Grundrechte beraubt zu werden, weil irgendwer meint, es besser zu wissen als ich, und die Macht hat, mich zu drangsalieren. Kommen wir nun zu dem Argument, man solle sich aus Solidarität mit den Allergikern gegen Covid impfen lassen. Um es zu entkräften, braucht man nur darauf zu schauen, wie es allen ergeht, die aversiv auf die Mund-Nase-Bedeckungen reagieren und per Attest von der Maskenpflicht befreit sind. Die „Alltagsmaske“ aus Stoff war offiziell zum Fremdschutz gedacht. Sie sollte aus Solidarität mit denjenigen getragen werden, die eine solche Maske aus Gesundheitsgründen nicht tragen können. Doch wie sah die Wirklichkeit aus? Atteste wurden so gut wie nirgendwo anerkannt, Menschen mit ärztlicher Maskenbefreiung wie Dreck behandelt. Das mit dem „Fremdschutz“ hat man allenfalls so verstanden, dass man seine Mitarbeiter, seine Familie und dergleichen vor denjenigen schützen müsse, die keine Maske tragen können. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Und ebenso wenig nützt es, eine offizielle medizinische Kontraindikation gegen die Covid-Impfung zu haben. Wenn man sich nicht trotzdem impfen lässt, wird man wie ein Aussätziger behandelt. Als ob Corona-Alarmisten auch nur die geringste Rücksicht auf diejenigen nehmen würden, mit denen sie sich verbal solidarisch erklären! Im Gegenteil: Wer Adressat dieser Solidaritätsbekundungen ist – Alte, Schwache, Kinder, Behinderte – muss um Gesundheit und Leben fürchten. Es wird von Impfbefürwortern gerne mit den „Varianten“ argumentiert, die uns „überrollen“ und unser Gesundheitssystem zum Kollabieren bringen werden. Damit, so das Argument, würden auch die Geimpften unter der mangelnden medizinischen Versorgung leiden. Nun gibt es inzwischen einen guten Vergleichszustand, der es erlaubt, die Triftigkeit dieses Arguments zu beurteilen. Im Jahr 2020 gab es bekanntlich noch keine Covid-Impfung. Vor den gefährlicheren Varianten wurde schon damals ständig gewarnt. Doch ist das Gesundheitssystem kollabiert? In einer Presseerklärung des Bundesgesundheitsministeriums heißt es: „Die Analyse der Leistungsdaten aller deutschen Krankenhäuser zeigt, dass trotz der Aufforderung der Bundesregierung im Frühjahr 2020, planbare Leistungen zu verschieben, die stationäre Versorgung in Deutschland im ersten Pandemiejahr 2020 flächendeckend gewährleistet werden konnte. Nach einem Rückgang der Krankenhausfälle im Frühjahr um ca. 30 Prozent, wurden auf Jahressicht im Bereich der allgemeinen Krankenhäuser 13 Prozent und im Bereich der psychiatrischen Kliniken 11 Prozent weniger Fälle als im Vorjahr versorgt. Im Jahresdurchschnitt waren vier Prozent aller Intensivbetten mit Corona-Patientinnen und -Patienten belegt [...] Die Mitglieder des Beirats betonten, dass die Pandemie zu keinem Zeitpunkt die stationäre Versorgung an ihre Grenzen gebracht hat.“ Insgesamt 13 Prozent weniger Krankenhauspatienten und nur vier Prozent Intensivpatienten mit der Diagnose „Covid“. So sah die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ 2020 aus. Auch ohne Impfung war eine Überlastung des Gesundheitssystems nicht einmal von Weitem in Sicht. Die Szenarien, in denen Ungeimpfte alle Kliniken derart vollstopfen, dass die gesamte „Solidargemeinschaft“ schwer leidet, entspringen wohl eher der düsteren Phantasie derjenigen, die sie entwerfen. Hierauf wird in der Regel erwidert, dass diese Zahlen nur deshalb so niedrig waren, weil der Lockdown gewirkt habe, der durch die Impfungen künftig vermieden werden solle. Doch dieses Argument hat trotz seiner Beliebtheit keinerlei Basis in den Daten (siehe zum Beispiel hier und hier). Impfgegner könnten zudem dagegen ins Feld führen, dass durch die immerwährende Panik, durch permanenten Distress aufgrund von ökonomischer Not, durch soziale Isolierung in Innenräumen, Bewegungsmangel und dergleichen das Immunsystem der Menschen nachweislich geschwächt wird und daher zu mehr Erkrankungen führen muss. Man könnte also auch behaupten, dass das Gesundheitssystem nicht wegen, sondern trotz der flächendeckenden gesundheitsschädlichen Corona-Maßnahmen insgesamt keinerlei Notstand zu verzeichnen hatte. Es dürfte auch kein Problem sein, so etwas zu modellieren. Zurzeit (2. August 2021) sind übrigens etwa 1,45 Prozent der Intensivbetten mit Covid-Patienten belegt, und das, obwohl es starke finanzielle Anreize gibt, Patienten als Covid-Fälle zu deklarieren. Gehen wir also zu recht davon aus, dass die neuen Varianten zwar ansteckender sein mögen, aber weniger gefährlich sind, gibt es nicht den geringsten Anlass zur Befürchtung, dass das Gesundheitssystem im nächsten Herbst und Winter kollabieren wird. Es sei denn, das Immunsystem der Geimpften spielt dann verrückt. Impfgegner könnten auch hier den Spieß umdrehen und diese Befürchtung nutzen, um Geimpfte als unsolidarisch zu verurteilen. Mit Befürchtungen kann jedoch keinerlei Grundrechtseinschränkung gerechtfertigt werden. Eine Notlage muss tatsächlich und akut vorliegen. Aus einer weit hergeholten bzw. mit unrealistischen Basisannahmen herbeimodellierten Befürchtung kann keine moralische Pflicht zur Covid-Impfung abgeleitet werden. Es wurde gezeigt, dass die Vorwürfe der Unsolidarität von Ungeimpften selbst dann keine rationale Grundlage hätten, wenn die Impfungen sicher und wirksam wären. Solidarität wird von aggressiven Impfbefürwortern missverstanden als Recht eines abstrakten Kollektivs gegenüber dem Individuum. Dabei schützen – umgekehrt – die Grundrechte per definitionem das Individuum vor übergriffigem Kollektivismus. Verantwortung für mündige Menschen kann von Dritten nur mit deren Einverständnis übernommen werden. Da es im Gegensatz zu Masern bei Covid wenig Betroffene gibt, die nicht für sich selbst entscheiden können, läuft das Argument der Verantwortungslosigkeit ins Leere. Es trifft vielmehr die Befürworter, wenn sie zum Beispiel ihre Kinder gegen Covid impfen lassen. Geimpfte sind durch Ungeimpfte in keiner Weise in der Wahrung ihrer Rechte beschränkt. Das Risiko, sich mit Schnupfen oder Husten anzustecken, gehört zu den allgemeinen Lebensrisiken. Das Szenario kollabierender Gesundheitssysteme aufgrund zu geringer Durchimpfung ist trotz medialer Dauerpräsenz sehr weit hergeholt. Mit unrealistischen Szenarien können indes auch Impfgegner operieren. Befürworter gewinnen mit derlei Szenarien argumentativ nichts. Auf die Frage, warum Ungeimpfte unsolidarisch oder verantwortungslos sein sollen, bieten sie nur ein wortreiches „Darum“. Was also die Covid-Impfung angeht, gilt auch hier die Devise: „My body, my choice“. [1] Vgl. Dietmar von der Pfordten, Menschenwürde, München 2016, S. 60. [2] Dort geht es um die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung. Das Gericht meint, dass die Person ihr eigenes Recht auf Leben suspendieren darf (Recht auf Suizid). Es ist jedoch fraglich, ob ein solches Recht auf Suizid widerspruchsfrei begründet werden kann. Vgl. David S. Oderberg, Applied Ethics, Oxford 2000, S. 48–97. [3] Vgl. Robert Nozick, Anarchy, State, and Utopia, New York 1974. [4] Vgl. Tom L. Beauchamp/James F. Childress, Principles of Biomedical Ethics, 8. Aufl, Oxford 2019. [5] Vgl. Peter C. Gøtzsche, Impfen – Für und Wider, München 2021, S. 81ff. | Klaus Alfs | Ungeimpften wird vorgeworfen, nicht solidarisch zu sein. Diese Bezichtigung entbehrt jeder Grundlage, wie im Folgenden gezeigt wird. | article | 09.08.2021 06:00 | https://www.achgut.com/artikel/sind_umgeimpfte_unsolidarisch |
Das Christentum ist unsere Software | Religion ist die Software einer Gesellschaft, in unserem Fall das Christentum. Doch die Identifikation mit unseren Wurzeln nimmt stetig ab, auch die Bedeutung von Ostern. „Grundschule – erste Klasse. Wohlhabender Hamburger Speckgürtel. Geringer Migrationsanteil. KEIN Kind wusste, warum #Ostern gefeiert wird. Ostereier, Hasen Süßigkeiten. Versteht mich nicht falsch. Niemand MUSS Christ sein. Zu wissen, welcher Glaube und welche Kultur über Jahrhunderte unsere Gesellschaft geprägt hat, wäre trotzdem eine erstklassige Idee.“ Über diesen Text stolperte ich bei X (vormals Twitter), er machte mich nachdenklich. Wie weit hat sich unsere Gesellschaft von ihren Wurzeln entfernt, dass die Bedeutung von Ostern nicht mehr geläufig ist? Schlimm. Noch schlimmer: Wie oft werden Dummheit und Ignoranz für Aufklärung gehalten? Man hält sich für superschlau, sich von grauen, religiösen Vorzeiten befreit zu haben, nur um dann anderen, gerade aktuellen Zeitgeistsekten hinterherzulaufen. Da das Christentum unstreitig maßgeblich prägender Faktor unserer Gesellschaft und Kultur war, sollte man schon wissen, was Ostern bedeutet, welche Inhalte es hat – und welche Folgen. Natürlich ist das schwierig, weil die christlichen Kirchen nahezu verschwunden sind und lediglich als steuerfinanzierte Institutionen wahrgenommen werden, die Steigbügelhalter der jeweiligen politischen Machthaber sind. Aber möglicherweise ist dieses der Kern des (auch politischen) Problems? Egal, weiter geht es. Ich zitiere einen weiteren Tweet: „Fragt man ChatGPT: 'Was sind die drei hauptsächlichen Errungenschaften des Christentums?' Dann lautet die Antwort: 1. Die Ausbreitung von Werten und Ethik: Das Christentum hat stark zur Verbreitung bestimmter moralischer und ethischer Werte beigetragen, wie z.B. Nächstenliebe, Vergebung und die Würde des Menschen. Diese Werte haben die Gesellschaften stark beeinflusst, in denen das Christentum vorherrschend ist. 2. Die Förderung der Bildung: Diverse christliche Orden und Organisationen haben sich seit Jahrhunderten der Bildung gewidmet. Mönche im Mittelalter kopierten und bewahrten viele klassische Texte und Universitäten wurden von der Kirche gegründet. Heutzutage gibt es viele christliche Schulen und Universitäten auf der ganzen Welt. 3. Soziale Arbeit und humanitäre Hilfe: Christliche Organisationen haben schon immer eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von humanitärer Hilfe und sozialen Dienstleistungen gespielt. Sie betreiben Krankenhäuser, Waisenhäuser, Suppenküchen und vieles mehr, um den Bedürftigsten zu helfen. Auf X ist‘s einfacher: - Kindesmissbrauch - Hexenverbrennung - Kreuzzüge“ In der Tat, die Ablehnung, geradezu Hass, auf das Christentum ist ausgeprägt und anders als durch entsprechende Indoktrination kaum erklärlich. Dass dieses Selbsthass ist, man damit die Axt an die Wurzeln legt, aus denen die westliche Zivilisation erwuchs, wird – ja, was? Verkannt? Ignoriert? Bewusst negiert, um einen fruchtbaren Boden für eigene Ideologien zu haben? In einem lesenswerten Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung beschreibt Benedict Neff den zerstörerischen Selbsthass: „Die neue deutsche Zelebrierung des Ramadans findet in einem Kontext der Selbstverleugnung statt. In einem Land, in dem Kreuze Anstoss erregen, in dem Kitas Schlagzeilen machen, weil sie – aus Rücksicht auf Muslime – kein Schweinefleisch mehr verwenden; und ein Martinsfest auch mal als ‚Sonne-Mond-und-Sterne-Fest‘ durchgeführt wird, um ja niemanden zu verletzen.“ Er fragt sich, warum die Deutschen so sind und kommt zu keinem schmeichelhaften Schluss. Wer sagt, dass die Auskunft von ChatGPT korrekt ist, wird schnell als Idiot oder irgendetwas mit -phob im Wort bezeichnet. Es wird behauptet, das Christentum habe Wissenschaft verhindert, man denke nur an Galilei. Demgegenüber habe die „islamische Kultur“ (?) die Wissenschaft gefördert, wovon wir profitiert hätten. Musterbeispiel dafür seien die arabischen Zahlen. Dumm nur, dass diese in Wirklichkeit indisch sind und nur arabisch genannt werden, weil sie über arabische Länder zu uns kamen. Dass ein Mönch, der spätere Papst Silvester, sie über Spanien in den Westen brachte, wobei diese noch keine Null hatten, wissen sie nicht. Zwar kannten die Inder wohl schon 330 v. Chr. die Null, aber es war der italienische Mathematiker Leonardo Fibonacci, der die Null 1202 mit seinem Werk „Liber abbaci“ in Europa einführte. Fibonacci ist ein genialer Mathematiker gewesen, der heute noch im Rahmen der technischen Analyse an der Börse mit dem sogenannten Retracement ein große Rolle spielt. Viele wissen so vieles nicht, haben aber eine ganz feste Überzeugung. Es geht nicht darum, andere Kulturen und Religionen schlecht zu machen, sondern darum, die eigene nicht in den Dreck zu ziehen. Wissenschaftler wie Fibonacci strebten danach, die göttliche Ordnung zu erforschen. Die Natur ist deutlich erkennbar Gesetzmäßigkeiten unterworfen. Herauszufinden, welche dies sind, wie sie „funktionieren“ – das war und ist Aufgabe der Wissenschaft. Gerade diese Gesetzmäßigkeiten bestätigten die Wissenschaftler in der Auffassung, dass es einen Schöpfergott geben müsse, woher sollten sonst diese Gesetzmäßigkeiten stammen? Die Entschlüsselung der Sprache Gottes war die Aufgabe der Wissenschaft, die daher mitnichten im Gegensatz zum Glauben stand. Zumindest das sollte der aufgeklärte, gebildete Europäer wissen. Religion ist aber mehr, es ist die Software einer Gesellschaft. So wie die Software die Hardware eines Computers steuert, steuert sie das komplexe Gebilde „Gesellschaft“. Deren Erfolg hängt davon ab, wie gut die Software diese Aufgabe erledigt und wie gut sie mit der jeweiligen Hardware korrespondiert. Da gibt es Unterschiede, wie vergleichende, empirische Analysen zeigen. Objektiv feststellbar ist, dass die sogenannte westliche Zivilisation, die bekanntlich griechisch-römische und jüdisch-christliche Wurzeln hat, bei einer solchen historischen Analyse gut abschneidet. Demgegenüber erwiesen sich sämtliche neuzeitlichen westlichen Ideologien wie Kommunismus, Sozialismus, Nationalsozialismus, Faschismus und so weiter, welche die Traditionslinien bewusst durchbrachen, als grottenschlecht. Wie gravierend unterschiedlich die Wirkungen verschiedener „Software“ sind, zeigt das Beispiel Haiti/Dominikanische Republik: Zwei Staaten auf derselben Insel mit denselben Rahmenbedingen, aber komplett anderen Ergebnissen. Haiti ist das, was Trump ein „shithole country“ nannte, die Dom. Rep. ist ein Urlaubsparadies. Sie ist zwar nicht perfekt, aber ein funktionierendes Gemeinwesen. Warum? Für rational Denkende ist das eine interessante Fragestellung. Dass man sich bemühen muss, wenn man Erfolg haben will, und dass Wirkungen auf eine Ursache zurückzuführen sind, ist bekannt. Die Redewendung „Von nichts kommt nichts“ besagt genau dieses und geht auf Shakespeares King Lear zurück: „Nothing can come of nothing.“ Das ist das Stück, in dem King Lear sagt: „Tis is the times plague, when madmen leads the blind.“ (Deutsch: „Es ist der Fluch der Zeit, dass Tolle Blinde führen!“) Klingt höchst aktuell und beweist, dass die Bibel stimmt, es gibt nichts Neues unter der Sonne (Prediger 1,9). Der russisch-britische Satiriker, Autor und Co-Moderator des Triggernometry-Podcasts, Konstantin Vadimovich Kisin, hält die westliche Zivilisation für unbedingt schützenswert und bezeichnet sich selbst als Kulturkämpfer. In einer kürzlich gehaltenen Rede in Australien begründet er sein Engagement wie folgt: „Der Westen ist kein Zufall; ich habe die andere Seite gesehen. Innovation, Sicherheit und Wohlstand sind das Ergebnis unserer Prinzipien. Deshalb sind sie schützenswert.“ Der Westen kein Zufall? Von nichts kommt nichts? Wer hätte das gedacht. Er bezeichnet Australien als gutes Beispiel für das, was er meint. In seiner Rede in Sydney fragt er: Was passiert, wenn man eine Gruppe Krimineller in ein karges Land voller giftiger Kreaturen verschifft und dann ein paar hundert Jahre später nachschaut? Nun, das Ergebnis ist für jeden offensichtlich. Man könnte es als „real life experiment“ bezeichnen mit sehr eindeutigem Ausgang. Er weist auch darauf hin, dass kein Australier auf den Gedanken käme, sich in ein kleines, nicht wirklich seetüchtiges Boot zu setzen und seine Zukunft in einem anderen Land zu suchen. Umgekehrt versuchen aber viele, nach Australien zu kommen. Kisin analysiert, welche Faktoren maßgeblich den Erfolg beeinflussen und nennt Demokratie, das heißt das Regieren mit Zustimmung, die Garantie des Privateigentums und die freie Meinungsäußerung. Als Gegenbeispiel führt er das autokratische Russland an, wo der Schutz des Privateigentums nur so lange gilt, wie man dem Kreml nicht im Weg steht. Der Wert der freien Meinungsäußerung liege darin, dass auf Fehler rechtzeitig hingewiesen würde. Auch hier verweist er auf Russland: Putin sei der festen Überzeugung gewesen, die Invasion in die Ukraine sei ein Spaziergang, weil er in einer abgeschlossenen Blase lebe, in der niemand sich traue, ihm zu widersprechen. Kisin hat natürlich völlig recht, alles das sind wichtige Faktoren. Allerdings kam mir der Gedanke, dass der Westen gerade an diesen Grundpfeilern kräftig sägt. Regieren mit Zustimmung? Hm. Tatsächlich ist die Entfremdung des Normalbürgers von „denen da oben“ selten so groß gewesen wie heute. Die meisten Deutschen wollen nicht grün regiert werden. In den USA gelingt es den Parteien nicht, einen Präsidentschaftskandidaten aufzustellen, den die überwiegende Mehrheit der Bürger für akzeptabel hält: Erkennbar ist die Entfremdung zwischen Bürger und politischer Führung enorm. Die Garantie des Privateigentums ist zumindest in Deutschland nicht mehr gesichert, dafür sorgt die Ampel ebenso zuverlässig wie dafür, dass man seine Meinung besser nicht offen sagen sollte, wenn sie nicht linientreu ist. Die Zeiten haben sich also geändert. Die westliche Zivilisation wird zunehmend von innen heraus ausgehöhlt. Wie schon Schiller feststellte: „Doch mit des Geschickes Mächten / Ist kein ew’ger Bund zu flechten, / Und das Unglück schreitet schnell.“ In der Neuzeit gab und gibt es verschiedene „Todessekten“, aktuell die Grünen. „Achtung, Todesgefahr, lauft weg“, ist deren Devise. Man stellt sich den Gefahren nicht, lernt nicht, mit ihnen umzugehen, wächst nicht an ihnen, sondern wird immer ärmer, unfähiger, dümmer. Die zunehmende Unbeliebtheit der Grünen ist nicht darauf zurückzuführen, dass sie den Menschen unbequeme Wahrheiten sagen, sondern dass sie zumeist Unsinn erzählen und die Menschen gezielt in Panik versetzen. Die Grünen „treiben mit Entsetzen Scherz“, um daraus eigenen Vorteil zu ziehen, machtpolitisch und finanziell. Oder (wieder) mit Schillers Worten: „Nichts heiliges ist mehr, es lösen Sich alle Bande frommer Scheu, Der Gute räumt den Platz dem Bösen, Und alle Laster walten frey. Gefährlich ist’s den Leu zu wecken, Und grimmig ist des Tigers Zahn, Jedoch der schrecklichste der Schrecken / Das ist der Mensch in seinem Wahn.” Besser kann man es nicht sagen. Übrigens: Schiller ist Teil unserer Kultur. Nur mal so zur Erinnerung. Kisin, der Kämpfer für die westliche Zivilisation, hat eine weitere große Rede gehalten, die von Achgut hier dokumentiert ist. Darin wendet er sich gegen den Raub der Zukunft: „Bei den großen Debatten des letzten Jahrzehnts, dem Kulturkampf und der Polarisierung geht es vor allem um eines: um die Zukunft. Es gibt Menschen wie uns, die glauben, dass unsere Zukunft darin besteht, wohlhabend, mächtig und einflussreich zu sein. Wir sind die Mehrheit. Aber es gibt auch Menschen, deren Hirn durch ein Übermaß an Bildung gebrochen wurde, die glauben, dass unsere Geschichte schlecht ist. Dass wir es nicht verdienen, groß zu sein, dass wir es nicht verdienen, mächtig zu sein, dass wir für die Sünden unserer Vorfahren bestraft werden müssen. Für sie ist unsere Vergangenheit abscheulich, unsere Gegenwart muss mit Entschuldigungen verbracht werden und unsere Zukunft ist ein verwalteter Niedergang. Meine Botschaft an diese Leute ist einfach: Wie könnt ihr es wagen! Ihr werdet die Träume meines Sohnes nicht mit euren leeren Worten stehlen.” In seiner aufrührenden Rede zeigt er anhand der Reise des Christoph Kolumbus wo die wahre Stärke des Westens liegt: „Die Moral der Geschichte ist, dass die Geschichte unserer Zivilisation nicht von Menschen gemacht wurde, die nie einen Fehler gemacht haben. Sie wurde von Menschen gemacht, die es wagten zu glauben, dass sie die Probleme, mit denen sie konfrontiert waren, lösen konnten. Die Geschichte des Westens ist eine Geschichte der Kühnheit.“ Das ist das genau Gegenteil heutiger hysterischer „Todessekten“, des Vermeidens jeder Gefahr und Weglaufens vor jedem Problem. Woher kam diese Kühnheit, dieser Mut? Woher kam diese völlig andere, positive und lebensbejahende Einstellung? Sowohl für die jüdische wie auch die christliche Religion ist sie grundlegend. Das Gebot, getrost und freudig zu sein, enthält schon die Tanach, die Sammlung Heiliger Schriften des Judentums. Teile davon bilden das Alte Testament des Christentums (Josua 1,9): „Laß dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.“ Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht? Das ist aber so etwas von anti-grün! Für Judentum und Christentum war der Auftrag „Fürchtet euch nicht“ charakterisierend. „Was kann mir schon gescheh'n? Glaub mir, ich liebe das Leben“, singt Vicky Leandros. Das ist sozusagen das Credo. Ostern ist das höchste Fest des christlichen Kirchenjahrs, denn es ist die Krönung der Hoffnung und Furchtlosigkeit. Es ist eine Geschichte von Verrat und Tod, dem Tiefpunkt menschlichen Lebens schlechthin. Aber eben nicht das Ende, sondern dessen Überwindung. „Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe.“ (Johannes 11,25). Mit einer solchen Botschaft wird man kühn, traut sich etwas zu und geht mutig mit Problemen um! Kisin zitiert Alexander Solschenizyn mit den Worten: „Die Stärke oder Schwäche einer Gesellschaft hängt mehr vom Niveau ihres geistigen Lebens ab als von ihrem Industrialisierungsgrad. Wenn die geistigen Energien einer Nation erschöpft sind, wird sie weder durch die absolut perfekte Regierungsstruktur noch durch irgendeine industrielle Entwicklung vor dem Zusammenbruch bewahrt werden können. Ein Baum mit einem faulen Kern kann nicht stehen.“ Damit beschreibt Solschenizyn das, was dem deutschen Juristen als Böckenförde-Diktum bekannt ist. Genau das ist der Punkt. Mit „Todessekten“ und einer Einstellung, die von Selbsthass geprägt ist, zudem oft von völliger Unkenntnis der Fundamente unserer Zivilisation, kann Deutschland nicht überleben. Diese generelle innere Schwäche der westlichen Zivilisation ist geradezu eine Einladung an die Gegner des Westens, die Konfrontation zu suchen. Dabei verschärft die ganz speziell in Deutschland verbreitete Selbstabschreckung die Gefahr. Das typisch deutsche Schwanken zwischen den extremen Polen Selbstüberhöhung und Selbstscham ist geradezu suizidal. Ein Grund dafür liegt darin, dass die Wurzeln unserer Kultur abgestorben sind. Perfekte Regierungsstrukturen oder eine florierende Wirtschaft sind die Folgen einer guten Software, ohne diese geht es nicht. Parteien können das Problem nicht lösen, sie sind am falschen Ende der Kausalität. Kisin beschließt seine Rede mit folgenden Worten: „Wir befinden uns im Kampf unseres Lebens. Wenn Mut überhaupt etwas bedeutet, dann ist es, das Richtige zu tun und bereit zu sein, die Strafe auf sich zu nehmen. Lassen Sie es mich noch einmal sagen: DER TOD IST IMMER GEWISS. Wir können nicht wählen, ob wir sterben wollen oder nicht. Die einzige Wahl, die wir haben, ist, ob wir vorher LEBEN.” In diesem Sinne: Frohe Ostern! Hinweis zum Foto oben: Das ist die Weydlich-Kapelle am Flüsschen Chřibská Kamenice (Böhmische Schweiz). Das Foto hat Fotograf Stefan Klinkigt letztes Jahr gemacht. Auf der Vorderseite befindet sich eine nur noch schwer lesbare Inschrift: „Jesus vergib Mir Meine Sünde. 1697. Der Heilige Geist sey stets in Meinen. Georg Ferdinandt Weydlich – Schrauben Macher.“ Errichtet wurde das Kapellchen 1697 mit einem Bildnis der heiligen Dreifaltigkeit. Weydlich war ein Glasmacher aus dem Gehöft Nr. 1 in Rennersdorf (heute Rynartice). Unter „Schrauben“ verstand man in der damaligen Zeit Verschlüsse für Glasflaschen. | Annette Heinisch | Religion ist die Software einer Gesellschaft, in unserem Fall das Christentum. Doch die Identifikation mit unseren Wurzeln nimmt stetig ab, auch die Bedeutung von Ostern. | article | 31.03.2024 09:00 | https://www.achgut.com/artikel/Das_Christentum_ist_unsere_Software/P77#comment_entries |
Antreten zum Demokratie-Dienst! | Eine einfache Wiedereinführung der Wehrpflicht, das ist den modernen Kriegstauglich-Machern viel zu rückwärtsgewandt. Da gibt man dem alten Zwangsdienst lieber schöne neue Namen. „In der Diskussion über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht oder ein verpflichtendes soziales Dienstjahr mahnt Bundespräsident Steinmeier zur Eile“, hieß es am 31. März in Medienmeldungen. Wollte das Staatsoberhaupt mit der Wahl des Datums vermeiden, dass man seine Äußerung einen Tag später für einen Aprilscherz hätte halten könnte? Früher hätte diese Gefahr vielleicht bestanden, aber dieser Tage scheint inzwischen aus jeder politischen Ecke ein Vorschlag für die Organisation eines neuen Pflichtdienstes zu kommen. Gibt es eigentlich noch jemanden in der deutschen Politik, der gegen einen neuen Zwangsdienst beim Militär oder alternativ in anderen Bereichen, in denen der Staat billiges Personal braucht, eintritt? Dass in den Unionsparteien viele schon mit der Aussetzung der Wehrpflicht fremdelten, als diese von eigenen Parteifreunden durchgesetzt wurde, war bekannt. Deshalb ist der Wunsch nach der Rückkehr zum Gestellungsbefehl in diesen Reihen nicht verwunderlich. Der SPD-Verteidigungsminister, der sich bekanntlich um die Kriegstauglichkeit des Landes sorgt, ist offenbar ebenfalls ein Freund des Pflichtdienstes für das, was man früher das Vaterland nannte. Unter seinen Genossen meldeten sich weitere Befürworter irgendeiner Form der Wehrpflicht, wie beispielsweise die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl. Im Deutschlandfunk sagte sie ebenfalls am 31. März in Hinblick auf die Koalitionsverhandlungen voraus: “Irgendeine Form von Pflicht wird es geben”, und sie selbst könne sich da „ein bisschen Zwang“ vorstellen. Gut, also von der ihre Ziele gerade aushandelnden künftigen Koalition haben insbesondere die jungen Menschen „ein bisschen Zwang“ bei der Gestaltung ihrer künftigen Lebenszeit zu erwarten. Und was ist mit den Grünen? Früher waren die immer gegen Zwangsdienste und setzten sich eher für die Rechte von Kriegsdienstverweigerern ein. Aber in diesem früher waren heutige Möchtegern-Panzergrenadiere aus ihren Reihen auch noch bekennende Pazifisten. Heutzutage fremdeln sie mit dem Zwang offensichtlich schon deutlich weniger, wenn man denn einen schöneren Begriff findet und ihn für die eigene Klientel sozialverträglich ausgestaltet. Katharina Schulze, die wohl bekannteste bayerische Grüne und der innenpolitische Sprecher ihrer grünen Landtagsfraktion, Florian Siekmann, schlugen am Wochenende einen verpflichtenden „Freiheitsdienst“ vor. Es hat schon Orwellsche Qualität, ausgerechnet eine Pflichtzeit „Freiheitsdienst“ zu nennen. Dessen Ausgestaltung zeugt auch von großer Originalität, wie die taz berichtete: „Demnach sollen alle in Deutschland lebenden Menschen zwischen 18 und 67 Jahren irgendwann für insgesamt sechs Monate entweder Wehrdienst bei der Bundeswehr schieben, im Bevölkerungsschutz tätig sein oder einen Gesellschaftsdienst ableisten. ‚Es ist an der Zeit, die Frage zu stellen: Was kannst du für dein Land tun?‘, begründet Schulze ihren Vorstoß. ‚Der Freiheitsdienst ist ein Gemeinschaftsprojekt für Deutschland von allen für alle.‘“ Konkret soll sich jeder junge Mensch nach Ablauf der Schulpflicht einer allgemeine Musterung unterziehen, auf der neben der Prüfung der gesundheitlichen Eignung umfassend über die drei Zweige des „Freiheitsdienstes“ informiert werden soll. Die sechs Dienstmonate könnten demnach entweder am Stück oder zeitlich verteilt bis zum 67. Lebensjahr erfüllt werden. Gelten soll die Pflicht „für alle mit festem Aufenthalt in Deutschland, unabhängig von Staatsbürgerschaft oder Geschlecht“. Was mit denen geschehen soll, die sich dem „Freiheitsdienst“ vielleicht einfach dadurch entziehen, dass sie mit 66 das Land verlassen, ohne gedient zu haben, ist wahrscheinlich in dem Konzept noch nicht zu Ende gedacht. Vielleicht greifen auch noch Ausnahmen. Wer bereits Wehr- oder Zivildienst geleistet hat, soll keinen Gestellungsbefehl zum „Freiheitsdienst“ bekommen. Auch ehrenamtliches Engagement, „das dem Gesellschaftsdienst entspricht“, könne angerechnet werden. Dazu zählten Schulze und Siekmann u.a. den Einsatz als Trainerin beim Sport, als Jugendleiter in der Jugendarbeit oder auch Lesebegleitung durch Großeltern in Schulen. Der Herr Siekmann kann das auch noch viel schöner formulieren: „Der Freiheitsdienst ist viel mehr als der alte Wehrdienst, er zielt auf eine Gesamtverteidigung mit gesellschaftlicher Widerstandskraft“. Wer muss bei solch großen Worten nicht vor Ergriffenheit innerlich strammstehen? Nur der Widerstandskraftzersetzer von der taz nörgelt noch ein wenig: „Allerdings passt es nicht so ganz zum grünen Bundestagswahlprogramm, in dem es heißt, statt der Wiedereinführung eines Zwangsdienstes wolle die Partei ‚den freiwilligen Wehrdienst und die Reserve für eine breite Zielgruppe attraktiver machen‘“. Gegen die schwarzrotgrünen Überlegungen, die Bürger wieder zur Abtretung von Lebenszeit zwecks Ableistung eines Dienstes fürs Land zu zwingen, dürfen selbige auch von der sonst konsequent oppositionellen AfD kaum Hilfe erwarten. Dort tritt man zwar nicht für neu etikettierte „Freiheitsdienste“ ein, sondern für die Rückkehr zur alten Wehrpflicht, aber an die Lebenszeit wollen sie den Menschen trotzdem, wenn das Vaterland ruft. Und was ist mit den Linken? Die fremdeln zwar mit Bundeswehr und NATO, aber der Staat, den ihre Partei einst unter anderem Namen geführt hat, war gut durchmilitarisiert. Es widerspricht dem Denken etlicher Genossen sicher auch heute nicht grundsätzlich, die Menschen zu etwas zu zwingen, wenn es denn in linken Augen etwas Gutes ist. Linken-Parteichefin Ines Schwerdtner wird mit dem Satz zitiert: „Es wäre ein zivilisatorischer Rückschritt, die Wehrpflicht wieder einzuführen“, was bedeuten kann, dass sich die SED-Erben anders etikettierten Pflichtdiensten im Sinne von etwas, das für sie fortschrittlich ist, nicht verschließen würden. Der Bundespräsident jedenfalls soll gesagt haben, dass eine Pflichtzeit ein praktischer Einsatz für die Demokratie und für eine lebenswerte Zukunft wäre. Damit liefert er noch zwei Etikettierungsvorschläge. Wie wärs mit „Demokratie-Dienst“ oder „Zukunftsdienst“? Es sieht also auf den ersten Blick in der politischen Landschaft der Bundesrepublik künftig gar nicht gut aus für die Verweigerer und Drückeberger. Irgendein Pflichtdienst scheint zu kommen, nur wie er aussieht und welchen Namen er trägt, ist nicht klar. Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht dürfte im neuen Deutschland allerdings noch viele Hürden zu nehmen haben. Nicht nur, dass die ganze Organisation der Erfassung und Einberufung wieder aufgebaut werden muss, die Kasernen entsprechend ausgebaut werden müssen, wie auch die Ausbildung wehrpflichtiger Soldaten. Neue Fragen gibt es auch: Wie soll die Truppe auf unklare Geschlechtszugehörigkeiten reagieren? Wie mit religiös begründeten Extra-Wünschen umgehen? Sind Muslime im Ramadan von Einsätzen befreit? Es dürfte sicher viele zu klärende Diskriminierungs- und Gleichbehandlungsfragen geben, an denen sich eine neue Wehrpflicht-Bundeswehr ausgiebig mit sich selbst beschäftigen könnte. An solchen Stellen stehen sich all die neuen Pflichtdienstbefürworter dann wahrscheinlich gründlich selbst im Weg. Und solange sie sich mit ihren eigenen Widersprüchen beschäftigen müssen, muss wohl niemand mit der Kriegstauglichkeit Deutschlands rechnen. Egal, ob man das nun beruhigend oder eher beunruhigend findet. Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com. | Peter Grimm | Eine einfache Wiedereinführung der Wehrpflicht, das ist den modernen Kriegstauglich-Machern viel zu rückwärtsgewandt. Da gibt man dem alten Zwangsdienst lieber schöne neue Namen. | article | 02.04.2025 06:00 | https://www.achgut.com/artikel/antreten_zum_demokratie_dienst/P112#comment_entries |
Grundsatzurteil erlaubt Abschiebung nach Griechenland | In Griechenland anerkannte Asylbewerber, die nach Deutschland kommen, um auch hier einen Asylantrag zu stellen, dürfen ins Erstaufnahmeland abgeschoben werden, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Abschiebung alleinstehender, gesunder und arbeitsfähiger Migranten nach Griechenland erlaubt ist, meldet welt.de. Trotz bekannter Probleme im griechischen Aufnahmesystem seien sie dort nicht von extremer Not betroffen. Zwei Kläger, ein staatenloser Palästinenser aus dem Gazastreifen und ein Somalier, waren 2017 und 2018 über die Türkei nach Griechenland eingereist und hatten dort einen Schutzstatus und eine befristete Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Nachdem sie nach Deutschland weitergereist waren und dort noch einmal Asyl beantragt hatten, wurden diese Anträge abgelehnt (Az.: BVerwG 1 C 18.24 und 1 C 19.24). Der Grund für die Weiterreise ist einfach: Während anerkannte Asylbewerber in Deutschland staatliche Leistungen beziehen, sind sie in Griechenland weitgehend für sich selbst verantwortlich. Das Gericht bestätigte, dass in Griechenland der Zugang zu Grundbedürfnissen wie Unterkunft, Nahrung und Arbeit gegeben sei, auch wenn die Bürokratie eine Herausforderung sei. Migranten-Lobbygruppen wie Pro Asyl sehen das natürlich anders und behaupten, Asylbewerber würden in Griechenland ins Elend verfallen. Das Urteil könnte Auswirkungen auf Tausende Asyl-Verfahren in Deutschland haben, da ein großer Teil der Migranten illegal über Griechenland und die sogenannte West-Balkan-Route nach Deutschland kam. Allein im Jahr 2024 hätten laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 25.112 Migranten einen Asylantrag gestellt, die zuvor in Griechenland bereits als Flüchtlinge anerkannt waren. Ob die Abschiebung nach Griechenland, die nun rechtlich möglich ist, in der Praxis auch erfolgt, ist eine andere Frage. Inzwischen fliegt die noch amtierende rot-grüne Minderheitsregierung weiterhin Afghanen ein und will sogar Menschen aus dem Sudan in Deutschland ansiedeln, wie bild.de berichtet. | News-Redaktion | In Griechenland anerkannte Asylbewerber, die nach Deutschland kommen, um auch hier einen Asylantrag zu stellen, dürfen ins Erstaufnahmeland abgeschoben werden, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. | article | 17.04.2025 07:30 | https://www.achgut.com/artikel/grundsatzurteil_erlaubt_abschiebung_nach_griechenland |
Das Schwein des Anstoßes | In einem niederländischen Krankenhaus ist ein Bild abgehängt worden, das ein kleines, grinsendes Ferkel zeigt. Begründung: Muslime könnten daran Anstoß nehmen. Das ist nur der jüngste Fall einer Reihe von Aktionen von vorauseilendem Gehorsam. http://www.ksta.de/html/artikel/1278663552048.shtml | Fundstück | article | 28.07.2010 05:01 | https://www.achgut.com//artikel/das_schwein_des_anstosses |
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Bericht zur Coronalage vom 24.11.2020: Gute Nachrichten, schlechte Presse | Ich finde, es ist Zeit für positive Nachrichten. Es gibt in Deutschland akademische Strukturen, die vernunft- und kompetenzgesteuert arbeiten und ihre Zahlen auch dann präsentieren, wenn sie nicht dem öffentlichen Erwartungsdruck entsprechen. Ich möchte Ihnen nun eine Auswertung der Initiative für Qualitätsmedizin, einem Zusammenschluss deutscher und schweizerischer Kliniken erläutern. Sie trägt den Namen „Effekte der SARS-CoV-2 Pandemie auf die stationäre Versorgung im ersten Halbjahr 2020“. Sie bezieht sich auf 2,8 Millionen Behandlungsfälle in 421 Krankenhäusern aller Versorgungsstufen und damit auf 35 Prozent aller deutschen Krankenhausfälle. Diese Erhebung basiert nicht auf unrealistischen Horror-Modellrechnungen von Panikmachern, auf die sich ganz offenbar die Politik verlässt, sondern auf den Krankheitscodierungen der Abrechnungsdaten und kommt damit der Wirklichkeit so nahe, wie es derzeit möglich ist. Das Ergebnis: Es gab 2020 weniger stationär behandelte schwere Atemwegsinfektionen als 2019 und zwar inklusive Covid-19. Man bedenke, 2019 war im Vergleich zu 2018 eher eine milde Grippewelle. Es gab bzgl. Atemwegsinfektionen sogar 2020 weniger Beatmungsfälle als 2019. Auch weitere Details dieser Auswertung, auf die ich weiter unten ausführlich eingehe, geben Anlass zur Entwarnung und zum Nachdenken. Was jedoch sehr irritiert, ist, dass diese Erhebung schon Ende Oktober veröffentlicht wurde und weder Politik noch Medien diese gute Nachricht an die Bevölkerung weitergegeben haben. Ein Leser hat mich darauf hingewiesen mit der Bitte, diese Auswertung auf Achgut.com zu veröffentlichen. Die Medien würden sie ignorieren. Kann es sein, weil diese Arbeit die Annahme einer Epidemie nationalen Ausmaßes endgültig widerlegt? Denn durch diese Auswertung wissen wir es nun schwarz auf weiß, dass die neuen einschneidenden Corona-Schutzmaßnahmen angesichts des massiven gesellschaftlichen, auch gesundheitlichen, Schadens keinen Sinn machen. Wer hier von einem Präventionsparadox spricht (das Missachten von Maßnahmen, weil sie wirken), der hat nicht verstanden, dass im Frühjahr die Infektionen bereits vor dem Lockdown zurückgingen und dass die Infektion ihren Weg geht, egal ob sich Länder zu einem milden, mittleren oder schweren Lockdown entschließen. Die neuen Maßnahmen haben, wenn überhaupt, einen geringgradigen Einfluss auf die Virusverbreitung. Und da die meisten Infizierten quasi fast symptomfrei sind, wird eine Nachverfolgungsstrategie selbst bei bestausgestatteten Gesundheitsämtern – und davon sind wir Lichtjahre entfernt – kaum möglich sein. Kurz: das ausgebrochene Virus lässt sich nicht wirksam eindämmen. Darauf weist in eindringlichem Ton auch eine weitere Stellungnahme eines Autorenkreises, bestehend aus ehemaligen Mitgliedern des Sachverständigenrats Gesundheit der Bundesregierung, Medizinprofessoren, Fachleute der Krankenkassen, hin. Eine ernüchternde Analyse des bisherigen Pandemiegeschehens und der Forderung eines Strategiewechsels, weg von der Angstkommunikation, Beenden der einschränkenden Maßnahmen und direkter Fokus auf die Pflegeheime mittels besserer Ausstattung an Material und Pflegekräften. Dies ist die 6. Stellungnahme, in der die Autoren die offizielle Coronapolitik kritisieren. Sie bescheinigen der Regierung Beratungsresistenz. Ich bin mir sehr sicher, die Frage, inwieweit solche Epidemien in den Pflegeheimen Todesopfer fordern und auch Intensivabteilungen punktuell überfordern, entscheidet sich anhand einer intelligenten, interdisziplinären Strategie in der Prävention und Therapie von Atemwegsinfektionen bei alten, vorerkrankten Menschen vor Ort und nicht in der Gesellschaft. Eine Corona-Strategie wie sie auf Achgut.com schon seit März gefordert wurde und die mit einem Bruchteil des inzwischen verbrannten Geldes in den Pflegeheimen hervorragend hätte umgesetzt werden können. Was mich persönlich hochgradig empört ist die martialische, permanente wie omnipräsente Angstpropaganda und ihre erwartbare negative Wirkung auf Psyche und Körper. Selbst wenn die Corona-Epidemie ähnlich wie 2018 unter den Älteren gewütet hätte, wäre die von der Regierung verbreitete Panik völig unangebracht.Eine demokratisch gewählte Regierung sollte ihre Bürger durch gute Informationen motivieren und Zuversicht vermitteln. 2020 jedoch fällt das Bild einer gefährlichen Bedrohung durch ein unsichtbares Killervirus angesichts der Wirklichkeit wie ein Kartenhaus zusammen. Weitere Details der Auswertung erstaunen, andere wiederum waren erwartbar. Vor allem Stephan Kohn, der einzige Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums (BMI), der dort bereit war, seine Arbeit zu tun, nämlich eine Risikoanalyse der Schutzmaßnahmen zu erstellen, hat eindringlich auf die negativen Auswirkungen auch im Gesundheitsbereich frühzeitig hingewiesen. Das BMI versucht immer noch juristisch, seinen Beamten deswegen, und defacto nur deswegen, rauszuschmeißen. Ein Skandal, den niemanden in der Presse interessiert. Nicht ignorieren möchte ich an dieser Stelle in aller Klarheit, dass COVID-19 für die Risikogruppen eine schwere, tödliche Erkrankung sein kann, die vorgestellte Auswertung bestätigt dies noch einmal. Es macht auch weiter Sinn, altbekannte Hygienemaßnahmen in der Grippesaison ernst zu nehmen, wie Händewaschen und für die Risikogruppen das Meiden von Menschenansammlungen in engen Räumen. Jedoch zeigt die Auswertung in aller Deutlichkeit, dass die aktuellen, einschneidenden Maßnahmen in keinem Verhältnis zu der Gesamtgefahr durch COVID-19 für die Bevölkerung stehen. Bevor ich Ihnen die Auswertung nun näher vorstelle, habe ich eine Bitte: Verbreiten sie diesen Hoffnung machenden Beitrag an möglichst viele weiter. Verzeihen Sie, wenn ich darauf hinweise, am besten ruhig und sachlich. Viele Menschen schwanken angesichts der Horrormeldung und der tatsächlich erlebten Wirklichkeit. Diese Diskrepanz verstört. Sie brauchen jetzt die Chance ohne Druck, Häme oder hochspekulatives bis abwegiges Beiwerk, die schlichte Wirklichkeit wahrzunehmen. Das ist die beste Medizin gegen den Viruswahn. Hier ist der Link zu dieser Arbeit. Am besten Sie drucken sie sich aus: https://www.initiative-qualitaetsmedizin.de/covid-19-pandemie Ich darf Ihnen die wichtigsten Aussagen dieser Arbeit nun vorstellen und einige der darin enthaltenen Grafiken besprechen und erläutern: Bei der Analyse der im Krankenhaus behandelten Atemwegsinfektionen wird der Oberbegriff SARI verwendet (Severe Acute Respiratory Infections/ "Schwere akute respiratorische Infektionen"). Die Analyse unterscheidet: Also Atemwegsinfizierte ohne Corona, Atemwegsinfizierte mit Corona und Coronakranke ohne Atemwegsinfektion. Anmerkung zu Abbildung 2 (Scrollen): Hier sieht man, dass neben den 14.783 COVID-Fällen mit nachgewiesener Corona Infektion die viel höhere Zahl von 46.919 COVID-Fällen ohne Virusnachweis behandelt wurden. Die Sterblichkeit lag bei nachgewiesener Infektion bei 19%. Maschinell beatmet wurden 18,9%. Bei den COVID Fällen ohne Nachweis war die Sterblichkeit niedriger mit 6,6% und 5,7% Beatmungsfällen. Somit handelt es sich ziemlich wahrscheinlich um eine andere Erregergruppe. Doch welche? Eine mildere Form der Influenza? Die Sentineldaten sprechen eher dagegen, aber irgendetwas anderes muss es sein. An dieser Stelle möchte ich nicht müde werden, auf das Problem der zu frühen invasiven Beatmung bei Viruspneumonien hinzuweisen. Anmerkung zu Abbildung 3 (Scrollen): Vergleich des wöchentlichen Verlaus der SARI-Fälle im ersten Halbjahr 2019 und 2020. Sie sehen, die Kurven laufen parallel, wobei 2020 sogar weniger Behandlungsfälle zu verzeichnen sind. Die Kurve steigt 2019 im Herbst dann wieder an, auch das ist die Situation, die wir gerade erleben. Ob sie 2020 stärker ansteigt, wissen wir noch nicht. Das kann durchaus sein. Welche Rolle die Panik dann dabei spielt, müsste ebenfalls diskutiert werden. Ganz sicher ist, würde man noch das Jahr 2018 als Vergleich hinzunehmen, wäre die Diskrepanz zu 2020 noch wesentlich größer. Die Autoren schreiben: „Überraschenderweise war die SARI-Fallzahl im ersten Halbjahr 2019 mit 221.841 Fällen höher als 2020 mit insgesamt 187.174 Fällen, obwohl darin auch die COVID bedingten SARI-Fälle miteingeschlossen wurden. Die nicht mit COVID in Verbindung stehenden SARI-Fälle summieren sich auf 166.214; SARI U07.1 auf 11.132; SARI U07.2 auf 11.206. Es ist auffällig, dass bei mehr als 35.000 Patienten ein COVID-Verdacht (U07.2) kodiert wurde, ohne dass ein SARI vorlag.“ Und weiter: „Die Beobachtung, dass ca. dreimal mehr Fälle mit COVID-Verdacht als mit einer nachgewiesenen Infektion kodiert waren, ist absolut erstaunlich. Allerdings findet sich ein vergleichbares Verhältnis in den InEk Daten von Ende Mai für ganz Deutschland, wo neben den 34.916 U07.1 Fällen 111.769 U07.2 Fälle kodiert sind. Natürlich könnte man annehmen, dass hierfür gerade am Anfang der Pandemie mangelnde Testkapazitäten verantwortlich waren, was aber nicht zum später auftretenden zeitlichen Verlauf der Verdachtsfälle passt (Abb. 2). Die wahrscheinlichste Erklärung ist unseres Erachtens nach, dass in Anbetracht der medialen Präsenz des Themas und der damit einhergehenden Aufmerksamkeit Fälle mit passender Symptomatik selbst dann als COVID-Verdacht behandelt wurden, wenn die PCR negativ blieb. In der Literatur sind bis zu 30% falsch negativer PCR Befunde beschrieben, sodass dies eine Grundlage für diese Kodierung bieten mag. In der Summe resultierte hieraus allerdings eine nicht plausibel hohe Anzahl an Verdachtsfällen. Das zog möglicherweise einen nicht begründet hohen Aufwand für Schutzmaßnahmen in den Krankenhäusern nach sich, sofern diese Patienten mit denselben oder ähnlichen Maßnahmen behandelt wurden wie nachgewiesene COVID-Fälle.“ Meine Anmerkung: Hier sprechen die Autoren ein ganz aktuelles Problem an. Die Panikmache der Politik und der Medien führte dazu, dass viel zu viele Atemwegsinfektionen als COVID-Patienten eingestuft wurden, sogar 35.000 Fälle ohne Atemwegsymptome. Alle wurden dann stationär als COVID-Fälle gehandhabt, obwohl dies oft gar nicht nötig gewesen wäre (und die ohne Panik möglicherweise ambulant viel besser zu behandeln gewesen wären). Das führt direkt zu dem Problem, dass die dann stationär Aufgenommenen unter Quarantänebedingungen behandelt und gepflegt werden müssen, was einen erheblichen Mehraufwand bedeutet. Dies ist die Situation, die die Krankenhäuser derzeit massiv belastet. Was dazu führt, solche Patienten ohne Nachweis oder Symptome mit der Diagnose COVID zu belegen (Panik, Angst-etwas-falsch-zu-machen, Abrechnungsanreize), sollte extra untersucht werden. Anmerkung zu Abbildung 6 (Scrollen) Bestätigung von Alter als wesentlicher Risikofaktor bezogen auf alle Formen der Atemwegsinfektionen, jedoch ganz besonders bei den gesicherten COVID Fällen. Anmerkung zu Abbildung 7 (Scrollen) Die Autoren: „Während der Phase des Lockdowns waren die Krankenhausbehandlungen um ca. 40% reduziert, was im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass zu der Zeit weitreichende Regularien das elektive Behandlungsangebot für Patienten bundesweit einschränkten. Auch nach Beendigung des Lockdowns bewegten sich die Fallzahlen nur langsam wieder aufwärts, sodass am Ende des ersten Halbjahres 2020 ca. 15% weniger Fälle im Krankenhaus behandelt wurden als zur selben Zeit im vergangenen Jahr.“ Anmerkung zu Abbildung 8 (Scrollen) „Interessanterweise beobachteten wir für den Verlauf der Intensivaufenthalte und auch für die Anzahl der maschinell beatmeten Patienten keine Zunahme im Vergleich zu 2019. Im Gegenteil, die Anzahl von Intensivfällen war im Lockdown deutlich geringer, und die Beatmungsfälle blieben weitgehend unverändert.“ Meine Anmerkung: Natürlich hängt dies auch, wie die Autoren weiter schreiben, mit der Absage von geplanten Operationen und weiteren elektiven Behandlungen zusammen, aber eben nicht nur. Es gab auch weniger Notfallbehandlungen, und das sollte zu denken geben. Anmerkung zu Abbildung 10 (Scrollen) Die Autoren: „Während die Reduktion der elektiven Behandlungen das Ziel der Maßnahmen war, sollten weiterhin alle Notfälle behandelt und dringliche Behandlungen ungehindert fortgeführt werden. Dass allerdings die Pandemie auch deutliche Folgen für die Notfallversorgung hatte, soll am Beispiel der Herzerkrankungen gezeigt werden. Sowohl für den akuten Herzinfarkt als auch für die Herzinsuffizienz waren die Fallzahlen um 24 bzw. 35 Prozent während des Lockdowns erniedrigt. In der Phase danach waren die Zahlen für den Herzinfarkt wieder vergleichbar zu dem Niveau vorher, während für die Herzinsuffizienz die Fallzahlen weiterhin um 15 Prozent im wöchentlichen Durchschnitt erniedrigt blieben.“ Die Autoren: „Während des Lockdowns nahmen die wöchentlichen Krankenhausfälle um 37% ab und blieben auch in der Phase nach dem Lockdown bis zum Ende des ersten Halbjahres um 18% erniedrigt. Die Krankenhaussterblichkeit war in dieser Zeit prozentual von ca. 2,2% auf 3,5% erhöht, was aber nicht auf absolut mehr Todesfälle, sondern darauf zurückzuführen ist, dass weniger Patienten ins Krankenhaus kamen (Abb. 11). So war beispielsweise die beschriebene Fallzahl für den akuten Herzinfarkt und die Herzinsuffizienz während und nach dem Lockdown deutlich geringer. Dass die prozentuale Krankenhaussterblichkeit in dieser Phase für den Herzinfarkt von 7,6% in 2019 auf 9,0% in 2020 und auch für die Herzinsuffizienz von 7,1% auf 9,0% anstieg, war vor allem hierauf zurückzuführen, und wiederum nicht darauf, dass mehr Patienten im Krankenhaus verstarben als im Vorjahr. Bei der Lungenentzündung ist ein anderes Bild zu beobachten. Hier nahm die wöchentliche Fallzahl um 9% zu, es verstarben in der Zeit des Lockdowns allerdings 76% mehr Fälle im Krankenhaus, sodass der Letalitätsanstieg auf eine faktische Übersterblichkeit zurückzuführen ist. Erstaunlicherweise sank nach dem Lockdown die Anzahl der Fälle von Lungenentzündung um 21% verglichen zum Vorjahr, was möglicherweise Ausdruck der Abstands- und Hygienemaßnahmen ist, die nicht nur COVID, sondern auch die Übertragung anderer Lungenentzündungen vermindern können.“ Meine Anmerkung: Herzkrankheiten sind nicht wegen des Lockdowns verschwunden, sondern betroffene Patienten trauten sich nicht, den Arzt zu rufen. Und starben dann wohl in vielen Fällen zu Hause, weil sie nicht oder zu spät behandelt wurden. In welcher Dimension, wird sicher noch genauer untersucht werden. Es mag tatsächlich sein, dass die Zahl der Ansteckungen bei Atemwegsinfektionen insgesamt durch die Lockdown Maßnahmen gedrückt wurde. Die Daten der Sentinelerhebung deuten nicht zwingend darauf hin, aber zumindest wäre dieser Effekt plausibel. Angesichts Abb. 3 beantwortet sich die Frage, ob dieser Effekt aber überhaupt notwendig war, eindeutig mit nein. Wenn, dann wurde er mit zigfachen Nachteilen auf anderen Feldern erkauft. Die Autoren: „Im ersten Halbjahr 2020 wurden deutlich weniger Patienten im Krankenhaus behandelt als 2019. Auch die Gesamtzahl der SARI-Fälle, Intensivfälle und Beatmungsfälle war zu jedem Zeitpunkt geringer als 2019. Zu keinem Zeitpunkt war in den beteiligten Krankenhäusern ein Kapazitätsengpass messbar. Die Folgen der verminderten Krankenhausbehandlungen müssen genau und zeitnah analysiert werden, um auch anhand dieser Daten zu bilanzieren, welche Maßnahmen angemessen sind.“ Diskussion vor dem Hintergrund der kürzlich publizierten Bundesstatistik der Sterbefälle. Die Autoren: „In Zusammenhang mit unseren Beobachtungen ist die Publikation der Sterbefälle für das Jahr 2020 (bis August) durch das Statistische Bundesamt interessant, die eine Analyse der sogenannten Übersterblichkeit ermöglicht, also den Vergleich der auftretenden Sterbefälle mit den erwarteten, die typischerweise aus einem Durchschnitt der Vorjahre berechnet werden Hier zeigt sich, dass die Sterbefälle 2020 nur unwesentlich von dem Mittel der Sterbefälle der Jahre 2016-19 abweichen. Die als „Exzess Letalität“ bezeichnete Differenz ist in der folgenden Abb. 12 für die einzelnen Monate dargestellt, wobei wir die monatlich berichteten Zahlen der an Corona Verstorbenen.“ „Während im April die Übersterblichkeit zeitlich mit der Sterblichkeit an Corona zusammenfiel, war die Übersterblichkeit im August augenscheinlich nicht auf Corona zurückzuführen. Das Statistische Bundesamt gibt in seiner Publikation die Hitzewelle als mögliche Ursache der Beobachtung im August an. Dieser Effekt könnte allerdings auch auf die verminderte Krankenhausversorgung gerade bei Notfällen während der vorhergehenden Monate zurückführbar sein. Eine tiefere Analyse der zugrundeliegenden Zusammenhänge ist zur weiteren Beurteilung wünschenswert.“ Meine Anmerkung: Dem kann ich mich nur anschließen. Noch eines. Das Thema Übersterblichkeit wird immer wieder missbräuchlich verwendet, um die These eines außergewöhnlich gefährlichen Infektionsgeschehens 2020 zu rechtfertigen. Doch dies gelingt nur mit leicht durchschaubaren Darstellungstricks. Auf ScienceFiles wurde dieses Thema ausreichend mit aussagekräftigen Grafiken herausgearbeitet. Mit dieser Kritik am Missbrauch einer angeblichen Übersterblichkeit meine ich ausdrücklich nicht die Autoren dieser Auswertung, die korrekt den gesamten zeitlichen Rahmen darstellen. Sie haben, obwohl sie mit dieser Veröffentlichung der offiziellen Darstellung diametral widersprechen, diese gut zugänglich publiziert. Es wird Zeit, dass solche belastbaren Vergleichszahlen angemessen wahrgenommen werden. Es wird auf diese Weise immer schwerer werden, die Wirklichkeit zu verneinen. Denn wir brauchen als Gesellschaft keine Angst vor Corona und COVID-19 zu haben, nur Respekt. Es handelt sich um eine in Deutschland übliche saisonale, virale Atemwegsinfektion mittlerer Ausprägung. Nicht mehr aber auch nicht weniger. COVID-19 befällt dabei in besonderer Weise die Lunge, während Influenza vermehrt auch zu Herzproblemen führen kann. Was wir zukünftig benötigen, sind intelligentere Strategien und bessere Ausstattungen für die Pflegeheime selbst. Denn dort und nicht in der Gesellschaft entscheidet sich, ob eine solche Infektion zu hohen Todesraten und unwürdigem Sterben, isoliert unter Quarantäne, führt oder nicht. | Gunter Frank | Es gibt in Deutschland akademische Strukturen, die vernunft- und kompetenzgesteuert arbeiten und ihre Zahlen auch dann präsentieren, wenn sie nicht dem öffentlichen Erwartungsdruck entsprechen. Die Initiative für Qualitätsmedizin weist anhand der Daten von 421 Krankenhäusern nach: Es gab 2020 weniger stationär behandelte schwere Atemwegsinfektionen als 2019 und zwar inklusive COVID-19. Wir brauchen als Gesellschaft keine Angst vor Corona und COVID-19 zu haben, nur Respekt. | article | 24.11.2020 06:25 | https://www.achgut.com/artikel/bericht_zur_coronalage_vom_24.11.2020_gute_nachrichten_schlechte_presse/P126#comment_entries |
Das Macron-Fieber: Herr Ober, die Rechnung bitte | Es gibt in diesen Tagen ein denkwürdiges Zusammentreffen zweier Vorgänge: Auf der einen Seite haben führende Vertreter der EU, der Kommissionspräsident und die deutsche Kanzlerin vorneweg, sich mächtig gegenüber Großbritannien in Pose geworfen. Man will London erstmal dazu zwingen, für den EU-Austritt zu „bezahlen“, bevor man überhaupt ein Angebot für zukünftige Beziehungen macht. Auf der anderen Seite feiern die Regierenden einen französischen Präsidentschafts-Kandidaten als Hoffnungsträger Europas. Überall ist das Macron-Fieber ausgebrochen. Während der Feind in Großbritannien ausgemacht ist, soll der Retter aus Frankreich kommen. Wie oft wurde schon in deutschen Medien die Behauptung wiederholt, die Briten hätten nicht gewusst, was sie erwartet, wenn sie für den Brexit stimmen. Aber weiß man in Frankreich eigentlich, was man mit einem Präsidenten Emmanuel Macron bekommt? Und wissen die Europäer, was für ein Risiko sie eingehen, wenn sie die Zukunft der europäischen Beziehungen so sehr an die Besetzung der französischen Staatsführung binden? Wofür steht Macron? Abgesehen davon, dass die Aussagen des „unabhängigen“ Kandidaten sehr sprunghaft und plakativ sind, fällt ein Missverhältnis zwischen seinem französischen und seinem europäischen Ehrgeiz auf. Macron ist sehr zurückhaltend, was die inneren Reformen Frankreich betrifft. Seine Kürzungsvorschläge im übermächtigen Öffentlichen Dienst zeugen von wenig Konfliktbereitschaft. Das Renteneintrittsalter von 62 Jahren soll beibehalten werden. Auch bei der Reduzierung von Staatsdefizit und Staatsschulden unterscheidet er sich kaum von der Politik Hollandes seit 2014. Diese Zurückhaltung im Inneren wird durch sehr weitgehende „Europäisierungen“ kontrastiert. Gleich im ersten Punkt von Macrons Wahlmanifest heißt es: „Um viel mehr als heute investieren zu können, wollen wir ein Eurozonen-Budget“, das von einem Parlament der Eurozone beschlossen und von einem Wirtschafts- und Finanzminister der Eurozone umgesetzt wird.“ Macron schlägt gemeinsame Anleihen aller Euro-Länder (Eurobonds) vor, die Vollendung der sog. „Bankenunion“ durch eine gemeinsame Einlagensicherung, sowie eine gemeinsame EU-Arbeitslosenversicherung. Lauter Vergemeinschaftungen also. Würden sie verwirklicht, würde die EU definitiv zur Transferunion. Der Euro-Liberale entpuppt sich als Euro-Sozialist. Hans-Werner Sinn hat in einem Beitrag für die FAZ (16.3.2017) genau auf dies Missverhältnis zwischen innerer und äußerer Krisenbewältigung hingewiesen: „Macron schlägt den Franzosen ein Programm vor, das ihnen selbst Entbehrungen erspart, und sucht stattdessen mit Deutschland den Schulterschluss für ein gemeinsames Eurobudget, Eurobonds, eine gemeinsame Einlagensicherung und eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung.“ Sinn macht darauf aufmerksam, dass durch den Brexit der bisherige „D-Mark-Block“ (Deutschland, Großbritannien, Niederlande, Österreich, Finnland) kleiner wird und nicht mehr die Sperrminorität von 35 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung (nach dem Lissabon-Vertrag) erreicht. Dieser Block habe bisher einen gewissen Schutz gegen stabilitätsgefährdende Beschlüsse dargestellt. Dieser Schutz fehlt bald. Es geht also nicht darum, der Person Macron eine dämonische Kraft anzudichten. Sein Programm könnte Wirklichkeit werden, weil er im Rahmen einer neuen EU-Konstellation an die Macht kommen würde. Hier gibt es gewissermaßen einen „natürlichen Tendenz“, die neuen Mehrheitsverhältnisse zu nutzen, und dafür wächst Frankreich die Schlüssel- und Führungsrolle zu. Genau an dieser Stelle passt dann die Figur des jung-dynamischen Retters Macron besonders gut. Für eine Vergemeinschaftung der Defizite ist ein Politiker, der das Image des Liberalen hat und daher unter keinem Links-Verdacht steht, die Idealbesetzung. Das ist die gefährliche Seite dieser uns so freundlich zuwinkenden Kandidatur: Sie enthält einen Keim zur Erpressung - frei nach dem Motto „Ihr werdet den von Euch so geliebten jung-dynamischen Macron doch nicht im Regen stehen lassen. Ihr müsst ihm Erfolge zugestehen.“ Mit einem Macron-Frankreich wird die Gefahr einer Achsenverschiebung der EU real – weil sie im „liberalen“ Gewand daherkommt. Aber ist die Europäische Union nicht eine auf Verträgen beruhende Gemeinschaft? Ist damit eine Achsenverschiebung nicht ausgeschlossen? Nein, ist sie nicht. Denn es gibt in der EU zunehmend Vorgänge, die an der Geltungskraft der Verträge zweifeln lassen. Bei diesen Vorgängen spielt Frankreich nicht nur eine Nebenrolle. Im Jahr 2016 erschien in Frankreich ein Buch mit dem Titel „Un président ne devrait pas dire ca“ („Ein Präsident sollte das nicht sagen“) erschienen, in dem die beiden „Le Monde“-Journalisten Gerard Davet und Fabrice Lhomme ausführlich aus insgesamt 61 Gesprächen zitieren, die sie seit 2012 mit dem Präsidenten Hollande geführt haben. Dort plaudert der Präsident ganz unverblümt vom politischen Geschäft. Und an einer Stelle spricht er von einer geheimen Abmachung mit der EU-Kommission, die Frankreich eine mehrjährige Fristverlängerung für die Überschreitung der 3-Prozent Grenze erlaubt hätte. Dabei, so Hollande, habe der Vertreter der EU-Kommission folgendes Vorgehen vorgeschlagen: „Wir ziehen es vor, wenn Sie weiterhin die 3 Prozent öffentlich als Ziel anstreben, denn dann können wir besser mit den anderen Ländern umgehen…Wir bewilligen Ihnen ein gewisses Entgegenkommen beim Rhythmus, der Ihren Vorstellungen der Haushaltsplanung entspricht. Und wenn es dann nicht die 3 Prozent werden, dann werden wir Ihnen dafür nicht die Schuld geben.“ Hollande spricht in diesem Zusammenhang wörtlich von einem „geheimen Vertrag“. Er sagt auch ganz offen, seine Regierung habe von vornherein gewusst, dass sie die erklärten Haushaltsziele nicht erreichen würden: „Wir wussten, dass wir nicht bei 3 Prozent ankommen werden. Aber wenn wir das von Anfang an gesagt hätten, wären wir nicht als seriös eingeschätzt worden.“ Die Sonderbehandlung Frankreichs durch die EU-Kommission erklärt Hollande als „das Privileg der großen Länder“: „Wir sind eben Frankreich, wir schützen euch, wir haben eine Armee, eine Kapazität der Abschreckung, eine Diplomatie.“ Die Europäer wüssten, „dass sie uns brauchen. Und das hat eben seinen Preis, der gezahlt werden muss.“ (zit. nach einem Artikel in der FAZ vom 18.10.2016) Diese Passagen belegen nicht nur, dass Paris in Bezug auf die Stabilitätskriterien betrogen hat. Hier wurde im Zusammenspiel mit Brüssel ausdrücklich und heimtückisch der Maastrichter Vertrag (ein Zentralpunkt des ganzen EU-Vertragssystems) umgangen. Und nach Bekanntwerden dieser Äußerungen Hollandes wurde nicht etwa eine Untersuchung und ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Sondern der Vorgang wurde möglichst geräuschlos („so ist es halt“) in die Ablage befördert. Aber hier ist an einem Punkt tatsächlich belegt, dass die Europäische Union neben und außerhalb der geschlossenen Verträge arbeitet. Und es ist kein nebensächlicher Punkt, sondern hier wird die Geltung einer Norm verletzt, die für die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit grundlegend ist. Dieser Vorgang ist auch deshalb von großer Tragweite, weil er belegt, dass es in der EU eine Grauzone außervertraglicher Beziehungen gibt, in denen ein Zustand organisierter Willkür herrscht. Willkür bedeutet, dass sich meistens das Recht des Stärkeren durchsetzt – in diesem Fall das Recht der größeren Länder wie Frankreich. Ähnliches kann man auch mit Fug und Recht von einem zweiten Vertrag sagen: dem Schengen-Vertrag, der das verbindliche Verhältnis zwischen dem Schutz der EU-Außengrenzen und der Öffnung der EU-Binnengrenzen regeln soll. Dieser Vertrag wurde und wird systematisch gebrochen. Doch wird auch hier so getan, als gäbe es ihn noch und will in seinem Namen eine Quotenverteilung von Migranten in der EU durchsetzen. „Maastricht“ und „Schengen“ sind grundlegende Bausteine der Europäischen Vergemeinschaftung. Werden diese Bausteine angetastet, wird der rechtsstaatliche Charakter der EU angetastet. Die europäische Vergemeinschaftung wird dann zunehmend durch informelle „Beziehungen“ geregelt. Es entsteht eine Doppelstruktur aus Recht und Willkür. Frankreich hat schon bisher gezeigt, dass es auf dieser Doppelklaviatur der Politik zu spielen weiß. Jetzt muss man damit rechnen, dass die spezielle Beziehung zwischen Paris und Brüssel unter einem Präsidenten Macron eher stärker als schwächer wird. Ein definitiver Schritt in eine europäische Transfer-Union ist also nicht nur eine theoretische Gefahr, sondern eine ganz akut-praktische Gefahr. Es ist in diesen Tagen viel davon die Rede, dass Deutschland und Frankreich unbedingt „zusammenstehen“ müssen. Dass wir in den Wahlen des Jahres 2017 eine „proeuropäische Haltung“ zeigen müssen. Und tatsächlich wird auf manchen Plätzen schon jeden Sonntag eifrig mit dem EU-Fähnchen gewunken. Aber ein Blick auf die immens gewachsene Schuldenlast in Europa zeigt, dass es weniger um edle Freundschaft geht und mehr um „das Geld der Anderen“. Die Schieflage von Wirtschaft und Staatsfinanzen wird vermittels eines Transfer-Systems von Kredit und Subvention durch EZB und EU in Schach gehalten. Halb Europa baut auf die Bonität Deutschlands und Deutschland möchte seinerseits unbedingt seine günstige Exportposition ausbauen. Diese grenzüberschreitende Kombination von Schieflagen ist das Geschäftsgeheimnis der vielbeschworenen „europäischen Lösungen“. Aber diese Lösungen sind nicht nachhaltig, weil sie äußerlich bleiben. Die Defizite und Schulden wachsen ja Monat für Monat immer weiter. Auch sind die Grenzen der deutschen Exportüberschüsse schon deutlich sichtbar. Ein europäischer Bilanzausgleich, der zwischen den Überschüssen einer Minderheit von Ländern und den Defiziten einer Mehrheit hergestellt werden soll, kann nicht gelingen. Eben so wenig kann eine Schieflagen-Kombination zwischen Deutschland und Frankreich funktionieren. Ein solcher „Kern“ Europas würde auch Gift für das deutsch-französische Verhältnis sein, weil er beide Nationen in einer schlechten, entwürdigenden Rolle fixiert. Das sollte man bedenken, wenn man die Vorschläge des „Europa-Kandidaten“ ernsthaft prüft. Soll das wirklich der europäische Zukunftsentwurf sein? Und sollen wirklich die Macrons dieser Welt die Europäer des 21. Jahrhunderts sein? Wenn man diesen Aussichten einmal etwas länger ins Auge blickt, kann man schon auf die Idee kommen, einmal ganz nüchtern seine eigene Gegenrechnung aufzumachen. Ist ein „nationaler“ Kurs nicht enger bei den wirklichen (inneren) Problemen des Landes? Und fahren nicht auch die anderen Länder in Europa besser, wenn sie es mit einem selbstverantwortlichen Frankreich zu tun haben? Die Entscheidung in Frankreich fällt jetzt zwischen dem „parteilosen“ Kandidaten Emmanuel Macron und der Kandidatin der Front National, Marine Le Pen. In dieser Gegenüberstellung liegt eine tiefere Wahrheit. Sie enthält eine längerfristige Perspektive, die über die heutigen Akteure hinausweist. Es zeichnet sich eine neue Gruppierung der politischen Kräfte ab, die die politische Landschaft der kommenden Jahre und Jahrzehnte prägen könnte. Wie wäre diese Gruppierung zu beschreiben? Provisorisch könnte man davon sprechen, dass auf der einen Seite (Macron) eine Politik ohne feste Grenzen und Bestände steht, in der globale (europäische) Aushandlungsprozesse alles Wesentliche regeln. Diese Politik nimmt für sich „Offenheit“ in Anspruch und will Frankreich nur soweit repräsentieren, wie es europäisiert ist. Auf der anderen Seite (Le Pen) sammeln sich die Kräfte, die eine Politik auf Grundlage der begrenzten Bestände, Verhältnisse und Interessen eines Landes anstreben. Für sie ist politische Legitimität nur möglich, wenn sie sich im Rahmen eines „kompakten“ Staatswesens arbeitet und sich in der Kontinuität eines bestimmten Staatsvolks zu verantworten hat. Dieser politische Pol geht davon aus, dass ein anderer, größerer Verantwortungsrahmen nicht zur Verfügung steht und deshalb die Nationen nach wie vor die grundlegende politische Instanz sind. Man könnte auch sagen, dass sich ein diffuser, ins Globale aufgelöster Liberalismus und ein Liberalismus begrenzter, nationaler Verfassungsstaaten gegenüberstehen. Die globalisierende Option hat jetzt einen „unabhängigen“ Kandidaten hervorgebracht, der die etablierten Regierungsparteien auf der linken und rechten Seite außer Funktion setzt und damit die Konturen der französischen Demokratie zum Verschwimmen bringt. Das „offene Frankreich“ verschlingt seine Parteien. Auf der anderen Seite hat die Option der nationalstaatlich begrenzten Verantwortung eine Partei neu hervorgebracht, die bereits einige Stürme überstanden hat. Sie ist zunächst als eine „extreme“ Partei entstanden, die sich durch Radikalopposition gegen die erodierenden, alten Mehrheitsparteien behaupten musste, und die sich nun von dem Stigma befreien muss, nur eine engstirnige und autoritäre Lösung zu haben. Es liegt durchaus in der Logik der Sache, dass die Parteibildung in dieser Richtung weitergeht. Es gibt ein bemerkenswertes Faktum, das auch diejenigen, die sich vor allem um „die rechte Gefahr“ in Frankreich (und anderswo) Sorgen machen, nachdenklich stimmen sollte: Über einen längeren Zeitraum betrachtet ist die Front National nicht den Weg einer zunehmenden Radikalisierung gegangen, sondern sie hat Positionen der Mitte neu belebt. Es gibt Anliegen des Bürgertums und der Arbeiterschaft, die mit der Idee selbstverantwortlicher, souveräner Nationen gut zusammenpassen. Diese Idee muss sich auf Dauer auch nicht auf eine Partei beschränken, sondern kann regierungsfähige Mehr-Parteien-Koalitionen zusammenbringen. Den ersten Teil dieses Beitrags finden Sie hier. | Gerd Held | Von Gerd Held. Mit seinen Europa-Plänen entpuppt sich der „liberale“ Präsidentschafts-Kandidat als Euro-Sozialist. Die Deutschen werden sich möglicherweise noch wundern: Für eine Vergemeinschaftung der Defizite ist ein Politiker, der das Image des Liberalen hat und daher unter keinem Links-Verdacht steht, die Idealbesetzung. Mit einem Macron-Frankreich wird die Gefahr einer Achsenverschiebung der EU real. | article | 07.05.2017 06:25 | https://www.achgut.com//artikel/das_macron_fieber_teil_2#section_leserpost |
Das Schweigen der Belämmerten | Manche Erkenntnisse sickern nur langsam in die Öffentlichkeit – vor allem, wenn die zahlreichen Qualitätsmedien diesen öffentlichen Raum gegen nichthilfreiche Bücher gut abdichten. Am 25. Februar 2013 erschien „Die Klimafalle“ von Hans von Storch und Werner Krauß,ein solides, unaufgeregtes Werk, in dem einer der renommiertesten Klimaforschern Deutschlands zusammen mit einem Ethnologen sie Schäden von über 20 Jahren Klimaarlarmismus bilanziert. Ihr Fazit: Viele Klimawissenschaftler gefielen sich in der Rolle von Ersatz- und Überpolitikern, die der Gesellschaft eine „große Transformation“ zur Weltrettung verordneten und schon einmal darüber sinnierten, dass eine Beschränkung der Demokratie zur Verhinderung der Klimakatastrophe wohl unvermeidlich sei; Forscher wie der Erfinder der „Hockeystick-Kurve“ Michael Mann bildeten mit Gesinnungsgenossen Zitierkartelle, um sich gegen berechtigte Einwände skeptischer Kollegen abzuschotten, das IPCC zeigte sich gegenüber Kritikern so offen wie die Glaubenskongregation der katholischen Kirche, die Klimawissenschaftler insgesamt widmeten sich in den vergangenen Jahren zu wenig alternativen Klimamodellen. Und vor allem weisen die Autoren auf die Tatsache hin, dass die globale Temperatur seit 1998 nicht mehr gestiegen ist, trotz unverminderter Zunahme von Kohlendioxid in der Atmosphäre. Die deutschen Medien, die sich ansonsten breit und ausführlich dem Klima unter strikter Beachtung des bewährten Immerschlimmerismus widmen, reagierten auf „Die Klimafalle“ fast durchweg mit: Schweigen. Zur Buchpremiere am 25. Februar veröffentlichte der „Focus“ ein Interview mit Hans von Storch, außerdem beschäftigten sich noch der SWR und die „Badische Zeitung“ mit den Thesen der beiden Wissenschaftler, und einige Tage später die Achse des Guten. Das war’s. Zum Vergleich: die beiden großen Printmedien der Schweiz - die NZZ und der Tagesanzeiger – informierten ihre Leser mit ausführlichen Rezensionen über das Buch von Storch und Krauß. Das Buch stellt die Schleusenwärter der Realität ja auch vor kaum lösbare Probleme: Die Berliner Zeitung, in der vor kurzem noch Klaus Staeck die Klimaleugner“ mit Waffenlobbyisten verglich, die „Zeit“, die zu dem Buch „Die kalte Sonne“ von Fritz Vahrenholz befand: „Er vergiftet das Klima“, das ZDF mit dem immerbereiten Klimakatastrophentremolo eines Klaus Kleber. Wie sollen sie mit dem Buch eines gestandenen Klimawissenschaftlers umgehen, der zur soliden Mitte der internationalen Wissenschafts-Community zählt? Denn auch der Zweifel an den gängigen Modellen gehört inzwischen international längst zum Mainstream. Nur in Deutschland halten Redakteure einen Berufsalarmisten wie Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung noch für repräsentativ – so, wie sie sich selbst für repräsentativ halten. Für ein Buch zum einschlägigen Thema räumte die „Süddeutsche“ allerdings am 1. März etwas Platz auf ihrer „Wissen“-Seite frei: „Die Große Transformation“ – der brandaktuelle Bericht des Wissenschaftlichen Beirats für Globale Umweltveränderung (WGBU) von 2011 als Comic. In der Hauptrolle als Fünf-Sekunden-vor-Zwölf-Weltretter können die Leser den WGBU-Vorsitzenden Hans Joachim Schellnhuber bewundern, der als Superhero über „Leitplanken“ referiert, für die wir „die Weichen stellen“ müssen. Dazu gibt es ein sehr schön gezeichnetes Titanic-Eisberg-Bild. Als Herausgeber des hilfreichen Comic zeichnet der WGBU verantwortlich. Um seine Verbreitung in der deutschen Medienwelt muss uns nicht bange sein. Bei ihr hatte die Große Transformation nämlich - von ein paar Ausnahmen abgesehen - schon vollen Erfolg.
