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Broders Spiegel: Der Hochmut der Versager
Grundrechte heißen jetzt Privilegien und rücken immer weiter in die Ferne. Wirtschaftsminister Altmaier verkündet, es gäbe keine Pleitewelle, obwohl es die nur deshalb nicht gibt, weil die Pflicht zur Insolvenzanmeldung ganz lange ausgesetzt ist. Ursula von der Leyen, versagt bei der EU-Impfstoffbeschaffung ebenso, wie damals als Verteidigungsministerin. In Berlin und Brüssel herrschen neben Inkompetenz vor allem Hochmut und die Unfähigkeit zur Reue. Henryk M. Broders aktuelles Buch „Wer, wenn nicht ich“ befasst sich mit „Deutschen, Deppen, Dichtern und Denkern auf dem Egotrip“. Das Buch kann im Achgut.com-Shop bestellt werden. Die dritte Auflage ist ab sofort lieferbar.
Achgut.tv
Grundrechte heißen jetzt Privilegien und rücken immer weiter in die Ferne. Wirtschaftsminister Altmaier verkündet, es gäbe keine Pleitewelle, obwohl es die nur deshalb nicht gibt, weil die Pflicht zur Insolvenzanmeldung ganz lange ausgesetzt ist. Ursula von der Leyen, versagt bei der EU-Impfstoffbeschaffung ebenso, wie damals als Verteidigungsministerin. In Berlin und Brüssel herrschen neben Inkompetenz vor allem Hochmut und die Unfähigkeit zur Reue.
article
01.02.2021 06:00
https://www.achgut.com//artikel/broders_spiegel_01_02_2021
Wenn das Volk die Macht ergreift…
Als "Festredner" geladen, sagte Ferdinand von Schirach beim Staatsakt zur Eröffnung der Salzburger Festspiele dem Publikum, Politikern und sonstigen Anführern, was sie hören wollten. Es werde "furchtbar", näselte der schriftstellernde Strafverteidiger, wenn man dem Volk erlaube, die "Macht" auszuüben, die dem Gesetz nach von ihm ausgehen soll. Denn der "angebliche Wille des Volkes" sei "unberechenbar, er ist wild und brutal und kann jederzeit aufgestachelt werden, eine kleine Kränkung reicht dafür aus". Das gelte heute mehr denn je, da sich die Masse des Internets zu bemächtigen drohe, um auch politisch mitzureden, der Elite ins Handwerk zu pfuschen. Damit es soweit nicht kommt, der "Volkswille" nicht Gefahr läuft, sich "für das Falsche, Dunkle, Furchtbare" zu entscheiden,  bedürfe es einer politischen Autorität, die den Bürger vor sich selbst in Schutz nimmt. Das war die Quintessenz beim festichen Auftritt eines "Tuis", wie ihn Bertolt Brecht nicht heimtückischer auf die Bühne hätte stellen können. Sichtlich gefiel sich Ferdinand von Schirach in der Rolle des zum "Tellekt-Uell-In" gewandelten Intellektuellen, des, so würde Brecht sagen, "Speichelleckers", "Bemäntlers" und "Weißwäschers", kurzum des Wasserträgers einer politischen Klasse, die sich zur Vormundschaft über das Volk berufen fühlt. Das Publikum und sein Laudator waren ein Herz und eine Seele. Lang anhaltender Beifall belohnte die Lobhudelei der politischen Hybris. Wie dieser Applaus Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal, den Gründern der Salzburger Festspiele, in den Ohren geklungen hätte, wollen wir uns lieber nicht vorstellen. 
Thomas Rietzschel
Von Thomas Rietzschel. Das Volk, das wusste schon Heinrich Heine, ist ein großer Lümmel, unberechenbar und potentiell gefährlich. Das haben sich die Gäste der Eröffnungsfeier der Salzburger Festspiele von einem aus ihrer Mitte einmal mehr bestätigen lassen. Die Eliten ahnen, dass ihnen die Macht entgleiten könnte. Aber: Je dunkler die Aussichten, umso besser die Stimmung auf den Rängen des Zeitgeistes.
article
28.07.2017 19:55
https://www.achgut.com/artikel/wenn_das_volk_die_macht_ergreift
Qualitätsfernsehen ohne Aprilscherz
Es war am Ostermontag, den 2. April 2018. Das Datum ist wichtig, dadurch ist sichergestellt, dass es sich nicht um ein Aprilscherzversehen handelt. Wie an jedem Tag begann um 20 Uhr die Tagesschau, das Aushängeschild des deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Sie gilt als Vorbild für das Qualitätsfernsehen der ARD schlechthin. Der Aufmacher, also die wichtigste Meldung des Tages: die Ostermärsche. An mehr als 30 Orten demonstrierten mehrere 10.000 Menschen, so die Angaben der Organisatoren, für mehr Demokratie und für den Frieden. Qualitätsfernsehen? Welcher verantwortliche Schlussredakteur hat denn diese Meldung zu verantworten? Seit wann verlässt sich die wichtigste Nachrichtensendung auf die Angaben eines Veranstalters? Und wie viele sind „mehrere 10.000 Menschen". Ob es dann insgesamt 30.000 oder 90.000 waren, würde eine Menge über die Bedeutung dieser Veranstaltung sagen – und ob sie wirklich die wichtigste Meldung des Tages gewesen war. Da seit zwei Tagen auf allen Kanälen in allen Sendern über die Ostermärsche berichtet wurde, waren da auch die Fahnen zu sehen, die mitgeführt wurden. Da gab es viele rote Fahnen und einige mit dem Abbild des Berufsrevolutionärs Che Guevara, selbstgemalte Schilder, die aus ihrer Friedensbewegtheit zum Klassenkampf aufriefen. Gleich in der ersten Reihe lautete das Spruchband: „Die Waffen liefern die Reichen." Im Kommentar ein Hinweis, dass die Bewegung vor 60 Jahren angefangen hat und heute nicht mehr so einen großen Zulauf hat, wie zu Zeiten der atomaren Aufrüstungsdebatte. Eine Mitmarschiererin mit dem Namen Andrea Hornung wird befragt: Milliarden würden für die Rüstung ausgegeben. Jetzt solle auch noch der Wehretat auf 2 Prozent des Bruttosozialproduktes erhöht werden – statt Geld in Schulen zu investieren, damit die besser aussehen, sagt diese und zitiert damit wortwörtlich das Programm „der Linken“. Wer Andrea Hornung ist, wird nicht eingeblendet. Im Kommentar geht es weiter: Allein 3.000 Demonstranten seien zur großen Abschlusskundgebung zum Frankfurter Römer gekommen. Ein Janek Neuhaus, auch er ohne Funktionsbezeichnung, wird interviewt, und er klagt an: Einer der größten Waffenexporteure sei die Bundesrepublik Deutschland. „Kitas statt Kriege" steht auf einem Plakat, das vorbei getragen wird, gefolgt von einer kurdischen Flagge. 3.000 Menschen auf der großen Abschlusskundgebung in Frankfurt? Da scheinen die mehreren 10.000, die – ungeprüft von der Tagesschauredaktion – vom Veranstalter übernommen wurden, doch ziemlich fraglich. Für den Aufmacher in der 20-Uhr-Sendung wäre das wohl eine Recherche bei der Polizei zum Beispiel wert gewesen. Dann der wichtigste Auftritt: Willi von Ooyen, der Verantwortliche für die bundesweiten Organisationen der Märsche. Er glaube, dass der Zulauf tragfähig ist, um auch nach Ostern weiterzuarbeiten, sagt er, eine nichtssagende und daher überflüssige Stellungnahme. Aber offensichtlich war dem Autor wichtig, Willi van Ooyen einen Auftritt zu bieten. Der Marxist hat eine schillernde Vergangenheit. Er gehörte jahrelang zum Führungskreis der Deutschen Friedensunion, der Nachfolgepartei der verbotenen KPD. Seit der Wende ist auch bekannt, dass die DFU, die immer zu Hauptinitiatoren der Ostermärsche gehörte, von der DDR finanziert wurde. Von Ooyen war von 2008 bis 2017 für die Linken als Abgeordneter im Hessischen Landtag. „Eine Demonstration für den Frieden," wurde in dem Beitrag angekündigt. Mit keinem Wort aber wurde darauf hingewiesen, dass diese Demonstration von Kommunisten, Marxisten und allerlei Linkssozialisten dominiert wird. Wenn der rechte Rand mit und ohne AfD Kundgebungen organisiert, werden diese immer mit dem einordnenden Adjektiv „rechtspopulistisch" versehen, damit der Zuschauer gleich weiß, wo er dran ist. Entsprechend müsste es bei den Ostermärschen der Linken aller Schattierungen dann heißen: Die organisierten Ostermärsche werden von linkspopulistischen Gruppen angeführt. Aber wer selbst über Che Guevaras Abbild bei den Ostermärschen als Friedenssymbol nicht stolpert, nimmt auch diese Kundgebungen der Linkspartei und restlichen Marxisten-Leninisten als Demonstration für den Frieden wahr und mutet dies den Gebührenzahlern als Qualitätsjournalismus zu.
Günter Ederer
Der 1. April war vergangen. Wie an jedem Tag begann um 20 Uhr die Tagesschau, das Aushängeschild des deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Sie galt einmal als Vorbild für das Qualitätsfernsehen der ARD schlechthin. Doch schon der Aufmacher lässt den Zuschauer daran zweifeln.
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06.04.2018 18:00
https://www.achgut.com//artikel/qualitaetsfernsehen_ohne_aprilscherz
Die Stasi arbeitet sich selber auf
Wer jetzt so tut, als sei die Beschäftigung ehemaliger hauptamtlicher Stasi-Offiziere in der früheren “Gauck-”, jetzt “Birthler-Behörde” so etwas wie eine “Sensation” oder auch nur ein kleines vorweihnachtliches “Überraschungsei”, der hätte es spätestens seit dem Erscheinen des letzten Buches des im Jahre 1999 unter mysteriösen Umständen verstorbenen Bürgerrechtlers und Schriftstellers Jürgen Fuchs mit dem Titel “Magdalena” aus dem Jahre 1998 besser wissen können … Dort begegnet der ehemalige Bürgerrechtler Fuchs seinen früheren Vernehmern im Stasi-Knast Berlin-Hohenschönhausen, Bäcker und Hopfer, bei Recherchen zu seinem Buch in der ehemaligen Stasi-Zentrale in der Berliner Normannenstraße, und zwar in der Abteilung “Spezialrecherche”. Die “Knaststimme” berichtet über diese “unheimliche Begegnung der dritten Art” wie folgt: “Ich habe keine Schwierigkeiten mit Ihnen zu sprechen, höre ich mich sagen. Welchen Dienstgrad hatten Sie? Oberstleutnant, sagt Bäcker. Und Sie sind der Einzelkämpfer, fragt er. Was habe ich ihm geantwortet? Das Gedächtnis des Einzelkämpfers läßt nach. In der Haft, in der Not, in der Niederlage frißt sich alles ein, jeder Ölsockel, jedes miese Grün oder Grau, jedes Grinsen, auch jedes eigene Wort und das Gestammel dazu ... Aber danach, nach der ‘Wende’, in der neuen Zeit? Beim Dialog mit kooperationsbereiten ehemaligen Offizieren? Ich wohne im Neubaublock gegenüber, sagt Bäcker. Ich auch, sagt Hopfer, zwei Minuten zur Arbeit ... Was ist mit dir, denke ich, hast du Angst vor ihnen? Und das wollen wir Ihnen gleich sagen, teilt Bäcker mit, wir haben keinen Befehl, diese Tätigkeit hier auszuführen, wir haben ständig Ärger mit bestimmten Kreisen ehemaliger Mitarbeiter. Ach so, sage ich. Wer ist Ihr Vorgesetzter, fragt Bäcker, Dr. Rolle? Ich nicke. Vielleicht sind Sie meine Vorgesetzten, sage ich. Aber, aber, Bäcker und Hopfer lachen ihr Lachen. Es ist recht leicht, mit ihnen zu plaudern und zu lachen. Unsere Feinde verlassen die Hölle, und wir betreten sie. Berater bleiben zurück und begrüßen uns.” In der Tat erinnert die sog. “Aufarbeitung des SED-Unrechts” nach 1990 in meinen Augen fatal an die sog. “Aufarbeitung des NS-Unrechts” nach 1945: Während die Täter in den entsprechenden Behörden nach wie vor in Amt und Würden sind oder sogar bestimmte Schlüsselpositionen bekleiden, streiten die Opfer vor deutschen Gerichten um ihre Anerkennung als Opfer sowie um zumeist eher bescheidene Entschädigungen bzw. Rentenansprüche. Und während ein Haupttäter wie Markus Wolf mit seinen “Rezepten der russischen Küche” auf dem Büchermarkt reüssieren geht, begeben sich die Opfer der Staatssicherheit in die nächstgelegene Apotheke, um sich dort gegen ein entsprechendes Rezept ihre Antidepressiva oder aber ihr Valium gegen die permanente Schlaflosigkeit bzw. gegen die damit verbundenen Alpträume abzuholen.
Walter Schmidt
article
01.12.2006 15:52
https://www.achgut.com/artikel/die_stasi_arbeitet_sich_selber_auf
Wenn ein Bob Dylan seine Seele verkauft…
...dann macht er das (1.) weil es ihm großen Spaß macht, (2.) weil er die Idioten, die aus ihm gegen seinen deutlich erklärten Willen einen Propheten der Weltrevolution machen wollen, ein wenig ärgern möchte, und dann macht er es (3.) genau so wie ein Bob Dylan eben alles macht: dann macht er es richtig.
Michael Holmes (Gastautor)
article
06.11.2007 18:59
https://www.achgut.com/artikel/wenn_ein_bob_dylan_seine_seele_verkauft
Zensur macht glücklich
Das Gallup Institut hat in seinem Welt-Glücksbericht unter anderem festgestellt, dass die Jugend, vor allem im Westen, weniger glücklich ist als früher. Das WEF fordert deshalb auch weniger schlechte Nachrichten. Einige Feststellungen aus dem Welt-Glücksreport 2024 sind: Andrew Moose, Chef des Zentrums für Gesundheit und Wohlbefinden, welches zum Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum WEF) gehört, schrieb in Reaktion auf die Feststellungen des Weltglücksreports, die Gründe, warum gerade junge Menschen unzufriedener werden, seien aus seiner Sicht die folgenden: wirtschaftliche Unsicherheiten wie steigende Lebenskosten und ein volatiler Arbeitsmarkt; sozialer und technologischer Druck, wie Ungleichheit und Konkurrenzdruck durch die sozialen Medien sowie Isolation wegen fehlender Unterstützungsgruppen; Angst und Unsicherheit wegen des Klimawandels und politischer Polarisation. Zur Abhilfe empfiehlt er die folgenden vier Maßnahmen: Wie das bei großangelegten, internationalen Untersuchungen oft der Fall ist, gibt es gewissen Tendenzen, aber auch viele Faktoren, die sich nicht eindeutig zuordnen lassen, weil die Gruppe für die Stichprobe zu vielschichtig ist. Wer will, findet immer eine Bestätigung seiner Überzeugungen. Überhaupt Glück zu definieren und subjektiv in verschiedenen Ländern festzustellen, ist nicht einfach. Manch einer hat alles im Leben und ist trotzdem unglücklich, weil er oder sie sich mit anderen vergleicht. Ein anderer ist glücklich, weil sein Leben weniger miserabel ist als früher. Dazu kommen noch kulturelle Faktoren und Mentalitäten, wie, dass manche Völker zu Fröhlichkeit neigen und andere zu Schwermut. Dass mit zunehmender Erweiterung des Horizontes, gerade durch das Internet, auch die Ansprüche steigen und damit auch der Druck, wie andere, idealisierte „Influencer“ zu sein, ist nicht verwunderlich. Dass auch die Jugend heute viel mehr Nachrichten mitbekommt als früher, weil der Zugang so viel schneller und einfacher ist, und Nachrichten hauptsächlich negativ sind, ist auch klar. Allerdings werden im Glücksreport gar nicht explizit schlechte Nachrichten als wesentliche Quelle für das Unglücklichsein erwähnt. Mehr globale Beeinflussung Moose will eine Globalismus-Agenda, der rote Faden des WEF, anhand des Welt-Glücksreport fördern. Was Moose fordert, kommt unschuldig daher, ist aber im Prinzip ein Aufruf zu mehr Zensur, mehr globaler Kontrolle und mehr Beeinflussung der Jugend in Richtung WEF-Agenda. Besonders bei Punkt 3 lässt er etwas die Maske fallen, denn hier wird zu noch mehr Kontrolle der sozialen Medien aufgerufen, um schlechte und falsche Nachrichten zu vermindern. Es steht außer Zweifel, dass viel Müll in den sozialen Medien herumgereicht wird. Allerdings ist es bedenklich, wenn sich bestimmte Organisationen, die nicht neutral sind, berufen fühlen, zu entscheiden, was wertvoll und was schädlich ist. Wie in Punkt 2 durchschimmert, ist Vernetzung rund um das Thema Umweltaktivismus (und wir können an weitere „gesunde“ Themen der Vernetzung denken) förderlich für guten sozialen Austausch, aber es darf angenommen werden, dass Vernetzung und Austausch über Themen, die heute als "rechts" gelten, nicht als förderlich angesehen wird. Negative Nachrichten von der Jugend fernzuhalten, um sie weniger unglücklich zu machen, scheint erst einmal keine schlechte Idee. Allerdings sind negative Nachrichten, die die Jugend unglücklich machen, nicht nur solche von Krieg und Massakern, sondern auch ständige Schreckensszenarien zum Klimawandel. Auch mit den Falschinformationen ist das so eine Sache. Davon gibt es haufenweise, aber manche sogenannte Falschinformationen sind auch einfach unliebsame Meinungen, die sich dann später doch bestätigen, wie in der Corona-Zeit zu sehen war. Persönlich denke ich, dass weniger Zeit im Internet und speziell in den sozialen Medien zugunsten von mehr Zeit mit Familie und Freunden (wenn dabei nicht jeder auf sein Handy starrt) sinnvoll ist. Aber das staatlich einzuschränken führt normalerweise nur zur Rebellion und zum „jetzt erst recht“. Wenn man selbst erlebt, dass ein Picknick im Park, eine Wanderung mit Freunden, ein gemeinsames Essen glücklicher machen als ewige TikTok-Videos oder Twitter-Debatten, dann wird man etwas ändern, aber sicher nicht wegen Zensur und Bevormundung. (Quellen: World Happiness Report 2024, World Economic Forum) Sebastian Biehl, Jahrgang 1974, arbeitet als Nachrichtenredakteur für die Achse des Guten und lebt, nach vielen Jahren im Ausland, seit 2019 mit seiner Familie in Berlin.
Sebastian Biehl
Das Gallup Institut hat in seinem Welt-Glücksbericht unter anderem festgestellt, dass die Jugend, vor allem im Westen, weniger glücklich ist als früher. Das WEF fordert deshalb auch weniger schlechte Nachrichten.
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15.04.2024 14:00
https://www.achgut.com//artikel/kurzkommentar_zensur_macht_gluecklich
Karlsruhe gehorcht dem nachhaltigen Vorsorgeprinzip
Am Mittwoch (24.11.2010) bestätigte das Bundesverfassungsgericht die Rechtmäßigkeit des deutschen Gentechnikgesetzes. Es folgt damit dem misslichen Trend, spekulative Angstszenarien wichtiger zu nehmen als reale Chancen, die Erfindergeist und Technologien bieten: Ein Dämpfer, aber nicht nur für Sachsen-Anhalt. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, das Land Sachsen-Anhalt hätte das Bundesverfassungsgericht (BVG) nicht um Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Gentechnikgesetzes (GenTG) gebeten, sondern zunächst eine politische Initiative gestartet, um naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn und die sich hieraus erschließenden Anwendungschancen als zentrale geistige Ressourcen unseres Gemeinwesens unter den Schutz der Verfassung stellen zu lassen. Karlsruhe hat diese Ressource offenbar aus dem Auge verloren. Die Richter reihen sich damit ein in die lange Reihe jener, die das lähmende Vorsorgeprinzip zur neuen Richtschnur menschlichen Handelns auserkoren haben. Die Kultivierung von (selbst zugelassenen und hinlänglich geprüften) gentechnisch veränderten (GV-)Pflanzen könne womöglich vielleicht eventuell doch schädliche Auswirkungen auf Mensch und Natur haben, so die verbreitete Sicht, der die Richter gefolgt sind. Dabei sind, nach dem Stand von (klassisch streng methodenorientierter) Wissenschaft und Forschung, derlei Szenarien (umgangssprachlich formuliert) an den Haaren herbeigezogen, was nicht zuletzt der umfangreiche wie erfolgreiche Anbau und Konsum transgener Pflanzen in den letzten Jahrzehnten außerhalb Europas zeigt. „Bis heute gibt es keine Belege dafür, dass genveränderte Pflanzen gesundheitlichen Schaden auslösen“, kommentierte Sven Stockrahm in der ZEIT. Ulli Kulke kritisierte die Verfassungsrichter in der WELT. Sie hätten sich von einer Stimmung im Lande anstecken lassen, die einen “endgültig geklärten Erkenntnisstand” verlange, bevor „eine Technik angewendet, ja, genau genommen bevor sie überhaupt richtig erforscht werden“ dürfe. „Eine Unmöglichkeit, schon theoretisch“, so seine Sicht der Dinge. Wer Zweifel ob der abschreckenden Wirksamkeit der „Genparagraphen“ im GenTG hegt, das in weiten Teilen von Wissenschaft und Pflanzenzucht als Gentechnikverhinderungsgesetz verschrien ist, braucht nur die Wirklichkeit zu betrachten. Die pflanzenbiotechnologische Forschung tendiert seit einigen Jahren in Richtung Ruhestand und beschäftigt sich, wenn überhaupt noch, dann mit hypothetischen Risikoszenarien, die, würde man sie auf konventionelle oder ökologische Landwirtschaftsysteme (oder Zahncremes) übertragen, ein sofortiges Verbot des globalen Ackerbaus (oder der Mundhygiene) zur Folge haben müssten. Nachwuchswissenschaftler kennen die moderne Biowissenschaft nur noch als Biosicherheitsforschung. Konventionelle Nutzungen und praktische Begleitforschungen sind indes in ganz Europa fast vollends zum Erliegen gekommen. In Deutschland liegt dies nicht zuletzt daran, dass man durch die gesetzlich fixierte Ungleichbehandlung als Landwirt, der auf vermeintlich freien Agrarmärkten zugelassene GV-Sorten kultivieren möchte, sehr schnell Kopf, Kragen und Hof verlieren kann – von den vielfältigen Verbalattacken als Folge der diskriminatorischen Züge des Gesetzespaketes mal ganz abgesehen. Das Gentechnikgesetz ist symptomatisch für eine Zäsur im Selbstverständnis unseres Kulturraumes, dem es neuerdings zuvorderst um die Bändigung statt um die Förderung von Neugier, Wissensdurst und Fortschrittsdrang geht. Das hat nun auch Karlsruhe besiegelt. Auf die traditionelle Wertschätzung von Wissenschaft und Technikentwicklung kann man sich längst nicht mehr verlassen. Über viele Jahrzehnte gab es hierzu einen alle Parteien und Lager übergreifenden Konsens, dessen Wurzeln in die Zeit der Aufklärung reichen. Diese positive und selbstbewusste Grundhaltung gegenüber dem menschlichen Vermögen, trotz vereinzelten Rückschlägen immer wieder neue Herausforderungen zu meistern, hat uns unterm Strich Wohlstand, Freiheit und allerlei Annehmlichkeiten im Alltag beschert. Doch diese Haltung in den letzten Jahrzehnten erodiert – obwohl es, rein rational betrachtet, keinen Grund dafür gibt, denn das materielle Leben der Menschen auf der Erde verbessert sich immerzu. Der aus dem Niedergang des emanzipatorischen Subjektbegriffs entstandene risikoobsessive Technokratismus nagt nun an allen Ecken und Enden. So ist es mittlerweile verwerflich, Energiefragen jenseits einfältiger Sparlampenmentalität zu diskutieren. Und selbst großartige zivilisatorische Errungenschaften wie die fortwährende Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht, ohne die sich in den letzten Zehntausend Jahren keine menschliche Kultur im weitesten Sinne hätte entwickeln können, werden heute nur noch aus dem Loch der Risikogesellschaft heraus scheu beäugt. Dieser Zeitgeist gibt sich heute modern und schick und preist sich als Einstieg in goldene grüne Zeiten. Dabei predigt er Zurückhaltung, Verzicht, Abschottung und Grenzendenken und zerstört nachhaltig das humanistische Selbstbewusstsein, eine bessere Gesellschaft mit noch mehr Wohlstand und noch mehr Freiheit für noch mehr Menschen auf der Erde gestalten zu können. Nicht einmal einen banalen Bahnhof kann man im Deutschland des 21. Jahrhunderts mehr bauen. Diese misslichen Trends sind in den letzten Jahren auch auf Sachsen-Anhalt niedergeprasselt. In der Region spielt die moderne Pflanzenzucht seit Generationen eine bedeutende Rolle für den globalen agrarischen Fortschritt und die allgemeine Wohlstandsentwicklung. So war es kein Wunder, dass die Landesregierung bald nach der Wende an den früheren Erfolgen anknüpfen wollte. Hightech und Forschung einschließlich der Gentechnik im Agrar- und Lebensmittelbereich wurden als Chance für eine effiziente Landwirtschaft und als vielversprechende New-Economy-Branche bewertet. Die Landesregierung beschloss im Sommer 2003 eine umfangreiche Biotechnologie-Strategie, bei der die Grüne Gentechnik neben dem Pharmasegment als zweiter Förderschwerpunkt festgelegt wurde. Ex-Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) kündigte an, Sachsen-Anhalt zu einem „führenden, weltweit anerkannten Biotechnologiestandort“ ausbauen zu wollen. Unterstützt wurde das Projekt „InnoPlanta“ in der Region Nordharz / Börde. Der Verein war im Mai 2000 gegründet worden und hatte schon im darauf folgenden Herbst beim InnoRegio-Wettbewerb des BMBF den ersten Platz belegt. Die existierenden Kompetenzen in der Region wurden vernetzt und ausgebaut – hierzu zählen das weltweit renommierte Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben (dem ein „Biopark“ angeschlossen wurde), die Universitäten und Hochschulen und eine Reihe lokaler Saatzuchtunternehmen. Zum Dreh- und Angelpunkt der Initiativen wurde die 2002 gegründete und von der Landesregierung mitgetragene BIOMitteldeutschland GmbH. Sachsen-Anhalt avancierte zu einem Vorreiter für die Ausschöpfung der Potenziale, die die Grüne Gentechnik bereithält. Doch es wurde auch zu einem Bundesland, das einstecken musste, dass optimistische Aufgeschlossenheit gegenüber Wissenschaft und Technikentwicklung in Deutschland längst nicht mehr mehrheitsfähig war. Es kam zu anhaltenden Verstimmungen mit der der rot-grünen Bundesregierung, die mit Bundesministerin Renate Künast (B90/Grüne) die deutsche Gentechnikverhinderungspolitik vorantrieb – woran später Horst Seehofer und Ilse Aigner (beide CSU) anknüpften. Gegen den Willen Berlins beschloss Sachsen-Anhalt im Jahre 2003, auf mehreren Hundert Hektar Ackerland einen Erprobungsanbau mit transgenem Mais zu starten. Man kümmerte sich sogar um universitäre Begleitforschung, nachdem die wissenschaftliche Unterstützung von Seiten der Biologischen Bundeanstalt (heute Julius-Kühn-Institut) kurzerhand von höherer Stelle untersagt worden war. Parallel zum Beginn des Erprobungsanbaus 2004 legte Künast ihren Entwurf zur Novelle des GenTG vor, um diese bis heute offiziell und ironischerweise als „Zukunftstechnologie“ bezeichnete Sparte nachhaltig auszubremsen. Sachsen-Anhalt legte Klage beim Bundesverfassungsgericht ein. Die Störfeuer wurden ab 2004 auch von anderer Seite angefacht: die rot-grüne Angstpolitik rief Protestgruppen auf den Plan, die seither durch Feldzerstörungen Millionenschäden angerichtet und Grundlagenforschungen verhindert haben. In Bernburg in Sachsen-Anhalt wurden im März 2004 durch eine spektakuläre Greenpeace-Aktion Versuchsfelder für GV-Weizen mit einer Resistenz gegen Fusarien-Pilze weitgehend unbrauchbar gemacht. Im folgenden Mai wurde der Versuch von Unbekannten vollends zerstört: sie rissen die kultivierten Weizenpflanzen aus dem Boden des verbliebenen Versuchsfelds. Die Betreiberfirma Syngenta beschloss wenig später, die für die Zukunft der Welternährung nicht gerade unbedeutende transgene Weizenforschung in Deutschland vollends einzustellen. Auch hier ließ Sachsen-Anhalt nicht locker. Man bemühte sich vergeblich um eine Diskussion über den Gemeinnützigkeitsstatus grüner NGOs, die umfangreiche Steuerprivilegien genießen. „Wir können uns nicht von Greenpeace vorschreiben lassen, was wir strukturpolitisch zu tun und zu lassen haben“, erklärte Ex-Finanzminister Karl-Heinz Paqué (FDP). Und so ging es weiter und weiter. Der Urteilsspruch aus Karlsruhe ist ein neuer Dämpfer, aber nicht nur für Sachsen-Anhalt. Thomas Deichmann ist Chefredakteur von NovoArgumente und Autor zahlreicher Bücher. Er betreut zudem den Nachrichtendienst „FGV Aktuell“ mit Meldungen zur Grünen Gentechnik. Lesetipps: Dossiers: Grüne Gentechnik & Landwirtschaft; Grüne NGOs
Thomas Deichmann
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26.11.2010 22:32
https://www.achgut.com//artikel/karlsruhe_gehorcht_dem_nachhaltigen_vorsorgeprinzip
Linksradikale bekämpfen Rechtsextremismus mit Bundesmitteln
In der gestrigen Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung wurde auf ein Problem hingewiesen, das von der veröffentlichten Meinung kaum wahrgenommen wird. Während im Koalitionsvertrag der Großen Koalition noch vorgesehen war“jede Form von Extremismus, auch von links, zu bekämpfen“, ist dieses Ziel nie in Angriff genommen worden. Statt dessen einigten sich die Koalitionäre, es bei den Programmen gegen Rechtsextremismus zu belassen. Ein Teil dieser Programme ist in den Händen von Linksextremen. Für Familienministerin von der Leyen ist das offenbar kein Problem, denn ihr Haus hat die Mittel sogar aufgestockt. Damit hat auch die Unionsspitze den Antitotalitären Konsens aufgegeben. Den Artikel von Markus Wehner kann man hier nachlesen: radiokempten.wordpress.com/2008/02/17/besoffene-bauern-nazis/ - 22k
Vera Lengsfeld
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18.02.2008 20:49
https://www.achgut.com/artikel/linksradikale_bekaempfen_rechtsextremismus_mit_bundesmitteln
EHEC-Epidemie: Eine deutsch-grüne Katastrophe
A technology that might have prevented contaminated produce from infecting thousands of Germans with E. coli was vetoed—by Germany—11 years ago for use in the European Union. Irradiating food with high-voltage electrons is a process that can kill bacteria on or in solid objects, just as pasteurization can kill them in liquid foods. When the European Commission proposed in 2000 that irradiation be allowed for a greater range of foods and at a higher dose, the German government vetoed the measure. More here
Benny Peiser
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11.06.2011 01:47
https://www.achgut.com//artikel/ehec_epidemie_eine_deutsch_gruene_katastrophe
Das rätselhafte Spätwerk Paul Simons
Über ein musikalisches Genie, dem nach der Trennung von seinem Jugendfreund, dem Super-Sänger Art Garfunkel, unglaubliche Comebacks gelangen und der sich künstlerisch immer wieder neu erfindet. Im Spätsommer des Jahres 2018 erschien das Album „In the Blue Light", und dies schien eine Art Abschied des großen Singer/Songwriters Paul Simon zu sein. Das Album enthielt zum größten Teil sehr nachdenkliche Titel, die aber bereits in anderen Zusammenhängen erschienen waren. Wie in einer Art Selbstgespräch oder einem Rechenschaftsbericht hatte Paul Simon die meisten der Songs von „In the Blue Light" neu aufgenommen, es waren sozusagen Cover-Versionen eigener, älterer Titel. Auffällig war, dass hierbei die frühe Phase Paul Simons, die Zeit, die ihn berühmt gemacht hatte, jene glanzvolle Ära mit seinem Partner Art Garfunkel, vollkommen unberührt blieb. Das Album schloss ab mit „Questions For The Angels", ein Song von 2011. Der Song beginnt mit den schönen Worten: „A pilgrim on a pilgrimage Walked across the Brooklyn Bridge His sneakers torn In the hour when the homeless Move their cardboard blankets And the new day is born" „Ein Pilger auf der Pilgerreise ging über die Brooklyn Bridge – zerrissenen seine Turnschuhe – in der Stunde, wenn die Obdachlosen ihre Pappdecken bewegen und der neue Tag geboren wird." Wer möchte, kann in diesem Pilger Paul Simon sehen und in der Pilgerreise seine Reise durch die Musik. Der Obdachlose erinnert auch an den Figurenkreis, den wir aus „The Boxer" schon kennen. Doch am Ende fragt Paul Simon: „Wenn alle Menschen auf der Erde und ihre Gebäude verschwunden sind, wird ein Zebra in der afrikanischen Savanne grasen?" Es ist sicher wohlbedacht, dass Paul Simon dieses Album mit der Frage für die Engel beendet. Paul Simon war immer ein Songwriter, der mehr Fragen stellte als Antworten gab, und das machte einen Teil seiner Größe aus. Er hatte nie das Plakative eines Bob Dylan, teilte mit ihm im besten Fall die Lust am Geschichtenerzählen, ererbt sicher aus der angelsächsischen Balladentradition und angereichert durch den Erzählreichtum jüdischer Überlieferung und Literatur. Müssen wir erwähnen, dass drei der größten amerikanischen Songwriter, Bob Dylan, Leonard Cohen und eben auch Paul Simon, jüdischer Abstammung sind? Wir erwähnen es, denn die amerikanische Kultur verdankt gerade diesen drei Männern so unglaublich viel. Besonders diese drei haben Songwriting in den Stand der Literatur gehoben und dass Bob Dylan anstelle von Paul Simon den Nobelpreis für Literatur bekam, lag vermutlich schlichtweg daran, dass er die Galionsfigur der amerikanischen Folk-Pop-Kultur war, sozusagen der mit den älteren Rechten (beide sind übrigens 1941 geboren), auch die lauteren Fans hatte, der bessere Autor war er keineswegs, der bessere Songschreiber, wenn wir von einem Songschreiber auch ab und an ein paar eingängige Melodien erwarten, sowieso nicht. Bob Dylan ist gut, aber er ist überschätzt. Paul Simon ist gut, aber er ist bis heute unterschätzt. Dabei war Paul Simons Werk zunächst vor allem eine Anlehnung an Bob Dylan. Die allerersten Simon and Garfunkel-Songs sind Bob Dylan nachempfunden. Schnell entwickelt Paul Simon aber einen eigenen musikalischen Stil und eine eigene Art des Geschichtenerzählens. Simon schreibt weniger aufdringlich als der bereits erfolgreiche Rivale. Vor allem in der Zeit in England scheint sein musikalisches Genie zu reifen. Paul Simon ist viel mehr ein Musiker als Bob Dylan das ist. Paul Simon verschlingt nahezu alles, was ihm musikalisch in die Quere kommt. Er liebt ohne Zweifel die Musik und er saugt alles auf und bastelt es in seine eigene Paul-Simon-Welt. So gelingen dem Künstler nach der Trennung von seinem Jugendfreund, dem Super-Sänger Art Garfunkel, unglaubliche Comebacks. Mal macht er mit souligen Sounds in ironisch-melancholischen Songs wie „50 Ways to Leave Your Lover" von sich hören, dann taucht er auf einmal mit afrikanischen Musikern auf und haut mit „Graceland" ein Album hin, das nach Paul Simon klingt und doch wieder ganz anders. Paul Simon erfindet sich immer wieder neu, aber es scheint bei ihm keine Marotte zu sein. Der kleine große Mann hat einfach Spaß an Musik. Religiöse Themen stehen bei Paul Simon nie im Vordergrund, Spiritualität sehr wohl. Schon mit Art Garfunkel nahm er Lieder aus dem christlichen Umfeld auf, insbesondere auf der ersten LP sind „Go Tell It On the Mountains" zu hören und eine wunderschöne Fassung des spätmittelalterlichen Benedictus. Dabei unterscheidet Paul Simon ganz gewiss zwischen Religiosität im kirchlichen Sinn und Spiritualität als persönliche Suche nach Gott. Dies kommt besonders in seinem frühen Song „Blessed" zum Ausdruck, wo er den „Church Service" nach einer Aufzählung von Drogen direkt anspricht. Und anders als der (mehr oder weniger) messianische Jude Bob Dylan (der dem Maschiach Jeschua mehrere Alben widmete) macht Paul Simon aus seinen religiösen Gedanken keine große Sache. Wenn er „Getting Ready For Christmas Day" singt, mag das schlichtweg nur gute Laune sein, aber auch ganz tiefe spirituelle Verankerung und Hoffnung auf bessere Zeiten. Er überlässt es uns, zu hören, was wir hören wollen. Vor allem zeigt Paul Simon seine Spiritualität als Geschichtenerzähler: In „Once Upon a Time There Was an Ocean" von 2008 macht er scheinbar buddhistische Weisheiten zum Resümee eines arbeitenden Menschen, dem die Zeit zerrinnt, während er frustriert aus dem Fenster schaut, darüber nachdenkt, den Job zu schmeißen, einen Lotto-Schein einzulösen: „Once upon a time, there was an ocean But now it's a mountain range Something unstoppable set into motion Nothing is different, but everything's changed" Alles ist verwoben, alles muss erzählt werden, das ganz Private steht neben dem ganz Großen. Die beiden Seiten sind sozusagen Gleichnis füreinander. Die Liebe der Menschen steht neben der Liebe Gottes. In „Love and Hard Times", meiner Meinung nach seinem schönsten Lied nach der Simon-and-Garfunkel-Zeit, erzählt er von Gott und seinem einzigen Sohn, die aus Höflichkeit die Erde besuchen, während weiter Galaxien geboren werden. Dann springt er über und erzählt von seiner Liebe zu einer Frau: „Ich liebte sie, das erste Mal, als ich sie sah, ich weiß, das ist ein altes Klischee." Und „Danke Gott, ich fand dich rechtzeitig". Man denkt schmunzelnd an Paul Simons späte Liebe, die Songwriterin Edie Brickell, mit der er seit Jahren verheiratet ist, insbesondere wenn man weiß, dass Paul Simon nicht immer großes Glück mit seinen Frauen hatte, vor allem, nachdem seine erste große Liebe, die schüchterne Kathy (hier sei nur der Zaubername erwähnt, wir Fans wissen, wer sie ist, respektieren aber ihre Schüchternheit), die Beziehung beendet hatte, weil sie die zunehmende Popularität von Simon and Garfunkel fürchtete. Es ist die einzige mir bekannte Geschichte, wo eine Frau ihren Mann verlässt, weil er Erfolg hat (umgekehrt, dass eine Frau einem Versager den Rücken kehrt, kommt sicher häufiger vor). Auch dieser wundervolle Song erschien bereits 2011. Das blaue Album von 2018 schien wie ein Inhaltverzeichnis und Schlusswort des späten Paul Simon. Paul Simon erklärte, er werde keine Songs mehr schreiben, verließ Brooklyn und siedelte mit seiner Frau nach Dallas um, denn das ist die Heimat seiner Frau. Dann aber kamen die Träume. Zunächst war es wohl nur ein Traum, in dem ihm jemand erzählte, er würde eine Album namens „Seven Psalms" machen. Dann, in mehreren Nächten, jeweils zwischen drei und fünf Uhr, wachte Paul Simon mit einzelnen Textzeilen zu Liedern auf. Es war, als spräche da etwas von außerhalb zu ihm, jedenfalls scheint es Paul Simon so verstanden zu haben. Heraus kam eben „Seven Psalms", ein Album, das nicht nur schon den Namen nach an die Psalme der Bibel erinnert. Aufgenommen hat er es größtenteils in seinem eigenen kleinen Studio in einer ehemaligen Scheune. In einem Interview erzählt Paul Simon sehr berührend, dass er nicht mehr mit anderen Musikern auftreten kann, da er sein Gehör verliert. Er könne noch komponieren und aufnehmen, aber nicht mehr live spielen. Auch das nimmt er als Aufgabe, noch etwas über das Leben zu lernen, so sagt er, und man sieht, dass es ihn dennoch schmerzt. Die Songs auf dem 33-minütigen Album kann man alle als Befragung sehen, als Gebet, als Meditation. Sie behandeln religiöse Themen. König David mit seiner Harfe taucht auf, ähnlich wie in Cohens „Hallelujah". Musikalisch beherrscht die gezupfte Gitarre den Klang, da wenigstens scheint Paul Simon zum Anfang zurückzukehren. Er zitiert in „The Lord" sogar mehr oder weniger direkt das Gitarren-Standard „Angie" von Davey Graham, das Paul Simon, damals war es ein Muss für jeden Zupf-Gitarristen, auch eingespielt und schon zu seiner Vorlage für „Somewhere They Can't Find Me" gemacht hatte (und auch dieser Song war textlich mit einem älteren Song verwoben, so wie jeder Song ein Song über einen anderen Song zu sein und jeder Paul-Simon-Song mit einem anderen verbunden scheint). Hier nun dezent und nur angedeutet wie ein Gedanke aus einer anderen Zeit, wird diese Musik Muster für ein religiöses Bekenntnis: „The Lord is my engineer The Lord is the earth I ride on The Lord is the face in the atmosphere The path I slip and I slide on" Wir hören auch die Partnerin Edie Brickell auf einigen Aufnahmen singen und einen achtköpfigen Chor. Aber die Songs, wenn auch mit Gitarre komponiert, sind nicht so glatt und geradlinig wie Paul Simons frühen Songs. Sie sind auch musikalisch eine Frage. Die Melodien kommen und gehen in kleinen Schlaufen, der Klang franst zuweilen ins Experimentelle aus, dann findet er wieder seine Mitte um die Gitarre. Das Album beginnt schon mit eigenartigen, glockenartigen Klängen und einem Soundteppich, bis die vertraute Gitarre der Sache eine Richtung gibt. Es sind eher biblische Landschaften, die hier in Musik umgesetzt werden. Es sind Wüsten und Oasen, es ist der Weg von Ägypten ins Gelobte Land, auf den Paul Simon uns führt wie ein Moses der Gitarre. Eingängige Ohrwürmer darf man nicht erwarten, aber auf wunderbare Weise bleibt das Gesamtgebilde doch im Kopf, eher wie ein Flechtwerk aus Träumen. Diese Klänge und Zeilen schickt Paul Simon auf die Reise und überlässt es uns, die Geschichten zu vervollständigen. Paul Simon: „The listener completes the song". Paul Simon tritt zunehmend hinter Paul Simon zurück. Auf die Frage, ob er an sein Erbe denkt, antwortet er, nein, das sei nicht wichtig. So schreibt also einer, der das Songwriting hinter sich gelassen hat. Als ich mit dreizehn begann, Songs zu schreiben, war mein größter Wunsch, einmal einen „Paul Simon"-Song zu schreiben. Ich wollte nicht so berühmt sein wie er, eigentlich interessierte mich Berühmtsein überhaupt nicht, ich wollte nur in diese Reihe gehören, denn ich betrachtete ihn als Klassiker so, wie klassisch ausgebildete Musiker Bach als ihren Klassiker sehen, ihren Übervater, ihren Propheten, ihren Meister und unbedingt einmal eine Fuge schreiben müssen. Aber immer, wenn ich Paul Simon nacheiferte, machte er schon wieder etwas anderes. So bin ich nun selbst schon fast ein alter Mann und immer noch auf seinen Spuren wie ein Schüler. Aber er ist noch da! Wenn ich mal wieder auf Familienbesuch in Odense bin, schmeißt spätabends mein Bruder seine riesigen handgefertigten dänischen BKS-Boxen an und lädt Tidal hoch oder sucht alte CDs und Platten zusammen, und bei jeden Besuch gibt es mindestens einen Moment, wo wir Paul Simon hören, manchmal nur „Kathys Song", manchmal frühe Live-Aufnahmen mit Arti, jetzt sicher auch diese seltsamen „Seven Psalms" und die Schliere vom dänischen Regen am Glas des Wintergartens ist die Träne in den Augen eines Zebras in einem Paul-Simon-Song und der Wind, der von der See über die Insel zieht, ist ein Stimmenwirbel in einer Straße in Queens und der kleine Paul wird gleich zu Arti gehen und ihm ein paar neue Akkorde vorspielen. Eine Welt, die Paul Simon hervorgebracht hat, kann nicht ganz verkehrt sein. Merry Christmas, Paul, schreib noch ein paar Zeilen!   Snorre Martens Björkson schreibt Erzählungen, Romane, Hörspiele, Kindergeschichten, Theaterstücke und Songs. Er unterrichtet Klavier und leitet zwei Chöre. Privat beschäftigt er sich mit älterer Geschichte, germanischer Dialektologie und den besonderen kulturellen Wechselbeziehungen zwischen Deutschland und Skandinavien.
Snorre Martens Björkson
Über ein musikalisches Genie, dem nach der Trennung von seinem Jugendfreund, dem Super-Sänger Art Garfunkel, unglaubliche Comebacks gelangen und der sich künstlerisch immer wieder neu erfindet.
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24.12.2023 14:00
https://www.achgut.com//artikel/das_raetselhafte_spaetwerk_paul_simons#section_leserpost
Putin will siegen, aber nicht kämpfen
Will Putin triumphieren, ohne tausende von Soldaten zu verlieren, muss er die ukrainische Angst vergrößern. Das tut er dadurch, dass er praktisch alle überhaupt noch einsatzfähigen Truppen ihre Grenzen bedrohen lässt. Wir sehen in Russland keine Demonstrationen für die Eroberung der Ukraine. Es gibt keine jungen Männer, die durch Moskau oder Petersburg marschieren und ihre Opferbereitschaft bekunden. Kaum jemand will für Wladimir und das Heilige Russland sterben. Ihre Heimat gehört zu den schrumpfvergreisenden Nationen, wo das Durchschnittsalter zwischen 1950 und 2021 von 24 auf 40 Jahre steigt. [1] Der Kriegsindex steht bei rund 0,7. Auf 1.000 Männer im Alter von 55 bis 59 Jahren folgen nur noch 700 Jünglinge zwischen 15 und 19. [2] Die Nation als Ganzes fürchtet Verluste, weil mit jedem Gefallenen eine Familienlinie ausgelöscht wird. Der Einzelne wiederum verspürt keine Neigung zum Heldentod, weil es genügend Optionen gibt. Das ist anders in Ländern mit einem Kriegsindex von 6 wie in Mali oder Jemen, wo 6.000 Jünglinge um die Positionen von 1.000 Alten konkurrieren und schnell merken, dass es nicht für alle reicht. Ist dann der Ausweg in die Emigration verschlossen, beginnen – unter hehren Idealen – Rebellionen oder gar Revolutionen, die keineswegs ihre Kinder, sondern ihre Brüder so lange fressen, bis ein Gleichgewicht erreicht ist. Als Amerikas Oberkommandierender Mark Milley am 5. Februar mitteilt, dass Putin bei seiner Invasion rund 15.000 Ukrainer töten, aber selbst auch 4.000 Mann verlieren würde [3], musste ihn das stärker beunruhigen als alle westlichen Sanktionsankündigen. Auch die Ukraine wackelt demografisch. Sie steigert ihr Durchschnittsalter zwischen 1950 und 2021 von 28 auf 41 Jahre [4] und steht beim Kriegsindex auf vergleichbar tönernen Füßen. Es mag mehr Überlebens- und Freiheitswillen geben als auf der russischen Seite, aber die Bereitschaft, Verluste hinzunehmen, wird schnell erlöschen. Will Putin triumphieren, ohne tausende von Soldaten zu verlieren, muss er die ukrainische Angst vergrößern. Das tut er dadurch, dass er praktisch alle überhaupt noch einsatzfähigen Truppen ihre Grenzen bedrohen lässt. Ein gewiefter Gegner würde ihn gerade dort angreifen, wo er sich schutzlos gemacht hat. Doch die NATO muss er nicht fürchten. Mehr als ein Fischereiunfall mit Beschädigung der Nordstream-Pipeline wird wohl kaum erwogen. Die Ukraine weiß natürlich, dass Putin 12.000 Panzer hat. [5] Sie weiß aber auch, dass er davon nicht einmal 300 nebst 900 bis 1.200 in ihnen verbrennenden Soldaten verlieren kann. Er hätte Mütter und Witwen vor dem Kreml. Selbst unterm Kommunismus – im Afghanistankrieg von 1979 bis 1989 – hatten die Frauen keine Angst, gegen das Sterben von am Ende 13.000 Mann zu protestieren. Putin wird verehrt, weil er 2014 die Krim ohne einen einzigen Schuss erobert hat. „Ohne den Verlust eines einzigen Soldaten“, übersetzte das die Heimatfront. Kiew bittet als Antwort auf die Drohkulisse Berlin um 12.000 Panzerabwehrraketen. [6] Die könnte man liefern. Putin erkennt die Gefahr und fordert vom Westen den Verzicht auf die einzig taugliche Verteidigungshilfe, die Donald Trump 2017 mit der Lieferung von Javelin-Raketen begonnen hatte. Deutschlands Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder tritt Putin zur Seite und beschuldigt Kiew des Säbelrasselns. [7] Der aktuelle Bundeskanzler und seine Außenministerin geben denn auch nicht eine einzige Waffe heraus. Selbst die versprochenen 5.000 Helme sind noch nicht ausgeliefert. Was England und Amerika – ohne Verletzung des deutschen Luftraums – an die Ukraine liefern, wird nicht reichen. Andrij Melnyk, ukrainischer Botschafter in Berlin, beklagt die Verweigerung von „Waffen für die Verteidigung“ [8] als Verrat. Sein Land wird nicht lange oder überhaupt nicht kämpfen, wenn es die Panzer mit Stahlhelmen stoppen soll. Wie Angreifer einen Vorwand präsentieren müssen, benötigen die Überfallenen einen respektablen Grund, ihr Leben nicht in die Schanze zu schlagen. Während Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko noch am 11. Februar ankündigt, dass er als 51-Jähriger „mit der Waffe in der Hand“ [9] seine Hauptstadt verteidigen werde, sagt er nach Berlins endgültiger Ablehnung der Lieferung panzerbrechender Waffen am 18. Februar: „Mit Helmen können wir das nicht schaffen." [10]   Gunnar Heinsohn hat 2011 am NATO Defense College (NDC/Rom) das Fach der Kriegsdemografie eingeführt und bis 2020 gelehrt.   [1] https://www.statista.com/statistics/275400/median-age-of-the-population-in-russia/ [2] https://heinsohn-gunnar.eu/store/product/23-0021-gunnar-heinsohn--nato-keynote-speech--security-implications-of-changing-demographic-trends/ [3] https://news.yahoo.com/gen-milley-says-kyiv-could-004907181.html [4] https://www.statista.com/statistics/424967/median-age-of-the-population-in-ukraine/ [5] https://nationalinterest.org/blog/reboot/12000-tanks-yes-russia-has-more-armor-america-169274 [6] https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Ukraine-fordert-12-000-Panzerabwehrraketen-von-Berlin-article23125343.html [7] https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/brennpunkte_nt/article236534121/Altkanzler-Schroeder-wirft-Ukraine-Saebelrasseln-vor.html [8] https://www.welt.de/politik/ausland/article237025411/Ukraine-Konflikt-Gezielte-Toetungen-und-Entfuehrungen-bei-Einmarsch-in-Ukraine.html [9] https://www.tagesspiegel.de/politik/ich-trainiere-die-ganze-zeit-klitschko-wuerde-zur-verteidigung-der-ukraine-zur-waffe-greifen/28060036.html [10] https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/klitschko-zu-situation-in-ukraine-krieg-nicht-ausgeschlossen,Sxo53bu
Gunnar Heinsohn
Will Putin triumphieren, ohne tausende von Soldaten zu verlieren, muss er die ukrainische Angst vergrößern. Das tut er dadurch, dass er praktisch alle überhaupt noch einsatzfähigen Truppen ihre Grenzen bedrohen lässt.
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22.02.2022 06:15
https://www.achgut.com/artikel/putin_will_siegen_aber_nicht_kaempfen/P154#comment_entries
Kein deutscher Wald für Afrika?
Das Aufforsten in Afrika ist sicher gut und hilft dem Klima, glaubt das Entwicklungsministerium und spendiert 83 Millionen Euro. Dafür gibts „Wiederaufforstung", wo nie Wald war, Monokulturen und oft mehr Schaden als Nutzen. Es gibt zahlreiche Aufforstungskonzepte der Industriestaaten in Afrika. Wenig überraschend ist es, dass Deutschland bei Klimaschutzprojekten sich mit grünem Eifer zu den wichtigsten Financiers und Hauptverantwortlichen für die Umsetzung zählt. AFR 100 (African Forest Landscape Restoration Initiative) wurde 2015 auf dem Pariser Klimagipfel ins Leben gerufen. Im Rahmen der AFR100-Initiative finanziert das Entwicklungsministerium (BMZ) nach eigenen Angaben das Programm z.B. in sechs afrikanischen Ländern bis 2027 mit 83 Millionen Euro. Aber wieder einmal werden die Projekte nicht so geprüft, dass nur solche Programme unterstützt werden, die sinnvoll für Klima und Natur sind. Bislang gibt es nur wenig Fortschritte. Dieser Mangel an Transparenz und Rechenschaftspflicht erschwert eine realistische Einschätzung der Umsetzung. Nun berichtete das renommierte Wissenschaftsfachjournal Science am 15. Februar 2024 über eine Studie der University of Liverpool („Conflation of reforestation with restoration is widespread – Acros Africa, vast areas of non forest are threatened by inappropriate restoration in the form of tree planting“), dass sich die Geldgeber in Afrika durch diese angeblichen Klimaschutzprojekte dem Verdacht des Greenwashings ausgesetzt haben. Die Studienleiterin Kate Parr schreibt: „Statt Klima und Natur zu schützen, werden in großem Maßstab wertvolle Ökosysteme zerstört“, und: „Die Milliardenprogramme müssten sachkundiger umgesetzt werden.“  Vielfach würde – auf Wunsch der Teilnehmerländer um in den Genuss der Gelder zu kommen – dort „Wieder“-Aufforstung gemacht, wo es überhaupt keinen Wald gab. Folge: Bäume würden in ungeeigneten Savannen und Grassteppen gepflanzt, wodurch wertvolle Lebensräume für den artenreichen Wildtierbestand zerstört werden. Auch die Lebensgrundlage der Menschen sei durch die falsche Wiederaufforstung bedroht. Die Fläche der wenig fachgerechten Aufforstung sei inzwischen annähernd so groß wie Frankreich.  „Die Wiederherstellung von Ökosystemen ist notwendig und wichtig, aber sie muss auf eine Weise erfolgen, die für jedes System angemessen ist“, schreibt die Forscherin Kate Parr. Derzeit seien die Projekte aber mit riesigen Summen ausgestattet, die für Entwicklungsländer große Anreize schaffen, an Programmen auch dann teilzunehmen, wenn passende Flächen gar nicht vorhanden seien. Unter den Unterzeichnerländern des AFR 100 Projekts sind acht Staaten, die über keine Waldflächen verfügen und nicht zum Waldökosystem gehören. Trotz der bekannten ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen werden unter dem Deckmantel der „Aufforstung“ oder „Wiederaufforstung“ auch im Rahmen der AFR100 Initiative umweltschädliche Monokulturplantagen angelegt. Dabei handelt es sich meist um gebietsfremde Holzarten wie Kiefer, Flechtwerk und Eukalyptus. Es sei ein Problem, dass oft keine einheimischen Baumarten verwendet würden, schreibt die Studienautorin Parr.  Die Bonner Professorin Lisa Biber-Freudenberger sagte dem österreichischen Standard: „Gerade die Idee, ‚einfach‘ Bäume zu pflanzen, um den Klimawandel zu bekämpfen, ist eben nicht so einfach wie häufig in der Öffentlichkeit angenommen. Politische Initiativen wie die AFR 100 sind manchmal gut gemeint und sehr symbolträchtig, bringen aber wieder Probleme mit sich.“    Volker Seitz, ist Botschafter a.D. und Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“ dtv, 11. Auflage 2021
Volker Seitz
Das Aufforsten in Afrika ist sicher gut und hilft dem Klima, glaubt das Entwicklungsministerium und spendiert 83 Millionen Euro. Dafür gibts „Wiederaufforstung", wo nie Wald war, Monokulturen und oft mehr Schaden als Nutzen.
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20.02.2024 10:00
https://www.achgut.com/artikel/kein_deutscher_wald_fuer_afrika/P7#comment_entries
Impfopfer: Brandmauer im Untersuchungs-Ausschuss
Vor dem Corona-Untersuchungsausschuss in Brandenburg offenbarte die PEI-Vertreterin erneut die inakzeptable Arbeitsweise ihrer Institution. Leider waren die Fragesteller den Vernebelungsmethoden der Verantwortlichen nicht gewachsen. Was die Aufklärer daraus lernen müssen, steht hier. Die Achse war wieder vor Ort.  Am Freitag, dem 13. Oktober, fand im Brandenburger Landtag die zweite Sitzung des Corona-Untersuchungsausschusses statt, an der insbesondere Dr. Brigitte Keller-Stanislawski Rede und Antwort stehen musste. Aus ihren Äußerungen kristallisiert sich ein System der Arzneimittelüberwachung heraus, in dem die Pharmaindustrie stets im Vorteil ist. Im Grunde könnte man jedes problematische Arzneimittel einführen, auch jungen, gesunden Menschen präventiv verabreichen, indem man sich auf ein passives Meldesystem verlässt und die gemeldeten Nebenwirkungen größtenteils bestreitet. Keller-Stanislawski betonte wiederholt, die gemeldeten Impfnebenwirkungen könnten auch „koinzidental“ – also zufällig – sein. Junge Menschen, die sich bester Gesundheit erfreuen, entwickeln plötzlich eine Myokarditis oder fallen gar tot um, Ärzte oder Verwandte melden sie aufgrund eigener Beobachtungen, doch weil sich im Einzelfall kaum je mit letzter Gewissheit ein kausaler Zusammenhang zur Impfung nachweisen lässt, kann man sich im Pharma-Interesse stets auf die Position zurückziehen, dass die Myokarditis auch so entwickelt worden wäre, der Mensch auch so gestorben wäre – als würden Gesunde aus heiterem Himmel tot im Bett liegen. Man müsste sich dringend die undurchsichtigen WHO-Formeln vornehmen, auf deren Basis das PEI lediglich ausrechnet, ob ein kausaler Zusammenhang vorliegt, statt etwa systematisches Obduzieren einzufordern. Dies forderten bekanntlich die Pathologen Peter Schirmacher und Arne Burkhardt. Dabei sind die dramatisch höheren Melderaten ein heftiges Warnsignal. Die Auswertung von EMA- und PEI-Daten entsprechen jenen des westaustralischen Impfnebenwirkungsregisters: die Melderate ist 20-mal höher. Jenes lieferte sauber erfasste Daten zur Rate meldepflichtiger Nebenwirkungen der Covid-Impfungen, ausgewertet für das Jahr 2021. Demnach ist die Rate gemeldeter Nebenwirkungen bei den Covid-Impfungen 24-mal höher als bei den restlichen Impfungen. Auf Seite 28 sieht man übersichtlich: 11,1 pro 100.000 Dosen (Nicht-Covid-Impfstoffe) versus 264,1 pro 100.000 Dosen (Covid-Impfstoffe). 264.1 pro 100.000 Dosen bedeutet 1:379. AEFIs sind amtlich definiert als „jedes unerwünschte medizinische Ereignis, das nach einer Impfung auftritt. Es besteht nicht unbedingt ein kausaler Zusammenhang mit dem Impfstoff.“ Sie sind meldepflichtig und von gewöhnlichen Reaktionen (Fieber, Schmerzen an der Einstichstelle) zu unterscheiden wie auch von SAEFIs, also schweren (severe) Nebenwirkungen.  Zur Einordnung: Üblicherweise werden, wie mir der Hausarzt und Achgut-Autor Jesko Matthes sagte, Impfstoffe mit einer Rate meldepflichtiger Nebenwirkungen, die häufiger auftreten als 1:10.000, entweder bereits primär nicht zugelassen oder, bei Bekanntwerden, weltweit sofort vom Markt genommen. Die Rate der stichhaltig und realistisch erfassten Covid-Impfnebenwirkungen liegt in Westaustralien satte 26-fach höher.  Leider wurde die PEI-Vertreterin mit diesen Zahlen nicht explizit konfrontiert. Die AfD fragte danach, wie viele Todesverdachtsfälle es früher im Vergleich zu den heutigen Corona-Impfstoffen gegeben hatte, 320 Anträge auf Impfschäden-Entschädigung habe es in Brandenburg gegeben, bei herkömmlichen Impfstoffen läge die Zahl hingegen jährlich im einstelligen Bereich. Mit einer Disproportionalitätsanalyse, so die AfD sinngemäß, hätte man hier ein Sicherheitsproblem feststellen können. Diese Methode sei, so das PEI, für ungeeignet befunden worden. Die Pandemie sei so besonders gewesen, dass die Ergebnisse überhaupt nichts ausgesagt hätten. Man könne aus den Meldungen keine Häufigkeiten ableiten, dazu bräuchte man Studien. Rechtsanwalt Friedemann Däblitz hat auf seinem Telegram-Kanal (hier) ein sinngemäßes Protokoll angefertigt.  An einer Stelle behauptete Keller-Stanislawski sogar, dass man glücklicherweise mehr Meldungen erhalten habe – offenbar, weil man dank dieser Aufmerksamkeit besser Risikosignale entdecken könne –, es sich aber eben nur um Verdachtsmeldungen handle. Bizarrerweise können so selbst erhöhte Meldezahlen noch als Argument für die Corona-Injektionen gewendet werden. In einer anderen ebenso bizarren Verdrehung sagte sie, die Impfung schütze eben nicht vor Myokardinfarkten, obwohl bekannt ist, dass diese von den Impfstoffen ausgelöst werden. Keller-Stanislawski problematisierte nicht etwa ein Under-, sondern ein Overreporting.  Wo hingeschaut werden muss, läge auf der Hand. Bringt man eine neue Arznei massenhaft unter die Bevölkerung, schaut man auf der Bevölkerungsebene (KBV-Daten!) nach Veränderungen und vergleicht die Daten mit jenen aus früherer Zeit. Meines Erachtens müsste man sich als kritische Fragesteller auf diese Ebene konzentrieren und dürfte sich mit saloppen Antworten nicht zufriedengeben, hoffentlich beherzigen dies künftige Fragesteller. Mit dem jetzigen Ausschuss-Konzept werden unzählige Fragen erörtert, von denen viele direkt abgeschmettert werden, sodass das der Frage-Antwort-Verlauf insgesamt ermüdend wirkt. Eine andere Konzeption wäre nötig.  Während Keller-Stanislawski in der ersten Sitzung (ich berichtete) mitunter ins Schwitzen geriet, schien sie diesmal die Ruhe weg zu haben, was auch an der mitunter mangelnden Kompetenz der Fragesteller lag, richtig nachzubohren, doch vor allem: auf das Grundsätzliche zu fokussieren. Das besteht darin, dass die offiziellen Melderaten deutlich erhöht sind, die von Datenanalyst Tom Lausen einst ausgewerteten Krankenkassen ein ab 2021 erhöhtes Krankheitsgeschehen zeigen, wir also bereits jene klaren Warnsignale vorfinden, mit deren Entdeckung Keller-Stanislawski betraut war.  Es wurde immerhin klar, wie das PEI vorgeht. Anstatt sich das große Ganze anzuschauen, fokussiert das PEI auf Details, die als Alibi für ordnungsgemäße Arbeit fungieren. So verwies Keller-Stanislawski auf Rote-Hand-Briefe für AstraZeneca: Man habe die „sehr seltenen schwerwiegenden Erkrankungen“ gründlich untersucht und dann in Abstimmung mit der EMA, der WHO und der STIKO die Empfehlung zurückgenommen. Übrigens wurden in dem Rote-Hand-Brief Thrombosen zwar als „sehr selten“ ( <0,01 Prozent) bewertet, Thrombozytopenien, die zu gefährlichen Organblutungen führen können, jedoch als häufig (1–10 Prozent).  Erstaunlicherweise bestritt die PEI-Vertreterin, dass die Entwicklung von Impfstoffen traditionell viele Jahre dauern konnte, eine leicht widerlegbare Falschbehauptung: „Von der Entwicklung bis zur Vermarktung eines Impfstoffs dauert es im Durchschnitt zehn bis zwanzig Jahre, manchmal sogar länger“, schreibt das pharmafreundliche Portal infovac.ch. Die Journalistin Aya Velazques, mit der ich die Veranstaltung besuchte, resümierte in einem lesenswerten Tweet: „Die Diskrepanz zwischen dem schnellen Handeln bei AstraZeneca – während noch die Kampagne für das Konkurrenzprodukt lief – und einem völligen Desinteresse an rigoroser Pharmakovigilanz bei mRNA-Impfungen, wurde angesichts der heutigen Äußerungen der ehemaligen PEI-Mitarbeiterin Keller-Stanislawski augenscheinlich.“ In der Tat drängt sich der Eindruck auf, dass die mRNA-Produkte auf Biegen und Brechen auf dem Markt gehalten werden, um diese Technologie für künftige Kampagnen zu normalisieren, ein von Martina Binnig auf Achgut.com hier beschriebenes EU-Vorhaben. Während Velazques sich fragt, ob Corona-Ausschüsse auf Landesebene überhaupt sinnvoll sind, ließe sich einwenden, dass man aus den Erfahrungen lernen sollte, um es besser zu machen. Es sollte nicht so leicht sein, wie der im Ergebnis parteiisch wirkende Vorsitzende Danny Eichelbaum (CDU) Fragen mit der Begründung eines fehlenden Brandenburg-Bezug abzubügeln, wenn die Corona-Politik doch über die Ministerialkonferenzen vereinheitlicht wurde und das Wesentliche – höheres Meldeverhalten, diffuses Krankheitsgeschehen – auf Bundesebene zu erkennen ist. Der kleinkarierte Länder-Bezug ist dazu geeignet, jede Grundsätzlichkeit in der Corona-Aufarbeitung zu torpedieren. Doch auch Länder-Zahlen lassen aufhorchen: 88 Menschen seien in Brandenburg als Impftote gemeldet worden, lediglich zwei hat das PEI als solche anerkannt. Eine Dunkelziffer von 90 Prozent angenommen, käme ein anerkannter Impftoter auf 440 zu meldende. Kein Wunder, dass man bei einer so pharmafreundlichen Herangehensweise noch zu günstigen Kosten/Nutzen-Einstufungen gelangt. Es sollte vor diesem Hintergrund nicht schwerfallen, die Repräsentanten der Institutionen vor Untersuchungsausschüssen zu grillen. Allein, das gelang den Fragestellern im Großen und Ganzen nicht. Möglicherweise klappt dies bald in Hessen, wo die AfD aufgrund ihres Wahlergebnisses im Alleingang Untersuchungsausschüsse einrichten kann. Auf die Chargen-Problematik (Achgut.com berichtete) angesprochen, behauptete Keller-Stanislawski, es gäbe keine Korrelation zwischen Chargen und Nebenwirkungen und gab dann noch an, zu diesem Thema keine „Aussagegenehmigung“ vom PEI zu haben. Unverständlich, dass das PEI damit durchkommt: Die Chargenproblematik verweist auf grundsätzliche Herstellungsschwierigkeiten in Sachen mRNA-Technologie, über die der Chemiker Prof. Dr. Jörg Matysik (Uni Leipzig) hier spricht.  Als weitere Zeugin wurde Britta Ernst befragt, über die der Nordkurier bereits kritisch berichtete. Als damalige Bildungsministerin in Brandenburg drängte die Ehefrau von Olaf Scholz zur Impfung von gesunden Kindern, obwohl nicht einmal eine STIKO-Empfehlung vorlag, was sie in einer potenziell gesundheitsgefährlichen Frage vor dem Ausschuss mit medizinfremden Gründen (neu ist das leider nicht) rechtfertigte. Man hätte „händeringend“ auf eine STIKO-Empfehlung gewartet, um eine „Handlungssicherheit“ für die Eltern zu schaffen. Der ebenfalls befragte Ernst Büttner (Die Linke) verwies auch darauf, man habe auf eine entsprechende Empfehlung gedrängt, weil man „im Interesse der Eltern Klarheit“ gewollt habe. Es sind inakzeptable Grenzüberschreitungen: Erst drängt man die Institutionen zu Empfehlungen, ohne selbst zu einer wissenschaftlichen Beurteilung in der Lage zu sein, und hinterher beruft man sich auf erfolgreich abgepresste Empfehlungen, weil man sich „die Erkenntnisse, die dort auf wissenschaftlicher Basis getroffen werden“ (Britta Ernst), selbstverständlich zu eigen machen dürfe. Diese zirkuläre Logik widerspricht der Wissenschaftsfreiheit, unter Druck – man erinnere sich auch an Lauterbachs Forderungen an die STIKO – entstehen keine unvoreingenommenen, ergebnisoffenen Betrachtungen. In diesem Kontext wäre auch über die finanziellen Abhängigkeiten der Arzneimittelbehörden von der Pharmaindustrie zu sprechen, vielleicht ja im nächsten Ausschuss.    Hier geht's zum ersten Bericht: Ein Unschuldsengel vor dem Untersuchungs-Ausschuss. Anmerkung der Redaktion: Im Artikel war von einer zurückgenommenen Zulassung von AstraZeneca die Rede, es handelte sich aber nur um eine zurückgenommene Empfehlung.   Felix Perrefort ist Redakteur und Autor der Achse des Guten. 
Felix Perrefort
Vor dem Corona-Untersuchungsausschuss in Brandenburg offenbarte die PEI-Vertreterin erneut die inakzeptable Arbeitsweise ihrer Institution. Leider waren die Fragesteller den Vernebelungsmethoden der Verantwortlichen nicht gewachsen. Was die Aufklärer daraus lernen müssen, steht hier. Die Achse war wieder vor Ort.
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18.10.2023 06:00
https://www.achgut.com//artikel/impfopfer_brandmauer_im_untersuchungsausschuss#section_leserpost
Statt Fernsehen
Fernsehen ist erstens total Neunziger und zweitens kommt sowieso nichts spannendes. Einen interessanten Abend verspricht hingegen das zweistündige Video des Freiheitssymposiums 2013! Redner sind unter anderem Michael Miersch und Karl-Heinz Paqué. Beide sind außerdem (zusammen mit Christian Ulmen, Necla Kelek, Richard Herzinger, Hamed Abdel-Samad, Josef Joffe, Tita von Hardenberg, Matthias Horx, Joachim Hunold und vielen anderen) Autoren der kommenden Ausgabe von “liberal”, die bereits erhält, wer bis zum 14.2. abonniert. Just sayin.