| Alexander Wendt | article | 06.03.2013 09:11 | https://www.achgut.com/artikel/das_schweigen_der_belaemmerten |
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Brexit salomonisch: DDR-Klausel für Boris Johnson? | Boris Johnson blitzt gerade mit seiner Forderung nach einer neuen Regelung zur Vermeidung inneririscher Grenzkontrollen bei der EU ab. Die Brüsseler Spitzen bestehen auf der mit Johnsons Vorgängerin ausgehandelten Backstop-Lösung, nach der die Zollgrenze dadurch obsolet wird, dass sich das Vereinigte Königreich allen Regeln des EU-Binnenmarkts unterwirft. Für Johnson und seine Unterstützer ist das ein nicht hinnehmbarer Verzicht auf eigene Souveränität. In Berlin, Brüssel und Paris wird aber so getan, als sei der Backstop alternativlos. Dabei gibt es einen Lösungsansatz, den die Europäische Gemeinschaft einst praktiziert hatte. Man muss nur vom Umgang mit der DDR lernen. Vor zwei Jahren, also zu einer Zeit, da noch niemand wirklich an einen „harten Brexit“ glauben konnte, lief eine Meldung durch die Presse, die mancher Leser wahrscheinlich nur für den Ausdruck einer netten Provokation hielt. Da hieß es: „Die irische Regierung dringt bei den anstehenden Brexit-Gesprächen auf eine „DDR-Klausel“ im Austrittsabkommen mit Großbritannien. Das bestätigte ein irischer Diplomat am Freitag in Brüssel. Irland will sich damit für den Fall einer Wiedervereinigung mit dem britischen Landesteil Nordirland eine automatische EU-Mitgliedschaft sichern. Der Begriff „DDR-Klausel“ ist eine Anspielung auf die Aufnahme Ostdeutschlands als Teil der Bundesrepublik in die EG bei der Deutschen Wiedervereinigung ohne offizielles Aufnahmeverfahren. Das Thema könnte in London für Verstimmung sorgen. Der Diplomat betonte, es gehe Dublin nicht um eine rasche Wiedervereinigung Irlands. Dafür wäre ein Referendum nötig, das London einberufen müsste, wenn es Aussicht auf Erfolg hätte. Die „DDR-Klausel“ solle in das Protokoll des EU-Sondergipfels zum Brexit an diesem Samstag aufgenommen werden, nicht aber in die offiziellen Gipfelbeschlüsse.“ Darüber, wie wahrscheinlich eine Wiedervereinigung Irlands ist, soll hier nicht spekuliert werden. Hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit von Wiedervereinigungen haben sich schließlich viele kluge Menschen schon vor Jahrzehnten vertan. Doch die Idee, sich vom Umgang der EG mit der DDR inspirieren zu lassen, wenn es um den Umgang der EU mit Nordirland geht, ist auch ohne jede Wiedervereinigungsperspektive reizvoll. Denn eine „DDR-Klausel“ gab es auch schon viele, viele Jahre vor dem Sturz der SED-Herrschaft. Die DDR hatte einen Sonderstatus, mit dem sie quasi das heimliche 13. Mitglied in dem damaligen Zwölferclub war. Als innerhalb der EG die Zollschranken fielen, stand die Bundesrepublik vor einem Problem. Sie wollte die DDR nicht zum Zollausland erklären. Offiziell sah sich jede Bundesregierung an das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes gebunden. Da konnte man den SED-Staat ohnehin nicht als Ausland und vollwertigen eigenen Staat anerkennen. Auch die Verträge, die es mit Ost-Berlin über den innerdeutschen Handel gab, umschifften jedwede staatsrechtliche Anerkennung. Um Deutschland aus dieser Bredouille zu befreien, akzeptierten die anderen EG-Mitgliedsstaaten jahrzehntelang, dass Bonn die Grenze zur DDR nicht als Grenze behandeln müsse. Eine EG-Außengrenze war die innerdeutsche Teilungslinie nur für die anderen EG-Staaten. Der Spiegel beschreibt die Situation 1976 so: „Die ostdeutsche Republik partizipiert als stiller Teilhaber an den Vorzügen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, ohne ihren eigenen Haushalt mit irgendwelchen Kosten für die EG belasten zu müssen. Die lukrative stille Teilhaberschaft der DDR am westlichen Wirtschaftsverbund ist das letzte Relikt einer gesamtdeutschen Illusion: Der innerdeutsche Handel wurde 1951 im Interzonenhandelsabkommen geregelt, dessen 1960 revidierte Fassung bis heute in Kraft ist. Um den Bonner Alleinvertretungsanspruch für Gesamt-Deutschland nicht zu gefährden, setzte die Bundesregierung bei Gründung der damals, 1957, noch EWG genannten Gemeinschaft für den deutsch-deutschen Warenaustausch einen Sonderstatus durch. In einem Zusatzprotokoll zu den römischen Gründungsverträgen ließ sie festschreiben, daß die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR nicht den Vorschriften gegenüber Nichtmitgliedern der Gemeinschaft unterliegen, sondern weiterhin als Binnenhandel gelten.“ Eine Protokollnotiz reicht also bei entsprechendem Willen, um eine Zollgrenze für ein Mitgliedsland verschwinden zu lassen? Das könnte doch ein Vorbild für eine irische Brexit-Lösung sein. Warum sollte sich nicht auch für die Grenze zwischen EU-Irland und UK-Irland nach diesem Modell weitgehend auflösen lassen? Wenn Irland Nordirland mit Brüsseler Segen wie Zollinland behandeln dürfte, müsste der irische Zoll nichts kontrollieren. Bezüglich illegaler Einwanderung dürfte sich die irische Grenze auch zu keinem Fall für Frontex entwickeln, so dass man auf diese Weise auch auf Pass- und Personenkontrollen verzichten könnte. Wenn London nun seinerseits einen Verzicht auf Zollkontrollen gegenüber Irland erklärt und beide Seiten jeweils eine weitgehende Personenfreizügigkeit für die Iren von der jeweils anderen Seite der Grenze verfügen, könnte sich das irische Grenzproblem vorläufig so regeln lassen, dass es keiner Grenzkontrollen bedarf und das Vereinigte Königreich trotzdem nicht an Souveränitätsmangel leiden muss. Die SED-Führung, sonst um jede Art staatsrechtlicher Anerkennung und Abgrenzung zum Westen bemüht, genoss die Vorzüge dieser einseitig offenen Grenze und wollte daran nichts ändern. In Irland geht es hingegen darum, eine beidseitig offene Grenze auch frei von Grenz- und Zollkontrollen zu halten. Insofern verbieten sich natürlich DDR-Vergleiche. Wohl aber zeigt das Beispiel, dass man am Anfang der europäischen Einigung noch zu pragmatischen Lösungen heikler Statusfragen in der Lage war. Irgendwann muss diese Fähigkeit in Brüssel verloren gegangen sein. | Peter Grimm | Boris Johnson blitzt gerade mit seiner Forderung nach einer neuen Regelung zur Vermeidung inneririscher Grenzkontrollen bei der EU ab. Die Brüsseler Spitzen bestehen auf der mit Johnsons Vorgängerin ausgehandelten Backstop-Lösung. In Berlin, Brüssel und Paris wird so getan, als sei dieser Backstop alternativlos. Dabei gäbe es einen Lösungsansatz: Man muss nur vom Umgang der EG mit der DDR lernen. | article | 23.08.2019 12:00 | https://www.achgut.com/artikel/brexit_salomonisch_ddr_klausel-Fuer_boris_johnson |
„Rein geht immer, raus geht nimmer“ | Wir haben den Verstand verloren! Und ich kann es anhand zweier Nachrichten beweisen! Hausaufgabe am Ende des Textes! Erste Nachricht: Der lange Aufenthalt von Sami A. in Deutschland beruhte bis vor kurzem auf der Annahme, ihm drohe in Tunesien Folter, Seife aufheben und der Verlust kostenlosen WLANs. Seine „versehentliche“ Abschiebung zeigte jedoch, dass ihm in seiner tunesischen Heimat nichts droht – außer vielleicht der Verlust des kostenlosen WLAN. Er muss nun nach Deutschland zurückgeholt werden, wo man seinen Fall dann neu aufrollen würde und sich bei der Einschätzung der Gefährdungslage für den Gefährder Sami A. nicht mehr auf Annahmen, sondern auf echte Fakten stützen könnte: Tunesien ist sicher für ihn – das einzige was ihm droht, ist, dass die GSG9 ihn dort abholt, um ihn zurück in deutsche Vollpension zu schaffen. Ein erneutes Asyl-Verfahren müsste also zwangsläufig mit seiner Ausweisung enden und er könnte dann wirklich wirklich wirklich rechtmäßig abgeschoben werden. Man begründet das absurde Vorgehen der deutschen Justiz mit der Tatsache, dass dem Gesetz genüge getan werden muss, dass es eben formal so laufen müsse und man sich nicht aussuchen könne, was man in welcher Reihenfolge tun kann. #mussManNichtVerstehen
#isHaltSo
#deutscheJustiz_gruendlicheJustiz
#rechtMussRechtBleiben
#wokommenWirDennHinWennDasJederSoMacht
#ordnungMussSein Zweite Nachricht: Die Bundesregierung prüft, wie man sogenannte „Spurwechsel“ ermöglichen kann. Jemand, dessen Asylantrag abgelehnt ist, soll von der Spur „Asyl“ auf die „Spur“ Arbeitsmigration wechseln können, weil er oder sie ja „ohnehin schon hier sei“. Während in Fall 1) also eine Neubeurteilung der Lage ausgeschlossen sein soll, will man sie in Fall 2) ermöglichen? Diese beiden Meldungen werden aktuell in allen Nachrichtensendungen direkt hintereinander beklingelt und jedes Mal äußern sich schlaue Juristen und behaupten, dass es nur so ginge. Während man sich also im Fall Sami A. in Rechthaberei und Formalien verbeißt, handelt man in allen anderen Abschiebungs-Fällen so, als gäbe es bereits andere Gesetze und die aktuellen müsse man nicht so ernst nehmen. Wer jedoch im Fall Sami A. darauf besteht, dieser müsse nun zurück nach Deutschland, obwohl der ursprüngliche Grund seines Aufenthaltes sich als fixe Idee oder gar Lüge erwiesen hat, der müsste konsequenterweise auch jeden gutintegrierten, gut deutschsprechenden Afghanen aus Abiturprüfungen zerren und ins Flugzeug setzen, wenn dessen Duldungsstatus erlischt. #mussManNichtVerstehen
#isHaltSo
#deutscheJustiz_gruendlicheJustiz
#rechtMussRechtBleiben
#wokommenWirDennHinWennDasJederSoMacht
#ordnungMussSein Doppelstandards wohin man schaut. Richard Wagner sagte einst, „Deutsch sein heißt, eine Sache um ihrer selbst willen tun.“ Was in diesem Land passiert ist der Versuch, zu beweisen, dass die Division durch Null doch irgendein verwertbares Ergebnis hat. Hausaufgabe: Widerlege anhand der Fälle (1) und (2) die These, dass Deutschland in Sachen Asyl, Zuwanderung und Migration nicht nach aktuell geltendem Recht vorgeht, sondern ausschließlich nach dem Prinzip „Rein geht immer, raus geht nimmer“ handelt. Dieser Beiitrag erscheint auch auf Roger Letschs Blog Unbesorgt | Roger Letsch | Wir haben den Verstand verloren! Und ich kann es anhand zweier Nachrichten beweisen, die man nur miteinander verknüpfen muss. Erstens: Der Streit um Sami A. Und zweitens: Der geplante „Spurwechsel“. Jemand, dessen Asylantrag abgelehnt ist, soll von der Spur „Asyl“ auf die „Spur“ Arbeitsmigration wechseln können. Hausaufgabe am Ende des Textes! | article | 17.08.2018 08:50 | https://www.achgut.com/artikel/rein_geht_immer_raus_geht_nimmer |
EU-Wahl: Viele Rechtsschwenks in Europa | Besonders dramatisch war dies in Frankreich, aber auch in Italien, Spanien, Österreich, in den Niederlanden und Belgien war der Trend bemerkbar. Nur Skandinavien wählte vollkommen anders. Die Tendenzen der Europawahlen in Deutschland, nämlich Gewinne für die rechten Parteien und Verluste für Linke und Grüne, finden sich auch in vielen anderen Ländern Europas wieder. In Frankreich verlor Präsident Emanuel Macrons Renaissance, die zum liberalen Block gehört, dramatisch und sackte auf 15 Prozent ab, während das rechts-nationale Rassemblement National 31 Prozent bekam. Die Sozialisten schnitten mit 14 Prozent besser als erwartet ab, wogegen die einst starken Linksextremisten von Unbeugsames Frankreich von Jean-Luc Melechon mit knapp 10 Prozent und die konservativen Republikaner mit 7 Prozent hinter ihren Erwartungen zurückblieben. Auf den Schock hin rief Macron Neuwahlen der Nationalversammlung für den 30. Juni aus. Eigentlich müsste Macron seine Renaissance (Wiedergeburt) nun in Mortinaissance (Totgeburt) umbenennen. Auch in Italien triumphierte die Rechte. Giorgia Melonis Partei Fratelli d’Italia (FdL) kam auf 29 Prozent und verbesserte sich gegenüber der letzten Europawahl um 20 Prozentpunkte. Sogar gegenüber der erfolgreichen Parlamentswahl im letzten Jahr konnte sie ein wenig hinzugewinnen. Allerdings war FdL’s Gewinn der Verlust der ebenfalls rechten Lega von Matteo Salvini, die vor fünf Jahren mit 34 Prozent der große Gewinner war und nun nur noch 9 Prozent bekam. Da Italien bereits rechts regiert wird, gab es keine Protestwahlstimmung. Die gemäßigten Linken der Partito Democratico (24 Prozent) und die Grünen und Linken (7 Prozent) blieben etwa gleich. Auch in Spanien war die Tendenz ähnlich. Es waren vor allem die Konservativen der Volkspartei (PP, 34 Prozent, vorher 20) und die rechte Vox (9 Prozent, vorher 6), die zulegten, die linken Parteien wie die regierenden Sozialisten (30 Prozent, vorher 33) und Podemos (3 Prozent, vorher 10) sowie die Liberalen verloren, allerdings nicht so dramatisch und es gab auch Neugründungen und neue Zusammenschlüsse, so dass ein Vergleich schwierig ist. Auch in Portugal gab es einen mäßigen Rechtsruck. Größte Partei wurden die Sozialisten mit 32 Prozent, etwas schlechter als vor fünf Jahren, knapp vor der konservativen Nationalen Allianz mit 31 Prozent (2019: 22 Prozent). In weitem Abstand folgte die rechts-nationalistische Chega mit 10 Prozent und die Liberalen mit 9 Prozent, die sich aber beide gegenüber der Wahl von 2019 enorm verbesserten. In Österreich wurde die rechte FPÖ erstmals stärkste Partei mit 25,5 Prozent (+8), wogegen die regierende konservative ÖVP stark verlor (24,7 Prozent, minus 10), wie auch ihr Koalitionspartner, die Grünen (10,9 Prozent, minus 3,2). Die Liberalen Neos bekamen 10 Prozent, eine Verbesserung um 1,6 Prozentpunkte. In den Niederlanden wurde zwar das Linksbündnis aus Arbeiterpartei und Grünen am stärksten (mit geringen Verlusten), die größten Zugewinne bekam allerdings die rechte Partij van de Vrijheid von Geert Wilders. In Belgien wurde der rechts-nationale Vlaams Belang die größte Partei mit 14,5 Prozent, kurz vor der gemäßigt-rechten Nieuwe Vlaamse Alliantie mit 14 Prozent. Grüne und Liberale waren auch in Belgien die großen Verlierer, die beide ihr Ergebnis gegenüber 2019 halbierten. Dort fanden auch Parlamentswahlen statt, mit ähnlichen Ergebnissen. In Polen schaffte es die regierende liberale Bürgerplattform knapp vor der national-konservativen PiS zur stärksten Partei zu werden. Allerdings gewann die rechts-nationale Konföderation deutlich dazu, während die Sozialisten verloren. In der Tschechischen Republik wurde die rechts-liberale ANO des ehemaligen Premierministers Andrej Babis die stärkste Partei mit 26 Prozent, vor der konservativen Regierungspartei SPOLU von Petr Fialla mit 22 Prozent. In der Slowakei, die eine ziemlich zersplitterte Parteienlandschaft hat, gewann die liberale Opposition mit 28 Prozent, vor der linken Regierungspartei Smer von Premierminister Robert Fico mit 25 Prozent. Drittgrößte Partei wurde die nationalistische Republika mit 12 Prozent. In Ungarn blieb die rechts-konservative Fidesz mit 43 Prozent die größte Partei, bekam aber Konkurrenz von einer neuen, ebenfalls eher rechten Partei eines ehemaligen Fidesz-Politikers, die erstaunliche 30 Prozent bekam, wogegen die klassischen Linken sehr schlecht abschnitten. Generell ist gerade ein Thema in Ostmittel- und Osteuropa weniger wahlentscheidend als in West- und Südeuropa: die illegale Einwanderung. Da diese Länder die irreguläre Zuwanderung meist grundsätzlich ablehnen und die staatlichen Leistungen zudem für Asylzuwanderer weniger attraktiv sind, als beispielsweise in Deutschland, sind auch die hierzulande alltäglichen Probleme mit der Massenzuwanderung dort zumeist unbekannt. Skandinavien wählte dagegen allgemein gegen den Trend. In Schweden konnten die Grünen zulegen, während die rechten Schwedendemokraten verloren und die stärkste Partei wurden wieder die Sozialdemokraten. Ähnlich war es in Finnland und Dänemark. Sebastian Biehl, Jahrgang 1974, arbeitet als Nachrichtenredakteur für die Achse des Guten und lebt, nach vielen Jahren im Ausland, seit 2019 mit seiner Familie in Berlin. | Sebastian Biehl | Besonders dramatisch war dies in Frankreich, aber auch in Italien, Spanien, Österreich, in den Niederlanden und Belgien war der Trend bemerkbar. Nur Skandinavien wählte vollkommen anders. | article | 10.06.2024 12:00 | https://www.achgut.com/artikel/rechtsruck_in_den_meisten_europaeischen_laendern/P21#comment_entries |
Der Energie-Groschen fällt | Der bisher beste Beitrag der Öffentlich-rechtlichen zum Thema Energiewende hier. | Fundstück | article | 10.03.2014 18:34 | https://www.achgut.com/artikel/der_energie_groschen_faellt |
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When High Tech Meets Tradition | Known as a quiet man who prayed with his family each Friday and spent his evenings working in his father’s barbershop, Husayin was secretly posting anti-religion rants on the Internet during his free time. Now, he faces a potential life prison sentence on heresy charges for “insulting the divine essence.” Many in this conservative Muslim town say he should be killed for renouncing Islam, and even family members say he should remain behind bars for life. “He should be burned to death,” said Abdul-Latif Dahoud, a 35-year-old Qalqiliya resident. The execution should take place in public “to be an example to others,” he added. http://news.yahoo.com/s/ap/20101111/ap_on_re_mi_ea/ml_palestinians_facebook_atheist
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2010/11/12/AR2010111201113.html Der indonesische Informationsminister hat beim Staatsbesuch von US-Präsident Barack Obama für Missklang gesorgt. Per Twitter ließ der streng gläubige Muslim wissen, dass er der First Lady nur widerwillig die Hand geschüttelt hat. http://www.spiegel.de/panorama/leute/0,1518,728215,00.html | Fundstück | article | 12.11.2010 10:38 | https://www.achgut.com//artikel/when_high_tech_meets_tradition |
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Ein „Like“ zuviel im Zwischenreich | Erinnert sich jemand, was Politmagazine wie Monitor oder Panorama in grauer Vorzeit auf Sendung und damit ans Licht brachten? Fälle von Behördenwillkür, Bestechlichkeit, Betrug, Absprachen in Hinterzimmern, politische Drehtüren, Schummeleien und Klüngel…eigentlich immer ging es um die Ausnutzung eines mehr oder weniger großen Machtgefälles zum eigenen Vorteil, zum Ausschalten der Konkurrenz oder des politischen Gegners. Nicht selten führten solche journalistischen Ermittlungen zu Rücktritten, kartellrechtlichen Fragen, dem Ende von Politikerkarrieren oder dem Beginn von Ermittlungsverfahren. Doch eines hatten zumindest die spektakulären Fälle gemein: die Kamera richtete sich auf illegale Machenschaften oder derart klaffende Löcher in der Gesetzgebung, dass Bürger und Steuerzahler als anonyme Geschädigte ein vitales Interesse an deren Beendigung oder Schließung haben mussten. Heute ist das offenbar anders, denn seit einiger Zeit tut sich für öffentlich-rechtliche Politmagazine ein sehr viel größeres Betätigungsfeld auf, weil sich zwischen den Kategorien „legal“ und „illegal“ ein drittes Feld gebildet hat, bei dessen Bestellung man weder Politikern noch Lobbyisten auf die Füße treten muss: der renitente Bürger, dessen Haltung und Gesinnung – und zwar ganz unabhängig von seinen Leistungen und validen Verdiensten. Dieses dritte Feld zwischen legal und illegal oder zwischen richtig und falsch hat viele Bezeichnungen und ist doch kaum eindeutig zu benennen. Es gibt keine Regeln oder Gesetze, die man zur Definition heranziehen kann. Auch keine Tradition oder Sitte definiert diese gefährliche „Grauzone“ und ob man sich durch eine Äußerung, Tat oder Unterlassung in dieser Grauzone befindet, kann man selbst nie wissen. Zumal die Grauzone, dieses Dritte, der zeitlichen Veränderung unterliegt. Heute noch im Licht der Legalität kann morgen schon durch eine politische Neuinterpretation ein Schatten dorthin fallen und man sitzt rückwirkend in der Unrechtsfalle. Aus einem Abendessen kann so schnell ein Kündigungsgrund und aus einem Like auf Instagram ein Autodafé werden. Es ist, als gälte heute so etwas wie eine perverse politische Abseitsregel, bei der es keine Rolle spielt, ob sich der Bestrafte tatsächlich im Abseits befindet oder ob überhaupt ein Ball nach vorn gespielt wurde. Der Pfiff der Panorama-Schiedsrichter ertönte für Oberstleutnant Marcel B., einen Offizier aus dem mittleren militärischen Management der Bundeswehr und dort für „Neuland“ Social Media zuständig. Panorama wirft ihm vor, sich via Instagram mit einem Anhänger der identitären Bewegung „vernetzt“ zu haben und „rechtsradikale Publikationen zu unterstützen“. Sowohl der Begriff „Vernetzung“ als auch „Unterstützung“ sind hier im liederlichsten Sinn verwendet, um die bestehenden Verknüpfungen möglichst solide darzustellen, denn in Wirklichkeit handelt es sich weder um konspirative Treffen noch subtile Werbekampagnen, um den Buchverkauf eines Verlages anzukurbeln. Es geht schlicht um eine Handvoll Likes die B. verteilte und denen Panorama nachschnupperte. Diese Likes will ich gar nicht quantitativ oder inhaltlich bewerten und mich dadurch auf dasselbe dünne Eis begeben wie Panorama. Es geht mir um die Frage, gegen welches Gesetz Marcel B. verstoßen haben könnte, um eine mediale Hatz wie die von Panorama zu rechtfertigen. Denn wie ich eingangs schon andeutete, ist es nicht die Aufgabe der ARD, über die Balkone ihrer Gebührenzahler zu steigen, um den Inhalt ihrer Bücherregale zu überprüfen oder zu kontrollieren, wer bei einer Geburtstagsfeier zu Besuch kommt. Auch kann man von der identitären Bewegung halten was man will und die Liste der Punkte, in denen ich deren Ziele ablehne, mag lang sein – aber es ist (noch) nicht verboten, sich als identitär zu positionieren und immer wieder zeigt sich, dass es gar nicht so einfach ist, gerichtsfest gefährliche Ideologien zu verbieten. Das sollte uns die Auferstehung und das Erstarken der Linkspartei doch gezeigt haben. Nicht einmal die NPD kriegen wir rechtsstaatlich aus der Welt und das sind nun wirklich echte Nazis, die auch noch stolz drauf sind. Aus dem „like“ eines Bundeswehroffiziers, dass man wie den buchstäblichen Furz zum Fackelzug zur „Vernetzung“ aufgeblasen hat, lässt sich aber schwerlich eine strafbare Handlung ableiten, selbst wenn man durch die Brille der Dienstvorschriften der Bundeswehr schaut. Gleiches gilt für die vorgebliche „Unterstützung“ rechtsradikaler Publikationen durch leichtfertige Likes. Besagter Verlag verkauft Bücher und bezahlt Steuern und es hätte wohl der regierungsamtlichen und haltungsmedialen Anbräunung gar nicht bedurft – man hätte die erschienenen Bücher auch so verkauft. Das lief manchmal sogar so gut, dass es eines der Bücher – kaum mehr als ein kleines grünes Büchlein – im Juli 2017 immerhin auf Platz sechs der Spiegel-Bestsellerliste schaffte, von welcher der Spiegel es kurzerhand verschwinden ließ. Und statt klammheimlich so zu tun, als wäre da nichts, prahlte man einige Tage später auch noch damit und erklärte die Entwertung des eigenen Goldstandards zur fürsorglichen Hygienemaßnahme. Verboten ist der Verlag auch heute noch nicht. Es ist gestattet, die Bücher seiner Autoren zu lesen, man darf sie auch ignorieren, rezensieren oder von ihnen phantasieren, ohne sie gelesen zu haben. Aus den Seiten dieser Bücher Stricke zu drehen, an denen man deren Leser, Autoren und Verleger aufknüpft, ist hingegen (noch) physisch verboten, psychologisch aber zum Sport aufgestiegen, in dem Haltungsnoten zu gewinnen sind. Ich kenne die Gründe nicht, aus denen Marcel B. sich auf die beschriebene Weise „vernetzt“ hat, aber auf seine Arbeit, nämlich das Verhalten der Soldaten in sozialen Medien zu „regeln“, wirkte sich das offenbar nicht in der Weise aus, wie Panorama es wohl gern festgestellt hätte. Glauben Sie mir, liebe Leser, davon wüssten wir andernfalls schon. Denn erst dann wäre die Kausalkette so perfekt, wie sie uns seit Jahren als Zwangsläufigkeit verkauft werden soll: „Aus Worten werden Taten“ lautet das imaginierte Gesetz des positiven Feedbacks. Aus „Likes“ zumindest werden wohl nicht unbedingt Taten. Wie geht man heute vor, um sich über eine Sache, eine Gruppe oder ein Buch eine Meinung zu bilden? Man kann jemanden fragen, der sich damit beschäftigt hat. Doch dann übernimmt man fast zwangsläufig dessen Meinung und bildet sich eben keine eigene. In den meisten Wissensgebieten fährt man aber ganz gut mit dieser Methode. Die meisten Menschen vertrauen einigen elementaren Naturgesetzen und stellen deren Wirksamkeit nicht in Frage. Was aber, wenn man in anderen Bereichen (etwa in der Politik) mittlerweile allen misstraut, die ihre Meinung zu Markte tragen, vielleicht weil dort zu oft mit Lügen und Fälschungen gehandelt wurde? Da bleibt nur eines: Man muss selber zum Buch greifen, eine Gruppe treffen oder eine Sache recherchieren. Doch immer häufiger werden die so erlangten Erkenntnisse von den übergangenen Meinungsmarketendern zornrot als ungültig oder falsch deklariert. Man habe nicht gründlich genug recherchiert, falsche Schlüsse gezogen, die Sache sei viel zu komplex, um vom Amateur durchschaut zu werden, dessen Urteilsvermögen einfach nicht ausreichend geschult sei. Überlass‘ die Meinungsbildung den Profis, den Journalisten, die verstehen was davon! Die lesen die Bücher zwar auch nicht, vor denen sie ihre Leser warnen, aber was ist schon Empirie im Vergleich zur Haltung! Außerdem geben diese Fachkräfte die Garantie, dass man mit ihrer Profisicht, wenn man sie sich nur kritiklos zu eigen macht, widerstandslos durchs Leben gehen kann. Morgenmagazin im ZDF, mittags Nachrichten im DLF, Tagesschau um 20 Uhr und danach Robert Habeck und Kevin Kühnert bei Lanz, Illner oder Maischberger – mehr muss man ja nicht wissen. Diese Lektion hat Marcel B. nun offenbar gelernt, denn er erklärt: „Ich war nicht aufmerksam genug, habe darauf vertraut, dass das, was mir aus meiner Community reingespielt wird, schon in Ordnung ist.“ Kniend gesprochen heißt das: ‚Was habe ich mir nur dabei gedacht, spontan zu reagieren und die Folgen meiner Meinungsäußerung nicht zu bedenken! Wie konnte ich es wagen, meine Kontakte bei Instagram nicht nach Lebensläufen und Führungszeugnissen zu fragen – und zwar immer wieder! Da ich die Zeit nicht aufbringen kann, all meine Schritte und Lebensäußerungen von den Informationsagenten des Ministeriums der Wahrheit gegenchecken zu lassen, halte ich künftig lieber gleich ganz meine Klappe und vertraue dem Information-Safeway, Like Ralf Stegner und Jan Böhmermann und empfehle Bücher, die der Böll-Stiftung gefallen.‘ Dieses „Dritte“, die Grauzone der Unsicherheit zwischen erlaubt und verboten, war früher dem Privaten vorbehalten. Denn nicht alles, was rechtlich erlaubt ist, verschafft auch Anerkennung im familiären Bereich, wo das soziale Umfeld und die Erziehung durch unzählige ungeschriebene „das-tut-man-nicht“ und „das-gehört-sich-so“ menschliche Interaktion auch in der Öffentlichkeit zuverlässig regeln. So habe ich noch in keiner deutschen Kirche oder Restaurant Schilder mit der Aufschrift „Nicht auf den Boden spucken“ gesehen. Bislang war das nicht nötig – und dies, obwohl es kein Gesetz gibt, welches das Spucken auf Kirchenböden verbietet. Es muss also andere Gründe geben, warum zumindest die meisten so etwas dennoch nicht machen. Soziale Regeln, die wir unbewusst einhalten, bedürfen kaum der Erklärung. Das sich „der Esel immer zuerst nennt“ oder es verboten ist, in der Soße für Königsberger Klopse die Kapern zu vergessen, ist einfach und empirisch offensichtlich. Verstöße gegen ungeschriebenen Benimm wurden aber stets im kleinen Rahmen geahndet, sie betrafen die Öffentlichkeit nicht. Je mehr der Staat, seine nachgeordneten Organe und eifrige Medien sich jedoch in private Belange einmischen, umso öffentlicher wird das Private. Fleischkonsum, Tabakgenuss, die „falsche“ Literatur, Umgang mit „den falschen Leuten“… die Grenzen dessen, was noch „erlaubt“ ist, sind fließend – selbst wenn sich die äußeren gesetzlichen Regeln eigentlich kaum verändert haben. Immer wenn sich irgendwo jemand fragt, warum man dies und das vor zehn Jahren noch sagen oder tun durfte, stellt er oder sie verwundert fest, dass man dieses eigentlich immer noch tun dürfte, aber dennoch nicht mehr tun kann. Hier können wir die Grauzone des Ungesagten wachsen sehen und dieses Wachstum ist ein Wuchern, das von oben in die Gesellschaft hineindrückt. Wenn etwa unser Bundespräsident erklärt, es genüge nicht mehr, kein Rassist zu sein, man müsse vielmehr aktiver Antirassist sein, ist dies auch nichts anderes als eine Verschiebung der Grenzen des Erlaubten in die Zone des Zwielichts. Und nie kann man sicher sein, genug getan zu haben. Die Unsicherheit hängt von weit mehr ab als einer Rede des Schlossherren von der schönen Aussicht. Nicht falsch zu handeln reicht längst nicht mehr. Sich nichts „zu Schulden“ kommen zu lassen und an die Gesetze zu halten oder das Grundgesetz auswendig zu wissen, ist nicht genug. Die Grenze, die man nicht überschreiten darf, um heute und morgen und auch übermorgen noch auf sicherem Boden stehen zu können, wird unsichtbar. Man soll vielmehr aktiv richtig handeln – was auch immer das im Augenblick bedeuten mag. Aber wer garantiert, dass es richtig genug und ausreichend ist und jemand anders nicht noch eilfertiger als man selber ist? Es sind ja immer die Eiferer, die an den unsichtbaren Kleidern zerren und eh man sich’s versieht, steht man ohne Hemd da. Dieser grassierende Jakobinismus wird immer übergriffiger, denn das ist seine Natur, die zum Postulat des Absoluten strebt. Indifferenz gegenüber dem Staat und seinen ausgegebenen Losungen wird immer mehr zur suspekten Handlung. Schon als die Steuergeldverbrenner bei „Demokratie leben“ ihren Aktivismus unter dem Motto „Demokratie lebt vom Mitmachen“ ins Werk setzten, konnte man sehen, wohin die Reise geht. Deren Forderung nach „demokratischer Bewegung“ kontrastiert auf das praktischste mit der Unsicherheit, ob die Richtung der Aktivitäten auch opportun genug ist und so bewegt man sich sicherheitshalber in jene Richtung, der die Mehrheit zustrebt, weil sie sich an der kleinen, lauten, aktivistischen Minderheit orientiert. Und wo die „richtige Richtung“ jeder sehen kann, ist auch alles Falsche durch Ausschluss definiert. Heute ist es vielleicht noch die identitäre Bewegung und ein unbedeutender Verlag, doch schon nach der nächsten unverzeihlichen Wahl oder politischen Volte kann es eine weitere Partei, eine Firma oder eine ganze Branche sein, die in die Grauzone des abzulehnenden und moralisch verwerflichen gestellt wird. Generalproben mit der FDP in Thüringen, Tönnies und der Kernkraft hat es ja bereits gegeben. Alle bewegten sich im Rahmen der rechtlichen Vorgaben und dennoch brachte man alle mit moralischer Munition in der gesetzlosen Grauzone zur Strecke. Der Staat und einige Parteien, denen er zur Beute wurde, haben sich der Deutungshoheit dessen bemächtigt, was sich undefiniert zwischen legal und illegal befindet und die Auslegung der Regeln fällt je nach Bedarf mal strenger, mal weniger streng aus. So kann ein „Like“ die Karriere eines Offiziers beenden, selbst wenn er das klare Recht hatte, dieses Like zu geben, während Regierungschefs auf illegale Weise alle Finanzierungsverträge der EU auf das heftigste vorsätzlich und im Halbdunkel verletzen können und sich dafür feiern lassen. Wichtiger als die Kenntnis und die Einhaltung der Gesetze ist es heute offenbar, die Verfügungsgewalt über die Grauzone zu erlangen. Dort, in diesem „dritten“ Bereich zwischen erlaubt und verboten liegt die wahre Macht. Die Macht der Moralisierung und der Alternativlosigkeit. Die Macht, sich über alles hinwegzusetzen, Schuldige zu amnestieren, Unschuldige zu vernichten, im Namen der Wahrheit zu lügen und im Namen der Liebe Hass zu verbreiten. Tertium datur. Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt | Roger Letsch | Der Staat und einige Parteien, denen er zur Beute wurde, haben sich der Deutungshoheit dessen bemächtigt, was sich undefiniert zwischen legal und illegal befindet und die Auslegung der Regeln fällt je nach Bedarf mal strenger, mal weniger streng aus. Generalproben mit der FDP in Thüringen, Tönnies und der Kernkraft hat es ja bereits gegeben. Gerade ist eine Bundeswehr-Offizier an der Reihe. | article | 25.07.2020 16:30 | https://www.achgut.com//artikel/ein_like_zuviel_im_zwischenreich |
Putins Stalingrad-Rede | Am 2. Februar 2023 hat Wladimir Putin eine flammende Rede gehalten. Zum 80. Jubiläum des Sieges von Stalingrad, bei dem 1943 die gesamte 6. Armee zerschlagen wurde, wandte sich der russische Präsident mit emotionalen Worten an die Öffentlichkeit – ein Blick auf den Versuch des Kremls, sich die Geschichte dienstbar zu machen. Als Wladimir Putin am vergangenen Donnerstagabend in Wolgograd die Bühne bestieg, um sich mit eingehenden Worten an seine Landsleute zu wenden, dürfte ihm diese Aufgabe ein ganz persönliches Anliegen gewesen sein. Als Plattform diente ein Galakonzert, das anlässlich des sowjetischen Sieges über die Wehrmacht in Stalingrad stattfand. Das Regime nutze das Gedenken an den wohl symbolträchtigsten Sieg der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg für eine Sakralisierung seiner Invasion der Ukraine. Um zu verstehen, welche Bewandtnis es damit auf sich hat, muss man sich den historischen Hintergrund der Schlacht um Stalingrad vergegenwärtigen. Im Rahmen von Fall Blau, der deutschen Sommeroffensive des Jahres 1942, hatte Hitler am 12. August die Eroberung Stalingrads angeordnet. In der Erwartung, die Rote Armee stünde unmittelbar vor dem Zusammenbruch, sollte die an der Wolga gelegene Metropole zu Fall gebracht werden. Hitler rechtfertigte seine Entscheidung in seiner berüchtigten Rede im Münchner Löwenbräukeller vom 8. November 1942. Dabei stützte er sich auf das Argument, Stalingrad habe als wichtige Rüstungsschmiede und Warenumschlagplatz fungiert, weshalb eine Blockade des über die Wolga verlaufenden Schiffsverkehrs kriegsentscheidend sei. Die Ironie von Hitlers Auftritt tritt aus heutiger Sicht überaus klar zutage. Während sich der Diktator gegenüber seinen Parteigenossen siegesgewiss gab und die Rote Armee mit süffisanten Aussagen wie der Behauptung verhöhnte, kein Mensch könne die Wehrmacht noch aus Stalingrad wegbringen, dauerte es noch 15 Tage, bis die Sowjets den Ring um die deutschen Truppen am 23. November schlossen und 2.215 Kilometer von Berlin entfernt den bisher größten Wehrmachtsverband festsetzten. Damit hatte die Schlacht um Stalingrad eine Wendung genommen, den man in der Obersten Heeresleitung noch drei Monate zuvor für undenkbar gehalten hatte. Als die Wehrmacht am 13. August mit der Bombardierung Stalingrads begann, schien der Untergang der Stadt nur eine Frage der Zeit zu sein. Noch am 12. September hatte der Befehlshaber der 6. Armee, Friedrich Paulus, Hitler die Einnahme der Stadt binnen zehn Tagen versprochen. Dieser hatte daraufhin angeordnet, die gesamte männliche Bevölkerung der Stadt nach dem deutschen Sieg zu vernichten. Tatsächlich jedoch gelang es Paulus nicht, sein Versprechen einzulösen. Stattdessen eröffnete die 6. Armee am 13. August 1942 lediglich den ersten Akt einer mehr als fünf Monate dauernden Schlacht, die schließlich als vernichtendste deutsche Niederlage des bisherigen Krieges in die Geschichte eingehen sollte. Bereits in der ersten Woche der Kampfhandlungen kamen 40.000 Zivilisten ums Leben. Was die Wehrmacht in den kommenden Wochen erwartete, war ein unaussprechlicher Kataklysmus. Von den ursprünglich 300.000 Mann, die zur Eroberung der Stadt angetreten waren, hatten bis zum 2. Februar 1943 nur 100.000 überlebt. Lediglich 5.000 von ihnen sollten die Heimat nach Kriegsende wiedersehen. Für die Rote Armee hingegen markierte die Zerschlagung der 6. Armee den ersten herausragenden Triumph des Krieges, seit die Wehrmacht am 22. Juni 1941 in die UdSSR eingefallen war. Niemals zuvor war es den Sowjets gelungen, eine ganze deutsche Armee zu vernichten sowie in großer Zahl hochrangige deutsche Offiziere gefangenzunehmen, darunter mit Friedrich Paulus auch einen Generalfeldmarschall. In diesem fulminanten Erfolg manifestierte sich ein unbedingter Siegeswille. Dieser basierte auf der Überzeugung, dass jeder noch so aussichtslos erscheinende Kampf gewonnen werden kann, sofern der Glaube an die Rechtmäßigkeit der eigenen Sache unerschütterlich bleibt. Insofern verwundert nicht, dass Stalingrad nach Kriegsende zum ultimativen Sinnbild des sowjetischen Heroismus im Widerstand gegen die Nazityrannei wurde. Dafür zeichnete maßgeblich die Tatsache verantwortlich, dass der sowjetische Sieg insgesamt 1,7 Mio. Rotarmisten das Leben gekostet hatte – ein unvorstellbarer Blutzoll für den Kampf um eine einzige Stadt. In den letzten Wochen der Schlacht kamen im Schnitt 1.000 deutsche Soldaten pro Tag ums Leben. Im Vergleich dazu wirkt der Ukraine-Krieg wie ein Sandkastenspiel. Der Geist des von der Sowjetpropaganda glorifizierten Opfertums ist es, den Wladimir Putin am 2. Februar 2023 wiederbeleben wollte. Seit der russische Präsident im Juli 2021 seinen umstrittenen Aufsatz über die historische Einheit von Russen und Ukrainern vorlegte, kann kein Zweifel daran bestehen, dass er seine aus dieser Beschäftigung abgeleiteten Thesen in politische Realität umsetzen will. Dazu gehört auch, eine Kontinuität zwischen Stalingrad und der Ukraine herzustellen. Angesichts der immensen Bedeutung, die dem hier errungenen Sieg bis heute nicht nur in der russischen Erinnerungskultur des Zweiten Weltkriegs, sondern auch für ihre nationale Identität zukommt, ist es angemessen, Putins Stalingrad-Rede vom 2. Februar 2023 im Wortlaut wiederzugeben: „Liebe Veteranen! Liebe Freunde! Heute feiern wir eines der wichtigsten und folgenschwersten Ereignisse in der Geschichte unseres Landes und der Welt. Vor genau 80 Jahren wurde in Stalingrad, an den Ufern der großen russischen Wolga, ein verhasster und grausamer Feind aufgehalten und unwiderruflich zurückgeschlagen. Die lange, harte und erbitterte Schlacht um Stalingrad kam zu ihrem Ende. Dieser Kampf war jedoch nicht nur die Schlacht um eine Stadt. Es ging um mehr! Die Existenz eines gequälten, aber nicht unterworfenen Landes stand auf dem Spiel. Der Ausgang nicht nur des Großen Vaterländischen Krieges, sondern des gesamten Zweiten Weltkrieges, wurde entschieden, und jeder in den Schützengräben und in der Nachhut hatte dieses Bewusstsein. Wie so oft in unserer Geschichte haben wir in der entscheidenden Schlacht unverbrüchlich zusammengehalten und den Sieg davongetragen. Die Schlacht von Stalingrad ist wahrlich als radikaler Wendepunkt des Großen Vaterländischen Krieges in die Geschichte eingegangen. Durch die Niederlage einer gigantischen Gruppierung der Wehrmacht und ihrer Satelliten war der Wille der gesamten Hitler-Koalition gebrochen. Die europäischen Vasallen und Kollaborateure Nazideutschlands – und in Stalingrad kämpften viele von ihnen, wie auch die Vertreter fast aller Länder des besetzten Europas – begannen verzweifelt nach Fluchtwegen zu suchen, um sich der Verantwortung zu entziehen und alle Schuld auf ihre ehemaligen Herren zu schieben. Schließlich wurde allen klar, was das sowjetische Volk bereits von Anfang an gewusst hatte: Die Pläne der Nazis zur Zerstörung unseres Landes sowie all ihre Ideen zur Weltherrschaft waren zum Scheitern verurteilt. 200 Tage lang kämpften zwei Armeen in Stalingrad bis zum Tod, in den Straßen jener legendären Stadt, die dabei in Schutt und Asche gelegt wurde; und letztlich gewann derjenige, der sich als der geistig Stärkere erwies. Der fanatische, manchmal sämtliche menschliche Fähigkeiten übersteigende Widerstand unserer Soldaten und Befehlshaber war nur durch ihre Hingabe an das Vaterland und durch den festen, absoluten Glauben zu erklären, dass die Wahrheit auf unserer Seite stand. Die Bereitschaft, um des Vaterlandes willen, um der Wahrheit willen, bis zum bitteren Ende zu gehen, das Unmögliche zu tun, lag und liegt unserem multinationalen Volk im Blut und im Charakter. Eben sie ist es, die den Nazismus gestürzt hat. Stalingrad ist für immer ein Symbol für die Unzerstörbarkeit unseres Volkes, für die Kraft des Lebens selbst. Das ganze Land [die Sowjetunion] sollte die Stadt, ihre Vororte und Dörfer buchstäblich von Grund wieder aufbauen, denn im Februar 1943 gab es praktisch keinen einzigen Baum und kein einziges ganzes Gebäude mehr. Die außergewöhnliche Tapferkeit und Selbstlosigkeit der Verteidiger und Bewohner von Stalingrad, die uns bis ins Mark getroffen haben, rufen ein Gefühl der aufrichtigen Dankbarkeit und Achtung hervor. Unsere moralische Pflicht – vor allem gegenüber den siegreichen Soldaten – besteht darin, die Erinnerung an diese Heldentat in ihrer Gesamtheit zu bewahren, sie an die nächsten Generationen weiterzugeben und nicht zuzulassen, dass jemand die Rolle der Schlacht von Stalingrad beim Sieg über den Nationalsozialismus und bei der Befreiung der ganzen Welt von diesem monströsen Übel herunterspielt. Nun sehen wir leider, dass die Ideologie des Nationalsozialismus – bereits in ihrer modernen Gestalt, ihrer modernen Ausprägung – erneut direkte Bedrohungen für die Sicherheit unseres Landes schafft und dass wir immer wieder gezwungen sind, die Aggression des kollektiven Westens abzuwehren. Unglaublich, aber doch eine Tatsache, ist: Wieder einmal werden wir von deutschen Leopard-Panzern mit Kreuzen bedroht; und abermals werden diese Panzer Russland auf dem Boden der Ukraine bekämpfen – gesteuert mit den Händen von den Nachkommen Hitlers, mit den Händen der Anhänger Banderas! Wir wissen, dass wir trotz der offiziellen und käuflichen Propagandabemühungen der uns feindlich gesinnten westlichen Eliten viele Freunde in der ganzen Welt haben, einschließlich Amerikas, Nordamerikas und Europas. Aber diejenigen, die die europäischen Länder, auch Deutschland, in einen neuen Krieg mit Russland hineinziehen und ihn erst recht unverantwortlich als vollendete Tatsache erklären, diejenigen, die erwarten, Russland auf dem Schlachtfeld zu besiegen, verstehen offenbar nicht, dass ein moderner Krieg mit Russland für sie ganz anders aussehen wird. Wir schicken unsere Panzer nicht an ihre Grenzen, aber wir haben etwas, womit wir antworten können; und das wird nicht mit dem Einsatz von gepanzerten Fahrzeugen enden. Das sollte jeder verstehen! Diejenigen, die uns bedrohen, verstehen wahrscheinlich eine einfache Wahrheit nicht: Wir alle, die wir aufgewachsen sind, haben mit der Muttermilch die Traditionen unseres Volkes aufgesogen – die Generation der Sieger, die mit ihrer Arbeit, ihrem Schweiß und ihrem Blut unser Land aufgebaut und es uns als Vermächtnis hinterlassen haben. Die Standhaftigkeit der Verteidiger von Stalingrad ist ein wichtiger moralischer Bezugspunkt für die russische Armee und für uns alle; unsere Soldaten und Offiziere sind ihr treu ergeben. Die Kontinuität der Generationen, der Werte und der Traditionen zeichnet Russland aus und macht uns stark und zuversichtlich in Bezug auf uns selbst, auf unser Recht und auf unseren Sieg. Ich gratuliere allen Anwesenden in diesem Saal, allen heutigen Verteidigern des Vaterlandes, allen russischen Bürgern und unseren Landsleuten im Ausland herzlich zum 80. Jahrestag des Sieges in der Schlacht von Stalingrad. Ich wünsche Ihnen einen schönen Feiertag, an dem Sie den Triumph des Lebens und der Gerechtigkeit feiern können. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.“ Als Putin seine Rede beschließt, schlägt ihm der tosende Applaus des Publikums entgegen. Zahlreiche Menschen erheben sich von ihren Plätzen, um Putin Respekt zu zollen. Innerhalb von Sekunden wird deutlich: Trotz eines nunmehr fast einjährigen Krieges gelingt es Putin noch immer, seine Zuhörer in den Bann zu ziehen. Dass an diesem Abend unter ihnen praktisch keine Veteranen der Schlacht von Stalingrad mehr zu finden sind, dafür aber zahlreiche junge Leute, ist freilich kein Wunder. So gut wie alle Menschen, die an den Kämpfen in der Stadt teilgenommen haben, sind mittlerweile tot. Nur wenige haben bis heute überlebt. Für Putins Kalkül ist das jedoch nicht von Bedeutung. Für ihn kommt einzig darauf an, die Massen zu mobilisieren. Solange dies gelingt, ist er sicher. Sein persönlicher Draht zur Bevölkerung ist längst zu einer Art Lebensader des Regimes geworden. Unter keinen Umständen darf sie versiegen. Das ist jedoch nicht die einzige Erkenntnis, die man aus Putins Rede gewinnen kann. Bei aller Authentizität, die sich seinen Ausführungen zur weltgeschichtlichen Bedeutung der Schlacht von Stalingrad zumessen lassen, verkehrt er die Legitimität der Erinnerung doch in ihr Gegenteil. Indem Putin das Andenken an den heldenhaften Kampf der sowjetischen Verteidiger von Stalingrad instrumentalisiert, um die russische Aggression gegen die Ukraine zu sakralisieren, schadet er nicht nur ihrem Ansehen, sondern bringt damit auch seine Geringschätzung für das Opfer der von ihm gepriesenen Kriegsveteranen zum Ausdruck. Was auch immer Wladimir Putin an diesem Abend in Wolgograd behaupten mag: Der sowjetische Kampf für die Befreiung der UdSSR von der deutschen Besatzung steht in keinem Zusammenhang mit dem Krieg, den er am 24. Februar 2022 begonnen hat. Die Opfer der sowjetischen Völker, die von der modernen Geschichtswissenschaft im Bereich von 27 bis 30 Millionen verortet werden, haben nicht das Geringste mit den Handlungen des russischen Generalstabs von heute zu tun. Putin weiß das – und handelt doch wider diese Gewissheit. War der sowjetische Kampf im Zweiten Weltkrieg von dem Streben bestimmt, einen grausamen Feind zu überleben, der angetreten war, die eigene Bevölkerung in einem Vernichtungskrieg auszulöschen und die Überlebenden zu versklaven, so kämpfen die russischen Soldaten in der Ukraine heute für ein ganz anderes Ziel: Sie exekutieren den Plan ihrer Regierung, die Ukraine als eigenständige Nation zu vernichten und ihren Staat in den Schoß der Russischen Föderation zurückzuführen. Kein ukrainischer Soldat hatte zuvor einen Fuß auf russisches Territorium gesetzt. Den russischen Angriff dennoch zu einem Siegeszug der Freiheit und einer Glorifizierung des Lebens zu erklären, ist an Zynismus kaum zu überbieten. Gleiches gilt für die seit Jahren aus Moskau zu vernehmende Behauptung, man stehe in der Ukraine dem Nationalsozialismus gegenüber. Nichts davon ist wahr. Die Erzählung ist eine billige Propagandalüge, die gezielt jene Emotionen schüren soll, die Putin am 2. Februar 2023 geschickt bei seinen Landsleuten geweckt hat. Wie lange dieser Effekt anhalten kann, wird abzuwarten sein. Für den Moment bleibt die Gewissheit, dass die russische Bevölkerung nach wie vor ihren Halt in Pathos und Ritual sucht. | Christian Osthold | Wladimir Putin hat eine flammende Rede zum 80. Jubiläum des Sieges von Stalingrad gehalten – ein Blick auf den Versuch des Kremls, sich die Geschichte dienstbar zu machen. | article | 06.02.2023 10:00 | https://www.achgut.com//artikel/putins_stalingrad_rede |
Der deutsche Corona-Maßnahmenterror | Von Andreas Zimmermann. Jeder Abgeordnete, der am 8. September für die Verlängerung der Corona-Maßnahmen stimmt, ist persönlich verantwortlich für das menschliche Leid, das dadurch verursacht wird. Die Tatsachen dafür liegen längst auf dem Tisch. In Frankreich hat Emmanuel Macron, gezwungen von veränderten Mehrheitsverhältnissen in der französischen Nationalversammlung, das Ende der Pandemie verkündet. In Dänemark hat die Regierung die Corona-Impfung für unter 18-Jährige weitgehend verboten. Und in England wird mittlerweile recht offen diskutiert, welch verheerende Auswirkungen die Maßnahmen hatten, einschließlich des Todes von mehr Menschen als offiziell mit positivem „Corona-Test” verstorben sind. Auch in Deutschland gibt es immer wieder Versuche, darauf hinzuweisen, wie schädlich der staatliche Maßnahmenterror gerade für Kinder ist, eben erst wieder gezeigt in einer Studie der DAK. Und dennoch plant die Bundesregierung, ungeachtet all dieser mittlerweile überwältigen Evidenz, die nicht nur für die sofortige Beendigung aller verbleibenden „Corona-Maßnahmen” spricht, sondern, sofern es um die Gesundheit der Menschen ginge, für ein Verbot, jemals wieder irgendwelche ähnlich gelagerten „Maßnahmen“ zu verhängen, plant die Bundesregierung fest, genau solche Maßnahmen, und zwar in vieler Hinsicht in noch schärferer Form als in den letzten beiden Wintern, am 8. September durch den Bundestag abnicken zu lassen. Völlig unbeeindruckt von eindringlichen Warnungen von Kinder- und Jugendmedizinern, welch verheerende Folgen dies für Kinder und Jugendliche haben wird, wie auch von der Stellungnahme von Dr. Robert Seegmüller, Richter am Bundesverwaltungsgericht und Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin, dass der Gesetzentwurf „den verfassungsrechtlichen Anforderungen derzeit nicht genügt“. Doch trotz dieser Warnungen und auch wenn die Begründungen dieses Wahnsinns, in der Regel vorgetragen von Karl „Killervariante” Lauterbach, dem offiziellen Darsteller des Bundesgesundheitsministers in dieser dystopischen Tragödie, immer noch wirrer werden, spricht leider vieles dafür, dass nicht nur der Bundestag, genau wie das Bundeskabinett, einschließlich von Marco „alle Maßnahmen enden spätestens am 20. März 2022” Buschmann, diesen Wahnsinn abnicken wird, sondern auch, dass viele Deutsche dann auch im dritten „Pseudo-Pandemie”-Winter wieder brav mitspielen werden – und dabei auch noch glauben werden, dass sie „das Richtige” tun. Vielleicht ist das auch nicht verwunderlich, wurden sie doch durch eine in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellose Hass- und Hetzkampagne von Medien und Politik davon überzeugt, dass Kritiker der so wirkungslosen wie schädlichen „Corona-Maßnahmen” Schwurbler, Covidioten, Leerdenker oder gleich schlichtweg Nazis seien. Wie wirksam diese Propaganda (laut Oxford Languages die „systematische Verbreitung politischer, weltanschaulicher o.ä. Ideen und Meinungen mit dem Ziel, das allgemeine Bewusstsein in bestimmter Weise zu beeinflussen”) war, kann jeder selbst sehen, indem er sich die Zeit nimmt, einmal die Kommentare zu einem Meinungsartikel in der NZZ zu lesen, in dem noch vergleichsweise zaghaft darauf hingewiesen wird, dass die von den deutschen Politikern verfolgte Strategie vielleicht nicht ganz optimal gewesen sein könnte. Ein großer, wenn nicht der größte, Teil der Kommentatoren verleiht seiner festen Überzeugung Ausdruck, dass Lockdowns, Schulschließungen und alles Übel der letzten zweieinhalb Jahre nicht etwa von den Politikern, die diese „Maßnahmen” beschlossen haben, zu verantworten seien, sondern ausschließliche Schuld der Maßnahmenkritiker und Impfskeptiker gewesen seien, und die „Pandemie” längst vorbei wäre, hätten nur alle so solidarisch, rücksichtsvoll und wissenschaftsgeleitet mitgemacht wie sie selbst. Wer die „Maßnahmen” dagegen infrage gestellt, hinterfragt hat, was laut RKI-Chef Wieler ja niemals hätte passieren dürfen, war dagegen egoistisch, rücksichtlos und unsolidarisch, wenn nicht gar mindestens ein Großeltern-Mörder. Doch wie so häufig in diesen seltsamen Zeiten trügt der Schein, und die zur Verfügung stehende Evidenz weist darauf hin, dass mit großer Wahrscheinlichkeit das Gegenteil des offiziellen Narrativs näher an der Wirklichkeit liegt. Nicht die Maßnahmen-Kritiker sind das, was ihnen von Politikern und Medienschaffenden unterstellt wird, es sind die Maßnahmenbefürworter, die egoistisch, unsolidarisch, wissenschaftsfern und rücksichtslos agieren und dabei Anderen massive psychische, physische und wirtschaftliche Schäden zufügen. Besonders deutlich wird dies in der nicht enden wollenden Diskussion über die Gesichts-Verhüllungen, euphemistisch „Masken” oder völlig falsch, denn es wird dabei nichts geschützt und ganz sicher nicht Mund und/oder Nase des Trägers, „Mund-Nasen-Schutz” genannt. Wobei auch gar nicht klar, ist, wer eigentlich dabei wovor geschützt werden soll. Laut Leif-Erik Sander von der Berliner Charité, einer die herrschenden Politiker besonders willfährig unterstützenden, medizinischen Institution, wären Masken angeblich geeignet, die Übertragungswahrscheinlichkeit für Atemwegsviren zu verringern. Unabhängig davon, dass es für diese Behauptung keine belastbare Evidenz gibt (siehe weiter unten), stellt sich aber auch die Frage, warum das eigentlich relevant sein soll. Denn wie die Jünger des Impf- und Maskenkults nicht müde werden zu betonen, schützen die wunderbaren modRNA-Injektionen doch angeblich mit extrem hoher Wirksamkeit vor einem schweren Krankheitsverlauf. Nachdem aber sämtliche „Vulnerable” mittlerweile – freiwillig oder auch weniger freiwillig – mindestens dreimal injiziert wurden, und auch alle übrigen Bürger mehr als genug Gelegenheit zur „Vollimmunisierung” hatten, sollte es doch keinerlei Rolle mehr spielen, ob SARS-CoV-2 sich ab Herbst wieder mehr ausbreitet oder nicht. Nun gut, wie vor Kurzem auf der Achse wunderbar dargelegt wurde, geht es aber gar nicht um Widerspruchsfreiheit, im Gegenteil, Politiker, die den Roman „1984” als Gebrauchsanleitung missverstanden haben, präsentieren ihren Zuhörern mit Vorliebe offenkundige Widersprüche, um gar nicht erst den Gedanken aufkommen zu lassen, dass politische Entscheidungen Sinn machen sollten oder auch nur könnten. Kehren wir also besser zur Frage zurück, ob das Tragen von Masken denn überhaupt irgendeinen Einfluss auf die Verbreitung von Atemwegsviren haben. Maskenfetischisten verweisen dabei gerne auf verschiedene Studien, bei denen es sich allerdings samt und sonders wahlweise um Laborstudien handelt, bei denen Masken mit Knetmasse an Normkopfdummies fixiert wurden, oder gleich um Modellierungsstudien, die entweder rein auf Computersimulationen beruhen oder bei denen die verwendeten Daten so lange vorgefiltert und anschließend gefoltert wurden, bis sie endlich gestanden haben – wenn nicht gar die mittlerweile berühmte Goldhamsterstudie bemüht wird, in der die Hamster selbstverständlich keine Masken trugen. Ganz anders sieht es aus, wenn man empirische – also reale – Daten betrachtet. Hier findet sich nämlich keinerlei Evidenz, dass das Tragen von Masken die Ausbreitung von Atemwegsviren in irgendeiner Weise beeinflusst. Und dabei ist es ganz egal, ob man Deutschland und die Schweiz vergleicht, Schulbezirke in den USA oder Schulklassen unterschiedlichen Alters in Spanien. Man kann einfach auch die Fallzahlen pro 1 Million Einwohner zwischen Deutschland mit seinen bösen Querdenkern und Maskenverweigerern und Südkorea mit angeblich über 97% „mask compliance“ vergleichen. Das wurde auch eifrig gemacht, so lange die „Corona-Fallzahlen“ in Südkorea niedriger lagen als in Deutschland. Falls Sie sich fragen, warum Sie schon seit einer Weile nichts mehr vom erfolgreichen Kampf Südkoreas gegen Corona dank der „Maskendisziplin“ der Südkoreaner gehört haben: Das könnte daran liegen, dass Südkorea mittlerweile mit gut 450.000 „Fällen“ pro 1 Million Einwohner vor Deutschland mit gut 380.000 liegt. Wobei man einschränkend hinzufügen muss, dass es sich dabei lediglich um die mehr als zweifelhaften PCR-positiven Fälle handelt, die für unsere krankmachenden „Gesundheitspolitiker“ aber immer noch das Maß aller Dinge darstellen, ganz egal, ob die getesteten Personen Symptome aufweisen oder nicht. Am Ende ist das Ergebnis immer das gleiche: Masken haben keinen Einfluss auf die Virenverbreitung. Bestenfalls – oder eher schlechtestenfalls – erhöhen sie die Wahrscheinlichkeit für einen tödlichen Verlauf. In anderen Worten, der Nutzen des Maskentragens ist gleich Null. Ganz anders sieht es mit dem Schaden aus, den das Maskentragen anrichtet. Und dieser beginnt bereits mit freiwilligem Maskentragen. Denn die Verhüllung eines Großteils des Gesichts verhüllt auch einen Großteil der Mimik, die einen zentralen Bestandteil der zwischenmenschlichen Kommunikation darstellt. Nicht umsonst gibt es in unserem Kulturkreis den Ausdruck „Gesicht zeigen”. Menschen beurteilen ihr Gegenüber nämlich nicht nur nach dem, was er sagt, sondern auch nach der dabei gezeigten Mimik. Ein Maskenträger verweigert sich also einer offenen und ehrlichen Kommunikation. Besonders gerne tragen Räuber und Betrüger Masken. Aber nicht nur die non-verbale Kommunikation wird faktisch verhindert, auch die verbale Kommunikation wird stark behindert, denn die meisten Menschen sind, wenn sie Masken tragen, nur schwer zu verstehen, ein Effekt, der speziell älteren Menschen und generell Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen die Kommunikation mit Maskenträgern erheblich – und völlig unnötig – erschwert. Noch schwerer ist es für Kinder, mit Maskenträgern umzugehen, weil sie das seltsame Erscheinungsbild ohne Mund und Nase noch nicht rationalisieren können. Dass Kinder mittlerweile menschliche Gesichter zum Teil ohne Mund und Nase zeichnen, sollte jedem, der nicht dringend psychotherapeutische Betreuung benötigt, ernsthafte Sorgen machen. Aber Maskenträger schädigen die Menschen in ihrer Umgebung nicht nur psychisch, sondern auch physisch, denn wie man schon lange weiß, wachsen auf Masken bereits nach wenigen Stunden des Tragens verschiedenste Pilze und Bakterien, darunter auch pathogene Vertreter. Und nach dem Aussehen vieler in der Öffentlichkeit präsentierter, eigentlich zur Einmalverwendung gedachter Gesichtsverhüllungslappen werden diese zum Teil für Tage und Wochen getragen – was darauf alles wächst, möchte man sich eigentlich gar nicht ausmalen, aber leider ist es mittlerweile gut bekannt. Und dieses bunte Sammelsurium an keineswegs gesundheitsfördernden Mikroorganismen blasen Maskenträger ihren Mitmenschen nicht nur reinen Gewissens, denn sie sind ja „die Guten“, direkt ins Gesicht, nein, sie verteilen diese auch an allem, was sie anfassen, von der Türklinke des Büros bis zur Paprika im Supermarkt, die nach Inspektion wieder zurückgelegt wird. Denn natürlich handhabt niemand die „Masken“ so, wie man es bei sachgerechter Verwendung im Operationssaal machen sollte. Wie der Großmeister des Maskenkults, Karl Lauterbach, erst vor Kurzem wieder demonstriert hat, sind nicht einmal die eifrigsten Verfechter der Gesichtsverhüllung in der Lage, vielleicht auch gar nicht willens, diese korrekt zu handhaben. Trotzdem wäre es vielleicht noch tolerierbar, wenn sich das Maskentragen auf diejenigen beschränken würde, die sich wirklich freiwillig darauf einlassen, denn in diesem Fall wären die Masken ohnedies bald aus dem Alltag verschwunden. Vollends inakzeptabel wird es aber, wenn Menschen durch Gesetze und Verordnungen unter Straf- und Bußgeldandrohung gezwungen werden, sich diese unseligen Lappen vor das Gesicht zu spannen. Denn für den Maskenträger ist die Maske noch viel gesundheitsschädlicher als für seine Umgebung. Alleine die bereits erwähnten Bakterien und Pilze, die reichlich auf den Masken wachsen und natürlich teilweise eingeatmet werden, sind das Gegenteil von gesundheitsfördernd. Dazu kommen Lösungsmittel und Fasern aus den Masken, die ebenfalls eingeatmet werden und die Lungen schädigen können. Vielleicht nicht überraschend finden sich in der Datenbank „Gefährliche Produkte in Deutschland“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sage und schreibe 256 verschiedene Produkte vom Typ FFP2-Maske, darunter auch zahlreiche sogenannte „Kindermasken“. An dieser Stelle sei nur der Vollständigkeit halber daran erinnert, dass die Stiftung Warentest einen Test mit „Kindermasken“ Anfang des Jahres abgebrochen hatte, weil der Atemwiderstand sämtlicher getesteter Modelle viel zu hoch war. Genau deshalb führt Maskentragen gerade bei Kindern auch zu viel zu hohen Kohlendioxidkonzentrationen im Luftraum der Lunge, ein Effekt, der mittlerweile mehrfach gezeigt wurde und der erhebliche gesundheitliche Risiken birgt. Aber auch Gesicht und Mundraum werden durch Maskentragen geschädigt, der sogenannte „Maskenmund“ zeichnet sich durch eingerissene Mundwinkel und Hautausschläge im Außenbereich sowie Karies und Parodontose im Inneren des Mundes aus. Vor allem die beiden letzten Effekte stellen erhebliche Gesundheitsschäden dar, die sogar Herzprobleme begünstigen können – da freut sich das bereits durch eine Impf-Myokarditis geschädigte Herz ganz besonders. Und natürlich stellt alleine der Zwang, eine Maske zu tragen für viele Menschen eine zum Teil erhebliche, psychische Belastung dar, die psychische Erkrankungen sowohl hervorrufen als auch verstärken kann, wie bereits Mitte 2021 gewarnt wurde. Nicht umsonst wurden Masken von der amerikanischen Armee in Guantanamo als Foltermittel mit eingesetzt. Menschen, die zum Tragen von Masken gezwungen werden, erleiden also gegen ihren Willen einen ganzen Strauß möglicher Gesundheitsschäden. Und trotz all dieser Gesundheitsschäden, die durch Maskentragen verursacht werden, und deren langfristige Folgen noch gar nicht absehbar sind, soll nach dem Willen unserer Bundesregierung die gesamte Bevölkerung mindestens in Innenräumen, aber am besten auch noch an der frischen Luft, sechs Monate lang ihr Gesicht verhüllen. Man kann sich wirklich die Frage stellen, warum unsere Politiker früher einmal – wenn ich darüber nachdenke, muss ich zugeben, ich habe zu diesem Thema tatsächlich schon länger nichts mehr gehört – den Burkazwang für Frauen durch die Taliban kritisiert haben. Immerhin denkt unsere Regierung bei der Gesichtsverhüllung an die Geschlechtergerechtigkeit – im Gegensatz zu Afghanistan müssen bei uns Männer genauso wie Frauen ihr Gesicht verhüllen. Außer natürlich, man gehört zum engeren Kreis der Regierung, dessen Angehörige, im Gegensatz zu ihren „Dienstboten“, weder im Flugzeug noch kurz danach bei der Kabinettsklausur in Meseberg ihr Gesicht verhüllen, eine rechtswidrige Herausnahme quasi-feudaler Rechte, die nicht nur auf Deutschland beschränkt ist. Und in dieser mittlerweile dritten Runde des politischen Maßnahmenterrors in Deutschland soll die Gesichtsverhüllung auch gleich mit den die Atmung besonders stark behindernden FFP2, korrekterweise FDP2-Masken genannten Staubschutzmasken erfolgen, die eigentlich maximal 75 Minuten am Stück getragen werden dürfen. Marco „alle Maßnahmen enden spätestens am 20. März 2022” Buschmann erdreistet sich dabei gar noch zu behaupten, die Maske sei „das mildeste Mittel mit großer Wirkung“, eine Aussage, die es schafft, in sechs Wörter mehr Lügen zu packen, als Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen in seine sämtlichen Geschichten vom Baron Münchhausen. Aber natürlich sind Maskenvorschriften und Maskenzwang nicht die einzigen „Maßnahmen“ mit katastrophalen Auswirkungen bei gleichzeitig völliger Nutzlosigkeit, wie selbst der Bericht des Sachverständigenausschusses, wenn auch verschämt und verklausuliert, zugeben musste. Ob Kontaktbeschränkungen, Schulschließungen, Testzwang, Abstandsgebote oder gleich komplette Lockdowns, all diese „Maßnahmen“ schaden den Menschen in vielerlei Hinsicht, sowohl wirtschaftlich als auch gesundheitlich. Und gerade Kinder werden durch den Maßnahmenterror überdurchschnittlich stark geschädigt. Wie die Welt schreibt: „Studie um Studie erscheint, wonach Kinder und Jugendliche als Folge der Corona-Maßnahmen verstärkt unter psychischen Problemen leiden.