David Harnasch
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07.02.2013 17:00
https://www.achgut.com/artikel/statt_fernsehen
Die Achse-Morgenlage
Die Bundeskanzlerin kommt nach Chemnitz und es passiert nichts Unerwartetes. Todesopfer islamistischer Angriffe werden aus Zentralafrika und Nigeria gemeldet. Deutschland folgt Frankreichs Wunsch nach einem Euro-Zonen-Bugdet ab 2020 und in der EU wird noch über den Haushalt 2019 gestritten, weil sich das EU-Parlament ein paar Milliarden mehr wünscht, auch wenn ein zahlendes Mitglied geht. Und der in russischen Diensten stehende deutsche Altkanzler Gerhard Schröder empfiehlt China als neuen Verbündeten für Deutschland, um sich von den USA lösen zu können. Bundeskanzlerin Angela Merkel war in Chemnitz. Sie hat öffentlich den Mord an einem Chemnitzer durch Asylbewerber beklagt, vor rechten Demonstrationen gewarnt, allerdings nicht mehr von der „Hetzjagd“ gesprochen.  Dieser Vorwurf von ihr wurde gar nicht erwähnt. Das Eingeständnis eines Fehlers oder gar die Bitte um Entschuldigung war von ihr auch nicht zu erwarten. Wenn es um ihre umstrittene Zuwanderungspolitik ging, war der einzige Fehler, den sie eingestand, dass die Bundesregierung ihre Entscheidungen den Bürgern nicht hinreichend erklärt hätte. Im Grunde also nichts Neues. Nachzulesen ist das Protokoll des Staatsbesuchs im eigenen Land hier und hier in der örtlichen Freien Presse. Islamistische Kämpfer in der Zentralafrikanischen Republik haben Flüchtlinge angegriffen und getötet, die in der Kathedrale der Diözese Alindao Zuflucht gesucht haben, meldet CNA unter Berufung auf den britischen Zweig des Hilfswerks „Kirche in Not“. Den Meldungen zufolge sähen die Täter – ehemalige Seleka aus der Fraktion von General Ali Darassa – darin einen Vergeltungsakt für die Tötung eines Muslims am 14. November. In offizielle Quellen heiße es, dass 42 Menschen getötet worden seien, während inoffizielle Berichte die Zahl der Toten auf bis zu 100 beziffern würden. Auch Häuser in der Umgebung seien geplündert und verbrannt worden. Auch der Generalvikar der Diözese, Abbé Blaise Mada, und ein anderer Priester seien ermordet worden. Seit 2012 eine muslimische Allianz namens Seleka versucht habe, das gesamte Land zu erobern und dabei auch den ehemaligen Präsidenten gestürzt habe, gebe es bürgerkriegsähnliche Kämpfe. Christliche Bürgerwehren und Milizen und muslimische Kämpfer würden sich seitdem zum Teil grausame und brutale Auseinandersetzungen liefern, die tausende Menschen in die Flucht geschlagen und zahlreichen Zivilisten das Leben gekostet habe. Bei Gefechten mit der islamistischen Boko Haram im Kareti-Gebiet in Nigeria sind drei Soldaten getötet und zahlreiche Personen verletzt worden , meldet TRT. Bei einem Angriff auf ein Dorf in der Provinz Borno seien zehn Frauen entführt worden. Internationalen Meldungen zufolge hätten Mitglieder der Boko Haram demnach einen bewaffneten Angriff auf das Dorf Bulama durchgeführt und dabei zehn Frauen verschleppt. Nach Informationen des Ortsvorstehers von Bulama, Mohammed Ibrahim, sollen die Mitglieder der Terrororganisation wahllos um sich geschossen, etwa 100 Häuser in Brand gesetzt und über 100 Rinder getötet haben. Deutschland und Frankreich haben sich nach langen Verhandlungen auf einen Vorschlag für ein gemeinsames Budget der Euro-Staaten innerhalb des EU-Haushalts geeinigt, meldet orf.at. Damit sollten ökonomische Unterschiede zwischen den 19 Euro-Staaten verringert und Krisen besser vorgebeugt werden, heiße es in einem Beschlusspapier der Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bruno Le Maire. In deutschen Regierungskreisen habe es geheißen, dass es eine gute Aussicht auf eine Einigung innerhalb der Euro-Gruppe am kommenden Montag gebe. Das Euro-Zonen-Budget ist ein Wunschprojekt des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und soll ab 2021 kommen. Die Höhe des Budgets müsse noch ausgehandelt werden. Haupt-Einzahler werden die deutschen Steuerzahler sein. Die Verhandlungen über das EU-Budget 2019 sind auf Montag vertagt worden, meldet orf.at. Es gebe noch keinen Durchbruch, aber man hätte „Teilerfolge erzielt“, habe der amtierende Ratsvorsitzende, Österreichs Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) gestern in Brüssel erklärt. Die EU-Staaten hätten klargemacht, dass sie zwar zu flexiblen Lösungen bereit seien, es aber vom Europaparlament noch inakzeptable Zahlungsforderungen an die EU-Mitgliedsstaaten gebe. Dem Vernehmen nach seien die Finanzierung der Türkei-Flüchtlingshilfe, die Forschung und die Jugendbeschäftigung umstritten. Das Europaparlament fordere rund 2,3 Mrd. Euro mehr als die EU-Staaten zu zahlen bereit seien. Im laufenden Jahr lägen die Verpflichtungsermächtigungen noch bei 160,7 Milliarden Euro und die tatsächlichen Zahlungen bei 144,8 Milliarden Euro. 2019 sollen sie auf 164,1 Milliarden bzw. 148,2 Milliarden Euro erhöht werden. Das Europaparlament wolle die Verpflichtungen auf 166,3 Milliarden Euro und die Zahlungen auf 149,3 Milliarden Euro ausbauen. Am stärksten wollten die EU-Staaten die Ausgaben beim Fonds für Asyl, Migration und Integration, bei Investitionen in die Infrastruktur im Rahmen von Connecting Europe, beim Bildungsprogramm Erasmus Plus sowie im EU-Forschungsprogramm Horizon 2020 erhöhen. Größte Nettozahler sind die deutschen Steuerpflichtigen. Die EU-Kommission will Insidern zufolge im Haushaltsstreit mit Italien am Mittwoch ein Strafverfahren auf den Weg bringen, meldet die Kleine Zeitung. Zuvor hätte der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, der Zeitung „Il Sole 24 Ore“ gegenüber Italien mit einem Defizitverfahren gedroht. Italien bleibe in dem Streit bisher allerdings unnachgiebig. Wenn die EU-Kommission ihren Bericht veröffentliche, hätten die stellvertretenden Finanzminister der EU-Staaten im Wirtschafts- und Finanzausschuss (EFC) zwei Wochen Zeit zur Prüfung. Auf der Grundlage ihrer Bewertung könne die Kommission dann ein Defizitverfahren gegen Italien formell in Gang setzen. Darüber würden Italien und die EU-Finanzminister informiert, die den Beginn des Verfahrens billigen müssten. Über den genauen Inhalt ihres Berichts habe sich die Kommission am Freitag nicht äußern wollen. Altkanzler Gerhard Schröder hat die Handelspolitik der USA scharf kritisiert und eine Annäherung Deutschlands an China gefordert, meldet der Standard. „Wir können uns nicht gefallen lassen, dass wir wie ein besetztes Land behandelt werden“, habe der SPD-Politiker in einem am Freitag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters gesagt. „Wenn ich mir das Agieren des amerikanischen Botschafters in Deutschland so anschaue, habe ich den Eindruck, er versteht sich eher als Besatzungsoffizier denn als Botschafter der Vereinigten Staaten in einem souveränen Staat“, wird Schröder weiter zitiert. Deutschland müsse sich in dieser Situation nach Verbündeten umschauen, die ähnliche Interessen hätten. Ihm falle da natürlich China ein. „Es ist doch zwangsläufig so, dass diejenigen enger zusammenrücken müssen, die von den Konflikten betroffen sind, die von den Vereinigten Staaten ausgehen“, habe der Altkanzler erklärt. Nordkorea hat nach Vermittlung durch Schweden einen US-Staatsbürger freigelassen, meldet der Standard. US-Außenminister Mike Pompeo habe am Freitag mitgeteilt, die Vereinigten Staaten wüssten die Kooperation Nordkoreas in der Angelegenheit zu schätzen. Pompeo habe Schweden für die Vermittlung in dem Fall gedankt. Die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA hätte zuvor berichtet, ein illegal ins Land eingereister US-Staatsbürger würde abgeschoben. Bruce Byron Lowrance soll seit Mitte Oktober festgehalten worden sein, nachdem er über die chinesisch-nordkoreanische Grenze ins Land gekommen sei. Die Pannenserie bei der hessischen Landtagswahl hat zwar keine Auswirkungen auf die Sitzverteilung im künftigen hessischen Landtag, dennoch gibt es Stimmen in der FDP, die Partei möge die Wahl anfechten, meldet die Frankfurter Neue Presse. Nach der Verkündung des amtlichen Endergebnisses habe der Frankfurter FDP-Chef rechtliche Schritte angekündigt. „Ich werde dem Vorstand unseres Kreisverbandes vorschlagen, dass wir die Landtagswahl anfechten und gleichzeitig Strafanzeige gegen Unbekannt stellen“, habe Thorsten Lieb erklärt. „Nur wenn die zahlreichen Wahlpannen von unabhängiger Seite aufgeklärt werden, lassen sich alle Zweifel an den Wahlergebnissen ausräumen. Das ist für das Funktionieren unserer Demokratie sehr wichtig“, habe der Kreisvorsitzende diesen Schritt begründet. „Sollten meine Vorstandskollegen damit nicht einverstanden sein, mache ich es nötigenfalls alleine.“ Eine Wahl könne von jedermann angefochten werden. Dann müsse das Wahlprüfungsgericht über deren Rechtmäßigkeit entscheiden. In Frankfurt seien nach der Landtagswahl etwa 900 Stimmen falsch zugeordnet worden. Ergebnisse aus einzelnen Wahlbezirken wären wegen technischer Probleme am Wahlabend nur geschätzt worden. Außerdem gebe es weitere Vorwürfe, weil die Stimmzettel nach der Auszählung in Frankfurt in den teilweise unverschlossenen Wahllokalen zurückgelassen worden seien. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer zeigt sich offen für den Vorschlag, das Wahlrecht zu ändern, um den Frauenanteil im Bundestag zu erhöhen, meldet dernewsticker. Zwar müsse sich die CDU zunächst darum bemühen, Frauen in der Partei zu fördern, habe die Kandidatin für den CDU-Vorsitz in der aktuellen Ausgabe des „Spiegel“ gesagt. Wenn dies aber nicht greife, sei sie offen für eine Gesetzesänderung, wie sie etwa die sozialdemokratische Bundesjustizministerin Katarina Barley vorgeschlagen habe. „Wenn alles nicht hilft, dann wird der Druck steigen, die Gesetze zu ändern“, wird Kramp-Karrenbauer zitiert. Nur 26 Prozent der CDU-Mitglieder und 20 Prozent der CDU-Bundestagsabgeordneten seien Frauen. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat sich bei seiner Tagung am Freitag in Passau einstimmig dafür ausgesprochen, den Genderstern noch nicht in das amtliche Regelwerk aufzunehmen, sondern den Sprachgebrauch zunächst weiter zu beobachten, meldet die FAZ. „Die Erprobungsphase verschiedener Bezeichnungen des dritten Geschlechts verläuft in den Ländern des deutschen Sprachraums unterschiedlich schnell und intensiv“, habe der Vorsitzende Josef Lange erklärt. Sie solle nicht durch vorzeitige Empfehlungen und Festlegungen des Rats beeinflusst werden. Die Diskussion um geschlechtergerechtes Schreiben sei durch Verfassungsgerichtsentscheidungen in Deutschland und Österreich beschleunigt worden, habe Lange gesagt. Das Recht der Menschen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen, angemessen sprachlich bezeichnet zu werden, sei „ein Anliegen, das sich auch in der geschriebenen Sprache abbilden soll“, heiße es im Ergebnispapier des Rates. Aber bei seiner Sitzung im Juni in Wien sei der Rat übereingekommen, dass Gendersprache verständlich und lesbar, vorlesbar, grammatisch korrekt, eindeutig und rechtssicher sowie übertragbar – im Hinblick auf deutschsprachige Länder mit mehreren Amts- und Minderheitensprachen – sein solle. Der Rat für deutsche Rechtschreibung ist im Jahr 2005 als zwischenstaatliches Gremium von der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Österreich, der Schweizer Eidgenossenschaft, dem Fürstentum Liechtenstein, der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens eingerichtet worden.
Achgut.com
Die Bundeskanzlerin kommt nach Chemnitz und es passiert nichts Unerwartetes. Todesopfer islamistischer Angriffe werden aus Zentralafrika und Nigeria gemeldet. Deutschland folgt Frankreichs Wunsch nach einem Euro-Zonen-Bugdet ab 2020 und in der EU wird noch über den Haushalt 2019 gestritten, weil sich das EU-Parlament ein paar Milliarden mehr wünscht, auch wenn ein zahlendes Mitglied geht. Und der in russischen Diensten stehende deutsche Altkanzler Gerhard Schröder empfiehlt China als neuen Verbündeten für Deutschland, um sich von den USA lösen zu können.
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17.11.2018 09:34
https://www.achgut.com//artikel/die_achse_morgenlage_2018_11-17
„Gray Man“ oder doch eher graue Maus?
Beim Durchzappen blieb ich an „Gray Man“ hängen. Angeblich die teuerste Netflix-Produktion aller Zeiten, Nummer eins in dutzenden Ländern. Warum nicht einmal ansehen, was die Zeitgenossen bevorzugen? Neulich Abend war ich zu träge, „The Trial of Socrates“ von I. F. Stone, ein philosophischer Politthriller, weiterzulesen, also schaltete ich nach längerer Zeit mal wieder den Fernseher an. Die öffentlich-rechtlichen Sender ignoriere ich schon lange, also bleibt Netflix. Beim Durchzappen blieb ich an „Gray Man“ hängen. Angeblich die teuerste Netflix-Produktion aller Zeiten, Nummer eins in dutzenden Ländern, prominent in Deutschland. Warum nicht einmal ansehen, was die Zeitgenossen bevorzugen? Szene eins spielt in Floridas Hochsicherheitsgefängnis. Ein junger Brudermörder sitzt einem CIA-Agenten gegenüber, der ihm anbietet, ihn sofort aus dem Gefängnis herauszuholen, wenn er sich von der CIA als Spezial-Killer ausbilden lässt und der Agency lebenslang dient. Der Gefangene, dessen Ähnlichkeit mit Ryan Gosling mich verblüffte, konterte mit der Frage, woher der CIA-Mann wisse, dass er je wieder töten wolle. Das sähe er ihm an, war die Antwort. Achtzehn Jahre später sehen wir den Killer, der inzwischen 6 heißt, in Bangkok, wo er inmitten einer Party einen angeblichen Hochverräter beseitigen soll. Das klappt nicht gleich, weil ein Kind in der Schusslinie steht, das der Killer zur großen Verärgerung des Chefs in der Zentrale, Charmichael (Regé-Jean Page), nicht umbringen will. Da weiß man schon, wer der eigentliche Böse ist. Es beginnt eine Massenschlägerei, an der sich auch die überaus attraktive CIA-Überwacherin (Ana de Armas) vor Ort beteiligt. Am Ende stehen sich 6 und der Hochverräter allein gegenüber. Letzterer outet sich als Mitglied 5 der „Sierra Group“, der auch 6 angehört. „Das wird dich nicht davon abhalten, mich zu töten.“ „Ich glaube nicht.“ Diesem an Banalität kaum zu übertreffenden Dialog folgt der finale Kampf, der mit dem Sterben von 5 endet. Vor dem Tod übergibt 5 seinem Mörder ein Amulett und drängt ihn, sich anzusehen, was es enthält. Was ihn bewegt, anzunehmen, dass 6 das tun wird, bleibt offen. Die schöne Agentin erscheint auf der Bildfläche, 6 tritt ab. Bei der Durchsuchung von 5 stellt sich heraus, dass das Gesuchte nicht mehr da ist. Ab sofort wird die Jagd auf 6 eröffnet. Zum Jäger wird der freischaffende Killer und Folterer Loyd Hansen erkoren, der von der CIA wegen seiner unkontrollierbaren Brutalität gefeuert wurde. Moment mal, der sieht ja aus wie der Klasse-Schauspieler Chris Evans? Was hat der in dieser Klamotte zu suchen? Fitzroy, der Ausbilder der Sierra-Gruppe (Billy Bob Thornton) ist pensioniert und sitzt merkwürdigerweise in Baku (Aserbaidschan) mit seiner herzkranken Nichte Claire (Julia Butters), die von Loyd Hansen aber bereits entführt worden ist, während Fitzroy einen alten Kumpel beerdigte. Es folgen ein spektakulärer Flugzeugabsurz mit 6 als einzigem Überlebenden, Explosionen und Schießereien in Wien und Prag, die 6 und die mit ihm mittlerweile verbündete attraktive Agentin fast ohne Kratzer überstehen. Allerdings ist 6 das Amulett beim Kampf gegen einen tamilischen Freelancer aus der Hansen-Truppe abhandengekommen. Bleibt nur noch, die entführte Nichte zu befreien. Wo sie ist, kann mit Hilfe des Codes ihres Herzschrittmachers herausgefunden werden. In einem Schloss in Kroatien. Die Agentin und 6 düsen los. Im Schlosspark kommt es zu einer Begegnung von 6 und Hansen. 6: „Ich konnte dich gleich nicht leiden.“ Hansen: „Da haben wir etwas gemeinsam.“ Solche Banalitäten durchziehen alle Filmdialoge. Daran ändert sich auch nichts, als in einer Folterszene Arthur Schopenhauer, der sich freilich nicht mehr wehren kann, zitiert wird. Claire wird im ersten Anlauf von 6 befreit, gerät aber wieder in die Hände von Hansen, der eben einen Handgranatenwurf von Fitzroy überlebt hat. Da ist der Zuschauer bereits genervt, muss aber noch ein weiteres Handgemenge von 6 und Hansen über sich ergehen lassen, während er sich mit wachsender Verzweiflung fragt, warum die Scharfschützin, die Hansen vor der Linse hat, dem nicht ein Ende macht. Nein, der finale Schuss kommt von einer Agentin aus der Zentrale, die Hansen erledigt, 6 sowie seine Komplizin abführen lässt und Claire in Gewahrsam nimmt. Also muss das Mädchen noch einmal befreit werden, diesmal aus den Fängen der CIA, was 6 natürlich gelingt. „Und darum wird beim Happy End im Film jewöhnlich abjeblend“, fällt mir spontan Tucholsky ein. Aber was aus der grauen Maus 6 wird, könnte Gegenstand eines zweiten Films sein, vor dem uns ein höheres Wesen beschützen möge. Nein, nicht nötig, man muss „Gray Man 2“ ja nicht anschalten. Im Abspann sehe ich plötzlich, dass 6 nicht nur Ryan Gosling verblüffend ähnlich sieht, sondern es tatsächlich selbst war. Bleibt die Frage aller Fragen, was Weltklasse-Schauspieler wie Gosling und Evans bewegt hat, bei einem solchen Schmarren mitzuwirken.
Vera Lengsfeld
Beim Durchzappen blieb ich an „Gray Man“ hängen. Angeblich die teuerste Netflix-Produktion aller Zeiten, Nummer eins in dutzenden Ländern. Warum nicht einmal ansehen, was die Zeitgenossen bevorzugen?
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06.08.2022 16:00
https://www.achgut.com/artikel/gray_man_oder_doch_eher_graue_maus#comment_entries
Mein Tschador gehört mir
Unfassbar: Religiöse Fundamentalisten haben durchgesetzt, dass ein Mainzer Karnevalswagen, der sich im Zusammenhang mit Nacktscannern über die Ganzkörperbedeckung von Frauen lustig machte, zensiert wurde. Ja, wo leben wir eigentlich?
Alan Posener (Gastautor)
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21.02.2009 09:26
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Malte Lehming: Für Gesine
Wäre da nur nicht die Moral. Und die kann ganz schön lästig sein. Bundespräsidentin kann Gesine Schwan nämlich nur werden, wenn Schwarz-Gelb nach der Bayernwahl die Mehrheit in der Bundesversammlung verliert und wenn die Linkspartei, zwanzig Jahre nach dem Mauerfall, für sie stimmt. Das ist ein hartes, unumstößliches Faktum. Dann aber würde das Versprechen der SPD wieder etwas unglaubwürdiger, nach der nächsten Bundestagswahl nicht ebenfalls mit der Linkspartei gemeinsame Sache zu machen. Entschärfen lässt sich dieses Manko nicht. Wohl wahr: Auch andere Kandidaten haben in früheren Wahlen Stimmen von extremen Parteien bekommen, aber diese Stimmen allein haben bisher noch nie die Machtfrage entschieden. Das wäre mit der Wahl von Gesine Schwan ein Novum. http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Titelseite-Gesine-Schwan-SPD;art692,2538428
Gastautor
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27.05.2008 10:56
https://www.achgut.com//artikel/malte_lehming_fuer_gesine
Aus Erntedank ist Ernteverachtung geworden
Nun färben sich die Blätter, der Herbst hält Einzug, und in den Kirchen wurde schon das Erntedankfest gefeiert. In der Kirche meiner Kindheit war das immer ein wichtiger und besonderer Tag, auch meine Mutter gab dafür immer ein paar Blumen, extra schöne Äpfel oder was sonst aus dem Garten geeignet war, zur Dekoration her. Ja, sie hatte noch Hunger erlebt, in der Sowjetzone, als Kind, nach dem Krieg, nach der Vertreibung aus Schlesien. Wer dies durchgemacht hat, für den hat dieses Fest eine besondere Bedeutung. Was wurde wohl dieses Jahr in den Kirchen gesprochen, dort, wo dieses Fest noch gefeiert wird? Ich weiß es nicht, denn die Kirche ist mir längst fremd geworden, nicht mal mehr zu Weihnachten zieht es mich dahin. Manchmal morgens, wenn ich versäume, schnell auf einen anderen Sender umzuschalten, dann höre ich im Autoradio irgendwelche Kirchenleute eine Morgenandacht sprechen, ein „Wort zum Tag“ oder wie immer sie es nennen. Regelmäßig bringen mich diese Reden in Rage, kürzlich besonders, und ich wollte fast nicht glauben, was da ein Geistlicher durch den Äther schickte. Um Donald Trump ging es und dass der schon zehntausendmal seit seinem Amtsantritt gelogen hätte. Mit „Lügenpräsident“ ist diese Ansprache überschrieben, und es wird ausgeführt, dass Lügner in der Politik nichts zu suchen hätten, was man auch am Beispiel Boris Johnson sehen würde, der in Großbritannien politisches Unheil anrichten würde. Eigentlich will ich diese Morgenansprache gar nicht weiter kommentieren, sie soll nur verdeutlichen, welcher Kulturwandel in den Kirchen vonstatten gegangen ist. Statt Vergebung und Dankbarkeit als Grundströmung, ist dort nun Selbstgerechtigkeit und Verachtung für Andersdenkende zu finden. Selten so deutlich wie in diesem Beispiel hier, doch fast immer klar zu erkennen. Sei es, wenn es um die Flüchtlingsproblematik geht oder ums Klima, völlig egal, wir sind auf der guten und richtigen Seite, wir wissen was falsch und Sünde ist, und wenn wir so weiter leben, wie wir leben, dann ist das der Erde Untergang. Womit wir bei den Gretas und den Fridays-for-Future-Hüpfern wären oder diesen selbstgerechten Extinction-Rebellen, deren Selbstdarstellung allerdings oft so peinlich ist, dass sie schon nicht mal mehr als Karikatur ihrer selbst durchgehen kann. Der Herbst ist gekommen, die Blätter färben sich, einige sind schon gefallen, manche Zugvögel sind auch schon weg, vermehrt sind Igel zu sehen, die sich auf den Winter vorbereiten. Ein paar schöne Tage können wir noch erwarten, sie lassen ein bisschen Wärme spüren, wenn die Sonnenstrahlen den Morgennebel vertrieben haben. Wir können uns daran freuen, keine Ängste müssten sich in die Gedanken und Gefühle mischen. Ein Dach haben die meisten von uns über dem Kopf, es regnet nicht rein, die Fenster sind dicht, die Speicher gefüllt, Kohle ist im Keller. Natürlich nur sinnbildlich in Form der eigenen finanziellen Ressourcen, einen richtigen Kohlenkeller haben wohl nur noch die Wenigsten. Es ist also die Zeit, Danke zu sagen für das, was uns das Jahr bisher brachte. Der Altar in der Kirche – an der Dekoration hatte meine Mutter immer mit Freude mitgewirkt – zeugte von Überfluss, die Menschen konnten stolz auf das Geleistete sein und dankbar dafür, dass sie es schaffen konnten, nun keine Angst vor dem Winter haben zu müssen. Kein Krieg, keine Katastrophe hatte uns heimgesucht, in Frieden können wir nun den Wohlstand und den Überfluss genießen und uns an den Farben und Gerüchen des Herbstes freuen. Die Ernte ist eingebracht, der Winter noch fern, wer dies nicht in der Kirche feiern will, der tut es eben auf den Volks- und Weinfesten, die nun auch überall stattfinden und vor allem den erreichten Wohlstand und den Überfluss zelebrieren. Schalte ich allerdings das Radio ein, schlage die Zeitung auf, oder schaue ich TV, dann vernehme ich einen neuen Zeitgeist, einen, der mich anklagt für das Geleistete. Der Ernte wird nicht mehr gedacht, ihr gedankt, sondern sie verflucht, mit ihr unser ganzes Leben, weil wir angeblich damit den Planeten zerstören würden. Aus Erntedank ist Ernteverachtung geworden. Statt die Früchte unserer Arbeit zu schützen, um auch unbeschadet durch den kommenden Winter zu kommen, sollen wir auf sie verzichten, sie verteilen an die ganze Welt, und selbst genügsam leben. Eine Fabel fällt mir ein, die von der Heuschrecke und der Ameise, auch sie, die Heuschrecke, hüpfte, sprang und sang so lange es ihr gut ging, solange sie das fressen konnte, was die anderen schufen und dabei voller Selbstgerechtigkeit auf die emsigen Arbeiter herab schaute. Besonders Freitags hüpfen sie, die Heuschrecken, und tanzen und singen in Berlin bei ihren Straßenblockaden. Ihre Selbstgerechtigkeit gibt ihnen das Recht dazu. Doch der Winter wird kommen und eine Gesellschaft, welche die Ernte verachtet, statt ihr zu danken, wird den Frühling nicht mehr erleben. Das lehren uns die Fabeln der Alten, auch die Erzählungen derer, die den Hunger überlebten und nun mit Dankbarkeit den Altar zum Fest der Ernte schmücken. Der Zeitgeist, da bin ich mir sicher, ist wie das Hüpfen und Springen der Heuschrecken. Doch in die Kirche werde ich nicht gehen, um der Ernte zu danken, zu vorhersehbar sind die Predigten, diese zeitgeistige Gedankenhüpferei. Gleich in Nachbarschaft – wenn ich nicht zu faul dazu bin, kann ich per Fuß dahin gehen – ist in Kürze das Filderkrautfest, und genau dahin gehe ich dann mit meiner Familie und meinen Kindern. Auf dem Weg werde ich ein paar Fabeln erzählen und die Besonderheit des lokalen Spitzkrautes erklären. Falls die Kinder nicht zuhören, dann kann ich natürlich nichts machen. Meine Frau aber, die ist ganz neugierig auf solche Geschichten, denn sie ist in den Tropen aufgewachsen und kennt das Erntedankfest aus ihrer Heimat nicht und was es für uns hier bedeutet. Sie hat als Kind auch den Hunger erlebt – wie meine Eltern – und kann sich deshalb auf Festen des Überflusses so richtig erfreuen. Und dankbar sein. Die Selbstgerechtigkeit der Heuschrecken nehmen wir an solchen Tagen einfach nicht zur Kenntnis. Zuerst erschienen auf Quentin Quenchers Blog Glitzerwasser.
Quentin Quencher
Es ist die Zeit, danke zu sagen, für das, was uns das Jahr bisher brachte. Doch ich vernehme einen neuen Zeitgeist, der mich anklagt für das Geleistete. Der Ernte wird nicht mehr gedacht, ihr gedankt, sondern sie verflucht, mit ihr unser ganzes Leben, weil wir angeblich damit den Planeten zerstören. Aus Erntedank ist Ernteverachtung geworden.
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13.10.2019 11:00
https://www.achgut.com//artikel/aus_erntedank_ist_ernteverachtung_geworden
Micha lehrt Rolf das punktgenaue Boykottieren
Wie jedes Mitglied der menschlichen Gemeinschaft, ob groß oder klein, braucht Israel Struktur, Sicherheit, Regeln und Grenzen. Die anerkannten Grenzen Israels sind von 1948. Außerhalb dieser Grenzen ist besetztes Gebiet. Das ist nicht Israel. Auf Waren von dort darf nicht »Israel« stehen. Um Israel zur Einhaltung dieser Regeln zu bringen, sollten daher Waren nicht gekauft werden, bei denen Zweifel über ihre Herkunft bestehen. Es ist an Israel, die Herkunft klar auszuzeichnen und damit einen solchen Boykott, der Recht, Gesetz und EU-Beschlüsse umsetzt, unnötig zu machen. http://www.neues-deutschland.de/artikel/202733.kauft-nicht-bei-lieberman.html Eine sinnvolle Boykottstrategie kann sich genau daran ausrichten und sich damit punktgenau, spezifisch und unmissverständlich nur und ausschließlich gegen die Besetzung des Westjordanlandes richten. Indem sie ausschließlich im Westjordanland produzierte israelische Waren, sofern sie ohne Zollprivileg angeboten werden, boykottiert, protestiert sie genau gegen jenen Zustand, der eine allseits gewünschte Zweistaatenlösung unmöglich zu machen droht. http://www.neues-deutschland.de/artikel/202734.boykott-im-rahmen-der-eu-gesetzgebung.html
Fundstück
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24.07.2011 15:35
https://www.achgut.com//artikel/micha_lehrt_rolf_das_punktgenaue_boykottieren
Grand ohne vier. Das Klima-Kartenhaus von Bremerhaven
Investitionsruinen schaffen ohne Waffen, das ist ein beliebtes Hobby unserer Politiker. Einige Fälle: am Nürburgring, so enthüllten Recherchen des Motorjournalisten Wilhelm Hahne kürzlich, gibt es gar keine seriösen privaten Geldgeber für eine 250 Millionen Euro teure „Erlebnis-Welt“. Das Gegenteil war der Öffentlichkeit lange vorgegaukelt worden. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Deubel kippte über den Skandal. Die Zeche zahlt der Steuerzahler. In Bremen wurde 2004 der Freizeitpark „Space Center“ eröffnet und wenige Monate später mangels Besucher dicht gemacht. Die Subventionen für das totgeborene Baby waren futsch. Der Kadaver durfte sich noch mal als Kulisse für eine „Tatort“-Folge mit der Bremer Kommissarin Lürssen nützlich machen – nicht viel Gegenwert für 170 Millionen Euro… Etwas weiter nördlich siecht seit 2002 der „See-Flughafen Cuxhaven“ dahin, auf dem so gut wie nie Flugzeuge landen. Sein Unterhalt kostet den hoch verschuldeten Landkreis jährlich 250 000 Euro, doch schließen kann man die Piste nicht so einfach – man müsste dann EU-Fördergelder für den Bau zurück zahlen. Kurz, es gibt kaum ein Vorhaben, das profilierungssüchtige Lokalmatadore, die mit Staatsknete einen auf Visionär machen, nicht schon in den Sand gesetzt haben. Jetzt hat Norddeutschland ein neues Multimillionengrab ausgehoben. Für das „Klimahaus“ in Bremerhaven, vor einem Monat unter gewaltigem Medien-Bohei eröffnet – auch die „Tagesschau“  brachte einen Jubelbericht –, musste die notorische Pleitestadt an der Weser 100 Mio hinlegen. Es sieht wie ein riesiges, gestrandetes Greenpeace-Schlauchboot aus und bietet für 12,50 Euro Eintritt (Kinder (8,50) eine virtuelle Reise, auf der kleinen und großen Menschen bei unterschiedlichen Temperaturen porentief das Gehirn gewaschen wird. Weshalb es auch von Umweltminister Gabriel wärmstens empfohlen wird. Das „Hamburger Abendblatt“:  „Die interaktive Wissenschaftsschau Klimahaus Bremerhaven 8° Ost zeigt verschiedene Klimazonen und macht dabei auf die teils verheerenden Auswirkungen der Erderwärmung entlang des 8. Längengrades aufmerksam. In der knapp 12 000 Quadratmeter großen Ausstellung ist zu sehen, welche Auswirkungen die Erderwärmung hat und was jeder Einzelne zum Klimaschutz beitragen kann. Die Betreiber rechnen damit, dass die Präsentation in dem futuristischen Bau aus Glas jährlich etwa 600 000 Besucher anzieht.“ Zur Einweihungsfete mit 800 Gästen war bezeichnenderweise nicht der Präsident des Landesrechnungshofs Spielhoff geladen worden, der die Verschwendungssucht der Bremer Regierenden amtsgemäß kritisch sieht. Eingeladen waren vielmehr der Chef-Apokalyptiker Mojib Latif sowie der berühmte Klimaforscher Bob Geldof. Wes Geistes Kind im Klimahaus mit CO2-Klötzchen spielt, war somit klar. Nicht mit einem Sterbenswörtchen werden Besucher davon in Kenntnis davon gesetzt, dass es zu Ursachen, Ausmaß und Folgen von Klimaveränderungen noch ein paar andere Erklärungsansätze gibt als die Prognosen der IPCC-Angstindustrie. Im Klimahaus ist es wie bei einer katholischem Messe an Ostern: Häretiker haben nichts zu suchen im neuen Tempel der einzig wahren Global-Warming-Religion. In Bremerhaven, wo Elvis 1958 deutschen Boden betrat, ist auf Steuerzahlers Kosten eine ideologische Berieselungsanlage entstanden, durch welche die strammgrünen Pauker der Republik künftig schon ihre Viertklässler schleusen werden. Abgeholzte Wälder, schmelzende Gletscher, Stürme, Sintfluten und vertrocknete Böden poppen in der Klimageisterbahn an allen Ecken hoch. An den Wänden stehen weises Spruchwerk („Jetzt sind die Bäume tot. Die Landschaft ist leer!“) und bange Fragen („Gehört der Mensch bald auch zu den bedrohten Arten?“). Nein, korrektes Deutsch ist im Klimahaus nicht erforderlich. Die richtige Gesinnung genügt. Dass die Kosten, die fürderhin auf das Land Bremen (zu dem die Stadt Bremerhaven gehört) zukommen, happig sein werden, ist öko-logisch. Der Bau dürfte zum Fass ohne Boden geraten. Denn das Klimahaus wird sich schwer tun,  massenhaft Gäste anzulocken – es ist touristisch Mission impossible. Erstens liegt Bremerhaven abseits der großen Reiserouten „am Mors der Welt“, wie man im Norden so hübsch sagt. Die wenig befahrene A 27 von Bremen endet schon 35 Kilometer weiter nördlich in Cuxhaven am Meer. Im Westen von Bremerhaven fließt die Weser. Das verbleibende Umland ist schwach besiedelt. Ein Erfolgsrezept jedes größeren Freizeitparks lautet jedoch: er muss in ein Ballungsgebiet oder an ein Autobahnkreuz gestellt werden, sonst funktioniert er auf Dauer nicht. In die 116 000-Einwohner-Stadt Bremerhaven fahren vornehmlich Journalisten, die fehlgeschlagenen Strukturwandel, verwahrloste Wohnghettos, so genannte soziale Brennpunkte, arbeitslose Migranten und bei Wahlen erfolgreiche Rechtsextreme besichtigen möchten. Zwar liegt Klimahaus am Hafen, wo ein paar touristische Attraktionen („Havenwelten“) wie zum Beispiel das Auswanderermuseum versammelt sind. Was leider nichts daran ändert, dass das Umfeld blanke Tristesse verströmt. Wie ein bodenständiger Kritiker im Internet bemerkte: „Wer nach Verlassen der Havenwelten und des Columbus-Centers gar in nördliche Richtung aufbricht und die verfallenen Häuser und die leer stehenden Geschäfte sieht, wird sich zu Recht die Frage stellen, was er eigentlich in dieser Stadt soll.“ Zweitens hat das Klimahaus ein Marketingproblem. Grün ist zum Kassengift geworden. Deutsche Blätter, die monothematische „grüne“ Nummern herausbrachten („So retten wir die Welt“), blieben wie Blei im Regal liegen. In den USA strich „Vanity Fair“, Hochglanzgazette der grün angehauchten Hollywood-Schickeria, Anfang des Jahres seine geplante dritte „Green Issue“ aus Furcht vor massiven Auflageeinbrüchen. Green doesn´t sell anymore. Als ich neulich durch Bremerhaven kam, war das Klimahaus gut besucht. Der vergangene Donnerstag war freilich auch ein optimaler Termin – Kernferienzeit, und über die Urlaubsorte der Umgebung fegten kalte Regenböen. Viele flüchten an solchen Tagen in die Freizeitparks. Woraus aber sollen sich die 600 000 angepeilten Besucher des Klimahauses übers Jahr gesehen generieren? Voll zahlende Gäste, wohlgemerkt, nicht Schulklassen, die für lau durchgehen. 1643 Besucher jeden Tag im Jahr, wo sollen die herkommen? Die Saison im Norden dauert höchstens viereinhalb Monate. Kommt hinzu, dass die Klimahäuslebauer die notwendige Besucherzahl nach Ansicht mancher Beobachter viel zu niedrig angesetzt haben. Nicht 600 000, sagen Skeptiker, sondern minimal 800 000 Ticketkäufer brauche das Projekt, um kostendeckend zu arbeiten. Das größte Manko am Klimahaus aber ist, drittens, das Klimahaus selbst. Es ist einfach schnarchlangweilig. Anders als das Ozeaneum in Stralsund oder der Hamburg Dungeon oder der Heidepark Soltau (nicht zu reden vom Europapark Rust, dem erfolgreichsten Produkt der Freizeitindustrie), bietet es weder Spaß noch Spiel, weder Träume noch Thrill. Überall nur Belehrendes, Humorfreies, Hochtrabendes von Videoschirmen. Worte wie „Verantwortung“ flimmern bedeutungsschwanger über Leinwände. Aus Lautsprechern quaken Kinderstimmen naseweises Zeug.  All das penetrante Gutgeraschel! Wie etwa der Einfall, am Eingang eine „Klimawaage“ aufzustellen, auf der man die aktuellen Öko-Sünden seines Landes oder der ganzen Welt abrufen kann. Damit man jenes sauschlechte Gewissen kriegt, das die Klima-Priester für ihren Ablasshandel benötigen. Im Klimahaus kann man ein bisschen schwitzen und ein bisschen frieren, Kuhglocken läuten oder über eine kleine Hängebrücke gehen, nicht viel mehr. Wirklich, ich habe kein einziges Kind und keinen Erwachsenen gesehen, der von der „Reise“ (der angeblichen Hauptattraktion des Klimahauses) kam und einen glühenden Kopf hatte vor Aufregung. Keiner da, der „Wow!“ oder „Stark!“ oder „Super!“ gerufen hätte. Der Fun-Faktor im Klimahaus ist nicht mal klein - er ist non-existent. Wer einmal drin war, kommt nie wieder. Ob der absehbar andauernde Subventionsbedarf der Veranstaltung irgendeinen Politiker irritiert? I wo! Das von den finanzkräftigen deutschen Regionen ausgehaltene Bonsai-Bundesland Bremen wird seit eh und je maßgeblich von Sozialdemokraten regiert. Gegenwärtig sind die Grünen mit am Ruder, was die Sache nicht besser macht. Die Devise an der Weser heißt traditionell: Ober, bring´ Sie mal n´büschen Geld! Wir möchten zahlen.          
Wolfgang Röhl
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26.07.2009 13:19
https://www.achgut.com/artikel/grand_ohne_vier_das_klima_kartenhaus_von_bremerhaven
Petra Pau contra Norman Paech
Die Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestages, Petra Pau, war als Repräsentantin Deutschlands zum Internationalen Forum gegen Antisemitismus zu Gast in Israel. Die Politikerin der Partei „Die Linke” besuchte die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und die Ausstellung des Israel Museums mit Kunst, die während des Zweiten Weltkriegs von den Nazis erbeutet worden war. „Dieser Ausstellung kommt eine zweifache Bedeutung zu”, sagte Pau nach ihrem Rundgang zu israel heute. „Was mir besonders aufgefallen ist, war die durch Kunst dargestellte Erinnerung – wie dieser Tragödie (dem Holocaust) gedacht wird“ und wie versucht wird, dass so etwas nie wieder geschieht. In ihrer Rede vor dem Internationalen Forum gegen Antisemitismus im Jerusalemer Außenministerium sagte Petra Pau, dass „Antisemitismus kein Problem aus der Vergangenheit” sei. „Antisemitismus ist aktuell präsent und findet neue Nahrung. Er ist eine menschenverachtende Ideologie, die durch niemanden und durch nichts zu rechtfertigen ist”, erklärte sie. Gegenüber israel heute berichtete Pau, dass Antisemitismus nicht nur in Deutschland, sondern weltweit ein schwerwiegendes Problem sei. Deutsche Studien belegen, dass 20 Prozent der Bevölkerung antisemitische Ansichten haben. „Wir suchen nach neuen Antworten und nach Möglichkeiten, damit umzugehen”, sagte Pau.
Henryk M. Broder
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03.04.2008 01:30
https://www.achgut.com//artikel/petra_pau1
Nolens Polenz
Bloggerin Jenny Pyka über das seltsame Treiben auf der Facebook-Seite von Ruprecht Polenz, der zum Glück kein verklemmter, islamophiler Israel-Hasser ist, sondern nur Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages. http://jennifernathalie.blogspot.com/2011/12/knecht-ruprecht-packt-die-rute-aus.html
Fundstück
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09.12.2011 18:44
https://www.achgut.com//artikel/nolens_polenz
Merkel gets Trumped
Von Lizzy Stender.  Da die meisten Medien die extreme Weichzeichner-Linse aufgeschraubt haben, könnte dieser Link zum Original-Video für die Achse-Leser interessant sein (oben eingebettet). Abgesehen von der Empfangsszene im Sultanspalast von Erdogan kann ich mich an keine Begrüssungs-Foto-Szene voll von solcher Verkrampftheit und Peinlichkeit erinnern. Es lohnt sich, die volle Länge des Mitschnitts anzusehen. Die Bundeskanzlerin versucht zweimal, Präsident Trump zum Handshake zu überreden und schafft nicht einmal das! The Donald lässt sie einfach "abtropfen". Wer ein bisschen Erfahrung hat mit Geschäftskontakten in den USA - Donald Trump ist nun mal mehr Geschäftsmann als Politiker -, für den schrillen alle Alarmglocken. Verweigerung des Handschlags bedeutet sehr oft "you are fired" oder ähnlich Dramatisches. Die vom Export nach USA abhängige deutsche Wirtschaft darf sich auf harte Zeiten einstellen, fürchte ich. Lizzy Stender, gebürtige Stuttgarterin, lebt nach einem kosmopolitischen Berufsleben zur Zeit auf einem Bio-Bauernhof an der Grenze vom Limousin zur Auvergne. 
Lizzy Stender
Von Lizzy Stender. Schauen Sie sich dieses Video bitte komplett an. Wer ein bisschen Erfahrung hat mit Geschäftskontakten in den USA – Donald Trump ist nun mal mehr Geschäftsmann als Politiker –, für den schrillen alle Alarmglocken. The Donald lässt die Bundeskanzlerin einfach "abtropfen". Verweigerung des Handschlags bedeutet sehr oft "you are fired" oder ähnlich Dramatisches.
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18.03.2017 18:35
https://www.achgut.com/artikel/merkel_gets_trumped
Broders Spiegel: Willkommen in der neuen Klassengesellschaft!
Bei den Sündenböcken bedarf es ab und an einer Auffrischung. Grundsätzlich bleibt natürlich jeder, der der Klimarettung im Wege steht ein Vertreter des Bösen. Doch saßen gestern noch vor allem die Diesel-Fahrer auf der politisch-medialen Anklagebank, so sind es heute vor allem die Menschen, die gern Fleisch essen. Und wenn Fleisch essen schlecht ist, muss es natürlich mit zusätzlichen Steuern oder Abgaben belegt werden, so wie ja beim Diesel Fahrverbote nötig sind, damit sich die Menschen endlich die teuren Elektroautos kaufen. Damit entsteht auch gleich eine neue Klassengesellschaft. Automobilität und Fleischverzehr gibt's nicht mehr wie bislang für alle, sondern nur noch für die Wohlhabenden. Welch ein gesellschaftlicher Fortschritt.
Achgut.tv
Diesel Fahrverbote sind nötig, damit sich die Menschen endlich teure Elektroautos kaufen. Fleisch muss mit zusätzlichen Steuern belegt werden, um angeblich das Klima zu retten. Solcherart Umerziehung führt geradewegs in eine neue Klassengesellschaft. Autos und Fleisch gibt's nicht mehr für alle, sondern nur noch für die Wohlhabenden. Welch ein gesellschaftlicher Fortschritt.
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19.08.2019 06:01
https://www.achgut.com//artikel/broders_spiegel_wwillkommen_in_der_neuen_klassengesellschaft
Ein großer, aber auch peinlicher Zapfenstreich
Ein Land schickt seine Soldaten in einen Krieg, mag aber irgendwie nicht dazu stehen. Realitätsverweigerung, Desinteresse und Heuchelei kennzeichnen den Umgang des Staates mit seinem Militär. Auf einmal waren sie alle da. Der Bundespräsident, der Bundestagspräsident, die Verteidigungsministerin und allerlei andere politische Honoratioren. Es wurde zum großen Zapfenstreich geblasen – mit über drei Monaten Verspätung. So lange haben unsere Regierenden gebraucht, um sich zu einer anständigen Geste an die Männer und Frauen durchzuringen, die in Afghanistan ihren Kopf für einen konfusen und von der Politik weitgehend ignorierten Kriegseinsatz hingehalten haben. Kriegseinsatz? Da ging es schon los. Offiziell war es natürlich kein Kriegseinsatz. Die Soldaten und Soldatinnen traten in Afghanistan offenbar als eine Art technisches Hilfswerk für den Bau einer neuen Nation auf. Dass sie dabei Waffen tragen mussten, weil die Gegner sich nicht scheuten, Krieg zu führen, wurde möglichst nicht erwähnt. Dass die militärische Ausrüstung für diesen angeblich nicht kriegerischen Kampfeinsatz (pardon: Aufbaueinsatz) ziemlich unzulänglich war, passte ins Konzept der Realitätsbeschönigung bis hin zur Realitätsverweigerung. Dass die Gefallenen dieses Einsatzes, insgesamt 59 Uniformierte, anfangs nicht als Gefallene bezeichnet wurden, war ein weiterer Punkt der Heuchelei. Zur Heuchelei kam dann das Desinteresse. Dass Ende Juni, als die deutschen Soldaten aus Afghanistan heimkehrten, in Wunstorf kein Schwein da war, um sie zu empfangen, ist ein Unikat. Genauer: Es war keiner aus der Politik da. Das gibt es nur in Deutschland. Die Leute ins Feuer schicken und sie dann durch Abwesenheit mit passiver Verachtung strafen: Wie anders kann man das nennen – als eine Schande. Da kann man sich wundern, dass überhaupt jemand diese undankbare Aufgabe, ein Soldat in Deutschland zu sein, auf sich nimmt. Aber so ist das Verhältnis nicht nur der deutschen Politik, sondern vieler Deutscher zu ihrer Bundeswehr. Ja, ja, es hat damit zu tun, dass Deutschland in zwei Weltkriegen Europa in Schutt und Asche verwandelt hat, das eigene Land eingeschlossen. Aber wie lange soll diese historische Last noch allein auf die Soldaten von heute abgeladen werden, während man selbst eine feine Distanz hält? Eigentlich ist die Sache ganz einfach: Entweder man sagt, die deutsche Vergangenheit verbietet es uns, wieder Soldaten zu haben und in fremden Ländern einzusetzen, wie es ja anno dazumal Franz Josef Strauß, der spätere Verteidigungsminister, gesagt hat. Oder man hält sich trotz der Geschichte eine Bundeswehr und dann hat man auch gefälligst dazu zu stehen. Vielleicht sogar wegen der Geschichte: eine demokratische Parlamentsarmee als Kontrast zu damals. Dass sich das Parlament für seine Armee nicht recht erwärmen kann, gehört zur Zwiespältigkeit der deutschen Post-Hitler-Gesellschaft. Die Vorstellung, dass in Amerika oder in Frankreich Soldaten aus einem Kriegseinsatz heimkehren und von der Politik einfach ignoriert werden, ist gar keine. Ein solches Verhalten ist eben – jawohl, unvorstellbar. Doch genug von der deutschen Heuchelei, die aus Soldaten harmlose Helferchen macht und wegschaut, wenn von den 160.000 nach Afghanistan Entsandten mehr als ein halbes Hundert dort sein Leben lässt. Es hat ihn ja gegeben, den großen Zapfenstreich mit großem Auftritt, großen Reden und großen Gesten. Danke schön. Man würde die große Ehren-Show lieber loben, wenn sie nicht mit einer derart peinlichen Verspätung stattgefunden hätte. Die peinliche Verspätung macht aus dem großen Zapfenstreich leider auch einen peinlichen Zapfenstreich.
Rainer Bonhorst
Ein Land schickt seine Soldaten in einen Krieg, mag aber irgendwie nicht dazu stehen. Realitätsverweigerung, Desinteresse und Heuchelei kennzeichnen den Umgang des Staates mit seinem Militär.
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14.10.2021 18:00
https://www.achgut.com/artikel/ein_grosser_aber_auch_peinlicher_zapfenstreich/P14#comment_entries
Warum wird die junge Frau geschont?
Der Schriftsteller Max Goldt sieht sich bei youtube peinliche Talkshowauftritte an und fragt sich im Auszug aus seinem neuen “Buch namens Zimbo” exklusiv bei Cicero Online, wieso eigentlich jungen Frauen bei solchen Anlässen so vieles nachgesehen wird.
David Harnasch
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29.03.2010 17:07
https://www.achgut.com/artikel/warum_wird_die_junge_frau_geschont
Bekenntnisse einer Carnivorin
Von Larissa Fußer. Zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen gehören die gemeinsamen Abendessen. Vor allem sonntags konnte ich es kaum erwarten, am Abend endlich den Wohnzimmertisch zu decken. Mit Messer und Gabel in der Hand fragte ich meine Mutter alle fünf Minuten, wann denn das Essen fertig sei. Wenn sie dann endlich das Brathähnchen servierte, schaltete ich schnell den Fernseher ein. Das war meine Aufgabe. Ich kann mich noch genau erinnern, wie tief zufrieden ich war, wenn wir dann endlich zusammensaßen. Das Hähnchen in der Hand und die Finger einzeln ableckend, während der Tatortvorspann unser Abendprogramm einleitete. Bei meiner Grundschulfreundin sah das Abendessen anders aus. Die meisten Gerichte waren vegetarisch, denn meine Freundin war der Meinung, dass ihr Fleisch nicht schmecke. Wenn es doch einmal Fleisch gab, dann sollten sich drei Personen eine Portion teilen, die ich sonst locker alleine verputzt hätte. Und das Schlimmste: Es schmeckte einfach nicht. Das war ein recht dramatischer Zwiespalt für mich, wenn ich einmal bei ihr zu Besuch war. Einerseits schrie alles in mir danach, Protest über dieses höchst unbefriedigende Gericht zu äußern, anderseits wollte ich die Eltern meiner Freundin nicht verärgern. Letztendlich zwang ich mich, das Zeug zu essen. Bis heute kann ich den Geschmack abrufen. Dinkelnudeln, Bio-Tomatensoße, gekochte Bio-Möhren, Bio-Apfelscheibchen, Bio-Oregano und kein Salz. Grauenhaft. Das war der kulinarische Alltag meiner Freundin. Wahrscheinlich hat ihr überhaupt nichts im Leben geschmeckt. Sie ist noch heute spindeldürr. Als Jugendliche lernte ich einige andere Mädchen mit Essstörungen kennen. Auch sie konnten das Essen nicht mehr genießen. Stattdessen kauten sie lieblos Käsewürfel und Trauben und wurden mit der Zeit immer blasser. Eine Zeit lang beneidete ich sie für ihre Selbstkontrolle. Auch ich hatte die Teenagerkrankheit, dass ich meine plötzlich aufgetauchten Hüften für überflüssige Pfunde hielt. Sobald mir aber meine Mutter abends ein fettes Steak servierte, blies ich sämtliche Abnehmphantasien in den Wind. Es schmeckte mir einfach zu gut. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich esse, was mir schmeckt. Vor allem Fleisch, Süßes und Salziges. Im Unterschied zu früher muss ich mich aber heute ständig dafür rechtfertigen.  Am meisten natürlich vor den Vegetariern und Veganern. Die sind wirklich unangefochten die schlimmsten. Mit diesen selbsternannten Moralaposteln muss man nämlich früher oder später über ihre Ernährungsreligion reden. Die lassen einem gar keine andere Wahl. Gerade hat man noch über Gott und Germany’s next Topmodel geredet – schon fällt die Gretchenfrage: „Wie hältst du’s mit dem Fleisch?“ Da bin ich dann erstmal pleite. Denn ich habe schon früh gemerkt, dass mein von Herzen kommendes Argument „mir schmeckt Fleisch einfach viel zu gut, um darauf zu verzichten“ nicht ankommt. „Wo kommen wir denn hin, wenn alle essen, was ihnen gefällt?“, keifte mich der Gemüsophile an, „das ist doch schlimmster Hedonismus!“  Das Wort musste ich als Medizinstudentin erst einmal nachschlagen. War dann aber empört. Wofür esse ich denn, wenn nicht aus Lust und Freude? Essen ist schließlich ein Trieb, der noch älter ist als die sexuelle Fortpflanzung. Mein limbisches System lässt mein Bewusstsein nicht mitreden, wenn es entscheidet, auf was ich Appetit habe. Und ich habe nun wirklich nie auf Quinoa-Salat Appetit.  Ja, ja, ich höre Sie schon. Der Mensch ist mehr als nur triebgesteuert. Ich weiß – sonst hätte ich keinen Studienplatz gekriegt. Dabei hätte ich meine Abizeit so gerne Eis essend an den Brandenburger Seen verbracht, statt am Schreibtisch zu hocken. Irgendwie wollte ich dann aber doch lieber einen guten NC haben. Aber als ich dann meinen Studienplatz hatte, dachte ich, dass ich doch jetzt unter den Stundenten mein wahres Ich zeigen könnte. Dass wir uns heimlich in der Pause eine Trüffelsalami und ein Stück Sahnetorte reinpfeifen und benebelt grinsend ins Seminar gehen würden. Pustekuchen. Gut, hätte ich ahnen können. Ärzte sind ja meistens eher Spielverderber. Aber, dass die so meschugge sind! Zum ersten Mal dämmerte es mir am Ende des zweiten Semesters. Ich besuchte ein Seminar zum Thema „Hämoglobin und Myoglobin“, und nach dem unvermeidbaren Chemiepart über Aufbau und Eigenschaften der beiden Proteinkomplexe diskutierten wir die klinische Relevanz, also Eisenmangelerscheinungen. Da brach es aus meinem Prof heraus: „Wenn Sie also ein leichenblasses junges Mädel in Ihre Praxis kriegen, das kaum noch aufrecht gehen kann, dem schwindelig ist, das schwach und antriebslos ist – dann fragen Sie sie nach ihrer Ernährung! Und wenn dann rauskommt, dass das kleine Ding vegan ist – dann ist das Beste, was Sie tun können, ihr ein fettes Steak zu verschreiben! Dann ist der Eisenmangel Geschichte!“ Ich prustete los. Was für ein Typ. Ich war total begeistert und guckte mich nach Zustimmung in meiner Seminargruppe um. Aber vollkommen Fehlanzeige. Mein Blick wanderte von einem betreten guckenden Gesicht zum anderen und blieb an ein paar dürren Mädels hängen, die sich auf ihre blassen Lippen bissen. Mir lief es kalt den Rücken runter. Nicht nur, dass ich der einzige bekennende Fleischfan zu sein schien. Meine Kommilitonen waren auch noch komplett humorbefreit. Das war nun wirklich eine Zumutung.   Seitdem zieht sich das leidvolle Ernährungsthema wie eine Schleimspur durch meinen Unialltag. Nie hat man seine Ruhe, und vieles finde ich hirnrissig. Zum Beispiel haben uns die Dozenten schon früh erklärt, dass der Körper in seinem inneren Milleu Homöostase betreibt. Heißt, er hält über bestimmte Regulationsmechanismen, zum Beispiel über Hormone, bestimmte Sollwerte ein. Das gibt’s bei der Körpertemperatur, beim Blutdruck und auch bei vielen körpereigenen oder auch körperfremden Stoffen. So wurde beispielsweise herausgefunden, dass der Körper über Regulationsmechanismen seinen Cholesterinspiegel im Blut konstant hält. Es hat keinerlei Einfluss, ob wir nun mehr oder weniger Cholesterin zu uns nehmen. Sie können sich also getrost wieder gute Butter statt Margarine auf’s Brot schmieren. Da der Körper genauso gut selbst Cholesterin produzieren kann, regelt er den Wert im Blut eben so, wie es ihm gerade gut passt. Hat mir eingeleuchtet. Dann kommt das Ernährungsmodul, und plötzlich sollen wir Nährwerttabellen für die empfohlene Tageszufuhr auswendig lernen. Da stand nun plötzlich ganz genau fest, wie viel Kohlenhydrate, Fette, Mineralstoffe und dergleichen jeder Deutsche zu sich nehmen sollte (die Angaben schwanken international und über die Jahre enorm). Das habe ich nicht kapiert. In einem Moment sagen sie „der Körper regelt schon“ und im anderen soll für den Körper geregelt werden. Macht doch keinen Sinn.  Ich denke, dass der Körper sehr genau weiß, was er braucht und das entsprechend äußert. Wenn meine Zellen Wasser brauchen, kriege ich Durst. Wenn meine Zellen zu viel Wasser haben und sich gutes altes NaCl (Kochsalz) wünschen, habe ich Bock auf was Salziges. Es macht nur Sinn, dass es sich mit allen Nährstoffen so verhält. Übrigens: Wenn klinische Studien überhaupt etwas über Nährstoffe gezeigt haben, dann dass ihr Vorkommen im Körper höchst individuell und schwankend ist. Das könnten sich die Ernährungsfuzzis einmal eingestehen, statt sich alle paar Jahre eine neue Nährwerttabelle auszudenken.  Doch mit diesen Widersprüchen in der Lehre ist es leider nicht genug. Meine Kommilitonen haben den ganzen Ernährungswahnsinn porentief aufgesogen. Es ist wirklich ein Trauerspiel. Jeden Morgen sehe ich im Seminar zumindest physisch ausgewachsene Männer selbstpürierte Smoothies und Joghurt mit Müsli in sich hineinkippen. Die Frauen habe ich schon Körnerbrot mit Kaninchenfutter (also irgendwelche unbekannten Blätter) mümmeln sehen, oder sie packen die obligatorische Obstbox aus. Wenn sie gerade nichts essen, reden sie darüber, was sie so essen. Natürlich wenig bis gar kein Fleisch, viel Reis, Gemüse und, wenn sie mal ganz wild sind, ein Hanuta.  Ich habe das lange mit angesehen. Aber einmal in der Mensa konnte ich mich nicht mehr halten und habe entsetzt gefragt: „Schmeckt euch das wirklich?“ Die Antworten fielen unterschiedlich aus. Zuerst erklärte mir eine der Kaninchenfutterfangirls, dass sie das schon so lange mache, dass es sie nicht mehr störe und es auch „echt ganz lecker“ sei. Ein junger Mann war erfrischend ehrlich und sagte, dass er an sich schon gerne jeden Tag ’ne Schokolade zum Frühstück essen würde, er aber nicht fett werden und früh sterben will. Außerdem mache es ihm gewissermaßen Freude, sich da selbst im Griff zu haben. Natürlich gab es auch wieder moralisierende Veggies, aber die will ich Ihnen ersparen. Doch nachdem diese ihr Statement abgegeben hatten, setzte sich eine Kommilitonin zu mir, um mir mit leiser Stimme zu erzählen, dass sie der ganze Veggie-Wahn auch ziemlich nerve. Erst neulich hat sie ihren Geburtstag gefeiert und für ihre Gäste gekocht. Es gab dann diese eine Freundin, die sich gewünscht hat, dass es vegan ist. Sie hat dann widerwillig vegan gekocht – mit dem Ergebnis, dass es niemandem, außer der Tofutussi, geschmeckt hat. Gut, vielleicht hat sie nicht Tofutussi gesagt.  Da habe ich sie dann doch ein bisschen liebgewonnen, meine Kommilitonen. Ein paar von ihnen haben doch noch ein Gefühl dafür, was ihnen schmeckt. Mit denen kann ich etwas anfangen. Die anderen haben sich wohl schon vollkommen ihrer Selbstbeherrschungssucht ergeben. Denn nichts anderes sehe ich, wenn ich sie da über ihre abgezählten Nahrungsmittel palavern höre. Junge Leute, die Befriedigung in der Selbstbeherrschung finden. Ich denke an die Mädels, die nur Trauben und Käse gegessen haben. Die haben ihren Selbstwert daran gekoppelt, auf sämtliche Nahrungszufuhr verzichten zu können. Sie schreien stumm ihre Umwelt an: „Guckt her! Ich bin Herr über meinen Körper! Ihr könnt mir nichts!“ Die etwas gemäßigten, aber dafür nervigeren Ernährungskontrollettis sehen sich als „Gesundheitsvorbild“ und „political animal“. Diese Leute wollen sich und der Welt beweisen, dass sie sich „optimal ernähren“. Optimal heißt, den aktuellen Ernährungsvorgaben entsprechend, außerdem ökologisch, tierfreundlich, klimafreundlich et cetera. Sie fühlen sich den Nach-Schnauze-Essern überlegen. Die Selbstbestätigung, die sie so mit jeder geknabberten Bio-Möhre erhalten, finden sie geiler als jede heiße Clubnacht. Richtig eklig wird’s, wenn solche Leute aufeinanderstoßen. Da kann man dann richtig zugucken, wie sie sich gegenseitig mit ihren Geschichten über selbstgemachte Zucchini-Chiasamen-Bratlinge scharfmachen. Mir wird da einfach nur schlecht.  Das Traurige bei dieser Verhaltensweise ist, dass diese Art von Genuss mit den tatsächlichen Sinnesempfindungen nichts mehr zu tun haben will. Wenn wir essen, dann tun wir das im besten Fall mit dem ganzen Körper. Wir schmecken mit unserer Zunge, riechen mit unserer Nase, ertasten mit unseren Sensoren in der Mundhöhle die Konsistenz der Nahrung, hören die Geräusche, die beim Kauen entstehen. All diese Sinneswahrnehmungen werden in unserem Gehirn verarbeitet. Je nachdem, wie sehr wir uns für sie interessieren, gelangen sie mehr oder weniger in unser Bewusstsein. Nur basale Dinge, wie „Oh heiß! Verbrennungsgefahr!“ nehmen wir in jedem Fall wahr. Sie lösen Schutzreaktionen aus. Keiner schmeckt den Kaffee, den er sich gehetzt auf dem Weg zur Arbeit reinschüttet (wenn, dann nur ganz kurz). Aber jeder zieht den Kopf zurück, wenn er sich die Zunge verbrennt.  Andere Sinneswahrnehmungen machen wir unserem Bewusstsein nur zugänglich, wenn wir es wollen. Ich selbst verstehe leider nichts von Weinen, doch auch bei einem Stück Fleisch kann man während des Kauens nachschmecken. Wie ist der Fasergeschmack? Gibt es rauchige Noten vom Anbraten? Wie ist der Konsistenzübergang von außen kross zu innen weich gelungen? Vielleicht geht das auch mit Gemüse – nee, doch nicht, kann ich mir nicht vorstellen. Es ist dieses bewusste Schmecken, das das Essen für mich zu einem lustvollen Erlebnis macht. Wer diese Empfindungen nun aber hintan stellt (niemandem schmeckt Quinoa-Salat wirklich), hat’s auch mit allen anderen Empfindungen nicht so. So einer denkt beim Sex daran, wie viele Kalorien er gerade verbraucht.  Außerdem fehlt diesen Selbstkasteiern die schon erwähnte Selbstregulierung des Körpers. Wer nicht wahrnehmen will, was sein Körper gerade braucht (Sie erinnern sich: Wasser oder Salz), der lebt gefährlich. Man muss sich nur jemanden vorstellen, der nicht merkt, dass er Durst hat. Er trinkt nichts. Sein Körper ist seinem wichtigsten Regulations- und Schutzmechanismus beraubt, und wenn er das lang genug durchzieht, wird er krank. Die Ärzte werden dann versuchen, irgendwas auszutüfteln, woran es gelegen haben könnte. Im besten Fall kommen sie darauf, dass er mehr trinken sollte. Sie raten ihm also zu trinken und verschreiben irgendwelche Medikamente. Das hilft dann vielleicht kurzfristig, ändert aber langfristig nichts an dem Grundproblem: der Unterdrückung körperlicher Bedürfnisse zugunsten irgendwelcher „höheren Motive“. Als nächstes merkt der Patient nicht mehr, dass er Hunger hat… Ich möchte keine Ärztin werden, die ihre Patienten mit zweifelhaften Ernährungsempfehlungen drangsaliert, so wie es uns beigebracht wird. Genauso wenig möchte ich Patienten in ihrer wahnhaften Selbstkontrolle ermutigen. Wenn sich später ein Patient für eine Ernährungsberatung an mich wenden sollte, werde ich ihm erklären, dass der Körper am gesündesten ist, wenn er sich selbst regulieren darf. Nicht, wenn er von oben Befehle bekommt. Und ganz nebenbei wird das Leben schöner, wenn man empfindsamer für seine körperlichen Bedürfnisse wird.  Mit meinen Freunden zelebriere ich das gemeinsame Essen inzwischen regelmäßig. Egal ob Burrito, Sushi, Steak, Spätzle – das Essen verbindet uns. Und lustvoll mampfend, lässt sich dann super über Männer, unzumutbare Politik und nervige Menschen quatschen. Wer da von außen mit gesunder Ernährung ankommt, wird ausgelacht oder fliegt sofort raus.  Larissa Fußer studiert Medizin und ist 20 Jahre alt.
Larissa Fußer
Von Larissa Fußer. Ich möchte Ärztin werden. Aber keine, die ihre Patienten mit zweifelhaften Ernährungsempfehlungen drangsaliert, so wie es uns beigebracht wird. Meine Kommilitonen haben den Wahnsinn porentief aufgesogen. Jeden Morgen sehe ich zumindest physisch ausgewachsene Männer selbstpürierte Smoothies und Joghurt in sich hineinkippen. So einer denkt beim Sex daran, wie viele Kalorien er gerade verbraucht. 
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29.05.2019 06:07
https://www.achgut.com/artikel/bekenntnisse_einer_carnivorin/P112#comment_entries
Die beste Küchenzeile aller Zeiten
Es ist vollbracht. Nach einem Jahr, elf Monaten und drei Tagen ist sie endlich da. Die Küche vom Schatz. Wir haben Wände herausgerissen, Böden ausgeglichen, knapp zwei Kilometer Stromkabel aus den Wänden gezogen, gusseiserne Abwasserrohre ersetzt, alte Löcher zugeschmiert, neue gemacht, Wasserleitungen getauscht und neu verlegt, geputzt, gesägt, gehämmert, tapeziert, Böden verlegt, und ich schaue nach dem Gang aus dem Schlafzimmer endlich nicht mehr auf eine Kreissäge. Blut, Schweiß und Tränen (von mir, weil mir einmal die Schlage auf die Füße gefallen ist) stecken in dieser Küche, die jetzt neu aufgebaut ist und ihrer Bestimmung harrt. Das Herz unseres Häuschens ist unter den wohlmeinenden Flüchen des Küchenmonteurs gesetzt, jetzt können wir es endlich zum Schlagen bringen. Raus aus der Single-Küche im Obergeschoss, hin zu dieser Familienküche mit ihren sechs Sitzplätzen, die locker auf acht Sitze erweitert werden kann.  Groß ist es, unser Herz. Locker 40 Quadratmeter teilen sich auf in einen massiven Küchenblock in L-Form in dunkelgrauer Farbe und mit einer Holzarbeitsplatte sowie den modernsten Geräten, die sich die Küchenindustrie ausgedacht hat. Je nachdem, wo ich stehe, habe ich von außen eine Landhausküche, innerhalb des L eine „Industrial“-Küche. Der restliche Platz teilt sich auf in einen langen Holz-Esstisch mit antiken Stühlen mit „Wiener Geflecht“ und zwei kleine Beistelltischchen aus der Biedermeier-Zeit, die sich zu zwei runden Tischen ausklappen lassen. Einen Teil der Ziegelwand haben wir als Sichtmauerwerk gestaltet und mit den verdammten Stützbalken der alten Türen umrahmt, die wir entweder ausgetauscht oder aufbereitet haben. Es sieht einfach mega toll aus und ist die schönste Küche, die der Schatz und ich je hatten. Nebenbei: Auch die teuerste. Und da stehen wir nun in der besten Küchenzeile aller Zeiten und beraten. Nach einem Grundkurs im Bedienen von Herd, Kühlschrank und Dampfbackofen – ich glaube, Aldrin, Collins und Armstrong hatten für ihren Mondflug weniger Knöpfe zu drücken – und dem Einsortieren von Besteck und Geschirr und unseren Vorräten, geht es um die Frage, was wohl unsere allererste Mahlzeit in Gods-Own-Kitchen sein wird. Der Schatz plädiert für etwas Vegetarisches, Gemüsiges, Fruchtiges, während ich angesichts des horrenden Preises dieses Auswurfs der Küchenindustrie gerne Fleischiges, auf jeden Fall aber etwas, das die Dunstabzugsmulde des Induktionskochfeldes zum Glühen bringt, hätte.  „Aber“, so sagt der Schatz, „wenn wir hier jetzt Fleisch braten, dann riecht es in der Küche nach Bratenfett. Sie ist neu. Ich möchte das nicht. Jetzt noch nicht. Wir haben uns eben erst kennengelernt und ich bin keine Frau für den ersten Braten.“ Das verstehe ich. „Aber, wenn wir jetzt Gemüsiges, Vegetarisches und Fruchtiges machen …“, „Im Dampfbackofen …“, „… genau, bitte unterbrich mich nicht, wenn wir also im Dampfbackofen dampfkochen oder dampfbraten, dann wird der Dampfbackofen gleich schmutzig, obwohl er doch neu ist“, werfe ich ein. Der Schatz legt die Stirn in Falten. Das tut er immer, wenn er weiß, dass ich recht habe, es aber nicht zugeben will. Aber diesmal muss er: „Das stimmt, das ist keine gute Idee. Ich könnte das Gemüse ja auf dem Induktionsherd kochen!“ „Könntest du, aber dann müssen wir das ganz genau im Auge behalten, ich habe keine Lust, dass ein Kochtopf überkocht und wir dann gleich auf dem Induktionsfeld einen Wasserrand haben. Erst recht, weil wir ja nur eine Platte benutzt haben“, gebe ich zu bedenken.  Der Schatz schnappt sich unseren induktionsfähigen Teekessel und geht in Richtung Wasserhahn und Spülbecken. „Was wird das?“, rufe ich hinterher. „Ich wollte Wasser in den Kessel geben und uns einen Tee machen“, erklärt der Schatz verwundert. „Ach ja? Und sonst so? Sowohl Wasserhahn als auch Spülbecken sind niegelnagelneu. Da muss nur etwas danebenspritzen und dann sieht das hier gleich wie Sau aus“, protestiere ich, und der Schatz hält inklusive Teekessel inne. Dreht sich dann herum und setzt sich zu mir an unsere Tafel, für die das Wort „Tisch“ nur eine unzureichende Beschreibung ist. „Du hast recht“, sagt er kleinlaut und natürlich weiß ich, dass ich recht habe, weil ich so gut wie immer recht habe. Ich bin Jungfrau im Tierkreis. „Aber wenn Fleisch aus verständlichen Gründen ausscheidet, Gemüse aber auch, was essen wir dann?“, fragt der Schatz mit einiger Berechtigung. Ich gehe an den Kühlschrank und öffne ihn. „Wir könnten …“, hebe ich an, aber der Schatz unterbricht mich: „Hast du etwa schon was in den Kühlschrank geräumt?“ Ja, nein, doch, habe ich, aber warum und es ist nur eine italienische Salami, bei der man die Wursthaut mitessen kann und ich habe die in den Kühlschrank gelegt, damit sie kühl und hart bleibt. „Nimm die da raus“, insistiert der Schatz, „der ganze Kühlschrank stinkt sonst nach Wurst und der ist doch neu, das wäre doch schön, wenn der auch noch eine Weile neu aussieht und riecht.“ Da hat jetzt wiederum der Schatz recht, und so sitzen wir mit meiner italienischen Salami, bei der man die Wursthaut mitessen kann, an unserer Tafel, auf der bisher nichts als eben jene Salami, bei der man die Wursthaut mitessen kann, liegt. „Ich glaube, wir haben ein Problem“, stelle ich hungrig und ernüchtert fest, „in dem Moment, in dem wir hier wild zu kochen anfangen, haben wir keine neue Küche mehr, sondern nur noch eine gebrauchte Küche. Das würde mich bei diesem Schweinegeld, das dieses Interieur gekostet hat, maß- und bodenlos ärgern!“ Der Schatz schaut mich aus hohlen Augenhöhlen an. „Tonlos“, träfe es, ginge es eben nicht um die Augen. „Das stimmt“, sagt er traurig, „da müssen wir uns jetzt entscheiden, ob es das wert ist“, sagt er auch und bricht sich ein Stück der italienischen Salami, bei der man die Wursthaut mitessen kann, ab. Damit er keines der neuen Messer benutzen muss, die wir uns für diesen heiligen Gral der Kochstudien gegönnt haben. „Wir werden verhungern, in unserer neuen Küche“, resümiert der Schatz traurig und enttäuscht.  Ich bin ein Mann. Oder war zumindest mal einer, früher. „Werden wir nicht“, versichere ich entschlossen und zücke mein Handy wie Billy the Kid seinen Revolver und bestelle zwei Pizzen beim örtlichen Italiener. Und das war unser erstes Essen in unserer neuen Küche. Und auch nicht das letzte Essen in unserer neuen Küche. Giovanni kommt jeden Abend und liefert pünktlich seine Pizzen. Aufgrund seiner Auswahl haben wir nur alle 14 Tage die gleichen Pizzen und die Küche bleibt sauber und sieht immer noch wie neu aus. Sie ist einfach zum Kochen zu schade.  (Weitere selbstgekochte Artikel des Autors unter www.politticker.de)     Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.
Thilo Schneider
Es ist vollbracht. Nach einem Jahr, elf Monaten und drei Tagen ist sie endlich da. Unsere neue Küche. Aber eigentlich ist sie viel zu schade zum Kochen.