“ Noch deutlicher formuliert es Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte: „Die Corona-Pandemie und ganz besonders die von der Politik verhängten Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung haben Kindern in allen Altersstufen erheblichen gesundheitlichen Schaden zugefügt. Neben eher organischen Krankheiten wie Adipositas betreffen die feststellbaren Gesundheitsschäden vorwiegend den psychosozioemotionalen Bereich“. Um das noch einmal zu betonen, es ist nicht Corona (also SARS-CoV-2), es sind die von Politikern beschlossenen Maßnahmen, die den Kindern gesundheitliche Schäden zufügen. Neben den Kindern wurden vermutlich Menschen in Pflegeheimen sowie Todkranke am Ende ihres Lebens am härtesten von diesem politischen Maßnahmenterror getroffen – also jene „Vulnerablen“, die Politiker vorgeben „schützen“ zu wollen, ohne dass die Betroffenen jemals gefragt wurden, ob sie überhaupt geschützt werden möchten. In Pflegeheimen wurden Besuche durch Angehörige verboten und praktisch alle sozialen Angebote eingestellt, sodass laut den Worten von Manfred Stegger, des Vorsitzenden des Biva-Pflegeschutzbundes, „die Menschen die Lebensperspektive verloren haben.“ Eine Aussage, die so nicht richtig ist, denn diese Menschen haben nicht etwa die Lebensperspektive verloren, ihnen wurde ihre Lebensperspektive genommen, und zwar von so unmenschlichen wie machtbesoffenen Politikern samt deren Unterstützern. Ähnlich unmenschlich war der staatlich verordnete Umgang mit Sterbenden, die in unbekannter Zahl gezwungen wurden, den letzten Abschnitt ihres Lebens einsam und ohne Trost zu gehen. Zurück geblieben sind dabei traumatisierte Angehörige, die sich vermutlich den Rest ihres Lebens Vorwürfe machen, dass es ihnen nicht gelungen ist, irgendwie trotz der staatlichen Terrorvorschriften zu ihren sterbenden Angehörigen zu gelangen. Zu Recht hat die Vorsitzende des Europäischen Ethikrates Christiane Woopen dies eine menschliche Katastrophe genannt und ausgesprochen, wie sich so etwas für die betroffenen Menschen anfühlt: „Es ist grausam. Denn in der letzten Zeit des Lebens unbegleitet zu sein, bedeutet, unter nicht würdevollen Umständen zu sterben“. Dass die verantwortlichen Politiker damit gegen Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes verstoßen haben, sei angesichts der regelmäßigen Grundrechtsbrüche durch unsere regierenden Politiker nur noch nebenbei angemerkt. An alle diese entsetzlichen Vorgänge sollte man denken, wenn wieder einmal behauptet wird, Maßnahmengegner seien unsolidarisch oder egoistisch. Denn es ist ohne Zweifel umgekehrt. Unsolidarisch, egoistisch und ja, unmenschlich in ihrer Rücksichtslosigkeit sind die Maßnahmenbefürworter, die all das beschriebene menschliche Leid nicht nur in Kauf nehmen, sondern wieder und wieder fordern oder durch ihre Beschlüsse in Bundes- oder Landesregierungen und ihr Abstimmungsverhalten in den Parlamenten direkt verursachen. Und das nur, weil sie zu faul oder dumm sind, sich ehrlich zu informieren, weil sie, wie Wolfgang „ich drück mich dann wieder um die Abstimmung“ Kubicki, zu feige sind, die Wahrheit, obwohl sie sie kennen, auch zu verteidigen, weil sie vor allem sich selbst „geschützt“ sehen möchten, vor einem Virus, das aus epidemiologischer Sicht nie eine ernsthafte Bedrohung dargestellt hat, oder weil sie sich in all ihrer Kleingeistigkeit schlicht an der Macht über andere Menschen in diesem Land berauschen. Und an all diese entsetzlichen Vorgänge sollten vor allem die Abgeordneten des Deutschen Bundestags denken, wenn sie am 8. September 2022 darüber abstimmen, ob dieser entsetzliche und in der Geschichte der Bundesrepublik einmalige Irrweg endlich beendet oder in all seiner Unmenschlichkeit fortgesetzt wird. Denn jeder Abgeordnete, der für die Verlängerung der Maßnahmen stimmt, ist persönlich verantwortlich für das menschliche Leid, das dadurch verursacht wird. | Gastautor | Von Andreas Zimmermann. Jeder Abgeordnete, der am 8. September für die Verlängerung der Corona-Maßnahmen stimmt, ist persönlich verantwortlich für das menschliche Leid, das dadurch verursacht wird. Die Tatsachen dafür liegen längst auf dem Tisch. | article | 02.09.2022 06:00 | https://www.achgut.com/artikel/der_deutsche_corona_massnahmenterror_/P21#comment_entries |
Gerechtigkeit für Österreich! | Ich war dieses Jahr schon dreimal in Österreich, und ich muss sagen, ich bin immer gut behandelt worden, vor allem in Graz. Lesen Sie trotzdem diese Texte:
http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Titelseite;art692,2524620
http://www.welt.de/vermischtes/article1959774/Alpenrepublik_Oesterreich_das_Land_der_Verliese.html
http://www.timesonline.co.uk/tol/comment/columnists/india_knight/article3867821.ece | Henryk M. Broder | article | 04.05.2008 09:51 | https://www.achgut.com//artikel/gerechtigkeit_fuer_oesterreich |
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Dating mit Tom: Mal gut überlegen | Immer wieder ist von „Zeitenwende“ die Rede. Doch was ist damit genau gemeint? Welche weitreichenden Veränderungen stecken hinter dieser locker daher geworfenen Floskel, fragt Achgut-Karikaturist Jan Tomaschoff. | Jan Tomaschoff | Immer wieder ist von „Zeitenwende“ die Rede. Doch was ist damit genau gemeint? Welche weitreichenden Veränderungen stecken hinter dieser locker daher geworfenen Floskel, fragt Achgut-Karikaturist Jan Tomaschoff. | article | 31.03.2022 17:30 | https://www.achgut.com//artikel/dating_mit_tom_mal_gut_ueberlegen |
Die Selbst-Radikalisierung des Peter Tauber | Unvergessen ist Peter Taubers Verteidigung der Merkelschen Flüchtlingspolitik mit den Worten: „Wer nicht für Merkel ist, ist ein Arschloch“. Ein Sinnbild der Generation Merkel, deren Protagonisten schon lange links der Mitte stehen und die Erklärung dafür bieten, weshalb diese Partei schon länger nicht mehr für Konservative wählbar ist. Dass Peter Tauber das klare Freund-Feind-Schema des Faschismus vertritt, den er paradoxerweise zugleich glaubt zu bekämpfen, wird ebenfalls in seinem aktuellen Gastbeitrag für WELT-Online deutlich. In diesem Beitrag plädiert Tauber für die Anwendung des Artikels 18 des Grundgesetzes. Dieser bezieht sich auf die Verwirkung essenzieller Grundrechte für Menschen, die u.a. die Pressefreiheit, und Meinungsfreiheit missbrauchen, um gegen die freiheitliches Ordnung der Bundesrepublik vorzugehen. Im genauen Wortlaut heißt es: „Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.“ Harter Tobak, der in Deutschland noch nie Anwendung fand. Nicht einmal bei Pierre Vogel oder dem Mann, der sich selbst Abu Walaa nennt und hunderte junge Männer für den IS in Deutschland anwarb. Auch die drei anerkannten Asylbewerber aus dem Irak, die von Schleswig-Holstein aus Terrorpläne schmiedeten oder Berlin-Attentäter Anis Amri hatten nichts dergleichen zu befürchten. Vielleicht hat Peter Tauber bei seiner Aufzählung deshalb auch den Missbrauch des Asylrechts, der in Artikel 18 ebenso genannt wird, gar nicht erst erwähnt. Hierfür ließen sich nämlich noch deutlich mehr und wesentlich drastischere Beispiele finden, als es in Bezug auf den Rechtsextremismus in Deutschland der Fall ist. Und weil es, außer dem schrecklichen Mord an dem Kasseler Regierungschef, Walter Lübcke, so wenige Beispiele für rechtsextreme Mordanschläge gibt, müssen halt welche konstruiert werden. Hierfür wird dann auch der Angriff auf den Altenaer Bürgermeister, Michael Hollstein, wieder einmal zum rechtsextremen Mordversuch umgedichtet. Dabei ist mittlerweile hinlänglich bekannt, dass es sich um die Tat eines verzweifelten Mannes handelte, dessen Ehe zuvor gescheitert war, der seinen Job verloren und dem man kurz zuvor auch noch das Wasser abgedreht hatte. Seine Tat war kein geplanter Mordversuch, und die kleine Verletzung am Hals des Bürgermeisters erst durch ein Gerangel entstanden und nicht mit Absicht zugefügt. Natürlich sind auch solche Taten nicht zu verharmlosen, man muss jedoch viel Phantasie aufbringen, um hieraus den Mordanschlag eines Rechtsextremen zu basteln. Auch lässt der Text offen, wem Peter Tauber alles die Grundrechte entziehen will – ob nur den tatsächlichen Tätern – oder auch Menschen wie Erika Steinbach, Alice Weidel und anderen Abgeordneten der AfD, die seiner Meinung nach im Fall Lübcke mitgemordet haben. Auch die Frage, ob der Koran dann verboten werden müsse, weil er bei allen islamistischen Anschlägen mitgemordet hat, lässt Tauber unbeantwortet und fabuliert stattdessen nebulös von „anderen“, die sich ebenfalls „dem Kampf gegen unsere Freiheit verschrieben haben“. Der Gedanke, dass Personen wie Peter Tauber darüber entscheiden, wer Neonazi ist und seine Grundrechte verwirkt, ist in jedem Fall ein gruseliger. Steinbach, „einst eine Dame mit Bildung und Stil“, schreibt Tauber, demonstriere diese Selbstradikalisierung jeden Tag auf Twitter. Die Selbstradikalisierung des Peter Tauber bleibt indes gänzlich im Verborgenen. | Anabel Schunke | In einem Beitrag für WELT-Online plädiert Peter Tauber, Ex-Generalsekretär der CDU, für die Anwendung des Artikels 18 des Grundgesetzes. Dieser bezieht sich auf die Verwirkung essenzieller Grundrechte für Menschen, die unter anderem die Pressefreiheit und Meinungsfreiheit missbrauchen. Wer ein wenig über Taubers Machtphantasien nachdenkt, kann sich nur gruseln. | article | 19.06.2019 13:19 | https://www.achgut.com/artikel/die_selbstradikalisierung_des_peter_tauber/P14#comment_entries |
Aus dem Heldenleben eines deutschen Schraubers (1) | Es gibt in unserem Land eine Schicht, über die, oder besser über deren zunehmendes Fehlen, viel geschrieben wird: Die sogenannten Fachkräfte, Techniker, der gut ausgebildete Teil der produktiven Arbeiterschaft, hier kurz „Schrauber“ genannt. Im Grunde ist aber der „Schrauber“, so wie früher die Frau ein „unbekanntes Wesen“. Schrauber schreiben selbst selten bis nicht, sie treten nur als Objekte in den Medien auf. Unser Autor, Hubert Geißler, hat aufgrund vieler Gespräche mit seinem Bruder, einem Maschinenbautechniker, nun versucht, ein authentisches Bild der Lebens- und Arbeitsrealität dieses Standes zu zeichnen. Politische Ansichten, Erfahrungen und Meinungen sollen in der Kolumne „Aus dem Heldenleben eines deutschen Schraubers“ dargestellt werden. In dieser Artikelserie soll’s mal nicht um die gewöhnlichen Themen gehen, die die schreibende Zunft so behandelt, wie Identitäts-und Schreibprobleme von Schriftstellern, Wanderhuren in den Nebeln von Avalon, verwirrten Leutchen in den Zwanzigern auf der Suche nach sich selbst, Mittelalten in der Midlife Crisis, Vegan oder Vegetarisch, Eheproblemen, die Frage, ob Männlein oder Weiblein – oder was immer die Gazetten so füllt. Das Thema dieser Texte sind Leben und Ansichten eines „Schraubers“, eines ganz konkreten Schraubers, meines kleinen Bruders nämlich – apropos, so klein ist er auch wieder nicht mehr, er geht auf die 60 zu –, der aber stellvertretend für den Schrauberstand betrachtet werden soll. Mein Bruder ist geradezu der Typus des Gesamtschraubers, ähnlich dem Gesamtarbeiter des guten Karl Marx. Was verstehe ich aber nun unter einem Schrauber? Bei weitem nicht jeder, der einen Schlüsselsatz hat oder an einer Schraube dreht, ist nach meiner privaten Definition ein Schrauber. Für unsere Betrachtungen müssen wir die Definition des wahren Schraubertums schon einschränken, um uns nicht in Allgemeinheiten zu verlieren. Ein Schrauber also ist ein Teil der hiesigen Arbeiterschaft, der konkret Maschinen, Anlagen oder ganz allgemein Dinge oder Werkzeuge baut, wartet oder repariert. Nicht unter den Begriff Schrauber fallen allerdings Arbeitnehmer, die nur standardisierte Arbeiten ausführen, also auch der Löwenanteil der in Großbetrieben Tätigen, die am Fließband sich wiederholende Bewegungen ausführen oder Maschinen bei der Arbeit überwachen. Ein Schrauber hat nach unserer Definition immer einen technisch bedingten, aber individualisierten Zugang zu dem, was er zusammenschraubt. Abläufe und Probleme wiederholen sich nicht immer, eine gewisse Kreativität ist gefragt, das Objekt und seine Funktionsbedingungen leisten Widerstand, Lösungen sind nicht immer übertragbar. Schrauber sind sicher die Techniker in einer speziellen Maschinenbauindustrie, aber auch Handwerker, die bei Reparaturen oder Anpassungen einer Lieferung an eine konkrete Situation kreativ sein müssen. Auch der klassische Autoschrauber, der für die Probleme einer Altkarosse eine finanzierbare Lösung finden muss, ist ein Schrauber. Ein Schrauber ist über sein Spezialistentum hinaus immer auch ein bisschen Generalist: Nicht nur Monteur, Fräser oder Dreher, sondern auch ein bisschen Elektriker oder Softwareentwickler. Vermutlich fällt er in die berühmte Kategorie der allenthalben fehlenden „Fachkräfte“. Sicher fehlen auch Servicekräfte in der Gastronomie. Die sind aber ob der doch nicht unerfüllbaren Qualifikationsbedingungen zu finden, und fehlen sie, könnte es vermutlich an der Bezahlung liegen. Einen wahren Schrauber auszubilden, dauert aber und kostet. Erst wenn er fehlt, wird bemerkt, dass man eine wichtige Investition verpasst hat, die nicht damit korrigierbar ist, dass man, wem auch immer, am besten einem gut aussehenden Mädchen ein Schürzchen umbindet und darauf hofft, dass sie zwei und zwei zusammenzählen kann. Natürlich gibt es auch weibliche Schrauber. Nicht als Mehrheit, aber Frauen als Schrauber – oder als Schrauberinnen – scheint zuzunehmen. Dabei geht es beim Schraubertum selten um das Geschlecht, im Vordergrund stehen durchaus andere Qualitäten. Wie hoch dürfte nun der Anteil der Schrauber an der gesamten Workforce sein? Das ist schwer zu sagen, weil sich auch in der Schrauberei gelegentlich stumpfsinnige Tätigkeiten und die Anforderungen wahren Schraubertums abwechseln. Klar ist aber eins: Fällt im gesellschaftlichen Produktionsprozess die Kompetenz der Schrauber aus oder geht zurück, dann ist mit Problemen zu rechnen. Und dass diese Probleme zunehmen, dafür werden diese Artikel Beispiele, Begründungen, Anekdoten und vielleicht sogar den einen oder anderen gut gemeinten Lösungsvorschlag liefern. Eine wirkliche Vorstellung von der Bedeutung der „Schrauber“ für die Gesellschaft bekommt man natürlich erst dann, wenn dieselben fehlen. Als naheliegendes Beispiel soll hier die Bundeswehr, einst Hilfsschule der Nation, dienen. Die negativen Schlagzeilen über unsere arme Armee häufen sich: Materialmängel, Personalnot, Berateraffäre: Man hat das Bild eines Panzers mit Besenstiel statt Kanone, der im Inneren eine gendergerechte Toilette hat, aber keine Munition. Schiffe fahren nicht, U-Boote tauchen nicht, Flieger fliegen nicht und Räder rollen nicht: Die Gorch Fock ist mehr als nur ein zufälliges Symbol einer einstmals stolzen Truppe. Was vergessen wird, ist, dass aufgrund der Umstellung von einer Wehrpflicht- auf eine Berufsarmee beim „Bund“ kaum mehr Schrauber schrauben. Und das könnte geradezu der Kern vieler Probleme sein. In den lang zurückliegenden Zeiten, als ich selbst noch das Vaterland mit dem 5.Geb.San Bataillon gegen die Österreicher verteidigte und diese erfolgreich in ihre feuchten Schluchten abdrängte, war die Lage noch völlig anders: Ich war quasi der Haushaltsvorstand eines Sanitätslastwagens mit kompletter OP-Einheit und allem Zubehör. Mir zugeteilt waren zwei Fahrer, sogenannte Z2ler, also für 2 Jahre verpflichtete Berufssoldaten, die natürlich selbstverständlich Automechaniker waren. Gab’s irgendwas am Fahrzeug oder am Notstromaggregat oder wo auch immer, die Männer hatten Schraubenzieher statt Fingern. Und wenn alle Stricke rissen, wanderte ich zum Instandsetzungszug, wo nun die geballte Schrauberintelligenz des Bataillons versammelt war. Man durfte die Leute nicht hetzen, aber das wollte ja auch niemand, aber Rat und Tat war dort zu finden. Das heißt auf Deutsch: Der Löwenanteil der Wartungs- und Reparaturarbeiten an Fahrzeugen und technischem Gerät wurde vor Ort in der Kaserne gemacht – von Personal, das eine technische Ausbildung hatte und sich unter Umständen nur noch spezialisieren musste. Fehler wurden frühzeitig erkannt und behoben, alles ging seinen ruhigen Dienstweg, der auch mal länger sein durfte. Überhaupt: Was versammelte sich nicht an Spezialwissen in der Schule der Nation. Ein Gros der Wehrpflichtigen hatte eine Lehre hinter sich, verpflichtete sich vielleicht auf kürzere Zeit, um noch den LKW-Führerschein mitzunehmen und bildete ein beträchtliches Reservoir technischer Kompetenz in der Truppe, das auch voneinander lernte. Der zeitliche Druck war geringer als in einer Firma, man konnte auch mal über Probleme reden, ohne auf die Uhr zu sehen. Die Lage hat sich nun völlig verändert: Junge Soldaten treten tendenziell ohne berufliche Vorbildung in die Truppe ein, sie erhoffen sich – neben der beamtenartigen Entlohnung – eher eine Ausbildung dort selber. Die gibt es auch, aber ohne eine Art von Rückkopplung an die zivile Realität. Ganz nebenbei: Lastwagenfahrer fehlen in beträchtlichem Maß: Früher war der „Barras“ die größte Fahrschule der Nation. Was einst selbst gemacht und auf Vordermann gebracht wurde, wird jetzt ausgelagert. Gelegentlich erfährt man, was an Material gerade in Wartung und erst in ein paar Jahren wieder verfügbar ist. Eine gewisse Improvisationsfähigkeit, die im sogenannten Ernstfall bestimmt einer Armee dienlich wäre, fehlt aufgrund von Bürokratisierung und technischer Unfähigkeit wegen „Schraubermangel“. Das alles kostet enorm. Man kann in vielem die Armee mit Organisationen wie der Feuerwehr oder dem THW vergleichen. Mir scheint es, dass die noch besser funktionieren, eben weil da immer „Schrauber“ mit im Einsatz sind, die gelernt haben, mit unvorhergesehenen Situationen umzugehen. Nun will ich die Misere der Bundeswehr nicht politisch bewerten. Von einem gewissen Standpunkt aus könnt man sagen, dass Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg und Frau von der Leyen als Friedenfürst/in in die Geschichte eingehen werden. Mangels Masse und Material sind kaum noch die unter Umgehung der Verfassung gewollten Auslandseinsätze ausweitbar. Meine damalige Truppe hat sich Ende des letzten Jahrhunderts mit dem Aufbau von Feldlazaretten international bewährt. Ob sie heute noch vom Kasernenhof kommen würde, weiß keiner. Eine Armee ist letztendlich auch nichts anders als eine Spedition, die Mann-/Frauschaften und Explosivstoffe an eine Front bringen muss – und damit einem Unternehmen vergleichbar. Der Schraubermangel wirkt sich deutlich fatal aus. Fatal bedeutet im Ernstfall: tödlich. Ähnliches gilt – ein Blick über den Atlantik sei erlaubt –, für Dinosaurier wie die Firma Boeing. Die Erstellung von Software für ein paar Rupien auszulagern und Flugzeuge nach ökonomischen, nicht technischen Gesichtspunkten zu konstruieren, kostet Menschenleben, Reputation und sehr, sehr viel Geld. Eine Armee besteht eben nicht nur aus vor Jagdfliegern posierenden oder Ehrenformationen abschreitenden Ministern/innen im (Bomber-)Jäckchen und verbeamtetem Kanonenfutter, sondern auch nicht zuletzt aus Leuten, die wissen, wo die Schraube locker ist und wie man sie festzurrt. Am nächten Samstag lesen Sie: Schraubers Revolte Hubert Geißler stammt aus Bayern war Lehrer für Kunst/Deutsch/Geschichte. Die beschriebenen Situationen sind realistisch und gehen auf Gespräche mit seinem Bruder, einem Machinenbautechniker, zurück. | Hubert Geißler | Von Hubert Geißler. Es gibt in unserem Land eine Schicht, über die – oder besser über deren zunehmendes Fehlen – viel geschrieben wird: die sogenannten Fachkräfte, Techniker, der gut ausgebildete Teil der produktiven Arbeiterschaft, hier kurz „Schrauber“ genannt. Ihnen ist diese neue Beitragsfolge gewidmet, die jeweils am Samstag erscheint. Heute geht es um die Bundeswehr auf dem Weg zur schrauberlosen Gesellschaft. | article | 19.10.2019 06:15 | https://www.achgut.com/artikel/aus_dem_heldenleben_eines_deutschen_schraubers_1/P14#comment_entries |
ZDF zur Lage der Baha’i | http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/714234?inPopup=true# Siehe auch: Twisted!
http://www.youtube.com/watch?v=UbVXcOyByGA | Fundstück | article | 14.03.2009 21:02 | https://www.achgut.com/artikel/zdf_zur_lage_der_bahai |
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Der Völkermord an den Jesiden und die falsche Seite | Katrin Göring-Eckardt leitete die Debatte über eine Bundestags-Erklärung zum Völkermord an den Jesiden. Jesidische Zuschauer applaudierten den Rednern. Als auch ein AfD-Abgeordneter Applaus bekam, geriet Katrin Göring-Eckardt außer sich. Interessiert sich überhaupt jemand für das Leiden der Jesiden? Ich weiß, das klingt proaktiv, aber so soll es auch sein. Egal was weltweit an Unglücken, Terror, Kriegen und ähnlichem passiert, uns geht es nur dann etwas an, wenn wir die Region greifbar nahe auf dem Radar haben. Bei der Ukraine scheint es der Fall zu sein, aber das Leiden der Jesiden, oder gar die Anerkennung des Völkermordes an diesen, ist bei uns erst bekannt geworden, seitdem viele jesidische Flüchtlinge beziehungsweise Asylanten, in der Mehrzahl Frauen, in Deutschland Unterschlupf suchten und fanden. Die Terrormiliz IS hatte ab 2014 tausende von Jesiden ermordet. Eine von der Union eingebrachte Resolution wurde am 19. Januar 2023 vom Bundestag einstimmig angenommen. „Der Deutsche Bundestag verneigt sich vor den Opfern der durch den IS begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, heißt es in der Resolution. Somit gilt mein Beifall dem ganzen Bundestag. Warum ich das besonders erwähne? Frau Katrin Göring-Eckardt, die die Debatte im Bundestag zu leiten versuchte, war außer sich, dass die Besucher auf der Besuchertribüne – augenscheinlich mehrheitlich Jesiden – der Rede von Martin Sichert applaudierten, wie auch den Rednern davor. Frau Göring-Eckardt regte sich deshalb auf, weil Herr Sichert ein Abgeordneter der AfD ist und drohte umgehend damit, dass die Zuschauertribüne geräumt wird, wenn weiter applaudiert wird. Zum Glück sind wir in Deutschland, wo Demokratie noch großgeschrieben wird. Hier darf jeder seine freie Meinung sagen, auch im Parlament, oder gerade da. Es sei denn, es handelt sich um einen AfD-Abgeordneten, dem dürfen andere Abgeordnete nicht applaudieren und die Besucher sowieso nicht. Der Bundestag ist anscheinend kein Ort, wo Ehrlichkeit etwas verloren hat. Schon als Kind fragte ich meine Eltern, wenn im TV die Bundestagsdebatten übertragen wurden, warum nicht alle gemeinsam applaudierten. Die Antwort: „Die sind alle von unterschiedlichen Parteien.“ Die Eltern machten sich nicht die Mühe, mir als Kind noch weitere Details zu erklären, zumal dies auf meiner Seite zu noch mehr Fragen geführt hätte. Später konnte ich mir die Antwort selbst geben. „Stallorder“ und das ungeschriebene Gesetz, dass man dem Konkurrenten, egal was er sagt, nicht zu applaudieren hat. Auch wenn der Abgeordnete der anderen Partei etwas Richtiges sagt, darfst du es zwar gut finden, aber deine Gefühle, in Form von Applaus, nicht nach außen tragen. Machst du das einige Male, fällst du unangenehm auf in deiner Partei und schnell kann es passieren, dass du parteiintern verwarnt wirst. Das bittere Ende wäre: „Ene, mene, muh und raus bist du!“ So ist fraglich, ob die Anerkennung des Völkermordes an den Jesiden für die Abgeordneten eine tatsächliche Relevanz hat. Glauben Sie nicht, dass da ein Gramm echte Anteilnahme dabei ist, wenn einige so traurig oder ernst dreinschauen bei ihren Reden. Ich entschuldige mich bei denen, die ihre Reden tatsächlich mit Anteilnahme vortrugen, wie zum Beispiel bei Martin Sichert, den ich bis heute nicht kannte und aus den Medien erfuhr, dass er der AfD angehört. Der Mann muss es wissen, ist er doch mit einer Jesidin verheiratet. Dass man auf der Besuchertribüne nicht applaudieren darf, ist klar, aber das hat man doch bei den Reden der sonstigen Abgeordneten an diesem Tag auch getan, und zwar ohne Beanstandungen. Dann darf man das auch bei Martin Sichert, egal bei welcher Partei er Mitglied ist. Sichert soll nach dem Eklat gesagt haben: „Katrin Göring-Eckardt (Sie leitete die Debatte, Anm. d. Autors) und den Grünen ist die Unterdrückung der Debatte über die radikal-islamischen Täter wichtiger als der Respekt vor den Opfern des Völkermords. Ich bin fassungslos, wie schnell die Grünen ihre Fassade der Anteilnahme für die Opfer fallenließen.“ Wie ich gesagt habe, Bundestag halt. Wenn dort die Ehrlichkeit einkehrt, werden Sie das sofort merken, weil dann alle applaudieren, wenn ihnen gefällt, was einer gesagt hat, egal welcher Partei er/sie/diverse angehört. Ahmet Refii Dener ist deutsch-türkischer Unternehmensberater, Blogger und Internet-Aktivist aus Unterfranken. | Ahmet Refii Dener | Katrin Göring-Eckardt leitete die Debatte über eine Bundestags-Erklärung zum Völkermord an den Jesiden. Jesidische Zuschauer applaudierten den Rednern. Als auch ein AfD-Abgeordneter Applaus bekam, geriet Katrin Göring-Eckardt außer sich. | article | 23.01.2023 14:00 | https://www.achgut.com/artikel/Der_Voelkermord_an_den_Jesiden_und_die_falsche_Seite/P14#comment_entries |
USA erwägen Aussetzung der Benzinsteuer | Immer mehr Staaten reagieren auf die steigenden Energiepreise mit Steuererleichterungen für die Energieverbraucher. Inzwischen erwägen auch die US-Regierung von Präsident Joe Biden und ranghohe demokratische Abgeordnete eine Aussetzung der Benzinsteuer auf Bundesebene, meldet orf.at. Darüber werde diskutiert, habe der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, gestern gesagt. Der Nationale Wirtschaftsrat des Präsidenten prüfe den Vorschlag. Das Präsidialamt hätte auf Anfrage erklärt, man schließe keine Maßnahme aus. In der vergangenen Woche habe eine Gruppe von Senatoren um Mark Kelly eine Aussetzung der Steuer bis Ende des Jahres vorgeschlagen. (weitere Quelle handelsblatt.com) | News-Redaktion | Immer mehr Regierungen reagieren auf Inflation und steigende Energiepreise. | article | 16.02.2022 05:50 | https://www.achgut.com/artikel/usa_erwaegen_aussetzung_der_benzinsteuer |
„Verkehrsadern der kapitalistischen Infrastruktur sabotiert“ | Ein mutmaßlicher Unfall am Donnerstag und mehrere Anschläge in der Nacht zum Freitag haben den ohnehin nicht eben zufriedenstellend laufenden Bahnverkehr in Deutschland noch heftiger als gewohnt beeinträchtigt. Die Sabotage geht laut Bekennerschreiben von Linksextremisten aus. Zahllose Zugausfälle und Verspätungen aus allen möglichen Gründen von „Personen im Gleis“ über „verspätetes Personal aus vorheriger Fahrt“ bis zu „Reparatur am Zug“ sind Millionen Bahnkunden gewohnt. Gar nicht schön, wenn dann noch selbsternannte „Revolutionär_innen“ meinen, einen „realen Angriff auf das ausbeuterische System“ ausführen zu müssen,„als Experiment aber auch als Vorschlag [sic!], die lokalen Kämpfe gegen Neokolonialismus und Klimazerstörung zu intensivieren.“ Der Kampf gegen den globalen Kapitalismus, insbesondere in der „kapitalistischen Metropole Hamburg“ sah dann so aus: Die „Revolutionär_innen“ verursachten an drei verschiedenen Stellen Brände in Kabelschächten, die zu „möglichst langfristigen Ausfällen oder Einschränkungen beim Transport von zum Beispiel im Zuge neokolonialer Ausbeutung und erdzerstörendem Extraktivismus beschafften Rohstoffen führen“ sollten, wie es die Täter in ihrem Selbstbezichtigungsschreiben auf Indymedia formulierten. Die wegen ihrer linksextremistischen Inhalte von Verfassungsschutzbehörden beobachtete Plattform ist natürlich genau das richtige Medium für die Kämpfer von linksaußen, ist sie doch aus „globalisierungskritischen“ Bewegungen hervorgegangen. „Der globale Kapitalismus wird diesen Planeten weiter zerstören, ob nun mit fossilen Energieträgern oder der neuen „grünen“ Erdausbeutung“, schreiben die Täter. Darauf, gegen die „neokoloniale Ausbeutung“ zu Felde zu ziehen, wollen sie nicht verzichten, auf die Kommaregeln hingegen schon: „Als Revolutionär_innen sehen wir uns hier in der Verantwortung den Reichtum des globalen Nordens anzugreifen. Wir sollten das Fortlaufen der kapitalistischen Industrie in ihrem Herzen sabotieren wo es nur geht.“ Wenig Verständnis bringt der Leiter Konzernsicherheit der Deutschen Bahn, Hans-Hilmar Rischke, für die Motivation der Saboteure auf: „Wir verurteilen den Brandanschlag auf unsere Infrastruktur heute Nacht in Hamburg auf das Schärfste“, wird er in der FAZ zitiert. „Menschen, die mit uns reisen möchten – mit einem der klimafreundlichsten Verkehrsmittel –, sind massiv von Zugausfällen und Verspätungen betroffen und erreichen ihre Ziele nicht.“ Was den kapitalismuskritischen Kämpfern aber offensichtlich ziemlich egal ist. Anschläge auf die ohnehin marode Infrastruktur im Land mehren sich schon länger, nicht nur, wenn man die gefährlichen Eingriffe der „Letzten Generation“ in den Straßen- und den Flugverkehr dazuzählt. So sagte schon ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt im Oktober 2022 aus gegebenem Anlass: „In der Vergangenheit gab es immer wieder Anschläge gegen die Infrastruktur der Deutschen Bahn – ganz häufig aus dem linksextremen Bereich.“ Anschläge auf die Bahn – das ist, als träte man einer durch zehn Messerstiche und vier Schüsse geschwächten Person noch zusätzlich in die Kniekehle. Nicht schön! Aber man sollte nicht hoffen, dass die vollkommen mit dem Kampf gegen rechts und gegen missliebige Mitarbeiter beschäftigte Innenministerin Nancy Faeser jetzt kapitalismusfeindlichen Linksextremisten aufs Dach steigen könnte, nur um einen einigermaßen funktionierenden Fernverkehr zu gewährleisten. Vielmehr passt die Aktion ins Muster der Planetenretter. „Der globale Kapitalismus wird diesen Planeten weiter zerstören, ob nun mit fossilen Energieträgern oder der neuen ,grünen' Erdausbeutung“ ist ein Satz, der auch aus dem Munde der mehr oder weniger telegenen, von den Medien hofierten „Klimaaktivistinnen“ stammen könnte. Mal sehen, wann die erste Terror-Gruppierung als „Kommando Luisa Neubauer“ in Erscheinung tritt. Bereits am Donnerstagvormittag hat übrigens eine beschädigte Oberleitung ein stundenlanges Bahnchaos am Münchner Hauptbahnhof und damit massive Zugausfälle und Verspätungen verursacht, weil offenbar ein Baggerfahrer bei den Bauarbeiten für eine S-Bahn-Strecke mit dem Auslegearm seiner Baumaschine den Fahrdraht abgerissen und damit den Zugverkehr zu dem Bahnknotenpunkt weitgehend lahmgelegt hatte. Jetzt ermittelt die Bundespolizei gegen den Baggerfahrer wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr. Er sollte sich tunlichst damit herausreden, das Klima retten zu wollen. Immerhin wird dem Bahnreisenden dieser Tage erspart, mit einem Axt- oder Messerangriff (etwa hier und hier) oder einer chaotischen Evakuierung über Stunden rechnen zu müssen, wenn der Zug gar nicht erst kommt. Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten. | Claudio Casula | Ein mutmaßlicher Unfall gestern und mehrere Anschläge in der Nacht zum Freitag haben den ohnehin nicht eben zufriedenstellend laufenden Bahnverkehr in Deutschland noch heftiger als gewohnt beeinträchtigt. Die Sabotage geht laut Bekennerschreiben von Linksextremisten aus. | article | 09.09.2023 10:00 | https://www.achgut.com//artikel/verkehrsadern_der_kapitalistischen_infrastruktur_sabotiert |
Schödlbauers Aphorismen: Die Bescheidwisser | Schmierig: angesichts der laufenden Massaker auf Äquidistanz gehen. * "Unschuldige Frauen und Kinder" – die Allerweltsformel impliziert, dass alle anderen 'schuldig' sind und die Konsequenzen ('wie ein Mann?') zu tragen haben. Schuld woran? Man hätte es gern gewusst: vorgestern, gestern, heute, morgen und übermorgen. * Zusehen … wie Medienschaffende angesichts des Unerträglichen diskret das Palästinensertüchlein zücken, um sich vor Rührung zu –: Déjà-vu. * Das fehlende Erstaunen der ›zivilisierten Welt‹ über die Mordspur ihrer Aufbauhilfen-Empfänger im Land der Anderen sagt mehr aus als die obligaten Bekundigungen des Abscheus. Soviel zur Phänomenologie des Anderen. * Man kann Fanatismus nicht kaufen. Man kann ihn nur für sich laufen lassen, indem man ihm die nötigen Mittel zukommen lässt. Auszuschließen ist die Gefahr, ihm in die Quere zu kommen, nie. Deshalb rät das Machtkalkül, seinen Führern Exil zu gewähren und das Fußvolk sich von Zeit zu Zeit verschleißen zu lassen. * Wissen und Wollen sind in der Politik dasselbe. Darin besteht ihr unsäglicher Kern. Je flacher die Rede, desto distinkter die Politik. * Wenn bestimmte Politikkommentare eine eigene Kategorie notwendig machten, dann die des ›unfassbar Maßlosen‹. Wer über jede verbale Grenze geht, sagt im Grunde nur eines: Stets zu Diensten. Man versteht als Leser weder, wie solche Gedanken in ein Gehirn hinein-, noch, wie sie wieder aus ihm herausfinden können. Und doch geschieht es, zumindest in Krisenzeiten, alle Tage. * Deutscher Oktober, Abteilung Schulen: Wo das Wort ›Amokalarm‹ zur Beschwichtigungsformel für Angst vor Terrorakten wird. Auf den Boden, Kinder! Der Butzemann geht um! * Deutscher Oktober, Abteilung Politik: In tausend Telefonate verstrickt, wo Handeln nottäte. Jemand schreit: »Schickt Flugzeuge!« und die andere Seite versteht nur Chic. Die Übersetzung von Chic in Notfall lautet Rette sich, wer kann! * Deutschland: Land, in dem Angst nicht nackt gehen darf. Ohne ideologisches Mäntelchen ist nichts zu machen. ›Ich habe Angst‹ bedeutet so viel wie ›Von mir erfahrt ihr kein wahres Wort‹. Das und nichts anderes meint der dämliche Anglizismus German angst. Das deutsche Gemüt akzeptiert nur selbstfabrizierte Gespenster. * Der Nahe Osten heißt bloß noch so. Mag sein, auch das nicht mehr lange. ›Nähe, so fern sie auch sein mag‹ – et vice versa. Bekanntlich ist das eine Definition von Aura. Eurabia = Verlust der Aura. Tausendundeine Nacht klingt wie: Das Heulen der Sirenen. * Der Nahe Osten ist eine Zeitmaschine: Man weiß nie im voraus, wo sie stehenbleibt. * Das Palästinenser-Recht auf die ›Heimat‹ ist Europa so unbenommen wie Kaliningrad die Stadt Kants. * Wer in die Kriege anderer eingreift, wird früher oder später mit der eigenen ›Verletzlichkeit‹ konfrontiert. Vielleicht gehört auch das zur Herrschaftstechnik. * Kleines Unglück – jeder hätte es wissen können. Großes Unglück – jeder hätte es verhindern können, hätte man ihn bloß gelassen. Deshalb wirken Äußerungen wie die von Trump so schal, auch wenn er wahrscheinlich recht hat. * Kein Zweifel: Amerikas Ex-Präsident Donald Trump hat sich Verdienste um den Nahen Osten erworben. Die Welt sieht zu, wie Amerikas Machtkomplex mit einem solchen Menschen verfährt. * Seit ein paar Tagen sind die Todesmühlen der Ukraine kein Hingucker mehr. Die Rhetorik wird jetzt anderweitig gebraucht. Der Westen zieht seine Sprachtruppen ab. Es sind immer die gleichen Leute, die über alles Bescheid wissen. Wären es andere, so wüssten auch sie das Gleiche. Man kennt es von denen, ›die uns regieren‹. * Gestern las man: Das Wording passt. Dann kann ja nichts schiefgehen. * Heute liest man: Es kann Waffen-Engpässe geben. * Wofür mag wohl das U in ›EU‹ stehen? Der politmediale Komplex macht sich ein X vor und die Un-Reihe (von ›Unterstützung‹ bis ›Unterwerfung‹) ist weggehext. Musk hat’s geahnt und lässt seine Muskeln spielen. Bleibt die böseste aller Fragen: Wie weit reichen seine Kenntnisse in Cultural Studies? * Von der vaterlosen in die kinderlose und von dort in die frauenlose Gesellschaft: Eine Gesellschaft, in der nichts los ist, wozu gibt es die überhaupt? Andererseits: Bei der Frauenlosigkeit hört der Spaß auf und der Import zorniger junger Männer wird endemisch. * Die Mächte ziehen die Grenzen und die Machtlosen ziehen ihre Niederlage ins Bodenlose. Ohnmacht zu Macht! Das ist die Sprache des singulären Lustspenders Ressentiment. Über seiner Zellentür sollte der Spruch stehen: ›Ohnmacht gibt Macht.‹ Fehlt die Ergänzung: auf kurze Zeit. * Egal, was Israel jetzt zu tun gedenkt: die Leitartikel liegen seit Jahrzehnten fix und fertig im Speicher. Das Los dessen, der zum Siegen verdammt ist. Die Monotonie des Hasses wird nur übertroffen von der Sturheit des Bescheidwissens (die Königsdisziplin der Deutschen). * Den Hass auf Deutschland mit dem Hass auf Israel legitimieren: Man könnte es die Objektivität des Irrseseins nennen und läge damit nicht ganz falsch. Auch so lassen sich Verhältnisse ›aufheben‹. * Israelhass ist Judenhass. Man hasst keinen 'Staat', als liebte man seine Bewohner über alles. Was wieder einmal bewiesen wird. Dieser Beitrag erschien zuerst auf globkult.de. Ulrich Schödlbauer ist Literaturwissenschaftler, Schriftsteller und Essayist. | Ulrich Schödlbauer | Egal, was Israel jetzt zu tun gedenkt: die Leitartikel liegen seit Jahrzehnten fix und fertig im Speicher. Das Los dessen, der zum Siegen verdammt ist. Die Monotonie des Hasses wird nur übertroffen von der Sturheit des Bescheidwissens (die Königsdisziplin der Deutschen). | article | 14.10.2023 15:00 | https://www.achgut.com/artikel/schoedlbauers_aphorismen_die_bescheidwisser/P7#comment_entries |
Klima: Die Panik-Schraube dreht hohl | Der Klimawandel ist für Forscher Professor Mike Hulme weder ein Notfall noch eine Krise, sondern ein politisches Epos – „ein kollektiver menschlicher Prozess mit allmählicher Entwicklung, unklaren Ursprüngen und undramatischen Ergebnissen“. Mike Hulme ist Professor an der Universität Cambridge und beschäftigt sich seit Anfang der 1980er Jahre intensiv mit dem Klimawandel. Er arbeitete als leitender Autor am zweiten und dritten Sachstandsbericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) mit und war Mitglied der Climatic Research Unit an der University of East Anglia, wo er später das renommierte Tyndall Centre for Climate Change Research gründete. In seiner über 40-jährigen Karriere hat er in 43 Ländern zum Thema Klimawandel geforscht, gelehrt und öffentlich gesprochen. Er ist Mitherausgeber u.a. der Zeitschrift Global Environmental Change und Chefredakteur von Interdisciplinary Reviews of Climate Change (WIRE's Climate Change). In einem lesenswerten Essay, der kürzlich als Gastbeitrag auf dem Blog von Roger Pielke Jr. erschienen ist, reflektiert er über seine sich wandelnde Perspektive auf das Verhältnis von Klimaschutz und Geopolitik. Hulme erläutert darin einen grundlegenden Wandel seiner Sichtweise: Während er lange Zeit davon überzeugt war, dass „der Klimawandel die wichtigste Herausforderung für die Menschheit im 21. Jahrhundert ist“ und dass sich die Geopolitik den Realitäten des Klimawandels unterordnen muss, hat er inzwischen erkannt, dass es genau umgekehrt ist. Unsere Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels und zur Anpassung an die sich ändernden klimatischen Bedingungen müssen in den globalen Kontext einer sich in vielerlei Hinsicht verändernden Welt eingebettet sein. Er beschreibt eine Reihe von entscheidenden historischen Phasen und Ereignissen, die den Umgang mit dem Klimawandel beeinflusst haben: Die „optimistische Phase“ von 1985 bis 1995 war geprägt von einem fast grenzenlosen Optimismus hinsichtlich einer neuen Weltordnung nach dem Ende des Kalten Krieges. Westliche Werte galten als universell, und die USA schienen eine „wohlwollende“ Führungsrolle in der Welt zu übernehmen. In dieser Zeit wurde auch das IPCC gegründet, der die wissenschaftliche Autorität in Klimafragen verkörperte. Mit einem „Weltklimarat“, glaubte man, könne man das Weltklima gestalten. Die Entdeckung des Ozonlochs 1985 und der Erfolg des Montrealer Protokolls 1987 schienen zu bestätigen, dass globale Umweltprobleme durch internationale Zusammenarbeit gelöst werden können. In dieser Phase entstand das, was der Sozialwissenschaftler Dan Sarewitz später den „Plan“ nannte: Die Annahme, dass wissenschaftliche Erkenntnisse über den Klimawandel automatisch zu einem Konsens über notwendige Maßnahmen führen würden. Diese Zeiten sind längst vorbei. Auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen. Hulme schreibt: „Während sich das Weltklima in diesen 40 Jahren zweifellos verändert hat, haben sich die Geopolitik, die Demografie und die Kultur der Welt noch stärker verändert. Allzu oft sind die Sprache, die Rhetorik und die Kampagnen rund um den Klimawandel einer Welt verhaftet, die es nicht mehr gibt“. Bereits zur Jahrtausendwende änderten sich die internationalen Rahmenbedingungen und es zeigte sich, dass „dem Plan“ nicht automatisch die Umsetzung folgte. Das Kyoto-Protokoll von 1997 brachte kaum messbare Emissionsreduktionen. Tony Blairs Versuch einer internationalen Klimadiplomatie (2003–2005) scheiterte. Die globale Finanzkrise 2008 lenkte die Aufmerksamkeit auf andere Prioritäten. Entscheidend war auch das Scheitern des Waxman-Markey-Gesetzes zur Einführung eines Emissionshandels im US-Senat 2009. Als „Winter der Ernüchterung“ bezeichnet Hulme die Ereignisse um den Jahreswechsel 2009/2010: Die Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember 2009, die als „wichtigstes Treffen in der Geschichte der Menschheit“ angekündigt worden war, habe einige grundlegende Veränderungen offenbart: Chinas wachsender politischer und wirtschaftlicher Einfluss wurde deutlich, die Ohnmacht der EU-Klimadiplomatie wurde sichtbar und die Grenzen des Internationalismus traten zutage. Zudem erschütterte die „Climategate“-Kontroverse um geleakte E-Mails zwischen Klimawissenforschern das Vertrauen in die Klimawissenschaft. Hulme selbst war spätestens 2008 klar, dass die alte Idee eines globalen „Klimaschutzes“ keinen Bestand haben konnte. In diesem Jahr veröffentlichte er ein kurzes Papier, „Five Lessons of Climate Change: a personal statement„, in dem seine heutige Position schon deutlich zum Vorschein kam. Der Schlusssatz lautet: „Für mich ist nicht klar, dass wir dafür ein globales Klimaregime brauchen; die Suche nach einem solchen Regime könnte sogar davon ablenken, zielgerichtete Maßnahmen in Bezug auf diese fünf Lektionen zu ergreifen.“ Es folgte die Phase der Deglobalisierung: Mit dem Arabischen Frühling 2011 und dem darauf folgenden syrischen Bürgerkrieg begann eine Zeit wachsender internationaler Spannungen. Nationalismen gewannen an Bedeutung, zuerst in Russland, dann in den USA, Brasilien und Teilen Osteuropas. Gleichzeitig startete China seine „Belt and Road“-Initiative, die seine globalen Ambitionen verdeutlichte. Als immer deutlicher wurde, dass die Klimadiplomatie keine nennenswerten Erfolge erzielte und „Klimaschutz“ alles andere als ein Selbstläufer ist, nahm ab 2015 der Aktivismus zu. Hulme beschreibt, wie die Klimabewegung auf diese Entwicklungen reagierte: mit mehr und „erschreckenderer“ Wissenschaft, mit der Einführung neuer Konzepte wie „CO2-Budgets“ und „Netto-Null-Emissionen“, um die Illusion der Möglichkeit einer schnellen globalen Energiewende aufrechtzuerhalten, mit der Entwicklung der Attributionsforschung zu Wetterextremen, um den Skeptikern zu „beweisen“, dass alles nur noch schlimmer werde, und mit der Verschärfung des Temperaturziels im Pariser Abkommen von 2°C auf 1,5°C. Die Sprache wurde dramatischer („Klimakrise“ statt „Klimawandel“), Fristen wurden gesetzt („Zwölf Jahre, um die Klimakatastrophe abzuwenden“), „Notstände“ wurden ausgerufen. Mit neuen Protestformen unter Einschluss von Schulkindern, Großmüttern und dem UN-Generalsekretär wurde der Alarmismus auf neue Höhen getrieben und „Wohlfühlerfolge“ im Kampf gegen die fossilen Mächte gefeiert. Doch statt innezuhalten und sich in Ruhe der Rettung des Klimas zu widmen, ging das Weltgeschehen weiter: mit dem Brexit, Russlands Krieg gegen die Ukraine, erstarkenden Nationalbewegungen in Europa und auch neuen Formen des „Klimaskeptizismus“, etwa bei Bauern oder den französischen Gelbwesten. Die Grenzen der klimapolitischen Ambitionen wurden deutlich. Selbst die Corona-Pandemie konnte das von Roger Pielke Jr. formulierte „eiserne Gesetz der Klimapolitik“ nicht brechen: Wenn ökologische und ökonomische Ziele in Konflikt geraten, setzen sich die ökonomischen durch. Hulme zieht aus dieser Entwicklung den Schluss, dass der Klimawandel grundlegend falsch eingeschätzt wurde: „Der Klimawandel ist kein Asteroid, der auf die Erde zurast.“ Er ist kein isoliertes Problem, das durch konzertiertes globales Handeln gelöst werden kann. Vielmehr sei er „untrennbar verbunden mit staatlich geförderter Erdölgewinnung, indischer Kohle, der Demographie Afrikas, dem in warme, klimafreundliche Worte verpackten unerschütterlichen Eigeninteresse Chinas und dem legitimen Streben der Hälfte der Weltbevölkerung nach den Segnungen der energieintensiven Moderne“. Er sieht daher die Notwendigkeit eines tieferen Verständnisses der politischen Realitäten und Machtverhältnisse, das über den Glauben an die Wissenschaft als zwingende Kraft hinausgeht. Der Klimawandel ist für ihn weder ein Notfall noch eine Krise, sondern, in den Worten von Jason Maloy, ein politisches Epos – „ein kollektiver menschlicher Prozess mit allmählicher Entwicklung, unklaren Ursprüngen und undramatischen Ergebnissen“. Wie geht es weiter? Die Welt wird ihr Energiesystem langsam dekarbonisieren, während sich die Erde weiter erwärmt. Die Gesellschaften werden sich an veränderte Klimabedingungen anpassen, so wie wir es schon immer getan haben. Es wird Gewinner und Verlierer geben. Hulme betont, dass das Klima weder das Einzige noch notwendigerweise das Wichtigste ist, was sich zu unseren Lebzeiten ändern wird. Auch Technologie, kulturelle Werte und politische, wirtschaftliche und militärische Machtzentren haben sich seit Beginn seiner Klimaforschung vor 40 Jahren dramatisch verändert. Seine persönliche Entwicklung beschreibt er als einen Weg „vom Idealisten zum Pragmatiker und vom Pragmatiker zum Realisten“ – keine besonders verheißungsvolle Entwicklung, aber eine Entwicklung, die die komplexen Realitäten der Weltpolitik anerkennt. Dieser Beitrag erschien zuerst bei Novo Argumente. Thilo Spahl ist Diplom-Psychologe und lebt in Berlin. Er ist freier Wissenschaftsautor, Mitgründer des Freiblickinstituts und Redakteur bei „Novo“. Dieser Beitrag erschien zuerst bei Novo-Argumente. Mehr von Thilo Spahl lesen Sie im Buch „Schluss mit der Klimakrise: Problemlösung statt Katastrophenbeschwörung“. Die in diesem Text enthaltenen Links zu Bezugsquellen für Bücher sind teilweise sogenannte Affiliate-Links. Das bedeutet: Sollten Sie über einen solchen Link ein Buch kaufen, erhält Achgut.com eine kleine Provision. Damit unters | Thilo Spahl | Der Klimawandel ist für Forscher Professor Mike Hulme weder ein Notfall noch eine Krise, sondern ein politisches Epos – „ein kollektiver menschlicher Prozess mit allmählicher Entwicklung, unklaren Ursprüngen und undramatischen Ergebnissen“. | article | 07.02.2025 16:00 | https://www.achgut.com/artikel/klima_die_panik_schraube_dreht_hohl |
Der Sonntagsfahrer: Rechtschreibung im Streifenwagen | Nun gut, es war kein Sonntag. Es war Freitagnacht. Oder genauer: Samstag morgen gegen 1:00 Uhr auf der B2 zwischen Nürnberg und Augsburg. Von Berlin aus kommend, nehme ich meist dieses letzte Stück Bundesstraße, weil es kürzer ist und nachts nur wenige Lastwagen im Weg stehen. Kurzum: Ich wollte schnell heim. Man kann das von Berlin aus in etwas über fünf Stunden schaffen ohne zu rasen, den Toleranzbereich der erlaubten Geschwindigkeit muss man allerdings ausnutzen, was um diese verkehrsarme Zeit kein Problem darstellt. Ansonsten halte ich es mit der Formel 1: Nur ein kurzer Boxenstopp, 20 Liter nachtanken, dauert mit Bezahlen maximal fünf Minuten und versaut den Schnitt nicht. Es gibt am Weg ein paar menschenleere Straßendörfer, kein Licht, kein Hund auf der Gasse, aber klassische Geschwindigkeitsfallen, wo die Sheriffs hinterm Busch lauern. Aber die habe ich im Laufe der Jahre alle kennengelernt, wir halten den Flensburger Punktestand in sozialverträglichen Grenzen, sind eben ein über Jahre eingespieltes Team. Es lief prima an diesem Abend, ich war in Gedanken schon zu Hause, wo Sabine mir eine Dose Bier kaltgestellt hatte. Dann dieser blöde Lastwagen. Kein Gegenverkehr. Ich, gerade schön im Flow und dank schnurgerader Straße mit guter Sicht, gebe dem betagten Volvo die Sporen, wobei der durchgezogene Mittelstreifen noch nicht ganz zu Ende war, ähm. Beim Blick in den Rückspiegel denke ich: Hoppla, da ist ja noch jemand zügig unterwegs. Zwei helle Scheinwerfer folgen mir sehr beherzt. Dann beschleicht mich das ungute Gefühl, dass da im Rücken möglicherweise bereits der Feind lauert. Ich war eine Weile abgelenkt gewesen und in Gedanken. Ich überlegte ein Thema für den nächsten Sonntagsfahrer. Und in diesem Zusammenhang war mir Anfang der Woche eine lustige Steilvorlage untergekommen. „Gebührenflüchtige Ferwahrnung“ überschrieb ich eine kleine Meldung, nach der die Bundespolizei ihre Anforderungen für Bewerbungen gesenkt hat, um neu geschaffene Stellen besetzen zu können. Auf Anfrage habe die Behörde zum Hintergrund mitgeteilt, heißt es darin, dass allein im laufenden Jahr über 850 Beamte in den Ruhestand gingen, während der Bundestag zusätzliche Stellen genehmigt habe, brutto kämen im laufenden Haushaltsjahr 2.150 Planstellen hinzu. Die Meldung las sich ein wenig so, also ob korrekte Rechtschreibung bei der Bundespolizei in den Ruhestand ginge. Das wollte die natürlich nicht auf sich sitzen lassen und reagierte im behördeneigenen Intranet mit einer „Stellungnahme“, die mir von einem Freund und Helfer überlassen worden war: „Hat die Bundespolizei in den letzten Jahren die Anforderungen an Anwärter abgesenkt?“, wird gefragt und auch gleich geantwortet: „Die Bundespolizei hat die Anforderungen an Anwärter ausdrücklich nicht abgesenkt“. Und dann heißt es: „Bezüglich der Sprachfertigkeiten von Bewerbern wurde die Fehlertoleranz im Diktat für das Auswahlverfahren mittlerer Dienst geringfügig angehoben und zum Beispiel das Wort „Chrysantheme“ herausgenommen, um einem größeren Bewerberkreis auch in den nachfolgenden Testbestandteilen die weitere Teilnahme zu ermöglichen“. Dieses Gesamtkunstwerk spricht dafür, dass die Leitung der Bundespolizei nicht nur mit der Rechtschreibung, sondern auch mit der logischen Abfolge von Gedanken ringt. Die spiegelbildliche Meldung dazu kam gestern aus Baden-Württemberg. Dessen grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält es offenbar für nebensächlich, dass Kinder heute die Rechtschreibung noch beherrschen. Grüne wählen geht auch besser ohne. Ein Grundgerüst an zu lernenden Regeln genüge, so der Mann aus Spaichingen am Fuße des Dreifaltigkeitsberges. Es gebe heute „kluge Geräte“, die Rechtschreib- und Grammatikfehler korrigierten. Na, wenn das so ist, braucht man auch nicht mehr lesen zu lernen. Dafür gibt es Podcasts. Rechnen? Jedes Mobiltelefon verfügt über einen Taschenrechner. Fremdsprachen? Die Übersetzungsprogramme werden immer perfekter. Wissen? Wikipedia! Wenn man diesen Kinderchen dann den Strom abstellt, sind sie wieder auf dem Bildungs-Niveau von Neandertalern, wobei die wenigstens noch wussten, wann man wegrennen muss. „Schulfach für Schulfach ließe sich auf diese Weise umkrempeln“, schreibt DIE WELT, am Ende verließen nicht Schüler die Schule, „sondern Trottel“. Und die könnten dann wohl auch keine Schilder mehr lesen, warum die Verkehrsregeln täglich neu ausgehandelt werden müssen. Und damit zurück zu mir und der B2. Ich passiere ein Hinweisschild auf den nächsten Rastplatz, und hinter mir bricht ein wahres Gewitter los. Sehr viel blitzendes blaues Licht, eine rote Schrift mit dem Hinweis „Polizei“ und ein melodisches "Tatütata". Mir gehen genau drei Gedanken durch den Kopf. 1. Jetzt versauen diese Heinis Dir den Schnitt. 2. Seit wann sind sie hinter Dir, und welche Verfehlungen wurden protokolliert? 3. Das kalte Bier muss wohl noch eine Weile warten. Zwei Uniformierte begrüßen mich höflich und mit gemütlichem fränkischem Dialekt, leuchten mit Taschenlampen ins Auto. Verkehrspolizei, keine Bundespolizeit. Einer schon älter, der andere jünger, beide also mit bayrischer Schulbildung und Manieren, das lässt mich hoffen. Ich steige aus. „Haben Sie was getrunken?“ „Nein nix.“ „Wirklich gar nix?“ „Keinen Tropfen.“ Das wird akzeptiert. „Stellen Sie sich mal gerade hin und schauen mit den Augen nach links.“ Einer leuchtet mir mit der Taschenlampe von der Seite in die Augen. „Und jetzt nach rechts.“ „Sie haben so große Pupillen. Nehmen Sie Medikamente oder Drogen?“ „Blutdrucksenker, damit ich mich jetzt nicht so aufrege.“ „Aber sie zittern ja wie Espenlaub.“ „Es ist arschkalt, Herr Wachtmeister.“ „Das ist trotzdem nicht normal wie sie zittern, haben Sie was zu verbergen?“ „Ich habe immer was zu verbergen, nur im Moment gerade nicht.“ Sie lassen sich Warndreieck und Verbandskasten zeigen, leuchten sorgfältig in jede Ecke. Aber es findet sich weder ein geklauter Geldautomat noch ein Koks-Depot. Die beiden sind eigentlich ganz in Ordnung und fragen nebenbei: „Was machen Sie beruflich?“ Journalist finde ich jetzt keine gute Idee. „Ich bin Handelsreisender.“ Und dann reitet mich der Teufel: „Ich handele mit Chrysanthemen.“ Die beiden schauen sich an und ziehen sich mit meinem Fahrzeugschein und den Papieren in ihre Blaulicht-Orgel zurück. Es dauert ewig. Was machen die bloß so lange? Googeln die jetzt „Chrysanthemen“? Oder fragen im Hauptquartier nach der korrekten Schreibweise? Bei dem Gedanken kehrt meine gute Laune wieder zurück. Endlich steigen sie aus und überreichen mir eine gebührenpflichtige Verwarnung: „Sind Sie mit 30 Euro einverstanden, damit kommen Sie echt billig weg.“ „Danke für die Blumen“, höre ich mich sagen und stecke den Strafzettel ein. Handschriftlich und fehlerfrei. Ich hebe das Schriftstück als Zeugnis aus der guten alten Zeit auf, in der die Polizisten noch schreiben und die Autofahrer noch lesen konnten. Von mir mal abgesehen. Nachtrag: Aus dem Raum Spaichingen erreichte mich heute folgende Kunde eines kenntnisreichen Achse-Lesers, der Wert auf folgende Feststellung legt: "Kretschmann ist nicht "der Mann aus Spaichingen“. Er wurde dort geboren, aber das ist lange lange her und die Spaichinger sind gottfroh, dass dies vorbei ist. Kretschmann wohnt schon seit Ewigkeit in Sigmaringen-Laiz." Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier. | Dirk Maxeiner | "Um einem größeren Bewerberkreis die weitere Teilnahme zu ermöglichen“, sagt die Bundespolizei zu ihren Eignungstests, „wurde im Diktat zum Beispiel das Wort 'Chrysantheme' herausgenommen". Die Streifenwagen-Besatzung, die mich nachts anhält, ist ganz jovial und fragt mich interessiert: „Was machen Sie beruflich?“ Und dann reitet mich der Teufel: „Ich handele mit Chrysanthemen.“ | article | 26.01.2020 06:25 | https://www.achgut.com/artikel/der_sonntagsfahrer_rechtschreibung_im_streifenwagen/P77#comment_entries |