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05.09.2022 16:00
https://www.achgut.com//artikel/Die_beste_Kuechenzeile_aller_Zeiten
Ausgestoßene der Woche: Peter Hahne
Bei t-online war letzte Woche Peter-Hahne-Themenwoche. Gleich drei Online-Artikel beschäftigten sich mit den „Abwegen“, auf die der ehemalige ZDF-Moderator und heutige Bestseller-Autor bei den Themen Corona und Gendersprache geraten sei. Den Auftakt machten am 3. Mai Nils Kögler und Steven Sowa mit „Peter Hahne schwurbelt jetzt über Corona und Genderwahn“. Für diese lange „Reportage“ besuchten die Autoren einen Auftritt Hahnes in einer evangelischen Kirche im brandenburgischen Malchow. Wie Sie sich bei der Überschrift wahrscheinlich schon gedacht haben, handelt es sich um ein mustergültiges Beispiel des immer verbreiteteren Genres „Rufmord-Beitrag“. Der 1952 geborene Ex-ZDF-Moderator spricht hier nicht einfach den Satz „Es ist ein Verbrechen, alte Menschen einsam und ungetröstet sterben zu lassen“; nein er „wettert lautstark in sein Mikrofon“. Die Zuhörer, die begeistert seinen „Schimpftiraden“ lauschen, entsprechen „den gängigen Klischees: alt, weiß, aus ländlicher Region“. (Woran erkennt man eigentlich, rein optisch, dass ein Publikum „aus ländlicher Region“ kommt? Am Schmutz an den Händen? An den draußen geparkten Traktoren?) „Als Hahne gendernde Nachrichtensprecher nachahmt und ihr Vorgehen als ‚Funklochfernsehen‘ veralbert, wirft eine Frau den Kopf vor Lachen so weit zurück, dass sie sich an einem Holzpfeiler stößt“, erfahren wir. Körperbeherrschung, das müssen die Tölpel im ländlichen Dunkeldeutschland noch lernen … „Auch trotz einer Stunde Überlänge“ klebt das Publikum „dem Evangelisten an den Lippen“ und „johlt bei seinen erwartbaren Narrativen“. Unter einer Zwischenüberschrift mit Wortspiel auf Schulhof-Niveau („Peter Ha(h)nebüchen und seine Sekte“) wird der Szenerie gar „etwas Okkultes, fast Sektenartiges“ attestiert. Nach der Veranstaltung verkauft der Autor nicht etwa an einem Stand seine Bücher, nein, auf Framing-Deutsch heißt das: „Seine gedruckten Pamphlete werden auch in Malchow unters Publikum gejubelt.“ Und dann outet sich Hahne im Gespräch mit den angereisten t-online-Journos auch noch als Fan von Jan-Josef Liefers. „Ausgerechnet Liefers, der sich im April 2021 an der Aktion ‚Alles dicht machen‘ beteiligte, bei der zahlreiche Filmschaffende die Coronamaßnahmen kritisierten und heftige Kritik auf sich zogen.“ Nun, Haltungs- und Belehrungsjournalismus sind per se noch keine Cancel Culture. In dieser Hinsicht problematischer ist ein am 6. Mai erschienener t-online-Beitrag. Dort wird der MDR indirekt aufgefordert, Peter Hahne noch kurzfristig aus dem Talk-Format „Riverboat“ auszuladen. „Er nennt die Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie ein ‚Verbrechen‘, spricht vom Genderwahn, weil Moderatoren im öffentlich-rechtlichen Fernsehen geschlechtsneutral die Nachrichten präsentieren und kritisiert eine angeblich gleichgeschaltete Medienlandschaft in Deutschland. Es fällt angesichts dieses Empörungsgehabes schwer, Peter Hahne aktuell keine Nähe zur ‚Querdenker‘-Szene zu attestieren“, beginnt die Anklageschrift von Steven Sowa. „[…] Umso überraschender, dass der MDR dem 69-Jährigen nun in seiner Talkshow „Riverboat‘ eine Bühne gibt.“ Mit der Überschrift „MDR hält an Peter Hahnes Auftritt fest – trotz Kritik“  deutet t-online dreist an, es habe im Vorfeld breite Kritik an der Talkshow-Einladung für Hahne gegeben. Das stimmt nicht. Mit der „Kritik“, das wird im Artikel deutlich, ist ausschließlich die eigene Diffamierungskampagne gegen den pensionierten ZDF-Moderator gemeint. Steven Sowa ist enttäuscht, dass sich der undankbare MDR, trotz allen hilfreichen Framings, „zur zuletzt aufgekommenen Kritik an Peter Hahne […] nicht so recht positionieren“ will. „Selbstverständlich bereitet sich die Redaktion auf sämtliche Gäste sehr akribisch inhaltlich vor, auch kritische und kontroverse Positionen sind der Redaktion dadurch bekannt“, gibt er eine Stellungnahme wieder, die der MDR auf Anfrage von t-online zu Hahne abgegeben habe. „Ziel unserer Talkrunden ist ein lebendiger Austausch mit Unterhaltungscharakter und Erkenntnisgewinn für das Publikum – den Rahmen dafür bildet ein respektvolles Dialog-Klima“, habe der Sprecher des Senders weiter ausgeführt. Schlimm, schlimm … Schließlich versucht Sowa noch in einem bizarren Schlenker die banale Tatsache zu skandalisieren, dass Talkgäste beim MDR eine kleine Aufwandsentschädigung bekommen: „Ob Peter Hahne Werbung für sein neuestes Buch, das Ende Februar erschienen ist, machen kann, bleibt damit unbeantwortet. Doch ganz umsonst ist der Talkshow-Besuch ohnehin nicht. Hahne wird Geld für seine Teilnahme kassieren.“ (Die betreffende „Riverboat“-Folge finden Sie hier in der ARD-Mediathek.) Der dritte Teil der Peter-Hahne-Trilogie ist ein Beitrag, in dem die t-online-Redaktion mehr oder weniger unkommentiert Leserfeedback zu der „Reportage“ aus Malchow sammelt. Es kommen Fans wie Kritiker des Ex-ZDF-Moderators zu Wort. Für die Überschrift wählte man natürlich ein kritisches Zitat: „Schade um diesen brillanten Rhetoriker.“ Skandal, nein, nicht im Sperrbezirk, um Rosi, sondern um tätowierte Lehramtsanwärter in Berlin. Vergangene Woche forderte die Bildungsverwaltung Referendare im Berliner Schuldienst auf, schriftlich mitzuteilen, ob sie Tattoos haben und wenn ja, wo und welche. Die Referendare sollten anhand eines standardisierten Fragebogens Angaben zu Position, Größe und persönlicher Bedeutung ihrer Tätowierungen (falls vorhanden) machen, sowie Fotos aller Tattoos einreichen, auch wenn sie im Intimbereich sind. Und bloß nichts verheimlichen: Die Angaben würden vom Amtsarzt überprüft, wurden die Lehramtsanwärter informiert. Mit diesem Prozedere sollten „rechtsextremistische oder gewaltverherrlichende Tattoos“ aufgespürt werden, erklärt die B.Z. Nachdem es einen Aufschrei gab, unter anderem von Seiten der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die von einer „rechtswidrigen Gewissensüberprüfung per Hautscreening“ sprach, zog Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) den betreffenden Fragebogen schnell wieder zurück und bezeichnete ihn als „nicht förderlich“ bei der Gewinnung qualifizierter Lehrkräfte. Er soll in seiner jetzigen Form nicht mehr in Berlin zum Einsatz kommen. In Baden-Württemberg fordert die Grünen-Fraktion im Stuttgarter Rathaus die „sofortige Entfernung“ von „sexistischen und diskriminierenden“ Motiven auf den Fahrgeschäften und Buden des Stuttgarter Frühlingsfests. Als Beispiele nennen die Grünen Stadträte laut BILD etwa „eine Blondine mit engen Jeans in einem Autoscooter und erotische Szenen aus der bayrischen Folklore an einer Wurfbude“. Außerdem seien sie unzufrieden mit einigen Darstellungen von Menschen aus anderen Kulturen. Linda Brandl vom Landesverband der Schausteller hält dagegen: „Die Forderung der Grünen befremdet mich. Das wäre ein Eingriff in die persönliche Gestaltungsfreiheit der Schausteller.“ Der Vorsitzende des Schaustellerverbands Südwest Stuttgart, Mark Roschmann, wies im Gespräch mit der BILD darauf hin, dass man als Interessenvertretung nur sensibilisieren, jedoch keine Verbote aussprechen könne. Dies müsste der Veranstalter tun. Für den gestrigen Donnerstag, den 12. Mai sei ein Treffen zwischen Grünen-Fraktion und Schaustellerverband anberaumt worden, um über das Thema zu sprechen, berichtet die BILD. Nach Angaben des SWR wurden außerdem Vertreter der Stadtverwaltung zu dem Termin auf dem Cannstatter Wasen eingeladen, darunter auch „Fachleute aus der ‚Abteilung für Chancengleichheit und Diversity‘“. Für Freitag, den 13. Mai, plane außerdem der Stuttgarter Verwaltungsausschuss „Wirtschaft und Wohnen“ eine Besichtigung auf dem Festgelände. Laut eines weiteren SWR-Berichts hat sich auch Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) in die Debatte eingeschaltet. In einer eigenen Stellungnahme habe er „zur Gelassenheit, zu Maß und Mitte sowie zur Konzentration auf das, was wirklich wichtig ist“ geraten. „Der Gemeinderat sollte keine Zensurbehörde, kein Hoher Rat der Tugend- und Sittenwächter, der Inquisitoren und Diskriminierungsfahnder werden“, so der CDU-Politiker weiter. Nach zwei Jahren Pandemie befänden sich die Schaustellerinnen und Schausteller „in einem wirtschaftlichen Überlebenskampf“ und müssten „ihre Kräfte auf existenzielle Themen konzentrieren“. Die Grünen reagierten mit den Worten des SWR „empört“ auf Noppers Statement und legten ihm sogar indirekt eine Fortbildung zum Thema Sexismus nahe. Es sei dringend, dass die Gleichstellungsstelle der Stadt eine Fortbildungskampagne zum Thema Sexismus mache, so eine Mitteilung der Grünen. „Gerade aus dem Statement des Oberbürgermeisters springt einen die Unwissenheit und unsägliche Verwechslung von Sexualität und Lust im Gegensatz zu Sexismus als sexualisierte Diskriminierung förmlich an.“ Eine sehr ähnliche Diskussion wird zurzeit in Mannheim geführt. Dort wenden sich gemäß eines SWR-Berichts die frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Mannheimer Gemeinderat, Angela Wendt, sowie die LI-PAR-Tie (eine Fraktion aus Gemeinderäten der Linken, der Satirepartei „die Partei“ und der Tierschutzpartei) gegen aus ihrer Sicht sexistische und diskriminierende Dekorationen auf dem Jahrmarkt Maimess. Bei der zentralen Gedenkveranstaltung zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Tiergarten sowie in der Nähe von 15 weiteren Weltkriegs-Gedenkstätten und Mahnmalen hat der Berliner Senat am 8. und 9. Mai nicht nur das Zeigen von russischen und sowjetischen, sondern auch von ukrainischen Flaggen verboten. Und so musste die Weltöffentlichkeit mit ansehen, wie die Berliner Polizei ohne Pardon die Flaggen des überfallenen Staates einkassierte, darunter eine sehr große, die von Unterstützern der Ukraine in der Nähe des sowjetischen Ehrenmals im Tiergarten ausgerollt wurde. Nach Angaben des rbb wurde dort auch ein Mann von Beamten abgeführt, der kleine ukrainische Papier-Flaggen verteilt hatte. Von der Regelung ausgenommen waren laut B.Z. nur „Veteraninnen und Veteranen des Zweiten Weltkrieges, Diplomaten sowie Vertreter und Delegationen von Staaten“. Kritik kam unter anderem von CDU- und FDP-Politikern sowie vom Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk, der das Verbot seiner Landesflagge „eine Ohrfeige an die Ukraine und ein[en] Schlag ins Gesicht des ukrainischen Volkes“ nannte. Cancel Culture, das können Konservative allerdings auch: Wie die Welt in einem aktuellen Beitrag erwähnt, hat Stefanie Bung, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU im Abgeordnetenhaus von Berlin, jüngst angeregt, die beiden T-34-Panzer am sowjetischen Ehrenmal im Tiergarten zu entfernen, als „Symbole der aggressiven und territoriale Grenzen und Menschenleben missachtenden Kriegsführung des Putin-Regimes“. Dass es 1949, als das Ehrenmal fertiggestellt wurde, noch keine Russische Föderation gab, und ihr heutiger Präsident Wladimir Putin damals noch gar nicht geboren war – egal. Dass das Ehrenmal der Millionen Sowjetbürger gedenkt, die sterben mussten, weil von Deutschland ein historisch beispielloser Vernichtungskrieg ausging – egal. Dass Berlin nach dem Zwei-plus-Vier-Vertrag zur Deutschen Einheit verpflichtet ist, die sowjetischen Ehrenmale in der Stadt zu pflegen und zu erhalten, worauf auch die Berliner Umwelt-Senatorin Bettina Jarasch (Grüne) in diesem Zusammenhang hinwies – auch egal. Der zeitgenössische Drang zu haltungsbeflissener Bilderstürmerei ist manchmal dermaßen geschichtsvergessen, dass einem die Spucke wegbleibt. Die Plattform Abgeordnetenwatch hat diese Woche den Zweck ihrer eigenen Existenz, nämlich den Bürgern zu zeigen, wie Abgeordnete und politische Kandidaten über verschiedene Themen denken, ad absurdum geführt. Weil den Betreibern die Antwort von Mona Aranea (Landtagskandidatin für dieBasis in NRW) auf eine Bürgerfrage zu deutschen Waffenlieferungen in die Ukraine und zur Stationierung nuklearer Waffen in Deutschland nicht gefiel, wurde diese nicht, wie sonst üblich, online veröffentlicht, sondern dem Fragenden lediglich per E-Mail zugesendet. Abgeordnetenwatch meint, man könne die Antwort nicht auf die eigene Webseite stellen, weil sie „unbelegte Tatsachenbehauptungen“ enthalte. dieBasis hat die Frage sowie die Antwort der Kandidatin hier dokumentiert. Im US-Bundesstaat Iowa hat der studentische Senat der privaten Drake University dem örtlichen Ableger der konservativen Organisation Turning Point USA (TPUSA) zum dritten Mal in sechs Jahren die offizielle Anerkennung verweigert. Das bedeutet, dass TPUSA weiterhin keine Veranstaltungsräume auf dem Campus buchen, keine Fördermittel beantragen und keine Konten auf dem Campus eröffnen kann, also faktisch vom universitären Leben ausgeschlossen bleibt. Der TPUSA-Ableger an der Drake University hat sich keinerlei disziplinierungswürdiges Fehlverhalten zuschulden kommen lassen und hat niemanden bedroht. Trotzdem schloss sich die Mehrheit der Studentenvertreter (17:2, keine Enthaltungen) einem Antrag an, der die Ansichten des konservativen Klubs als „schädlich“ und damit nicht anerkennungswürdig brandmarkte. (Quelle: Foundation for Individual Rights in Education, FIRE) In Großbritannien haben zwei professionelle Läuferinnen, darunter eine Olympionikin, im Gespräch mit der BBC gefordert, dass „Transgender-Frauen“, um den Frauensport zu schützen, zusammen mit den Männern antreten sollten. Bemerkenswert ist hier nicht so sehr die Meinung der beiden Frauen (sie wird zum Beispiel gemäß einer aktuellen anonymen Umfrage der internationalen Radsportler-Interessenvertretung CPA von 92 Prozent der Profi-Rennradfahrerinnen geteilt), sondern die Tatsache, dass diese sich nur anonym zu diesem heiklen Thema äußern wollten. „Sportlerin A“ und „Sportlerin B“, um die sehr kreativen Chiffren der BBC zu benutzen, haben, so der Sender, „darum gebeten, anonym zu bleiben, aus Angst vor Reaktionen in den sozialen Medien und dem Verlust von Sponsoringverträgen.“ Eine weitere Bestätigung, dass die Meinungsfreiheit, wie Achgut-Gründungsherausgeber Dirk Maxeiner kürzlich bemerkte, zu einer ziemlich exklusiven und luxuriösen Angelegenheit geworden ist, „vergleichbar einem Atlantik-Trip mit der Queen Mary 2 oder einem Weltraumausflug mit Jeff Bezos. […] Wer so reden will, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, sollte über 65 sein, eine ordentliche Rente beziehen und in der eigenen Immobilie wohnen.“ Und damit endet der wöchentliche Überblick des Cancelns, Empörens, Strafens, Umerziehens, Ausstoßens, Zensierens, Entlassens, Einschüchterns, Moralisierens, Politisierens, Umwälzens und Kulturkämpfens. Bis nächste Woche!   Mehr vom Autor dieser wöchentlichen Kolumne Kolja Zydatiss zum Thema Meinungsfreiheit und Debattenkultur lesen Sie im Buch „Cancel Culture: Demokratie in Gefahr“ (Solibro Verlag, März 2021). Bestellbar hier. Ein Archiv der Cancel Culture in Deutschland mit Personenregister finden Sie unter www.cancelculture.de Am Dienstag, den 17. Mai um 19 Uhr spricht Kolja Zydatiss im Webtalk der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit zum Thema „Cancel Culture: Demokratie in Gefahr“. Die Teilnahme ist kostenlos, anmelden können Sie sich hier.
Kolja Zydatiss
Bei t-online war letzte Woche Peter-Hahne-Themenwoche. Gleich drei Online-Artikel beschäftigten sich mit den „Abwegen“, auf die der ehemalige ZDF-Moderator und heutige Bestseller-Autor bei den Themen Corona und Gendersprache geraten sei.
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13.05.2022 06:15
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Das Antidepressivum zum Sonntag: Gruß aus der Verbannung
Nun hat es mich auch erwischt – Facebook sperrte meinen Account; zwar nur für zwei mal 24 Stunden, aber immerhin: das sind volle 48 Stunden ohne die mich ansonsten Tag und Nacht umher treibende Angst, mein Account könne mal von Facebook gesperrt werden; plötzlich und erwartet, nach langem schweren Posten. Dazu bedarf es inzwischen ja nicht mehr viel, man braucht bloß den Namen einer beliebten luxemburgische Biermarke (der hier nichts zur Sache tut, man will die Brauerei ja nicht in die Bredouille reiten) falsch zu schreiben. Oder sich beim Tippen des Wortes Murmeltier auf die Rechtschreibkorrektur verlassen. Nun also bin ich diese Sorge los, und ich muss sagen: ein ausgesprochen angenehmes Gefühl, so angenehm, dass ich bereits überlege, eine Verlängerung zu beantragen. Ich höre Sie mich zu Recht fragen: „Was macht ein halbwegs bei Sinnen seiender Mensch wie Sie bei Facebook?“ Die Frage ist mehr als berechtigt, doch habe ich eine hoffentlich nachvollziehbare Antwort: Facebook kann eine gute Nachrichtenquelle sein. Wer dort einen klug zusammen gestellten Kontaktkreis pflegt, findet täglich in kompakter Form Informationen, die man sich ansonsten erst mühevoll zusammensuchen müsste. Der Eine hat dort etwas Relevantes gefunden, die Andere dort. Das anschließende Filtern und Werten der jeweiligen Informationen obliegt einem dann natürlich selbst; ansonsten läuft man Gefahr, irgendeinem Mumpitz aufzusitzen. Ein aktuelles positives Beispiel ist das wahrscheinlich sonst untergegangene Video, auf dem eine Berliner SPD-Kandidatin ungehemmt hinter ihrem Parteivorsitzenden herum albert; der Clip ist geradezu ein Musterbeispiel für die Knallchargerei unserer außer Rand und Band agierenden Politiker. Das YouTube-Video sowie die Reaktion der Darstellerin sind so ungeheuerlich, dass beides fleißigst geteilt und somit verbreitet wurde. Gut möglich, dass högln einmal in die deutsche Sprache Einzug halten wird. Wortart: ganz schwaches Verb, Worttrennung: hö|gln, Bedeutung: hemmungslos herumkaspern und anschließend beleidigt sein. Kein Wunder daher, dass sich die von Maas initiierten und einer Handvoll Bundestagsabgeordneten durchgewunkenen Zensurmaßnahmen gezielt gegen Plattformen wie Facebook richten, denn da steckt durchaus Potenzial drin, welches bei denen, die am liebsten nur die Öffentlich-Rechtlichen Medien zulassen würden, ganz und gar nicht gelitten ist. Dennoch gräme ich mich nicht wegen meiner Sperrung, auch wenn der Draht zu einem großen Teil meiner Kontakte momentan gekappt ist. Sollte die Verbannung eine Art Strafe sein, so wie früher in der Schule das Indereckestehen, ging sie ins Leere. Dagegen vorzugehen fällt mir nicht ein. Ich habe die momentane Stilllegung statt dessen als Chance begriffen und eine ganze Reihe von Dingen erledigt, die ich immer wieder verschoben und vernachlässigt habe. Und sollte die Sperrung anhalten, komme ich endlich mal dazu, meine alten Dias zu digitalisieren. Womit ich einen eleganten Bogen ins kulturell Wertvolle schlage. Youtube, das seinen Ruf ebenfalls durch Löschungen ruiniert, hat ohne Zweifel eine Menge Sehens- und Hörenswertes zu bieten, aber diese von Google kontrollierten Seite ist nicht die einzige mit einem breit gestreuten Angebot in Sachen Unterhaltung und Information. Ihr Augenmerk soll daher auf die Seite dailymotion.de gelenkt werden, die von einem französischen Unternehmen seit 2005 betrieben wird. Zwar findet man dort auch einige eher fragwürdige Inhalte wie Kanäle von CNN, Süddeutsche Zeitung und der Deutschen Welle, aber das Angebot an Unterhaltung kann sich wirklich sehen lassen. Und unter diesem habe ich eine TV Serie entdeckt, die vor nunmehr 50 Jahren Furore machte und bis heute Fans hintergründiger Geschichten heilig ist. Sie heißt The Prisoner und wurde in Deutschland vom ZDF 1969/70 unter dem Titel Nummer 6 gesendet. Mitten in der Nacht. Aber immerhin. Eine recht ausführliche Beschreibung der Serie, die in einer nahen Zukunft in einem totalitären System mit faschistoiden Behörden und Politikern angesiedelt ist, lesen Sie auf der Wikipediaseite von The Prisoner , auf die ich hier verweise. Und eben diese Serie finden Sie in englischer wie deutschen Fassung auf dailymotion.de. Hauptdarsteller war der gut aussehende, irisch-amerikanische Schauspieler Patrick McGoohan (1928-2009), der eine gewisse Exzentrik an den Tag legte – so lehnte er die Filmrolle als James Bond ab, da er als guter Katholik keine erotisch angehauchten Szenen zu spielen bereit war; selbst Küssen kam für ihn nicht infrage. Dennoch war McGoohan gut im Geschäft und drehte Spielfilme und eine TV Serie. Bei The Prisoner war er nicht alleine der Hauptdarsteller, sondern auch der Initiator und Ideengeber. Die  Serie mit allen ihren Details, Handlungssträngen, surrealen Schauplätzen und philosophischen Fragestellungen überforderte das damalige Publikum (das heutige wahrscheinlich noch mehr), so dass The Prisoner eher schwache Einschaltquoten erzielte. Was ja durchaus ein Qualitätsmerkmal ist. Geben Sie bei Dailymotion als Suchbegriff Nummer 6 ein, Sie erhalten eine Reihe von Verweisen zu den einzelnen Folgen. Sollten Sie die Serie noch von früher in Erinnerung haben, freuen Sie sich vielleicht, mit Patrick McGoohan wieder in die Atmosphäre seines kafkaesken Verbannungsortes einzutauchen. Und sollten Sie noch nie etwas davon gehört und gesehen haben – lassen Sie sich darauf ein! Ähnlichkeiten mit heutigen Geschehnissen sind zwar nicht beabsichtigt, aber durchaus erkennbar. Link zur ersten Folge hier.
Archi W. Bechlenberg
Von Archi W.Bechlenberg. Nun hat es mich auch erwischt – Facebook sperrte meinen Account; zwar nur für zwei mal 24 Stunden, aber immerhin: das sind volle 48 Stunden ohne die mich ansonsten Tag und Nacht umher treibende Angst, mein Account könne mal von Facebook gesperrt werden. Ich überlege bereits, eine Verlängerung zu beantragen. Beispielsweise um in die Atmosphäre eines kafkaesken Verbannungsortes einzutauchen.
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27.08.2017 06:19
https://www.achgut.com/artikel/das_antidepressivum_zum_sonntag_gruss_aus_der_verbannung
Der Sonntagsfahrer: Wie kann man nur so doof sein?
„Besuchen Sie Europa, so lange es noch steht“, jodelte 1983 die Band Geier Sturzflug. Das ist zwar schon ziemlich lange her, scheint mir aber als Empfehlung sehr aktuell. Also beschlossen wir, noch einmal in den sonnigen Süden zu fahren, solange das noch nicht als staatsfeindlicher Umtrieb gilt – oder der Sprit rationiert wird, wie das Salatöl im Supermarkt. Wir beschlossen den Urlaub mit einer Hamsterfahrt zu verbinden, denn aus Slowenien erreichte uns die Kunde von einem auf 1,56 Euro gedeckelten Benzinpreis. Der Sprit kostet dort im Monat Mai für alle überall das gleiche, und der Staat entschädigt die Mineralölkonzerne. Eine Regelung, so übersichtlich wie die Glatze von Olaf Scholz – und dennoch für Deutschland entschieden zu einfach.  Damit sich unser Ausflug auch lohnt und wir maximal sparen, liehen wir uns von einem Freund einen dunkelgrünen Cadillac Fleetwood von 1995, so ausufernd, komfortabel und nervenschonend wie eine venezianische Gondel. Unser Ziel hieß Istrien, Slowenien liegt dahin am Wege. Das istrische Rovinji besitzt noch einen gewissen k.u.k-Charme und ist von Augsburg aus eines der nächsten gefälligen Ziele – aber gleichzeitig fern genug von den diversen in der Heimat grassierenden Affenseuchen.  Fröhlich machten wir uns auf den Weg, Kreditkarten und Cholesterinsenker im Gepäck, also alles, was man in unserem Alter braucht. Als diensthabender Gondoliere zog ich mein Lieblings-T-Shirt mit den blauweißen Querstreifen an und warf eine Glenn-Miller-CD ein („In the mood“). Dann folgten wir brav den Anweisungen des Navigationssystems. Das übertrieb es mit der Sparsamkeit und war nach einem Update offenbar auf die Vermeidung von Mautstraßen programmiert – was es uns aber nicht mitgeteilt hatte. Als wir vor Salzburg von der Autobahn rechts ab in die schroffe Bergwelt abbogen, hielt ich das deshalb für eine kurzfristige Umfahrung eines Verkehrunfalls auf dem Canal Grande.  Und von da an ging es bergauf. Unsere Laune war ausgelassen und wir gondelten so dahin. Irgendwann ist schließlich jede Umleitung mal zu Ende, selbst die mit Frau Merkel dauerte nur 16 Jahre. Rechts und links türmten sich mit jedem Kilometer höhere Berge. Ich verlor so langsam das Vertrauen in das System, aber es behauptete standfest, auf der schnellsten Route zu sein. Sabine spürte meine Verunsicherung und sprach angesichts des Ortsschildes „Kitzbühel“: „Wir sind richtig, hier waren wir schon mal“. Ich antwortete: „Ja, aber waren wir da auch auf dem Weg nach Istrien?“. Daraufhin sie: „Jedenfalls habe ich mich über diese Gurkerei schon einmal aufgeregt.“ Es folgten dann Hinweisschilder wie „Großglockner“ und „Felber-Tauernstraße“ was Sabine zu der despektierlichen Mitteilung veranlasste: „Jetzt fehlt nur noch der Mont Blanc“.  Durch Spitzkehren und über Passhöhen ging es weiter in den dunklen Tann, und ich bereitete Sabine nach zwei Stunden auf das Schlimmste vor: „Ich mache jetzt den Lauterbach.“ Sie: „Was meinst du damit?“ Ich: „Es ist zu spät, um umzukehren“. Sie: „Du meinst, wir hören einfach weiter auf diese durchgeknallten Anweisungen?“ Ich: „Ja meine Liebste, ich hab nämlich noch nicht einmal eine Landkarte dabei.“ Sie seufzte: „Wie kann man nur so doof sein.“ Ich, philosophisch: „Durch Verkettung solch ungeplanter Umstände fallen Flugzeuge vom Himmel und gehen Weltkriege verloren.“ Die Einstellungen der Navigation verweigerten weiterhin beharrlich die Akzeptanz mautbewährter Fahrbahnen. Um Sabine etwas milder zu stimmen, mache ich aus den sich sinusartig abwechselnden Kurven eine imaginäre Gerade, es kommt ja niemand entgegen. Unsere Gondel schwingt auf und ab, als umrundeten wir Kap Hoorn. „Du weißt schon, dass wir nicht in England sind“, sagt Sabine, hier herrscht Rechtsverkehr.“ Ich: „Ja meine Liebste, wir sind nicht in England, zumindest noch nicht, dafür aber gleich in Italien.“ Sie: „Wie bitte? Ich will aber nicht nach Italien.“ „Ich auch nicht. Aber da steht auf Backbord ein Hinweisschild, und das Navi sagt, wir sollen da lang fahren.“ Sabine sehr bestimmt: „Nein, nix Plöckenpass, nix Italia, es reicht.“ Ich ignoriere die obskuren Wegweisungen der fehlgeleiteten Elektronik, fahre weiter geradeaus und wir treffen endlich auf eine Imbissbude, vor der vier in leuchtfarbigen Arbeitsanzügen steckende Mitarbeiter der Straßenverwaltung Jause machen. Die sehen im Gegensatz zu uns so aus, als wüssten sie, wo sie sich befinden. Wir kommen neben ihnen zu stehen und der Cadillac wirbelt eine Staubwolke auf, die sich wie Curry auf den Ketchup der Pommes legt. Die Straßenarbeiter schauen mich an, als sei das Luftschiff Hindenburg direkt vor ihrer Nase gelandet und der Kapitän steige aus, um nach dem Weg zu fragen. „Servus, wie komme ich am schnellsten auf die Autobahn, egal welche?“, frage ich. Einer der Vier fragt zurück „Hoam‘s es eilig?“ Ich: „Ja, meine Frau hat die Wehen.“ „Oha, da fahren‘s auf Villach, vierzg‘ Kilometerl alleweil geradeaus.“ Und noch eine zweite neugierige Nachfrage: „In wölches Spital wolln’s denn?“ „Nach Rovinj, die haben um diese Jahreszeit die beste Geriatrie.“ „Ah, dann an Lubijana vorbei und immer Richtung Riejeka, und von do auf Pula, da gibt’s koa andere Stroßn.“ Ich bedanke mich und fahre weiter: Im Rückspiegel sehe ich, wie die Arbeiterklasse den Staub von der Currywurst bläst. Der eine sieht so aus, als sage er gerade: „Hoffentlich hot der Olta sa Arznei net vergössen“. An der ersten Autobahntankstelle in Slowenien nahm der Fleetwood dann ein Fuder sozialverträglich gedeckelten 1,56 Euro Sprit, und ich sackte nach dem Tanken mit der Bemerkung in den breiten Ledersitz: „Ab jetzt können mich dieses grüne Pfeifen mal.“ Woraufhin Sabine mich mit der neuesten Gesetzeslage in Deutschland konfrontierte: „Diese Bemerkung ist dazu geeignet, den Staat zu delegitimieren und seine gewählten Vertreter außerhalb der zulässigen Meinungsfreiheit verächtlich zu machen.“ Ich beruhige sie: „Das schaffen die selbst ganz alleine, auch ohne meine tätige Mithilfe.“ In Rovinji kamen wir rechtzeitig zum Dienstschluss des Hotel-Buffets an, ich konnte aber noch etwas Zwieback, eine Karaffe Rotwein und eine Bildzeitung vom Vortag sichern. Um unsere gute Laune zu befördern, lassen wir elektronische Geräte und den Fernseher seitdem ausgeschaltet. Wenn wir eine Bildzeitung aus zweiter Hand rumliegen sehen, freuen wir uns aber sehr. Dann lesen wir uns den politischen Teil gegenseitig vor und sind froh, der geschlossenen Abteilung entkommen zu sein. „Polizei soll überfüllte Züge räumen!“, lese ich vor, „schon eine Million 9-Euro-Tickets verkauft“. Wir prusten gemeinsam los, sehr zur Verwunderung unserer Liegestuhl-Nachbarn.  Neben einer News-Diät gehe ich übrigens morgens ins Fitness-Studio, sie nennen das hier „Gym“. Die Lichtverhältnisse vor dem Spiegel des Hotelbades arbeiten wesentliche Konturen meines Revuekörpers unvorteilhaft heraus. Das gilt auch für die anderen Hotelgäste, insofern sie überhaupt noch ins Bad passen. Mit ihrem Walle-Walle-Outfit erinnern sie mich ein wenig an die Stoff-Umkleidekabinen am Strand, allerdings haben diese Kabinen zwei Beine, können laufen und stehen abends pünktlich zum Buffet an. Es gibt hier wirklich viel Grund zu guter Laune. Gestern hat mich ein kroatischer Gymnast darauf aufmerksam gemacht, dass ich falsch herum auf einem Trainings-Gerät sitze. Daraufhin habe ich einfach weitergemacht und ihm erklärt: „Werter Freund, das machen die Deutschen immer so, wir sind da Vorreiter“. Seitdem bin ich dem Mann echt ans Herz gewachsen.    Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.
Dirk Maxeiner
„Besuchen Sie Europa, so lange es noch steht“, jodelte 1983 die Band Geier Sturzflug. Das scheint mir als Empfehlung sehr aktuell. Also auf in den sonnigen Süden, solange das noch nicht als staatsfeindlicher Umtrieb gilt – oder der Sprit rationiert wird, wie das Salatöl im Supermarkt.
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29.05.2022 06:15
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Noch ein Energiewende-Erfolg: Grüne Subventionshaie vor dem Bankrott
Der umstrittene Ökokonzern Prokon ist in akuten Liquiditätsschwierigkeiten und von der Insolvenz bedroht. Dies teilte der Konzern in einem in der Nacht auf Samstag auf seiner Internetseite veröffentlichten Rundschreiben an alle Anleger mit. Eine mögliche Insolvenz wäre eine der größten Pleiten am grauen Kapitalmarkt in Deutschland aller Zeiten: Prokon ist mit zuletzt über 1,4 Milliarden Euro investiertem Genussscheinkapital der mit Abstand größte Anbieter von ökologischen Kapitalanlagen in der Bundesrepublik. Das Unternehmen war am Freitagnachmittag und Samstagmorgen telefonisch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Benny Peiser
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11.01.2014 10:04
https://www.achgut.com/artikel/noch_ein_energiewende_erfolg_gruene_subventionshaie_vor_dem_bankrott
Kultur-Kompass: „Im Drüben fischen“
Typisch „Besserwessi“, typisch „Jammerossi“. Die einen wussten, die anderen jammerten. Wie heute. Nur etwas anders. Originell und unterhaltsam ist der Griff zu Cora Stephans „Im Drüben fischen. Nachrichten von West nach Ost“. Typisch „Besserwessi“, typisch „Jammerossi“. Die einen wussten, die anderen jammerten. Wie heute. Nur etwas anders. Die einen sind zu staatsgläubig, die anderen zu staatsskeptisch. Trotzdem wundert man sich hierzulande noch immer über die „Mauer in den Köpfen“. Dabei war schon damals klar: das Westmodell dem Osten unangepasst überzustülpen, führt zum gesellschaftlichen Schiffbruch. Sehenden Auges. Wer sich hiervon selbst überzeugen möchte, kann in seinem Gedächtnis, in seinen Aufzeichnungen oder im Internet herumstöbern. Wesentlich einfacher und unterhaltsamer aber ist der Griff zu Cora Stephans „Im Drüben fischen. Nachrichten von West nach Ost“. In insgesamt sieben Texten, verteilt auf etwa 120 Seiten, sticht Stephan, unterhaltsam und wie ein Fisch im Wasser, in hohe See. Gen Ostdeutschland. Sechsmal läuft sie in den Hafen der Jahre zwischen 1990 und 1994 ein, einmal in den Hafen des Jahres 2021. Was alle Beiträge eint? Sie vermitteln, eindringlich und zutreffend, das politische Unvermögen Probleme anzupacken, wodurch Hoffnungen der Bürger zerstört werden. Schon damals wurde „gemerkelt“ und „gescholzt“, was das Zeug hält. Die Folge? Die Ex-DDR befand sich jahrelang in materieller, politischer und kultureller Einöde. Weder die dortigen Politiker noch die dort ansässigen Bürger waren handlungsfähig. Innerhalb kürzester Zeit drehte sich der Wind. Aufbruchstimmung schlug in Untergangsstimmung um. Doch im Westen wollte man hiervon nichts hören. Nichts wissen. Oder auch nichts begreifen. Stattdessen agierte man, wie gewohnt: den ideologischen Kurs halten. Starrsinnig, blödsinnig, irrsinnig. Den gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten zum Trotz. Weiter Kurs auf starkem Wellengang. Schiffbruch in Sicht. Das Wasser bis zum Halse. Wie heute. Selbstsüchtig kreisen die „woken“ Heulbojen um sich selbst. Ohne Verständnis und Mitgefühl für andere Positionen. Stattdessen nah am Wasser gebaut. Blut und Wasser schwitzen sie. Die Genderistas, Klimatisten und Putinisten. Das ist ihr Hauptargument. Angst vor Männern und vor Frauen, Angst vor dem Klimakollaps, Angst vor der Atombombe, Angst vor … So wie damals. Als es um die deutsche Wiedervereinigung ging: „Um Angst vor den protestantischen Barbaren aus dem Osten […]. Um Furcht vor einem ‚neuen Nationalismus‘ […].“ Deutschland war und ist egozentrisch gefühls-adipös: „An Gefühlen mangelte es also nicht in Deutschland (West): nur an Politik, an politischem Einschätzungsvermögen, an Maßstäben für politisches Handeln bei etwas schwerem Wetter. Und: an „politischer Empathie“ (Christian Fenner). Hier kommen die „Ossis“ als Orientierungs-Anker ins Spiel. Laut Stephan besitzen diese feine Antennen. Für doppeldeutige Formulierungen und doppelbödige politische Maßnahmen. Vielen „Wessis“ fehlten diese. Sich das einzugestehen, ist nicht angenehm. Aber notwendiger denn je, wie die gesellschaftlichen Entwicklungen zeigen. Das alles, und noch viel mehr, findet sich in Stephans „Im Drüben fischen“. Nur wenige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens besitzen einen so unverstellten und scharfsinnigen Blick auf gesellschaftliche Ereignisse wie Stephan. Sie besitzt Gespür und Analyse. Sie wählt genau die richtigen Fragen und Thesen aus. Das weitaus Wichtigere? Ihre Prognosen treffen auch überdurchschnittlich oft zu. Kurzum: Stephans Werk ist nicht nur eine unterhaltsame, sondern auch eine lehrreiche Lektüre.   „Im Drüben fischen. Nachrichten von West nach Ost“ von Cora Stephan, 2022, edition buchhaus loschwitz: Dresden. Hier bestellbar.
Deborah Ryszka
Typisch „Besserwessi“, typisch „Jammerossi“. Die einen wussten, die anderen jammerten. Wie heute. Nur etwas anders. Originell und unterhaltsam ist der Griff zu Cora Stephans „Im Drüben fischen. Nachrichten von West nach Ost“.
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11.12.2022 15:00
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Öffnungs…diskussions…orgien…
Sie ist einfach zu herrlich! Ich liebe sie! Ihre Sprache zu analysieren, gibt Freude für lange Abende, ungefähr so, wie die von Dieter Nuhr unlängst festgehaltene Tatsache: Wenn sie kopfsteht, lächelt sie. Ihre neueste verbale Höchstleistung: Öffnungsdiskussionsorgien (ich bin ja ein Anhänger der These, dass Sprache auf Denkstrukturen schließen lässt. Also los.). Zunächst zerlegen wir das Kofferwort oder D-Zug-Wort, vergleiche Donaudampfschiffahrtsgesellschaftskapitän in seine Bestandteile. Öffnung. Diskussion. Orgie. Ich gebe zu, jede Diskussion sollte eröffnet werden (also nicht per Kofferwort ausgeschlossen). Diskussion ohne Öffnung ist hermetisch, Öffnung ohne Diskussion möglich, aber unreflektiert. Eine Öffnung ohne Orgie ist möglich, für eine Orgie hingegen benötigt es wenigstens eine Öffnung. Eine Orgie ohne Öffnung ist unmöglich, eine Orgie mit Diskussion ist albern oder mindestens spaßbefreit, eine Diskussion ohne anschließende Orgie bleibt immer irgendwie unbefriedigend. Öffnungen ohne Orgie sind total unnütz, und ohne oder mit Diskussion irreal und nur potenziell zu irgendwas nütze. Die Kombination aus allein dreien ist daher… Ach, was soll’s. Es sind ja nur Worte. Wir schaffen das. Ich halte es mit Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es.