Täter, Opfer, Tagesschau – Die Geschichte einer Korrektur | „Ähnlich wie der Riesenbärenklau sind öffentlich-rechtliche Sender invasiv, breiten sich immer mehr aus und sind nur schwer zu bekämpfen“, schrieb ich kürzlich an dieser Stelle. Man kann hinzufügen: Sie sind auch bei Kontakt giftig. Das erfuhr ich vor einiger Zeit, als ich dem NDR eine höfliche E-Mail schickte, in der ich darauf aufmerksam machte, dass sein Stockholm-Korrespondent Kai Schlüter in einem tagesschau.de-Beitrag über das neue schwedische Sexualstrafrecht durch verfehlte Wortwahl gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen hatte. Schlüters Beitrag handelte davon, dass erstmals ein Schwede wegen „unachtsamer Vergewaltigung“ verurteilt worden sei. Das neue schwedische Sexualstrafrecht – viele Leser werden davon gehört haben – bestimmt, dass vor dem Geschlechtsakt ein rechtsgültiger Vertrag abzuschließen ist, anderenfalls können die Verkehrsteilnehmer wegen Vergewaltigung angeklagt und bestraft werden. Das gilt auch dann, wenn es keinerlei Drohung, Zwang oder Gewalt gab, der juristische Formfehler reicht. Das Gesetz erinnert an die „Anti-Sex-Liga“ in George Orwells Roman 1984. Nun hat Schweden ja so viele Probleme, dass es auf eines mehr oder weniger auch nicht ankommt. Darum hat mich das neueste Laborexperiment der schwedischen Regierung wenig interessiert. Die Wortwahl aber, mit der Stockholm-Korrespondent Kai Schlüter auf der marktbeherrschenden deutschen Meinungswebsite tagesschau.de darüber berichtete, dass in Schweden „erstmals ein Mann wegen ‚unachtsamer Vergewaltigung’ verurteilt“ worden sei, haute mich um wie eine Überdosis Snus. Da stand „Das neue Gesetz verschiebt die Beweislast vom Opfer zum Täter. Nicht mehr das Opfer muss sein Verhalten rechtfertigen, sondern der Täter muss erklären, warum er glaubte, die aktive Zustimmung des Opfers erhalten zu haben.“ Der Täter muss vor Gericht erklären…? Wer sich also wegen „unachtsamer Vergewaltigung“ vor Gericht verantworten muss, der stünde demnach bereits als „Täter“ fest. Und ebenso klar ist, dass es ein „Opfer“ gibt. Steht nicht im sonst so in Ehren gehaltenen Pressekodex etwas über die „Unschuldsvermutung“? Die Berichterstattung dürfe „nicht vorverurteilen“, heißt es dort: „Die Presse darf eine Person als Täter bezeichnen, wenn sie ein Geständnis abgelegt hat und zudem Beweise gegen sie vorliegen oder wenn sie die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat.“ Zwar hat Schlüter keine konkrete Person als „Täter“ bezeichnet; das macht die Sache aber nicht besser: Für Schlüter, so ist der Text zu lesen, ist jeder, dem eine „unachtsame Vergewaltigung“ vorgeworfen wird, bereits ein „Täter“. Weiter schrieb Schlüter: „Nach alter Gesetzgebung wären die Täter vermutlich freigesprochen worden.“ Dass sie nach alter Gesetzgebung womöglich gar keine Täter gewesen wären, sondern unschuldig, kommt ihm nicht in den Sinn. Eigentlich ist das nicht schwer zu verstehen. Nun leiden aber die Satrapen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter berufsbedingter Beknacktheit. Zwar hat – um es vorwegzunehmen – der zuständige NDR die genannten Stellen korrigiert, nachdem ich ihn darauf aufmerksam gemacht hatte. Doch in ihrer E-Mail, die ich als Antwort erhielt, zeigte sich Claudia Spiewak, die „Chefredakteurin NDR Hörfunk und Programmleiterin NDR Info“, so pampig und verstockt, wie der Pharao gewesen sein muss, als Moses ihn zum neunten Mal aufforderte, sein Volk ziehen zu lassen. Hier ist die gesamte Antwort: Stellungnahme zur Programmbeschwerde von Herrn Stefan Frank vom 13.07.2019 Die Redaktion von NDR Info bedankt sich für die Mail von Stefan Frank, der einen Hörfunkbeitrag des Stockholmer Korrespondenten Kai Schlüter kritisiert. Herr Frank schreibt, dass der Korrespondent in Bezug auf ein nicht abgeschlossenes Gerichtsverfahren statt von ‚Kläger’ und ‚Beschuldigten’ von ‚Opfer’ und ‚Täter’ spreche und wirft dem Autor Vorverurteilung vor. Kai Schlüter bezieht sich jedoch explizit auf ein beendetes Verfahren, in dem ein Täter verurteilt wurde, der Kontext in dem Beitrag ist eindeutig. Liest man die von Herrn Frank herausgegriffene Stelle losgelöst vom konkreten Fall (der sich eigentlich, anders als von Herrn Frank insinuiert, aus dem Zusammenhang ergibt), wäre es möglicherweise besser gewesen, um Missverständnisse auszuschließen, statt von einem Täter von einem Beschuldigten zu sprechen. Die Redaktion wird dies nun veranlassen. Im zweiten von Herrn Frank angeführten Beispiel geht es um sieben Fälle, in denen Beschuldigte wegen unachtsamer Vergewaltigung rechtskräftig verurteilt wurden, also als Täter bezeichnet werden können. Gleichwohl hat die Redaktion hier ebenfalls zur Klarstellung ergänzt, dass es sich um jetzt als Täter Verurteilte handelt, die vermutlich nach alter Gesetzgebung freigesprochen worden wären. Herr Frank wirft dem Autor schließlich vor, ‚rechtsstaatliche Grundsätze vergessen’ zu haben; dem ist nicht so. Eine unklare Formulierung suggeriert keinesfalls, dass Beschuldigte automatisch für Täter gehalten werden. Insofern können wir auch keine generelle ‚Vorverurteilung von Angeklagten in Strafprozessen’ erkennen. Umso wichtiger ist dagegen sachliches Feedback, das für unser redaktionsinternes Qualitätsmanagement außerordentlich hilfreich ist.“ Claudia Spiewak Chefredakteurin NDR Hörfunk Programmleiterin NDR Info Die Stellungnahme ist außerordentlich wirr. Unter dem Vorwand, dass es sich ja um einen „konkreten Fall“ handele, in dem ein Angeklagter bereits „rechtskräftig verurteilt“ worden sei, tut Spiewak so, als sei es statthaft, nebenbei allgemeine Aussagen zu treffen wie „Das neue Gesetz verschiebt die Beweislast vom Opfer zum Täter“. Die Stelle wurde, wie gesagt, verbessert. Jetzt steht dort: „Das neue Gesetz verschiebt die Beweislast vom Opfer zum Beschuldigten. Nicht mehr das Opfer muss sein Verhalten rechtfertigen, sondern der Verdächtige muss erklären, warum er glaubte, die aktive Zustimmung des Opfers erhalten zu haben.“ Korrekt wäre freilich, von einem „mutmaßlichen Opfer“ zu sprechen – denn die Wahrheit, ob überhaupt jemand Opfer einer Straftat wurde, muss ja vor Gericht erst ermittelt werden. Und wo ein Opfer ist, muss auch ein Täter sein, so dass der „Täter“ dann doch über die Hintertür wieder reinkommt. Den Satz: „Nach alter Gesetzgebung wären die Täter vermutlich freigesprochen worden.“ korrigierte der NDR wie folgt: „Nach alter Gesetzgebung wären die jetzt als Täter Verurteilten vermutlich freigesprochen worden.“ Der NDR hat die Stellen also berichtigt und durch die Art und Weise der Korrektur gezeigt, dass er so ungefähr verstanden hat, worum es geht und was an der Ausdrucksweise falsch war. Gleichzeitig tut Claudia Spiewak in ihrer E-Mail so, als wüsste sie gar nicht, worum es geht, und als sei es eine Frechheit, sie mit einer solchen Beschwerde zu belästigen. Besondere Freude muss ihr die schnippische Schlussbemerkung gemacht haben: „Umso wichtiger ist dagegen sachliches Feedback, das für unser redaktionsinternes Qualitätsmanagement außerordentlich hilfreich ist.“ Soll heißen: Frau Spiewak hält die Kritik an dem offenkundigen Verstoß gegen die Regeln des Rechtsstaats für etwas, das außerordentlich nutzlos ist und ihr nur die Zeit stiehlt. Vielleicht sollte ich ein weiteres Mal zu ihr gehen und sagen, dass es dem Artikel gehörig an Kontext mangelt: Vergewaltigungen in Schweden sind üblicherweise keineswegs „unachtsam“, sondern sehr zielgerichtet. Im August etwa vergewaltigten am Rande des Stockholmer Jugendfestivals We are Sthlm zwei Männer zwei 15-jährige Mädchen und filmten laut Presseberichten ihre Taten. Vergewaltigungen auf diesem Festival besitzen Tradition. Es gibt sie seit einigen Jahren jedes Jahr aufs Neue, so dass sie schon einen eigenen Wikipediaeintrag haben. 2016 gab die Polizei zu, die Verbrechen heruntergespielt zu haben, weil die Tatsache, dass die Täter Afghanen gewesen seien, „von rechten Politikern hätte benutzt werden können“. Was die Verfolgung und Bestrafung von Vergewaltigern betrifft, haben Schwedens Polizei und Justiz einen denkbar schlechten Ruf. In einem Bericht von Amnesty International heißt es unter Berufung auf Daten von Schwedens Nationalrat für Verbrechensprävention (Brå): „Vergewaltigungen sind in der schwedischen Gesellschaft nach wie vor weit verbreitet, und die Zahl der gemeldeten Vergewaltigungen hat im letzten Jahrzehnt weiter zugenommen.“ 2017 seien bei der schwedischen Polizei 5.236 Strafanzeigen wegen Vergewaltigungen erstattet worden, an denen Personen ab 15 Jahren beteiligt waren. Die vorläufige Statistik für 2018 zeige 5.593 angezeigte Vergewaltigungen. Diese Zahlen gäben aber bei weitem „kein realistisches Bild des Ausmaßes des Problems“: „In einer Studie aus dem Jahr 2017 gaben 1,4% der Bevölkerung an, vergewaltigt oder sexuell missbraucht worden zu sein, was ungefähr 112.000 Menschen entspricht. Die überwiegende Mehrheit der Vergewaltigungsopfer wird das Verbrechen niemals der Polizei melden. Von denen, die dies tun, werden nur wenige erleben, dass ihr Fall vor Gericht verhandelt wird. Im Jahr 2017 wurde in 11% der Fälle, an denen Kinder zwischen 15 und 17 Jahren beteiligt waren, und in 6% der Fälle, an denen Erwachsene beteiligt waren, eine Strafverfolgung eingeleitet.“ Landet der Fall vor Gericht, werden die Täter oft freigesprochen. Wenn es zu einer Verurteilung kommt, sind die Strafen oft lächerlich. So wurde ein 17-Jähriger, der ein 12-jähriges Mädchen in einen Keller lockte und dort vergewaltigte, vom Bezirksgericht Eskilstuna im August 2019 zu 50 Sozialstunden verurteilt. Laut einer Untersuchung von Schwedens öffentlich-rechtlichem Fernsehen SVT stammen 58 Prozent derer, die in Schweden wegen Vergewaltigung oder versuchter Vergewaltigung verurteilt werden, aus dem Ausland. In den Fällen, wo das Opfer den oder die Täter nicht kannte – also etwa Vergewaltigungen wie auf dem genannten Musikfestival –, steigt die Zahl auf 85 Prozent. Vier von zehn verurteilten Vergewaltigern hielten sich zum Tatzeitpunkt seit „weniger als einem Jahr“ in Schweden auf. Die zweithäufigste Tätergruppe nach denen mit schwedischer Staatsangehörigkeit seien Afghanen, berichtet SVT. Im Stadtzentrum der Universitätsstadt Uppsala gab es im August 2019 innerhalb von vier Tagen vier Vergewaltigungen oder versuchte Vergewaltigungen. Die Täter wurden nicht ermittelt. Die Polizei riet daraufhin Frauen, lieber nicht allein auf die Straße zu gehen. Frauen gehen nur in Begleitung aus dem Haus – aus welchem Kulturkreis kennt man das? Das ist Schweden unter der „feministischen Regierung“. In Uppsala fühlen sich in der Innenstadt 80 Prozent der Mädchen nicht sicher. Ein 14-jähriges Mädchen schildert, dass es immer Turnschuhe trage, damit es „schneller weglaufen“ könne. Ein anderes Mädchen beschreibt eine Szene im Bus, wie es sie auch in Deutschland gibt: „Ich setzte mich auf eine Bank und sofort kamen die Jungs und setzten sich auf beiden Seiten neben mich. Dann kamen weitere Typen und standen vor mir. Sie begannen, mein Haar und meine Beine zu begrapschen und sagten Dinge zu mir, die ich nicht verstand. Ich hatte solche Angst und sagte ihnen oft, sie sollten aufhören, aber sie hörten nicht auf mich ... Alles ist so schrecklich. Das ist so falsch. Ich will mich sicher fühlen können.“ Schwedens ehemals größtes Open-Air-Musikfestival Bravalla findet nicht mehr statt, weil dort 2016 fünf, 2017 dann noch einmal vier Frauen vergewaltigt wurden. (Daraufhin gab es ein „männerfreies Festival“, das aber wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot auch wieder eingestellt werden musste.) Halten wir fest: Es gibt in Schweden jedes Jahr tausende von Vergewaltigungen (rund 6.000 angezeigte und eine Dunkelziffer, die um ein Vielfaches höher liegt). Die meisten werden nie angezeigt, weil die Opfer sich angesichts der desolaten schwedischen Justiz nichts davon versprechen. Schwedens „feministische Regierung“ verabschiedet als offenkundige Ablenkungsmaßnahme ein Gesetz, das den Begriff der Vergewaltigung so stark ausweitet, dass er mit dem hergebrachten nichts mehr zu tun hat und ins Lächerliche abgleitet. Unterdessen rät die Polizei Frauen, nicht allein auf die Straße zu gehen, um nicht Opfer einer Art von Vergewaltigung zu werden, die grausam, brutal, bestialisch und noch vieles mehr ist, aber gewiss nicht „unachtsam“. Diese Vergewaltigungen auf offener Straße sind genau die Arten von Vergewaltigungen, über die die öffentlich-rechtlichen deutschen Medien nie berichten, weil sie das „Kriterium der Relevanz“ nicht erfüllen, wie Kai Gniffke es einmal ausdrückte. Dafür feiert tagesschau.de das neue schwedische Sexualstrafrecht und erklärt jeden, der gemäß diesem Gesetz angeklagt wird, zum „Täter“. Für den Leser von tagesschau.de muss das so wirken, als wären Frauen in Schweden nicht in erster Linie von sexueller Belästigung und brutaler Vergewaltigung in der Öffentlichkeit bedroht, sondern in erster Linie von den „Unachtsamen“ im eigenen Schlafzimmer. Dazu passt, wie tagesschau.de über die seit Jahren andauernde Bombenserie in Schweden berichtet. Bombenanschläge gehören dort ja bekanntlich zum Alltag. Tagesschau.de berichtete im Oktober: „Schweden und Dänemark: Bombenanschläge häufen sich.“ Ein Satz im Text, wonach eine „Shisha-Bar“ explodiert sei, gibt einen versteckten Hinweis auf den explosiven Konkurrenzkampf, der da tobt – aber man muss den Feindsender BBC verfolgen, um zu erfahren, dass es sich bei den Tätern oft um „Einwanderer der zweiten und dritten Generation“ handelt. Auf tagesschau.de heißt es lapidar: „Hinter den Taten werden organisierte Banden vermutet.“ Wie die britische Wochenzeitschrift Spectator berichtet, prägte Schwedens führende linksliberale Tageszeitung Dagens Nyheter vor einigen Jahren im Hinblick auf diejenigen, die auf Schwedens Kriminalitätsproblem hinweisen, den Begriff „Sicherheitsleugner“ und „verglich diese mit verrückten Klimaleugnern“. Sicherheitsleugner sind die Redakteure bei der ARD gewiss nicht. Und wenn es irgendwo Täter gibt, dann wissen sie, wo sie sie suchen müssen beziehungsweise dürfen – und wo nicht. | Stefan Frank | Wenn es in der Berichterstattung um Täter und Opfer geht, entwickelt die ARD eine seltsame Unwucht. Wie diese konkret aussieht, wird hier am Beispiel der ARD- und Tagesschau.de-Berichterstattung respektive Nicht-Berichterstattung zu Fällen von Vergewaltigungen in Schweden durchdekliniert. Bezeichnend ist die dünnhäutige Redaktion der Ertappten auf eine höfliche Kritik. | article | 02.01.2020 06:15 | https://www.achgut.com/artikel/taeter_opfer_tagesschau_die_geschichte_einer_korrektur#comment_entries |
Fiktion, Realität, Ignoranz – ein Fernsehabend | Gestern Abend startete in der ARD sas Abendprogramm mit dem erstaunlichen Film „Die Saat des Terrors“, der durch die Dokumentation „Spur des Terrors“ von Daniel Harrich anschließend ergänzt wurde. Es ging in dem Film darum, dass die westlichen Geheimdienste in der Terrorabwehr mit Staaten, vor allem Pakistan, zusammenarbeiten, die selbst Terror verüben. Sehr eindrücklich wurden die Hintergründe des schrecklichen Attentats von Mumbai mit hunderten Toten gezeigt. Die zentrale Figur dabei war ein Amerikaner mit pakistanischen Wurzeln, der wegen krimineller Delikte mehrmals im Gefängnis saß, dem es durch Verrat seiner Komplizen immer wieder gelang, mit dem amerikanischen Staat Deals abzuschließen. Er wurde CIA-Agent und bereitete im Auftrag des pakistanischen Geheimdienstes das Attentat in Mumbai, später die Anschläge in Kopenhagen und Paris vor. Es gab, bevor er endgültig festgenommen wurde, zahlreiche Hinweise auf seine Aktivitäten und besonders auf den bevorstehenden Anschlag in Mumbai. Diesen Hinweisen wurde nicht nachgegangen, sie wurden sogar unterdrückt, weil gegen einen CIA-Agenten nicht ermittelt werden darf. In der eindrucksvollen Schlussszene des Spielfilms hielt die Hauptdarstellerin Jana, Agentin des BND, hervorragend gespielt von Christine Paul, eine eindrückliche Rede vor dem Geheimdienstgremium des Bundestages. Die westlichen Staaten hätten geglaubt, ihr Gesellschaftsmodell exportieren zu können. Stattdessen haben sie den Terror importiert. Es ist ein Terror, der zum Teil von Agenten westlicher Geheimdienste verübt wird. In der anschließenden Dokumentation wurde deutlich, dass der Film zwar fiktiv, aber beklemmend nah an der Realität war. Es wurden mehrere ehemalige Geheimdienstchefs und Mitarbeiter interviewt, die bestätigten, dass es in ihrer Welt normal wäre, dass ein Agent für mehrere Dienste tätig ist. Man müsste da, sagte ein Ehemaliger ganz offen, seine moralischen Maßstäbe hintanstellen. Der während des Mumbai-Anschlags amtierende pakistanische Geheimdienstchef wurde übrigens in Deutschland an der Hamburger Führungsakademie ausgebildet, wie über hundert weitere Agenten aus den muslimischen Ländern. Halten wir fest: Es ist so bekannt, dass von unserem angeblichen Verbündeten im Antiterrorkampf Pakistan staatlich organisierte Terroranschläge ausgehen, die sich zunehmend gegen Europa richten. So bekannt, dass man einen Spielfilm daraus machen konnte, der in furchterregender Weise realitätsnah ist. Trotzdem gibt es keine sichtbaren politischen Konsequenzen. Im Gegenteil. Es wird weiter Kurs gehalten, auch in Anbetracht der tausenden Pakistanis, die aktuell in Bosnien an der kroatischen Grenze Stellung bezogen haben. Diese Männer sind die Söhne und Brüder derjenigen, die Pakistan auf den Straßen Bürgerkrieg androhen, wenn die Christin Asia Bibi, die angeblich Blasphemie begangen haben soll, nicht hingerichtet wird. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass diese jungen Männer spätestens nach Unterzeichnung des Migrationspaktes in Deutschland Einlass begehren werden. Schließlich steht der Balkan-Winter vor der Tür, da sind die Zelte, in denen sie kampieren, keine geeignete Unterkunft. Der erste Beitrag der anschließenden Tagesthemen berichtete von der Generaldebatte, die im Bundestag geführt worden war. Schon in der Anmoderation behauptete Ingo Zamperoni, Merkel hätte wie „befreit“ von der Bürde des Amtes gewirkt. Ihr Auftritt hätte „gelöster, klarer, ja leidenschaftlicher“ gewirkt. Dem setzte Thomas Baumann vom MDR im Kommentar noch eins drauf: Merkel hätte ihr Credo „in wünschenswerter Einfachheit klar gemacht“. Baumann bedauerte nur, dass sie „mit diesem Satz erst jetzt kommt“. Wie lautete dieser Satz? „…in dieser Welt des 21. Jahrhunderts“ müsse man davon ausgehen, „dass jeder eine Chance für seine Entwicklung bekommt…“ Wir müssten „nicht zuerst an uns selbst denken, sondern verstehen, dass deutsche Interessen heißt, immer auch an die anderen mitzudenken“. Dabei hat deutscher Größenwahn immer wieder in die Katastrophe geführt. Leider gehört auch der frisch gewählte Fraktionsvorsitzende Brinkhaus zu den Größenwahnsinnigen. Er sagte in seiner Rede mit viel Emphase, die Politiker hätten keineswegs nur Verantwortung für Deutschland, sondern: „Wir haben Verantwortung für alle, die wir, soweit es uns möglich ist, auch übernehmen werden“. Beide verloren kein Wort über die lebensgefährlich bedrohte Asia Bibi. So weit geht ihr Verantwortungsgefühl offensichtlich nicht. Von den Altparteien in der Opposition, auch das hat die Debatte gezeigt, ist nichts zu erwarten. FDP-Chef Lindner sekundierte Merkel. In Bezug auf den Migrationspakt meinte er: „Es ist besser, diesen Pakt zu haben, als ihn nicht zu haben.“ Zurück zu Kommentator Baumann. Merkel stünde, so jubelte er, wie kaum ein anderer Politiker für Multikulturalismus. Dann bekam Jens Spahn einen Seitenhieb: Er würde die Debatte um den Migrationspakt instrumentalisieren, um sich in der Parteivorsitzenden-Frage nach vorn zu bringen. Spahn solle sagen, ob er für oder gegen den Pakt sei, „als so zu tun, als ob alle Deutschen mit entscheiden könnten“. Da ist sie wieder, die Verachtung für das Volk. | Vera Lengsfeld | Der gestrige Fernsehabend auf der ARD zeigte in geradezu exemplarischer Weise welch verquere Sicht auf die Welt sich unter den Regierenden dieses Landes und ihren Claqeuren herausgebildet hat. | article | 22.11.2018 17:00 | https://www.achgut.com/artikel/fiction_realitaet_ignoranz_ein_fernsehabend |
Sind die Bamberger Urteile nur Einzelfälle? | Von Holger Willanzheimer. In Bezug auf die Bamberger Justiz sprachen Journalisten schon von einer "Sondergerichtszone". Stimmt das? Oder droht der Rechtsstaat auch anderswo in eine Schieflage zu geraten? Der Journalist Jan Fleischhauer spricht in seinem Podcast „Der Schwarze Kanal“ im April 2025 von der Sondergerichtszone Bamberg. Ziel der Anspielung ist klar: Gemeint sind die Staatsanwaltschaft Bamberg und das Amtsgericht Bamberg. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den Chefredakteur des rechten „Deutschland-Kuriers“, David Bendels, die öffentliche Klage (zunächst in Gestalt eines Strafbefehlsantrags) erhoben, weil er ein verfremdetes Bild der damaligen Bundesinnenministerin Nancy Faeser verbreitet hatte, auf dem sie ein Schild mit dem Text „Ich hasse Meinungsfreiheit“ in die Kamera gehalten hatte. Natürlich ganz offensichtlich eine satirisch gemeinte Fotomontage. Schon zuvor war die Bamberger Strafjustiz durch die vehemente Verfolgung (einschließlich Hausdurchsuchung) eines Rentners aufgefallen, der sich eine Haarpflegemittel-Werbung zunutze gemacht hatte, um Robert Habeck zu veralbern („Schwachkopf“-Meme). Die Staatsanwaltschaft hatte im aktuellen Fall auf den entsprechenden Strafantrag der Ministerin mit einem Antrag an das Amtsgericht Bamberg auf Erlass eines Strafbefehls reagiert, der auf eine hohe Geldstrafe (210 Tagessätze, also sieben Monatsnettoeinkommen) gerichtet war. Ein Strafbefehl leitet ein schriftliches Verfahren ohne Verhandlung ein, wobei der Angeklagte aber stets das Recht hat, durch Einspruch eine Hauptverhandlung zu erzwingen. Die Strafprozessordnung wartet hier aber mit einer kleinen Tücke auf: Anders als bei den Rechtsmitteln der Berufung und der Revision riskiert der Angeklagte eine härtere Verurteilung, sofern er den Strafbefehl nicht zu akzeptieren bereit ist (1). So auch hier geschehen: Das Amtsgericht Bamberg beantwortete den Einspruch als Ergebnis der Hauptverhandlung mit einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, also einer härteren Bestrafung als zuvor. Dass die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde (zu noch Drastischerem zu greifen, hat sich wohl nicht einmal das Amtsgericht Bamberg getraut), ändert daran nichts. 7 Monate (2) für eine (vermeintliche) Verleumdung? Für ein Delikt, welches die Justiz bei Normalbürgern, für die § 188 StGB (fälschlich (3) als „Majestätsbeleidigungsparagraph“ bezeichnet) nicht gilt, nicht einmal eigeninitiativ verfolgt und, wenn überhaupt, dann mit niederen Geldstrafen ahndet? Wenn Ricarda Lang diese Bestrafung unverhältnismäßig findet und selbst die taz sich zurückhaltend äußert, ist dieses Aufflammen rechtsstaatlichen Bewusstseins durchaus anerkennenswert. Die Empörung über die Höhe der Strafe geht aber am Kern der Sache vorbei, zumal diese Kritik eher an den Gesetzgeber zu richten wäre. Es geht aber auch gar nicht in erster Linie um das Strafmaß, sondern darum, dass das Meme überhaupt keinen Straftatbestand erfüllt. Nicht den der Verleumdung und nicht einmal den der Beleidigung. Das Urteil ist juristisch schlicht falsch. Hierüber ist aber schon so viel geschrieben und gesprochen worden, dass es an dieser Stelle dabei bewenden soll, Wolfgang Kubicki mit den Worten zu zitieren: „Für einen freiheitlichen Rechtsstaat ist dies ein wahrhaft schandhaftes Urteil“. Das einstweilen (4) letzte Wort in dieser Sache dürfte ohnehin das Bayerische Oberste Landesgericht zu sprechen haben, das kürzlich immerhin Hoffnung darauf geweckt hat, die bisherige ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Meinungsfreiheit noch nicht vergessen zu haben (5). Zurück aber zum eigentlichen Thema: Ist Bamberg, wie Jan Fleischhauer meint, eine Sondergerichtszone? Liegt hier in Oberfranken ein Zentrum übelster juristischer Fehlleistungen? Oder haben wir es bloß mit dem Ausrutscher eines einzelnen Richters zu tun? (6) Zur Beantwortung dieser Frage ist ein Blick in die Abläufe der Strafjustiz nötig. Ausgangspunkt ist, dass ein Strafgericht niemals von Amts wegen, also ohne Antrag von außen, urteilen kann. Es bedarf stets (7) einer Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft, § 152 Abs. 1 StPO. Werfen wir also einen Blick in deren bescheidene Amtsstuben. Im Alltagsgeschäft sitzt der Staatsanwalt hinter seinem Schreibtisch und verrichtet seine Arbeit, bei der er im Allgemeinen, obwohl weisungsgebundener Beamter, nur in geringem Umfang einer Kontrolle durch seine Vorgesetzten unterliegt (8), (9). Er wird bezahlt wie ein Richter und soll auch ähnlich selbstständig arbeiten dürfen. Hat er es mit Diebstahl, Körperverletzung oder Betrug, also Alltagsdelikten, zu tun, sieht gewöhnlich kein Vorgesetzter das Ergebnis seiner Tätigkeit. Hätte es sich also hier nicht um Frau Faeser, sondern um irgendjemanden Beliebigen gehandelt, wäre der Strafbefehlsantrag ohne Aufhebens direkt ans Amtsgericht gegangen. Es hätte allenfalls passieren können, dass das Gericht den Erlass des Strafbefehls abgelehnt hätte, weil es eine andere Vorstellung von Meinungsfreiheit hatte. Vielleicht sogar eine entgegengesetzt extreme: Das ebenfalls im Freistaat Bayern ansässige Amtsgericht Ansbach zum Beispiel hat durch Beschluss vom 18.12.2021 die auf Facebook getätigte Äußerung „Ich hätte jeden Impfverweigerer ins Gas geschickt oder in ne Genickschussanlage gesteckt…Ah und in ein KZ davor um die Verweigerer dann erstmal auszubeuten, zu foltern etc.“ im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft Ansbach mangels Vorsatzes für straflos erachtet (10). Wieder zurück in die Amtsstube des Staatsanwalts: Dessen Freiheit, ohne Behelligung durch irgendwelche Aufsicht seine Arbeit verrichten zu können, endet bei sogenannten Berichtssachen. Berichtssachen sind (unter anderem) Verfahren, von denen zu erwarten ist, dass sie eine gewisse Öffentlichkeitswirksamkeit entfalten werden. Was sicherlich in einem Verfahren der Fall ist, in dem die Bundesinnenministerin Strafantrag gestellt hat und die Sache bereits ihren Weg in die Medien gefunden hat. Der Staatsanwalt hat dann auf dem Dienstweg über seine übergeordnete Generalstaatsanwaltschaft (hier ebenfalls in Bamberg ansässig) an das Landesjustizministerium zu berichten. Praktisch sieht das in der Regel so aus, dass in einem solchen Bericht der Verfahrensstand zusammengefasst wird und gegebenenfalls beabsichtigte Maßnahmen (Anklageerhebung, Einstellung, Durchsuchung) mitgeteilt werden. Das Ministerium möchte verständlicherweise über spektakuläre Vorfälle, die sich in seinem Geschäftsbereich abspielen, informiert sein und hiervon nicht erst aus der Zeitung erfahren. Geregelt ist das für Bayern in der Anordnung Berichtspflichten in Strafsachen vom 07.12.2005 (BeStra) (11). Dort heißt es unter Nr. 1: „Die Staatsanwaltschaften berichten dem Staatsministerium der Justiz in allen Strafsachen, die wegen der Persönlichkeit oder der Stellung eines Beteiligten, wegen der Art oder des Umfangs der Beschuldigung oder aus anderen Gründen weitere Kreise beschäftigen oder voraussichtlich beschäftigen werden…“ Die weiteren dort geregelten Einzelheiten sollen hier nicht wiedergegeben werden. Kein Zweifel wird daran bestehen können, dass es sich bei dem fraglichen Verfahren um eine solche Berichtssache handelt. Ein Verfahren also, das der zuständige Staatsanwalt eben nicht im stillen Kämmerlein bearbeiten und abschließen konnte, sondern über das – und zwar mit Sicherheit in sehr frühem Stadium – sein Abteilungsleiter, der Behördenleiter und sodann, wie dargestellt im Berichtsweg, der Generalstaatsanwalt sowie das Staatsministerium der Justiz sehr gut informiert gewesen sein dürften. Jeder der genannten Vorgesetzten in dieser Hierarchie hätte den Staatsanwalt zurückpfeifen können, falls dieser nicht ohnehin zur Anklageerhebung angewiesen wurde. Aus dem Umstand, dass dies nicht geschehen ist, lässt sich nur folgern, dass dieser Verfolgungsfuror bis hinauf ins Ministerium Billigung gefunden hat. Was sicherlich ebenso für das „Schwachkopf“-Meme gilt, das Robert Habeck zur Stellung eines Strafantrags veranlasst hatte. Womit die Titelfrage beantwortet wäre. Dem Journalisten Jan Fleischhauer ist bei seiner vernichtenden Bewertung des Urteils des Amtsgerichts Bamberg zuzustimmen. Er irrt aber, wenn er Bamberg als „Sondergerichtszone“ betrachtet. Für das Verfahren trägt der gesamte hierarchische Überbau der Staatsanwaltschaft Bamberg bis hin zum Staatsministerium der Justiz des Freistaats Bayern Verantwortung. Verfehlt wäre es jedoch, nunmehr stattdessen von einer „Sondergerichtszone Bayern“ zu sprechen. Die Erosion der Meinungsfreiheit hat sich vielmehr längst in der ganzen Republik verbreitet und jüngst sogar den Bundesgerichtshof erfasst (12). Bamberg ist keine Sondergerichtszone. Man findet Bamberg inzwischen überall. Dieser Beitrag erschien zuerst bei KRiStA. Holger Willanzheimer ist freiberuflicher Rechtsanwalt. (1) Eine Extrakarte im Ärmel der Strafjustiz, geeignet, Angeklagte von Einsprüchen abzuhalten bzw. zu deren Rücknahme zu „motivieren“. (2) Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft, die in ihrem Plädoyer 8 Monate für angemessen gehalten hatte, sogar noch Strafmaßberufung eingelegt, die aber nicht ernst gemeint, sondern taktisch begründet sein dürfte, um eine mögliche direkte Revision des Angeklagten zu blockieren, vgl. § 335 Abs. 3 StPO; sogenannte „Sperrberufung“. (3) Korrekt: Politikerbeleidigung. Der „Majestätsbeleidigungs-Paragraph“ war hingegen § 103 StGB, der die Beleidigung von Staatsoberhäuptern unter Strafe gestellt hatte. Er wurde im Jahr 2017 abgeschafft, nachdem der ZDF-„Satiriker“ Jan Böhmermann ein Schmähgedicht auf Recep Tayyip Erdogan verfasst und daher Strafverfolgung zu befürchten hatte („Lex Böhmermann“). (4) Unbeschadet der Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde. (5) Urteil vom 06.03.2025 – 206 StRR 433/24, Randnummer 10: „Der Schutz der Meinungsfreiheit ist gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen und findet darin unverändert seine Bedeutung“. (6) Es waren sogar zwei Richter mit dem Fall befasst, die beide eine Strafbarkeit bejaht haben, taz vom 09.04.25. (7) Ausnahme: Privatklagedelikte, § 374 StPO, sofern die Staatsanwaltschaft nicht mitwirkt. (8) Vgl. Nr. 12 Abs. 1 der Anordnung über Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaften Bayern (OrgStA): „Innerhalb des ihm zugewiesenen Geschäftsbereichs erledigt der Sachbearbeiter seine Aufgaben grundsätzlich in eigener Verantwortung“. Daher zeichnen Staatsanwälte in der Regel auch nicht, wie andere Beamte, „Im Auftrag“, Nr. 18 Abs. 1 OrgStA. (9) Dabei mögen regionale Unterschiede bestehen. (10) Aktenzeichen 5 Js 1012 Js 7310/21 – Die Staatsanwaltschaft Ansbach hatte zunächst den Erlass eines Strafbefehls wegen Volksverhetzung beantragt, hat aber die Ablehnung des Antrags durch das Amtsgericht Ansbach widerstandslos hingenommen. (11) Bay. JMBl. 2006, S. 2. (12) Nachzulesen in dem gleichzeitig veröffentlichten Beitrag von Matthias Guericke auf dieser Website. | Gastautor | In Bezug auf die Bamberger Justiz sprachen Journalisten schon von einer "Sondergerichtszone". Stimmt das? Oder droht der Rechtsstaat auch anderswo in eine Schieflage zu geraten? | article | 31.05.2025 06:00 | https://www.achgut.com/artikel/sind_bamberger_urteile_nur_einzelfaelle/P21#comment_entries |
Polizeiruf 110, dann Kapuze über den Kopf | Die Pionier-Organisation der DDR hatte für ihre blau/rot behalstuchten Knirpse wichtige Ämter zu vergeben, wozu neben dem Gruppenratsvorsitzenden, einer Art Dreikäsehoch-Staatsratsvorsitzenden auch ein Amt für Agitation und Propaganda gehörte: der Wandzeitungsredakteur. Das bedeutete, Kolumnen aus „Junge Welt“ oder „Neues Deutschland“ ausschneiden, schmissige Überschriften dazu basteln…irgendwas mit Kampf, Arbeiterklasse und deren Feinden, den Imperialisten, ging immer. Dazu Nägel, zwischen denen Zwirnsfäden Texte mit Bildern von Lenin, Pieck und Thälmann verbanden und das ganze möglichst flächenfüllend auf dem mit rotem Fahnenstoff bespannten Brett verteilen. So geht Propaganda… Dachten Sie! So geht Propaganda nämlich nicht, was hingegen so ging, war verordnete politisch überfrachtete Schulpolitik der DDR, der sich die meisten Kinder zwar ergaben, jedoch nur die wenigsten einen inneren Bezug zur allgegenwärtigen, langweiligen Politiksülze hatten. Man nahm das so hin, wie man das Wetter hinnahm, zog die Kapuze über den Kopf und ließ den Regen vorüberziehen. Das regelmäßige Bestücken der Wandzeitungen anlässlich revolutionärer Jubeltage wie dem 1. Mai oder dem „Tag der NVA“ geriet im Laufe des sich immer schleppender vollziehenden Sieges des Sozialismus ohnehin immer mehr ins Hintertreffen, bis in den Achtziger Jahren diese Bretter, welche die Schüler selbst bestücken UND deren Inhalte sie eifrig glauben sollten, nach und nach abgehängt wurden und verschwanden. Es war unterm Strich wohl doch alles etwas dick aufgetragen und jeder merkte das. Heute wissen wir, dass Propaganda, wenn sie wirksam sein soll, niemals plump und belehrend, sondern subtil und verführerisch sein muss, sonst stößt sie sauer auf. Die Deutschen, denen in ARD und ZDF in jeder Nachrichtensendung vermittelt wird, wie gut es ihnen doch ginge und wie übel es um sie herum bestellt sei – von der Welt weiter weg, hinter den sieben Trump-Bergen und bei den sieben Salvini-Zwergen ganz zu schweigen – diese Deutschen haben jedoch in letzter Zeit immer öfter das Gefühl, dass in ihrer heilen Welt irgend etwas nicht ganz in Ordnung sein kann. Gerade weil immer wieder betont wird, dem wäre so. Nur die anderen, die würden langsam alle durchdrehen. Gefahr droht der Gegenwart nur, wenn die Gestaltung der Zukunft nicht in bewährten Händen bliebe. Ignorance is bliss! Das Leben ist zu kurz, um ihm auch noch Zeit für schlechte Fernsehserien abzuzwacken und aus diesem Grund habe ich in meinem ganzen Leben noch keine Folge „Tatort“ oder „Polizeiruf 110“ gesehen. Da beide mit den Mitteln staatlich organisierter Zwangsbeglückung finanziert werden, sage ich mir zudem, dass man zwar mein Geld requirieren kann, aber nicht auch noch meine Zeit. Und wenn ich doch mal absichtsvoll ins Programm schaue, dann nicht zum Gucken, sondern zum Beobachten. Für den Polizeiruf „Für Janina” vom 11.11.2018, der im moralischen Rahmen der stattfindenden „Gerechtigkeits-los-wochos“ bei der ARD ausgestrahlt wurde, habe ich dank der ARD-Mediathek eine solche Ausnahme gemacht. Vergessen wir mal die Handlung, ignorieren wir die Leistung der Schauspieler, die ohne erkennbaren Grund zwischen den Modi „Schlaftablette“ und „Speed“ hin und her springen und wenden uns der Ausstattung des Sets zu. Bei den Requisiten wird üblicherweise nichts dem Zufall überlassen, um den Schauspielern eine glaubwürdige Kulisse zu bieten. Ein Hamlet, der seine Monologe vom Smartphone abliest oder ein Ben Hur mit Armbanduhr kommen sicher nicht authentisch rüber! Was also dachten sich Regie und Set-Design, als die das Büro deutscher Polizisten nur so zupflasterten mit Symbolen einer verfassungsfeindlichen „Organisation“ wie der Antifa, „FCK…“ und „Atomkraft nein danke“-Aufklebern, vermummten Antifanten auf Plakaten und Flatterband der Marke „Atomkraft abschalten“. Antwort des 110-Social-Media-Teams: War schon immer so, gehört alles zur Rolle der Ermittlerin Katrin König, da machst nix dran. Nun muss man kein Linksextremist oder ein Antifa-Erzengel wie Frau Stokowski sein, um etwas gegen Nazis zu haben. Vorausgesetzt, es handelt sich tatsächlich um solche und nicht einfach um die neudeutsche Sammelbezeichnung nichtlinker Selberdenker, die sich unter anderem in den Geschmacksrichtungen Klimaleugnernazis, Antifeminazis, Dieselnazis, Meinungsnazis und Nazinazis (AfD) und Seehofer wie die Karnickel zu vermehren scheinen und umso zahlreicher werden, je lauter der Kampf gegen sie beschworen wird und je großzügiger das Geld dafür fließt. Man könnte annehmen, es handele sich hier um ein dem Kobra-Effekt ähnliches Paradoxon. Dass sich Polizeibeamte jedoch in ihren Diensträumen zu grünen Kampfthemen wie Atomkraft äußern, ist zunächst mal sehr unwahrscheinlich. Schließlich ist es angesichts einiger noch laufender AKWs ausgerechnet die Polizei, die die erforderlichen „großen Sicherheitsanfragen“ erstellt, die jeder bestehen muss, um überhaupt Zugang zu sensiblen Bereichen eines solchen Kraftwerks zu erhalten – und das ist auch gut so. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass Fesselkunststücke auf den Gleisen bei Gorleben oder „Atomkraft nein danke“ Aufkleber bei der Erlangung einer Sicherheitsfreigabe eher hinderlich sind. Die Polizei verhält sich im echten Leben zum Glück doch noch etwas professioneller, als sich das ein deutscher Drehbuchschreiber ausdenken könnte. Völlig befremdlich mutet es hingegen an, wenn eine Ermittlerin ihr Büro geradezu vollpflastert mit Symbolen einer Organisation, die wenig bis nichts übrig hat für Polizisten. Abgesehen natürlich von Steinen, Gehwegplatten, Stahlkugeln, Pfefferspray und Mollis, die von der Antifa bei zahlreichen Demos großzügig als Sachspende an die Beamten verschickt werden. Man könnte vermuten, dass es eine gewisse Unvereinbarkeit gibt zwischen dem Dienstauftrag der Polizei, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen, und der Bestrebung der Antifa, dieses Gewaltmonopol in Anarchie aufzulösen. Die selbstgewählte Büro-Deko, die man der Figur König hier gönnt, ist also im besten Fall eine ziemlich heftige Inkonsistenz in der Drehbuchreihe. Wenn König etwa in der Serienfolge davor („In Flammen“) Ermittlungen gegen eine vermummte, vorgeblich rechtsextremistische Entführergestalt führt, aber eine vermummte, linksextremistische Antifagestalt auf dem Poster an ihrer Tafel ihr in der nächsten Folge schon wieder ihr Herz wärmt, sollten die Drehbuchschreiber der Profilerin König ernsthaft überlegen, ob sie dieser den richtigen Beruf verpasst haben. Oder, um es mit den Po-ethischen Worten der feinsahnigen Fischlein zu sagen, deren Fan die Kommissarin laut Drehbuch und Ausstatter auch ist: „Niemand muss Bulle sein!“ Das stimmt zweifellos. Aber bei Krimiserien gibt es andere Maßstäbe an die Konsistenz und Plausibilität von Motiv, Gelegenheit, Physik und psychischer Ausstattung aller handelnden Figuren, als bei „Bugs Bunny“ oder „Prinzessin Lillifee“. Propaganda fällt in einem Krimi sehr viel schneller auf. Die Wahrscheinlichkeit, in einem deutschen Polizeibüro auf ein Plakat der Antifa zu treffen, ist geringer als die, ein signiertes Porträt einer bestrapsten Hillary Clinton in Trumps Büro an der Wand zu finden! Und nein, eine Dartscheibe zählt in beiden Fällen nicht. Das sollten die Produzenten, Regisseure und Drehbuchautoren bei ARD und ZDF spätestens seit den G20-Riots in Hamburg wissen. Gutes und Schlechtes hatte dieser Polizeiruf zu bieten. Gut ist, dass ich nun weiß, warum ich diesen ideologisch überladenen Käse nicht gucke. Schlecht: ich bezahle immer noch dafür. Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Unbesorgt. | Roger Letsch | Bei Krimiserien gibt es andere Maßstäbe an die Konsistenz und Plausibilität von Motiv, Gelegenheit, Physik und psychischer Ausstattung aller handelnden Figuren, als bei „Bugs Bunny“ oder „Prinzessin Lillifee“. Propaganda fällt in einem Krimi sehr viel schneller auf. So wie vorgestern bei Polizeiruf 110 "Für Janina". | article | 13.11.2018 15:00 | https://www.achgut.com/artikel/propaganda_mit_kobra_effekt_und_wandzeitung/P7#comment_entries |
Das Antidepressivum – Gast unter’m Galgen | Im Osten Belgiens liegt eine karge Landschaft, die den Reisenden an die Tundra Nordeuropas erinnert. Bis auf 694 Meter erhebt sie sich über das in ihrem Westen liegende, weitgehend flache Belgien, und da die Belgier es gerne noch höher haben wollten, stellten sie eine steinerne Empore auf den höchsten Punkt. Wer die baufälligen Stufen bis oben erklimmt, steht genau 700 Meter über dem Meer zwischen de Panne und Knokke an westlichen Ende des Landes. La Haute Fagne (Das hohe Venn) heißt die Region, die hauptsächlich von ausladenden Torfmooren geprägt ist. Dazwischen Pflanzungen von Fichten, auch „der Preußenbaum“ genannt. Ob deshalb, weil sie so in Reih und Glied stehen oder weil die Preußen bis 1918 hier das Sagen hatte, ist nicht ganz klar, vermutlich spielt beides eine Rolle. Seit einigen Jahren werden die Fichtenbestände nach und nach abgeholzt, es sollen sich auch dort wieder die ursprünglichen Moore bilden. Heute ist diese Naturlandschaft ein reines Naherholungsgebiet. Etwas, das sich die Bewohner vor 100 und mehr Jahren nicht einmal im Traum ausdenken konnten. Erholung? Das Leben hier oben war hart, man besaß nur sauren Boden, auf dem nichts wuchs, außer Gestrüpp und dem Preußenbaum. Für Erholung war frühestens Zeit, wenn man die Torfschichten von unten betrachten musste. Diese immerhin, mühsam in Form von Torfziegeln gewonnen, ließen sich in den wahrhaft arktischen Wintern auf dem Dach Belgiens zum Heizen verwenden. Noch jetzt findet man an manchen Stellen meterhohe Wälle – bis dort ist man beim Torfstechen damals gekommen. Wer sich heute daran vergreift, hat schnell die Feldhüter an den Hacken, denn alles ist streng geschützt. So wie auch Birkhuhn und Auerhahn, die angeblich hier brüten. So rural, so bukolisch, so pastoral damals diese weit abgelegene Region auch erschien – selbst dort war man nicht vor den Übeln der Welt sicher. Noch heute zeugen zahlreiche Kreuze entlang der Wege und Straßen, ja selbst mitten im tiefsten Moor von Unglücken, Untaten und anderen Unbillen. Das Meucheln von Respektspersonen, vor allem Förster, war ebenso verbreitet wie das von Gendarmen, Zöllnern und anderen Offiziellen. Händler wurden gerne überfallen, wenn sie mit ihrer Ware das Venn-Massiv überquerten. So mancher Limburger Käse aus dem Norden, so mancher Fuder Tabak aus den südbelgischen Anbaugebieten nahe der französischen Grenze wechselte im Venn den Besitzer, und die Wegelagerer hatten wenig Skrupel; erst raubten sie den Händler aus, dann ließen sie ihn in einem der zahllosen Moorlöcher verschwinden. Was die einmal geschluckt haben, geben sie nicht mehr her, ich könnte da von meinen Gummistiefeln erzählen. Aber das wäre eine andere Geschichte. Wer glaubt, diese Zeiten der Gesetzlosigkeit seien lange vorbei, muss sich eines Besseren belehren lassen. Noch vor ein paar Jahren verfolgten Fans des 1. FC Köln nach einem Spiel gegen Mönchengladbach einen Bus mit ostbelgischen Anhängern der Borussia bis tief ins Nachbarland hinein. An einer Steigung mitten im Venn konnten sie den Bus schließlich einholen und stoppen, und es gab ein echtes Scharmützel. Das wenige Meter von diesem Tatort entfernt stehende Gedenkkreuz ist allerdings einem belgischen Autofahrer gewidmet, der seine Kurvenbeherrschung bei starkem Gefälle überschätzt hat. Vielleicht – es war niemand dabei – ist diesem aber auch einer der zahlreichen in der Gegend umher streifenden Geister, Wiedergänger oder Irrlichter vors Auto gelaufen oder plötzlich als Beifahrer erschienen. Ganz unwahrscheinlich ist das nicht. Einer dieser bis heute vor allem bei herbstlichem Nebel auftauchenden Plagegeister ist ein gewisser Gilles. Die Geschichte von Gilles ist zugleich eine Geschichte, wie sie aktueller nicht sein könnte. Sexuelle Belästigung spielt darin ebenso eine Rolle wie die Diskriminierung Behinderter. Und Gilles war sowohl Opfer als auch Täter. Gilles Mansfeld lebte gegen Ende des 19 Jahrhunderts mitten im Hohen Venn, für einen dort ansässigen Gast- und Landwirt hütete er die Schafe. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, auch wenn damals noch niemand, der über minimalen Restverstand verfügte, auf den Gedanken gekommen wäre, wieder Wölfe anzusiedeln, hatte man das Raubzeug doch gerade erst erfolgreich ausgerottet. Aber auch ohne Wölfe gab es mancherlei Gefahren, die Schafe konnten sich leicht im Moor verirren und darin versinken, und so eine Herde war wertvoller als Gold. Gilles erledigte seine Aufgabe offenbar ohne Fehl und Tadel. Er selbst hingegen verfügte über allerlei Attribute, die nicht gerade geeignet waren, Menschen, vor allem das andere Geschlecht, für ihn einzunehmen. Kurz, sein Äußeres gab zu der Vermutung Anlass, seine Mutter habe einmal etwas mit dem Glöckner von Notre Dame gehabt. Das ist unwahrscheinlich, Victor Hugos Geschichte von Quasimodo spielt gegen Ende des 15. Jahrhunderts, so dass eher zu vermuten ist, dass einer seiner Onkel zugleich sein Vater war. Oder sein Opa. Man sah das in der kargen, menschenarmen Gegend eben nicht so eng, und für viele im Venn notwendige Tätigkeiten waren durchaus auch von der Natur etwas benachteiligte Bewohner geeignet. Die Schafe störten sich nicht an Gilles Anmutung, aber der junge Mann wollte mal so langsam seine familiären Verhältnisse in Ordnung bringen. Nach einigen Misserfolgen hatte er nun eines seiner Augen (das andere war stets auf die Schafe gerichtet) auf eine junge Bedienstete des Gast- und Landwirts geworfen. Diese allerdings konnte sich ganz und gar nicht mit dem Gedanken anfreunden, demnächst mit dem schorfigen Schäfer Tisch und Bett zu teilen. Es war nicht anders als heute: Wenn es denn an die eigenen Interessen rührt, sind Toleranz, Verständnis und Aufgeschlossenheit vergessen. Heute können Schrate in Parteien eintreten und es dort – inklusive Partnerschaften – zu etwas bringen, bis hin in hohe Ämter. Denken Sie nur an... oder an... Damals war das längst nicht so einfach. Und je intensiver Gilles versuchte, der Magd wenigstens mal ins Dirndl zu blicken, um so mehr zeigte sich die Schöne verschlossen. Da konnte er Türen aufhalten, seinen Mantel in Pfützen werfen oder Blumen schenken, es war aussichtslos. Gilles akzeptierte schließlich die Lage der Dinge und entleibte sich an einem nebligen Abend im Jahre des Herrn 1884 per Strick. Damit war die tragische Geschichte allerdings längst nicht zu Ende. Denn nicht lange nach Gilles’ Beisetzung erschien er der Auserwählten beim Sammeln von Holz und Pilzen im nahen Moor als Geist (heute würde man „Zombie“ sagen). Die Maid war zutiefst schockiert und rannte schreiend zurück zum Hof, wo sie in eine tagelange Schockstarre verfiel und auch später nie mehr so recht wurde. Man hielt sie anfangs für verwirrt, doch schon bald häuften sich Berichte von Reisenden, denen Gilles hier und dort erschien. Die Sache zog Kreise, und der König oder einer seiner Verwaltungsbeamten schickte Gendarmen hoch ins Venn. So lange diese umherstreiften, hielt sich Gilles offenbar bedeckt; die Aktion wurde jedenfalls nach einigen Tagen wegen offensichtlicher Zeitverschwendung abgebrochen. Gilles ward seitdem auch nicht mehr in toto gesehen, bis heute kann man allerdings an besonders finsteren Tagen (laut Statistik der königlichen Wetterwarte, die dort oben eine Beobachtungsstation betreibt, sind das im Jahresdurchschnitt 180), rund um den Standort des Gasthauses zahlreiche Irrlichter beobachten, die, wie man sich erzählt, versuchen, Reisende ins Moor zu locken. Das frühere Gasthaus existierte bis Ende 2017, es nannte sich Mont Rigi, bot sensationellen Blaubeerkuchen und weitere Leckereien an, darunter ein eigenes, kräftiges, typisch belgisches Bier, das nach Gilles benannt war. Damit nicht genug: An der straßenseitigen Fassade des Hauses prangte in Lebensgröße ein veritabler Galgen, auf dessen Querbalken ein ebenfalls lebensgroßer Gilles hockte, der mit dem Strick lockte. Im Laufe der Jahre war ich zum Stammgast des Hauses geworden, während der Recherchen zu meinem Belgienbuch war es so eine Art Versorgungsstation geworden, und stets begrüßte ich Gilles vor dem Eintreten mit einem freundlichen „Chalut, Chipfel!“ Doch nichts ist für ewig, nicht einmal ein Gehängter. Der Betreiber hatte im Herbst 2017 von der Hausverwaltung ein Kündigungsschreiben erhalten. 18 Jahre hatte er das Gasthaus betrieben und viel Geld investiert und war nun entsprechend schockiert. Was steckte dahinter? Natürlich die Globalisierung. Das einst in the Middle of Nowhere gelegene Anwesen war seit Jahren Eigentum einer Investitionsgesellschaft, die vom fernen Paris aus damit beschäftigt war, weltweite Geldanlagen eines Golfemirates zu verwalten und zu mehren. Was immer die auch bewogen hatte, sie kündigten dem wackeren Betreiber. Man könnte rassistische Motive vermuten, aber dem war nicht so, der Gastwirt war nämlich kein alter weißer Mann, sondern selber arabischen Ursprungs. Doch auch das half ihm nicht weiter, und Ende 2017 musste er das Anwesen räumen. Zuvor bereits waren Galgen und Gilles spurlos verschwunden. Was ich nicht wenig bedauerte. Glück im Unglück: Etwa zwei Kilometer entfernt moderte seit Jahren ein ehemaliges Gasthaus mit dem typisch belgischen Namen Edelweiß vor sich hin. Das Schild „Zu verkaufen“ in einem der Fenster war schon mehrfach verblichen und wurde unregelmäßig erneuert. Niemand gab dem Edelweiß eine Chance, vor dem Zusammenfallen doch noch gerettet zu werden. Hier kam nun Mohammed Mesbahi ins Spiel. Er erwarb das Edelweiß, steckte eine nicht ganz unwesentliche Summe in dessen Renovierung und eröffnete vor einigen Wochen sein neues Domizil, genannt Le Petit Mont Rigi. Das ist für sich zwar erfreulich, aber hier ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Als ich von der bevorstehenden Schließung der Herberge mit Gilles auf dem Galgen erfuhr, fragte ich einen der Mitarbeiter, was denn mit der Figur geschehen sei. Die habe man abmontiert, und sie werde wieder an dem neuen Standort die Fassade des ehemaligen Edelweiß zieren. Das gefiel mir gut, ich hatte für den Gnom auf seinem Hochsitz über die Jahre hinweg eine große Sympathie entwickelt, und so konnte ich es gar nicht erwarten, ihn wieder begrüßen zu können. Die Zeit verging, die ursprünglich für Ende Februar vorgesehene Eröffnung des Petit Mont Rigi wurde verschoben, und es dauerte bis Ende April, ehe dort zum ersten Mal, jetzt in etwas weniger rustikalen, eher gediegenem Ambiente, Gäste empfangen wurden. Wer fehlte, war Gilles. Wo mochte er sein? Ich wusste, man hatte bis zum letzten Tag daran gearbeitet, Gasträume und Küche in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen, von daher war es denkbar, dass man für die gewiss nicht ganz unaufwendige Arbeit, das Konstrukt wieder so anzubringen, dass es den zuverlässig eintretenden Venn-Stürmen im kommenden Herbst trotzen konnte, einfach noch keine Zeit gefunden hatte. Doch ließ mir die Sache keine Ruhe, und bei der nächsten Gelegenheit fragte ich Monsieur Meshabi, was denn nun mit Gilles und seinem Galgen wäre. Die Antwort schockierte mich: Nein, den würde man nicht mehr anbringen, er würde zum neuen Image des doch jetzt etwas gehobeneren Gasthauses nicht mehr passen. Ich war deprimiert, Gilles war mir über die Jahre ein guter Freund geworden. Der Schock saß so tief, dass ich auf das Naheliegendste erst einmal gar nicht kam. Drauf brachte mich erst zu Hause die Gattin. Natürlich! Wieso war mir das nicht eingefallen? Wenn Gilles nicht mehr an die Fassade des Restaurants durfte, warum dann nicht an die meines Hauses? Er würde sich dort hervorragend machen, nicht zuletzt deshalb, weil am gleichen Platz und genau gegenüber im Ort die Pfarrkirche steht! Über eventuelle administrative Hindernisse, Einsprüche des örtlichen Leihbischofs oder zu erfüllende Formalitäten machte ich mir keinerlei Gedanken. Die Vorstellung, dass Gilles samt seines Galgens momentan in einem der Nebengebäude des Petit Mont Rigi verstaubte, ließ mich umgehend die Fahrt hoch zum Venn antreten... Nein, die Geschichte hat kein gutes Ende. Monsieur Meshabi fand meine Frage, ob ich Gilles samt Galgen und Strick erwerben könne, zwar ein wenig exzentrisch, er wäre aber als guter Geschäftsmann gewiss einer Adoption gegenüber aufgeschlossen gewesen, und ich hätte durchaus nahezu jeden verlangten Preis bezahlt (wobei ich insgeheim hoffte, der Chef wäre froh, wenn er den dadurch frei werdenden Platz für anderes verwenden konnte und eine Kaufsumme wäre eher symbolischer Art gewesen.) Gilles gab es nicht mehr. Die mir all die Jahre aus massivem Holz, wenn nicht gar Erz geschnitzt erscheinende Figur war beim Abmontieren herunter gefallen und dabei kaputt gegangen. Sie war, so erfuhr ich nun, keineswegs eine solide Skulptur gewesen, sondern ein eher fragiles Drahtkonstrukt, über das man aus Pappmaché das Äußere angelegt und so den Eindruck eines durch und durch rustikalen, stabilen Gesellen vermittelt hatte. Ich fürchte, damit ist die Geschichte von Gilles Mansfeld zu Ende erzählt; in nicht ferner Zeit wird man sich seiner gar nicht mehr erinnern. Wer weiß, ob er wenigstens noch im Venn umherstreift, vielleicht dann, als Reaktion auf seine irdische Zerstörung wieder an einem Stück und nicht nur als Irrlicht. Ich werde es Ihnen erzählen, sollte er mir eines zwielichtigen Venntages beim Wandern im Nebel begegnen. | Archi W. Bechlenberg | An der straßenseitigen Fassade des Gasthauses Mont Rigi prangte in Lebensgröße ein veritabler Galgen, auf dessen Querbalken eine ebenfalls lebensgroße Figur namens Gilles hockte, die mit einem Strick lockte. Im Laufe der Jahre war ich zum Stammgast des Hauses geworden und stets begrüßte ich Gilles vor dem Eintreten mit einem freundlichen „Chalut, Chipfel!". | article | 27.05.2018 06:25 | https://www.achgut.com/artikel/das_antidepressivum_gast_unterm_galgen |
Wohnst du noch oder enteignest du schon? | In Berlin will eine Abstimmungsmehrheit große Wohnungsvermieter enteignen. Das würde mehr Probleme verursachen als lösen. Von Jörg Michael Neubert. Gottfried Benn wird der Spruch zugeschrieben, dass die Steigerung von „schlecht“ „gut gemeint“ sei. Genau das kann man aktuell in Berlin beobachten. Neben der Wahl des Bundestags- und Abgeordnetenhauses wurde nämlich auch über eine Volksinitiative zur Enteignung von großen Wohnungsbaukonzernen abgestimmt. Dieser wurde von einer Mehrheit angenommen, so dass sich die Politik zumindest damit beschäftigen muss. Die Spitzenkandidatin der SPD und Wahlsiegerin Franziska Giffey hat bereits angekündigt, dass Sie das Ergebnis ernst nehmen wird. Sie betonte allerdings auch, dass Sie Enteignungen nicht für ein probates Mittel hält, um die Wohnungsproblematik in Berlin zu lösen. Man darf hoffen, dass sie in diesem Punkt nicht wortbrüchig wird. Zumal die Initiatoren des Volksbegehrens bereits angekündigt haben, Druck auf die Politik auszuüben. Vielen erscheint es auf den ersten Blick so, als könnte eine Enteignung der Wohnungskonzerne den Anstieg der Mieten in Berlin bremsen. Das würde für die betroffenen Wohnungen technisch gesehen sogar funktionieren, auch wenn es das Grundproblem, dass es zu wenige Wohnungen gibt, nicht löst. Außerdem würde die Verstaatlichung zu anderen Problemen führen, die diesen Nutzen schnell wieder konterkarieren würden. Womit wir wieder bei Herrn Benn wären. Nehmen wir also hypothetisch an, der Berliner Senat entscheidet sich für die Enteignung der Immobilienunternehmen. Was wären die Folgen? Die Finanzen Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass die Übernahme der Wohnungen Kosten im Bereich von 40 Milliarden Euro verursachen würden. Das ist der kumulierte Marktwert der circa 250.000 Wohnungen, die sich im Besitz von größeren Immobilienunternehmen befinden. Dieses Geld müsste Berlin erst einmal aufbringen. Der aktuelle Schuldenstand des Landes beträgt 63,71 Milliarden Euro, er würde damit um über 60 Prozent auf gut 100 Milliarden Euro steigen. Zum Vergleich: Das benachbarte und nicht gerade als reich bekannte Brandenburg hat knapp 18 Milliarden Euro an Schulden. Diese zusätzlichen Schulden müssen natürlich irgendwie bezahlt werden und es wird wohl die ökonomische Binsenweisheit gelten, dass die Schulden von heute die Steuererhöhungen von morgen sind. Das ist dem Senat wahrscheinlich auch klar und möglicherweise wird er versuchen, das Unternehmen „haushaltsneutral“ zu gestalten. Was das bedeutet, konnte man beim vor Kurzem durchgeführten Rückkauf von ehemals landeseigenen Sozialwohnungen beobachten. Hier wurde die Finanzierung über landeseigene Gesellschaften abgewickelt. Diese Finanzierung taucht tatsächlich erstmal nicht im Haushalt auf. Die Schulden sind natürlich trotzdem da, wenn auch an anderer Stelle. Das Land als Eigentümer muss auch für diese Schulden einstehen, womit wir wieder am Anfang wären. Natürlich würde Berlin mit den Wohnungen auch Sachwerte erwerben. Diese würden in Form von Mieten zu zusätzlichen Einnahmen führen, aber kaum die Investitionskosten refinanzieren, da neben den Kauf- auch weitere Kosten anfallen (siehe unten). Darüber hinaus müsste der Berliner Senat die Wohnungen zu nicht marktkonformen Preisen anbieten, wenn er die Preisentwicklung bremsen möchte. Hier würde der Staat zusätzlich auf Einnahmen verzichten, was die Finanzierungslücke nur noch vergrößert. Und Einsparungen kann das Land höchstens erzielen, wenn es den dort wohnenden ALG-2-Empfängern die Miete senkt, für die es ja selbst aufkommen muss. Die Verwaltung Nehmen wir nun weiter hypothetisch an, dass Berlin die Wohnungen kauft und eine solide Finanzierung des Kaufs auf die Beine stellt. Nun da die Wohnungen da sind, ergibt sich das nächste Problem. 250.000 Wohnungen müssen bewirtschaftet werden. Es müssen Mietverträge erstellt, verwaltet und so weiter werden. Die Gebäude müssen instandgehalten und in gewissen Zeiträumen saniert werden und so weiter. Das benötigt Personal und Expertise. Nun darf man bei einer Stadt, die Wahlergebnisse schätzen lässt, anstand sie korrekt zu zählen, zumindest bezweifeln, dass sie über derartige Ressourcen verfügt. Zumal diese Dinge insbesondere in Kombination Geld kosten. Und das hat Berlin ganz offenbar nicht. Pragmatischerweise könnte man sich natürlich bis zu einem gewissen Teil bei den jetzt arbeitslosen Mitarbeitern der Immobilienunternehmen bedienen, um zumindest einen Teil des Kompetenzproblems zu lösen, aber diese kosten erstens auch Geld und sind zweitens wohl kaum in der Lage, die Dysfunktionalität der Berliner Verwaltung zu kompensieren. Hier würden sich also neue Probleme und Kosten ergeben. Diese nicht monetären Kosten wären dann wieder von den Mietern zu tragen, denen auch nicht wirklich geholfen wäre, wenn sie weniger Miete zahlen, aber ihre kaputte Heizung ein halbes Jahr lang nicht repariert wird. Die Verteilung Neben der Verwaltung der Wohnungen gibt es noch ein weiteres Problem. Nämlich wer die Wohnungen bekommt. Zunächst sind die meisten Wohnungen ja vermietet und alles bleibt beim Alten. Lediglich die Mieten würden gegebenenfalls sinken beziehungsweise stabil bleiben. Was passiert aber mit der Zeit, wenn Mieter ausziehen? Das Projekt der Enteignung wird im Kontext sozialer Gerechtigkeit geführt. Müsste das Land mehr Sozialwohnungen ausweisen als ohnehin schon im Bestand der großen Wohnungsunternehmen? Insbesondere die Linke (so denn an der Regierung beteiligt) wird sich dafür einsetzten, dass vor allem sozial Schwache in diese Wohnungen einziehen können. Die Grünen dagegen müssen auf ihre Mittelschichtwähler achten. Daraus folgen zwei Probleme. Zum einen verlöre die Stadt durch mehr Sozialwohnungen weiter Geld, weil es genügend Personen gäbe, die bereit wären, mehr für die Wohnung zu zahlen. Zum anderen entfacht sie so einen Verteilungskampf. Da der Preis der Wohnungen nicht mehr die reale Situation abbildet (siehe unten), muss der Staat entscheiden, wer eine Wohnung bekommt und wer nicht. Das wird wenig zum sozialen Frieden beitragen, da hier einfach das Marktkriterium der Zahlungswilligkeit durch staatliche Willkür ersetzt wird. Falsche Anreize Unabhängig davon, wie der Staat mit den Wohnungen umgeht, existiert noch ein anderes, grundsätzlicheres Problem. Die künstliche Verbilligung von Wohnraum bei gleichbleibendem Angebot wird dazu führen, dass sich die Wohnungssituation weiter verschlechtert. Um diesen Zusammenhang zu verstehen, muss man sich kurz klar machen, was steigende Preise eigentlich bedeuten. Steigende Preise zeigen an, dass es offenbar einen Mangel an irgendeinem Gut gibt. In diesem Fall eben an Wohnraum. Oder ganz profan ausgedrückt: Es wollen viele Menschen in Berlin wohnen, insbesondere in bestimmten Stadtteilen. Da es nur eine begrenzte Menge an Wohnraum gibt, muss die Nachfrage gebremst werden. Das passiert über den Preis. Die steigenden Preise sind also kein Fehler, sondern ein Vorteil des Immobilienmarktes. Nur dadurch wird der vorhandene Wohnraum effizient verteilt und Menschen, die dort unbedingt wohnen wollen, haben auch einen Anreiz, mehr Geld zu verdienen, um dort wohnen zu können. Wenn der Staat diesen Mechanismus nun teilweise außer Kraft setzt, indem er Wohnungen unterhalb des Marktpreises anbietet, so sendet er nach außen ein fehlerhaftes Signal. Wenn viele Wohnungen nun wieder günstiger zu haben sein sollten, ist es wieder für mehr Menschen attraktiv, nach Berlin zu ziehen. Das wird die Nachfrage aber weiter erhöhen, ohne dass dieser Nachfrage ein entsprechendes Güterangebot gegenübersteht. Das Land Berlin kann zwar die Preise in ihren Wohnungen trotz der erhöhten Nachfrage konstant halten, aber der Rest des Marktes wird weiter steigen – und damit wird die eigentliche Idee konterkariert. Es ist also evident, dass die Enteignung von Immobilienkonzernen eher zu mehr Problemen führen würde, als welche zu lösen. Anstatt sich in ein derartiges Experiment mit ungewissem Ausgang hineinziehen zu lassen, sollte die Politik sich vielmehr darum bemühen, die einzig langfristige Lösung dieses Problems anzustreben. Und die lautet, so simpel das klingt: Bauen, Bauen, Bauen. Nur wenn der Staat einerseits selbst Neubauten erstellt und andererseits Bauen für den ‚Normalbürger‘ einfach und erschwinglich macht, kann das Wohnungsproblem in Berlin auf Dauer gelöst werden. Jörg Neubert ist Verhaltensökonom. Er lebt in Freiburg/Breisgau. | Jörg Michael Neubert | Von Jörg Michael Neubert. In Berlin will eine Abstimmungsmehrheit große Wohnungsvermieter enteignen. Das würde mehr Probleme verursachen als lösen. | article | 15.10.2021 12:00 | https://www.achgut.com/artikel/wohnst_du_noch_oder_enteignest_du_schon/P21#comment_entries |
Das Pferd als Feindbild? | Vor einigen Tagen starben vier Menschen durch einen SUV. Das ist traurig, gar tragisch. Und ob der Unfallfahrer einen epileptischen Anfall erlitt, steht noch nicht fest. Jedoch wäre eine Diskussion über Gesundheitschecks oder regelmäßige Fahrprüfungen für Epileptiker und andere Betroffene des zentralen Nervensystems wesentlich produktiver gewesen. Auch weil der Mensch die Ursache dieses schrecklichen Unfalls war. Stattdessen dominieren die Grünen Rächer, die Klimahuldiger, den öffentlichen Diskurs. Für sie steht fest: Das Auto war’s, das SUV ist der Feind Nr. 1. Warum? Weil es das Klima schädigt. Dass die Getöteten nicht durch Abgase starben, sondern durch einen Fehler des Fahrers, sollte jedem klar sein. Doch in dieser „bestechenden“ Logik bei der Entschlüsselung des Tatherganges gibt es offensichtlich keinen Platz für diese Variable. Zynisch gesprochen: Alle SUV-Feinde begehen eine Fahrt ins logische Blau. Ein Unfall in Hannover verdeutlicht es wiederholt. Dort starb eine Frau während ihres Ausrittes zu Pferde – es erschrak. Wäre auch das nicht ein Grund zur Diskussion? Wie gefährlich ist das Pferd? Für das Klima, für den Menschen? Denn Faktum ist: Eine Frau starb. Rufen irgendwelche Organisationen zu einem Verbot von Pferden auf? Nota bene: Auch Pferde stoßen CO2 aus. Nein. Schließlich handelt es sich bei diesem Tier, zumindest für die meisten, um ein majestätisch wunderschönes Wesen. Dass aber Pferde streng riechen, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Doch es verweist einigermaßen auf des Pudels Kern. Öffentliche Diskurse werden überwiegend nicht rational, sondern emotional geführt. Früher bewegten hungernde Kinder in Afrika das deutsche Gemüt, heute sind es die eigenen Gefühlszustände; eine Eigenschaft des Narzissten, den der Sozialkritiker Christopher Lasch bereits in den 1990er Jahren in seinem Buch „Das Zeitalter des Narzißmus“ behandelte. Und weil diese unterschiedlichen Emotionen vielfältig sind, kommt die Klimadebatte wie gerufen. Jeder kann seine eigene Gefühlspalette nach seinem Gusto zusammenbasteln. Der eine fühlt sich durch das Gemeinschaftsgefühl bewegt, während ein anderer hofft, im Gemenge der Masse sich selbst zu vergessen. Bienen, Eisbären, Eisgletscher, sie alle fungieren als ästhetische Verstärker. Sie sind funktional, knuddelig oder erhaben. Oder sprachen die Klimaretter gar von bedrohten Fledermäusen durch Windräder und aggressiver werdenden Spinnen? Dass beide eher unattraktiv sind und schneller ambivalente Gefühle auslösen, spricht für eine emotional verzerrte Thematisierung. Weil die Diskussion primär nach eigenem Geschmack geführt wird, pervertiert sie. Denn nicht um die Sache, sondern um das eigene Wohlbefinden geht es. Und wie ein jeder weiß, können Gefühle täuschen. Auch der Umgang mit der AfD und ihren Anhängern verdeutlicht dies. Dabei wäre es vielleicht interessant, in der Diskussion zu erfahren, warum diese Partei zur „Heimat für viele Polizisten und Soldaten“ geworden ist. Ebenso, wie sie das heutige Deutschland sehen; umso mehr, da sie tagtäglich mit dem „wahrem“ Leben konfrontiert sind. Ihnen „nur“ rechtsradikale Motive zu unterstellen, ist ein intellektuelles Armutszeugnis. In etwa auf dem gleichen Niveau, wie das SUV zur Mordmaschine zu stilisieren. | Bertha Stein | In Hannover starb eine Frau, weil ihr Pferd erschrak. Im Gegensatz zum SUV stilisiert niemand das Pferd zum Feindbild. Warum? | article | 17.09.2019 14:00 | https://www.achgut.com/artikel/das_pferd_als_feindbild/P7#comment_entries |
Wurden deutsche Teenager in Rumänien versklavt? | Wegen der Misshandlung deutscher Kinder und Jugendlicher in einem Sozialprogramm in Rumänien ermitteln die rumänischen Behörden gegen acht Verdächtige, darunter ein deutsches Paar. Acht Häuser wurden am Dienstag im Rahmen der Ermittlungen in Rumänien durchsucht, berichtet die „Neue Osnabrücker Zeitung“ mit Bezug auf eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft in Bukarest. Es gehe um den Vorwurf, dass deutsche Kinder und Teenager im Alter zwischen 12 und 18 Jahren in zahlreichen Haushalten zu „übermäßiger körperlicher Arbeit“ unter „sklavenartigen“ Bedingungen gezwungen und in „erniedrigender und entwürdigender“ Weise behandelt worden seien. Die jungen Menschen sollen zudem am Schulbesuch und an der Einnahme wichtiger Medikamente gehindert worden seien. Nach Angaben des rumänischen Internetportals „Romanian Insider“ wurden ihnen auch die Ausweispapiere und weitere persönliche Gegenstände weggenommen. Alle acht Verdächtigen sollen mit dem sogenannten „Projekt Maramures“ zu tun gehabt haben, das von staatlichen Stellen in Deutschland finanziert und von einem der deutschen Verdächtigen gegründet und koordiniert worden sei. Die Organisation verspricht auf ihrer Webseite die Rehabilitierung von sozial auffälligen, schwierigen oder straffällig gewordenen Teenagern mit Hilfe von praktischen, naturnahen Aktivitäten und psychologischer Betreuung und ist nach der ländlichen, nordrumänischen Region benannt, in der sie arbeitet. Festnahmen gab es nach Angaben der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ bisher nicht. Laut „Neuer Osnabrücker Zeitung“ ist bislang nicht bekannt, wie viele Kinder und Jugendliche potentiell betroffen waren. Aus der Webseite von „Projekt Maramures“ geht jedoch hervor, dass seit der Gründung insgesamt 61 junge Menschen an den angeblich sozialtherapeutischen Programmen der Organisation teilgenommen haben. Nach Angaben der Initiative können zu jeder Zeit fünf bis sieben Teenager in einem abgelegenen Bauernhof und weitere zwölf bei örtlichen Gastfamilien untergebracht und betreut werden. | News-Redaktion | Über Jahre hinweg sollen deutsche Kinder und Jugendliche in mehreren rumänischen Haushalten misshandelt und zu Sklavenarbeit gezwungen worden sein. Die Staatsanwaltschaft in Bukarest ermittelt gegen die deutschen Betreiber des Sozialprogramms „Projekt Maramures“. | article | 29.08.2019 10:00 | https://www.achgut.com/artikel/wurden_deutsche_teenager_in_rumaenien_versklavt |
Arnold Vaatz zum Stadium der geistigen Umnachtung | Seit einigen Tagen läuft die Causa Maaßen in Endlosschleife durch die öffentlich-rechtlichen Medien. Hans-Georg Maaßen soll beweisen, dass er keine Beweise für eine Hetzjagd hat. Nun ist guter Rat teuer. Ich kann mich nicht erinnern, jemals irgendwo gehört zu haben, dass man einen Menschen auffordert, zu beweisen, dass er etwas nicht beweisen kann. Dass es den deutschen Medien und einigen politischen Parteien möglich ist, einen derartigen aussagenlogischen Unsinn tagelang zum Grundton ihrer Berichterstattung zu machen, zeigt, in welchem Stadium der geistigen Umnachtung wir angelangt sind. Da keinem Menschen der Welt Unmögliches mit Erfolg abverlangt werden kann und eine einvernehmliche Interpretation des Begriffs Hetzjagd vermutlich nicht gefunden wird, ist nun zu erwarten, dass der Inhalt dieses Wortes praktisch vorgeführt wird. Indem gegen Herrn Maaßen so lange gehetzt wird, bis man ihn aus dem Amt jagt. Aber das nur am Rande. Bemerkenswerter ist, dass die Medien selber von der Maaßenschen Bewertung der Chemnitzer Ereignisse offenbar gar nicht so weit entfernt liegen. Wenigstens dachten sie wohl – analog zu Maaßens Meinung zum Zeckenvideo –, dass diese Umzüge zu milde zu beurteilen sind für die Absicht, Chemnitz und Sachsen als den letzten Dreck des Universums hinzustellen. Wie anders sollte es nämlich zu erklären sein, dass die „Tagesthemen“ es wohl als erforderlich ansahen, die Bilder vom Samstag geringfügig zu manipulieren: So schnitten sie offenbar einfach die Bengalo-Szenen aus der Demo vom vorangegangenen Montag mit hinein, und schon wirkte das Ganze etwas griffiger und martialischer. Dann muss ihnen aber gedämmert haben, dass es in diesem Fall Tausende sind, die bezeugen könnten, dass diese Bilder nicht stimmen. So erschien die Kommentatorin Miosga am Schirm mit den denkwürdigen Worten: „Bei der Berichterstattung über die Kundgebungen in Chemnitz in den Tagesthemen gestern haben wir irrtümlich auch Bilder von der Demonstration vom vergangenen Montag verwendet, ohne dies kenntlich zu machen. Wir bitten das zu entschuldigen und blicken jetzt nach – SCHWEDEN …“ Tja: Wo gearbeitet wird, passieren halt Irrtümer! Nur wird nun aber wohl der Streit darüber beginnen, was unter dem Begriff „irrtümlich“ zu verstehen sei. Wenn es wahr ist, dass von dem MDR-Personal, das die authentischen Szenen bereitstellte, ausdrücklich verlangt wurde, auch die Szenen vom Montag noch herauszusuchen und hinzuzufügen, könnte sich schnell der angebliche Irrtum gar nicht als Irrtum, sondern als vorsätzliche und schlecht überlegte Manipulation herausstellen; dann wäre das Wort „Irrtum“ gleich die nächste Lüge. Jedenfalls klingt die Entschuldigung des Senders so ähnlich wie die Rechtfertigung eines Soldaten, dem ein Verstoß gegen die Kleiderordnung vorgeworfen wird und der antwortet: „Melde gehorsamst, Herr Hauptmann, der Knopf ist aus Versehen zugesprungen!“ Nun bin ich neugierig, ob die Gremien der ARD-Sender sich die Mühe machen werden, das alles ernsthaft zu untersuchen. Und ob sie bei sich selbst die Konsequenzen ziehen, die sie im Fall Maaßen fordern. Ich tippe mal: Wer das glaubt, ist im – na? Genau: Irrtum. Aber selbst wenn diese Sender a) die Einsicht, b) den Willen und c) die Kraft aufbrächten, sich einzelner ihrer tendenziösen Scharfmacher zu entledigen, so nützte ihnen das nichts mehr. Man wird ihnen in Zukunft – wie einst dem DDR-Fernsehen – auch dann nichts mehr glauben, wenn sie im Recht sind. Ihre Autorität ist dahin. Wer meint, da sei etwas zu retten, der ist im? Na? … Genau! | Arnold Vaatz | Der stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion schreibt in diesem achgut.com-Beitrag: "Da eine einvernehmliche Interpretation des Begriffs Hetzjagd vermutlich nicht gefunden wird, ist nun zu erwarten, dass der Inhalt dieses Wortes praktisch vorgeführt wird. Indem gegen Herrn Maaßen so lange gehetzt wird, bis man ihn aus dem Amt jagt". | article | 12.09.2018 06:29 | https://www.achgut.com/artikel/arnold_vaatz_zum_stadium_der_geistigen_umnachtung/P7#comment_entries |
Achgut-Investigativ: Insolvenz- und Kriminalfall Northvolt (1) | Die "Northvolt"-Pleite ist für den Steuerzahler viel teurer, als bislang bekannt. Welche gigantischen Summen Habeck und Scholz dort versenkt haben und wie der Fall verschleiert und verharmlost wird, können Sie hier exklusiv bei Achgut.com lesen. Als am 25. März 2024 das ZDF vermeldete: „Scholz und Habeck beim Northvolt-Spatenstich“, war das der Spatenstich zweier Totengräber, die das Geld der deutschen Steuerzahler in einem riesigen Subventionsloch versenkten. Dieses Loch ist größer als allgemein und insbesondere von Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) kolportiert. Es drohen im Insolvenzfall Northvolt nicht nur 620 Millionen Euro Verlust, sondern sogar mehr als 1,3 Milliarden Euro, also mehr als das Doppelte. Northvolt ist ein schwedisches Unternehmen, das im Bereich der Produktion von Batterien für Elektrofahrzeuge tätig ist. Ende 2023 vergab die KfW (vormals Kreditanstalt für Wiederaufbau) an Northvolt einen Kredit (in Form einer Wandelanleihe) in Höhe von 600 Millionen Euro für den Bau einer Batteriefabrik in Schleswig-Holstein. Die KfW ist eine staatseigene Bank, die zu 80 Prozent dem Bund gehört und zu 20 Prozent den Bundesländern. Vorsitzender des Verwaltungsrats ist Bundeswirtschaftsminister Habeck. Wenn die KfW Verluste macht, geht also das Geld des Steuerzahlers verloren. Damit die KfW beim Ausfall eines Großschuldners nicht ihrerseits in finanzielle Schwierigkeiten gerät, übernimmt der Bund immer wieder Garantien zugunsten der KfW. Der Steuerzahler sichert also sich selbst ab. Das Gesamtschadensrisiko für den Steuerzahler setzt sich wie folgt zusammen: (1) 600 Mio. Euro: Kredit/Wandelanleihe (2) 148 Mio. Euro: entgangene Zinsen und KfW-Refinanzierungskosten (3) 400 Mio. Euro: UFK-Garantie (4) 180 Mio. Euro: KfW-IPEX-Bank-Finanzierung Gesamtbetrag: 1.328 Millionen Euro = 1,328 Milliarden Euro Zu (1) und (2): Der KfW-Kredit in Form der Wandelanleihe beträgt 600 Millionen Euro. Dazu kommen die Kreditzinsen, die Northvolt eigentlich bis zum Fälligkeitszeitpunkt 30.06.2028 an die KfW hätte zahlen müssen sowie die Refinanzierungskosten der KfW in Höhe von voraussichtlich 148 Millionen Euro. Zusammen also 748 Millionen Euro. Dieser Betrag (ganz genau sind es 748,181 Mio. Euro) ist in der Bundestags Drucksache 20/11635 (S. 8) als sogenannte Verpflichtungsermächtigung des Bundes ausgewiesen. Der Bund verpflichtete sich dabei, die KfW bis zu dieser Höhe von Verlusten infolge der Zeichnung der Northvolt-Wandelanleihe freizustellen. In Höhe von 300 Millionen wiederum sicherte das Land Schleswig-Holstein den Bund ab. Somit hat im Fall Northvolt der schleswig-holsteinische Steuerzahler etwas mehr zu schultern als die übrigen Steuerzahler. Laut Auskunft des Bundeswirtschaftsministeriums sei der Betrag von 748 Millionen Euro ein „fiktiver Maximalbetrag“, den die KfW vom Bund hätte verlangen können, wenn der Kredit bis zum Laufzeitende bestanden hätte; tatsächlich könne die KfW aber vom Bund nur die Zinsen/Kosten von circa 20 Millionen Euro bis zum Insolvenzantrag am 21.11.2024 verlangen, insgesamt mit Kredit also 620 Millionen Euro. Das ist natürlich Hütchenspielerei. Denn der mögliche Gesamtschaden bei der KfW in Höhe des Kredits zuzüglich Zinsverlusten und Refinanzierungskosten von bis zu 748 Millionen Euro trifft den Steuerzahler auch dann in voller Höhe, wenn der Bund den Schaden der KfW nur in Höhe von 620 Millionen ersetzen muss. Ob die KfW den Schaden hat oder der Bund oder beide teilweise, ist unerheblich. Ein Schaden der KfW ist genauso ein Schaden des Steuerzahlers. Bundeswirtschaftsminister Habeck versucht über das gesamte Ausmaß des Schadens hinwegzutäuschen, indem er nur auf den Haftungsanteil des Bundes gegenüber der KfW abstellt, obgleich der Bund und die Bundesländer auch den bei der KfW verbleibenden übrigen Schaden als Eigentümer zu tragen haben. zu (3): Bereits im Jahre 2020 (also noch unter Bundeswirtschaftsminister Altmaier und Scholz als Bundesfinanzminister) hat der Bund eine sogenannte UFK-Garantie in Höhe von 420 Millionen US-Dollar (ca. 400 Mio. Euro) übernommen. Diese Garantie sichert eine Finanzierung seitens kommerzieller Banken für die Northvolt-Batteriefabrik in Schweden ab. Das Bundeswirtschaftsministerium teilt hierzu mit: „Die Garantie besteht, ein Teil des zugrundeliegenden Kredits wurde aber bereits zurückgezahlt. Welche Rückflüsse der Bund im Falle einer Insolvenz von Northvolt AB und Inanspruchnahme der Garantie daraus vereinnahmen könnte, ist gegenwärtig nicht belastbar bezifferbar.“ Das Bundeswirtschaftsministerium teilt weiter mit, dass die Forderungen der Banken gegen Northvolt besichert seien. Auf die konkreten Sicherheiten und deren Werthaltigkeit geht das Ministerium nicht ein. Somit ist festzustellen: Auch wenn ein Teil des zugrundeliegenden Kredits bereits zurückgezahlt worden sein soll (in welcher Höhe, teilt das Ministerium nicht mit), besteht die Garantie weiterhin in voller Höhe; das Bundeswirtschaftsministerium macht keine Einschränkung bei der Garantiehöhe. Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Garantie durch die Banken lässt sich mangels Angaben zu Art und Werthaltigkeit der Sicherheiten nicht beurteilen. Da aber nicht ersichtlich ist, welche wirklich werthaltigen Sicherheiten Northvolt den Banken hätte geben sollen, ist das Risiko für den Steuerzahler als sehr hoch einzustufen. Insofern würde es nicht besonders verwundern, wenn sich am Ende wieder einmal der alte Spruch bewahrheitet: „Den Bürgen sollst du würgen.“ Das heißt, die Banken werden sich selbstverständlich am Bund bzw. Steuerzahler schadlos halten, sollten sie ihr Geld nicht in voller Höhe zurückerhalten. Und davon sollte man im Insolvenzfall Northvolt lebensnah ausgehen. zu (4): Zusätzlich beteiligte sich im Januar 2024 die KfW-IPEX-Bank, eine hundertprozentige Tochterfirma der KfW, mit 188 Millionen US-Dollar (etwa 180 Millionen Euro) an einer Northvolt-Finanzierung eines Bankenkonsortiums im Volumen von fünf Milliarden Euro. Das Bundeswirtschaftsministerium verweigerte hierzu nähere Angaben unter Hinweis darauf, dass sich dabei um den „kommerziellen Arm der KfW handele, der bundesregierungsunabhängig agiere“. Diese Verweigerung ist nicht nachvollziehbar, da der Bund mittelbarer Eigentümer der KfW-Tochterfirma ist. Insofern ist unklar, ob dieser Betrag von 180 Millionen Euro von der vorgenannten Garantiesumme von 400 Millionen Euro mit umfasst ist oder noch hinzukommt. Da das Bundeswirtschaftsministerium betont, dass die IPEX-Bank unabhängig von der Bundesregierung handele, ist anzunehmen, dass diese Finanzierung nichts mit der UFK-Garantie der Bundesregierung zu tun hat, somit der Steuerzahler hierfür zusätzlich geradezustehen hat. Bundeswirtschaftsminister Habeck erweckt den Eindruck, dass der Steuerzahler sein Geld zurückerhalten könnte. Das erscheint ausgeschlossen. Denn etwaige neue Investoren (sofern es sie überhaupt gibt), die sich jetzt im Rahmen der Sanierung sich mit neuem Geld an Northvolt beteiligen, werden wohl kaum das Verlust-Engagement der KfW bezahlen wollen. Etwas anderes anzunehmen, ist lebensfremd. Außerdem können Rückzahlungen an die KfW erst erfolgen, wenn zuvor Volkswagen sein Geld aus einer weiteren Wandelanleihe von 330 Millionen Euro zurückerhalten hat. Eine solche Nachrang-Regelung enthält die KfW-Wandelanleihe laut Northvolt-Insolvenzantrag. Die Devise lautete also: Erst VW, dann der Steuerzahler. Da haben sich Bundeswirtschaftsminister Habeck und Bundeskanzler Scholz auf Kosten des Steuerzahlers äußerst zuvorkommend gegenüber den VW-Aktionären gezeigt. Das heißt, ein Neu-Investor müßte vor der KfW erst einmal VW ausbezahlen. Es sei denn, VW verzichtet auf seinen Vorrang – auch nicht sehr wahrscheinlich. Anzunehmen ist aber ohnehin, dass weder VW noch KfW beziehungsweise Bund Geld von Northvolt zurückerhalten. Wie hoch das Risiko für den Steuerzahler im Insolvenzfall Northvolt insgesamt genau ist, lässt sich nicht sagen, da die KfW auf Anfrage gar nicht reagiert hat und das Bundeswirtschaftsministerium teilweise „mauert“. Jedenfalls ist es eine grobe Irreführung des Bürgers, das maximale Risiko auf „nur“ 620 Millionen Euro zu beziffern, wie es das Bundeswirtschaftsministerium auch im Rahmen der Anfrage zu diesem Artikel getan hat. Denn dieser Betrag umfasst nur die Ersatzpflicht des Bundes gegenüber der KfW aus der Wandelanleihe, unterschlägt aber die weiteren Schadensrisiken beim Bund aus der UFK-Garantie und bei der KfW, die den Staat als Eigentümer der KfW und damit den Steuerzahler ebenfalls treffen. Warum die Medien diese weiteren Risiken nicht thematisieren und Habecks diesbezügliche Fake-News durchgehen lassen, ist eine eher rhetorische Frage. Lesen Sie im zweiten Teil dieses Beitrages: Der Kriminalfall Northvolt. Warum der Insolvenzfall Northvolt ein Fall für die Staatsanwaltschaft ist. Ansgar Neuhof, Jahrgang 1969, ist Rechtsanwalt und Steuerberater mit eigener Kanzlei in Berlin. | Ansgar Neuhof | Die "Northvolt"-Pleite ist für den Steuerzahler viel teurer, als bislang bekannt. Welche gigantischen Summen Habeck und Scholz dort versenkt haben und wie der Fall verschleiert und verharmlost wird, können Sie hier exklusiv bei Achgut.com lesen. | article | 07.01.2025 06:10 | https://www.achgut.com/artikel/achgut_investigativ_insolvenzfall_und_kriminalfall_northvolt_1/P70#comment_entries |
Ein runder Coronatisch? | Von Harald Walach. Es gibt ein Buch über die Corona-Politik und ihre Folgen, das viele spannende Sichtweisen aufeinander treffen lässt. Zuweilen erscheint es wie eine mögliche Blaupause für eine Art neuen Runden Tisch, an dem die Jahre im Ausnahmezustand aufgearbeitet werden könnten. Ich habe die Corona-Krise von Anfang an auf meinem Blog mit kritischen Analysen begleitet, Daten des RKI neu ausgewertet, kritische Fragen gestellt, Studien besprochen. Ich habe mich zusammen mit meinem Kollegen Prof. Hockertz den Staatsekretären im Gesundheitsministerium und im Innenministerium als Gesprächspartner angeboten, um alternative Sichtweisen in die Diskussion zu bringen, vergeblich, auch dem Erzbischof von Berlin, auch vergeblich, und habe mit einigen eigenen Analysen und Publikationen (siehe auch hier, hier und hier) versucht, in den wissenschaftlichen Diskurs einzugreifen. Ich habe dabei die Mechanismen der Spaltung und Ausgrenzung kritischer Stimmen am eigenen Leibe erlebt. Ich wurde als „rechts“, als „inkompetent“, „umstritten“ und sonstwas gerahmt. Und nein, um es vorneweg zu sagen: Ich bin nicht „rechts“ oder „völkisch“. Mein Großvater war im polnischen Untergrund und wurde von der Gestapo zu Tode gefoltert. Ich habe festgestellt: Die Corona-Krise erzeugt nicht nur eine Spaltung in der Gesellschaft, sie fügt auch Neues zusammen. Menschen, mit denen ich sonst nicht so ohne Weiteres zusammengekommen wäre, wurden plötzlich meine Freunde und Kollegen. Diese Brückenbildung reichte über politische und weltanschauliche Grenzen hinweg, schien mir. Plötzlich stand ich, als alter Kathole, der ich protestantische und reformierte Gottesdienste immer als quälend langweilig und verkopft empfunden hatte, bei Pfarrer Dietz in Brandenburg in der Kirche und sprach zu einem lutherischen und – ja, auch das – völlig kirchenfremden Publikum. Eine der wenigen kirchlichen Lichter im eiskalt-dunklen Corona-Norden. Von Pfarrer Dietz erfuhr ich, wie scharf die lutherische Kirche mit ihren Corona-Abweichlern zu Gericht saß. Und mir graute. Das Gleiche erlebte ich in der katholischen Kirche, in die ich aus Protest in dieser Zeit nicht mehr ging, weil die Kirche Corona-Vigilantes angeheuert hatte, die alle, die ohne Maske waren oder diese auch nur zum Schneuzen herunternahmen, aufs Gröbste anpöbelten. In einer Kirche mit ca 13.000 Kubikmetern Luft und 100 weitverstreuten Hanseln. Ich spreche aus Erfahrung, aus schmerzlicher. Was ich ebenfalls gesehen habe: Diejenigen, die kritisch waren, die das offizielle Narrativ vom Killervirus, vor dem nur der Staat, Mami Merkel und Papi Lauterbach mit der Spritze schützen können, die keine oder wenig Angst hatten, das waren vor allem die, die eine irgendwie geartete tiefer sitzende, von innen oder auch aus ihrer Erdverbundenheit kommende spirituelle Verankerung hatten. Diese geht, so scheint mir, über Konfessionen, ja auch über die Frage des christlichen Glaubens hinaus. Sie dürfte einer tieferen spirituellen Erfahrung des Gehaltenseins entsprungen sein. Das wäre eine eigene empirische Untersuchung wert. Dieses Büchlein hier ist ein indirekter Beleg für meine These. Es entstammt einem der regelmäßigen Treffen einer lutherischen Bruderschaft, dem St. Georgs-Orden, der in Erfurt seine Heimat hat und sich dem Geist nach auf die bekennende Kirche beruft, jenen Zweig der lutherischen Kirche, der in der Nazi-Zeit Widerstand leistete und sich auf Dietrich Bonhoeffer beruft. Einer der Herausgeber, Thomas A. Seidel, ist der Leiter dieses Ordens. Das Buch versammelt Texte, die anlässlich des 61. Konvents der Bruderschaft im Oktober 2022 vorgetragen wurden. Zeitgleich mit dem Erscheinen des Buches am 18. Juli 2023 führten einige der Akteure auch eine Disputation „Kirche und Kultur nach Corona“ im Erfurter Rathaus durch. Die Schauspielerin Philine Conrad sprach die Einleitungsworte, in denen sie die Spaltung der Gesellschaft durch die Medien ins Zentrum rückt. Dieser Mechanismus wird in diesem Buch mehrfach sehr sachkundig, mit guten Quellen unterlegt, dokumentiert, z.B. im Beitrag von Heimo Schwilk, „Angst und Auflage“, aber auch im Folgebeitrag von André Kruschke „Institutionalisierte Angst: Ein juristischer Blick auf die Corona-Pandemie“. Medien, so lernen wir, sind die vierte Gewalt im Staate. Dadurch, dass sie ohne irgendeine demokratische Kontrolle sind, außer jener des Marktes, sind sie enorm mächtig und treiben die Politik vor sich her. Und weil die Justiz von der Politik abhängig ist (im Sinne der Ernennungen und Karrierewege), wird die Justiz von der Politik getrieben. Da die Logik der Medien die Logik der maximalen Angstmache ist – denn „panic sells“, Angst, verkauft sich – können Medien immer nur das maximal Schlimme prophezeien und dürfen, um ihre eigene Logik nicht zu gefährden, nie zugeben, wenn sie falsch lagen. Dass sich etwa eine große dänische Tageszeitung mit Transparenten und ganzseitigen Anzeigen bei ihren Lesern für ihre Fehlberichterstattung in Sachen Corona entschuldigt, ist die große Ausnahme und in Deutschland meines Wissens noch nicht vorgekommen. Die Analyse, die die Hintergründe, warum die Angst so greifen konnte, am klarsten erhellt, ist die von Vera Lengsfeld („Die Schattenseite des Vorsorgeprinzips“). Sie analysiert darin die neue Entwicklung, dass man sich vor allem schützen und für alles gewappnet sein will, noch bevor es überhaupt eintritt, als eine neue, gesamtgesellschaftliche Gefahr. Nur weil dieses Vorsorgeprinzip kritiklos und fraglos überall herrscht, konnte diese Krise überhaupt so groß werden. Sehr klar dokumentiert Rochus Leonhardt im Beitrag „Der Staat als Arzt“ gravierende Fehler der politischen und juristischen Entscheidungen. Seine Analyse und sein Fazit sind: Der Staat habe nicht reflektiert-demokratisch und menschenbezogen, sondern ideologiebezogen reagiert. Die Kirchen hätte, so Leonhardt, in ihrem Auftrag versagt, als ideologiekritische Gesprächspartner staatliches Handeln zu begleiten, sondern hätten kritiklos zugesehen und mitgemacht. Dieser eben kurz referierte zweite Teil des Buches macht mit knapp 70 Seiten den Mittelteil des Buches, „Formen der Angst“, aus. Ihm vorgeschaltet ist ein etwa ebenso langer Teil, „Wege aus der Gefahr“, der eine Reihe sehr unterschiedlicher Essays bündelt. So etwa den der Schriftstellerin Kathrin Schmidt „Die Politik der Angst“. Sie benennt klar die hilflos-destruktive Seite einer Politik, die auf Angstmache setzt und kontrastiert sie mit ihrer eigenen Erfahrung, wie sie sich nach einer Lähmung aufgrund einer Hirnblutung wieder ins Leben zurückgeholt hat. Wolfgang Sanders Beitrag „Europäische Identität und Christentum“ ist geprägt von der Idee, dem Wunsch wohl auch, Europa möge sich auf seine uralten christlichen Wurzeln besinnen und diese christliche Identität zur Basis einer politischen Erneuerung machen, die durch alle Zweige der Institutionen, von der Bildung bis zu den politischen Institutionen und Kirchen, dringen sollte. Vielleicht liegt hier des Pudels Kern: Es ist exakt deswegen zu dieser Krise gekommen, weil dieser christliche Kern schon längst aus Europas politischer Kaste und vielleicht sogar aus dem Lebenszentrum mancher Kirchenrepräsentanten verschwunden ist. Nur deshalb war es möglich, ganze Nationen in Angst zu versetzen und mit Hilfe der Angst totalitäre Regimes einzuführen. Das Lamento über das Vergessen der christlichen Religionsbezüge erinnert mich an die Klagen der alttestamentlichen Propheten, die den Israeliten Abfall von ihrem Glauben an JHWE vorwarfen. Das stimmt wohl. Die Frage ist: Was wäre das Heilmittel? Ich persönlich glaube, ohne eine Wiederbelebung der inneren spirituellen Erfahrung und der Interpretation der christlichen Botschaft auf dem Hintergrund dieser Erfahrung wird es nicht möglich sein, das Christentum als Basis Europas zu revitalisieren. Das blitzt auch durch manche Beiträge durch, etwa bei Thomas A. Seidel, wenn von der Praxis der Frömmigkeit die Rede ist. Nur spiritueller Praxis oder Übung, egal ob es sich um Meditation, Kontemplation, Gebet oder was auch immer handelt, wird es gelingen, eine Verankerung zu erzeugen, die gegen Angst, unsinnige zumal, immunisiert. Ein wichtiger Beitrag dieses ersten Teiles ist der von Dr. Erich Freisleben („Hauptsache gesund – Medizin als Religionsersatz“). Dr. Freisleben hat schon früher die Kommerzialisierung der Medizin angeprangert. Er ist einer der wenigen und ersten Ärzte, die vor der Nebenwirkungsgefahr der sogenannten „Covid-19 Impfungen“ gewarnt haben – in einem Buch, in Blogs und Fernsehbeiträgen. Er wurde daraufhin von Anfragen geflutet. Die Details beschreibt er in seinem Beitrag und zeigt damit sachlich klar die Verlogenheit des offiziellen Narrativs auf. Der Skandal ist: Kaum einer in der Politik hörte und hört ihm zu. Allmählich tröpfeln die wissenschaftlichen Daten aus prospektiven, systematischen Beobachtungen ein, die wir 2021 eingefordert haben und wofür wir international abgestraft wurden. Sie zeigen, z.B., dass Myocarditis als Nebenwirkung bei knapp drei Prozent aller Geimpften vorkommt. Das ist um den Faktor 800 höher, als von Meta-Analysen geschätzt wurde, die nur die Daten von passiven Meldesystemen verwenden. Das sollte zu einer scharfen und kompromisslosen Untersuchung der Gründe führen, wie es zu solchen Fehlurteilen auf nationaler und europäischer Ebene kommen konnte. Dr. Freisleben sagt es etwas höflicher und politisch verbindlicher als ich. Der letzte Teil des Buches und ein Beitrag im ersten Teil (Ulrich Teusch: „Dämme gegen die politische Flut – Der ‚Antipolitiker‘ György Konrád) ist Gestalten gewidmet, die Hoffnung machen können und sollen, und zu eigenständigem Denken und Handeln motivieren können, auch gegen den politischen Mainstream: Konrád, Elisabeth von Thüringen, Martin Luther, Dostojewski, Sophie Scholl, Dietrich Bonhoeffer, Ricarda Huch, Dag Hammaskjöld und Ulrich Schacht (dem Mitbegründer der St.Georgs-Bruderschaft). Das ist klug, informativ und an Stellen sehr erbaulich. Denn mit keinem Wort wird direkt zum Widerstand gegen das Corona-Regime aufgerufen – man erinnere sich, die Tagung fand im Oktober 2022 statt, also noch immer unter Corona-Kautelen – aber wer zwischen den Zeilen lesen kann, hört den Aufruf. Das bringt mich zur Gesamteinschätzung: Ich halte das Buch von allen „Corona-Büchern“, die ich bis jetzt gelesen habe – bei weitem nicht alle, aber viele – für das klarste und verbindlichste. Alle Texte sind von sehr hohem sprachlichen Niveau und balanciert in der Diktion. Bei aller Kritik, bei allen deutlichen Worten, gerichtet an Politik, Medien und Justiz, die klarer nicht sein könnten, ist immer der Wunsch und das Bedürfnis der konstruktiven Zusammenarbeit zu erkennen. Das macht den Text zu einer möglichen Blaupause für eine Art neuen Runden Tisch, an dem sich Kritiker und Verfechter sammeln und zukünftige Strategien beraten sowie alte Fehler aufarbeiten könnten. Ob es dazu kommen wird? Ich persönlich bin pessimistisch. Und wenn man dem Text von Vera Lengsfeld folgt, die selber am ursprünglichen Runden Tisch saß, dann hört man aus ihm eher Resignation als Hoffnung für eine solche Vision heraus. Diese Tugend der meisten Beiträge, dass sie den staatlichen, medialen und juristischen Akteuren im Grunde Wohlwollen, wenn auch Verirrungen, unterstellen, ist gleichzeitig auch ihr Manko. Denn dadurch greift die politische Analyse zu kurz. Viele Autoren benennen die Fakten, weigern sich aber, die korrekten Schlüsse zu ziehen, dass den Verantwortlichen eigentlich schon früh klar gewesen sein muss, dass das, was sie da treiben, sachlich falsch und politisch katastrophal ist: Lockdown, mehrfacher Lockdown, verstärkter Lockdown, Maskenzwang, Impfpflichtdebatte und verkappte Impfpflicht durch Nudging und Aussperren der Unwilligen, wissentliches Verbreiten falscher Informationen über die angebliche Ungefährlichkeit der Impfung. Man spürt es der Redaktion des Textes an: nur ja nicht in die Gletscherspalte der „Verschwörungstheorie“ rutschen. Das ist die größte Gefahr für politisch Andersdenkende. Manche Autoren benennen die Gefahr. Denn ist man erst mal dort, ist man verloren für den Diskurs, denn dann weilt man in der Vorhölle der Irrelevanz. Ich wünsche den Autoren und dem Buch, dass sie aus der Vor-Vorhölle der politischen Abweichung den Rückweg in die gesellschaftliche Mitte finden und diese politische Mitte aus ihrer eigenen Hölle der Wahrheitsverleugnung herausführen können. Aber um aus der Hölle herauszufinden, muss man, das weiß auf jeden Fall die katholische Theologie, erst mal das Elend der Hölle als solches erfahren und mit allen Fasern herauswollen. Dieses Wollen, scheint mir, geht den politisch Verantwortlichen ab. Also bleibt der St. Georgs-Bruderschaft wohl nur, dafür zu beten, dass sie aus der Hölle der Verleugnung herauswollen, die Verantwortlichen und der Rest der Kirchen. Gottseidank hat es die Bruderschaft schon geschafft, immerhin. Das macht Hoffnung. „Angst, Politik, Zivilcourage – Rückschau auf die Corona-Krise“ (hrsg. v. T.A. Seidel & S. Kleinschmidt, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2023, 309 Seiten, 38 Euro, ISBN 978-3-374-07463-1) Prof. Harald Walach, ist u.a. Klinischer Psychologe, war Professor für Forschungsmethodik an der Europa-Universität Viadrina, Professor an der Medizinischen Universität Posen und Gastprofessor an der Universität Witten/Herdecke. Heute ist er Professorial Research Fellow am Next Society Institute der Kazimieras Simonavicius Universität in Vilnius. | Gastautor | Von Harald Walach. Es gibt ein Buch über die Corona-Politik und ihre Folgen, das viele spannende Sichtweisen aufeinander treffen lässt. Zuweilen erscheint es wie eine mögliche Blaupause für eine Art neuen Runden Tisch, an dem die Jahre im Ausnahmezustand aufgearbeitet werden könnten. | article | 13.08.2023 13:00 | https://www.achgut.com/artikel/ein_runder_coronatisch#comment_entries |
Macht, Mammon, Manipulation: Claudia Roth als Staatsministerin für Kultur | Auch alte weiße Frauen haben das, was alten weißen Männern so gern nachgesagt wird: ein Bedürfnis nach Macht, Geld und üppiger Altersversorgung. Jetzt gilt es, die alten Damen der deutschen Grünen mit ein paar Pfründen abzusichern, verdiente Persönlichkeiten wie Claudia Roth oder Katrin Göring-Eckardt, die beim Geschacher um die Posten im Kabinett leer ausgingen. Daher soll Claudia Roth deutsche Staatsministerin für Kultur werden. In dieser Funktion wird sie künftig die Gelder vergeben, die den Kulturbetrieb der Bundesrepublik regulieren, die fördern oder nicht, helfen oder nicht, die manche Zeitung, manchen Verlag oder Künstler im deutschen Kulturbetrieb aufsteigen lassen und andere untergehen. Sie wird Tageszeitungen und Verlagsprogramme beeinflussen, Buchveröffentlichungen, das Profil von Zeitschriften, Theateraufführungen und die deutsche Filmproduktion. Sie wird maßgeblichen Einfluss nehmen auf den Bildungsstand und die politischen Tendenzen der deutschen Jugend, auf zukünftige Trends und die kommende öffentliche Meinung. Noch ist ungewiss, wie viel Steuergeld man ihr dafür zur Verfügung stellen wird – wie insgesamt die Finanzierung der ambitiösen Projekte der neuen Regierung in blauen Dünsten schwebt –, doch wie viel es auch immer sein mag, wir können einer zielgerichteten Verwendung sicher sein. Ihr Studium der „Theaterwissenschaft, Geschichte und Germanistik“ hat sie, wie Wikipedia verrät, nach zwei Semestern abgebrochen, vielleicht aus Desinteresse oder der Vorahnung, dass zu viel Bildung ihrem Job eher abträglich ist. Claudia Roth ist nie durch übergroße Subtilität, Schüchternheit oder hinderliche Feinfühligkeit aufgefallen, dafür war sie stets, wie man zu DDR-Zeiten sagte, „parteilich“. Und sie gehört zu denen, die „Parteilichkeit“, wenn sie in ihre politische Richtung geht, für eine großartige Eigenschaft halten. Im Sinne dieses Weltbildes wird sie drauf los wirtschaften, nicht behindert durch Sensibilität, Kunstgefühl, übergroße Kenntnisse oder andere störende Skrupel, wenn es um Macht, Mammon und Manipulation im deutschen Kulturbetrieb geht. Sie wird die Kulturszene konsequent nach ihrem geistigen Zuschnitt formen, von Querdenkern und Andersartigen reinigen, von allem, was über ihren Horizont geht. Ganz im Sinne der Neuausrichtung, die unter Angela Merkel begonnen wurde. Die vom Auflagenschwund bedrohten Vertreter der großen Leitmedien werden angstvoll an ihren Lippen hängen wie die durch den Niedergang ihrer Branche, zuletzt noch durch Corona geschwächten Kleinverleger. Ein Stirnrunzeln der Allmächtigen wird genügen, um einen Intendanten, Journalisten, Schauspieler oder Autor für tot zu erklären. Ich verabschiede mich fürs erste vom deutschen Literaturbetrieb. Auch in den großen Zeitungen und öffentlich-rechtlichen Anstalten bleibe ich Unperson, denn ich zeige Auffälligkeiten, die Claudia Roth stören: Ich bin Israeli, ohne ständig mein Land schlecht zu machen, ich mag die mordenden Mullahs in Teheran nicht und andere radikale Muslime, ich bin kein Fan von Wagner-Opern, lese dafür Tucholsky und Broder mit ungetrübtem Vergnügen. Keine Chance für mich im Deutschland der Neu-Barbarei, Kultur-Verdünnung und grünen Gleichschaltung. Im Deutschland der Claudia Roth. Mir wird Deutschland, so lange ich es kenne, so oft ich auch heute noch dorthin reise, immer rätselhaft bleiben. Es gibt so viele anständige, intelligente, gutherzige Menschen in diesem Land – warum muss ausgerechnet jemand, der alle diese Eigenschaften nicht besitzt, Staatsministerin für Kultur werden? Von Chaim Noll ist soeben in der Achgut-Edition erschienen: Der Rufer aus der Wüste – Wie 16 Merkel-Jahre Deutschland ramponiert haben. Eine Ansage aus dem Exil in Israel“. Mit einem Vorwort von Vera Lengsfeld. Hier im Achgut.com-Shop sofort bestellbar. | Chaim Noll | Auch alte weiße Frauen haben das, was alten weißen Männern so gern nachgesagt wird: ein Bedürfnis nach Macht, Geld und üppiger Altersversorgung. Daher soll Claudia Roth deutsche Staatsministerin für Kultur werden. Was bedeutet das für den Kulturbetrieb? | article | 29.11.2021 10:00 | https://www.achgut.com/artikel/macht_mammon_manipulation_claudia_roth_als_staatsministerin_fuer_kultur/P56#comment_entries |
Leonora: Der Weg einer 15-Jährigen zur IS-Braut | Täglich wird von Politik und Medien die Gefahr von Rechts und der Kampf dagegen beschworen. Es werden an die 130 Millionen an Subventionen bereitgestellt, um Vereine, Verbände, zivilgesellschaftliche Initiativen und sogar linksradikale Gruppierungen für den Kampf gegen Rechts auszustatten. Die größte Gefahr jedoch, die unserer Gesellschaft droht, wird so selten thematisiert, dass man schon von Verschweigen sprechen kann: Islamismus. Seit dem Beschluss von Kanzlerin Merkel, alle „Flüchtlinge“, auch ohne oder mit sichtbar gefälschten Papieren ins Land zu lassen, der bis heute nicht widerrufen wurde, ist eine unbekannte Anzahl IS-Kämpfer zu uns ins Land gekommen und hat Antrag auf Asyl gestellt. Die Spitze des Eisbergs wurde vor wenigen Tagen sichtbar, als bekannt wurde, dass die als Heldin gefeierte „Seenotretterin“ Carola Rackete Mörder und Folterer nach Italien gebracht hat. Die angebliche Retterin hat aber kein schlechtes Gewissen, denn schließlich könne sie nicht wissen, wen sie da auf dem Meer von den Schleppern übernehme. Die meisten hätten keine Pässe. Diese Nonchalance gegenüber Terroristen, Mördern und Folterern gehört zum von Politik und Medien erzeugten gesellschaftlichen Druck, in Migranten „Flüchtlinge“ zu sehen, denen – ohne zu wissen, wer sie sind – geholfen werden muss. Inzwischen haben sich mehrere islamistische Gemeinden in Deutschland gebildet, in deren Moscheen der Hass gegen den Westen gepredigt wird und die Anlaufpunkte für die Anis Amris unseres Landes sind. Wie viele das sind, weiß wahrscheinlich nicht einmal der mit dem Kampf gegen Rechts überlastete Verfassungsschutz. Auch im Internet gibt es aktive islamistische Netzwerke, die erfolgreich missionieren und unsere Kinder bewegen, sich dem Islamischen Staat oder anderen Terrororganisationen anzuschließen. Von einem Fall handelt das Buch „Leonora – Wie ich meine Tochter an den IS verlor – und um sie kämpfte“ von Maik Messing, Volkmar Kabisch und Georg Heil. Leonora Messing wuchs in einem kleinen Dorf am Rande des Harzes auf. Ihre Eltern waren nicht verheiratet und trennten sich bald. Die zweite Ehe des Vaters scheiterte, und Leonora verlor eine geliebte Stiefmutter. Sie lebte die Woche über beim Vater, der durch sein Bäckerei-Unternehmen aber am Morgen und mittags nicht zu Hause war. Leonora war oft allein und ganz auf sich gestellt. Geborgenheit fand sie in einer Familie ihrer kurdischen Schulfreundin Emine, wo die Mutter immer da war und die Familie gemeinsam aß. Als sie 14 war, wollte Leonora Kurdin werden. Sie begann, sich für den Islam zu interessieren und war immer häufiger auf den Seiten der Islamisten unterwegs, die Mädchen als Bräute für die „Kämpfer“ des IS anwarben. Äußerlich war ihr nichts anzumerken. Sie war aktiv im Karnevalsclub, spielte Theater, las Senioren im Altenheim vor, betrieb eine eigene Website, auf der sie Kosmetikprodukte testete und kleidete sich wie ihre Schulfreundinnen. Ihr Vater merkte nichts von ihrem Doppelleben, wurde auch nicht misstrauisch, als eine arabische Kalligrafie an Leonoras Tür auftauchte. Er war sogar einverstanden, dass ein Schaf, das Leonora und Emine einer Freundin schenken wollten, halal auf seinem Hof geschlachtet wurde. Dann war Leonora im März 2015, mit 15, plötzlich weg. Sie verschwand mit einem Koffer aus ihrem Vaterhaus, nahm mit einer 18-Jährigen, die sie im Internet kennengelernt hatte, einen Flug nach Istanbul, wurde dort von Verbündeten des IS in Empfang genommen und über das islamistische Netzwerk nach Rakka, der damaligen Hauptstadt des Islamistischen Staates, der 2015 das Ausmaß von Großbritannien hatte, gebracht. Dort wurde sie Drittfrau eines deutschen IS-Terroristen, der für den Geheimdienst des Islamischen Staates arbeitete. Die selbstbewusste, emanzipierte Leonora hatte anfangs offenbar keinerlei Probleme damit, sich den strengen Kleider- und Verhaltensregeln des IS zu unterwerfen. Sie trug das Gewand, das nur einen Schlitz für die Augen frei ließ und durfte sich ohne Begleitung nur in einem engen Umkreis ihrer Wohnung bewegen. Allerdings nahm sie nach ein paar Wochen, die für ihren Vater die Hölle der Ungewissheit waren, Kontakt zu ihren Eltern und ihrer Freundin Emine auf. Nach ein paar Monaten behauptete Leonora, ihr neues Leben nicht mehr ertragen zu können. Die anfängliche Euphorie war vor allem einem Ekel vor ihrem Ehemann gewichen. Maik Messing setzte daraufhin alle ihm zur Verfügung stehenden Hebel in Bewegung, um seine Tochter aus dem IS heraus und nach Hause zu holen. Allerdings klappte der Kontakt Leonoras mit den Schleusern, die ihr Leben riskierten, nie. Wenn man die Geschichte Dutzender gescheiterter Fluchtversuche liest, bekommt man Zweifel an Leonoras Ausbruchswillen. Als endlich der Kontakt geklappt zu haben schien, forderte der Schleuser plötzlich Geld. Messing sollte die vereinbarte Freikaufsumme nicht, wie vereinbart, in der Türkei aushändigen, sondern sofort nach Rakka überweisen. Sonst würden Leonora und ihre Tochter getötet. Messing ging durch eine noch schlimmere emotionale Hölle, traf aber dann die richtige Entscheidung, kein Geld nach Rakka zu überweisen. Er wollte nicht, dass sein Geld in die Hände des IS geriet. Nach einigen Tagen qualvoller Ungewissheit, in denen er seine Tochter und seine Enkelin tot wähnte, meldete sich Leonora putzmunter. Der Kontakt zum Schleuser sei nicht zustande gekommen. Beim Leser bleibt der Eindruck zurück, das es nicht um eine Flucht, sondern um Geldbeschaffung gegangen sein könnte. Inzwischen wurde der Islamische Staat immer kleiner. Leonora muss mit ihrer Terroristen-Familie aus Rakka fliehen. Zum Schluss sind sie in der letzen verbliebenen Enklave des IS, wo Hunger herrscht und sie mitten im Kampfgebiet sitzen. Erst dort beschließt ihr Mann, sich den kurdischen Streitkräften zu ergeben. Dafür müssen sie aus dem IS-Gebiet fliehen, was immer noch mit der Todesstrafe bedroht ist. Die Flucht gelingt. Leonora, ihr Mann und inzwischen zwei Töchter begeben sich in Gefangenschaft. Dort sitzen sie in getrennten Lagern. Kabisch und Heil gelingt es, Leonora zu besuchen. Der Bericht über diese Begegnung nährt die Zweifel an Leonora. Gegen den dringenden Rat ihres Vaters gibt sie vollverschleiert dem Stern ein Interview, das sie als reuelose Islamistin erscheinen lässt. Nach diesem Interview sind die Bewohner ihres Heimatdorfes nicht erfreut über eine mögliche Rückkehr Leonoras in ihre Mitte. Das Buch ist, abgesehen vom Schicksal Leonoras und ihres Vaters, brisant wegen der Hintergrundinformationen, die man nebenbei vermittelt bekommt. Es ist nicht nur erstaunlich, nein, beängstigend, wie ungestört die Islamisten im Internet junge Männer und Frauen missionieren können. Es ist beängstigend, wie wenig bekannte Islamisten beobachtet werden. Es gibt kaum Austausch unter den Bundesländern und wenn, dauert es oft Monate, bis brisante Informationen übermittelt werden. Die Islamisten, auch bekannte Gefährder, können sich fast ungehindert in unserem Land bewegen. Während bei vermuteten Rechtsextremen sogar zugeschlagen wird, wenn sie lediglich chatten, können Islamisten das weitgehend ungestört tun. Hier gilt noch der rechtsstaatliche Grundsatz, dass Worte noch nicht strafverfolgbar sind. Maik Messing musste feststellen, dass die deutschen Politiker nicht willens sind, bei der Rückholung vom IS verführter Minderjähriger behilflich zu sein. Er hat auf seine Anfragen nicht einmal Antworten bekommen. Nicht interessiert sind die deutschen Behörden auch an den Straftaten, die deutsche IS-Terroristen im Islamischen Staat verübt haben. Während amerikanische, französische, belgische und britische Geheimdienste in den von den kurdischen Streitkräften befreiten Gebieten Beweise für die Straftaten ihrer Staatsbürger sammeln und aus diesem Grund auch in den Gefangenenlagern tätig sind, glänzen die Deutschen durch Abwesenheit. Wahrscheinlich sind alle verfügbaren Kräfte durch den aufreibenden Kampf gegen Rechts gebunden. Fazit: Der Islamismus ist zwar die größte Gefahr für unsere Gesellschaft, wird aber anscheinend ebenso ignoriert wie der Linksextremismus. Die Recherchen von Kabisch und Heil sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein, enthüllen aber die ganze Gefahr des Islamismus und die tödliche Gleichgültigkeit unserer Politiker. Dem Buch kann ich nur weiteste Verbreitung wünschen. „Leonora – Wie ich meine Tochter an den IS verlor – und um sie kämpfte“ von Maik Messing, Volkmar Kabisch und Georg Heil, 2019, Düsseldorf: Econ Verlag, hier bestellbar. | Vera Lengsfeld | In den Moscheen mehrerer islamistischer Gemeinden Deutschlands wird der Hass gegen den Westen gepredigt und werden die Anis Amris unseres Landes gestärkt. Wie viele das sind, weiß wahrscheinlich nicht einmal der mit dem Kampf gegen Rechts überlastete Verfassungsschutz. Im soeben erschienenen Buch "Leonora – Wie ich meine Tochter an den IS verlor – und um sie kämpfte" schildert ein Vater, wie seine 15-jährige Tochter Leonora die Drittfrau eines IS-Kämpfers wurde. | article | 06.10.2019 16:00 | https://www.achgut.com/artikel/Leonora_Der_Weg_einer_15_Jaehrigen_zur_IS_Braut#comment_entries |
Gern in Ungarn, ungern zurück | Von einem deutschen Achse-Leser nach Ungarn eingeladen, kommt mir die Reise wie ein Hafturlaub vor. Hier herrscht die gute alte Normalität, die Antithese zum woken Wahn in Scholzland. Manche Dinge im Leben beginnen mit einem Anruf: „Herr Schneider, Sie brauchen Urlaub“, sagt die Stimme am Telefon. Ein Leser ist dran, der, wie auch immer, meine Handy-Nummer recherchiert hat. Der Anruf kommt aus Ungarn und mein Leser meint, ich würde immer textremistischer und bräuchte eine Auszeit. Nun, ich bin alt genug zum Sterben, wenn es ein Serienkiller ist, dann hoffe ich, wenigstens als Schnapszahlopfer zu enden. Außerdem bin ich derzeit wirklich Oberkante Unterlippe von dem ganzen Mist hierzulande, und von Ungarn kenne ich bisher nur Budapest. Also nehme ich dem Schatz und mir eine Woche Urlaub und wir fahren zu dem potenziellen Serienkiller, der in Wahrheit ein Bauingenieur im Ruhestand ist und sich am Balaton ein Haus zugelegt hat. Hauptsache mal weg.