Jesko Matthes
Sie ist einfach zu herrlich! Ich liebe sie! Ihre Sprache zu analysieren, gibt Freude für lange Abende, ungefähr so, wie die von Dieter Nuhr unlängst festgehaltene Tatsache: Wenn sie kopfsteht, lächelt sie. 
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22.04.2020 10:30
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Gerechtigkeit für Claas Relotius!
Die Geschichte von Claas Relotius ist eine Wahrheitsgeschichte. Sie greift wie alle Geschichten, die eine ganze Szenerie erleuchten, weit über ihren Ursprung hinaus. Die Figur Relotius selbst ist eine serielle, und deshalb erzählen wir seine Geschichte, um es mit Thomas Mann zu sagen, um ihretwillen, nicht seinetwegen, denn er ist simpel. Er ist so simpel wie jede der periodisch auftauchenden Figuren, die anbieten, was andere dringend begehren. Das problematische an der Schneider-Affäre war nicht Jürgen Schneider, es waren seine Bankiers, die sich Mühe gaben nicht zu merken, dass es eine ganze Etage seiner Zeilgalerie in Frankfurt nur auf dem Papier gab. Die eigentlich handelnde Figur im Fall Beltracchi hieß nicht Wolfgang Beltracchi, es waren Kunstsachverständige, Museumsdirektoren und Sammler, die unbedingt daran glauben wollten, dass jemand einen unbekannten Max Ernst und einen nie gesehenen Franz Marc nach dem anderen aus einer Alibabahöhle ziehen konnte. Relotius’ Geschichte ist etwas breiter angelegt. Er wirkte erst als unbewegter Beweger eines ganzen politischen Milieus und dann als dessen Enthüller. Nicht zufällig beginnt sein Aufstieg im Jahr 2015, dem historischen Punkt, an dem in Deutschland gleich mehrere Grenzen eingerissen wurden. Der Fall CR besitzt, wie Bernd Zeller mit seiner Hellsicht schreibt, für die merkelistische Bundesrepublik mindestens die gleiche Signifikanz wie der Marsch des Hauptmanns von Köpenick für das wilhelminische Deutschland. Schreiber Relotius ist eine so überragende Wahrheitsfigur, wie es seinerzeit Schuster Voigt war, der an die Stadtkasse nur kommen konnte, weil er in die richtige Hülle schlüpfte und Haltung zeigte. „Als er mit der Würde daherkam“, schrieb Karl Kraus seinerzeit*, „ergab sich die Würde, als er mit Trommeln und Pfeifen einzog, ging die Autorität flöten, und darum ist es begreiflich, daß er ins Zuchthaus mußte. Man sagt, er habe sich bloß den Scherz einer Verkleidung erlaubt; aber in Wahrheit hat er mehr getan, er hat die Verkleidung eines Ernstes enthüllt.“ Bei Relotius handelte es sich wie bei den anderen um den Typus eines nötigen Betrügers. In dem Moment, in dem Klaus Brinkbäumer, Heribert Prantl und Jakob Augstein die Reportagen von Relotius lasen, glaubten sie ihre eigenen Kommentare. Er betätigte sich als aasender Reporter, stahl bei anderen, drehte, dichtete, erfand. Aber dass der Reporter dabei nur mundkolorierte, was Leitartikel in großen Linien vorzeichneten – das erkennt jeder schon nach dem Überfliegen seines Werks, in das sich sowieso kein Exeget vertiefen kann. Der junge Mann aus Hamburg, so heißt es vielleicht in Zukunft, prägte das Genre des schöpferischen Journalismus (JS), nicht zu verwechseln mit dem New Journalism eines Hunter S. Thompson. Der wollte im Zweifel lieber erzählen als abbilden, während Relotius etwas ganz Bestimmtes abbilden wollte, nämlich den Inhalt von Leitartikeln und Bundespressekonferenzerklärungen. Wegen dieser Leistung sahen die Juroren auch sehr großzügig über die Paulo-Coelho-Füllmasse hinweg, mit der unser Mann die Lücken zwischen zwei schöpferisch bearbeiteten Zitaten ausschäumte. In der Art und Weise, wie jetzt viele über Relotius als Person und nicht als Typus herfallen, zeigt sich eine tiefe Ungerechtigkeit. Hier soll ein 33-Jähriger in der Weihnachtszeit eine Last auf seine Schultern laden, die sich in Wirklichkeit etwas breiter verteilt, jedenfalls weit über den Sitz eines Presseorgans an der Erregungsspitze 1 in 20457 Hamburg hinaus. Jede im eigenen Sud gargezogene Bewegung folgt einem Katechismus. Im Fall des deutschen guten medienwirklichkeitsschaffenden und sehr unvielfältigen Milieus kann der Katechismus flott heruntergebetet werden: Rechts ist schlecht, und der rechte Rand beginnt mit Alice Schwarzer und Boris Palmer, Ostler sind schlecht, denn sie sind nicht so wie wir, wer aus dem globalen Süden nach Europa kommt, ist ein Flüchtling und bringt ein goldenes Herz mit, Trump ist dumm und dumpf und sein Ende seit 2016 nur eine Frage von Tagen, der Kapitalismus ist unser Unglück, und wahrlich, jede Wärme, Kälte, Nässe und Trockenheit ist ein untrügliches Zeichen der Klimakatastrophe, außerdem sind die Juden in Israel schuld an aller Gewalt im nahen Osten. Um diesen immergrünen Erkenntnissen zu genügen, sind Hinzufügungen, Weglassungen, Ausschmückungen wie gelegentliche Kompletterfindungen nicht nur erlaubt, sondern geboten, und der Extramessbecher Kitsch macht das Gute garantiert besser bekömmlich. Als Mutter aller Kompletterfindung oder zumindest als häßliche ältere Schwester kann die Geschichte von den 50 Skinheads herhalten, die im November 2000 im sächsischen Sebnitz einen sechsjährigen irakisch-deutschen Jungen in aller Öffentlichkeit ertränkten (BILD: „Neonazis ertränkten Kind“, Süddeutsche: „Erstickt in einer Welle des Schweigens“, taz: „Badeunfall erweist sich als rassistischer Mord“) – bis sich wenige Tage später der angeblich rassistische Mord als Kompletterfindung und Rechercheversagen nicht aller, aber fast aller Medien erwies. Was keinem der beteiligten Medienschaffenden schadete (der Abgang des damaligen BILD-Chefredakteurs Udo Röbel zu BILD Online stand schon vorher fest). Wir eilen in großen Sprüngen weiter nach Mittweida in Sachsen. Dort erzählte im Jahr 2007 ein 17-jähriges Mädchen, es sei von Neonazis überfallen worden, die ihr ein Hakenkreuz in die Hüfte geritzt hätten. Die „Süddeutsche Zeitung“, die ZEIT und viele andere rapportierten trotz der zahlreichen logischen Brüche in der Erzählung des Mädchens und der gerade erst angelaufenen Ermittlungen den vermeintlichen Fall als feststehende Tatsache. Die damalige Korrespondentin der „Süddeutschen“ erfand noch die Passage: „Passanten schauten zu“, um die Geschichte süffiger zu machen. Das Passantengaffen hatte noch nicht einmal das Mädchen behauptet. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergaben, dass Überfall und Hakenkreuzritzerei nur in der Phantasie der Teenagerin stattgefunden hatten. Im Jahr 2010 wurde sie wegen Vortäuschung einer Straftat rechtskräftig verurteilt. Was keinem Falschberichterstatter schadete. Ab 2015 steigt die Schlagzahl einschlägiger Medienprodukte deutlich. In jenem Jahr krähte die STERN-Mitarbeiterin Silke Müller Dresdens „ersten Pegida-Toten“ in die Welt, nachdem ein Asylbewerber in der sächsischen Stadt erstochen worden war. Wie sich dann herausstellte, nicht von Pegida, sondern von einem anderen Asylbewerber. Der STERN-Artikel steht noch heute unkorrigiert im Netz. Nach den Silvesterübergriffen in Köln zum Jahreswechsel 2015/16 zogen es alle überregionalen Medien erst einmal vor, gar nichts zu schreiben. Dann tischte eine Politaktivistin im ZDF das Märchen auf, beim Münchner Oktoberfest gäbe es die „offizielle Dunkelziffer“ von 200 Vergewaltigungen jährlich – eine freie Erfindung. Beim Berliner TAGESSPIEGEL verdächtigten zwei Redakteurinnen ohne die geringsten Belege Frauen in Köln, sie hätten Migranten mit erfundenen Übergriffsanschuldigungen angezeigt, um deren Abschiebung zu erreichen. (Ein paar Jahre später, 2018, kochte eine der Tagensspiegel-Journalistinnen die Oktoberfestlüge noch einmal auf.) Ebenfalls 2016 behaupteten dutzende Zeitungen, die damalige AfD-Chefin Frauke Petry habe in einem Interview mit dem „Mannheimer Morgen“ einen „Schießbefehl“ beziehungsweise einen „Waffeneinsatz“ gegen Migranten an der Grenze gefordert. Tatsächlich stand nichts davon in dem Interview. Das Wort „Schießbefehl“ kam in einer Frage des Interviewers vor, Petry nahm es nur in den Mund, um es zurückzuweisen. Auch hier: keine Konsequenzen in irgendeiner Redaktion. Selbst, wer nur eine Auswahl von Relotiosiaden vor Relotius in den deutschen Medien durchgehen will, muss sich irgendwann mit Stichpunkten begnügen, weil der Text sonst ausufert. Da erfand etwa der SPIEGEL- beziehungsweise BENTO-Schreiber Marc Röhlig „Kopfgeldjäger“, die angeblich in Israel im Staatsauftrag Migranten auf Provisionsbasis jagen sollten – nichts davon stimmte. Das ZDF versuchte seinem Publikum einzureden, Jerusalem gehöre gar nicht zu Israel, auch nicht dessen Westteil („Jerusalem grenzt an Israel“, und servierte auch sonst heillosen Unfug zu dem Thema. Dutzende Medien dichteten dem CDU-Bürgermeister von Altena Andreas Hollstein eine klaffende 15-Zentimeter-Messerwunde an den Hals, die er durch ein politisches Attentat wegen seiner Migrationspolitik davongetragen haben sollte. Die 15-Zentimeter-Wunde schrumpfte dann bei näherer Betrachtung zu einem Fünf-Zentimeter-Kratzer, die Gerichtsverhandlung gegen den Täter ergab keinerlei politisches Motiv. Der NDR wiederum schob Henryk Broder unter, er hätte „Flüchtlinge als parasitäres Pack“ bezeichnet. Das Zitat war frei erfunden. (Immerhin versteckte der NDR später auf seiner Website ganz unten, wo die wenigsten hinschauen, eine Korrektur; ein NDR-Redakteur entschuldigte sich bei Broder.) Nicht allein Redakteure üben sich im kreativen Schreiben und Lesen, sondern auch Politiker. Allen voran Angela Merkel, die im August 2018 berichtete, ihr lägen „Videos“ (im Plural) vor, die „Hetzjagden“ in Chemnitz zeigen würden, also wieder im Plural. Wie mittlerweile allgemein bekannt: ihre Quelle, das Antifa-Zeckenbiss-Video (ein Video, 19 Sekunden) zeigte genau null Hetzjagden. Das Ereignis, über das dank der Kanzlerworte weltweit Medien berichteten, gab es ebenso wenig wie die Mississippi-Dampfer, die Claas Relotius in seinem größtenteils erfundenen Interview mit dem ehemaligen Mitglied der Weißen Rose Traute Lafrenz in South Carolina kreuzen ließ, ebenfalls im Plural, gut 600 Kilometer Luftlinie vom Mississippi entfernt, aber hinreichend plausibel für die Dokumentation des SPIEGEL**: „Traute Lafrenz blickt schweigend auf den Fluss vor ihrem Haus, in der Ferne kreuzen Mississippi-Dampfer. Es wird Abend über Yonges Island, das Wasser liegt ganz still, Grillen zirpen, langsam verschwindet die Sonne hinter den Bäumen.“*** Auch die Chemnitz-Hetzjagd-Erfindung schadete Merkel und ihrem Regierungssprecher Steffen Seibert nicht weiter. Dafür schadete es dem damaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen bis hin zum Amtsverlust, dass er öffentlich bezweifelte, dass das Video authentisch eine Hetzjagd zeigte. Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt twitterte über Maaßen: „Der die AfD coacht“ – ohne die geringsten Belege dafür zu liefern. Etwas weniger spektakulär, aber ebenfalls schöpferisch bearbeitete der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Michael Roth die schwedische Kriminalstatistik. Sawsan Chebli, SPD-Staatssekretärin für multiple Aufgaben in Berlin, twitterte wiederum die Fakenews, die Essener Tafel schließe Migranten aus („Essen nur noch für Deutsche“). In keinem der aufgezählten Fälle führten die Erfindungen, Auslassungen, Verdrehungen und unbewiesenen Behauptungen zu irgendwelchen personellen Konsequenzen. Vielfach folgte noch nicht einmal eine Korrektur, oder sie wurde im Kleingedruckten versteckt. Alle aufgezählten Varianten der Wirklichkeitsbearbeitung stehen für die Verdrängung der Beschreibung durch das so genannte Narrativ und der Distanz durch das Wichtigmachen des Erzählers, sie stehen also für das Typische und Erwünschte und nicht für die Ausnahme und den Unfall. Warum sollte also ausgerechnet an Claas Relotius ein Exempel statuiert werden? Es gibt schon Gründe: Was andere Journalisten Relotius eigentlich übelnehmen, ist der Umstand, dass seine Texte sich wie eine Parodie hunderter anderer Moderationen und Meterwarentexte aus dem Reschke-Restle-Stokowski-Wirkungskreis lesen. Der Spiegel-Mann konzentrierte die Beize, in der die gesamte Branche schwimmt, nur ein wenig stärker als üblich, und wies damit auf die Existenz der Beize überhaupt erst wieder hin. Seine Texte beschreiben Migranten als Menschen mit goldenem Herzen, Trump-Wähler als hinterwäldlerisch, den Osten als düster („es war, als ob dunkle Wolken über uns aufgezogen wären“, legte er einem Interviewpartner in den Mund), aber man muss dem jungen Mann zugutehalten, dass er sich nicht auch noch nach dem bekannten Schema über die AfD und Israel ausließ. In einem Land, in dem keine angestammten Öffentlichkeitsrollen mehr eine Rolle spielen, in dem Journalisten als Hilfspolitiker auftreten und Politiker als Falschnachrichtenproduzenten, in dem EKD-Ratspräsident Heinrich Bedford-Strohm mühelos die Kommentare der “Süddeutschen” und Heribert Prantl die Predigten der EKD schreiben könnte, in einem Mediendeutschland, in dem es bei Qualitätsmedien als geradezu irre Idee gilt, eine Nachricht über Migranten, die AfD, Trump und Ostdeutschland nicht zu stauchen, zu strecken, zu drehen, zu wenden, zu färben und mit einem Spin zu versehen, in dem es als üblich gilt, die Medien als „Missionsriemen“ (Cora Stephan) zu verstehen und als lässlich, notfalls für das Gute zu lügen, in diesem Land muss es auch einen angemessenen Platz für Claas Relotius geben. Er verdient eine Kolumne, wenn nicht beim Spiegel****, dann anderswo. Oder einen Posten bei „Monitor“, dessen Chef Georg Restle weiß, dass Journalisten sich nicht erst mit der guten Sache gemein machen müssen, weil sie selbst schon die gute Sache sind. Sollte der althergebrachte deutsche Medienbetrieb Claas Relotius verstoßen: dann nur, um sich einen Belastungszeugen vom Hals zu schaffen. * In „Grimassen“. ** Laut BZ-Reporter Tomas Kittan, der Traute Lafrenz im August 2018 besuchte, handelt es sich bei dem Wasser vor Traute Lafrenz’ Grundstück um flaches Brackwasser. Kein Dampfer, egal welcher Sorte, könnte dort fahren. *** Eine Kapitelüberschrift in dem Buch Gerhard Henschels „Das Blöken der Lämmer. Die Linke und der Kitsch“ lautet: „Reizend garniertes Grillengezirp“. Es ist noch offen, ob CR auch diesen Text für sich ausgewertet hat. **** Ebenfalls offen ist noch, wie der SPIEGEL mit dem Fall Relotius umgeht. Publico dokumentiert hier eine Hausmitteilung des neuen Chefredakteurs Steffen Klusmann, der ihn für gravierend hält: Wer nachlesen will, wie Bürger-Reporter aus Fergus Falls die Fabrikation von Relotius schon vor Monaten auseinandernahmen: hier Dieser Beitrag erschien zuerst auf Alexander Wendts Publico
Alexander Wendt
Wer über sehr viele ähnliche Medienfälle nicht reden will, der sollte über den Ex-SPIEGEL-Mann schweigen. Relotius wirkte erst als unbewegter Beweger eines ganzen politischen Milieus und dann als dessen Enthüller. Der Fall CR besitzt für die merkelistische Republik die gleiche Signifikanz wie der Marsch des Hauptmanns von Köpenick für das wilhelminische Deutschland.
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01.01.2019 12:12
https://www.achgut.com/artikel/gerechtigkeit_fuer_claas_relotius/P14#comment_entries
Northstream: Sprengstoff in jeder Beziehung
Hat die US-Armee mit Hilfe Norwegens die Northstream-Pipelines gesprengt? Diese These stellt Seymour Hersh, journalistischer Investigativ-Veteran, in einer detaillierten Beschreibung auf. Die Sache schlägt Wellen. Eine vorläufige Einschätzung. Seymor Hershs auf der Plattform „Substack“ jedermann zugängliche Story schlägt seit gestern hohe Wellen und veranlasste die US-Regierung zu einem prompten Dementi. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Adrienne Watson, ließ verlauten: „Das ist falsch und völlig frei erfunden.“  Die schnelle Reaktion auf einen Blog-Eintrag liegt sicherlich auch daran, dass Seymour Hersh in den USA nicht irgendwer ist. Mit seiner mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Enthüllung des Massakers von My Lai während des Vietnamkriegs begründete Seymour Hersh seinen Ruf als investigativer Reporter. Für seine zahlreichen politischen Enthüllungsgeschichten hat er in den USA fünf George-Polk-Preise, zwei National Magazine Awards for Public Interest und den National Book Critics Circle Award erhalten. „Die Geschichte, die Sie heute lesen werden, ist die Wahrheit, an der ich drei Monate lang gearbeitet habe“, sagt Hersh. Wobei hinzugefügt werden muss: Auch Hersh lag bei seinen Storys mitunter daneben. Nach seiner Schilderung, die sich letzlich nur auf einen ungenannten Gewährsmann stützt, geht der Plan der Biden-Regierung, die Nord-Stream-Pipelines zu sprengen, auf das Jahr 2021 zurück. Die Kommandozentrale, die für den Angriff auf die Pipelines ausgewählt wurde, sei das „U.S. Navy's Diving and Salvage Center“ in Panama City, Florida, gewesen. „Im vergangenen Juni operierten die Marinetaucher unter dem Deckmantel einer Mittsommer-Übung der NATO, bekannt als BALTOPS 22“ schreibt er. Die angebrachten Sprengladungen seien drei Monate später gezündet worden. Dies entspräche auch der Ankündigung von Joe Biden bei einer Pressekonferenz zum Besuch von Olaf Scholz in den USA: „Wenn Russland einmarschiert... wird es kein Nord Stream 2 mehr geben.“  Hershs Artikel beweist zunächst einmal, und das ist gut so, dass die sogenannten Mainstream-Medien nicht mehr in der Lage sind, die Verbreitung von Informationen zu selektieren oder zu hemmen. Jetzt gerade und während ich schreibe, berichten weder ZEIT, noch BILD, Spiegel oder SZ. Selbst die taz, der jede „gute“ Nachricht über die „schlechten“ Amerikaner wie gerufen kommt, ist offenbar ratlos.  Aber die Debatte ist längst aufgekommen. Die WELT greift die Sache auf. Die Tagesschau schreibt: „Hershs Version wirft viele Fragen auf“. Die FAZ konzentriert sich auf das Dementi: „USA weisen Vorwürfe wegen Nord-Stream-Lecks zurück“. Beim Bayerischen Rundfunk wird „klar gestellt“, die USA „haben Nord-Stream-Pipelines nicht gesprengt“. Der Deutschlandfunk wählt die „Shooting the messenger“-Methode und stellt Hersh in die Nähe von Verschwörungstheoretikern. Auf t-online wird als Gegenargument angeführt, als eines der ersten Medienunternehmen habe der russische Propagandasender Russia Today die Geschichte aufgegriffen, was nicht unbedingt ein tragfähiges Argument ist.  Natürlich wissen wir nicht, ob Hersh letztlich auf dem richtigen Dampfer ist, aber ein Relotius ist er eher nicht. Andererseits ist es mit den von Hersh angeführten Belegen natürlich so eine Sache, denn er legt keine Dokumente vor, seine Augenzeugen bleiben ungenannt, und niemand ist bislang entnervt aus dem Gebüsch gesprungen, um zu rufen „Nehmt mich fest, ich hab’s getan!“ Sie können ja unter dem Link oben selbst nachlesen, was Hersh schrieb. Hier deshalb nur eine kurze Kurzfassung: Victoria Nuland, Anthony Blinken und Jake Sullivan – allesamt hochrangige Regierungsbeamte der Biden-Administration – hätten mit Hilfe der CIA in einer Navy-Tauchschule in Panama City (FL) das Personal für die Aktion rekrutiert, welches mit Hilfe norwegischer Spezialisten in Norwegen auf die Aktion vorbereitet wurde, so seine Story.  Man habe aber keine Spezialeinheit mit der Sache beauftragen wollen, weil man dafür die Genehmigung des Kongresses benötigt hätte, was die Geheimhaltung natürlich noch weiter erschwert hätte. Unter Deckung des NATO-Manövers BALTROPS22 habe man im Juni 2022 die Sprengladungen angebracht, die auf Wunsch Bidens nicht gleich ein paar Tage danach, sondern zu einem späteren Zeitpunkt und per Fernzündung detonieren sollten. Nach Hershs Darstellung waren es pikanterweise die Norweger, die die Sonar-Boje abwarfen, welche letztlich das Signal zum Start der Zeitzünder gaben. Sowohl in Schweden als auch in Dänemark hätte man, so Hersh, hochrangige Militärs/Geheimdienstler zumindest soweit gebrieft, dass diese die Meldeketten unterbrechen konnten, falls die beiden Anrainerstaaten irgendwie Wind von den Aktionen bekamen.  Man kann das alles für Humbug halten. Vielleicht für russische Propaganda oder einen perfiden Plan der Republikaner, obwohl auch deren Senator Ted Cruz nicht gerade unglücklich über das Ende der Pipeline war. Man kann sich fragen, was für den Fall, dass es stimmt, unser Olaf Scholz wusste, falls er sich denn erinnern möchte, oder Habeck, der gerade in den USA um Gas bettelt. Und man sollte sich unbedingt fragen, ob sich angesichts unserer von Überheblichkeit und Selbstverleugnung geprägten Außenpolitik der letzten Jahre überhaupt noch jemand darum schert, was unsere Interessen sein mögen.  Und natürlich muss man beklagen, dass es letztlich die vermaledeite Energiewende war, die uns die Pipeline gegen den Widerstand sämtlicher unserer Verbündeten und Nachbarn erst hat bauen lassen. Man kann sich auch fragen – sofern man den Indizien in Hershs Artikel folgt – wer die Vereinigten Staaten eigentlich wirklich regiert, Joe Biden oder sein Apparat. Und man kann sich fragen, ob Donald Trump wirklich das denkbar Schlimmste war, was uns von dort anblickte. Aber man darf und muss sich eben auch fragen, warum die ermittelnden schwedischen Ermittlungsbehörden nach vier Monaten noch immer so wortkarg sind und uns bis heute noch keine vergleichbar flüssig und eloquent vorgetragene Erklärung vorliegt, die andere Urheber der Sprengung plausibel machen.  Auf recht sicherem Terrain ist man hingegen mit der Prognose: Falls es in Deutschland wegen der hausgemachten Energiewende-Ideologie zu einem Blackout oder einer Gassperre kommt, wurde die Schuld bisher Wladimir Putin zugewiesen. Das war sehr praktisch. Ab sofort sind die Amerikaner schuld. Das ist noch praktischer.
Roger Letsch
Hat die US-Armee mit Hilfe Norwegens die Northstream-Pipelines gesprengt? Diese These stellt Seymour Hersh, journalistischer Investigativ-Veteran, in einer detaillierten Beschreibung auf. Die Sache schlägt Wellen. Eine vorläufige Einschätzung.
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10.02.2023 06:05
https://www.achgut.com/artikel/northstream_sprengstoff_in_jeder_beziehung/P112#comment_entries
Indubio Folge 211 – Das Zeitalter der Phobokratie 
Der Finanzwissenschaftler Prof. Stefan Homburg, der Philologe und ehem. Präsident des Deutschen Lehrerverbands Josef W. Kraus und die frühere RTL-Moderatorin und jetzige Videocasterin Milena Preradovic diskutieren mit Burkhard Müller-Ullrich über den militanten Pazifismus, über die nächsten Corona-Wellen, die im Schatten des Krieges ausgeheckt werden, sowie über die neuesten Ausläufer der Cancel Culture.
indubio
Der Finanzwissenschaftler Stefan Homburg, der Philologe Josef W. Kraus und die Videocasterin Milena Preradovic diskutieren mit Burkhard Müller-Ullrich über den Ukraine-Krieg, Corona und neue Cancel Culture-Wellen.
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06.03.2022 06:25
https://www.achgut.com/artikel/indubio_211_06_03_2022_das_zeitalter_der_phobokratie/P35#comment_entries
Deutschland ist wieder eine gefährliche Nation
Der deutschsprachige Raum ist ein großartiger Kulturraum. Denken wir beispielsweise nur an die Theologie im Zeitalter der Reformation sowie an Philosophie und Mathematik ab dem späten 17. Jahrhundert – in diesen Bereichen ist der deutschsprachige Raum der kulturelle Hauptnachfolger des antiken Athen. Auch in der kreativen Kraft, Tiefe und Vielfalt seiner Komponisten – um ein weiteres Beispiel zu nennen – ist er vom Barock bis zum Ende des 19. Jahrhunderts international mit keinem anderen Kulturraum vergleichbar.Aber als Nationalstaat ist Deutschland, eine Teilmenge dieses Kulturraums, offensichtlich kein politischer Raum, der den Menschen in Europa Sicherheit und Frieden verschaffen kann. Als solcher bereitet Deutschland vielmehr derzeit in bester Tradition des späten Kaiserreichs unwillentlich-schlafwandlerisch neue Konflikte in Europa vor.  Seit der Reichsgründung 1871 bis heute hat es nur eine kurze Periode gegeben, in der in Berlin eine weitgehend berechenbare sicherheits- und wohlstandsorientierte Politik für die deutschen Bürger und ihre Nachbarn in Europa gemacht wurde: zur Zeit Bismarcks. Seitdem – und das gilt auch heute – geht von Berlin immer nur Gefahr aus. So begann man nach Bismarck in Berlin ohne direkte Absicht durch eine expansive Nationalpolitik erfolgreich auf den ersten Weltkrieg hinzuarbeiten. Nachdem man dann gemeinsam mit den anderen Großmächten in den Ersten Weltkrieg geschlittert war und diesen verloren hatte, wurde auf dem fatalen Fundament der Versailler Verträge, des Kriegstraumas und eines rechtsstaatlichen, aber nicht demokratischen Nationalismus mit Religionsersatzcharakter in Weimar eine vollkommen instabile Republik geschaffen, die zwar Ansätze zur internationalen Kooperation etwa beim Völkerbund zeigte, aber schon nach kurzer Zeit dem deutschen Faschismus wich. Dessen grauenvolles Ergebnis, ein zerstörtes Europa und die fast vollständige Vernichtung des europäischen Judentums, war der bisherige Tiefpunkt Berliner Politik. Die Nachkriegszeit war dann die einzige Phase, während derer in einer legitimen Ausformung deutscher Staatlichkeit, der alten Bonner Bundesrepublik, eine friedens- und wohlstandsorientierte Politik gemacht wurde. Diese Bonner Republik war sicherheits- und außenpolitisch nicht souverän, sie währte von 1949 bis 1998, dank der traditionellen Alt-BRD-Regierung Kohls also über 1991, dem Jahr der Wiedervereinigung und der Restauration der vollen völkerrechtlichen Souveränität Deutschlands auf Basis des Regelungsvertrags, hinaus. Diese Regierung machte in bester Absicht allerdings einen fatalen Fehler, auf den weiter unten noch eingegangen wird, den Vertrag von Maastricht, mit dem die Einführung des Euro beschlossen wurde. Doch seit der Verlagerung der Hauptstadt nach Berlin und dem Beginn der rot-grünen Regierung Schröder, mit dem Beginn der Berliner Republik 1998 (auch wenn der Bundestag erst ein Jahr später umzog), geht von Deutschland wieder Gefahr nach Innen und Außen aus: Wir sind wieder eine Bedrohung für unsere Nachbarn. Und dies auf ganz verschiedenen Gebieten. Die Regierung Schröder verfolgte – mit einigen Ausnahmen – einen weitgehend globalistisch-humanitaristischen Kurs. Unter ihm wurde die fatale Energiewende (2000) mit dem Atomausstieg (2002) beschlossen, mit denen Deutschland seine innere Sicherheit durch Stromausfälle gefährdet und auch die Wahrscheinlichkeit für grenzüberschreitende Störungen der Stromversorgung erhöht. Da ein anthropogener Klimawandel unwahrscheinlich und in Abwesenheit von Speichern für sogenannten „Ökostrom“ eine konventionelle Stromgewinnung zur Stabilität des Netzes erforderlich ist, hat diese Politik keinen Nutzen, sondern erzeugt nur sehr hohe Kosten und Risiken. Stromausfälle, die länger als ein paar Stunden dauern, sind eines der extremsten Sicherheitsrisiken hochverdichteter modernen Zivilisationen, wie Wolfgang Sofsky 2003 kompakt erläutert hat. Seit 2000 bewegt sich Berlin auf solche Situationen konsequent hin und gefährdet damit Deutschland, und bei Übergriff des Ausfalls über die Grenzen hinaus (beispielsweise durch den Ausfall von Fernleitungskreuzungen) auch seine Nachbarn. Durch sein wirtschaftspolitisches Agieren in der EU ist Deutschland ökonomisch sehr gefährlich. Und zwar ist dies nicht wegen der hohen Produktivität, den relativ niedrigen Lohnstückkosten oder der hohen Qualität der Produkte und den damit verbundenen Exporterfolgen der Fall, wie uns das französische Politiker oder unsere linken Parteien weismachen wollen. Vielmehr ist Deutschlands Versagen als ökonomischer Hegemon des Kontinents bei der Eurokrise ab 2009 die Gefahrenquelle. Zwar war schon die mit dem Vertrag von Maastricht besiegelte Gründung des Euro ein schwerer Fehler, den jedoch viele Akteure der damaligen Bundesregierung unwissentlich begangen. Für die aufrichtigen ökonomischen Berater der Bundesregierung wie Hans-Werner Sinn war spätestens bei Ausbruch der Griechenland-Krise 2009 klar, dass der Euro in seiner heutigen Form nicht zu retten ist. Denn auf Dauer kann eine gemeinsame Währung in Kombination mit massiven Handelsbilanzdefiziten, die durch erzwungenen Kapitalexport aufrecht erhalten werden (Bilaterale Kredite, ESM, EFSF, EFSM, Target-II-Salden und Anleihenkaufprogramm der EZB summieren sich derzeit auf etwa 4 bis 4,5 Billionen Euro), nicht bestehen. Als wirtschaftliche Führungsmacht Europas hätte Berlin 2010 den Austritt Griechenlands aus dem Euro-System und den Ersatz des virtuellen Target-II-Systems durch eine Realwertdeckung (von sich aus der Handelsbilanzbilanz ergebenden Schulden) erzwingen können, wie sie noch heute im Binnenhandel der USA die Herausbildung von größeren Handelsbilanzdefiziten zwischen den US-Bundesstaaten verhindert. Damit wäre der Euro wahrscheinlich in seiner heutigen Form beendet oder zumindest auf deutlich weniger Mitglieder verkleinert worden. Doch wäre dies fiskalpolitisch damals noch möglich gewesen – die Kosten für eine solche Dekonstruktion des Euro wären deutlich kleiner gewesen als heute, man hätte sie noch schultern können, ohne Staatsbankrotte bei den ökonomisch starken Kernländern des Eurosystems zu provozieren. Ein Schuldnerland wie Italien, das seine stetig steigende, 2017 bei 2.256 Milliarden Euro angelangte Staatsverschuldung von mehr als 130 Prozent seines Bruttoinlandprodukts hat und ein massives innereuropäisches Handelsbilanzdefizit betreibt, kann dauerhaft nicht im Euro gehalten werden. Ein Versuch zur Rettung Italiens über die Geldpresse wird zu paneuropäischer Inflation führen. Heute schon hält die Zentralbank mehr als 350 Milliarden italienische Staatsanleihen (etwa ein Drittel). Irgendwann fliehen die Anleger aus italienischen Staatsanleihen oder Lebensversicherungen. Das kann kein staatlicher Akteur kompensieren, und es kommt dann zur Schmelze des Finanzsystems. Der Staat kann keine Renten und andere Sozialleistungen mehr zahlen, Menschen beginnen zu hungern und zu frieren, Unruhen brechen aus.   Über das EZB-System haftet Deutschland für 27 Prozent der Schulden im Euro-System, das sind derzeit deutlich mehr als eine Billion (1.000 Milliarden) Euro. Beim Kollaps des Systems (keiner weiß genau, wann es so weit sein könnte), wird auch der deutsche Staat bankrott gehen. Wir geraten dann in eine Wirtschaftskrise, die mindestens so ernst wird wie die Weltwirtschaftskrise 1929, wenn nicht schlimmer. Es war eine der schwersten Fehlentscheidungen Merkels, die Eurorettung in der seit 2010 praktizierten Form durchzuführen. Man wäre der Verantwortung Deutschlands für seine Bürger und den Frieden in Europa gerecht geworden, indem man den Euro damals dekonstruiert hätte. Doch stattdessen verknüpfte Merkel mystifizierend eine zum Scheitern verurteilte Währung mit Europa: „Scheitert der Euro, scheitert Europa.“, wiederholte sie immer wieder. Doch der Nachsatz ist eine Leerformel, ein Kontinent kann nicht scheitern, ein Mythos auch nicht – er kann allenfalls verblassen. Es wäre 2010 noch möglich gewesen, einen Rückbau des Euro durchzuführen. Doch nun gefährden wir Wohlstand und Frieden in Europa durch die Aufrechterhaltung dieser Zeitbombe, deren Sprengkraft sich täglich mit den TARGET-Salden vergrößert. Die Verantwortung trägt Deutschland, denn Berlin hätte als einzige Euroland-Regierung die Macht gehabt, eine sinnvolle Dekonstruktion des Euro zu erzwingen. Deutschland ist durch seinen stark ausgebauten Sozialstaat, der ein sehr hohes Mindesteinkommen für staatlich abgesicherte Bürger und Migranten garantiert, in Kombination mit seinen offenen Grenzen ein internationaler Magnet für Migration. Mit Hilfe des Internets und mobiler Endgeräte verbreiten Migranten die Nachricht, man könne nach Deutschland einreisen und viele Jahre hier bleiben, verköstigt werden und nach seinen eigenen Sitten ungehindert leben. Milton Friedman, Nobelpreisträger für Wirtschaft, sagte einmal: "Ein Staat kann ein Sozialstaat sein. Ein Staat kann offene Grenzen haben. Aber niemals beides zusammen. Das Sozialsystem wird sehr schnell unheilbar zerrüttet und unfinanzierbar, wenn man dieses nicht beherzigt." Im Sinne einer klassischen Tragik der Allmende versuchen also möglichst viele Wirtschaftsmigranten, noch in den Genuss offener Grenzen mit Vollsozialstaat zu gelangen, bevor dieses historisch einmalige Gemeingut durch Wahlen und politische Kursänderung aufgebraucht wird wie bereits in vielen anderen Ländern Europas – jeder Migrant, der fähig zu einer Reise aus Schwarzafrika nach Deutschland ist, macht sich das klar. Dieser deutsche Migrantenmagnet wirkt als Gefahr für Europa. Denn die Migranten destabilisieren unseren Kulturraum und gefährden mit der Zeit unsere Zivilisation – entweder durch den zivilisationsverhindernden Islam oder durch Bildungsmangel, Tribalismus und Gewaltkultur. In den Banlieues von Paris, Marseilles, Nantes und dutzender anderer französischer Städte kann man es bereits deutlich sehen. Die Wirkungen einer durch den Zerfall des Euro bedingten Wirtschaftskrise und der Migrationskrise sind im übrigen überadditiv. Energiewende, Eurorettungspolitik und der Migrationsmagnetismus zeigen, dass Deutschland seit 1998 wieder zu einer Gefahr für seine Nachbarn geworden ist. Sicherlich geschieht dies im Wesentlichen nicht aus böser Absicht, sondern schlafwandlerisch wie im Kaiserreich oder sogar in bester Absicht (Die Grünen und die EKD sind dafür gute Beispiele); doch kann Berlin einfach nicht sinnvoll regieren – hat es nach Bismarck noch nie gekonnt. Denn Berliner Politik ist von der Illusion der Machbarkeit von Plänen zur Weltverbesserung getrieben. Im späten Kaiserreich war es die Verbesserung von Menschen der Südhalbkugel durch Kolonialismus, im „Dritten Reich“ die Selbstverwirklichung der „arischen Rasse“ mit allen Mitteln. In unserer heutigen Berliner Republik wird diese beste Hegel‘sche Tradition des Absoluten fortgesetzt, nachdem man erzwungenermaßen unter den Alliierten 40 Jahren davon Pause hatte. Nun sind es: die durch uns fast ganz alleine durchzuführende Verbesserung des im Wesentlichen gegen menschliche Eingriffe invarianten Weltklimas, die von uns mit Hilfe der „Eurorettung“ zu bewältigende Strukturschwäche der Südeuropäer, die von uns durch Migration zu lösenden Weltarmut, und – seit neustem auch – die von nahezu höchster Stelle geforderte genetisch-soziale Verschmelzung der Menschheit in Deutschland, in dem "Menschen aus Europa, dem Nahen Osten und Afrika gemeinsam eine neue Nation erschaffen" (Jakob Augstein), wobei der lästige Sozialstaat natürlich weggeworfen werden soll. Wie alle planerischen, sozialen Großexperimente werden diese totalen Träume allesamt mehr oder weniger grässlich scheitern. Doch immerhin kann man fragen: Was lässt sich daraus lernen? Die Autoren Philipp Bagus und Andreas Marquardt haben darüber in ihrem Buch „Wir schaffen das – alleine“ nachgedacht und meinen: „Europas Zukunft liegt nicht im Brüsseler Zentralismus, sondern in möglichst zahlreichen und vielfältig ausgestalteten Kleinstaaten, die in Frieden und Freiheit miteinander kooperieren und auch konkurrieren.“ Die Erfahrung lehrt auf jeden Fall: In Kleinstaaten ist das Verhältnis von Staatsgewalt und Bürgern viel transparenter, Gesetzgebung und staatliche Gewaltausübung sind bürgernäher und -gerechter. Missbrauch und Regieren gegen das Ethos der Bevölkerung ist nicht so extrem und so lange möglich wie im Großstaat. Zumindest theoretisch könnten sich die hochproduktiven Länder wie Bayern, die Pfalz, Sachsen, Baden oder Württemberg von Deutschland abspalten (danach wäre von der Berliner Republik nicht mehr viel übrig, die ökonomische Machtbasis für Weltverbesserungsphantasien wäre dahin). Alle diese Länder haben Bevölkerungen mit starken, historisch gewachsenen, lebendigen regionalen Identitäten und Gemeinschaften und wären als Kleinstaaten absolut funktional. Lediglich in den Bereichen internationale Interessenvertretung, Verteidigung und Handel wäre man auf Kooperation und sinnvolle Verträge angewiesen. Dass dies möglich ist, beweisen hochfunktionale Länder wie beispielsweise die Schweiz, Norwegen, Dänemark oder Tschechien, die allesamt weniger als 10,5 Millionen Einwohner haben.   Doch so eine Aufspaltung von Staaten passiert nicht einfach von alleine. Jedesmal sind Konvulsionen historischen Ausmaßes nötig, bevor so etwas geschieht. Unser Grundgesetz lässt den Austritt eines Bundeslandes aus der Bundesrepublik auch nicht zu. So heißt es denn für’s erste: Abwarten und Tee trinken. Und wem es zu bunt wird, der kann ja – wie deutlich mehr als hunderttausend hochqualifizierte Deutsche pro Jahr –  emigrieren, falls er glaubt, dass es woanders besser ist. Dies könnte hinsichtlich Sicherheit, innerem Frieden und auch Wohlstand tatsächlich bald der Fall sein, wenn wir uns weiter selbst zerlegen.