Es sind acht Stunden Fahrt durch #Scholzland, Österreich und Slowenien. Die Straßen sind ab Österreich gut ausgebaut und wir kommen ohne Stau und so gut wie ohne Baustelle durch. Unser Gastgeber hat sich vor ein paar Jahren in Ungarn ein hübsches Haus gekauft und lebt dort mit seiner Frau und zwei Hunden an einem hübschen kleinen namenlosen See. Auf mich gekommen ist er wegen meiner Artikel, die er gelegentlich liest und deren zunehmend verzweifelterem Tonfall er ein positives Bild entgegensetzen will. Und, in einem Satz, das hat er geschafft. Ungarn ist anders. In deutschen Augen ist Orban seit knapp zwei Wochen jetzt der zweitböseste Mann nach Putin, aber immer noch fast so schlimm wie der österreichische Oberlippenbart und herrscht als Voldemort über 9,5 Millionen Nachkommen mongolischer und türkischer Versehrter, die die ganz und gar nicht diversen Kriegszüge im Pannonischen Becken hinterlassen haben. Kommt man als maskierter Deutscher nach Ungarn und sieht, mit welch freundlicher Entspanntheit und Nach-Lässigkeit die Magyaren das Thema „Corona, wir werden alle erbärmlich sterben“ behandeln, dann beschleicht einen beim ersten Tankstopp in Ungarn die Angst, dass gleich ein coronakranker Zombie auf den für 124 Cent parkenden Dieselbesitzer zugetorkelt kommt und zwecks Ansteckung beißen will. Ein mulmiges Gefühl – das bei den bis 1990 Geborenen schon seine zwei bis fünf Minuten anhält. Das Land selbst ist flacher als eine Rede von Frank-Walter Steinmeier, die meisten Straßen sind nagelneu und die meisten Ungarn verstehen nicht nur Deutsch, sie sprechen es sogar. Viele Straßen-, Orts- oder Werbeschilder sind zweisprachig, türkisch sucht man allerdings vergeblich, wahrscheinlich, weil alle Türken nach der Belagerung von Wien geflohen sind oder niedergemetzelt wurden. Es tut sich was, im Reich des bösen Orban: Der Mehrwertsteuersatz liegt zwar bei 27 Prozent, dafür sind aber alle anderen Kosten erfreulich niedrig, selbst für ungarische Verhältnisse. Der Benzinpreis wurde von der Regierung auf maximal 480 Forint pro Liter (1,31 Euro) festgelegt, was man in Deutschland durch eine Steuersenkung bewerkstelligen könnte. Die Eigentumsquote in Ungarn liegt im Immobilienbereich bei über 90 Prozent und ist somit die zweithöchste Quote weltweit (zum Vergleich: Deutschland liegt bei 51 Prozent. Hinter uns befinden sich noch sechs Länder, darunter die Schweiz, Nigeria, Ost-Timor und die Fidschi-Inseln). Sicher, das Durchschnittseinkommen liegt in Ungarn nur etwa bei einem Drittel des deutschen Einkommens, dafür fallen aber bei den meisten Magyaren eben die Mietkosten weg, die in Deutschland locker bereits ein Drittel des Einkommens ausmachen. Von den anderen niedrigen oder nicht vorhandenen Steuern, die wir in Scholzland abdrücken, ganz zu schweigen. Es scheint so, als hätten sich die Ungarn mit ihrer Regierung darauf geeinigt, dass jeder sein Ding macht und man sich gegenseitig in Ruhe lässt. Orban und seine Fidesz haben wohl ein sehr feines Gespür dafür, was bei den Ungarn ankommt und was nicht. Deswegen gibt es kein Gendergaga, keine Energiewende, keine Flüchtlingsströme und keine mit Graffiti verdreckten Städte. Oder, kurz gesagt: Die Ungarn haben sich mit der Fidesz dagegen entschieden, in einer kunterbunten Bronx zu leben. Jetzt gibt es allerdings nicht nur ganz Negatives, sondern auch „nur“ Negatives zu berichten: Bei der Pressefreiheit rangiert Ungarn weltweit auf einem, neben Griechenland, traurigen 84. Platz („teilweise frei“), während Deutschland hier einen sagenhaften 25. Platz belegt. Die derzeit sehr hochgelobte ukrainische Demokratie befindet sich übrigens auf Platz 111, die Türkei auf Platz 176. Nur so zur Einsortierung. Aber das da oben sind alles nur statistische Zahlen und statistische Mittel. Wie habe ich mich persönlich in Ungarn gefühlt? Die Antwortet besteht aus vier Buchstaben: frei. Wir konnten nachts unbehelligt durch die Parks und Innenstädte (in Deutschland lauern da bekanntermaßen Rechtsradikale mit Fackeln und Forken, damit hier niemand anderes behauptet und es wieder „soundso“ heißt), die Polizei macht einen robusten, selbstbewussten, aber auch höflichen Eindruck, die Menschen sind freundlich und gute Gastgeber, solange man sich nicht unverschämt, arrogant oder fordernd verhält. Mein Eindruck ist, dass in Ungarn jeder willkommen ist, der auf eigenen Beinen stehen kann und keinen Staat zum Überleben benötigt oder die Ungarn weltverbessern will. Also so, wie das einst auch in Deutschland der Fall war, so zwischen 1970 und 2000. Sicher ist es in Ungarn für Menschen, die nicht wissen, ob sie X- oder Y-Chromosomen haben, nicht ganz einfach, bewundert und erst recht nicht geradezu hymnisch beklatscht zu werden wie in Deutschland. Auch der Wille afrikanischer Facharbeiter, sich in Ungarn niederzulassen, ist aufgrund des fehlenden sozialen Netzes und der fehlenden sozialen Netzwerke Ungarns eher rudimentär vorhanden. Viele alte weiße Männer und Frauen Deutschlands und Österreichs scheinen das ähnlich zu sehen: Die Einwanderungszahlen aus den beiden Ländern nach Ungarn steigen. Zum einen, weil hier der Euro nicht nur die Hälfte, sondern aufgrund der Landeswährung Forint etwa das Dreifache wert ist, zum anderen, weil die Neuungarn einfach nur das wollen, was die Schon-länger-hier-Herungarnenden auch wollen: in Ruhe ihren Kram machen, ohne mit irgendwelchen irrwitzigen Phantasieproblemen durchgeknallter Post-Maskulinen mit Öko-Sozialismus-Agenda und Mund-Nase-Mäskchen vor den Augen belästigt zu werden. Orbans Ungarn ist aus der woken Berliner Männerdutt-Blase betrachtet natürlich das Reich des Zweitbösen – für die, die dort leben, aber ganz okay. Zumal sie ihre Steuergelder vorsichtiger und lieber für die eigene Bevölkerung verwaltet wissen. Ich habe nicht gefragt, ob die ungarische Regierung als korrupt empfunden wird – muss ich auch nicht, nachdem ich weiß, wer bei Impfstoff- und Maskenbeschaffung in Deutschland und Europa gleich beide Hände aufgehalten hat.
Auf dem Rückweg ist am ungarischen Grenzposten niemand zu sehen, bei den Österreichern steht ein junger Zöllner gelangweilt herum und winkt durch. In Deutschland ist eine Pop-Up-Impfstation mit mehreren bewaffneten Polizisten aufgebaut – zur Sicherung der nicht nur corona- sondern auch gedankenlosen und geistfreien Zone Alemania. Der Hafturlaub ist vorüber. Maske auf, weiterarbeiten. Willkommen in der vorbildlich demokratischen deutschen bunten Republik.
(Weitere Auslandsreisen des Autors unter www.politticker.de) Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro. | Thilo Schneider | Von einem deutschen Achse-Leser nach Ungarn eingeladen, kommt mir die Reise wie ein Hafturlaub vor. Hier herrscht die gute alte Normalität, die Antithese zum woken Wahn in Scholzland. | article | 11.03.2022 14:00 | https://www.achgut.com/artikel/gern_in_ungarn_ungern_zurueck/P28#comment_entries |
Der Kampf gegen Witze | Die Schwachkopf-Affäre ist fast schon wieder vergessen, aber sie ist keine Petitesse. Sie offenbart ein sprachliches Verwirrspiel und die Gefahren der Willkür. Karl Valentin meinte, es sei schon alles gesagt worden, nur noch nicht von jedem. Stimmt. Es ist noch nicht alles, aber doch schon recht viel gesagt worden zur sogenannten Schwachkopf-Affäre – nur noch nicht von mir. Na gut, dann mache ich das eben und zwar deshalb, weil mir fast alle Begriffe, die da verwendet werden, falsch vorkommen. Da werden Kategorienfehler gemacht, dass es nur so knirscht im Gebälk. Politik, Justiz und Presse haben einen Irrgarten aus Falschgeld-Formulierungen entstehen lassen, der den Blick verstellt. Da heißt es zum Beispiel, es wäre ein Mann „bestraft“ worden, weil er etwas „veröffentlicht“ hätte, wodurch ein Politiker „beleidigt“ wurde. So sagen es viele, wenn sie zusammenfassend über den Fall berichten. Ich wiederum sage: So sollte man nicht darüber reden, denn so stimmt es vorne und hinten nicht. In der Mitte auch nicht. Das Wort „Beleidigung“ – vorne – passt nicht, und das Wort „bestraft“ – hinten – beschreibt den Vorfall auch nicht vollständig. Der Begriff „veröffentlicht“ kommt mir ebenfalls falsch vor. Es geht auch nicht nur um einen „Mann“, da ist obendrein noch ein Kind betroffen. Die Teile passen nicht richtig zusammen. Selbst wenn man auf der einen Seite von „Hassrede“ und auf der anderen von „Hausdurchsuchung“ spräche, fände ich das nicht angemessen. Also: Was ist passiert? Wie sollte man es beschreiben? Vom Barbra-Streisand-Effekt spricht man, wenn just das eintritt, was man vermeiden wollte. Barbra Streisand wollte eine Berichterstattung über ihre Wohnverhältnisse unterbinden und klagte gegen die Veröffentlichung von Fotos ihrer Villa, was dazu führte, dass die Sache erst recht publik wurde und die Bilder große Beachtung fanden. So einen Effekt könnte man auf dem ersten Blick auch in der Schwachkopf-Affäre vermuten: Habeck wollte dagegen vorgehen, dass man ihn als Schwachkopf „beleidigte“, und sorgte damit erst recht für Aufsehen. Doch ich bleibe dabei, dass die Wortwahl an fast allen Stellen irreführend und der Sache nicht angemessen ist. Vorne nicht, hinten nicht, in der Mitte auch nicht. Ich fange vorne an. Vorne heißt es, es ginge um eine „Beleidigung“. Aber ist es überhaupt eine Beleidigung? Eine, die bestraft werden muss? Oder ist es keine? Dann dürfte es auch keine Strafe geben. Wenn es aber keine Beleidigung ist, was ist es dann? Habeck selber meint dazu: „Natürlich ist jetzt ‚Schwachkopf‘ nicht die schlimmste Beleidigung, die jemals ausgesprochen wurde“. Das ist gut gesagt, mit Superlativ und dem kleinen Wörtchen „jemals“. Noch besser wäre, er hätte gesagt: „Schwachkopf“ ist mit Sicherheit die harmloseste Beleidigung seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Das wäre inhaltlich entsprechend und hätte gut zu ihm gepasst. Damit wäre allerdings sofort deutlich, dass diese „Beleidigung“ so geringfügig ist, dass es dafür keine Maßeinheit gibt, auch nicht nach vielen hunderttausend Stellen (wie Annalena Baerbock vermutlich sagen würde) hinter dem Komma. Aber wenn es keine messbare Beleidigung ist, was ist es dann? Kritik? Satire? Polemik? Witz? Kalauer? Auch nicht. Der Kalauer wurde bekanntlich von Karl Lauer erfunden, dem Bruder von Martin Lauer, dem berühmten Sportler und Schlagersänger. Andere Sprachforscher verweisen auf die Ortschaft Calau im Süden von Brandenburg, die als die „Heimat der Kalauer“ bezeichnet wird. (Das waren jetzt zwei Versuche, den „Kalauer“ mit einem Kalauer zu erklären nach dem Motto: selber einer). Beispiele für waschechte Kalauer sind das „Damenkloschwert“ und der „Architekt Gulasch“. Da erkennt man gleich, dass „Schwachkopf“ nicht in dieser Liga mitspielt; „Schwachkopf“ ist nicht einmal ein richtiger Kalauer. Dafür ist er zu schwach. Selbst wenn. Kalauer verweisen auf eine Welt außerhalb unserer geregelten Vorstellung von Kommunikation. Ein Kalauer führt uns in eine absurde Gegenwelt, in der sein semantischer Gehalt dem phonetischen untergeordnet ist. Der Kalauer macht keine Aussage, die ernst genommen werden will, er will lediglich auf die klangliche Ähnlichkeit von zwei Ausdrücken verwiesen. Mehr nicht. Wir kennen das von „missheard lyrics“. „The only one who could ever reach me was the son of a preacher man”, heißt es in dem Song und nicht: „the only one who could ever feed me was the son of a pizza man”. Es klingt ähnlich, doch das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Deshalb finden wir das witzig. Doch der Witz verpufft sofort wie eine Fehlzündung, weil überhaupt keine Aussage gemacht werden sollte, über die man nachdenken und sich aufregen kann. Mit dem Witz ist keine Schmähung einer Religion verbunden, auch nicht die Werbung für einen Pizza-Service. Da ist nichts dran. Kalauer liefern grundsätzlich keine belastbaren Urteile. Sie gelten nicht. Wer hier schwergewichtige Begriffe auffährt wie „Beleidigung“, „Majestätsbeleidigung“, „falsche Tatsachenbehauptung“, „Staatsgefährdung“, „Delegitimierung des Staates“, „Hassrede“ oder „Volksverhetzung“, der weiß nicht, was ein Kalauer ist, was – außer ihm – ansonsten jedes Kind weiß. Kalauer sind Kinderkram. Kinder lieben solche Sprachspiele. Sie gehören zum Kinderglück. Kinder lassen sich Ausdrücke, die sie zum ersten Mal hören, auf der Zunge zergehen wie ein Lutschbonbon und kosten alle phonetischen Varianten und Ähnlichkeiten aus. In unserem Fall muss man die Gedanken nicht besonders weit schweifen lassen: ein Haarpflegemittel und die intellektuellen Leistungsfähigkeit seines Nutzers liegen nah beieinander. Das zeigt sich an einem Kompliment, das zwar alt geworden, aber immer noch im Umlauf ist: Wenn man jemanden als besonders klug loben und das indirekt formulieren will, sagt man: „Also, der hat seinen Kopf nicht nur zum Haareschneiden“ – oder nicht nur „zum Haarewaschen“. Wir kommen der Sache näher, wenn wir von „Neckerei“ sprechen. Was sich liebt, neckt sich. Das weiß der Volksmund, und das wusste man früher, als man zur Lösung von Eheproblemen noch nicht nach psychologischer Betreuung rief, sondern eine Kissenschlacht empfahl. Vergleichbare Tipps geben auch Verführungsprofis, die einem helfen wollen, fremde Frauen anzusprechen und womöglich Beziehungen aufzubauen. Sie empfehlen, den Partner nicht nur mit Komplimenten zu überschütten, sondern immer auch ein wenig zu sticheln und mit einem Lächeln Schwächen und Defizite ansprechen. Es darf also – und es sollte auch – gefrotzelt werden. Ich bin sicher, dass sich folgende Szene unzählige Male so oder ähnlich abgespielt hat: Ein Mann steht unter der Dusche sagt seiner Geliebten oder seinem Kind: Reich mir doch bitte mal mein Haarpflegemittel, du weißt schon: Schwarzkopf. Worauf die Geliebte oder das Kind sich die Bemerkung nicht verkneifen kann: Bitte schön, du Schwachkopf, nimm das! Es ist einfach viel zu naheliegend. Bei dem Marken-Namen „Schwarzkopf“ ist die Bedeutung „Schwachkopf“ schon wie eine verbotene Schmuggelware als Beiladung enthalten, sie ist im Preis inbegriffen. Man kann die Assoziation gar nicht vermeiden. Sie war immer schon ein Teil der Botschaft – wenn auch kein offensichtlicher. Bei „Schwarzkopf“, denkt man automatisch „Schwachkopf“ mit. Oder hat es früher als Kind mitgedacht. Kein Wunder, dass pfiffige Kommunikations-Experten vermuten, dass sich die Beleidigung (die ja im Grunde keine ist) langfristig in ein Lob umwandelt und sich vom Kopf auf die Füße stellen wird, so dass die Sache als Image-Werbung letztlich einen positiven Effekt hat. Da könnte was dran sein, denn da war noch etwas. Das Wort „Schwachkopf“ steht nicht alleine. Das Gesamtpaket der Botschaft besteht aus einem Bild, das einen durchaus sympathischen Habeck zeigt und aus zwei Wortaussagen: „Schwachkopf“ und „Professionell“. Die Aussage ist also zu zwei Dritteln positiv. Die allzu naheliegende Ähnlichkeit von „Schwachkopf“ zu „Schwarzkopf“ führt dazu, dass die negative Bedeutung „Schwachkopf“ vernachlässigt wird, als wäre sie sowieso nur versehentlich in das Ensemble hineingeraten und nicht ernst zu nehmen, weil sie da immer schon irgendwie drinsteckte und keine Neuigkeit bringt. Ein alter Hut sozusagen. Neu ist das Bild von dem freundlichen Habeck in Verbindung mit der Wertung „Professionell“. Inzwischen kann man sich ein T-Shirt kaufen mit der Aufschrift „Schwachkopf“. Doch wenn man genau hinschaut, erkennt man weder das bekannte Schwarzkopf-Profil, noch das von Habeck, sondern das von Trump. Nanu? Wer hat da denn etwas verwechselt? Und warum? Ich sagte eingangs, dass die Begriffe vorne und hinten nicht stimmen – auch in der Mitte nicht. In der Mitte steht „veröffentlicht“. Der „Mann“, um den es hier geht (der außerdem mit einem Kind lebt, um das es mir geht), hat dieses „meme“, wie man es nennt, „retweeted“. Aber, aber: Ist retweeten = veröffentlichen? Ist das richtig übersetzt? Wird damit der Vorgang richtig verstanden und angemessen bezeichnet? Wie hieße es denn auf Deutsch? Vielleicht so: Ein Mann hat eine Bild-Wort-Collage weitergegeben. Dieser Mann, der eine Hausdurchsuchung erleben musste, hat nicht einfach nur das Wort „Schwachkopf“ benutzt, er hat vielmehr ein kleines Gesamtkunstwerk – dieses „meme“ – weitergereicht, er hat zur Verbreitung beigetragen. Wenn wir da von „Veröffentlichung“ sprechen, geraten wir in einen Nebel. Bei einer „Veröffentlichung“ stellen wir uns vor, dass es einen Autor gibt, einen Urheber, der eine Aussagen machen will oder ein Kunstwerk erschaffen hat, dem er ein möglichst großes Publikum wünscht. So ist es hier nicht. Unser Mann ist nicht derjenige, der das „meme“ geschaffen hat, er hat es „retweeted“. Es ist ein Unterschied, ob jemand „seinen Mist“ „veröffentlicht“ oder jemand den „Mist“ eines anderen weitergibt. Es wäre eine Veröffentlichung ganz neuer Art, nämlich eine, bei der keine Eigenleistung vorliegt. Unser Mann hat lediglich etwas 1-zu-1 übernommen und könnte nicht einmal sagen: Seht her, dieser Beitrag ist zwar nicht auf meinem Mist gewachsen, aber ich habe immerhin etwas dazu beigetragen, etwas ergänzt. Denn das hat er nicht. Dieses „retweeten“ wird hier mit falscher Bedeutung aufgeladen. Es ist näher am „zitieren“ als am „veröffentlichen“. Und es ist beides nicht. Was hat unser Mann gesagt? Was wird ihm vorgeworfen? Was wollte (und was konnte) er mit seiner verhängnisvollen Tat – dem „Retweeten“ – überhaupt zum Ausdruck bringen? Es gibt verschiedene Möglichkeiten: 1. Er sieht die Leistungen des Ministers Habeck als Minderleistungen an, die er sich mit mangelnder Intelligenz erklärt, und erkennt in der Bild-Wort-Collage, die er zufällig im Netz gefunden hat, gut zusammengefasst genau das, was er nicht besser sagen könnte und was er mit Ausrufezeichen weitergibt, als wäre es seine eigenes Urteil. 2. Es könnte auch sein, dass er unabhängig von einer Kritik an der Leistung des Wirtschaftsministers dessen Selbstdarstellung nicht mag. Dass er Habeck für übermäßig eitel hält und findet, dass er zu viel Geld für seine Image-Pflege und für seine Fotografen ausgibt, und sich so zu einer Art Poster-Boy macht, die dem Amt nicht angemessen ist. 3. Es könnte ebenfalls sein, dass er einfach nur den Witz mochte, dass ihn der Kalauer an Kindertage erinnert, dass er unwillkürlich lachen musste, obwohl er ein traditioneller Grünen-Wähler ist. Das ist nicht einmal abwegig. Unser Mann würde nämlich, wie er erklärte, gerne CDU wählen, er hätte nur Bedenken wegen Merz. Kurz: Hier könnte die reine Freude am Witz ausschlaggebend sein, unabhängig vom politischen Standort. Ich kann mir vorstellen, dass auch so mancher aus dem Kreis der renitenten Grünen-Wähler oder der Aktivisten im Team Habeck hinter vorgehaltener Hand kichern musste. 4. Genauso gut könnte auch gar keine Zustimmung gemeint sein. Nur ein neutrales Zitieren. Es würde dann soviel sagen wie: Seht, auf welchem Niveau heute die Kritik an der Regierung angelangt ist, wie altbacken die Witze sind, wie schmutzig der Wahlkampf – was meint ihr dazu? In dem Fall wäre es keine Zustimmung mit Ausrufezeichen, sondern eine offene Frage. Es kann schon deshalb kein „Zitieren“ sein, weil es niemanden gibt, den man zitieren könnte. Der Künstler, der diese Collage geschaffen hat, ist unbekannt. Ein Witz hat keinen Urheber. Ein Kalauer ist Allgemeingut, er gehört allen. Niemand kann dafür das Copyright beanspruchen (ich vermute zwar, dass „Damenkloschwert“ eine Erfindung von Martin Betz ist, der besteht jedoch nicht auf einer Urheberschaft). Wir sind vorsichtig geworden, wir lehnen uns nicht gerne aus dem Fenster. Wir veröffentlichen lieber nichts, weil wir fürchten, dass es uns schaden kann. Doch wir „retweeten“ und „liken“ gelegentlich, oder? Sind wir damit schon in der Gefahrenzone? Kann man mir vorwerfen, dass ich mit der wiederholten Erwähnung des Damenkloschwertes eine transphobe Hassrede veröffentlicht hätte, eine Kritik an dem Recht auf Selbstbestimmung der Geschlechtszugehörigkeit und auf Nutzung der entsprechenden Toilette? Warum gerade ich? So könnte sich unser Mann aus dem Landkreis Haßberge fragen (Bitte jetzt keine Wortspiele mit Eigennamen). Er wird nicht der einzige gewesen sein, der diesen Schwachkopf-Post weitergeleitet hat. Warum trifft es nicht ebenso alle anderen, die dasselbe gleichzeitig oder erst im Nachhinein getan haben? Befinden sich womöglich unter den Lesern dieses Textes weitere „Mittäter“, die immer noch frei herumlaufen, für die aber das Motto gilt: mitgegangen, mitgehangen? („Mittäter“ passt nicht, denn sie haben nicht nur „mit“-gemacht in dem Sinne, dass sie unseren Mann unterstützt hätten, jeder von ihnen hat sich exakt derselben Straftat schuldig gemacht). Es trifft nur einen. Damit kommen wir zum hinteren Teil, nämlich zur „Bestrafung“ durch „Hausdurchsuchung“, und damit zu einer Maßnahme, die willkürlich und unverhältnismäßig ist: Sie ist schlimmer als eine durch ein Gericht verhängte Strafe (falls es überhaupt zu einer Verurteilung kommt) jemals sein könnte. Die Strafverfolger wissen sehr wohl, dass sie unrechtmäßig handeln, dass sie die Falschen treffen und sie über die Maßen schädigen, sie berauben und traumatisieren. (ich kann es mir schwerlich anders vorstellen, mir fällt nichts ein, womit ich das Vorgehen entschuldigen könnte). Mein Vater wurde 1945 als 14-Jähriger von russischen Soldaten aufgegriffen, als er zu Fuß unterwegs nach Berlin war. Er sollte seinen Namen buchstabieren, und als er nach dem „L“ und dem „A“ arglos „SS“ sagte, wurde er unter Flüchen und Beschimpfungen – „Du SS“ – verprügelt, so dass er sich bis ins hohe Alter angewöhnt hat, bei einer Nachfrage nach der Schreibweise des Nachnamens stets von „Doppel-S“ zu sprechen. Hier hat eine Verwechslung, die auf rein klanglicher Ähnlichkeit beruht, zu heftigen Auswirkungen geführt, die man auf die verständlichen mangelnden Sprachkenntnisse der russischen Soldaten und auf die angespannte Lage nach Krieg zurückführen und entschuldigen kann. Ausreden, die Habeck nicht geltend machen kann. Es handelt sich auch nicht mehr um „Hausdurchsuchungen“, wie wir sie kennen. Die hatten noch einen konkreten Zweck: Man suchte nach Drogen oder nach einer Tatwaffe. Doch was will man bei jemandem suchen, der etwas „veröffentlicht“ hat? Der Begriff stimmt einfach nicht mehr, er hat seinen Zweck eingebüßt. Heute dient so eine „Hausdurchsuchung“ zur Einschüchterung, zur öffentlichen Beschämung, zur Demütigung, zur Abschreckung und zur Beschlagnahme von Computern, Tablets und Mobilfunkgeräten – also von „Tatwaffen“, die man nicht ernsthaft als Tatwaffen ansehen kann. Die „Hausdurchsuchung“ ist zur auftrumpfenden Demonstration einer Willkürherrschaft geworden, mit der nicht nur die Prinzipien des Rechtsstaates und die bisher gültige Definitionen von wichtigen Begriffen, die wir zur Verständigung benötigen, sondern auch grundlegende Errungenschaften des zivilisatorischen Fortschritts verabschiedet werden. So eine „Hausdurchsuchung“ gilt als weiße Folter. Es war nicht etwa eine geheimnisvolle Schwachstelle, ein „leak“, durch das wir quasi versehentlich erfahren haben, was für Zustände im Foltergefängnis Abu Ghraib herrschten. Nein, die Macht zeigte vorsätzlich ihr wahres Gesicht, sie zeigte Stärke. Sie konnte es sich leisten und stellte sich demonstrativ hinter die Foltermälde, die keinerlei Konsequenzen fürchten mussten. Sie taten nur ihre Pflicht. Die Grausamkeiten sollten einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden. Möglichst viele sollten davon wissen und mit einbezogen werden wie bei einer schmutzigen Bombe, die nicht zielgenau wirkt, sondern stark streut. So hat bekanntlich der Polizeieinsatz in der Compact-Affäre nicht nur den mit dem inzwischen berühmten Bademantel bekleideten Jürgen Elsässer aus dem Schlaf gerissen, der mit ansehen musste, wie sein Büro vor laufenden Kameras leergeräumt und dabei nicht bloß Computer, sondern auch Bürostühle als „Tatwaffen“ mitgenommen wurden; man hat gleichzeitig seine Ehefrau, die, wie die Presse zu berichten weiß, unbekleidet im Bett lag, im Schlafzimmer überrascht. Frauen und Kinder sind ausdrücklich mit einbezogen. Unser „Täter“, der das Schwachkopf-meme verbreitet hatte, musste sich den Polizisten stellen: „Wegen dem Schwachsinn kommt ihr jetzt her?“, hatte er verdutzt gefragt. Der Beamte soll geantwortet haben, dass er das „jetzt nicht gehört haben will“. Eben. Es wurde kein Gehör gewährt. Recht auf Anhörung, fairer Prozess, Unschuldsvermutung … das war einmal. Gleichzeitig musste der arme Mann zusehen, wie er seine Tochter Alexandra beruhigen konnte. Ihr kam das Auftreten des Polizeikommandos wie ein Horrorfilm vor – wie ein Horrorfilm, der Wirklichkeit wird. Ein solches Drama wollte Dimitri Schostakowitsch verhindern. Er war bei Stalin in Ungnade gefallen und hatte fest damit gerechnet, dass er eines Tages in aller Herrgottsfrühe abgeholt und in ein Lager verbracht würde. Er hielt das für unausweichlich. Er konnte nur noch eins tun – und das tat er auch. Er stellte sich jeden Morgen in aller Frühe mit einem kleinen Koffer, in dem das Nötigste verstaut war, draußen vor die Tür. Wenn sie kommen würden, um ihn abzuholen, dann wäre er darauf vorbereitet. Er stand bereit. Er wollte nur noch eines sicherstellen; es wäre das einzige, das er in seiner Situation noch tun könnte: Er wollte seiner Familie ersparen, dass sie mit ansehen muss, wie er abgeführt wird. Bernhard Lassahn schreibt schon lange für die „Achse“ und produziert seit mehr als zwei Jahren die Sendereihe „Unter Freunden“ für den Kontrafunk. Er ist Schriftsteller und – wie Robert Habeck – auch Kinderbuchautor. | Bernhard Lassahn | Die Schwachkopf-Affäre ist fast schon wieder vergessen, aber sie ist keine Petitesse. Sie offenbart ein sprachliches Verwirrspiel und die Gefahren der Willkür. | article | 02.02.2025 10:00 | https://www.achgut.com/artikel/der_kampf_gegen_witze/P63#comment_entries |
Pressefreiheit auf afghanisch | Hier eine Mitteilung von Reporter ohne Grenzen (mein Dank an HCO für den Hinweis): Der afghanische Journalist Sayed Perwiz Kambachsch wurde Anfang 2008 zum Tod durch Erhängen verurteilt. Sein Vergehen? Er verbreitete einen Artikel aus dem Internet, in dem die Rolle der Frau im Islam bzw. Koran kritisch diskutiert wurde. Seit seiner Festnahme sorgt Reporter ohne Grenzen für internationale Öffentlichkeit. Einen erster Erfolg im Oktober 2008: Das Urteil wurde in 20 Jahre Haft umgewandelt. Doch der Richterspruch bleibt schockierendes Unrecht! Deshalb setzt sich Reporter ohne Grenzen weiter für Kambachschs sofortige Freilassung ein, unterstützt und berät seine Familie und führt eine zweite Petition für seine Freilassung an den afghanischen Präsidenten durch. Weitere Einzelheiten hier: http://www.reporter-ohne-grenzen.de/kampagnen-aktionen/kampagne-kambachsch.html | Fred Viebahn | article | 06.03.2009 05:24 | https://www.achgut.com/artikel/pressefreiheit_auf_afghanisch |
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Das Ende des Corona-Brexit | Als ehemaliger London-Korrespondent hatte auch ich einst die Ehre und das Vergnügen, die Garden Party der Queen zu besuchen. Ich kann die Enttäuschung der Eingeladenen verstehen, als sie erfuhren, dass die diesjährige Sause im Garten des Buckingham-Palastes abgesagt wurde. Oder die Erleichterung: Die Party hätte ein Corona-Infektionsherd erster Ordnung werden können. Zwar handelt es sich um eine vergleichsweise exklusive Affäre; gerade mal 8.000 Leute versammeln sich, bürgerlich gediegen gekleidet, im königlichen Garten, der zu den größeren in London gehört. Es gibt kein Gedränge, aber man steht, was in diesen Zeiten ausgesprochen ansteckend sein kann, mehr oder weniger in Reih und Glied und harrt der Dinge, die da kommen werden. Diesmal kommen die Dinge nicht. Aber als sie noch kamen, ging das so: Auf ein Zeichen hin verlassen die Royals ihren Pavillon und schlendern die Gassen entlang, die ihnen das Spalier stehende Volk freigelassen haben. Alle paar Meter bleibt die Queen oder ein anderer Royal vor einem oder einer Wartenden stehen, um ein paar Sekunden zu plaudern. Zum Entzücken des oder der Angesprochenen natürlich. Ich hatte seinerzeit das Pech, dass Elizabeth direkt auf die Dame neben mir zusteuerte. Kurzer Wortwechsel und dann ging sie lächelnd, aber wortlos an mir vorüber, um nach ein paar Metern das nächste Glückskind anzuplaudern. Gerne hätte ich meiner Redaktion berichtet, dass die Queen mich nach meiner Herkunft befragt hat, und dass ich im passenden Akzent „Germany“ gesagt habe. Hat sie aber nicht, ich also auch nicht. Das Glück und das Pech wohnen auf der Garden Party dicht beieinander. Dass dieses spannungsreiche Ereignis nun ausfällt, gehört in England zu den radikaleren Maßnahmen gegen das Corona-Virus. Insgesamt ist man der Pandemie lange mit erstaunlicher Gelassenheit begegnet. Selbst Boris Johnson, der in der Brexit-Krise als nimmermüder Dynamo durchs Land wirbelte, gab sich angesichts des Corona-Virus bisher vergleichsweise temperamentlos. Seine Empfehlung: abwarten und Tee trinken. Inzwischen hat Johnson seinen Modus der betonten Gelassenheit verlassen. Er hat seinen Landsleuten empfohlen, von Pub-Besuchen Abstand zu nehmen. Das ist sicher der denkbar dramatischste Eingriff in die englische Lebensart. Auch Theater und Kinos sollen gemieden werden. Ob die Briten so gehorsam sind wie wir, bleibt abzuwarten. Bisher war die Lage zwar auch angespannt, aber anders als bei uns: Volle Pubs, aber leere Regale in den Geschäften. Auch dies womöglich eine Folge des Abwartens und Teetrinkens. Meine in England lebende Tochter ist gerade mal wieder mit leeren Händen vom Einkauf zurückgekommen. Und jetzt soll auch noch der trostreiche Pub-Besuch ausfallen. Der Alltag der Briten scheint sich allmählich dem eingeschränkten Leben der Kontinentaleuropäer anzunähern. Britanniens Versuch eines Corona-Brexit, also eines vom Kontinent losgelösten coronalen Eigenlebens, ist offenbar nicht durchzuhalten. Dass man es überhaupt versuchte, hat mit der Insellage und der damit verbundenen insularen Mentalität zu tun. Aufgeregtheit gehört nicht zur britischen Lebensart, auch dann nicht, wenn ein bisschen Aufgeregtheit nicht schaden würde. Boris Johnson war nicht der einzige Unaufgeregte im Königreich. Nun aber achtet er doch etwas genauer darauf, dass der Virus seine Landleute nicht noch so kalt erwischt wie er die Bewohner der Apenninen-Halbinsel erwischt hat. Dass die Queen, soweit es in ihrer Macht steht, nun energisch durchgegriffen hat, kann als ein Signal im Sinne des englischen Dichters John Donne verstanden werden: Niemand ist eine Insel. Oder weniger poetisch ausgedrückt: In Corona-Zeiten ist eine Insel auch nicht mehr das, was sie mal war. | Rainer Bonhorst | Britanniens Versuch eines Corona-Brexit, also eines vom Kontinent unterschiedlichen Vorgehens, ist offenbar nicht durchzuhalten. Das kann als ein Signal im Sinne des englischen Dichters John Donne verstanden werden: Niemand ist eine Insel. Oder weniger poetisch ausgedrückt: In Corona-Zeiten ist eine Insel auch nicht mehr das, was sie mal war. | article | 20.03.2020 16:30 | https://www.achgut.com//artikel/das_ende_des_corona_brexit |
Schafft Präsident Milei Wohlstand durch Staats-Abbau? | Argentiniens Präsident Javier Milei gilt vielen deutschen Medien als „umstritten“. Dessen Abbau des Staatsapparats und Auflösung von Ministerien und Behörden gilt als undenkbar. Aber was ist, wenn Milei Erfolg hat? In einer bahnbrechenden Entscheidung hat das argentinische Unterhaus das „Gesetz über die Grundlagen und Ausgangspunkte für die Freiheit der Argentinier“, das so genannte Ley de Bases, verabschiedet. Dies gilt als ein wichtiger Sieg für die Regierung von Präsident Javier Milei, der das Land zu wirtschaftlicher Stabilität und Wohlstand führen will. Mit 147 zu 107 Stimmen bei zwei Enthaltungen billigte die Abgeordnetenkammer am frühen Freitagmorgen ein Paket, das Milei für ein Jahr außerordentliche Vollmachten, eine neue Regelung für ausländische Investitionen, eine Lockerung des Arbeitsrechts und die Genehmigung zur Privatisierung von rund einem Dutzend öffentlicher Unternehmen vorsieht, sowie weitere Änderungen. Das Oberhaus (Senat), wo der Widerstand größer war, hatte bereits vorher zugestimmt. Das Gesetz hatte einen schwierigen Weg im Parlament, wo es auf Widerstand der peronistischen und linken Blöcke traf, die die Reformen als rückschrittlich und arbeiterfeindlich kritisierten. Dennoch gelang es der Regierung, in Verhandlungen eine ausreichende Unterstützung zu erhalten. Als Milei Ende Juni nach Deutschland kam, wo die liberale Hayek-Gesellschaft ihn mit der nach dem Ökonomen, Philosophen und Soziologen Friedrich August von Hayek (1899-1992) benannten Hayek-Medaille auszeichnete, erhielt er keinen Staatsempfang, dafür regnete es Epitheta. Er sei „unberechenbar“ und „umstritten“, schrieb der Spiegel. Die Hayek-Gesellschaft, die Milei mit der Hayek-Medaille auszeichnete? Auch „umstritten“, meinte der Spiegel. Die Frankfurter Rundschau versuchte, Milei als jemanden darzustellen, der unnütze Auslandsreisen veranstalte. Er nehme „sich die Zeit, durch die Weltgeschichte zu jetten“. In seinen bisherigen sechs Monaten im Amt ist der argentinische Staatschef sei Milei, der „Systemsprenger“, schon mehr als siebenmal im Ausland gewesen.“ Gute Güte. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, zum Vergleich, war im gleichen Zeitraum 19-mal im Ausland. „Grausamkeiten“ verübe Milei, so die FR weiter. „Krawallpräsident“ wurde Milei von der Hamburger Krawallzeitung MoPo genannt. „Ultrarechte“ Politik unterstellte ihm der NDR, ohne Erläuterung. Außer durch seine Fußballer ist Argentinien seit Jahrzehnten für Hyperinflation, Staatsbankrotte und Währungskrisen bekannt. Was auffällt, ist, dass der derzeitige argentinische Präsident, wiewohl erst seit kurzem im Amt, der einzige Politiker weltweit zu sein scheint, der für die wirtschaftliche und soziale Lage in seinem Land verantwortlich gemacht wird — während Wirtschaftskrisen und Inflation für gewöhnlich wie eine Art Naturereignis geschildert werden. Journalisten geben Milei die Schuld an der Not weiter Teile der Bevölkerung. „Harter Sparkurs treibt Menschen in Armut“, titelt beispielsweise der Tagesspiegel. Als wäre es Sparsamkeit, die Armut verursacht, und nicht die Zerstörung und Verhinderung von Produktion. Bevor Milei auf der Bühne auftauchte, wussten Journalisten noch, wie schlimm die Lage unter früheren argentinischen Regierungen war. Ein Journalist des Redaktionsnetzwerks Deutschland porträtierte etwa im September 2022 zwei argentinische Altpapiersammler, Damian und Ricardo, Vater und Sohn, deren Einnahmen von der Inflation aufgefressen würden und die sagten: „Wir schauen, dass wir die Tageseinnahmen gleich umsetzen. Lebensmittel, Obst.“ Und die Kioskbesitzerin Anna Maria, die sagte: „Die Preise steigen, jeden Tag. Aber wir nehmen nicht mehr ein. Meine Familie macht das krank. Einige haben gesundheitliche Probleme.“ Viele ihrer Kundinnen und Kunden hätten mindestens einen Zweitjob, um irgendwie über die Runden zu kommen. „Es geht um die einfache Frage: Reicht es noch für Käse oder Wurst zum Frühstück, oder gibt es nur noch Brot?“ Einige fingen bereits an zu tauschen, Kleidung oder Haushaltswaren gegen Lebensmittel, so der Bericht weiter. Von einem „Wertverlust“ der Währung war zu lesen, der aber offenbar keine Ursache und keinen Verursacher hatte. Es sei halt eine „Spirale“, „aus der es scheinbar kaum einen Ausweg gibt“. Doch Präsident Milei hat gezeigt, dass das nicht stimmt. In der Spitze lag die jährliche Inflationsrate bei rund 300 Prozent. Die Erfahrungen aus aller Welt über die Jahrhunderte zeigen, dass der Weg von dort schnell zur völligen Entwertung der Währung führt — man denke etwa an die 50-Milliarden-Mark-Briefmarke der Deutschen Reichspost von 1923. In Argentinien blieb die Inflationsrate im April dieses Jahres zum ersten Mal hinter der Lohnentwicklung zurück. Die Tageszeitung La Nacion (Buenos Aires) berichtete: „Auch wenn man es noch nicht in der Tasche spürt, zeigen die offiziellen Statistiken, dass die Löhne im April zum ersten Mal seit August 2023 die Inflation bei der monatlichen Messung übertroffen haben. Nach Angaben des Nationalen Instituts für Statistik und Volkszählungen (Indec) stieg der allgemeine (Lohn-)Index im vierten Monat des Jahres um 10,2 %, während der Preisanstieg im gleichen Zeitraum 8,8 % betrug.“ Im Mai sank die monatliche Inflationsrate zum fünften Mal in Folge. Sie lag mit 4,2 Prozent unter den erwarteten 4,9 Prozent und weit unter dem Wert von 25 Prozent im Dezember. „Wir werden die Inflation besiegen“, versicherte Milei. Der Verbraucherpreisindex für Lebensmittel und Getränke liege nun bei null Prozent, eine Leistung, die in Argentinien „seit 30 Jahren nicht mehr erreicht wurde“. Zu der Situation, in der sich das Land bei seinem Amtsantritt befand, sagt er: „Als wir an die Macht kamen, lag Argentinien auf Platz 140 der Weltrangliste, mit mehr als 50 % Armen, mit einer Situation, in der es Nahrungsmittel für 400 Millionen Menschen produziert, mit einer Steuerbelastung des Sektors, der Nahrungsmittel produziert, von 70 %, das heißt, der Staat nimmt die Nahrungsmittel von 280 Millionen Menschen. Und in Argentinien gibt es fünf Millionen Menschen, die nicht genug zu essen haben.“ Wer hat Milei gewählt? Das Überraschendste an seiner Wahl zum argentinischen Präsidenten sei es gewesen, dass er „einen großen Teil der Stimmen aus der Arbeiterklasse auf sich vereinigen konnte“, war in dem linksradikalen US-Magazin Jacobin zu lesen. „Seine Fähigkeit, die Ängste des wachsenden prekären Sektors des Landes anzusprechen, sollte ein Weckruf für die Linke sein.“ Achgut sprach über Argentiniens Lage und die Politik des neuen Präsidenten mit Carlos Gebauer, Vorstandsmitglied der Hayek-Gesellschaft. „Milei hat die Regierung eines Landes übernommen, das ökonomisch völlig zerrüttet war“, sagt er. Sicherlich, fügt er hinzu, bedeuteten die dringend notwendigen Kurskorrekturen „auch ökonomische Härten“: „Das ist leider so. Aber viele Menschen in Argentinien wissen ja selbst am besten, dass an dieser unorthodoxen Rosskur kein Weg vorbei führt, wenn es dauerhaft besser werden soll.“ Deshalb sei Milei ja „gerade von denen gewählt worden, die nicht die Mittel haben, das Land zu verlassen und im Ausland weiter ihren Reichtum zu genießen“. Die deutsche Berichterstattung aber klammere das aus. „Richtig ist, dass wenn man spart und bestimmte Sozialleistungen, die ausgeufert waren, nicht mehr in großem Umfang ausgießt, dass man dann Leuten zunächst mal weniger Geld in die Hand gibt.“ Die Stabilität der Währung sei das, was den Armen als allererstes hülfe, „sich wieder in der Recheneinheit zurechtzufinden und bezahlen“ zu können. „Die Idee, dass inflationierendes Geld und ein überschuldeter Staat armen Menschen helfen könnte, ist einfach eine falsche Darstellung der Tatsachen. Wer wenig Geld zur Verfügung hat, ist ganz besonders darauf angewiesen, dass eine Währung stabil ist.“ Im letzten Quartal ist Argentinien in die Rezession gerutscht. Ein Grund zur Sorge? „Das ist die unvermeidliche Folge des eingeleiteten Heilungsprozesses, ähnlich den Wechsel- oder Nebenwirkungen bei einem Medikament“, sagt Gebauer. „Eine Rezession ist volkswirtschaftlich eine Krise, in der sich die vorangegangenen Fehlentwicklungen korrigieren.“ Ihm fällt ein weiterer Vergleich ein: Wenn man sich eine Volkswirtschaft vorstelle „wie einen Spaziergänger im Wald“, dann sei die Rezession „das Langsamerwerden beim Laufen", weil man merke, dass man in die falsche Richtung unterwegs sei. „Da kommt man zwar nicht voran, aber man kommt auch nicht weiter vom Weg ab. Man verlangsamt und sucht sich den richtigen Weg, findet zurück auf den Weg und orientiert sich an den Realitäten. Rezessionen sind ein Erholungseffekt der Wirtschaft — sicherlich kein schöner, weil mal weniger Geld im Portemonnaie ist, aber sie zeigen, in welche Richtung man gehen muss, um wieder Früchte zu finden.“ Ein wichtiger Akzent, den Milei gesetzt habe, sei die Wiederherstellung von Vertragsfreiheit“, meint Gebauer: „Im Arbeitsmarkt sollte es nicht unsinnige Restriktionen geben, dass also an Arbeitsverhältnissen festgehalten muss, auch wenn sie im Markt überhaupt nicht mehr erforderlich sind. Diese Befreiung führt regelmäßig dazu, dass nicht mehr Unsinniges getan wird, sondern wieder Sinnvolles. Nichts dient einer Volkswirtschaft mehr, als wenn Bürger sinnvolle Tätigkeiten ausüben können, statt sich an falschen Regeln festzuhalten.“ Noch einmal Präsident Milei: „In sechs Monaten Regierungszeit haben wir die größte Haushaltsanpassung nicht nur in der argentinischen Geschichte, sondern auch in der Geschichte der Menschheit vorgenommen. Wir geben 15 Prozentpunkte des BIP an den Privatsektor zurück.“ Milei spricht sich auch für einen „freien Währungswettbewerb“ aus, der auch Kryptowährungen wie Bitcoin und BTU enthält. Das sei eine „ur-hayekianische und damit auch ur-österreichische Idee“ aus den Austrian Economics, sagt Gebauer: „Wir haben in der Ökonomie gelernt, dass Monopole niemals etwas Gutes sind — denn wen man ein Monopol hat, muss man sich nicht mehr dem Wettbewerb stellen. Im Währungswesen aber haben alle Länder der Welt über Jahrzehnte hinweg sich dem Währungsmonopol ihres jeweiligen Staates unterworfen.“ Was Milei in Argentinien anstrebe, sei ein Konkurrenzsystem der Währungen auf den Weg zu bringen. „Sein Traumziel ist ja sogar die Abschaffung der Zentralbank. Wenn es dann keine Monopolwährung mehr gibt, sondern mehrere Währungen miteinander in Wettbewerb stehen, dann wird sich im Zweifel diejenige Währung als die am häufigsten benutzte herausstellen, die am stabilsten ist.“ Die stabilste Währung wiederum nutze auch den Ärmsten am meisten, weil sie nicht den Kaufkraftverlust durch Inflation erlitten, so Gebauer. Milei strebt längerfristig „null Emissionen“ an, keine weitere staatliche Geldschöpfung. Er sagte sogar: „Wir werden ein Gesetz verabschieden, nach dem die Ausgabe von Geld ein Verbrechen ist, und zwar ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Und wenn Geld ausgegeben wird, muss der Präsident des Landes ins Gefängnis gehen.“ Unnötiger Verbalradikalismus? „Manchmal schlägt er terminologisch über die Strenge, so wie optisch mit seiner Frisur“, sagt Gebauer. Da müsse man unterscheiden zwischen dem Kommunikationsverhalten in der medialen Realität und Mileis fachlichen Fähigkeiten. „Tatsache ist — und ob man das als Verbrechen gegen die Menschlichkeit subsumieren möchte, ist eine andere Frage —, dass die Überproduktion von Geld durch eine staatliche Monopoleinrichtung nichts ist, was Menschen dient. Insbesondere nicht den kleinen Leuten. Weil ja mit jeder zusätzlichen Geldeinheit, die in die Volkswirtschaft eingespeist wird, die Kaufkraft der schon vorhandenen sinkt, d.h. mehr Geld zu schaffen, ist ein Verarmungsprozess. Inflation, insbesondere Hyperinflation, sei „kein Schicksalsschlag und auch kein kapitalistisches Abenteuer“, sondern eine bewusste und gewollte Entscheidung der Zentralbank, betont Gebauer. „Mileis Idee ist nicht eine Währungsreform in Gestalt einer Wegnahme aller Kaufkraft, sondern ein Gesundungsprozess; ein harter Kurs zwar, aber einer, der sehr viel schneller zu gangbaren Ergebnissen führen wird.“ Für „ganz entscheidend“ hält er Mileis „klare Einsicht, dass die keynesianische Politik gescheitert“ sei: „Dass man ein Problem nicht dadurch aus der Welt schafft, dass man es intensiviert, sondern man muss das Problem an dessen Wurzeln packen. Milei will dem Bürger mehr Verantwortung geben und mehr Möglichkeiten, um eine gesunde Volkswirtschaft aufzubauen. Ich bin sicher, dass wird ihm gelingen, so wie es Maggie Thatcher in Großbritannien gelungen ist oder Douglas in Neuseeland — beide Länder waren völlig überschuldet und hatten eine zugrunde gerichtete inflationierte Währung. Wenn man dann einen Gesundungsprozess nach der Lehre der Austrian Economics auf den Weg bringt, dann hat man sehr gute Erfolgsaussichten.“ Woran liegt es, dass Milei in der deutschen Presse viel stärker angegriffen wird als der türkische Präsident Erdogan für seine Inflationspolitik? Gebauer vermutet, das habe damit zu tun, dass das Konzept, das Javier Milei verfolge, sich völlig von unseren mitteleuropäischen Konzepten unterscheide, wie wir sie üblicherweise nicht nur in Deutschland, sondern auch in der EU sehen: „Hier herrscht immer noch die Vorstellung vor, dass der Staat mit all seinen Beamten alle Probleme am besten lösen könne. Dem ist aber nicht so. Würde man sehen, dass Herr Milei Erfolge hat in Argentinien — was ich persönlich hoffe —, dann würde das auch zu einem Umsteuern hier in Europa führen. Weil man sieht, es geht aufwärts. Und Änderungen sind etwas, das wir Menschen nicht so gerne haben. Wir halten an dem fest, was wir kennen.“ Angesprochen darauf, dass der Spiegel anlässlich der Verleihung der Hayek-Medaille an Milei die Hayek-Gesellschaft als „umstritten“ bezeichnete, sagt Gebauer, in einer Demokratie sei es „ein Lob, umstritten zu sein“, weil nie alle einer Meinung seien. „Ein demokratischer Politiker muss immer umstritten sein von seinen politischen Gegnern. Nur aus dem wechselseitigen Streit können am Ende richtige Lösungen resultieren.“ Stefan Frank, geboren 1976, ist unabhängiger Publizist und schreibt u.a. für Audiatur online, die Jüdische Rundschau und MENA Watch. Buchveröffentlichungen: „Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise“ (2009); „Kreditinferno“. „Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos“ (2012). | Stefan Frank | Argentiniens Präsident Javier Milei gilt vielen deutschen Medien als „umstritten“. Dessen Abbau des Staatsapparats und Auflösung von Ministerien und Behörden gilt als undenkbar. Aber was ist, wenn Milei Erfolg hat? | article | 02.07.2024 06:15 | https://www.achgut.com/artikel/schafft_praesident_milei_wohlstand_durch_staats_abbau/P21#comment_entries |
Kommt jetzt das Corona-Fake-News-Verbot? | Angesichts des Coronavirus-Ausbruchs in Deutschland hat der niedersächsiche Innenminister Boris Pistorius (SPD) gefordert, die Verbreitung von „Fake News“ zu bestrafen. Im SPIEGEL-Interview sagte er über Fake News: „Sie können Panik, Hamsterkäufe und Konflikte auslösen und sind daher auf das Schärfste zu verurteilen. Daher müssen wir mit Bußgeldern oder sogar Strafandrohungen abschrecken.“ Natürlich stimmt es, dass falsche Gerüchte die Lage viel schlimmer machen können, aber was ist die Alternative? Dass der Staat entscheidet, was Wahrheit ist und was nicht? Und wenn es der Staat selbst nicht genau weiß? Am Wochenende warnte das Bundesministerium für Gesundheit vor Fake News und dementierte Meldungen, nach denen das öffentliche Leben in Deutschland eingeschränkt werde. Nur kurze Zeit später passierte genau das. Bei schweren Krisen gibt es sehr oft falsche Gerüchte – und noch nicht einmal immer mit böser Absicht, sondern auch zum Beispiel basierend auf Missverständnissen. Der Staat hat trotzdem kein Recht, die ultimative Instanz zur Entscheidung über Wahrheit oder Unwahrheit zu sein und deshalb die Redefreiheit auszuhebeln. Wir sehen in totalitären Staaten, wohin das führt – und zwar gerade mit Corona. Einer der Hauptgründe für die rasante Ausbreitung des Virus war, dass den chinesischen Behörden über Wochen der Ausbruch der Krankheit in Wuhan bekannt war, sie aber die Information der Öffentlichkeit verschwiegen haben. Nicht nur das, der kommunistische Staatsapparat hat sogar Ärzte wie Dr. Li Wenliang verfolgt, weil sie die Wahrheit über das Virus berichteten. Nur weil man die Veranstaltung lokaler Parteikonferenzen nicht gefährden wollte. Dadurch hat sich das Coronavirus über Wochen unbemerkt in China und dem Rest der Welt ausgebreitet. Weil die regierende Kommunistische Partei zu Beginn der Pandemie versuchte, die Wahrheit nach ihrem Willen zu verbiegen. Mehr Informationen, mehr Transparenz, statt weniger – das ist der richtige Weg. Und was die Wahrheit ist, das weiß bei Corona doch im Ernst niemand. Ein ähnliches Rechtsverständnis offenbarte sich letztes Jahr bei ZDF-heute, was auf Achgut.com hier kritisiert wurde. Sebastian Thormann, geb. 2000, ist Abiturient aus Bayern und schrieb diesen Beitrag zuerst für den Jugend- und Schülerblog Apollo-News. | Sebastian Thormann | Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius kündigte die Bestrafung von „Fake News“ an. Natürlich stimmt es, dass falsche Gerüchte die Lage viel schlimmer machen können, aber was ist die Alternative? Dass der Staat entscheidet, was Wahrheit ist und was nicht? Und wenn es der Staat selbst nicht genau weiß? | article | 19.03.2020 06:10 | https://www.achgut.com/artikel/kommt_jetzt_das_corona_fake_news_verbot/P14#comment_entries |
Hans-Olaf Henkel: “Rettet unser Geld - die Alternative” | Der Konzertsaal der UdK in Berlin war gestern Abend gut gefüllt, als der ehemalige BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel vor sein Publikum trat. Es war seine dritte Veranstaltung zum Thema „Rettet unser Geld- die Alternative“.
Henkel, der ohne Manuskript, Power- Point und rhetorische Mätzchen auskam und dennoch seine Zuhörer von der ersten bis zur letzten Minute in seinen Bann zog, überraschte mit einem Geständnis: „Ich habe den größten Fehler meiner Karriere gemacht, als ich den Euro befürwortete“ In den folgenden anderthalb Stunden liefert Henkel Fakten und Analysen, warum die Einheitswährung von Anfang an mit nicht korrigierbaren Geburtsfehlern behaftet war. Die Vorstellung, dass eine gemeinsame Währung und einheitliche Zinssätze für so unterschiedliche Volkswirtschaften, wie sie in Nord-, und Südeuropa zu finden sind, funktionieren könnte, war irrig. Die Fehlentscheidung nicht zu korrigieren, sondern mit immer neuen „Rettungsmaßnahmen“ aufrecht zu erhalten, bedroht inzwischen die Einheit Europas. Der Spalt zwischen den Geber-, und den Nehmerstaaten , sowie den Euro-, und Nicht-Euro- Ländern wird mit jedem Tag tiefer.
Was während Henkels Ausführungen über den sich ausbreitenden Deutschland- Hass in Griechenland über den Ticker lief, war eine Illustration für die Richtigkeit seiner Worte.
Von Anfang an war die Euroeinführung von Vertragsbruch begleitet.
Die im Maastricht-Vertrag festgelegten Handelsdefizitgrenzen von drei Prozent wurden schon über hundert mal überschritten, ohne das es zu den festgelegten Sanktionen gekommen wäre. Auch die Vereinbarung, dass die Verschuldung eines Staates 60% des Bruttoinlandproduktes nicht überschreiten darf, wird von den wenigsten Staaten eingehalten. Der schlimmste Fehler war, dass Bundeskanzlerin Merkel in der Nacht vom 8./9. Mai 2010 die vom ehemaligen Bundespräsidenten Köhler in den Maastricht –Vertrag geschriebene No- Bailout- Klausel , nach der Mitgliedsstaaten nicht für die Schulden anderer Mitglieder haften, fallen ließ. Der Bundespräsident unterschrieb an einem Sonnabend das Gesetz, das seine Formel außer Kraft setzte und trat am folgenden Montag aus vorgeschobenen anderen Gründen zurück.
Griechenland wurde in die Eurounion aufgenommen, obwohl es die Beitrittskriterien nicht erfüllte. Die Wiege der Demokratie müsse von Anfang an in der Währungsunion sein, lautete die Begründung der Politik, die sich von ihren Wünschen, nicht von der Realität leiten lässt.
Nun sind die seit dem Euro-Beitritt Griechenlands massiv gestiegenen Staatsschulden der Hellenen der Sprengsatz, der die Einheitswährung explodieren lassen wird. Alle „Rettungsmaßnahmen“ werden nur Zeit kaufen und das Problem verschlimmern. Wer vor einem Jahr sagte, dass Griechenland einen Schuldenschnitt von mindestens 50% brauche, wurde als Idiot hingestellt. Noch vor sechs Wochen war es nicht möglich, das auszusprechen, ohne wütende Gegenreaktionen zu bekommen. Als letzte Woche der Schuldenschnitt beschlossen werden musste, wurde die Entscheidung gefeiert, als wäre sie die Erlösung von allem Übel. Zweierlei wird der Öffentlichkeit dabei verschwiegen: trotz Schuldenschnitts wird Griechenland nicht auf die Beine kommen, wenn es seine Währung nicht abwerten darf, was ja nicht möglich ist, solange es den Euro behalten muss. In allen Fällen sind erfolgreiche Schuldenschnitte, wie etwa bei der Türkei, mit einer Abwertung der Währung einher gegangen. Zweitens werden beim griechischen Schuldenschnitt massiv die deutschen Steuerzahler mit 10 bis 12 Milliarden belastet, weil hauptsächlich deutsche Staats-, und Landesbanken griechische Staatsanleihen halten, die sie jetzt abschreiben müssen. Die private DB ist vergleichsweise wenig betroffen.
An dieser Tatsache zeigt sich, dass die Währungsunion längst zu einer Transferunion geworden ist. Die europäische Schuldenunion wird eine massive Erhöhung von Steuern, vielleicht sogar eine Inflation mit sich bringen. Mit allen negativen Folgen für die Realwirtschaft. Europa wird immer weiter zurück fallen.
Die Alternative wäre, die Währungsunion in eine Nord-, und Südzone aufzuteilen. Die Südstaaten hätten so die Möglichkeit, ihren Euro abzuwerten und damit den Bedürfnissen ihrer Wirtschaften besser anzupassen. Der Nordeuro, bestehend aus Deutschland ,Österreich, den Niederlanden könnte bald für Schweden, Polen oder Irland attraktiv werden. Wechsel zwischen diesen beiden Systemen sollten problemlos möglich sein.
Natürlich wäre eine solche Lösung alles andere als einfach, vor allem, weil sie zur Voraussetzung hat, dass die Politik sich ihre Fehler eingesteht. Das ist unwahrscheinlich, wenn sie nicht von den Bürgern dazu gezwungen wird. Deshalb wirbt Henkel am Ende seines Vortrages für die Mitgliederbefragung in der FDP. Wenn die Eurorebellen einen Sonderparteitag erzwingen, wird die Regierung ihre Politik ändern müssen.
Außerhalb der FDP kann man die Initiative der Zivilen Koalition unterstützen, die seit Wochen einen Kampf gegen den permanenten Rettungsschirm ESM führt, der ab Mai 2013 den vorläufigen Rettungsschirm ablösen soll. Bereits über 270 000 E-Mails sind an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages geschickt worden, 50 000 sollen es mindestens werden, damit die Politik zur Kenntnis nehmen, muss dass die Mehrzahl der Bürger ihre „Rettungsmaßnahmen“ ablehnt.
Es ist doch paradox, sagt Henkel am Schluss, daß diejenigen, die laut beklagen, dass die Politik vom Geld dominiert wird, dabei sind, Europa ganz nach den Bedürfnissen des Geldes auszurichten. Das darf nicht zugelassen werden. | Vera Lengsfeld | article | 30.10.2011 18:15 | https://www.achgut.com//artikel/hans_olaf_henkel_rettet_unser_geld_die_alternative |
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Demokratie ist das Gegenteil von Islam | Szenenwechsel: In Brüssel wird nach einem Bericht von CBN im Jahr 2030 die Mehrheit der Bevölkerung Muslime sein. Schon heute agitiert eine Salafistengruppe unter dem Namen „Sharia4Belgium“ für die Einführung islamischen Regeln. Ihr Sprecher Abu Imran sagt offen, worum es der Gruppe geht: „Demokratie ist das Gegenteil von Islam. Allah sagt, was erlaubt und was verboten ist.“ Und weiter: „Ein demokratischer Muslim ist so absurd wie anzunehmen, es gäbe christliche Juden.“ http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/der-einfluss-der-salafisten-demokratie-ist-das-gegenteil-von-islam-11721140.html | Fundstück | article | 19.04.2012 18:03 | https://www.achgut.com/artikel/demokratie_ist_das_gegenteil_von_islam |
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Warum die Deutschen plötzlich schlecht im Fußball sind | Die Stadt Frankfurt trat vor ein paar Jahren ihre Galopprennbahn an den DFB ab. Die Tribünen wurden abgebaut und stattdessen eine DFB-Akademie errichtet. Trotz Protesten wurde den Bürgern eine Freizeitattraktion genommen. Und seltsamerweise geht es seither mit dem deutschen Fußball bergab. Karma? Karma bezeichnet ein spirituelles Konzept, nach dem jede Handlung – physisch wie geistig – unweigerlich eine Folge hat. Diese Folge muss nicht unbedingt im gegenwärtigen Leben wirksam werden, sondern sie kann sich möglicherweise erst in einem zukünftigen Leben manifestieren. Das folgende Beispiel ist noch in diesem Leben passiert. Die Stadt Frankfurt konnte nicht anders, als 2014 ihre Galopprennbahn entgegen Bürgerprotesten an den Deutschen Fußball-Bund DFB abzutreten. Heute ist dort eine Fußball-Trainerakademie entstanden. Ich als Galoppsport-Fan sagte und schrieb auch überall, dass ich mir wünsche, dass der DFB keinen Fuß mehr auf den Boden bekommt, keine Pokale mehr gewinnt und auch sonst eine Abwärtsspirale durchmacht. Und das für immer und ewig, schließlich würde die Galopp-Rennbahn auch nie wiederkehren. Dass mein Wunsch so schnell in Erfüllung geht, hätte ich auch nicht gedacht. Denn direkt nach der Entscheidung für die DFB-Akademie ging nichts mehr mit der Nationalmannschaft, und so wird es auch bleiben, wie es ausschaut. Es gibt sie nicht mehr, die Starspieler mit deutschem Pass, die in ihren Vereinsmannschaften die ganze Mannschaft stemmen und immer mit der ersten Elf auf dem Platz stehen. Egal ob Hansi Flick, Nagelsmann & Co., kommen kann wer will, denn es wird nur einzelne Spiele geben, in denen die Mannschaft eventuell glänzen wird, aber ein Turnier durchstehen und ständig eine Top-Leistung auf internationalem Niveau, nein, das wird lange nicht möglich sein. Nur Einzelaktionen von einem Sane … eigentlich wollte ich weitere aufzählen, aber mir fällt kein anderer Spieler ein … könnten dazu beitragen, den Sieg einzufahren. Die Galopprennbahn in Frankfurt-Niederrad – eigentlich war nur der Eingang in Niederrad und die Anlage selbst in Sachsenhausen-Süd – wurde 1865 eröffnet, Anfang der 1980er mit Tribünen-Neubau modernisiert, 2015 geschlossen und 2018 dem Boden gleichgemacht. Wie gesagt, zugunsten des DFB. Laut Medienberichten zahlt der DFB eine identische Erbpacht (auf 99 Jahre) wie der Rennverein. Ein Betrag um die 36.000 Euro pro Jahr. Die Stadt Frankfurt verzichtete gerne auf Geld, nur um eine renommierte Marke wie den DFB dort zu haben, auf Kosten seiner Bürger. Der Rennverein hatte einen Pachtvertrag bis 2024 laufen. Ein Freizeitvergnügen erster Güte ist damit den Menschen in Frankfurt abhandengekommen. Dort sei ein neun Hektar großer Bürgerpark entstanden, heißt es in der Werbung. Nur, vorher hatten die Bürger glatt 30 Hektar für sich, als die Rennbahn noch da war. Das Ganze heißt nun auch noch „Rennbahn Park“, aber ohne Rennbahn, ein Hohn. Auch steht in der Werbung geschrieben, dass man von einem Aussichtsturm aus auf die Skyline von Frankfurt schauen könne. Das hatte man, als es die Rennbahn noch gab, als Zuschauer von der Tribüne aus hervorragend tun können. Ein Aussichtsturm war nicht nötig. Für die Menschen ist also alles schlechter geworden, nicht besser. So ist das, wenn die Politik was vorhat und es über die Köpfe der Bevölkerung hinweg umsetzt. Der Übergabezeitpunkt war der 1. Januar 2016. Eigentlich sollte 2018 die Eröffnung der DFB-Akademie sein, aber letztendlich wurde es 2022. Egal, das Karma setzte sofort ein, und Deutschland schied bereits 2018 bei der WM schon in der Vorrunde aus. Vielleicht sollte der DFB über eine Rückabwicklung mit den Galoppern nachdenken, wenn er wieder erfolgreich sei will. Das ist natürlich nur ein Scherz. Soll sie doch verlieren, die Nationalmannschaft. Jetzt ist es nun mal passiert. Die nächste Vernichtung einer Rennbahn vollführten die Grünen in Bremen. Dort wurde ein Fußgängerweg quer über die Rennbahn geführt, nicht drumherum, wodurch das Freizeitvergnügen Rennbahn erhalten geblieben wäre. Immer gegen den Bürger handeln, das ist die Devise, und die Grünen mischen in der vordersten Reihe mit. Am 15. November 2015 lief um 16:52 Uhr das letzte Rennen in Frankfurt-Niederrad. Der Renntag hieß „Auf Wiedersehen 2016“, aber es gab dieses Wiedersehen nicht mehr. Bezeichnenderweise gewann das letzte Rennen auf der Bahn ein Pferd namens „German Rules“ unter Maxim Pecheur. German Rules bedeutet Deutsche Regeln. Auf den Punkt gebracht! Ahmet Refii Dener, geb. 1958, ist deutsch-türkischer Unternehmensberater, Blogger und Internet-Aktivist aus Unterfranken. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite. | Ahmet Refii Dener | Die Stadt Frankfurt trat vor ein paar Jahren ihre Galopprennbahn an den DFB ab. Die Tribünen wurden abgebaut und stattdessen eine DFB-Akademie errichtet. Trotz Protesten wurde den Bürgern eine Freizeitattraktion genommen. Und seltsamerweise geht es seither mit dem deutschen Fußball bergab. Karma? | article | 25.11.2023 16:00 | https://www.achgut.com/artikel/Warum_die_Deutschen_ploetzlich_schlecht_im_Fussball_sind/P7#comment_entries |
FDP-Mitgliederentscheid | Blöderweise verbietet die FDP die doppelte politische Staatsbürgerschaft, weshalb ich als PARTEI-Mitglied nicht auf die Schnelle Mitglied werden kann. Wer dem Verfassungsgericht vorgreifen will und das Parlament an seiner Selbstentmachtung hindern möchte, sollte sich aber überlegen, ob eine Parteimitgliedschaft nicht genau jetzt sinnvoll wäre: Von Frank Schäfflers Homepage: Die Frage des richtigen Wegs zur Rettung des Euro ist das wichtigste Thema, das die Republik in diesem Herbst bewegt. Im Dezember stimmt der Deutsche Bundestag über den (erstmals) unbefristeten Rettungsmechanismus ESM ab - eine neue Dimension der Rettungsversuche.Gerade für uns Liberale ist diese Frage besonders wichtig, weil unsere Grundsätze der Ordnungspolitik und der Rechtsstaatlichkeit berührt sind.
Für besonders wichtige Fragen sieht unsere Bundessatzung das Instrument des Mitgliederentscheids vor. Wann soll es zum Einsatz kommen, wenn nicht jetzt? Wir - eine Gruppe von Abgeordneten und Ehrenamtlern - haben daher das Verfahren für einen Mitgliederentscheid eingeleitet. Dieser muss stattfinden, wenn fünf Prozent der Mitglieder ihn beantragen. Der Vorstoß von Dr. Burkhard Hirsch, mir und weiteren Liberalen, in der Freien Demokratischen Partei einen Mitgliederentscheid zu den fortgesetzten Rettungsmaßnahmen für überschuldete Euro-Staaten zu erwirken, hat kaum überraschend bereits hohe Wellen geschlagen. Ich möchte allen, die sich für die Unterstützung interessieren, an dieser Stelle die wichtigsten Informationen geben. Die Grundlage für den Mitgliederentscheid findet sich in §21 der Bundessatzung der FDP. Demnach können 5% der FDP-Mitglieder einen Mitglieder einen Mitgliederentscheid herbeiführen, wenn Sie den Antrag unterstützen. Bei derzeit 68.000 Parteimitgliedern sind also etwa 3.400 gültige Unterstützerunterschriften notwendig. Wir haben ein Formular erstellt, mit dem FDP-Mitglieder den Antrag unterstützen können. Hier ist es abrufbar. Wer helfen möchte, den Mitgliederentscheid auf den Weg zu bringen, ist herzlich eingeladen, das Formular zu vervielfältigen, zu verbreiten und natürlich auch die Ergebnisse einzusenden. Das kann per Fax oder e-Mail geschehen. Unter 05246 924 841 ist eine Faxnummer geschaltet. Wer aber kein Fax hat (und das ist immer häufiger) kann das Formular auch einscannen und per E-Mail einsenden. Aber auch ein Scanner ist nicht immer zur Hand. Es reicht sogar, das Formularfeld abzufotografieren und das Foto einzusenden, solange der Inhalt gut erkennbar ist. Die E-Mail-Adresse lautet: [email protected]. Die Unterstützerformulare werden gesammelt und der Parteizentrale zugesandt, sobald die notwendige Anzahl zustande gekommen ist. Wenn dann der Antrag erfolgreich gestellt worden ist, folgt der nächste Schritt: Der eigentliche Mitgliederentscheid. Sein genauer Verlauf ist in der „Verfahrensordnung zur Durchführung von Mitgliederentscheiden gemäß § 21 Abs. 4 der Bundessatzung“ geregelt. Dazu sendet die Bundespartei die Abstimmungsunterlagen an alle Parteimitglieder, die dann per Briefwahl abstimmen. Wenn mindestens ein Drittel der Parteimitglieder abgestimmt hat, ist das Ergebnis des Mitgliederentscheids gültige Beschlusslage der Partei und entspricht damit einem Bundesparteitagsbeschluss. Übrigens: Wer kein FDP-Mitglied ist und nicht möchte, dass andere alleine über die Euro-Rettungsmaßnahmen entscheiden, sollte sich jetzt den Parteibeitritt überlegen. Wo sonst, als in der Liberalen Partei, können sich Bürger dagegen wehren, dass Frieden und Wohlstand in Europa der Rettung einer Währung geopfert werden? Eintreten, Unterstützen, Abstimmen! Der Text: Nach § 21 der Bundessatzung der FDP beantragen wir nachfolgenden Mitgliederentscheid: Mitgliederentscheid über weitere Rettungsmaßnahmen für überschuldete Staaten
1. Unbefristete Rettungsmaßnahmen, bei denen Deutschland für Schulden anderer
europäischer Staaten haftet, kommen für die FDP nicht in Frage.
2. Rettungsmaßnahmen für überschuldete Staaten lassen sich mit ordnungspolitischen
Prinzipien nicht vereinbaren. Sie setzen das Prinzip außer Kraft, dass Gläubiger für ihr
Risiko haften müssen. Zusätzlich verletzen sie die Nichtbeistandsklausel der
Europäischen Verträge.
3. Die FDP lehnt jedwede Ausweitung oder Verlängerung der Rettungsschirme, die
Einführung von Eurobonds und auch jede andere Form von gemeinschaftlicher
Haftung für Schulden einzelner Staaten ab. Die FDP hält es für falsch, dass die
Europäische Zentralbank oder die deutsche Bundesbank Staatsanleihen
überschuldeter Staaten aufkauft.
4. Die FDP lehnt daher auch die Einrichtung eines unbefristeten europäischen
Stabilitätsmechanismus (ESM) ab. Sie wird ihm im Bundestag die Zustimmung
verweigern und eine entsprechende Veränderung der Europäischen Verträge
ablehnen. Dies ist im Koalitionsvertrag auch nicht vereinbart worden.
5. Sollten sich die bisher beschlossenen Maßnahmen nicht als hinreichend
herausstellen, spricht sich die FDP dafür aus, überschuldeten Staaten einen
geordneten Austritt aus dem Euro zu ermöglichen, um ein ungeordnetes
Auseinanderbrechen unserer Währung zu verhindern | David Harnasch | article | 10.09.2011 13:19 | https://www.achgut.com//artikel/fdp_mitgliederentscheid |
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„Alt-Right“ in trauter Eintracht mit ganz links | Seit vielen Jahren veranstalten konservative Studentengruppen an verschiedenen US-Universitäten Vortragsreihen bekannter republikanischer Politiker und Kommentatoren aus dem Umfeld der republikanischen Partei. Dabei gab es immer wieder teilweise gewalttätige linke Gegendemonstrationen, die dazu führten, dass einige Veranstaltungen unter massivem Polizeischutz stattfanden oder von den Universitäten abgesagt wurden. In letzter Zeit gab es aber immer wieder Vorfälle, in denen Anhänger der sogenannten Alt-Right auf solchen Events aufgetaucht sind und versuchten, diese zu stören oder in vorformulierten Fragen republikanische Abgeordnete wie Dan Crenshaw oder Aktivisten und Kommentatoren wie Charlie Kirk als “fake conservatives” anzugreifen und ihnen eine besondere Loyalität zu Israel vorzuwerfen – insbesondere dem jüdischen Konservativen Ben Shapiro und den Mitarbeitern seiner Website The Daily Wire. Diese Trolle nutzen als Symbol, ähnlich wie die Alt-Right früher schon, einen grünen Frosch – Pepe the Frog. Der Cartoonfrosch ist 2016 zum Symbol der konservativ-rechten Gegenbewegung im Internet geworden. Der einzige Unterschied? Pepe ist jetzt übergewichtig – wieso auch immer. Anstatt sich aber selbst “Alt-Right” zu nennen versuchen sie, US-Präsident Trumps Motto “America First” in Beschlag zu nehmen und nennen sich “America First-Nationalisten”. Linke Medien stellen dieses Klientel oft als Trumps Hauptwählerschaft dar und machen so Stimmung gegen den Präsidenten. Doch während republikanische Abgeordnete und der Präsident illegale Migration ablehnen, aber gesteuerte legale Einwanderung mit Assimilation in die US-Gesellschaft befürworten, will die Alt-Right bestimmte Einwanderer aufgrund ihrer Hautfarbe oder Ethnie ausschließen. Als ihr “intellektuelles Vorbild” sehen sie Nick Fuentes, der mal den Holocaust leugnete, Rassentrennung lobte, wie ein Verrückter mit einem Messer in seinen Videos herumfuchtelt und seinen Gegnern droht, Mitarbeiter Shapiros als “Rassenverräter”, die “für Juden arbeiten” bezeichnet, oder erklärt, er würde der Antifa beitreten, wenn sie doch das Banner Mussolinis tragen würde. (Mehr hier) Diese Ideologie hat mit den freiheitlichen Werten Amerikas wenig zu tun und im Übrigen auch nichts mit amerikanischen Konservativen, die für diese Spinner immer wieder in Geiselhaft genommen werden. Statt so wenig Einmischung des Staates wie möglich, wollen die Alt-Right-Leute ihre kollektivistische Agenda gegen individuelle Freiheit durchsetzen. Ähnlich wie linke “identity politics” will sich die Alt-Right speziell für eine bestimmte ethnische Gruppe einsetzen, statt, wie die meisten Konservativen in den USA, für Bürger ohne Rücksicht auf Hautfarbe oder Ethnie. Genau wie große Teile der Linken ist sie anti-israelisch – außerdem verbreitet sie antisemitische Verschwörungstheorien. Das alles läuft den zentralen US-amerikanischen Werten zuwider, die bereits in der Unabhängigkeitserklärung formuliert wurden: “Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen worden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet wurden, darunter sind Leben, Freiheit und das Streben nach Glück.“ Sebastian Thormann ist Abiturient aus Bayern und schrieb diesen Beitrag zuerst für den Jugend- und Schülerblog apollo-news.net. | Sebastian Thormann | Ähnlich wie linke “identity politics” will sich die amerikanische Alt-Right speziell für eine bestimmte ethnische Gruppe einsetzen statt, wie die meisten Konservativen in den USA, für Bürger ohne Rücksicht auf Hautfarbe oder Ethnie. Genau wie große Teile der Linken ist sie anti-israelisch – außerdem verbreitet sie antisemitische Verschwörungstheorien. | article | 23.11.2019 17:00 | https://www.achgut.com/artikel/alt_right_in_trauter_eintracht_mit_ganz_links |
Ein Herz für die Psychiatrie | Von Pauline Schwarz. Jeder kennt sie: Ungepflegte Menschen mit einer gruseligen Körperhaltung laufen murmelnd durch die Straßen. Manche riecht man schon, bevor man sie sieht; andere hört man noch drei Straßenecken weiter schreien. Ich bin in Berlin-Kreuzberg geboren und aufgewachsen – Gestalten wie diese kenne ich also nur zu gut. Einige besonders kuriose Existenzen liefen mir so regelmäßig über den Weg, dass ich ihnen aufgrund ihrer Eigenheiten Namen gab. Über mehrere Monate hinweg sah ich so zum Beispiel fast täglich einen Mann, den ich „Rückwärts Rudy“ taufte. Auf den ersten Blick war Rudy eine dieser typischen zwielichtigen Gestalten, um die man reflexartig einen großen Bogen macht. Das Faszinierende an ihm war aber, dass er immer rückwärts lief. Er machte dabei weder Ausnahmen noch Pausen – zumindest sah ich ihn nie anders. Erstaunlicherweise lief er nie gegen einen Straßenmast oder stolperte. Er aß rückwärtsgehend und schimpfte rückwärtsgehend über imaginäre Personen, so als hätte er nie anders gelebt. Eine andere wirklich spezielle Persönlichkeit begegnete mir in Gestalt der „Tücherfrau“. Stellen Sie sich eine kleine dünne Frau vor, die ihren ganzen Körper mit Decken umwickelt hat – und das durchaus stilbewusst. Sie besorgte sich bei „Kik“ dünne, bunte Fleecedecken, zerschnitt sie dann in aller Ruhe unter der Hochbahn und wickelte sich die einzelnen Teile um den Körper: einen Teil um den Kopf wie einen Turban und viele kleine Teile um den Rumpf und die Extremitäten. Diese Frau war eine Erscheinung und nicht nur das, sie erschien mir wie ein Geist immer wieder überall in Berlin. Irgendwann verschwanden diese beiden sonderbaren Gestalten aus meinem Kiez. Eine dritte hingegen, die ich „den Veteranen“ nenne, sehe ich an warmen und sonnigen Tagen noch heute fast täglich. Würden Sie ihn sehen, wüssten Sie sofort, wie er zu seinem Namen gekommen ist: Ein alter dünner Mann mit langem weißem Bart, stets in einer Art Uniform gekleidet und mit einem strengen Blick. Er sitzt jeden Tag in einem der Cafés am Görlitzer Park und schnitzt große kunstvolle Hölzer, während er sich einen Joint nach dem anderen einpfeift. Je nach Gemütsverfassung nickt er mir an manchen Tagen mit völlig emotionslosem Gesicht zu – wohl eine Geste nachbarschaftlicher Anerkennung. Ich kann mich nicht bewusst daran erinnern, ihn je reden gehört zu haben, und doch hat er immer wieder Besuch an seinem Tisch. Anscheinend fiel er nicht nur mir auf und erreichte so einen gewissen Bekanntheitsgrad in unserem Kiez – er schaffte es sogar in das Musikvideo eines bekannten Berliner Rappers. Vor kurzem munkelte man außerdem, er sei in echt einer der größten Berliner Drogendealer – ganz überzeugt bin ich davon allerdings nicht. Würde ein Berliner El Chapo hinter den Bänken eines Restaurants schlafen und den Gehweg fegen? Wer weiß das schon – in Berlin ist bekanntlich alles möglich. Wie Sie sehen, war ich stets geneigt, die meisten der ungewöhnlichen Existenzen in meiner Wohngegend mit Humor zu betrachten. Das änderte sich jedoch vor etwas mehr als vier Jahren, als ich nach der Schule begann, in einem Betreuungsbüro zu arbeiten. Neben dieser Hypothese führt die Bezeichnung Berufsbetreuer meist zu einem langen: „Aha...“, begleitet von zögerlichem Kopfnicken. Der Beruf des rechtlichen Betreuers ist kaum jemandem geläufig. Zu fragen, worum es dabei geht, kommt für die meisten aber auch nicht in die Tüte. Ich habe mir deshalb angewöhnt, mich direkt zu erklären. Die rechtlichen Betreuer, für die ich arbeite, sind im Prinzip Vormünder für psychisch kranke, behinderte oder demente Menschen. Kurz gesagt: für Personen, die sich nicht mehr um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern können. Je nachdem wie ausgeprägt und folgenschwer das Krankheitsbild ist, desto mehr Aufgabenbereiche werden dem Betreuer übertragen. Sie können unter anderem die postalischen Angelegenheiten, die Gesundheitssorge, die Behördenangelegenheiten und auch Vermögenssorge umfassen. Einige Betreuungen werden durch die Sozialarbeiter in Krankenhäusern angeregt. Die Polizei bringt die schreienden, teils um sich schlagenden Personen in die psychiatrischen Abteilungen der Krankenhäuser, nachdem diese randalierten, jemanden angriffen und/oder orientierungslos und unpassend gekleidet aufgefunden wurden. Sie werden wegen eigen- und fremdgefährdenden Verhaltens vorläufig nach PsychKG (Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten) zwangsuntergebracht und teilweise auch zwangsmedikamentiert. Sobald die Betreuung angeregt wurde, gerät unser riesiger Verwaltungsapparat ins Rattern. Das anlaufende Betreuungsverfahren verlangt zunächst nach einem umfangreichen psychiatrischen Gutachten zur Feststellung der Betreuungsbedürftigkeit, einem passenden Berufsbetreuer und in den allermeisten Fällen natürlich nach jeder Menge Steuergeldern, um das Ganze zu finanzieren. Ich habe im Laufe der Jahre einiges mitbekommen – ich las Gutachten, war bei Gericht, in Heimen oder im Knastkrankenhaus und erlebte die Betreuten in Person. Das Lachen ist mir seither zwar noch nicht ganz vergangen, aber es wird von Skepsis und vor allem von Vorsicht überlagert. Stellen Sie sich ein Gerichtsverfahren vor, bei dem es um versuchten Totschlag geht. Der Fall: Die Stimmen im Kopf eines psychisch kranken Mannes befehlen ihm, jemanden zu töten. Eine Frau kreuzt zufällig seinen Weg und wird als Opfer auserkoren. Nur durch ihre schnelle Reaktion entgeht sie dem Messerangriff mit leichten Verletzungen. Was würden Sie erwarten? Ich habe mir die Situation wie folgt vorgestellt: Die Atmosphäre ist kühl – man spürt die Anspannung im Raum. Der Richter blickt mit strengem Blick von seinem Pult, neben ihm der Staatsanwalt mit angespannter Miene. Ernste Gesichter bei allen Anwesenden. Meine Vorstellung hatte mit der Realität aber leider wenig zu tun: Die Verhandlung begann mit der Anhörung eines Psychiaters. Es galt festzustellen, ob der an Schizophrenie leidende Angeklagte schuldfähig ist. Trotz Bemühen des Staatsanwaltes war schnell klar, dass er es natürlich nicht war – wenig überraschend. Die Anhörung des Angeklagten durch den Richter war das eigentlich Schockierende: Der Richter war so unglaublich freundlich und verständnisvoll, als würden sich alte Freunde bei Kaffee und Kuchen wiedersehen. Der Mann, der vor ihm saß, war aber kein alter Freund – er hatte versucht, einer Frau ein Messer in den Hals zu stoßen. Ein Gefühl von Ekel und Wut stieg in mir hoch, als mein Blick durch den Raum schweifte und auf das traumatisierte Opfer traf. Weitere Empörung stieg in mir auf nachdem das Urteil verkündet wurde. Mein Chef hatte mir bereits prophezeit, wie das Verfahren ausgehen würde: Ein Aufenthalt in einer speziellen Einrichtung mit strenger Medikamentenkontrolle und 24-Stundenbetreuung. Er sagte mir auch, was das letzten Endes bedeutet: Er ist fast umgehend wieder auf freiem Fuß. Dass psychisch Kranke während einer Episode (einem starken Ausbruch der Symptomatik, häufig ausgelöst durch Drogen) gewalttätig werden, ist keine Seltenheit. Bei einigen ist die Anzahl der Strafverfahren so enorm und unübersichtlich, dass wir lange Excel-Tabellen anlegen müssen, um irgendwie den Überblick zu behalten. Trotz etlicher, teils schwerer Gewalttaten kommt es nur in den seltensten Fällen zu mehr als einer Geldstrafe. Für die Justiz gilt wohl in erster Linie: Wer nicht schuldfähig ist, wird nicht bestraft. Konsequenzen darüber hinaus? Nur in ganz besonders schweren Fällen wie versuchter Totschlag, dann kommen sie vorläufig in das Krankenhaus des Maßregelvollzuges (= Knastkrankenhaus). Bevor also nicht jemand fast umgebracht wurde, lassen wir die psychotischen Personen einfach weiter frei herumlaufen und riskieren, dass sie unschuldige Passanten angreifen. Dieses Risiko ist sehr hoch. Wir haben in der Zeit, in der ich im Betreuungsbüro arbeite, etwa 100 Fälle von schweren Psychotikern bearbeitet. Davon habe ich allein in unserem Büro vier Fälle versuchten Totschlags und einen erfolgreichen mitbekommen. Hinzu kommen mehrere Fälle von erfolgter oder versuchter Vergewaltigung und unzählige Delikte wegen Körperverletzung. „Solche Leute gehören doch in die Psychiatrie!“, werden Sie nun denken. Richtige geschlossene Psychiatrien gibt es aber nicht mehr. In den 70/80er Jahren wurde die Forderung, den Menschen aus den Fängen der Psychiatrie zu befreien, immer lauter. Mitte der 80er wurde die Kritik dann offizielle Politik. Berlin als Speerspitze und Zugpferd der Nation baute im Zuge der Enthospitalisierung in den 90er Jahren sukzessive die geschlossenen Betten in den Krankenhäusern und Einrichtungen ab. Heute gibt es in Berlin kein einziges geschlossenes Heim mehr. Es gibt zwar noch geschlossene psychiatrische Abteilungen in Krankenhäusern, diese dienen aber nur kurzfristigen Aufenthalten. Hinzu kommt, dass das, was wir heute geschlossen nennen, nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Leute wirklich nicht hinaus kommen. Sie kennen vielleicht die Meldungen „Person XY ist aus dem Krankenhaus entlaufen“, aber wenn Sie dann noch die Vorgeschichte der Betroffenen kennen würden, würden Sie ab sofort einmal mehr über Ihre Schulter schauen. Den rechtlichen Betreuern sind folglich die Hände gebunden. Wenn ein Betreuter langfristig geschlossen untergebracht werden muss, weil er jederzeit zu einer Gefahr für sich und Andere werden könnte, gibt es nur drei Handlungsmöglichkeiten: 1. Man versucht, die Betreuten in einem geschlossenen Altersheim für Demenzerkrankte unterzubringen. Da die Demenzkranken häufig eine sogenannte Weglauftendenz haben, sind dies die einzig wirklich geschlossenen Einrichtungen (mit Ausnahme vom Krankenhaus des Maßregelvollzugs). Die Betroffenen sind aber häufig noch relativ jung und passen folglich weder vom Krankheitsbild noch vom Klientel in diese Art der Einrichtung. 2. Sie schieben die besonders schweren Fälle nach Bayern oder Baden-Württemberg ab. Dort gibt es noch geschlossene Heime für psychisch kranke Menschen. 3. Wenn die erste und zweite Möglichkeit – wie in den allermeisten Fällen – ausgeschlossen ist, können die Betreuer gar nichts tun. Die Betreuten landen letztlich wieder auf der Straße. Als ich mich nach langem Hin und Her entschloss, Psychologie zu studieren und nach noch längerem Hin und Her schließlich einen Studienplatz bekam, folgte schnell der Schock: Psychiatriekritik. Sobald man das Institut für Psychologie betritt, schreit sie einem förmlich ins Gesicht. Sie denken, Sie können sich wenigstens auf der Damentoilette in Ruhe Ihr Näschen pudern? Pustekuchen. Auf mehreren übereinander geklebten A4-Seiten erklären einem die Psychiatriegegner, wie grausam und unmenschlich diese ekelhafte Form der Freiheitsberaubung sei. Natürlich liefern sie auch gleich den Schuldigen: die Gesellschaft. Ich kenne den Spruch „Nicht der Mensch ist krank, sondern die Gesellschaft!“ natürlich schon lange – ein üblicher linker Propagandaspruch. Mir wurde auch schnell klar, dass die Psychologiestudenten noch linker als der Durchschnitt der Berliner Studenten sind. Spätestens nachdem die trotzkistische Gruppe IYSSE meine Statistikvorlesung nutzte, um uns über die sozialistische Perspektive gegen Krieg und Faschismus aufzuklären, war das nicht mehr zu leugnen. Mein Professor ließ die sozialistische Gruppe nicht nur gewähren, er schien genauso begeistert wie die Studenten. Neben den bunten Haaren, den Gesichtstattoos und den Bad-Taste-Partyklamotten zeigt auch das allgemeine Verhalten der Studenten, dass sie ein besonderes Völkchen sind. Aber trotzdem hätte ich an diesem einen Punkt mehr Realismus und weniger ideologische Verblendung erwartet. Man würde meinen, die Studenten wissen, wovon sie sprechen. Leider ein Wunschtraum, denn viele haben überhaupt noch keine Arbeitserfahrung. Die Älteren schon, aber die sind in der Regel als Sozialarbeiter oder Ähnliches tätig gewesen und haben sich mit schwierigen Kindern oder Behinderten beschäftigt. Wirklich in Kontakt mit schwer psychisch kranken Personen scheint noch kaum jemand gewesen zu sein. Falls doch, erklärt sich ihr Verhalten nur durch Verleugnung. Dieses Phänomen ist mir aus Kreuzberg, insbesondere von jungen Frauen, wohlbekannt. Vielleicht haben Sie von den Zuständen rund um den Görlitzer Park schon mal in der Zeitung gelesen. Ich fasse es kurz zusammen: An guten Tagen stehen an einigen Straßenecken 10 bis 20 afrikanische Drogendealer, im Park kommen die verfeindeten arabischen Dealer hinzu, rumänische Familien schicken ihre Kinder in den Straßen betteln und stehlen und dann liegen da noch in allen Ecken Obdachlose – ab und zu auch mal mitten auf der Straße. Als junge Frau haben Sie sehr schnell unerwünschte Gesellschaft, die wenig Bedenken hat, ungefragt Körperkontakt mit Ihnen aufzunehmen. Sie denken, diese Missstände kann man doch gar nicht verleugnen? Dann lassen Sie sich diese Aussage mal auf der Zunge zergehen: „Dass es hier wirklich so schlimm ist, glaube ich nicht. Sowas ist mir noch nie passiert! ... Außer einmal, da hat mich ein Mann mit seinem Sperma bespritzt.“ Ich kenne keine einzige junge Frau, die hier lebt, ohne schon sexuell belästigt worden zu sein. Trotzdem werden Sie händeringend suchen müssen, um eine zu finden, die den Zustand hier kritisiert. Für mich ist das immer wieder unbegreiflich. Manchmal frage ich mich, ob sich zu der offensichtlichen Verleugnung eine Form des Stockholm-Syndroms bei den Kreuzbergerinnen zeigt. Zurück zu unserem Thema: Sicher ist es nicht schön, Menschen gegen ihren Willen einzusperren. Ich bin liberal und überzeugt, dass jeder Mensch ein Recht auf Freiheit von Zwang und der Willkür anderer hat. Die Freiheit des Einzelnen ist für mich ein hohes Gut, in diesen Fällen bedroht sie aber klar die Freiheit aller anderen. Die psychisch Kranken stellen eine Gefahr für ihre Umwelt dar. Sie bedrohen das Leben eines jeden, der sich zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort befindet. Denken Sie nur an die junge Berlinerin, die vor etwas mehr als einem Jahr vor eine einfahrende U-Bahn gestoßen wurde. Sie war nicht der erste Fall willkürlicher Gewalt, die zum Tod des Opfers führte, und sie wird auch nicht der letzte sein. Durch meine Arbeit bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass die Unterbringung der Kranken nicht nur das Beste für die Allgemeinheit ist, sondern auch für sie selbst. Auf der Straße leben sie in den menschenunwürdigsten Zuständen. Viele leiden an infektiösen Krankheiten, die durch den ganzen Schmutz, den Alkohol und die Drogen verschlimmert werden. Sie einfach ihrem Schicksal zu überlassen, bedeutet in einigen Fällen ihren Tod. Die vermeintliche Freiheitsberaubung ist genau die Hilfe, die sie brauchen. In einer Einrichtung bekommen sie ausreichend Nahrung, Kleidung, Medikamente sowie eine ärztliche und psychologische Betreuung. In einigen Fällen hat die Zwangsunterbringung zu einer so positiven Entwicklung geführt, dass die Betroffenen heute ein relativ selbstständiges Leben führen können. Das hätte ohne die längere Stabilisierungsphase in der Unterbringung nie funktioniert. Nachdem sie wieder in einem klaren Zustand waren, zeigten sie sich durchaus einsichtig und dankbar. Eine Betreute brachte sogar Blumen und Geschenke zu uns ins Büro – und das immer wieder, obwohl sie wusste, dass wir die Geschenke nicht annehmen dürfen. Solch positive Entwicklungen sind leider eine absolute Seltenheit. Das liegt vor allem daran, dass die Unterbringung nach dem Gesetz für psychisch Kranke (PsychKG) sofort beendet wird, sobald der akute Ausbruch beendet ist und Unterbringungsanträge nach BGB zum Zwecke der Heilbehandlung meist abgelehnt werden. Wenn sie genehmigt werden, sind sie nur von relativ kurzer Dauer. Sobald die Leute aus den Krankenhäusern entlassen werden, verfallen sie einem Teufelskreis: Angekommen in ihrem alten Umfeld, fangen sie sofort an, exzessiv zu trinken oder nehmen Drogen und landen früher oder später wieder in der Unterbringung. Dieses System funktioniert also einfach nicht und fordert zusätzlich immer wieder unbeteiligte Opfer. Deshalb muß die Gesetzeslage rund um das Betreuungswesen dringend reformiert werden. Wir brauchen geschlossene Heime, in denen die schwerkranken Fälle langfristig untergebracht werden können. Anders kann eine Stabilisierung des Gesundheitszustandes nicht erreicht werden, und anders ist es nicht möglich, die Bevölkerung vor Angriffen zu schützen. Pauline Schwarz, 23 ist Berlinerin, studiert Psychologie und arbeitet in einem Betreuungsbüro. Dieser Artikel ist im Rahmen des Projekts "Achgut U25: Heute schreibt hier die Jugend" in Zusammenarbeit mit der Friedrich A. von Hayek Gesellschaft und dem Schülerblog „Apollo-News“ entstanden. | Pauline Schwarz | Von Pauline Schwarz. Als ich mich entschloss, Psychologie zu studieren und schließlich einen Studienplatz bekam, folgte schnell der Schock. In meinem Job im Betreuungsbüro las ich Gutachten, war bei Gericht, in Heimen oder im Knastkrankenhaus und erlebte die Betreuten in Person. Seither bin ich skeptischer und vor allem vorsichtiger geworden. | article | 10.03.2019 12:00 | https://www.achgut.com/artikel/ein_herz_fuer_die_psychiatrie |
Wegen Sperrung: Trump erhält Millionenentschädigung | Um den seit 2021 schwelenden Rechtsstreit zu beenden, war X zu einem Ausgleich bereit. Der Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) hat sich Berichten zufolge bereit erklärt, den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump im Zusammenhang mit der Sperrung seines Twitter-Kontos im Jahr 2021 mit einer Millionenabfindung zu entschädigen. Angeblich sind es zehn Millionen Dollar, wie das Wall Street Journal berichtete. Auf diese Weise wurde ein Rechtsstreit beigelegt. Der von Elon Musk kontrollierte Dienst hat sich dazu bisher nicht geäußert. Zuvor hatte auch Facebooks Mutterkonzern Meta Trump 25 Millionen Dollar gezahlt, um einen ähnlichen Streit beizulegen, nachdem Trumps Konten dort gesperrt worden waren. Trump führte an, seine Sperrung sei politisch motiviert gewesen. Es seien fadenscheinige Gründe gesucht worden, um ihn zum Schweigen zu bringen. Nach den Unruhen im Kapitol am 6. Januar 2021 wurde Trump von Twitter und anderen Kommunikationskanälen ausgeschlossen. Als Begründung wurde angegeben, er wäre verantwortlich für die Aufhetzung, die zum Sturm des Kapitols geführt habe. Nachdem Musk Twitter 2022 übernommen hatte, wurde Trumps Konto wieder freigeschaltet. Auch YouTube und Facebook hatten Trump damals blockiert, was zu Klagen wegen Zensur führte. | News-Redaktion | Um den seit 2021 schwelenden Rechtsstreit zu beenden, war X zu einem Ausgleich bereit. | article | 13.02.2025 08:00 | https://www.achgut.com/artikel/wegen_sperrung_trump_erhaelt_millionenentschaedigung |
Wenn bei der taz der Arzt kommt | Von Dirk Maxeiner. Der Autorenkollege Wolfgang Röhl bezeichnete die Berliner taz neulich sehr schön als ein „Presswerk“, das als „linker Dachschadensanzeiger“ unverzichtbar sei. Dort ist man auch wild entschlossen, diesem Ruf gerecht zu werden. Ein Highlight selbst für taz-Verhältnisse stellt der Kommentar von Ingo Arzt, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt, zum Braunkohleabbbau dar. Wobei kleine Kinder und taz-Redakteure manchmal durchaus die Wahrheit sagen. Und so gelang dem jungen Mann diese wunderbare Passage: „Was die Ökobewegung schon immer stark gemacht hat, ist, dass sie zäh und ausdauernd ist und die Umweltsündergesellschaft von innen zerfrisst wie ein Borkenkäfer die Eiche. Sie besteht aus JuristInnen, PolitikerInnen, DemonstrantInnen, WissenschaftlerInnen, NGOs, sogar aus Investoren und Unternehmen." Da wird man ja richtig neidisch. | Fundstück | Von Dirk Maxeiner. Der Autorenkollege Wolfgang Röhl bezeichnete die Berliner taz neulich sehr schön als ein „Presswerk“, das als „linker… | article | 30.11.2017 09:13 | https://www.achgut.com/artikel/fundstueck_wenn_bei_der_taz_der_arzt_kommt |
Wie man eine Desinformation strickt | Am 30. Januar erschien bei „praxistipps.focus.de“ ein Stück mit dem Titel: „Werteunion Mitglied werden: Was bedeutet das?“ Hier geht es darum: Was davon kann man davon glauben? – unter besonderer Berücksichtigung des neuen Oberschurken Hans-Georg Maaßen. Nach dem Lesen des Focus-Beitrags habe ich mich entschlossen, anhand dieses kleinen Meisterwerks eine Gegenanalyse zu präsentieren, um zu zeigen, wie eine Desinformation gestrickt wird. Ich habe mir dazu nur eine Passage rausgegriffen. Sie steht als "bullet point 2" in dem ersten Abschnitt des Artikels mit der Zwischenüberschrift: „Werteunion Mitglied werden: Die Werteverschiebung innerhalb des Vereins“ Ich zitiere die Passage komplett und füge als Kontext auch den relativ sachlich gehaltenen ersten Punkt hinzu. Der Originalartikel enthält noch zwei Links, auf deren Übertragung ich hier verzichte, die aber in der Original-Quelle unten anklickbar sind. Auszug aus Focus-Praxistipps-Politik-Stück von Dagmar Sieberichs: Die Werteunion e.V. wurde am 25. März 2017 in Schwetzingen von Mitgliedern der CDU und CSU gegründet. Ein Jahr später fand ein Bundestreffen statt, auf dem der Verein eine konservative Grundsatzerklärung formulierte und beschloss. Er kämpft nach eigenen Angaben für eine Rückbesinnung auf die Werte der CDU/CSU von Adenauer, Strauß und Kohl. Seit dem 28. Januar 2023 ist Hans-Georg Maaßen Vorsitzender der Werteunion e.V. Er stand in der Zeit von August 2012 bis November 2018 dem Bundesamt für Verfassungsschutz als Präsident vor. Im November 2018 wurde er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Grund dafür war sein uneindeutiges Verhalten zu Ausschreitungen in Chemnitz im Jahr 2018. Organisierte Rechte und Neonazis hatten Migranten bzw. Migrantinnen und ein jüdisches Restaurant angriffen, ein Mann starb. Das Video dieser Menschenjagd wurde wenige Stunden nach den Angriffen veröffentlicht. Maaßen bezeichnete den Film als Fake und Desinformation. Ich gehe den zweiten Punkt Aussage für Aussage durch: DS: „Seit dem 28. Januar 2023 ist Hans-Georg Maaßen Vorsitzender der Werteunion e.V.“ Vera Lengsfeld: Der Satz ist faktisch richtig und die Weglassung des Dr. jur. bei Hans-Georg Maaßen kann man unter journalistischer Freiheit akzeptieren. Es folgt Satz 2: „Er stand in der Zeit von August 2012 bis November 2018 dem Bundesamt für Verfassungsschutz als Präsident vor.“ VL: Auch der Satz ist faktisch richtig. Es folgt Satz 3 und 4: „Im November 2018 wurde er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Grund dafür war sein uneindeutiges Verhalten zu Ausschreitungen in Chemnitz im Jahr 2018.“ VL: Hier enthält der Text eine klare Kausalverknüpfung – für die faktisch immer noch richtige Versetzung von Hans-Georg Maaßen in den vorzeitigen Ruhestand wird sein „uneindeutiges Verhalten“ zu „Ausschreitungen in Chemnitz im Jahr 2018“ postuliert. In diesem Teil wird von Sieberichs durch Verknüpfung mit einem unbestreitbaren Fakt (Maaßens Versetzung in den Ruhestand) die Desinformation vorbereitet. Wie ein kleiner Review der damaligen Affäre zeigt, stimmt die Charakterisierung der in Rede stehenden Vorgänge in Chemnitz mit „Ausschreitungen“ und das Handeln von HG Maaßen in seiner damaligen Verantwortung als „uneindeutiges Verhalten“ nicht mit der Wirklichkeit überein. Sieberichs „beweist“ ihre Argumentation mit folgenden Punkten: Satz 5: „Organisierte Rechte und Neonazis hatten Migranten bzw. Migrantinnen und ein jüdisches Restaurant angriffen, ein Mann starb.“ VL: Die Realität von Chemnitz sah anders aus: Wahr ist, dass ein Mann gestorben ist, aber nicht im Zusammenhang mit „organisierten Rechten und Neonazis“, die „Migranten bzw. Migrantinnen und ein jüdisches Restaurant angriffen“. Der Chemnitzer Daniel H. (†35) wurde am 26.8.2018 gegen 3 Uhr auf offener Straße im Nachgang des Volksfests anlässlich des 875. Stadtjubiläums erstochen. Verdächtigt werden der Iraker Yousif A. (22), der Syrer Alaa S. (23) (die nach der Tat festgenommen werden) und Farhad A. (22), der nicht gefasst wurde. Fast genau ein Jahr nach der tödlichen Attacke wird Alaa S. (24) wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt, nach Farhad A. wird weiterhin international gefahndet, der Verdacht gegen Yousif A. hat sich nicht erhärtet, er wurde Zeuge im Verfahren und steht jetzt gemäß einem Bild-Artikel unter Zeugenschutz. Warum konstruiert Sieberichs wahrheitswidrig ihre Aussage so, dass die Leser den Eindruck gewinnen müssen, dass der in Rede stehende Tote im Zusammenhang mit vorher erwähnten „Organisierte Rechte und Neonazis hatten Migranten bzw. Migrantinnen und ein jüdisches Restaurant angriffen,“ steht? Die Frage bleibt unbeantwortet. Aber es ist eindeutig, dass Sieberichs ein stark irreführendes Bild von den komplexen Vorgängen in Chemnitz zeichnet – wie man in den Quellen durch eigene Recherche feststellen kann, waren die Ereignisse in Chemnitz dynamisch und aufgeladen (siehe z.B. Bild-Analyse anbei). Der Vorfall/Angriff auf das Restaurant „Schalom“ bedarf dabei sicherlich einer eigenen Bewertung, die aber hier zu weit führen würde – ich verweise auf den MDR-Bericht in den Quellen, der als Ausgangspunkt für weitere Recherchen dienen kann. Jetzt folgt Satz 6: „Das Video dieser Menschenjagd wurde wenige Stunden nach den Angriffen veröffentlicht. Maaßen bezeichnete den Film als Fake und Desinformation.“ Bevor wir zu einer Gesamteinschätzung kommen hier noch mal der gesamte Sieberichs-Text: VL: Der ganze Absatz ist komplett perfide konstruiert und eine Verzerrung der eigentlichen Vorgänge (siehe zum Beispiel hier und hier und hier und hier). Richtig ist, dass HG Maaßen damals als zuständiger Verfassungsschutzchef den in Rede stehenden Videoschnipsel nicht als einen Beweis für „Hetzjagden“ in Chemnitz hatte gelten lassen. Inzwischen ist nachgewiesen, dass die von „Antifa Zeckenbiss“ gestohlene und lancierte Videosequenz „Hase, du bleibst hier“ eine Rangelei zwischen Männern am Rand einer Demonstration zeigt, aber kein Beleg für eine „Hetzjagd“, geschweige denn für „Hetzjagden“ ist. Interessanterweise agiert das Urheber-Twitter/X-Account „Antifa Zeckenbiss“ immer noch. Dieser Account hatte das auf einer privaten Chatgruppe geteilte Video rausgezogen und mit dem medial durchschlagenden Spin „Hetzjagden in Chemnitz“ versehen. Es soll hier nicht noch einmal um die genauen Bewertungen der Folgeereignisse in Chemnitz gehen – die oben bereits verlinkten Berichte von Bild und t-online zeigen die Bandbreite der Beurteilung der Stimmung bei den Demos in Chemnitz im Nachgang zu der Tötung von Daniel H. Aber Fakt ist: Die Rolle von HG Maaßen bezieht sich auf die Beurteilung des von Antifa Zeckenbiss verbreiteten und geframten Videoschnipsels (Sieberichs nennt es in ihrem Text „Film“) – diese Videosequenz zeigt weder eine „Hetzjagd“ oder gar „Menschenjagd“ und erst recht steht die Sequenz in keinem Zusammenhang zu dem nächtlichen Vorfall am „Schalom“ oder gar mit dem Auslöser, dem gewaltsamen Tod von Daniel H. Nein, Siebrichs nutzt hier das mittlerweile typische Muster linker Argumentation: Die Wirklichkeit kann nicht überzogen genug dargestellt oder verzerrt werden: DS: „(…), ein Mann starb. Das Video dieser Menschenjagd wurde wenige Stunden nach den Angriffen veröffentlicht.“ VL: Was für eine horrend falsche Behauptung! Danach die Anklage: DS: „Maaßen bezeichnete den Film als Fake und Desinformation.“ VL: In der Gesamtschau (lesen Sie den Absatz noch mal durch): Was für ein schlimm konstruierter, falscher Vorwurf! Gibt es eine Erklärung? Wir leben inzwischen in einem Land, wo die über 19.000 Tsunamitoten im Eifer des Anti-Atomkraft-Gefechts dem vom Jahrtausend-Tsunami verursachten Reaktorunglück in Fukushima angehängt werden, obwohl es zum Glück bis dato höchstens eine einstellige Zahl von Strahlungstodesfällen gibt. Ich lasse das nicht gelten! Wir dürfen diese Art wahrheitswidriger Irreführung der Öffentlichkeit nicht unwidersprochen lassen. Ich fordere focus-Praxistipps-Politik und die Autorin Dagmar Sieberichs auf, den Text „Werteunion Mitglied werden: Was bedeutet das?“ in der bestehenden Form umgehend zu entfernen und durch einen Text zu ersetzen, der sachlich über die Ereignisse in Chemnitz, die WerteUnion und ihren Vorsitzenden Dr. Hans-Georg Maaßen schreibt. Aktueller redaktioneller Hinweis: Hans-Georg Maaßen hat über seinen Anwalt nach den Datenschutzbestimmungen Einsicht in eine vom Verfassungsschutz angelegte elektronische Datensammlung über ihn verlangt und erlangt – und diese ist nicht unbedingt besser als der hier exemplarisch behandelte Focus-Bericht. Sie finden die Akte hier. Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. | Vera Lengsfeld | Am 30. Januar erschien bei „praxistipps.focus.de“ ein Stück mit dem Titel: „Werteunion Mitglied werden: Was bedeutet das?“ Hier geht es darum: Was davon kann man davon glauben? – unter besonderer Berücksichtigung des neuen Oberschurken Hans-Georg Maaßen. | article | 02.02.2024 06:05 | https://www.achgut.com/artikel/wie_man_eine_desinformation_strickt/P7#comment_entries |
Die Morgenlage am Montag | Ein Blick in die Nachrichten der letzten Stunden. Palästinensischer Täter war aktives Mitglied der Hamas. In Jerusalem ist bei einem Anschlag in der Altstadt ein Israeli getötet worden, meldet mdr.de. Krankenhausangaben zufolge erlag er im Krankenhaus seinen Verletzungen. Auch drei weitere Menschen seien verletzt worden. Wie das israelische Sicherheitsministerium mitgeteilt habe, hätte der Angreifer in der Nähe des Tempelbergs mit einer Maschinenpistole das Feuer auf Passanten eröffnet. Er sei von Sicherheitskräften erschossen worden. Neben einem Gewehr hätte er auch ein Messer bei sich gehabt. Nach palästinensischen Angaben habe es sich bei dem Angreifer um einen 42 Jahre alten Religionslehrer aus dem arabisch geprägten Ostteil Jerusalems gehandelt. Das israelische Sicherheitsministerium habe erklärt, dass der Mann Mitglied der radikal-islamistischen Palästinenserorganisation Hamas gewesen sei. Die im Gazastreifen herrschende Hamas hätte den Anschlag begrüßt. Nach Informationen der „Jerusalem Post“ habe der fünffache Vater den sogenannten „Murabitun“ an. Diese „Garnisonssoldaten“ hätten es sich zur Aufgabe gemacht, Juden etwa durch Beschimpfungen am Besuch des Tempelbergs zu hindern. Trotz Verbots der israelischen Behörden tauchten die „Murabitun“ immer wieder am Eingang zu dem heiligen Bezirk auf. Erst friedliche Demonstration, dann Ausschreitungen nahe Regierungsviertel. Eine Demonstration in Brüssel gegen die Corona-Restriktionen begann am Sonntag friedlich, später sei es nahe des Regierungsviertels in der belgischen Hauptstadt zu Ausschreitungen gekommen, meldet stern.de. Mindestens ein Demonstrant und zwei Polizisten seien verletzt worden. Insgesamt hätten nach Polizeiangaben rund 35.000 Menschen an der Demonstration in Brüssel teilgenommen. …bundesweit innerhalb der letzten sieben Tage. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI am Montagmorgen mit 386,5 bezogen auf 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen an, meldet handelsblatt.com. Das bedeutet, dass in diesem Zeitraum 0,3865 Prozent der Einwohner positiv auf das Corona-Virus getestet wurden. Am Vortag habe der Wert noch bei 372,7 (0,3727 Prozent) gelegen. Die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Patienten mit einem positiven Corona-Testergebnis je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen habe das RKI zuletzt mit 5,34 angegeben, es betraf also 0,00534 Prozent der Menschen in Deutschland. Der bisherige Höchstwert habe um die Weihnachtszeit 2020 bei rund 15,5 gelegen. Im Rückblick auf diese Periode des Corona-Ausnahmezustands wurde offiziell bilanziert, dass es zu keiner Zeit eine allgemeine – also Einzelfälle ausgenommen - Überfüllung der Intensivstationen gegeben habe. Allerdings sind im Verlauf des Jahres 2021 Intensivbetten abgebaut worden. Ministerin: „Die Menschen sollten selbst über ihren Körper entscheiden.“ Nach der britischen hat sich auch die tschechische Regierung gegen eine Impfpflicht nach österreichischem Vorbild positioniert, meldet orf.at. Die Menschen sollten selbst über ihren Körper entscheiden dürfen, habe Finanzministerin Alena Schillerova gestern in einer Diskussionssendung im TV-Sender CNN Prima News gesagt. Außerdem brauche eine Impfpflicht eine Vorlaufzeit von zwei Jahren, so Schillerova nach Angaben der Nachrichtenagentur CTK. Diese Zeit hätte man aber nicht. Positiv hätte sich Schillerova hingegen zu einem Lockdown für Ungeimpfte geäußert. Auch Tschechien habe seine Maßnahmen verschärft und stelle auf 2-G um. Wirtschaftsbetriebe, Massenveranstaltungen, Restaurants und Beherbergungsbetriebe seien dann nur noch für Geimpfte und Genesene offen. Auch Vizegesundheitsministerin Martin Koziar Vasakova habe sich ablehnend geäußert. Eine Impfpflicht sei eine „reine Expertenlösung“. „Wir haben es diskutiert, und es ist de facto politisch nicht machbar“, hätte sie in einer Diskussionssendung des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders CT gesagt. Rotation im Ministerpräsidenten-Amt vereinbart. Nach zwei Monaten politischer Krise haben sich die regierenden Liberalen und die Sozialdemokraten in Rumänien auf die Bildung einer Großen Koalition geeinigt, meldet kleinezeitung.at. Beide Parteien hätten zudem am Sonntag ein Rotationsverfahren an der Regierungsspitze bis zur Parlamentswahl im Dezember 2024 vereinbart. Demnach sollten Nicolae Ciuca von der rechtsliberalen PNL und Marcel Ciolacu von der sozialdemokratischen PSD jeweils eineinhalb Jahre als Ministerpräsident amtieren. Laut Ciuca solle heute entschieden werden, welcher der beiden Politiker das Amt des Regierungschefs zuerst übernimmt. Ebenfalls in der Koalition vertreten sein werde die Partei der Ungarischen Minderheit (UDMR). Nach dem Sturz des liberalen Ministerpräsidenten Florin Citu durch ein Misstrauensvotum Anfang Oktober war das Land in einer politischen Krise. Verhandlungen über die Bildung einer mehrheitsfähigen Regierung scheiterten mehrfach. Klares Ergebnis in der Stichwahl. Bulgariens Staatschef Rumen Radew hat die Stichwahl um die Präsidentschaft laut mehreren Prognosen überzeugend gewonnen, meldet handelsblatt.com. Er könne mit bis zu 65 Prozent der Stimmen rechnen, während sein Herausforderer Anastas Gerdschikow am Sonntag etwa 33 Prozent der Wähler habe überzeugen können. Die Wahlbeteiligung habe nach ersten Erhebungen bei weniger als 40 Prozent gelegen und sei damit noch niedriger ausgefallen als in der ersten Wahlrunde vor einer Woche. Dies habe aber keine Auswirkung auf die Gültigkeit der Stichwahl. Mit amtlichen Endergebnissen sei in der Wahlnacht nicht zu rechnen gewesen. Gerdschikow habe seine Niederlage eingestanden. Radew, dessen erste fünfjährige Amtszeit im Januar ende, sei von den aus den früheren Kommunisten hervorgegangenen Sozialisten sowie Protestparteien unterstützt worden, Gerdschikow von der bürgerlichen GERB des früheren Regierungschefs Boiko Borissow und der Partei der türkischen Minderheit DPS. Der entmachtete Regierungschef Abdalla Hamdok kehrt ins Amt zurück. Im Sudan wird offenbar der bei einem Militärputsch vor rund vier Wochen entmachtete Regierungschef Abdalla Hamdok wieder eingesetzt, meldet sueddeutsche.de. Das Militär hätte einer entsprechenden Vereinbarung in Vermittlungsgesprächen am späten Samstagabend zugestimmt, habe es in Verhandlungskreisen am Sonntag geheißen. Hamdok solle ein unabhängiges Kabinett aus Technokraten bilden, und alle politische Gefangenen sollten im Rahmen der Vereinbarung zwischen dem Militär und den zivilen Parteien freigelassen werden, habe der Vorsitzende der Umma-Partei, Fadlallah Burma Nasir, der an den Verhandlungen teilgenommen hatte, der Nachrichtenagentur Reuters gesagt. Laut der Vereinbarung dürfe Hamdok ein Kabinett mit zivilen Vertretern bilden. Der nationale Souveränitätsrat solle demnach noch im Tagesverlauf zu einer Sondersitzung zusammenkommen und die Entscheidung bekanntgeben. Das Militär hatte im Sudan am 25. Oktober bekanntlich die Macht übernommen, Ministerpräsident Hamdok unter Hausarrest gestellt und die Übergangsregierung sowie den paritätisch geführten zivil-militärischen Rat aufgelöst. Diese sollten eigentlich nach dem Sturz des autokratischen Machthabers Omar al-Baschir infolge eines Volksaufstandes im April 2019 den demokratischen Prozess vorantreiben und eine für 2023 geplante Wahl vorbereiten. Nach dem Putsch gab es immer wieder Massenproteste gegen das Militär, bei denen mehrere Menschen getötet wurden. Die USA, Deutschland und andere westliche Staaten hatten den Putsch verurteilt und Wirtschaftshilfen ausgesetzt. Der rechteste und der linkeste Kandidat gehen in die zweite Runde. Nach der ersten Runde der Präsidentenwahl steuert Chile auf einen Schlagabtausch der politischen Extreme um das höchste Amt im Staat zu, meldet orf.at. Der als Rechtspopulist beschriebene Jose Antonio Kast habe nach Auszählung von über 90 Prozent der Stimmen 28,1 Prozent auf sich vereinen können. Auf den linken Gabriel Boric seien nach Angaben des Wahlamts 25,64 Prozent entfallen. Damit dürften die beiden Bewerber von den äußersten Rändern des politischen Spektrums in die Stichwahl am 19. Dezember gehen, da keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang über 50 Prozent der Stimmen erhielt. Die Wahl habe nach zwei Jahren teils gewalttätiger Proteste für mehr soziale Gerechtigkeit stattgefunden. Die Demonstrationen hätten dazu beigetragen, dass die Verfassung aus der Ära des Diktators Augusto Pinochet derzeit überarbeitet werde, und sie hätten zunächst die Kandidatur von Boric beflügelt, der über weite Strecken einen komfortablen Vorsprung hatte. Doch die zunehmende Kriminalität und politische Gewalt hatte Kast Auftrieb gegeben. | News-Redaktion | Ein Blick in die Nachrichten der letzten Stunden. | article | 22.11.2021 09:03 | https://www.achgut.com//artikel/die_morgenlage_2021_11_22_montag |