Johannes Eisleben
Energiewende, Eurorettungspolitik und der Migrations-Magnetismus zeigen, dass Deutschland wieder zu einer Gefahr für seine Nachbarn geworden ist. Sicherlich geschieht dies nicht aus böser Absicht, sondern schlafwandlerisch wie im Kaiserreich oder sogar in bester Absicht. Berliner Politik ist von Illusion und Plänen zur Weltverbesserung getrieben. Die Vergangenheit lässt grüßen.
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09.08.2018 06:05
https://www.achgut.com/artikel/deutschland_ist_wieder_eine_gefaehrliche_nation/P56#comment_entries
Nimm zwei!
Baruch Haschem Stellen Sie sich ganz kurz Folgendes vor: In Mannheim oder Ludwigshafen findet ein Kongress statt, auf dem über die Frage beraten wird, was mit Belgien passieren soll. Soll das Land geteilt werden? Und wenn ja, sollen zwei souveräne Staaten entstehen? Oder soll der flämische Teil den Niederlanden und der wallonische Belgien zugeschlagen werden? Die Teilnehmer des Kongresses diskutieren leidenschaftlich alle Optionen, wobei immer wieder die koloniale Vergangenheit Belgiens angesprochen wird, der das Land seinen Reichtum verdankt. Am Ende verabschieden die Teilnehmer eine “Mannheimer” bzw. “Ludwigshafener Erklärung”, in der sie irgendwelche Maßnahmen fordern, um “das belgische Problem” für alle Zeiten zu lösen. Keine schlechte Idee. Leider stellt sich hinterher heraus, dass es sich um die Aktion einer Laienspielschar der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie handelte, die Sartres Stück “Die Eingeschlossenen von Altona” umgeschrieben haben. Jetzt sagen Sie nicht, so was gibts nicht. So was gibts nämlich doch. Vor kurzen hat in Stuttgart (!) ein Kongress stattgefunden, der mit einer “Stuttgarter Erklärung” zu Ende ging, in der die Endlösung der Palästinafrage beschlossen wurde. Denn so lange die gärt, schwelt und brodelt, finden deutsche Antifa-Zombies und deren Freunde keinen Frieden. So weit, so gut. Aber: Die Geschichte hatte ein kleines Nachspiel. Einigen Freiwilligen der “Legion Freies Palästina” war die “Stuttgarter Erklärung” noch zu zurückhaltend. Und so kam es zu einem Notenwechsel, den wir allen Freunden der Realsatire nicht vorenthalten wollen. Lesen Sie selbst: Liebe A,, lieber A., trägt das Eintreten für einen statt zwei Staaten im ehemaligen britischen Mandatsgebiet Palästina dazu bei, den Willen sowohl der israelischen Regierung als auch der großen Mehrheit der jüdischen Bevölkerung zu Besatzung und Expansion zu brechen? Zeigt, wie! Ich vermag es nicht zu erkennen. Herzlich, T. Lieber T., wir wollen eine ganz kurze Antwort versuchen. Die Orientierung auf die Zwei-Staaten-Lösung hat unseres Erachtens einen rassistischen Ansatz. Zu realisieren sind beide Lösungen fast nicht. Die Apartheid in Südafrika zu Fall zu bringen, war auch nicht einfach. In jedem Fall bedarf es enormer Anstrengungen. Mobilisieren lassen sich Menschen - wenn überhaupt - eher dann, wenn sie eine Lösung vor Augen haben, die mit ihren Vorstellungen von Menschenrechten, Humanismus und Antifaschismus im Einklang stehen. Diese Motivation gilt zumindest für uns. Warum der Ein-Staaten-Lösung der Vorrang zu geben ist, ist unseres Erachtens in der Stuttgarter Erklärung sehr gut begründet. Von daher würden wir natürlich sehr wünschen, wenn Du auch zu den Unterzeichnern gehören würdest… Mit besten Grüßen, A. und A. Liebe Zwei, ich versuche, kurz zu replizieren. Die israelische Regierung, getrieben von israelischen und US-amerikanischen Rüstungs- und Sicherheitsindustrie-Kapital, gestützt auf die Mehrheit der jüdischen Israelis, will jeden Frieden verhindern. Ihr Wille muß gebrochen werden. Das geht durch Boykott, Desinvestment und Sanktionen gegen den Staat Israel und seine wirtschaftliche Basis. Manche finden, wie Ihr, zwei Staaten hätten etwas Rassistisches an sich. Stimmt. Wie fast jeder, letztlich sogar jeder Staat. Andere befürchten, ein einziger Staat Israel/Palästina, wenn überhaupt, könne nur hyper-rassistisch geraten. Ich teile die Befürchtung. Bei diesem Sachstand halte ich ein Abweichen von allen internationalen Resolutionen (“zwei Staaten”) für spalterisch, mindestens aber für eine Ablenkung von der Aufgabe, gemeinsam mit dem Boykott zu beginnen. Herzlich, T Lieber T., Wünschen würden wir uns einen Link auf die Seite, wo wir die Debatte wiedergeben wollen (http://www.arbeiterfotografie.com/israel/index-israel-0048.html). Du gestattest noch eine Anmerkung: Natürlich sind beide Lösungen sehr schwer zu erreichen. Und in beiden Fällen gibt es keine Garantie dafür, daß sie in einer annehmbaren Weise umgesetzt werden. Aber Du gestehst doch sicher zu, daß eine Ein-Staaten-Lösung die Grundlage dafür bietet, gleiche Rechte und Chancen und vor allem gleichen Zugang zu den Ressourcen des Landes zu ermöglichen. Klar, es hängt davon ab, wie sie realisiert wird - ob die 1000jährigen Olivenbäume weiter leben können, ohne ausgerissen zu werden… Übrigens haben alle palästinensischen Referenten die Stuttgarter Erklärung unterzeichnet - und auch Dr. med. Omar Abo Basha, Vorsitzender der Palästinensischen Ärzte- und Apotheker Vereinigung Deutschland e.V., die die Veranstaltung mit Norman Finkelstein ausgerichtet hat. Mit besten Grüßen, A. und A. Soweit der Notenwechsel der engagierten Antifa-Zombies. Nächstes Jahr werden sie sich wieder treffen und eine neue Erklärung beschliessen: Für die Wiederherstellung der territorialen Souveränität Jugoslawiens unter Marschall Tito!
Gastautor
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20.12.2010 00:46
https://www.achgut.com//artikel/nimm_zwei
The Birth Of Democracy
John Rosenthal Asked why he, nonetheless, stays, Sansal once replied, “Algeria is a big and beautiful country that has come a long way: It has a long and highly interesting history, having rubbed shoulders with all the peoples of the Mediterranean….One sunny day, Algeria will rediscover its way and its land will turn green again. I would like to be there to see it happen.” I talked with Boualem Sansal about the Egyptian revolution, the threat of political Islam, and the prospects for democratic change in his native Algeria. http://www.weeklystandard.com/blogs/democracy-best-solvent-interview-algerian-novelist-boualem-sansal_550360.html
Gastautor
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19.02.2011 18:51
https://www.achgut.com//artikel/the_birth_of_democracy
Sozialarbeit: Professoren drängen auf Missachtung des Rechtsstaats
Von Susanne Baumstark. Die Forderung nach professionellen Standards für die Soziale Arbeit in Flüchtlingsunterkünften mag durchaus angebracht sein. Was allerdings verantwortliche Lehrende darüber hinaus in ihrem ins Netz gestellten Positionspapier proklamieren, ist schlicht ein Aufruf an Sozialarbeiter, den Rechtsstaat zu missachten. So heißt es an einer Stelle, die Soziale Arbeit sehe sich aufgefordert, rechtliche Festlegungen für freiwillige Ausreisen und Abschiebungen kritisch zu hinterfragen. Bis hierhin ist das sicher richtig, hat man bereits schon von unsinnigen Abschiebeurteilen gehört, die zum Beispiel in ihren Heimatländern misshandelte Frauen oder hoch motivierte Integrationswillige betreffen. Dann folgt allerdings die pauschale Aussage: „Das bedeutet auch, sich der Erwartung zu verweigern, an der Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen mitzuwirken.“  An späterer Stelle wird behauptet, es sei mandatswidrig, wenn Sozialarbeiter „Amtshilfe“ für die Polizei leisten. Konkret gemeint ist damit: Angaben zu vermuteten Herkunftsländern machen, Abwesenheiten in Unterkünften melden, Adressen von untergetauchten Bewohnern weiterleiten oder an Altersfeststellungen mitwirken. Offenbar wird bereits das als Beteiligung an möglichen Abschiebungen interpretiert und dies widerspreche dem professionellen Ethos Sozialer Arbeit. „Angesichts drohender aufenthaltsbeendender Maßnahmen sollten Sozialarbeiter_innen über sämtliche Handlungsoptionen beraten, damit Betroffene selbst eine informierte Entscheidung treffen können.“ Die „Handlungsoptionen“ sind hinreichend bekannt. Die Welt beschreibt zum Beispiel das Osnabrücker „Mekka der Abschiebungsgegner“, deren Aktivisten hofiert und zu Vorträgen geladen werden: „Im Internet verkünden sie triumphierend ihre Einsätze wie Treffer in der Torschützenliste.“ Tatsächlich darf man auch anderer Meinung sein, dass nämlich die Mitwirkung an einer geregelten Einwanderung keineswegs mandatswidrig ist – weil diese Voraussetzung für eine planungsbedürftige Integration und einen funktionierenden Staat ist, in solchem Soziale Arbeit erst nachhaltig wirken kann. Eher ist eine Mandatswidrigkeit bei Professoren festzustellen, die Studierende einseitig politisch indoktrinieren und Gefolgschaft erwarten. Wird diese verwehrt, und mögen die Gründe auch noch so vernünftig sein, kommt es durchaus zu Kündigungen. So zumindest geschehen einem Sozialarbeiter in Belgien, der Vorgesetzte, Politiker und Bürgermeister über den radikalislamischen Anführer Fouad Belkacem aufklärte. „Statt angehört zu werden, habe er seine Stelle als Sozialarbeiter verloren“, schrieb die NZZ 2012. Im Februar 2015 berichtete Spiegel Online, Fouad Belkacem wurde als Anführer der Terrorgruppe „Sharia4Belgium“ zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt: wegen Anwerbung junger Menschen für den Dschihad in Syrien. Kein Wort in dem Artikel von dem Sozialarbeiter, der bereits Jahre zuvor auf diese Gefährdung hinwies und deswegen Ende 2005 entlassen wurde, wie Der Standard aktuell in einem Interview mit ihm aufzeigt. So viel auch zum Umgang mit Whistleblowern.   Insgesamt wird sich der rosarote Bleiberecht-für-alle-Aktivismus über kurz oder lang als eines der größten Integrationshindernisse erweisen. Denn die eigenmächtige Aushöhlung des Rechtsstaats kommt vorrangig Kriminellen zugute, während sich ehrliche und kooperative Migranten und Einheimische nicht mehr auf eine funktionierende Justiz verlassen können. Sorge um die Autorität der Justiz beklagt bereits jetzt der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller: „Wenn Ausländer nach entsprechenden Urteilen nicht konsequent abgeschoben werden, verlieren der deutsche Staat und seine Justiz massiv an Autorität.“ Das Problem habe sich durch die große Zahl ankommender Flüchtlinge wesentlich verschlimmert: „Die deutschen Behörden werden dem nach meinem Eindruck überhaupt nicht mehr Herr.“ Ein Kläger etwa habe nach einem Urteil gerufen, das „sei ihm egal, er werde ohnehin nicht abgeschoben“. Der Städte- und Gemeindebund verlangte bereits im Oktober vergangenen Jahres im Rahmen der Flüchtlingsarbeit die Einstellung von bis zu 50.000 neuen Sozialarbeitern. Manche von ihnen, vor allem jene im Öffentlichen Dienst, werden sich nun neben einer berufsethischen Ambivalenz zusätzlich in einem Autoritätskonflikt wiederfinden. Noch immerhin ist Rechtsprechung und ihre Ausführung durch Justiz und Exekutive grundgesetzlich in Artikel 20 geregelt. Theoretisch. Praktisch maßen sich Professoren für Sozialarbeit und linksautonome Aktionsgruppen gerade an, fern eines demokratischen Verständnisses auch diesen Bereich des öffentlichen Lebens allein in ihrem Sinne zu kapern. Das Recht zum Widerstand „gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen“, ist im Übrigen im vierten Absatz geregelt. Das Positionspapier unterzeichneten bisher über 130 Hochschullehrer aus ganz Deutschland sowie Vereine und Verbände, darunter die Amadeu Antonio Stiftung.    Susanne Baumstark, Jahrgang 1967, ist freie Redakteurin und Diplom-Sozialpädagogin. Dieser Text erschienen zuerst auf ihrem Blog Luftwurzel
Gastautor
Die Forderung nach professionellen Standards für die Soziale Arbeit in Flüchtlingsunterkünften mag durchaus angebracht sein. Was allerdings verantwortliche Lehrende darüber hinaus in einem ins Netz gestellten Positionspapier proklamieren, ist schlicht ein Aufruf an Sozialarbeiter, den Rechtsstaat zu missachten.
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06.04.2016 14:00
https://www.achgut.com//artikel/sozialarbeit_professoren_draengen_auf_missachtung_des_rechtsstaats
Verzweifelte Apokalyptiker
As gloom descended over the warmist camps across the continent, their overheated claims flickering dimly like dying campfires, their cause lost, there suddenly rose in the East a powerful force. Look! What’s that on the horizon? A mighty blast of good news! FRANKENSTORM!!!!!!!!!
Benny Peiser
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30.10.2012 13:37
https://www.achgut.com//artikel/verzweifelte_apokalyptiker
Bebelplatz 2: Ein ungemein trauriger Klamauk
Hier kommt zusammen, was zusammengehört: einerseits der gute, alte, brav nationalsozialistische Drang, alles zu verbrennen (Bücher, Häuser, Menschen), was ihnen nicht paßt und was sie nicht verstanden, andererseits der deutsche Wahn der sauberen Mülltrennung, Müllwiederverwertung und dem Befassen vor allem mit den Exkrementen. http://freudgermany.wordpress.com/2012/01/13/ein-ungemein-trauriger-klamau/
Fundstück
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13.01.2012 13:13
https://www.achgut.com/artikel/bebelplatz_2_ein_ungemein_trauriger_klamauk
Fehlende Fairness unterm Regenbogen
Laurel Hubbard ist 42 Jahre alt und Gewichtheberin. In Tokio wird sie die erste Transgender-Athletin bei den Olympischen Spielen sein. Eine Meldung, die vor allem im Pride Month kaum kritische Gegenstimmen zulässt, obwohl Hubbard als früherer Mann den weiblichen Mitbewerberinnen faire Chancen raubt. Nach den Moralweltmeisterschaften in den Disziplinen Flüchtlingsaufnahme, Klima und Antirassismus streben wir in Deutschland nun nach der LGBT-Krone. Und dazu gehört eben nicht nur ein in Regenbogenfarben getauchtes Fußballstadion, um die ewiggestrigen Ungarn auf den Pfad der Tugend zurückzuführen, sondern auch, dass sich die ehemals konservative FAZ in ihrem Tenor der TAZ angleicht und bunte Hashtags bei Instagram postet. Nur damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich bin beim Thema Homo- und Transexualität absolut für Toleranz und Akzeptanz. Was derzeit in Ungarn, das die unregistrierte Partnerschaft für homosexuelle Paare bereits 1996 einführte, passiert, ist ein eklatanter Rückschritt. Und dennoch bleibe ich dabei, dass es uns Deutschen nicht zusteht, uns ständig in die Angelegenheiten anderer Länder einzumischen. Es ist gut, auf das Thema aufmerksam zu machen, sich für unterdrückte Minderheiten auf der ganzen Welt und nicht nur in Deutschland einzusetzen und seinem Protest gegen Menschenrechtsverletzungen Ausdruck zu verleihen. Das Problem besteht vielmehr darin, dass wir Deutschen dabei stets über das Ziel hinausschießen. Und zwar immer dann, wenn wir nichts zu befürchten haben und eine Chance wittern, unseren eigenen Minderwertigkeits- und Schuldkomplex mit Gratismut kompensieren zu können. Niemand mag Klugscheißer. Eine alte Erkenntnis aus Schulzeiten. Wobei man die ständige Moral-Hybris der Deutschen durchaus besser ertragen könnte, wenn sie sich zumindest gleichmäßig auf alle „Schurkenstaaten“ erstrecken würde. Erst die Bigotterie, mit der vor allem die deutsche Politik- und Medienlandschaft Themen wie Frauen- und LGBT-Rechten begegnet, sorgt dafür, dass sich ein wachsender Teil der Bürger, einschließlich mir, entnervt abwendet. Umso aufmerksamer werde ich die „Zeichensetzung“ und das „Haltung zeigen“ beobachten, wenn es nächstes Jahr nach Katar zur Weltmeisterschaft geht.  Und so gibt es auch beim Thema LGBT keine Zwischentöne. Dabei wären gerade die an dieser Stelle wichtig, weil es eben auch um Errungenschaften geht, für die Frauen weltweit lange kämpfen mussten und die nun unter einer allzu weit gespannten Regenbogenflagge wieder zur Disposition gestellt werden. Denn es ist gerade die Ambivalenz, die die Debatte für den gesellschaftlichen Diskurs so wertvoll macht. Weil sie zeigt, dass alles seinen Preis hat. Dass die gute Absicht nicht immer gute Konsequenzen für alle zur Folge hat. Dass solche Entscheidungen, genau wie in der Politik, ein Ringen um einen Kompromiss sein sollten, der für alle verträglich ist und dass die Absolutheit der Ideologie dieses Abwägen und Ringen um einen verträglichen Kompromiss zunehmend torpediert.  Es ist die wichtige Erkenntnis, dass sich nicht alle Ungerechtigkeiten auf der Welt durch die vermeintlich richtige Haltung beseitigen lassen, die uns als Gesellschaft genommen wird, weil genau jene Haltung absolut gestellt und nicht mehr diskutiert wird. Nirgends zeigen sich die Auswirkungen dieser fehlenden Erkenntnis deutlicher als in einer jungen Generation, die nie gelernt hat, Pluralität und Konflikte auszuhalten. Deren prominente Wortführer nicht akzeptieren können, dass Menschen unterschiedlich in Meinungen und Talenten sind. Dass sie nicht die Welt retten können, indem sie Fakten und Unterschiede zwischen Geschlechtern, Kulturen, Religionen und Co. negieren. Es mag in vielen Lebensbereichen nicht zwingend erforderlich sein, am biologischen Geschlecht festzuhalten. Beim sportlichen Wettbewerb ist es das jedoch. Gerade bei solchen Sportarten wie Gewichtheben. Laurel Hubbard war als Mann nur ein mittelmäßiger Athlet. Jetzt als Frau gehört sie hingegen zur Spitze, gewann Silber bei den Weltmeisterschaften 2017 in den USA und Gold bei den Pazifikspielen 2019. Als 42-jährige Frau, die erst mit 35 Jahren entschied, im falschen Körper geboren zu sein, bringt sie nun eine andere Frau um ihren Platz bei Olympia und ihre Kontrahentinnen um einen fairen Wettbewerb. Der Einsatz für das Recht biologisch weiblicher Athletinnen auf einen fairen Wettbewerb bedeutet nicht, dass ich transphob bin, sondern nur, dass ich nicht bereit bin, dass der sportliche Wettbewerb unter Frauen für eine Ideologie korrumpiert wird. Festzustellen, dass Hubbard als biologischer Mann einen physischen Vorteil gegenüber biologischen Frauen hat, der sich auch nicht durch Hormone in Gänze beseitigen lässt, heißt nicht, Hubbard abzusprechen, sich als Frau zu definieren. Auffällig ist auch hier, dass es dennoch vor allem Frauen sind, die diese Ideologie der konstruierten Geschlechter vorantreiben. Dass die weibliche Gefallsucht und der Drang, immer auf der „guten“, der „toleranten“ Seite stehen zu wollen, auch dann kein Ende finden, wenn sie einem Verrat am eigenen Geschlecht gleichkommen.  Und so muss man wohl leider feststellen, dass der größte Feind der Frau wohl immer noch andere Frauen sind. Aber in einer Welt, in der Wettbewerb ohnehin verpönt ist und alle Sieger sind, tröstet man sich unter den weiblichen Athletinnen einfach künftig wieder mit dem alten olympischen Motto: „Dabei sein ist alles“.   
Anabel Schunke
Laurel Hubbard ist 42 Jahre alt und Gewichtheberin. In Tokio wird sie die erste Transgender-Athletin bei den Olympischen Spielen sein. Eine Meldung, die vor allem im Pride Month kaum kritische Gegenstimmen zulässt, obwohl Hubbard als früherer Mann den weiblichen Mitbewerberinnen faire Chancen raubt.
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22.06.2021 15:00
https://www.achgut.com/artikel/fehlende_fairness_unterm_regenbogen/P35#comment_entries
Welches Gegenmittel für den radikalen Islam?
“Der radikale Islam ist das Problem, der moderate Islam ist die Lösung” ist seit 2002 meine Losung gewesen; es bedeutet, dass die vielen Probleme des Islam nur gelöst werden, wenn Muslime den Islamismus, ein Versuch in ein mittelalterliches Modell zurückzufallen, verlassen und eine moderne, moderate und gutnachbarliche Version ihres Glaubens befürworten. Reichlich viele Menschen stimmen dieser Analyse nicht zu, aber niemand bot eine Alternative an. Jetzt hat Murat Yetkin, der Chefredakteur Hürriyet Daily News in der Türkei, das in einer neuen Kolumne “Antithese des radikalen Islam ist nicht moderater Islam, sondern Säkularismus” gemacht. Er findet meine Lösung altbacken und diskreditiert: “Als radikal islamistische Bewegungen aufzukommen begannen, versuchten Politiker im Westen ‘Moderate’ zu werben” und sie aufzubauen, “ohne zu erkennen oder sich um Verständnis zu kümmern, dass diese die neuen Radikalen werden würden”. Yetkin verortet dieses Muster verschiedentlich in Afghanistan, Pakistan, dem Irak, Ägypten und im Irak und Syrien. Die wahre Antithese zum radikalen Islam, postuliert er, ist nicht moderater Islam, sondern “Staat und Religion zu trennen”. Säkularisten, da kann der Westen beruhigt sein, werden sich nicht gegen ihn wenden. Mit der Forderung einer Wiederbelebung des Säkularismus Atatürks bestätigt Yetkin eine neue Rede des türkischen Oppositionsführers Kemal Kılıçdaroğlu, der die Muslime drängt den Säkularismus als “Gegenmittel zum Terror” zu anzunehmen. Als Antwort beginne ich mit der Feststellung, dass der Säkularismus zwei sehr unterschiedliche Bedeutungen hat…
Fundstück
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09.03.2015 19:20
https://www.achgut.com//artikel/welches_gegenmittel_fuer_den_radikalen_islam
Dating mit Tom: Das Gras wachsen lassen
Man muss über manche Dinge auch mal Gras wachsen lassen, sonst wäre das deutsche Dilemma ja gar nicht mehr zu ertragen, findet Achgut-Karikaturist Jan Tomaschoff. 
Jan Tomaschoff
Man muss über manche Dinge auch mal Gras wachsen lassen, sonst wäre das deutsche Dilemma ja gar nicht mehr zu ertragen, findet Achgut-Karikaturist Jan Tomaschoff. 
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19.08.2023 16:00
https://www.achgut.com/artikel/dating_mit_tom_das_gras_wachsen_lassen
Raus mit der Kohle!
...solange der Euro noch etwas wert ist. Schließlich spielen sogar schon die Öffentlich-Rechtlichen das End-Szenario der Währungsunion durch. FDP-Mann Frank Schäffler gibt konkrete Anlagetipps, während Wolfgang Schäuble sich um Kopf und Kragen redet. Ich bereite meine Flucht vor. Im Video bei Welt Online.
David Harnasch
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13.07.2011 13:56
https://www.achgut.com/artikel/raus_mit_der_kohle
VW stellt Produktion selbst entwickelter E-Autos ein
Volkswagen verabschiedet sich – zunächst in seinem größten Markt China – von seiner eigenen E-Auto-Plattform. Künftig hübscht der Konzern chinesische Basis-Konstruktionen mit dem VW-Zeichen auf. Und so wird es auch hierzulande kommen. Chinesen, die sich kürzlich einen brandneuen Elektro-Volkswagen zugelegt haben, wundern sich sehr. Der seit Juli im Handel befindliche neue Volkswagen ID.Unyx wird nach nur wenigen Monaten mit Rabatten von 30 Prozent verramscht. Das Auto erweist sich als katastrophaler Verkaufsflop, vergleichbar dem Ford Edsel, dessen Unverkäuflichkeit 1957 bleibende Maßstäbe setzte und einen Krater mit einem Fassungsvermögen von zwei Milliarden Dollar hinterließ – auf heutige Kaufkraft umgerechnet. Der Grund für das aktuelle VW-Debakel: Das Auto kann weniger als die chinesische E-Auto-Konkurrenz, ist aber viel teurer und sieht obendrein aus wie Xi Jinping nach einer Woche Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas. Es ist ein "Verkaufs-Desaster", heißt es in diesem Video von "Electric Viking". Wer einen Volkswagen ID.Unyx zum ursprünglich aufgerufenen Start-Preis gekauft hat, bekommt von VW eine entsprechende Entschädigung in bar ausgezahlt, damit der Ruf nicht vollends ruiniert wird.  Als Ursache für die Marken-Katastrophe wurde vom VW-Managment nun die sogenannte Volkswagen "MEB"-Plattform identifiziert, die einst hoch gelobt wurde und deren Entwicklung viele Milliarden gekostet hat. Eine solche Plattform ist – neben der integrierten Batterie – technischer Kern und Basis eines jeden E-Autos. Die MEB-Plattform sollte eigentlich Kernstück aller Volkswagen Elektroautos sein, ist aber zu teuer, zu schwer und inzwischen auch veraltet. Allein in China wurden für Fahrzeuge in der MEB-Reihe für Dutzende Milliarden drei neue Megafabriken gebaut, jetzt wird die MEB-Plattform für alle zukünftigen E-Volkswagen eingestellt, ein Werk in Nanjing steht bereits auf der Kippe. Ursprünglich sollte der sogenannte MEB-Elektroauto-Baukasten erneuert werden ("MEB+"), doch nun kommt – zunächst in China – ein radikaler Schnitt: VW gibt seine eigene MEB-Plattform komplett auf. Stattdessen will man zwei unterschiedliche chinesische Plattformen einkaufen und umetikettieren, das heißt Volkswagen stellt in seinem bei Weitem wichtigsten Markt China (50 Prozent Anteil am Konzerngewinn) keine EV-(Electric Vehicle)-Basisfahrzeuge mehr her, weder für VW noch für Audi oder sonst eine Marke des Konzerns.  Stattdessen greift Volkswagen künftig auf die Plattform des chinesischen Herstellers Xpeng zurück. Die verwendet wie Tesla große Teile aus Metallguss, was Geld und Gewicht spart und die Unfallsicherheit erhöht (aber danach wird es richtig teuer, weil eine Reparatur mit normalen Werkstatt-Mitteln nicht möglich ist). Elektrische Audi werden in China hingegen auf eine Fremd-Plattform des staatlichen chinesischen Herstellers "SAIC" umgestellt. SAIC ist mit Abstand das größte chinesische Automobilunternehmen und schon länger Partner von VW. Die SAIC-Basis ist die gleiche Konstruktion, die auch in dem bereits in Deutschland erhältlichen elektrischen MG arbeitet, MG gilt hierzulande noch als britische Marke, gehört aber längst zum Staatskonzern SAIC. Auch ein Audi mit chinesischer Staats-Technik ist ein aparter Gedanke, der SAIC-Audi tritt sicherheitshalber ohne die vier chrakteristischen Ringe als Markenzeichen an – gibt’s da so was wie ein schlechtes Gewissen? Kurz gesagt: Wo Volkswagen oder Audi drauf steht, ist in China künftig kaum noch Volkwagen oder Audi mehr drin – zumindest bei elektrischen Fahrzeugen. Stellen Sie sich einfach einen VW-Golf vor, in dem Motor, Fahrgestell und Chassis aus China stammen – und im Übrigen auch bei Opel oder Fiat zu haben sind. Wer soll für solche austauschbare Ware künftig noch deutsche Apotheken-Preise bezahlen? In den hierzulande (ebenfalls so gut wie unverkäuflichen) Modellen VW ID 3/4/5/6/7 wird bis auf Weiteres die alte Plattform verbaut. "Gut genug für die Idioten", wie einst der große Conducator Ceaucescu angesichts des ersten Dacia ausrief. Das wird sich die ohnehin überschaubare E-Kundschaft vermutlich nicht bieten lassen. Denn den E-willigen Kunden bleibt ein einfacher Ausweg. Sie kaufen gleich einen Xpeng – gleichsam das Original. Früher oder später wird Volkswagen deshalb weltweit chinesische E-Auto-Technik verkaufen (müssen).   Der Volkswagen-Konzern schwört indessen Stein und Bein, dass chinesische Plattformen weiterhin nur in China zum Einsatz kommen sollen. Will sagen: Der Rest der Welt – und damit auch die Deutschen – sollen teurere, schwerere und damit schlechtere E-Autos kaufen als die Chinesen, damit der VW-Betriebsrat und die IG-Metall beruhigt sind. Wer's glaubt, wird selig. Die deutschen E-Auto-Standorte (und nicht nur die E-Standorte) sind so gefährdet wie die Serengeti, bevor Grzimek sich ihrer annahm. Volkswagen kann sein Versprechen, keine VW-Autos aus China zu importieren, aufgrund des hierzulande von Herzstillstand heimgesuchten E-Marktes derweil umstandslos aufrechterhalten – und obendrein seine in blindem Gottvertrauen aufgebauten riesigen E-Auto-Kapazitäten mit der MEB-Basis zügig schrotten, weil die ja ohnehin keiner haben will. Das liegt ganz einfach daran, dass der hiesige Autofahrer preiswerte Diesel mit 1.000 Kilometen Reichweite gewohnt ist, respektive war, also die doppelte Leistung eines E-Autos zum halben Preis. Das wahrscheinliche amtliche Endergebnis dieser Politik: Gewerkschaft glücklich (hat ja alles mitgemacht), Belegschaft kriegt Scheck vom Arbeitsamt, Reibach macht China, Klima gerettet, wir sind nicht pleite, hören nur auf zu produzieren, alle sind glücklich und gehen zu Fuß. Was VW da macht, ist im Prinzip nichts Neues, man nennt das "Badget Engineering". Der Begriff findet bisher schon in der Automobil- und Elektroindustrie sowie im Lebensmittelbereich Anwendung. Ein Produkt wird von einem Erstausrüster entwickelt und hergestellt. Der saß in Sachen Auto früher in Deutschland und wird künftig, wie sich jetzt überdeutlich zeigt, in China die Beine im Lotussitz übereinander verschränken. Eine selbstzerstörerische Politik der Zwangs-Autoelektrisierung und ein willfähriges und leider oft auch inkompetentes Managment exportieren den Kern der Wertschöpfung am einstmals deutschen Automobil in den fernen Osten. Zuhause bleiben die Brosamen, aber die Wurscht ist weg. Beim Badge-Engineering wird die Vermarktung des Produktes von einem oder mehreren anderen Unternehmen übernommen, deren „Ingenieurleistung“ sich darauf beschränkt, ihr Markenemblem (Badge) anzubringen. Und damit es weder für die Hersteller, die Belegschaft oder die Kunden einen Ausweg aus dieser misslichen Lage gibt, verbietet Europa ab 2035 den Verbrenner-Motor – bei dem man dem Rest der Welt derzeit noch überlegen ist. Sollte die deutsche Autoindustrie endlich erfolgreich gemeuchelt worden sein, wird der Verbrenner wiederkehren – und dann ebenfalls aus China anreisen, wahlweise aus den USA oder der Türkei, die zwar nahe, aber außerhalb der EU liegt. VW baut dort bereits den neuen Bulli – nicht selbst, sondern in einem Werk von Ford.   Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber der Achse des Guten
Dirk Maxeiner
Volkswagen verabschiedet sich – zunächst in seinem größten Markt China – von seiner eigenen E-Auto-Plattform. Künftig hübscht der Konzern chinesische Basis-Konstruktionen mit dem VW-Zeichen auf. Und so wird es auch hierzulande kommen.