Vorsicht, lebende Anwälte künftiger Generationen! | Der deutsche Umweltrat will einen „Rat für Generationengerechtigkeit“ schaffen und das Gremium mit einem Vetorecht ausstatten, um Gesetze aufzuhalten. Was davon zu halten ist, wenn Lobbygruppen sich zu Vertretern künftiger Generationen aufschwingen, beschrieb Achgut.com Autor Oliver Hartwich an dieser Stelle schon vor zehn Jahren ausführlich. Er ist Ökonom und Direktor des Neuseeländischen Thinktanks "New Zealand Initiative". Wir publizieren seinen Beitrag aus aktuellem Anlass hier noch einmal, er ist von unveränderter Gültigkeit. Für deutsche Juristen war der Fall immer schon eindeutig. Rechte haben können nur Menschen, genauer gesprochen: bereits geborene, lebende Menschen. Das Bürgerliche Gesetzbuch stellt genau dies gleich in Paragraph 1 fest: „Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.” Auch der Endpunkt dieser Rechtsfähigkeit ist klar bestimmt, indem nämlich Paragraph 1922 BGB den Übergang des Vermögens auf einen oder mehrere Erben im Todesfall regelt. Zwischen Paragraph 1 und Paragraph 1922 liegt das gesamte Leben, in dem der Mensch Kaufverträge schließen, ein Arbeitsverhältnis eingehen oder auch heiraten kann. Mit anderen Worten: Zwischen Geburt und Tod kann er Rechte ausüben und Verpflichtungen eingehen. Eigentlich ist das keine besonders bahnbrechende Erkenntnis, aber deutsche Juristen mögen es eben gerne präzise. Man denke nur an die berühmte Vorschrift aus dem Bundesreisekostengesetz von 1973: „Stirbt ein Bediensteter während einer Dienstreise, so ist damit die Dienstreise beendet.” Doch man muss kein Jurist sein, um den Sinn dieses klar umgrenzten Begriffs der Rechtsfähigkeit, also der Fähigkeit, selbstständig Träger von Rechten und Pflichten zu sein, zu verstehen. Wer noch nicht geboren ist oder bereits verstorben ist, kann keinerlei Verpflichtungen eingehen. Er kann keine Forderungen erheben; er kann keine Willenserklärungen abgeben; er kann keine vertraglichen Bindungen eingehen. Wer hingegen lebt, der kann und darf all dies tun. Es ist diese Privatautonomie, in der sich die Würde des Menschen spiegelt, die durch das Grundgesetz besonders geschützt ist. Man könnte auch sagen, dass Rechtsfähigkeit und Privatautonomie gerade aus dieser Menschenwürde erwachsen. Denn nichts wäre des Menschen unwürdiger, als nicht selbstbestimmt seine Angelegenheiten wahrnehmen zu können. Rechtsfähigkeit und Privatautonomie sind gemeinsam der wichtigste Ausdruck der Konzeption des freiheitlichen Rechtsstaates. So weit, so unstrittig. Doch gibt es Gedankenspiele, den Kreis der Rechtsfähigkeit weiter zu ziehen. Zukünftige Generationen oder – noch ungenauer – „die Natur” könnten ebenfalls als Rechtsträger anerkannt werden. Dies wird häufig unter Verweis auf das Konzept der so genannten Nachhaltigkeit gefordert. Zur Begründung wird dabei angeführt, dass künftige Generationen in ihren eigenen Freiheitsrechten durch heutige Handlungen eingeschränkt würden. Folglich seien bei der Nutzung heutiger Ressourcen die Interessen jener künftigen Generationen zu berücksichtigen, insbesondere, wenn dies Auswirkungen auf die Umwelt (Boden, Klima, etc.) hätte. Was sich vielleicht zunächst nach einer naheliegenden Erweiterung der Idee des freiheitlichen Rechtsstaats anhört, entpuppt sich jedoch bei genauerer Betrachtung als Perversion desselben. Die Idee der Rechte zukünftiger Generationen oder einer nicht näher bestimmten Natur ist nämlich in Wahrheit inkompatibel mit Freiheit und Privatautonomie. Damit lässt sie sich auch nicht mit dem Gedanken der Menschenwürde verbinden. Ganz davon abgesehen, spricht aus ihr ein tiefes Misstrauen gegenüber der Möglichkeit von Fortschritt durch Veränderung. Zu welch absurden Schlüssen die Idee angeblicher Rechte künftiger Generationen führt, wird bei der Lektüre der Publikationen konsequenter Verfechter dieser Forderung deutlich. Der britische „Optimum Population Trust” (OPT) ist eine solche Organisation, die seit längerem die These vertritt, dass Großbritannien übervölkert sei und im Interesse seiner künftigen Einwohner und der Umwelt schrumpfen sollte. Im Juli 2008 veröffentlichte der OPT eine Studie des amerikanischen Rechtsprofessors Carter Dillard, in der dieser fordert, das Recht, sich fortzupflanzen, auf ein oder maximal zwei Kinder zu beschränken. Darüber hinaus sei das Recht auf Kinder jeweils gegen das „öffentliche Interesse” abzuwägen. Dazu zählten laut Dillard auch die Auswirkungen auf die „Natur, zukünftige Generationen und nicht-menschliche Arten”. Zwar schreckte Dillard davor zurück, aggressive rechtliche Maßnahmen gegen die Fortpflanzung zu empfehlen. Daran, dass der Gesetzgeber gegen zu viele Kinder vorzugehen habe, bestand für ihn aber kein Zweifel: „Da das Recht unser Verhalten leitet, ist eine Politik, die die Fortpflanzung als privat behandelt, regressiv, umweltschädigend und besonders asozial. Solange wir keine Maßnahmen ergreifen, welche den öffentlichen Charakter des Kinderzeugens reflektieren, werden wir nur unverantwortliche Fortpflanzung und den damit verbundenen Schaden ermutigen,” fasste er seine Studie zusammen. Man sollte sich diese Wortwahl auf der Zunge zergehen lassen. Die Entscheidung für Kinder gehört wohl zu den persönlichsten, privatesten Entscheidungen, die man im Leben treffen kann. Doch für Dillard finden sie quasi im öffentlichen Raum statt. Da er zudem künftigen Generationen und der Natur eine Rechtsposition einräumt, werden in dieser Sicht neugeborene Kinder zu einer Art Umweltverschmutzung, die es zu begrenzen gilt. Zweierlei ist an dieser Sicht der Dinge problematisch. Zum einen, dass eine ursprünglich allein der Privatautonomie unterliegende Entscheidung (das Kinderkriegen) quasi verstaatlicht wird. Zum anderen, dass es natürlich nicht die künftigen Generationen sind, die ihre Ansprüche anmelden (wie sollten sie auch?), sondern an ihrer statt ein heute tätiger Wissenschaftler. Es findet damit gleichzeitig eine Entmündigung und eine Anmaßung statt. Entmündigt wird die heutige Generation, denn ihr wird eine eigene Entscheidung, ihr Leben selbstverantwortlich zu führen, abgenommen. Zweitens maßt sich derjenige, der im angeblichen Interesse künftiger Generationen Forderungen erhebt, an, für eben jene Generationen sprechen zu können. Ein Blick in die Geschichte mag da zu etwas mehr Demut raten. Was hätte wohl ein wohlmeinender Wissenschaftler wie Professor Dillard am Ende des 19. Jahrhunderts für wichtig im 21. Jahrhundert gehalten? Dass Kohle- und Kupfervorräte nicht erschöpft würden zum Beispiel, um auch uns heute noch eine kohlebasierte Energieversorgung und Kabelverbindungen zur Kommunikation zu ermöglichen. Doch war gerade die Nutzung von Kohle und Kupfer notwendig, um uns in ein Zeitalter zu führen, in dem es heute ganz andere Möglichkeiten der Energiegewinnung und Kommunikation gibt. Selbst ein wohlmeinender Diktator wäre nicht in der Lage, zu bestimmen, was für zukünftige Generationen notwendig ist. Die Idee, die Fortpflanzung aus Rücksichtnahme für künftige Generationen und die Umwelt einzuschränken, mag ein extremes Beispiel für die Gefahren der Gewährung von Rechtspositionen an diese in Wirklichkeit aus guten Gründen nicht rechtsfähigen Figuren sein. Aber auch bei weniger extremen Fällen bedeutet die Verankerung einer Rechtsposition für „die Zukunft” oder „die Natur” eine zwingende Einschränkung der Autonomie heute Lebender, die sich den ebenfalls heute lebenden vorgeblichen Vertretern der Zukunft oder der Natur unterzuordnen hätten, seien dies Wissenschaftler, Politiker oder Bürokraten. Man mag dies mit wohlklingenden Begriffen wie Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit zu verkleistern versuchen, aber es bleibt doch eine gravierende Einschränkung der Freiheit und der Privatautonomie. Im Sinne einer auf Menschenwürde basierenden Rechtsordnung wäre dies somit nicht nur kein Fortschritt, sondern im Gegenteil ein Rückschritt. Nachhaltigkeit, sofern sie über eine Forderung für Sonntagsreden hinausgeht und Rechtskraft erlangt, ist somit ein zutiefst freiheitsfeindliches Prinzip und kaum mit dem liberalen, die Menschenwürde schützenden Geist des Grundgesetzes vereinbar. Statt die in unserer Verfassungwirklichkeit bereits stark ausgehöhlten Prinzipien des Schutzes des Eigentums und der Privatautonomie auf diese Art zu schwächen, wäre genau das Gegenteil geboten. Was Deutschland in Zukunft braucht, ist nicht weniger, sondern mehr Privatautonomie, kein geringeres, sondern ein stärkeres Gewicht des Privateigentums. Gerade dort, wo Eigentumsrechte klar definiert, geschützt und durchsetzbar sind, sind im Übrigen für die Natur vorteilhafte Entwicklungen zu erwarten. Man denke zum Beispiel an Fischbestände, die besonders dort gefährdet sind, wo Fischgründe nicht genau eigentumsrechtlich definiert sind. Wo hingegen Eigentumsrechte bestehen, verhindert eben dies die Überfischung. Ökonomen sind diese Zusammenhänge als Allmendeproblematik seit langem bekannt. Wo eine auf der Grundlage von Eigentumsrechten, Wettbewerb und Vertragsfreiheit funktionierende Marktwirtschaft Wohlstand schafft, kann auch die Grundlage für den Wohlstand zukünftiger Generationen gelegt werden. In Anlehnung und Abwandlung des berühmten Diktums Adam Smiths könnte man sagen, dass wir unseren heutigen Wohlstand nicht der wohlmeinenden Sorge früherer Generationen um uns verdanken, sondern ihrem Einsatz für ihren eigenen Fortschritt. Das ethische Fundament der Bundesrepublik liegt in den Ideen von Menschenwürde und Freiheit begründet. Statt uns daher der freiheitfeindlichen Illusion einer staatlich administrierten Nachhaltigkeit hinzugeben, sollten wir besser in unserer Zeit die Idee einer Verfassung der Freiheit neu denken. Mag es auch wie ein Paradox erscheinen: Gerade die stete Sorge um das zarte Pflänzchen der Freiheit ist die beste Voraussetzung dafür, dass zukünftige Generationen in Freiheit und Wohlstand leben können. In diesem Sinne ist das Prinzip der Freiheit der beste Garant für eine im Wortsinne nachhaltige (aber nicht justiziable) Entwicklung. Dieser Beitrag erschien bereits 2009 auf Achgut.com, wir haben ihn aus aktuellem Anlass noch einmal publiziert. Ebenfalls erschienen ist er auf dem Blog von Oliver Hartwich und in Dettling and Christian Schüle (ed.), Minima Moralia der nächsten Gesellschaft: Standpunkte eines neuen Generationenvertrags, Wiesbaden, 2009, pp. 98-102 Zum gleichen Thema siehe auch: „Kinderfrei statt kinderlos“ – ein misanthropisches Manifest" Erbarmen! Das Lied von der Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit oder Evolution? | Oliver Marc Hartwich | Der Umweltrat will einen „Rat für Generationengerechtigkeit“ schaffen und das Gremium mit einem Vetorecht ausstatten, um Gesetze aufzuhalten. Was sich vielleicht zunächst nach einer naheliegenden Erweiterung der Idee des freiheitlichen Rechtsstaats anhört, entpuppt sich jedoch als Perversion. Es findet eine Entmündigung der lebenden und eine Anmaßung gegenüber künftigen Generationen statt. | article | 04.10.2019 06:26 | https://www.achgut.com/artikel/vorsicht_lebende_anwaelte_kuenftiger_generationen#comment_entries |
Journalismus: Grüner geht’s nimmer | Der journalist ist ein 1951 gegründetes Organ des „Deutschen Journalisten-Verbands“. Der einst leicht konservative DJV hat „unabhängigen Journalismus“ auf seine Fahne geschrieben, auf dass „jeder Bürger sich unbeschadet von der Einflussnahme einzelner Gruppen seine eigene Meinung bilden kann“. Unbeschadet davon dreht das Septemberheft 2021 („Die grüne Ausgabe“) sich mal wieder um „Klimaschutz“ und „Nachhaltigkeit“ ohne Wenn und Aber. Nicht ob, sondern mit welchen handwerklichen Kniffs grüne Propaganda intensiviert werden soll, wird diskutiert. Ein Lehrstück über die endgültige Selbstauflösung des „unabhängigen Journalismus“. | Fundstück | Der journalist ist ein 1951 gegründetes Organ des „Deutschen Journalisten-Verbands“. Der einst leicht konservative DJV hat „unabhängigen Journalismus“ auf seine Fahne geschrieben,… | article | 14.08.2021 16:30 | https://www.achgut.com/artikel/fundstueck_journalismus_gruener_gehts_nimmer |
Ende eines Flüchtlingsdramas – Ein persönlicher Bericht | Von Yehudit de Toledo Gruber. Eine jüdische Seniorin in München erlebte hautnah, welche Begleiterscheinungen die deutsche Asyl-Politik für die Einheimischen und Zugewanderten mit sich bringen kann. Das sich über sieben Jahre hinziehende Drama endete tragisch. Unser bayerischer Innenminister, Herr Joachim Herrmann, sei – so schrieb er es mir soeben – zutiefst erschüttert über das Ende des hier geduldeten somalischen Flüchtlings, der jahrelang über mir in einer ausgebauten Dachkammer hauste und für Angst und Schrecken sorgte, wie ich 2018 und 2020 in der Jüdischen Rundschau (hier, hier und hier) schilderte. Denn als „wohnen“ konnte man beim besten Willen nicht die Art und Weise seines verpfuschten, kriminellen Lebens hier in München bezeichnen. Unzählige Schlägereien, Drogendelikte, Psychiatrie-Aufenthalte und immer wiederkehrende, notwendige Polizeieinsätze gingen auf sein Konto. Nichts funktionierte, und schon gar nicht die Bereitschaft seitens irgendeines überforderten Mitarbeiters der Ausländerämter und Sozialbehörden. Meine anfänglichen, umfangreichen Unterstützungsaktivitäten betrachtete ich als Mitzva (Pflicht) und den Versuch, diesem jungen Mann ein bisschen Halt zu geben. Doch nach und nach musste ich leider erkennen, dass ich mich selbst in Gefahr brachte, da der Somali immer öfter vor meiner Wohnungstür lagerte, klingelte – und nicht selten noch seine bekifften aggressiven afrikanischen „Kumpels“ mitbrachte, die unser Treppenhaus bevölkerten. Über mir, in seiner Klause, spielten sich unsägliche Zustände ab, als er später einfach noch eine wesentlich ältere und vollkommen überforderte somalische Freundin (die er hier „auf somalische Art“ geheiratet hätte) miteinquartierte, die nicht nur ein geistig behindertes Kleinkind mitbrachte, sondern mit ihm auch noch zügig einen Sohn zeugte. Wüstes Geschrei, Schlägereien, Möbelwerfen, Drogenqualm – und mittendrin die beiden Kinder. Ich informierte nicht nur die Polizei, sondern auch sämtliche Sozialbehörden, die Pingpong mit mir spielten und sich für gar nichts zuständig fühlten. Jede zweite Ausrede waren der „Datenschutz“ und ihr Paragraphen-Nebel. Erst nach mehrjährigem Briefe- und Mahnschreiben meinerseits sowie einer Anzeige bei der Kinderschutzbehörde (diesen Tipp gab mir die Polizei), wurde diese Somalin mitsamt ihren Kindern endlich aus der Dachkammer geholt und ihr mitsamt den Kindern eine andere Wohnung zugeteilt. Als ich während ihres extrem „lauten Auszuges“ zufällig aus meinem Fenster schaute, drohte sie in meine Richtung noch mit ihrer geballten Faust. Ich habe nie wieder von ihr gehört, sondern wurde nun erneut von ihrem Ex-Partner belagert, der in regelmäßigen Abständen entweder von der Polizei abgeholt und „ermahnt“ oder gleich in die Psychiatrische Suchtklinik eingewiesen wurde. „Mehr geben unsere Gesetze leider nicht her ...“ antwortete mir die Polizei, wenn ich sie – am Ende meiner Nerven – fragte, weshalb denn dieser drogen- und alkoholabhängige Somali immer nur „ermahnt“ und damit uns überforderten Bürgern überlassen wurde. Jedes Mal, wenn er völlig unbeeindruckt zurückkam in seine Dachkammer über mir, lebte ich in Angst und Schrecken und traute mich kaum noch aus meiner Wohnung. Ständig bettelte dieser Flüchtling um Geld, um Lebensmittel, nie hatte er Fahrscheine, und die vielen Mahn- und Inkasso-Bescheide konnte er weder verstehen noch nachvollziehen. Eine große Penny-Einkaufstüte quoll fast über vor lauter dort gesammelten und zusammengeknüllten, ungeöffneten Behördenschreiben, die er mir vor die Tür stellte. Nein, meine Rat- und Hilflosigkeit lässt sich nicht beschreiben. Am Ende verwechselte ich die Herzmedikamente, fiel mir der Teller aus der Hand, und ich schreckte zusammen bei jedem Geräusch vor meiner Tür. So vergingen die Monate – bis zum Herbst im vergangenen Jahr. In Erwartung des Postboten, der mir ein Buch liefern sollte, öffnete ich unüberlegt meine Wohnungstür. Doch leider stand nicht der Postbote davor, sondern der halbnackte, verwahrloste, schwankende Somali. In der Hand eine am Flaschenhals abgeschlagene Bierflasche, mit der er sich vor meiner Tür und vor meinen Augen – so schnell konnte ich das Ganze gar nicht realisieren – aufschlitzte! Der Anblick war entsetzlich. Der von mir herbeigerufene Rettungsdienst sowie auch die Polizei kamen sofort und brachten den sichtlich verstörten und blutüberströmten Somali in die Klinik. Und es versteht sich fast von selbst, dass sich unser städtischer Vermieter GEWOFAG (oberster Dienstherr OB Dieter Reiter) erst nach mehreren Telefonaten, Schreiben und Bitten meinerseits bequemte, mittels eines Sonderreinigungteams die Blutlache vor meiner Wohnungstür und im Treppenhaus zu entfernen. Erst im Frühjahr sah ich den Flüchtling wieder. Schon als ich ihn nur von weitem erkannte, machte ich einen großen Bogen, um ihm nirgendwo begegnen zu müssen. Und dann wurde es plötzlich ungewöhnlich still in der Dachkammer über mir, was mir erst gar nicht besonders auffiel, doch später allmählich merkwürdig vorkam. Vor allem auch wegen des eigenartigen Geruchs, der durch unser Treppenhaus waberte. Zwar hatte gerade erst eine größere Rohrbruch-Reparatur im Keller unseres Hauses stattgefunden, doch davon konnte der süßliche Gestank nicht herrühren. Aus diesem Grund kontaktierte ich (nach langen Überlegungen) den Notruf 110, entschuldigte mich schon im Voraus, dass ich möglicherweise umsonst anrufe, aber dennoch besorgt sei und deshalb bitte, dass die Polizei komme, die Wohnungstür des Somalis öffne und nachschaue. Die junge Frau am Notruf-Telefon reagierte sehr unprofessionell, stellte für mein Dafürhalten viel zu viele Fragen, meine Sorgen, Erklärungen und Vermutungen in Zweifel und ließ mich zudem während meines Anrufs ständig warten, weil ihr Computersystem mal funktionierte und dann wieder nicht. Irgendwann war ich überfordert, beendete genervt das Telefonat, verließ meine Wohnung und erledigte einen dringenden Einkauf. Als ich zurückkam, wartete schon die Polizei vor der Tür. Letztendlich war man meiner Bitte nachgekommen und hatte eine Streife vorbei geschickt. Der Somali lag tot in seiner Wohnung, er hatte sich umgebracht. Die darauffolgenden Routine-Arbeiten durch Kriminaltechniker und Leichenbestatter sind für Profis, die ständig damit zu tun haben, natürlich ganz alltägliche Arbeiten.
Mich aber – ich befinde mich im achten Lebensjahrzehnt – hatte dieser Tag, das Ende dieses somalischen Flüchtlings, sein gesamtes Unvermögen, sich hier zu integrieren mitsamt der Behördengleichgültigkeiten sowie der Ablauf meines Notruf-Telefonats sehr erschüttert. Fast zwei Monate belästigte der durch die Sommerhitze noch verstärkt wahrnehmbare Leichengeruch aus der Somali-Wohnung uns Mieter, weil anschließende, hier vorgeschriebene Behördenabläufe nicht in die Gänge kamen und aufgrund des allgegenwärtigen Personalmangels die Wohnung weder desinfiziert noch gereinigt oder ausgeräumt wurde. Daher verfolgte ich nicht nur am 10. Mai mit großem Interesse den Verlauf (und die Null-Ergebnisse) des enttäuschenden Flüchtlingsgipfels in Berlin, denn auch unser kleines Laimer Stadtgebiet von München ist seit einigen Jahren eine verstärkte Anlaufstelle für die BAMF und hat die Wohnqualität – man muss es aussprechen dürfen – für uns übriggebliebenen, letzten „biodeutschen“ Mieter, sehr verschlechtert. Und klar ist mir schon heute: Sobald die Dachkammerwohnung über mir generalüberholt und saniert ist, wird dort der nächste Flüchtling einquartiert. Und dann erleben wir hier wahrscheinlich das nächste Drama, abgewälzt auf uns Mit-Mieter, weil es ja noch immer heißt: Wir schaffen das! Yehudit de Toledo Gruber, Jahrgang 1944, war in Dresden als Dolmetscherin / Übersetzerin (Spanisch-Deutsch) tätig und eine Ansprechpartnerin für kubanische sowie chilenische Arbeiter und Studenten. Ende der 60er Jahre unterrichtete sie an der Universität zu Havanna (Sektion Deutsch) Deutsche Geschichte und Linguistik (die Sozialistische!) und wurde sehr viel später – in den kritischen DDR-Jahren – wegen Aufmüpfigkeit an eine Bohrmaschine für die „Sozialistische Produktion“ des Vorzeigebetriebes Pentacon strafversetzt. Sie lebt heute in München. | Gastautor | Von Yehudit de Toledo Gruber. Eine jüdische Seniorin in München erlebte hautnah, welche Begleiterscheinungen die deutsche Asyl-Politik für die Einheimischen und Zugewanderten mit sich bringen kann. Das sich über sieben Jahre hinziehende Drama endete tragisch. | article | 12.07.2023 06:00 | https://www.achgut.com/artikel/ende_eines_fluechtlingsdramas_ein_persoenlicher_bericht |
Petition zum Migrationspakt: Mitbestimmen, wenn alles entschieden ist | Welcher finsteren Art der Humor unserer obersten Legislative ist, kann man sehen, wenn man auf den Petitionsserver des Bundestages schaut. Die Petition 85565, welche die Bundesregierung dazu auffordert, den Global Compact for Migration nicht zu unterzeichnen, wurde nämlich wochenlang unter fadenscheinigen Gründen zurückgehalten – sie belaste den „interkulturellen Dialog“, kaltschnäuzelte man zur Begründung. Derart über den Mund gefahren, fragten sich die Petenten nur noch resigniert, von welchem Dialog denn hier die Rede sei, wenn immer nur Einer spreche und der Andere die Klappe zu halten habe. Nun, gut Ding will Weile haben, wie das Sprichwort sagt, und nachdem die Petition gut durchgelüftet und von allen Seiten betrachtet – oder besser: ignoriert – wurde, hat man sie heute doch noch ins Rennen gelassen, und die Demokratiebeflissenen kommen verspätet ihrer gefühlten Pflicht zum Engagement nach und zeichnen fleißig. Und versprochen: Auch ich werde dies tun, wenn die überlasteten Server des Bundestages dies irgendwann mal gestatten. Auch wenn es nur für das Protokoll sein wird und nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch ganz und gar zwecklos ist. Denn da sich inhaltlich nichts am Petitionstext änderte und die Ansichten der entscheidenden Politiker sich auch nicht geändert haben, was hat sich wohl stattdessen getan, dass der „interkulturelle Dialog“ nun offenbar nicht mehr in Gefahr sein soll? Ganz einfach: Die Zeit lief der Petition davon! Die Mitzeichnungsfrist der verspätet losgelassenen Petition endet nämlich am 19.12.2018, also ganze acht Tage, NACHDEM der Global Compact for Migration am 11.12.2018 in Marrakesh unterzeichnet sein wird! Eine Anhörung im Petitionsausschuss könnte ebenfalls erst NACH dem 19.12.2018 anberaumt werden, selbst wenn vorher ein Quorum zustande käme. Ich sehe schon das süffisante Lächeln des Sitzungsleiters vor mir, wie er die Petenten fragt, warum sie überhaupt hier säßen, wo der Drops doch längst gelutscht sei. Wie groß muss die Verachtung (vieler) unserer Parlamentarier für die berechtigten Anliegen ihrer Wähler wohl sein, wenn sie diese auf so durchsichtige Art und Weise verarschen? Jeder Unterzeichner bekommt einen Tritt in den Rücken und muss sich dann fragen lassen, warum er so renne. Der Bürger Petitionen liebt,
drum man sie ihm zum Spiele gibt.
Er drückt die Knöpfe, unverdrossen,
doch sind sie nirgends angeschlossen Zuerst erschienen auf Roger Letschs Blog Unbesorgt | Roger Letsch | Die Petition 85565, welche die Bundesregierung dazu auffordert, den Global Compact for Migration nicht zu unterzeichnen ist jetzt auf dem Bundestagsserver online. Kleines Problem: Die Zeichnungsfrist endet eine Woche nachdem in Marokko über den Pakt abgestimmt worden ist. | article | 22.11.2018 11:00 | https://www.achgut.com/artikel/petition_zum_migrationspakt_mitbestimmen_wenn_alles_entschieden_ist#comment_entries |
Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens | Im schlimmsten Fall reisen radikalisierte Jugendliche in Ausbildungslager von radikalen Islamisten in Nordafrika, Pakistan oder Afghanistan. Deutschen Sicherheitsbehörden zufolge fuhren außerdem bisher bereits über 200 sogenannte foreign fighters von Deutschland in den syrischen Bürgerkrieg – so viele wie aus keinem anderen europäischen Land. Acht von ihnen sollen dort gestorben sein. Wie kann es aber zu dieser Eskalation kommen? Warum wollen Jugendliche aus Deutschland den Luxus von Sicherheit und Wohlstand gegen den brutalen Kampf eines Bürgerkriegs eintauschen? http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-11/jugendliche-islamisten/seite-2 | Fundstück | article | 09.11.2013 05:24 | https://www.achgut.com/artikel/auf_der_suche_nach_dem_sinn_des_lebens |
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Dating mit Tom: Integrieren und bewältigen | Tom ist mal wieder durch die Lande gereist und kann die Menschen da draußen nur loben. Dank der unendlichen Güte und Anpassungsbereitschaft der Bürger werden sämtliche Probleme erfolgreich integriert und anschließend bewältigt. | Jan Tomaschoff | Tom ist mal wieder durch die Lande gereist und kann die Menschen da draußen nur loben. Dank der unendlichen Güte und Anpassungsbereitschaft der Bürger werden sämtliche Probleme erfolgreich integriert und anschließend bewältigt. | article | 11.10.2018 14:00 | https://www.achgut.com//artikel/dating_mit_tom_integrieren_und_bewaeltigen |
Hilfe für die Dunkelflaute: Neues französisches AKW am Netz | Die Franzosen haben sich ein teures, aber sehr nachhaltig nützliches Weihnachtsgeschenk gemacht. Den Kraftwerks-Neubau Flamanville 3. Für die französiche Kernenergie dürfte Deutschland bei der nächsten Dunkelflaute dankbar sein. Am Freitag, dem 20.12.2024 ging, von deutschen Medien ziemlich unbemerkt, endlich der neue Reaktor Flamanville 3 als 57. Reaktor Frankreichs erstmalig ans französische Stromnetz. Dies ist der erste Kernkraftwerks-Neubau in Frankreich nach einer Pause von mehr als 20 Jahren. Es ist auch ein Sieg über die Bestrebungen der sozialistische Regierung von Françoise Hollande in Frankreich, die nach dem Jahre 2015 aus der Kernenergie aussteigen wollte und eine Halbierung der Kernkraft bis 2030 plante. Heute sind die Franzosen froh, sich damals anders entschieden zu haben, nämlich dann, wenn sie die Energiepolitik und deren Folgen in Deutschland sehen. Nun planen sie eine Verdreifachung der Kernkraft bis 2050. Das Kraftwerk Flamanville 3 ist vom Typ her ein Europäischer Druckwasserreaktor (EPR), eine Entwicklung von Framatom, an dessen Entwicklung auch Siemens bis zum Atomausstiegsbeschluss im Jahre 2011 beteiligt war. Am 18. März 2011 verkaufte Siemens seinen Anteil an Areva NP für 1,62 Milliarden Euro an den Mutterkonzern Areva. Das EPR-KKW ist eine Weiterentwicklung des Konvoi-Reaktortyps, zu dem auch die letzten deutschen KKW gehörten, die vor eineinhalb Jahren abgeschaltet und nun zerstört werden, obwohl sie noch problemlos 30 Jahre hätten Strom produzieren können. Flamanville wird zwei Millionen Haushalte mit Strom versorgen, dazu werden sicherlich auch deutsche Haushalte gehören. Die Stromimporte aus Frankreich haben sich im Vergleich zu 2023 mehr als verdoppelt. Insgesamt konnte EDF 2024 seinen Stromexport von 340–360 TWh im letzten Jahr auf 358–364 TWh in diesem Jahr steigern. Es wird davon ausgegangen, dass Flamanville 3 mindestens 60 Jahre, also bis zum Ende dieses Jahrhunderts zuverlässig Strom produzieren wird. Die Konstruktion gilt als der sicherste und leistungsstärkste Reaktortyp der Welt. Mit 1.600 MW ist Flamanville 3 der stärkste Reaktor des Energieversorgers EDF und stellte einen Prototyp dar. Die Bauzeit verzögerte sich um 12 Jahre, und die Kosten vervierfachten sich auf 13 Mrd Euro. 4.500 Änderungsanträge wurden während der Bauzeit gestellt, genehmigt und eingebaut. Die Anlage soll im Frühsommer dieses Jahres nach dem Probebetrieb ihre volle Leistung erreichen. Frankreich hat den Bau von sechs weiteren EPR beschlossen und plant darüber hinaus acht weitere KKW. Die Anlagen sollen an schon bestehenden Kernkraftwerks-Standorten gebaut werden. Für die 56 älteren Reaktoren arbeitet EDF durch diversen Modernisierungen an der Verlängerung der Laufzeit auf 60 Jahre. In Frankreich gibt es keine Kohlekraftwerke. Der CO2-Abdruck des französischen Stroms ist achtmal niedriger als der deutsche. Dadurch sind auch die Kosten der CO2-Besteuerung für Strom in Frankreich minimal, zumal Frankreich auch einen vergleichsweise hohen Anteil von Wasserkraft besitzt. Es gibt weltweit nunmehr vier in Betrieb befindliche EPR-Reaktoren – Olkiluoto in Finnland, Flamanville 3 in Frankreich und Taishan 1 & 2 in China. Zwei weitere EPR sind im vereinigten Königreich in Hinkley-Point im Bau. Auch im finnischen Olkiluoto verzögerte und verteuerte sich der Kraftwerksbau erheblich. Lediglich die beiden EPRs in chinesischen Taishan gingen in der geplanten Zeit und mit den geplanten Kosten ans Netz. Dies weist darauf hin, dass die Kostenexplosionen von Kernkraft-Baustellen in Europa zu großen Teilen nicht KKW-Technologie spezifisch, sondern einer aus dem Ruder gelaufenen Bürokratie geschuldet sind. Verzögerungen und Kostenexplosionen sind ja auch bei anderen Großprojekten wie dem Flughafen BER, dem Bahnhof Stuttgart und dem neuen Bundeskanzleramt an der Tagesordnung. Solche Großprojekte schaffen es oft nicht, den immer schneller steigenden Änderungen der ökologischen und sicherheitstechnischen Anforderungen durch die europäische und nationale Bürokratie zu folgen. So müssen zum Beispiel beim Bau des Flughafens BER gerade neu fertiggestellte Brandschutzanlagen wieder herausgerissen und neu gebaut werden, weil sich die Brandschutzvorschriften geändert haben. Oder beim Bau des kürzlich verschrotteten neuen Steinkohle-Kraftwerks Moorburg in Hamburg mussten die gerade gebauten Abgasreinigungsanlagen komplett neu gestaltet und errichtet werden, weil die Abgasgrenzwerte behördlicherseits erheblich verschärft wurden. Die Inbetriebnahme des KKW Flamanville 3 ist auch eine gute Nachricht für die deutschen Energiewender – die nächste Dunkelflaute kann kommen, Frankreich hat ein neues KKW. Dazu passt auch diese Meldung der Wirtschafts Woche: "Wie Deutschland wollte die Schweiz weg vom Atomstrom. Der Bau neuer Anlagen wurde verboten. Das will die Regierung nun kippen". Von Manfred Haferburg und Klaus Dieter Humpich ist soeben in der Achgut-Edition das Buch erschienen. Das Nachwort stammt von dem Wissenschaftsphilosophen Michael Esfeld. Sie können es hier in unserem Shop bestellen, Zum Inhalt des Buches: Es ist keine Frage ob, sondern lediglich wann „die dümmste Energiepolitik der Welt“ (wallstreet-Journal) - in Deutschland euphemistisch „Energiewende“ genannt - beerdigt wird. Und was dann? Überall auf der Welt werden längst wieder die Weichen für die Kernenergie gestellt, CO2-frei wie bisher, aber intelligenter, resilienter, mobiler und preiswerter als je zuvor. Die Atomenergie kann auch hierzulande der Nukleus für einen neuen Wohlstand sein, auch diese Einsicht wird sich unter der Last des Faktischen durchsetzen. Die beiden Energieexperten Manfred Haferburg und Klaus Humpich analysieren den deutschen Irrweg und zeigen Wege aus der Sackgasse. Dieses Buch ist ein Almanach der Vernunft für alle, die in Deutschland erfolgreich wirtschaftlich tätig sind und damit fortfahren wollen. Manfred Haferburg wurde 1948 in Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW der DDR in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Im KUUUK-Verlag veröffentlichte er seinen auf Tatsachen beruhenden Roman „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann. | Manfred Haferburg | Die Franzosen haben sich ein teures, aber sehr nachhaltig nützliches Weihnachtsgeschenk gemacht. Den Kraftwerks-Neubau Flamanville 3. Für die französiche Kernenergie dürfte Deutschland bei der nächsten Dunkelflaute dankbar sein. | article | 21.12.2024 14:00 | https://www.achgut.com/artikel/hilfe_fuer_die_dunkelflaute_neues_franzoesisches_akw_am_netz/P7#comment_entries |
Germany: Better to be a Muslim than a Baptist | The Federal Republic of Germany is a democracy. It is no fun, however, to be a Baptist in Germany. For the past two decades, the German authorities have been clamping down on Baptists who want to raise their children in accordance with their religious principles. In Germany, the state rather than the parents, is considered to be primarily responsible for the well-being of children. Hence, the draconian measures taken against Baptists. When, however, it comes to meeting the demands of Muslims the German state is far more lenient. http://www.hudsonny.org/2009/08/germany-better-to-be-a-muslim-than-a-baptist.php | Fundstück | article | 18.08.2009 05:54 | https://www.achgut.com/artikel/germany_better_to_be_a_muslim_than_a_baptist |
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In Saus und Braus | Jeder Aspekt des Falles Tebarz-van Elst ist nun beleuchtet, jedes Detail bekannt. Inzwischen sind sich alle einig. Ein Mensch, der mit der unvorstellbaren Summe von 31 Millionen hantiert, um ein historisches Gebäude zu sanieren und um einen Neubau zu erweitern, muss wahnsinnig sein. Anfang der Woche wurden wir also von allen namhaften Nachrichtenmagazinen informiert, dass der Bischof wahrscheinlich am Asperger-Syndrom leide. So lauteten zumindest die aktuellsten Gerüchte aus Rom.
Der mutmaßlich autistische Bischof weilt derzeit hinter den schützenden und dicken Mauern des Vatikans. Dort wird er wahrscheinlich noch eine Weile bleiben. Nicht, weil Papst Franziskus ihn in Ketten werfen ließ, um die vor Wut bebende und Pomp verachtende deutsche Volksseele zu beruhigen, sondern aus schierer Angst. Das ist vernünftig, da nicht nur Heiner Geissler, nach Claudia Roth höchste moralische Instanz der Deutschen, mittlerweile auf den Plan trat, um für die Aberkennung aller Ämter und eine Verbannung Tebarz-van Elsts ins tiefste Afrika zu plädieren, sondern weil Katholiken und Nichtkatholiken des Landes jetzt drastische Konsequenzen fordern. Erzbischof Zollitisch wird gar mit den Worten zitiert: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich da weiterleben könnte.“ Viele erkennen hier eine subtile Aufforderung Zollitschs an Tebarts-van Elst, den Freitod zu wählen. Vermutungen, Zollitsch habe vor, den Bischof eigenhändig im Starnberger See zu ertränken, erwiesen sich jedoch als haltlos.
Richtig wäre es, darauf hinzuweisen, dass Bauprojekte in öffentlicher Hand, also vom Steuerzahler finanzierte Bauprojekte, in der Regel weitaus teurer sind als die 31 Millionen an Kirchenvermögen, die Tebarz-van Elst verwendet hatte. Niemand will etwa Klaus Wowereit ertränken oder ihn mittellos nach Afrika verbannen, nur weil er 5 Milliarden an Steuergeldern in den Sand setzte und noch setzen wird. Den Bau des Berliner Flughafens kann man ja auch nicht mit dem Bau des Limburger Bischofsitzes vergleichen. So ein Flughafen kommt schließlich dem gesamten Volk zugute, da sollte Geld keine Rolle spielen. Hilfreich wäre es auch, daran zu erinnern, dass der ESM mit 168 Milliarden Euro an Garantien plus 22 Milliarden Euro an Bareinlagen von der deutschen Regierung ausgestattet wurde. Da die gesamte Opposition mit Ausnahme der Linken zugestimmt hatte, regt sich auch niemand wirklich auf. Der Vorschlag, Schäuble nach Afrika zu verbannen, wurde nie gemacht. Und auch hier ist ein Verweis auf den 31 Millionen Protzbau aus Limburg nicht angebracht. Dies hieße, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Hier geht es nicht um luxuriöse Sonderwünsche für Katholiken. Die Rettung des Euro kommt nicht nur allen Deutschen, sondern sogar allen Europäern jedweder Konfession zugute. Anfänglich 190 Milliarden Euro sollte uns dieses Vorhaben schon wert sein.
Vergleichen könnte man die horrenden Kosten für den Bau des Bischofspalastes also lediglich mit den Ausgaben für Bauprojekte anderer sakraler Gebäude. Die Kosten für den Bau der Zentralmoschee Köln-Ehrenfeld schlagen zum Beispiel inzwischen mit 34 Millionen Euro zu Buche. In Köln bekommt man allerdings mehr für sein Geld. Zwei 55 Meter hohe Minarette, ein mehrstöckiges Gebäude nebst 36,5 Meter hoher transparenter Kuppel, Geschäfte, Seminarräume und eine Tiefgarage konnten mit den Millionen erstanden werden, um einen sichtbaren Identifikationspunkt für Muslime zu schaffen. Anders als beim Bau der Moschee in Duisburg-Marxloh benötigte die DITIB diesmal auch keinen Zuschuss an Steuergeldern in Millionenhöhe, sondern schaffte es, das Geld für den Bau alleine aufzubringen. Zu diesem Zwecke wurden auch Spenden gesammelt. Bei der DITIB wird Transparenz groß geschrieben, und so kann man die Liste der Spender auf der Internetseite der Zentralmoschee Köln einsehen. Neben sechs weiteren DITIB Moscheegemeinden, welche jeweils zwischen 1000 Euro und 6000 Euro gespendet hatten, gab die St. Theodor Kirchengemeinde aus Köln Vingst 5000 Euro dazu.
Der Rest der 34 Millionen Euro, so betont die DITIB, stammt ausschließlich aus eigenen Einnahmen. | Katharina Szabo | article | 23.10.2013 02:11 | https://www.achgut.com/artikel/in_saus_und_braus |
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Merkels sowjetische Notbremse | Als einen Akt eindrucksvoller Einmaligkeit werteten die deutschen Leitmedien die Bekundung von Bundeskanzlerin Merkel, sie habe für die Fehlentscheidung zur „Osterruhe“ die Verantwortung übernommen und entschuldige hierfür sich bei allen Bürgern. Das, was als eine Geste demokratischer Demut verkauft wurde, ist indessen nichts anderes als das Resultat eiskalten Kalküls. Es geht Frau Merkel nicht darum, einzugestehen, dass sie und die Ministerpräsidenten eine Fehlentscheidung getroffen hatten, als sie den Deutschen – mit nicht mehr nachvollziehbaren technischen Begründungen – eine „Osterruhe“ verordnen wollten. Denn hierzu brauchte es keines Eingeständnisses. Selbst ein Kind sah, dass hier die Bundesregierung, getrieben von ihrer eigenen Unzulänglichkeit, eine groteske Fehlentscheidung getroffen hatte. Vielmehr ging es Frau Merkel darum, aufkeimende Flämmchen des Widerstandes in den eigenen Reihen schnell mit dem Fuß auszutreten, noch bevor sie das Zentrum ihre Machtstruktur erfassen würden. Auch bei dieser Volte war die Kanzlerin von nichts anderem getrieben als der puren Machterhaltung. Wäre ihr daran gelegen, die Vertrauenserosion und damit den Autoritätsverlust des Regierungshandelns auf Dauer zu stoppen, so hätte sie darauf hinwirken müssen, dass die beiden Hauptakteure der gegenwärtigen Misere, Spahn und von der Leyen, alsbald ausgewechselt werden. Spahn hätte sie entlassen können, ohne dass es ihr schwer gefallen wäre, einen Nachfolger zu finden. Bei von der Leyen, die für das Impfstoffdebakel verantwortlich ist, wäre die Zugeneigtheit der Pariser Machthaber gegenüber der Dame mit Doktor-Titel indes schwierig zu überwinden gewesen. So nahm sie dann nicht demutsvoll, sondern wohl kalkuliert, die Schuld auf sich. Aber ihr mea culpa war nichts weiter, als der leicht durchschaubare Versuch, die Revolte im eigenen Lager und den wachsenden Volkszorn in Schach zu halten. So wie Frau Merkel reagierten kommunistische Regime, wenn sie mit ihrem Latein am Ende waren. Sie räumten Fehler ein, versprachen Besserung und wiesen im Übrigen darauf hin, dass es keine Alternative zu ihnen gäbe. Frau Merkels Erklärung war also nichts anderes als der ungebrochene Anspruch auf Machterhaltung. Statt die Vertrauensfrage zu stellen, wie es sich in dieser Situation in einem parlamentarischen Regierungssystem gebührt hätte, zögert sie nicht, einfach weiter zu regieren, um den Scherbenhaufen ihrer Politik schönzureden. Sie hat gut lachen, denn sie geht mit der Bundestagswahl in Rente. Sie kann sich sogar ihren Einsatz im Wahlkampf für die CDU ersparen. Dann müssen ihre Nachfolger oder Nachfolgerinnen jene Suppe auslöffeln, die sie den Deutschen eingebrockt hat. Scheinbar will sie nur noch eins: das rettende Ufer ihrer letzten Legislatur erreichen, um sich dann im Bewusstsein von 16 Jahren purer Machtgier aufs Altenteil zurückzuziehen, falls nicht noch eine weitere Volte kommt. Zuvor stimmen die deutschen Bundestagsabgeordneten noch schnell über einen 750 Milliarden schweren EU-„Wiederaufbaufonds“ ab. Dafür hatten sie sich am 25.3.2021 in der Debatte des hohen Hause des Deutschen Bundestages genau 38 Minuten Zeit genommen. Die deutsche Republik ist im freien Fall. Ihre Institutionen funktionieren nicht mehr. Der Bundestag ist ein Gremium von Abnickern und zu einer Spielwiese für kleine Geschäftemacher geworden. Die deutsche Regierungsgewalt zerfällt. Statt mutiger Regierungsentscheidungen herrscht föderale Anarchie. Die Zeit ist reif für einen radikalen Wandel, nicht nur in personeller Hinsicht, sondern, um das gesamte Institutionenkostüm der Deutschen Republik zu überdenken. Aber bislang gehorchen die Deutschen weiterhin. Sie sind offenkundig nicht zum Aufstand bereit. Brav wie die Lämmer folgen sie immer noch der Corona-Politik einer Regierung, deren Autorität sich im freien Fall befindet. Genauso wenig nehmen sie Anstoß an der Europabesoffenheit und der fiskalischen Fahrlässigkeit der Bundestagsfraktionen. Es sieht so aus, als ob nur der Abgrund dieser Horde von Partei-Politikern Einhalt zu gebieten vermag. Dr. jur. Markus C. Kerber ist Professor für Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Berlin, Gründer von www.europolis-online.org, | Markus C. Kerber | Es geht Frau Merkel nicht darum, einzugestehen, dass sie und die Ministerpräsidenten eine groteske Fehlentscheidung getroffen hatten, als sie den Deutschen – mit nicht mehr nachvollziehbaren technischen Begründungen – eine „Osterruhe“ verordnen wollten. Vielmehr ging es ihr darum, aufkeimende Flämmchen des Widerstandes in den eigenen Reihen schnell mit dem Fuß auszutreten, noch bevor sie das Zentrum ihrer Machtstruktur erfassen würden. | article | 26.03.2021 07:45 | https://www.achgut.com/artikel/merkels_sowjetische_notbremse |
Der Anti-Amerikanismus der Spiegel-Provinzler | Während die Berichterstattung über Spiegelgate in Deutschland allmählich versiegt wie ein Brunnen im Sahel, greift der Skandal in den USA erst richtig um sich. Nachdem sich zunächst zwei Bürger aus der Stadt Fergus Falls in einem Internet-Beitrag Luft gemacht und die Fälschungen des Claas Relotius akribisch nachgewiesen hatte, griffen auch überregionale Medien wie die Washington Post den Fall auf. US-Botschafter Richard Grenell intervenierte mit einem Brief bei den Verantwortlichen des Spiegel. Er schrieb unter anderem: Der Spiegel antwortete: „Es gibt beim SPIEGEL keine institutionelle Voreingenommenheit gegenüber den USA.“ Die Titelbilder des Spiegel zu den USA und US-Präsident Trump sagen etwas anderes. Und diese Ansicht wird nun auch in The Atlantic, einem angesehenen Magazin für Politik und Außenpolitik in den USA geteilt. James Kirchick, ein bekannter amerikanischer Journalist und Kommentator, schreibt: „Als Trump zum Präsidenten gewählt wurde, schien das jeden negativen Eindruck zu bestätigen, den die Europäer von den Amerikanern haben. Hier, in Gestalt unseres Reality-TV-Führers, war der Ur-Amerikaner: vulgär, krass, ignorant, kriegerisch. Trump mag all das sein, aber seine Anhänger mit einem so groben Pinsel zu zeichnen, ist gleichbedeutend mit der Beschreibung halb Deutschlands als einem Haufen von im Stechschritt marschierenden Möchtegern-Faschisten." Das Werk von Relotius lese sich so, "wie man es von einem rotzfrechen, affektierten, selbstgerechten, moralisch überlegenen, latte-schlagenden Europäer erwartet, der über Amerika spricht“. Kirchick zitiert zur Veranschaulichung den Soziologen Andrei Markovits und sein Buch Uncouth Nation (Amerika, dich haßt sich's besser: Antiamerikanismus und Antisemitismus in Westeuropa). Dort heißt es zu den negativen Merkmalen, die die Europäer seit langem mit Amerika in Verbindung bringen, gehörten "Käuflichkeit, Vulgarität, Mittelmäßigkeit, Unwahrhaftigkeit" sowie die Wahrnehmung, dass das Land ein "bedrohlicher Parvenu" sei. Also genau jene Stereotypen, die auch Claas Relotius bediente. Ein Interview mit Andrei Markovits kann man hier auf Youtube ansehen. James Kirchick, der im Rahmen eines Stipendiums selbst einige Monate in einer für den englischsprachigen Raum arbeitenden Abteilung des Spiegel absolvierte, wirft dem Magazin einen latenten Anti-Amerikanismus vor, der als „hochtrabende Kritik" maskiert sei und reiht mühelos haarsträubende Beispiele aus den vergangenen Jahrzehnten aneinander. Im übrigen sei es für eine ernsthafte Dokumentationsabteilung ein Leichtes gewesen, die Relotius-Fakes mit gesundem Menschenverstand und einem schlichten Anruf bei dem ein oder anderen Akteur zu enttarnen. Zu seinem Atlantic-Beitrag gehts hier. Eine umfangreiche Deskonstruktion des Spiegel-Antiamerikanismus (und auch anderer deutscher Medien) findet sich auf derm englischsprachigen Blog "Davids Medienkritik", der die deutsche Berichterstattung seit Jahren dokumentiert (Danke an Leser Olaf Thiel für den Hinweis). Eher von der humorigen Seite nimmt es indes James Lileks von StarTribune aus Minnesota in einer Satire: „Im Namen aller in Fergus Falls, die sich wegen einer gefälschten Spiegel-Geschichte über ihre geliebte Stadt schämen müssen, dachte ich, es wäre fair, die Büros des Spiegel zu besuchen und zu sehen, wie es da so ist. Die Büros befinden sich hoch in den Alpen, in einem Schloss. Ein Schild mit der Aufschrift "Wer keine Lederhose trägt, kehrt jetzt um" stand am Straßenrand, aber mein Fahrer, ein dummer Junge namens Horst, erklärte, dass man da nichts drauf geben sollte. „Es ist nicht so, dass wir Menschen mit Stereotypen beurteilen, die auf ihrem Aussehen basieren", sagte er. Dann bot er mir an, mir seinen Alpenhut zu verkaufen, damit ich mich anpassen könnte. Die Empfangsdame, Ilsa Shewolff, 32, eine ehemalige Frauengefängniswärterin, starrte mich furchterregend an, wischte einen Tabakfleck von ihren roten Lippen und führte mich dann eine Halle entlang, die von Büsten ehemaliger Redakteure gesäumt war, die an verschiedenen Stellen andere europäische Zeitschriften erobert hatten. Sie öffnete die Tür der Redaktion und lächelte spöttisch. „Er wird dich jetzt sehen", sagte sie und hauchte leise „Schwein". Der Herausgeber, Adolph B. Beethoven.... Sie können die herrliche Satire hier (auf Englisch) zu Ende lesen. Für den Spiegel aber scheint die Geschichte noch nicht zu Ende zu sein. Zumindest nicht in den USA. Von Dirk Maxeiner ist soeben in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er) Portofrei zu beziehen hier. | Dirk Maxeiner | Nach dem amerikanischen Botschafter in Deutschland macht jetzt auch das wichtige politische US-Magazin "The Atlantic" den institutionellen Anti-Amerikanismus des Spiegel zum Thema. Dessen Berichterstattung über die USA sei "gleichbedeutend mit der Beschreibung halb Deutschlands als einem Haufen von im Stechschritt marschierenden Möchtegern-Faschisten." | article | 05.01.2019 06:19 | https://www.achgut.com/artikel/der_ant_ameriaknismus_der_spiegel_provinzler/P14#comment_entries |
Role Model - mit kleinen Fehlern | Auf dem Cover des heutigen “Parade Magazine”, der millionenfach verteilten
Sonntagsbeilage der Washington Post und manch anderer amerikanischen
Zeitung, sind drei Sportler abgebildet: Basketball-Star LeBron James und
Volleyball-Olympiasieger Misty May-Treanor und Kerri Walsh. Darunter steht
in fettem Gelb: “Get Fit Now!” Alle drei sind sympathische Kids, ehrgeizig, determiniert, die sich und
ihren Erfolg mit breitem gewinnendem Lächeln präsentieren, echte role models
also: Kinder, macht’s ihnen nach, statt auf der faulen Haut zu liegen oder
euch von unerreichbaren Tagträumen deprimieren zu lassen—oder gar in der
Falle krimineller Aktivitäten zu verkommen. Das Foto, dominiert von roter
Sportkleidung auf neutralem hellblauem Hintergrund, ist dabei sehr brav,
ohne jede sexuelle Anzüglichkeit. Und doch stört mich was an diesem Bild: LeBrons Arme sind voll tätowiert.
Nein, da sind keine nackten Seejungfern zu sehen oder Namen verflossener
Freundinnen in gotischen Lettern, keine Kreuze oder Teufelssymbole; die
Tätowierungen scheinen eher zum Abstrakten zu tendieren, oder vielleicht
sind es Fantasieszenen—genau läßt sich das nicht ausmachen, als hätten
Fotograf oder Fotoredakteure hier die Eindrücke absichtlich mit Perspektive,
Licht oder Photoshop zum Verblassen gebracht. Na toll, da haben wir’s mal wieder: Es fällt der “seriösen” Presse, die
sonst so bedacht auf ihr Renommee als “family newspaper” ist, daß jedes
four-letter word (einschließlich sowas harmlosem wie “damn”) geschamig
ausgepunktet wird, nicht ein, daß so ein Foto in dieser Riesenauflage
Scharen Jugendlicher in mieselige Tätowierungssalons treiben könnte (und
wahrscheinlich wird), wo sie sich, motiviert von einem “Vorbild”, mit
Körperkitsch verschandeln lassen—und zwar möglichst großflächig
und weithin sichtbar, denn so hat LeBron James es ihnen vorgemacht. Ich hab
nicht unbedingt was gegen kleine private Tätowierungen, und über größere,
wie sie manche Biker im reiferen Alter auf dem Bizeps oder sonstwo zur Schau
tragen, kann ich meistens nur grinsen (es sei denn, sie verbreiten eine
rassistische message). Doch jungen Leuten eine fragwürdige Hautästhetik per
role model auf dem Titelblatt der Sonntagszeitung zumindest unterschwellig
als begehrenswert schmackhaft zu machen, finde ich perfide. “Aber du hast doch auch Sachen gemacht, die den älteren Leuten damals nicht
gefielen, wie dir die Haare lang über die Schultern wachsen lassen, und du
trägst sie immer noch lang”, sagte meine Tochter vor Jahren, als sie mit
Tätowierungsgelüsten flirtete. “Stimmt”, sagte ich, “aber die hätte ich mir
jederzeit abschneiden können—no damage done.” | Fred Viebahn | article | 08.01.2007 00:02 | https://www.achgut.com//artikel/role_model_mit_kleinen_fehlern |
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„In den letzten Tagen bewiesen Sie Mumm“ | Gunter Weißgerber, langjähriger SPD-Parlamentarier im Bundestag, schrieb einen offenen Brief an den CDU-Bundeskanzler-Kandidaten Friedrich Merz, in dem er auf die Abstimmung vom vergangenen Freitag Bezug nimmt. Wir dokumentieren sein Schreiben: Friedrich Merz MdB
Die CDU und die Bundestagswahl am 23. Februar 2025
Sehr geehrter Kollege Merz,
in den letzten Tagen bewiesen Sie Mumm, Konsequenz, eingängige Eloquenz. Dazu möchte ich Ihnen gratulieren. Seien Sie sicher, zwei Drittel der Bevölkerung atmeten auf. Schöpften sogar Hoffnung.
Als Sozialdemokrat, seit 2019 wieder ohne Parteibuch wie vor 1989, der sich immer gegen das Salonfähigmachen von Linksaußen, auch zum Schutz vor einem daraus folgenden Aufschwung von Rechtsaußen, verwahrte, sage ich ihnen mit dem Selbstbewusstsein eines Demokraten, das Parlament ist der Ort der Diskussion, der Entscheidungsfindung, der Abstimmung.
Nie spielte für meine frühere Partei in den Zeiten meiner Bundestagszugehörigkeit eine Rolle, wer ihr im Parlament zustimmt. Jede Stimme zählte. Egal von wem. Angenehmer waren Zustimmungen aus den Reihen der demokratischen Konkurrenz. Etwaige Zustimmungen aus dem Pulk der vormaligen Diktatur- und MfS-Partei SED (SED-PDS, PDS, Linke) wurden nicht gesucht, abgewiesen wurden die nie! Der Zeitgeist nannte das Demokratie.
Bleiben Sie bitte auf diesem Weg der Mehrheitsfindung im Parlament. Scheren Sie sich nicht um die wieder aufgenommen Hass- und Hetzelustbarkeiten gegen CDU/CSU. Helmut Kohl jedenfalls stand da immer sehr erfolgreich drüber. Wohlwissend, die strukturelle Mehrheit der Bevölkerung ist konservativ, will keine Experimente, dafür Sicherheit im Inneren wie im Äußeren.
Helmut Kohl und Franz-Josef Strauß hätten auch niemals eine Transformation ins Wirre zugelassen. Preiswerte Energie sahen die beiden Herren ebenso alternativlos für die Existenz der Bundesrepublik wie die Sicherheit im westlichen Bündnis und die tatsächliche Solidarität mit Israel.
Was das westliche Bündnis und Israel angeht, stehen Sie nach meinem Eindruck noch immer dort, wo die Union seit 1949 immer stand. Bitte bleiben Sie dabei.
Der ökologisch-sektiererisch basierte Rückbau Deutschlands in Gesellschaft, Wirtschaft, Automobilbau, Energieversorgung, Forschung und Wissenschaft harrt dagegen noch ihrer glaubwürdigen Ablehnung. Hier müssen Sie unbedingt noch vor der Wahl liefern.
Was Meinungsfreiheit und Zensur angehen, nehmen Sie sich bitte eine Anleihe bei der neuen US-Administration. Das schreibe ich auch, weil ich annehme, dass der erste Verfassungszusatz der US-Verfassung – Stichwort Meinungsfreiheit – in Kürze eine herausragende Rolle in der Kommunikation mit der demokratischen Führungsmacht der westlichen Welt spielen wird. Wäre ich Präsident Trump, würde ich vor Verhandlungen mit der EU und Deutschland eine Vorbedingung nennen, die da hieße
„Wir verhandeln nur mit unseren westlichen Partnern, wenn die umfassende Meinungs- und Informationsfreiheit garantieren. Basta!“
Sehr geehrter Kollege Merz, in meiner engeren und weiteren Umgebung bemerke ich Positionsveränderungen hinsichtlich der kommenden Bundestagswahl und speziell in der Sicht auf die Union. Vor kurzem noch unentschlossen, wen zu wählen, weil die Adressaten für das Kreuz an der richtigen Stelle verloren waren, nähert sich nach meinem Dafürhalten ein größerer Teil des Wahlbürgertums der Union wieder an. Viele Menschen überlegen, ihnen und CDU/CSU sozusagen als Vorschuss ihre Stimme zu geben. „Dem Mann müssen wir auf die Schulter klopfen!“, so höre ich das.
Falls das so geschieht, lieber Kollege Merz, dann nehmen Sie diese Wahlstimmen bitte nur als Vorschuss auf ihr Versprechen, Deutschland wieder in Ordnung bringen zu wollen. Halten Sie dieses Versprechen nicht, dann tragen Sie Mitverantwortung für eine/n AfD-Kanzler ab 2029. Die Leute haben den Kanal bis obenhin voll.
Beste Grüße und noch besseres Gelingen
Gunter Weißgerber
02.02.2025
P.S.: Ich erlaube mir, diesen Brief zu veröffentlichen. Redaktioneller Hinweis: Gunter Weißgerber (Jahrgang 1955) trat am 8. Oktober 1989 in das Neue Forum ein und war am 7. November 1989 Gründungsmitglied der Leipziger SDP. Für die SDP/SPD sprach er regelmäßige als Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90. Er war von 1990 bis 2009 Bundestagsabgeordneter und in dieser Zeit 15 Jahre Vorsitzender der sächsischen Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion (1990 bis 2005). Den Deutschen Bundestag verließ er 2009 aus freier Entscheidung. 2019 trat er aus der SPD aus. Die Gründe dafür erläutert er hier. Er sieht sich, wie schon mal bis 1989, wieder als “Sozialdemokrat ohne Parteibuch”. Weißgerber ist studierter Ingenieur für Tiefbohr-Technologie. Er ist derzeit Unternehmensberater und Publizist. | Gunter Weißgerber | Gunter Weißgerber, langjähriger SPD-Parlamentarier im Bundestag, schrieb einen offenen Brief an den CDU-Bundeskanzler-Kandidaten Friedrich Merz, in dem er auf die Abstimmung vom vergangenen Freitag Bezug nimmt. Wir dokumentieren sein Schreiben. | article | 03.02.2025 06:25 | https://www.achgut.com/artikel/in_den_letzten_tagen_bewiesen_sie_mumm/P42#comment_entries |
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