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27.11.2024 06:25
https://www.achgut.com/artikel/vw_stellt_produktion_selbst_entwickelter_e_autos_ein_/P21#comment_entries
Demokratie von unten, Verachtung von oben
Die Reaktionen auf die Brexit-Abstimmung in Großbritannien zeigen, wie schlecht es heute um jenen Wert bestellt ist, der neben der Freiheit die zweite tragende Säule der europäischen Idee ist: die Demokratie. Jener Kontinent, auf dem der Anspruch, dass Macht und Herrschaft im Staat vom Willen der freien und gleichen Bürgern ausgehen, in jahrhundertelangen blutigen Schlachten den hiesigen Tyrannen, Diktatoren und selbstermächtigten Eliten abgerungen wurde, erlebt zur Zeit die große Stunde der Demokratiemiesmacher und -relativierer. Eigentlich wäre das Ergebnis der Brexit-Abstimmung die Gelegenheit, über die künftige Gestalt Europas ohne Tabus zu diskutieren und die Probleme der EU schonungslos auf den Tisch zu legen. Stattdessen üben sich Vertreter von Politik und Medien in Realitätsflucht, Wählerbeschimpfung und kleingeistigem Schulmeistertum. „Referenden sind Mist“, tweetet Freitag-Verleger Jakob Augstein als unmittelbare Reaktion auf das Abstimmungsergebnis. Auch die SZ ist sich sicher, Referenden seien kein taugliches Mittel, um über komplexe nationale Fragen abzustimmen. „Dieses Referendum war keine Übung in Demokratie – es war eine Demonstration in der Kunst der Manipulation“, heißt es in einem Kommentar der Deutschen Welle. Man kann leicht Dutzende weitere Beispiele in deutschen Leitmedien finden. Immer lauter werden zudem die Stimmen von Politikern und Kommentatoren überall auf dem Kontinent, die darüber nachdenken, wie man den demokratisch gewollten Brexit doch noch verhindern könnte. Dabei kann man das britische EU-Referendum als ein Fest der Demokratie begreifen. Nicht nur in Großbritannien, sondern überall in Europa. Ja, die offizielle Wahlkampfrhetorik beider Seiten setzte auch auf Feindbilder und Angstmache. Aber dennoch wurde selten zuvor so ernsthaft und leidenschaftlich im Familien- und Freundeskreis über zentrale politische Fragen diskutiert, wie viele britische Beobachter berichteten. Gerade in einer Zeit, in der der produktive Meinungsstreit auf der klassischen parteipolitischen Bühne zunehmend erodiert und sich die Gesellschaft mehr und mehr in Kleingruppen zersplittert, ist dies ein ermutigender Impuls für eine Revitalisierung des demokratischen Prozesses von unten. Die Demokratie wurde auf die Straße zu den einfachen Leuten zurückgeholt, die aufgefordert waren, über die Zukunft ihres Gemeinwesens zu entscheiden, und von dieser Aufforderung rege Gebrauch machten. Die Wahrbeteiligung war mit deutlich über 70 Prozent die höchste im 21. Jahrhundert. Am Ende stimmten 1,2 Millionen Briten mehr für „Leave“ als für „Remain“. Anstatt das Abstimmungsergebnis als Ausdruck des Mehrheitswillens des britischen Volkes zu respektieren oder wenigstens zu fragen, wie damit konstruktiv, im Sinne eines friedlichen und kooperativen Europas umzugehen wäre, zeigt sich eine frappierende Hilflosigkeit der politischen Eliten. Sie sind unfähig, mit dem überraschenden, nicht ins Schema passenden Ergebnis souverän und kreativ umzugehen. Wenn etwa EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker als Reaktion auf das britische Referendum fordert, die Euro-Währungsunion nun auszuweiten, oder EU-Parlamentspräsident Martin Schulz allen Ernstes behauptet, der Brexit sei keine Krise der EU, fragt man sich, ob man es hier mit übermäßiger Verblendung oder vielleicht einfach nur ausgeprägter Mittelmäßigkeit zu tun hat – große Zuversicht hinsichtlich der aktuell viel beschworenen Reformfähigkeit des Brüsseler Apparats wecken solche Aussagen zumindest nicht. Nicht zuletzt erweisen sich viele Brexit-Gegner als überaus schlechte Verlierer. In Zeitungskommentaren, Politikerverlautbarungen und sozialen Medien lassen sie ihren boshaften Unterstellungen und ihrer Verachtung gegenüber denjenigen, die in ihren Augen falsch abgestimmt haben, freien Lauf. Das elitäre Ressentiment entlädt sich in voller Wucht. Eine relativ kleine Schicht von in Medien, Politik und mediennahen Branchen tätigen Mittelschichtsangehörigen, die sich als aufgeklärter, weltoffener, kultivierter und verantwortungsbewusster Teil der Gesellschaft begreifen, schimpft über die, denen sie, ohne sie persönlich zu kennen, solche zivilisierte Attribute absprechen. Die Brexit-Befürworter seien zu dumm, zu alt, zu weiß, zu männlich, zu proletarisch, nicht urban, fremdenfeindlich, schlecht gebildet, sozial frustriert, ökonomisch abgehängt, lebten in der Vergangenheit. Loser eben, die den Rechtspopulisten auf den Leim gegangen sind und die man als moderner kosmopolitischer Europäer eigentlich nicht ernst nehmen muss – und mit denen man vor allem auch nichts zu tun haben will. Das Kommentariat war sich schnell einig, in welche Schublade man die angeblich so homogene Masse der Brexit-Befürworter zu stecken habe. Wie immer verraten solcherlei Vorurteile mehr über diejenigen, die sie mit sich herumtragen, als über die Realität. Diese ist facettenreicher. Klar, nahezu alle Ukip-Wähler und eine deutlich Mehrheit der Tory-Wähler haben für den Brexit gestimmt. Aber eben auch 37 Prozent der Labour-Wähler, 30 Prozent der Liberalen, jeder Vierte  Grünenwähler und sogar 36 Prozent der Wähler der Scottish National Party (Lord Ashcroft poll). Das überrascht nur auf den ersten Blick. Zwar hatte die „Leave“-Kampagne eine Übermacht der meisten Medienhäuser, von Vertretern multinationaler Konzerne und Banken, der NGO- und Stiftungsszene und nicht zuletzt der großen Mehrheit der etablierten Politik gegen sich. Dennoch wurde die Brexit-Kampagne nicht nur von Populisten wie Farage oder Opportunisten wie Johnson getragen, sondern von einem deutlich breiteren gesellschaftlichen Bündnis, das von linken Gewerkschaftsaktivisten über liberale Professoren bis hin zu Bürgerrechtlern reichte, also alle möglichen Menschen umfasste. Man sieht es auch beim Blick auf die Wahlkreisergebnisse. Während die weiße Working-Class im nordirischen Industriezentrum Belfast oder im schottischen Glasgow für „Remain“ gestimmt haben (u.a. weil sie in der Tendenz entweder schottischen Separatisten oder irischen Nationalisten zuneigen), haben die Wähler im reichen Südosten und Südwesten mehrheitlich für den Brexit gestimmt. Selbst im Europa zugewandten London haben 40 Prozent für „Leave“ gestimmt. Die Brexit-Befürworter sind zu gleichen Teilen Männer und Frauen. Die große Mehrheit der älteren Abstimmungsteilnehmer hat für „Leave“ gestimmt, die große Mehrheit der jüngeren für „Remain“. Viele Kommentatoren nahmen dies zum Anlass, der „Generation Rollator“ vorzuwerfen, sie hätte den Jungen aus irrationalen und egoistischen Motiven die Zukunft gestohlen. Kaum kritisch hinterfragt wurde die extrem niedrige Wahlbeteiligung bei den 18-24-jährigen - mit nur ca. einem Drittel so niedrig, wie in keiner Altersgruppe. Zum Vergleich: 80 Prozent der über 65-jährigen haben sich zur Verantwortung bekannt, über die Zukunft ihres Landes mitzubestimmen. Könnte diese Tatsache vielleicht auch ein wenig damit zu tun haben, dass die Generation, die das friedliche Nachkriegseuropa aufgebaut hat, besser als ihre oft als unpolitisch, strukturell konservativ und selbstbezogen beschriebene Enkelkindergeneration beurteilen kann, worum es bei der Abstimmung tatsächlich ging, und auch aus Sorge um die Zukunft ihrer Liebsten mehrheitlich Pro-Brexit gestimmt hat? Vielen Wählern diente die Abstimmung auch als Vehikel des Protests gegen ein als arrogant und abgehoben empfundenes politisches Establishment, von dem sie sich nichts Positives mehr versprechen. Es ist richtig: Der Politikverdruss war ein Faktor. Es ist allerdings falsch zu behaupten, hier seien ledliglich die antipolitischen Leidenschaften der „Leave“-Wähler von populistischen Rattenfängern gegen das allzu leichte Feindbild EU instrumentalisiert worden. Wie Nachwahlumfragen zeigen, ging es „Leave“-Wählern im Gegensatz zum „Remain“-Lager vor allem um grundsätzliche politische Fragen. Während bei den Remain-Befürwortern die Angst vor befürchteten ökonomischen Risiken eines Austritts am stärksten gewichtet wurde, führten Brexit-Befürworter ein prinzipielles Argument für die Demokratie ins Feld: Entscheidungen über Großbritannien sollten auch in Großbritannien getroffen werden (erneut Lord Ashcroft poll). Dies ist eine vernünftige Forderung. Sicher ist es richtig, dass die Kritik an den EU-Eliten heutzutage vor allem in solchen Kreisen schwer angesagt ist, mit denen man sich als freiheitlich und humanistisch denkender Mensch nicht gemein machen will – sei es Le Pen in Frankreich, Strache in Österreich, Petry in Deutschland oder eben Farage in Großbritannien. Aber sollte man sich jetzt aus Angst davor, von böswilligen oder oberflächlichen Zeitgenossen in die „rechte Ecke“ gedrängt zu werden, jegliche Elitenkritik und Kritik am himmelschreienden europäischen Demokratiedefizit verkneifen? Ist es nicht vielmehr so, dass die Parolen der Populisten gerade auch deshalb auf so viel Widerhall stoßen, weil ihre Kritik an den abgehobenen Institutionen in Europa berechtigt ist. Der technokratische und bürgerferne EU-Apparat hat sich in den letzten Jahren immer mehr zum Instrument der Spaltung zwischen den Völkern und innerhalb der Gesellschaften entwickelt. Selbst große Befürworter der EU geben zu, dass die Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene keinen Bezug zu den Wählern in den Mitgliedsländern haben. Entscheidungen werden in Hinterzimmern ausgeklüngelt, statt in der Öffentlichkeit zur Debatte gestellt zu werden. Gerade auf europäischer Ebene wurde dieser Politikstil im Laufe der letzten Jahre perfektioniert: Macht ohne Kontrolle, Verantwortung ohne Rechenschaftspflicht, Entscheidungen ohne Souverän. Vor dem Hintergrund dieser sehr realen Missstände verstehen es Leute wie Farage virtuos, den sehr berechtigten Unmut am antidemokratischen Charakter der EU mit ihren gestrigen Parolen gegen Einwanderer und für ein identitäres Verständnis von Nation und Kultur zu verbinden. Aber bei der Brexit-Abstimmung ging es nicht um die Frage, ob Farage der nächste Premier Großbritanniens werden soll. Es ging um eine klar definierte Sachfrage: Soll Großbritannien Mitglied der EU bleiben? Ja oder Nein? Glauben wir daran, die EU sei im Inneren zu reformieren oder gehen wir besser unseren eigenen Weg? Dies sind ernste und berechtigte Fragen, auf die das britische Wahlvolk letzten Donnerstag eine demokratisch eindeutige Antwort gefunden hat. Dabei wird Großbritannien auch nach einem Brexit mit ziemlicher Sicherheit ein weltoffenes und tolerantes Land bleiben. Es ist eine Beleidigung der britischen Wähler zu behaupten, sie hätten sich alle von Farages Botschaften den Verstand vernebeln lassen und ihr Kreuzchen Pro-Brexit gemacht, weil sie generell ein Problem mit Polen oder Deutschen hätten oder dem Empire hinterhertrauern würden. Nicht zuletzt handelt es sich bei der Erzählung über die angeblich so leicht verführbaren Massen um das wohl älteste anti-demokratische Vorurteil, das in vergangenen Jahrhunderten immer wieder von reaktionären Kräften ins Spiel gebracht worden ist, um die Rechte einfacher Menschen einzuschränken. Es ist eine traurige Ironie der Brexit-Debatte, dass gerade viele linke und liberale Kommentatoren in den Medien und vor allem in den Sozialen Medien, denen die Missstände in der EU nicht selten sehr bewusst sind, bei ihrer Geringschätzung jener angeblich so unaufgeklärten Massen, die den Brexit ermöglich hätten, plötzlich so einig sind. Frappierend ähnlich sind die Vorurteile von Linken und Liberalen, die doch sonst kaum eine Gelegenheit auslassen, sich gegenseitig schlechte Absichten zu unterstellen und sich wahlweise als „Sozialisten“ oder „Neoliberale“ zu diskreditieren. Der Dissens scheint hier vor allem in der Frage zu liegen, welche „aufgeklärte“ Clique möglichst unbehelligt von den Zumutungen des dummen Volkes das Sagen haben soll. Nur: Was sollen das für „Eliten“ sein, die für sich in Anspruch nehmen, es besser zu wissen, aber gleichzeitig einer argumentativen Auseinandersetzung mit denjenigen, über die sie bestimmen wollen, aus dem Weg gehen, wo sie nur können? Solange gerade die sich selbst als im weitesten Sinne als fortschrittlich verstehenden politischen Kräfte ihr Problem mit der Demokratie und noch mehr dem Demos nicht klären, sollten sie sich nicht darüber wundern, wenn Themen wie Europa weiterhin von den Rechtspopulisten abgegrast werden. Wo bleibt die progressive EU-Kritik? Aber Selbstkritik (Vielleicht waren unsere Argumente nicht gut genug? Vielleicht haben wir uns nicht genug angestrengt, die Zweifler zu überzeugen?) der Anti-Brexit /Pro-EU-Seite ist kaum zu hören. Stattdessen hadert man unisono mit dem Prinzip der Volkssouveränität, der realen und ideellen Grundlage der Demokratie. Liberale kritisieren die „Mehrheitsdiktatur“ und fordern, die Sieger müssten Kompromisse mit den Besiegten eingehen, Linke verweisen darauf, dass die Welt nun mal viel zu komplex für einfache Ja-Nein-Entscheidungen sei. Im Endeffekt läuft es auf das gleiche hinaus: Beide vorgeblich fortschrittlichen Lager ziehen das Recht der Bevölkerung in Zweifel, unmittelbar gesellschaftliche Richtungsentscheidungen treffen zu dürfen, weil sie sich lieber an den Status Quo klammern wollen. Jeder auf dem Kontinent, dem Demokratie etwas bedeutet, sollte jetzt die Mehrheitsentscheidung des britischen Volkes gegen diejenigen Kräfte verteidigen, die sie relativeren oder ignorieren wollen. Der Brexit ist nicht der Anfang vom Ende eines offenen und kooperativen Europas. Im Gegenteil: Er bietet die Chance auf echten Wandel und Veränderung. Die Zeit der „Alternativlosigkeit“ ist vorbei. Zulange spielte der Demos in Europa nur eine untergeordnete Rolle. Als im Jahr 2005 die Franzosen und die Niederländer in Volksabstimmungen gegen die EU-Verfassung stimmten, wurden ihre Voten ignoriert. Als die Iren 2008 gegen die Lissaboner Verträge votierten, wurden sie genötigt, erneut abzustimmen – und wurden gleichzeitig unter massiven moralischen und ökonomischen Druck gesetzt, dies beim zweiten Mal im Sinne des gewünschten Ergebnisses zu tun. Selbstverständlich sind auch die europäischen Nationalstaaten keine perfekten Gebilde. Viele der demokratischen Probleme auf EU-Ebene sind das Ergebnis der Verantwortungslosigkeit nationaler Eliten. Es geht hier nicht darum, einem romantischen und rückwärtsgewandten Nationalismus das Wort zu reden. Aber auf nationaler Ebene haben die Menschen die Möglichkeit, ihre Regierungen abzuwählen, wenn ihnen die Ergebnisse nicht passen, und neue, bessere Alternativen zu wählen. Diese Wahlmöglichkeiten haben die Menschen im gegenwärtigen EU-System nur sehr eingeschränkt. Eine Revitalisierung des politischen Prozesses ist zurzeit nur auf nationaler Ebene möglich. Sollte der im Brexit-Votum ausgedrückte Wille des britischen Volkes nicht umgesetzt werden, würde dies einen weiteren schweren Rückschlag für die Demokratie auf dem Kontinent bedeuten. Es wäre eine erneute Botschaft an die einfachen Menschen, dass sie sich aus der Politik gefälligst herauszuhalten haben, weil sie zu blöd, fremdenfeindlich oder affektgetrieben oder was auch immer sind. Nachdem die Brexit-Abstimmung entschieden ist, beginnt nun die viel wichtigere Schlacht um die Demokratie. Jeder Demokrat – unabhängig von seiner Meinung zum Brexit - sollte hier klar Stellung beziehen. Johannes Richardt ist Novo-Redaktionsleiter wo dieser Text zuerst erschien.. Er studierte Geistes- und Sozialwissenschaften und ist Gründungsmitglied des humanistischen Think-Tanks Freiblickinsitut e.V. mehr
Johannes Richardt
Es geht nicht darum, einem romantischen und rückwärtsgewandten Nationalismus das Wort zu reden. Der Brexit bietet die Chance auf echten Wandel in Europa. Die Voraussetzung dafür: Menschen, die sich selbst als progressiv betrachten, müssen endlich ihr gestörtes Verhältnis zur Demokratie hinterfragen.
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01.07.2016 16:00
https://www.achgut.com//artikel/demokratie_von_unten_verachtung_von_oben
Wer hat’s gesagt? (Auflösung)
Von Klaus Kadir. Unter dem Titel „Wer hat’s gesagt?“ konfrontieren wir Sie am Sonntagmorgen mit einem prägnanten Zitat – und Sie dürfen raten, von wem es stammt. Sie sind außerdem herzlich eingeladen, Ihre Vermutungen in der Kommentarspalte zu verewigen. Eine Auswahl bekannter Namen wird Ihnen dabei jeweils helfen. Zitat: „Diese Angriffe auf Polizisten sind auch das Ergebnis der Hetze des Berliner Senats, (...) die permanente Unterstellung, Polizisten seien rassistisch und gewalttätig.“ Wer hat's gesagt? (1) Gerhard Schneider, Bischof und gelernter Banker (2) Prof. Dr. Sucharit Bhakdi, scharfer Kritiker der Corona-Impfungen (3) Rainer Wendt, Polizeigewerkschaft (4) Friede Springer, hatte einst ein Vorstellungsgespräch im Hamburger Grotiusweg 79 (5) Julian Reichelt, Ex-BILD-Chef. Verweigert der GEZ die Zwangsgebühren aus Protest gegen antisemitische Programmbeiträge des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. (6) Frank Heppner, Koch. Wäre beinahe Kantinen-Chef bei einer Reichsbürger-Regierung geworden. (7)  Peter Heppner, besang gemeinsam mit Jochen Witt die Flut   Auflösung: Rainer Wendt. Quelle: Bild Online.
Gastautor
Von Klaus Kadir. Unter dem Titel „Wer hat’s gesagt?“ konfrontieren wir Sie am Sonntagmorgen mit einem prägnanten Zitat – und Sie dürfen raten, von wem es stammt. Heute: „Diese Angriffe auf Polizisten sind auch das Ergebnis der Hetze des Berliner Senats, (...) die permanente Unterstellung, Polizisten seien rassistisch und gewalttätig.“
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31.12.2023 15:45
https://www.achgut.com//artikel/wer_hats_gesagt_Angriffe_auf_Polizisten_aufloesung
Kein Durchbruch bei Gaza-Verhandlungen in Doha - Blinken reist ab
US-Außenminister Antony Blinken hat seine Nahost-Reise beendet, ohne einen Durchbruch in den Verhandlungen um ein mögliches Waffenstillstandsabkommen für Gaza und Befreiung der Geiseln erreicht zu haben. Kurz vor seinem Abflug aus Doha rief Blinken die Beteiligten auf, eine Einigung "jetzt über die Ziellinie" zu bringen. Offensichtlich sollten die Verhandlungen, die unter Vermittlung von Katar und Ägypten stattfanden, also weitergehen. Doch danach sah es nicht aus: Das US-Magazin Politico berichtete am Mittwoch, der geplante Deal stehe kurz vor dem Scheitern und berief sich dabei auf zwei US-amerikanische und zwei israelische Regierungsvertreter. Zuvor hatte Blinken in Doha gesagt, dass sich Israel mit dem Abzug der israelischen Streitkräfte aus Gaza einverstanden erklärt habe. "Die Vereinbarung ist sehr klar, was den Zeitplan und die Orte des Abzugs der israelischen Streitkräfte aus Gaza betrifft, und Israel hat dem zugestimmt", sagte Blinken. Israels Premier Netanjahu hatte aber gegenüber Familienangehörigen der verschleppten Geiseln und getöteten Opfer des Überfalls vom 7. Oktober gesagt, dass zumindest zwei Korridore in Gaza aus strategischen Gründen unbedingt von der israelischen Armee gehalten werden sollten. Die Hamas wiederum hatte als Bedingung für ein Waffenstillstandsabkommen den vollständigen Abzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen gefordert. Die Palästinenser beklagten unterdessen, dass seit Beginn des israelischen Gegenschlags die Zahl der dadurch Getöteten mittlerweile auf über 40.100 gestiegen ist. Israel reagiert mit seinen Attacken auf den Überfall der Hamas vom 7. Oktober, als an einem Tag über 1.100 Menschen getötet und über 200 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. (Quelle: Dts-Nachrichten)
News-Redaktion
US-Außenminister Antony Blinken hat seine Nahost-Reise beendet, ohne einen Durchbruch in den Verhandlungen um ein mögliches Waffenstillstandsabkommen für Gaza und Befreiung der Geiseln erreicht zu haben.
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21.08.2024 09:30
https://www.achgut.com/artikel/kein_durchbruch_bei_gaza_verhandlungen_in_doha_blinken_reist_ab
Gefühlte Mehrheiten
Erfolgreiche Politiker haben ein Gefühl für Mehrheiten. Manchmal jedoch ist die gefühlte Mehrheit gar keine. Die Ergebnisse der empirischen Sozialforschung stimmen nicht mit immer mit der allgemein vermuteten Meinungslage überein. Dann setzt sich eine Position durch, weil alle glauben, die anderen wären dafür. Ein Beispiel für solche Diskrepanz erreichte uns aus Kanada. Das dortige Forschungsinstitut Abacus Data hat Briten, Deutsche, Franzosen, Italiener, Niederländer und Spanier nach ihrer Meinung zum Thema Robbenjagd befragt. Seit einem halben Jahrhundert prangern Tierschutzkampagnen die Jagd auf diese Meeressäugetiere an. Und jeder glaubt, alle seien dagegen. Stimmt aber gar nicht. Das Berufungsgremium der Welthandelsorganisation (WTO) befasst sich derzeit mit einer Beschwerde Kanadas gegen das Verbot der Einfuhr von Robbenprodukten. 2013 hatte die WTO entschieden, dass es rechtens sei, da es die „moralischen Bedenken“ der EU-Bevölkerung gegen die Robbenjagd repräsentiere. Abacus Data fand nun heraus: Es existiert gar keine prinzipielle Ablehnung gegen diese Jagd. Drei Viertel der Europäer finden die kommerzielle Nutzung von Tieren In Ordnung, sofern diese nicht grausam und die betreffende Art nicht bedroht ist. Fünf Prozent akzeptieren sogar alle Nutzungsformen ohne Einschränkung. Und nur 15 Prozent sind der Meinung, dass es grundsätzlich unmoralisch ist, Tiere zu töten. Das überrascht, denn wer die Realität via Fernsehen wahrnimmt, bekommt ein ganz anderes Bild: Europa erscheint dort als Kontinent der Veganer, in der Jagd, Landwirtschaft, medizinische Tierversuche und sogar Zoos unter Generalverdacht stehen und vehement abgelehnt werden. Noch überraschender ist, dass diese erstaunlich robuste Einstellung zur Jagd auch für die von vielen als besonders niedlich und schützenswert empfundenen Robben gilt. Nur eine Drittel der Europäer ist grundsätzlich dagegen, auch diese Tiere zu nutzen. Die Mehrheit findet, Robben dürfen durchaus gejagt, gegessen und vermarktet werden. Kein Mensch hätte auf dieses Ergebnis gewettet. So eindeutig erschien die Einstellung der großen Mehrheit. Es wäre interessant, auch andere vermeintliche Konsensthemen zu überprüfen. Vielleicht kommen noch mehr Überraschungen zutage. Erschienen in DIE WELT am 20.06.2014  
Maxeiner & Miersch
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21.06.2014 21:18
https://www.achgut.com/artikel/gefuehlte_mehrheiten
Flächenverbrauch: 7 Windkraftanlagen = 1 Startbahn West
Rupert Reiger Berechnen wir mal den Flächenbedarf von Windkraftanlagen: Von hier http://gegenwind-starnberg.de/der-landkreisweite-plan/wieviele-windrader/ ergibt sich: Die maximale Anzahl der möglichen Windräder ergibt sich aus der Größe der jeweiligen Fläche, dem Rotordurchmessers der geplanten Windkraftanlagen und der Windrichtung. In der Hauptwindrichtung müssen die Windräder einen Abstand von etwa dem 8fachen des Rotordurchmessers zueinander haben, sonst “beschatten” sie sich gegenseitig. In West-Ost-Richtung ergibt sich daher bei einem Rotordurchmesser von 100m ein Abstand von 8 mal 100 = 800 Meter. In Nord-Süd-Richtung reichen 500 Meter Abstand. Aus diesen Bedingungen ergibt sich ein Flächenbedarf für ein Windrad in Form einer Ellipse. Das gibt pro Windkraftanlage: 800 m mal 500 m = 400000 m2 Oder 0,8 km mal 0,5 km = 0,4 km2. Gut, man kann das noch korrigieren, da man Ellipsen dichter packen kann: Wer will, sehe die Bildchen von hier (andere mögen‘s glauben): http://blog.kleinproject.org/?p=1338&lang=de dann http://blog.kleinproject.org/wp-content/uploads/2012/05/sphere_carre_triangle.png Die 0,8 km mal 0,5 km = 0,4 km2 ergeben sich für den Fall Dass die Dichte der Kreisscheiben gleich 0,7853 ist. Die richtige Dichte der Kreisscheiben ist aber gleich 0,9069. So ist der Flächenbedarf geringer also mit 0,7853 / 0,9069 zu korrigieren. Somit ergibt sich als Flächenbedarf pro Windkraftanlage (Modellanlage von oben): 0,4 km2 mal 0,7853 / 0,9069 = 0,35 km2. Dass es sich dann um Ellipsen und nicht um Kreise handel tut nichts zur Sache, da man die Kreise durch Scherung in die Ellipsen umwandeln kann und die Scherung eine Abbildung ist, bei der jeglicher Flächeninhalt und somit auch deren Verhältnisse erhalten bleiben. So jetzt haben wir’s zum ersten: Der Flächenbedarf unserer Modell-Windkraftanlage ist 0,35km2. Jetzt gehen wir mal dahin: http://de.wikipedia.org/wiki/Startbahn_West Ja, das Ding nennt sich „Startbahn 18 West“: Dagegen gab’s ja mal jede Menge Proteste. Die ist 4000 m lang und geschätzte 600 m breit. Daraus ergibt sich ein Flächenverbrauch von 4 km mal 0,6 km = 2,4 km2. Sooo und jetzt kommt’s, jetzt rechnen wir mal das „Startbahn West Äquivalent für Windkraftanlagen“ aus: Auf die Startbahn West brächte man somit 2,4 km2 / 0,35km2 = 6,86 unserer Modell-Windkraftanlagen. Nachdem die Fläche der Startbahn West abgeschätzt war, brechen wir uns nichts ab den Wert auf 7 aufzurunden. Dem Flächenverbrauch der Startbahn West entspricht also der von 7 Windkraftanlagen. Gut, man mag noch sagen, da ist ein Unterschied ob Kühe drauf weiden und vom subsonischen Schall die Euter massiert kriegen oder Flugzeuge starten aber erst mal ist es so. Also jetzt haben wir‘s: Das „Startbahn West Äquivalent für Windkraftanlagen“ = 7
Gastautor
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07.04.2013 21:13
https://www.achgut.com//artikel/flaechenverbrauch_7_windkraftanlagen_1_startbahn_west
Auf der Spur der Schwarzen Brüder
Armut ist zweifelsfrei nicht das Erste, was bei einem Aufenthalt am Lago Maggiore ins Auge sticht. Wenn bei Bucherer in Locarno die Brillis im Schaufenster funkeln, dass man davon fast Kopfschmerzen bekommt; wenn in den Chocolaterien das sattbraune, duftende Hüftgold lockt und in den Grotti, den lokalen Restaurants, die Vorspeisen bei 25 CHF anfangen (Kastaniencrespelle mit Ziegenkäse und Tessiner Berghonig), fällt einem der Begriff Armut nicht so ohne weiteres ein. Und doch war die Armut hier lange Zeit ein Thema, um die Ecke in den schwer zugänglichen Tälern, dem Centovalli, dem Maggia- und dem Verzascatal. Die Bergwelt hier ist einsam und herzzerreißend schön, wilde Flüsse und Wasserfälle stürzen gnadenlos zu Tal und sorgen für Canyonlandschaften, die den Vergleich mit Montana und Arizona allemal aushalten.  Die türkisblaue Verzasca hat man mittlerweile durch einen 220 m hohen Staudamm am unkontrollierten Überlaufen gehindert. Auch aus anderen Gründen wird das Verzascatal das „Wildeste Tal der Schweiz“ genannt. Das ist nicht nur dem unverständlichen italienischen Dialekt mit seinen verschluckten Endvokalen und seinen für das Romanische gänzlich unüblichen Umlauten zu verdanken – die Berge, im Italienischen sonst „monti“, heißen hier in einer Art Plattitalienisch „mött“. Das von tief abfallenden, felsigen Bergen umgebene Wildwassertal ist ein Refugium für seltene Tier- und Pflanzenarten, wie die blau-grüne Smaragdeidechse, die aussieht, als käme sie direkt vom Amazonas; die unter Umständen tödlich giftige Aspisviper und riesige Greifvögel. Wer sich eine Vorstellung davon machen will, wie einfach die Bewohner dieser Täler einmal lebten, muss nur einen Blick auf ihre Häuser, die „Rustici“ werfen. Kommt man geradewegs aus dem kunstbeflissenen Ascona oder dem mondänen Locarno, könnte die Überraschung beim Anblick dieser Urbauten kaum größer sein. Etwa so, als käme man aus Manhattan herüber nach New Jersey, um festzustellen, dass die Bewohner dort noch im Pfahlbau leben. Aus roh zurechtgehauenem, graugeflecktem Felsgestein aufgeschichtet, drängen sich die urtümlichen Häuschen dicht an dicht in den Dörfern zusammen, auf den ersten Blick eher beklemmend als malerisch. Als die ersten Höhlenbewohner auf die Idee kamen, sich doch vielleicht eine auf die Dauer etwas komfortablere und weniger feuchte Wohnstatt selbst zu konstruieren, dürften diese Behausungen ungefähr so ausgesehen haben wie die Tessiner Rustici. Über einer simplen, einstöckigen Konstruktion durabler Stützbalken werden die flachen Steine nahezu lichtdicht zu vier Wänden mit maximal zwei winzigen Fensterluken aufgeschichtet. Und zwar als Trockenmauerwerk, will sagen ohne Mörtel, was ich als Tochter eines Maurer- und Fliesenlegermeisters einfach nicht kapieren kann. Oben wurde geschlafen, unten gekocht und gelebt, im Winter beschränkte man sich auf unten, weil es oben zu kalt war. Aber das Ganze hielt. Sogar mehrere hundert Jahre lang. Das Leben dieser Bergbauern bestand in einfachster Subsistenzwirtschaft. Ein Maisfeld, ein kleiner Weinberg, ein Obst- und Gemüsegarten, ein paar Ziegen. Die Verzascana nera, die schwarze Verzascaziege, ist mittlerweile durch Nachzucht wieder zu bewundern. Die Glücklichsten konnten es sich leisten, ein Schwein zu mästen, das zu Anfang des Winters geschlachtet wurde und für ein Jahr für Wurst und Schinken sorgte. Die krümelige weiße Schicht auf der echten Tessiner Salami – lerne ich bei dieser Gelegenheit – besteht übrigens aus veritablem Schimmel. Grundnahrungsmittel war Polenta, berühmt war „Mazzafam“, der Hungertöter aus Kartoffel-Polentamischung. Hinzu kamen die Edelkastanien, die einem bei Wandern nur so um die Füße rasseln und sich im Oktober beinahe schaufelweise einsammeln lassen. Was man auch tun sollte, denn kreuzweise angeschnitten und drei Minuten in der Mikrowelle geröstet, schmecken sie köstlich mit kühlem Weißwein. In vergangenen Jahrhunderten waren sie noch kein Snack, sondern überlebenswichtig – man buk aus ihrem Mehl Brot und Kuchen, die köstlichen Früchte landeten in Suppen und Eintöpfen, all das wird heute noch betrieben und ist absolut empfehlenswert. Man ließ überhaupt nichts aus, was die Natur hergab, fing Forellen und Singvögel, sammelte Beeren und Pilze. Sobald aber eine Dürre- oder Regenperiode die Ernten bedrohte, war die Not im Nu groß. Riesengroß. Denn dann brachen nicht nur Hunger und im schlimmsten Falle Seuchen aus, dann schlug die Stunde skrupelloser, von keinerlei Moral belasteter Menschenhändler. Diese zogen durch die bitterarme Region und handelten den verzweifelten Bauern ihre Söhne ab, je schmächtiger und jünger, desto besser. Für eine einmalige Ablösesumme und ansonsten nur Kost und Logis wurden die Knaben nach Mailand verfrachtet, um dort Kamine zu kehren, eine ungesunde, ja mörderische Arbeit in sklavenartigen Verhältnissen. Viele Eltern sahen ihre Söhne niemals wieder. Die Schriftstellerin Lisa Tetzner hat diesen Stoff im Jugendbuchklassiker „Die Schwarzen Brüder“ verarbeitet, und verfilmt wurde er mit Moritz Bleibtreu in der Hauptrolle des Schurken Antonio Luini. Das Buch hat ein Trost spendendes Ende: Der verloren geglaubte Sohn kehrt als junger Lehrer mit seiner Frau ins Verzascatal zurück, gründet die erste Schule und macht sich stark für den Straßenbau, der den Fortschritt bringen soll. In der Realität ließ die neue verkehrstechnische Erreichbarkeit die Menschen in Scharen aus den engen Tälern fliehen, weil das Leben einfach zu hart war. Das „Museo dello Spazzocamino“, das Schornsteinfegermuseum, erinnert noch heute an diese pechschwarzen Zeiten. Heute sind die einst menschenleeren Täler vom Tourismus belebt, vom Wohlstand erhalten und bestens in Schuss. Die Rustici, winterfest gemacht, schick ausgebaut und mit jedwedem Komfort der Neuzeit einschließlich W-Lan ausgestattet, sind beliebte Feriendomizile und selbst Wohnhäuser für Schweizer, die auf allzuviel Platz verzichten können. Die Täler sind ein begehrter Tummelplatz der Sportler und Wochenendausflügler; Paraglider, Biker, Wanderer, Kletterer, Paddler, Schwimmer und Sonnenbader sind unterwegs. Die ganz Mutigen springen von der bezaubernden zweibogigen Brücke über die Verzasca bei Lavertezzo etliche Meter in die Tiefe, die völlig Durchgeknallten lassen sich am Bungeeseil vom 220 m hohen Staudamm herunter fallen. Dennoch, wenn man die Dorfplätze mit ihren Kieselsteinbelag betritt, mit den grauen Rustici und den Brunnen, die wie Einbäume aus ausgehöhlten Felsquadern bestehen, dann steht die Zeit so still wie nur irgend möglich. Von Antje Sievers erscheint aktuell in der Achgut Edition das Buch Tanz im Orient-Express – Eine feministische Islamkritik  
Antje Sievers
Armut ist zweifelsfrei nicht das Erste, was bei einem Aufenthalt am Lago Maggiore ins Auge sticht. Und doch war die Armut hier lange Zeit ein Thema, um die Ecke in den schwer zugänglichen Tälern, dem Centovalli, dem Maggia- und dem Verzascatal. Gab es eine Missernte, hungerten die Bauern und die Menschenhändler kamen.
article
01.10.2018 16:00
https://www.achgut.com/artikel/auf_der_spur_der_schwarzen_brueder
“Dieser Islam gehört nicht zu Deutschland!”
Dieser Islam der Unterwerfung, der fehlenden Kritikfähigkeit gehört in der Tat weder zu Deutschland noch zu Europa. Immanuel Kant hat vor mehr als 200 Jahren dazu aufgefordert, den eigenen Verstand ohne fremde Anleitung zu benützen. Genau dies sollten wir Muslime auch in Bezug auf den Islam tun. Wir sollten hier in Europa nicht Angst haben, weder den Islam sowie die Tradition des Propheten zu kritisieren noch den Propheten selber. In der Sure 18:110 heisst es: «Ich bin auch nur ein Mensch wie ihr», deshalb darf der Prophet auch kritisiert werden. Der Freiburger Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi über zweierlei Lesarten des Koran.
Fundstück
Dieser Islam der Unterwerfung, der fehlenden Kritikfähigkeit gehört in der Tat weder zu Deutschland noch zu Europa. Immanuel Kant hat…
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26.08.2016 13:03
https://www.achgut.com/artikel/fundstueck_dieser_islam_gehoert_nicht_zu_deutschland
Wenn sich’s radioaktiv länger lebt…
„Studien haben gezeigt, dass tiefe Strahlungsdosen die Lebensspannen von Tieren und Menschen verlängern.” Mit dieser klaren Aussage zweier renommierter Fachleute provoziert die Basler Zeitung in einen Artikel über die Wirkung von radioaktiver Strahlung. Nun, so richtig neu ist das nicht für diejenigen, die sich dafür interessieren, doch für Fakten interessiert sich hierzulande kaum einer, schon gar nicht, wenn es um Radioaktivität geht. Dabei gibt es belastbare Hinweise über den Hormesis-Effekt auch bei Radioaktivität. Zitat aus dem Artikel der Basler Zeitung: „Ein unerwartetes Ergebnis zeigte auch eine Untersuchung in Taiwan, wo ab 1982 etwa 10.000 Menschen einer stark erhöhten Strahlung ausgesetzt waren. Der Grund war, dass Stahl, der im Hausbau eingesetzt wurde, wegen eines Industrieunfalls durch strahlendes Cobalt-60 versetzt war. Die Strahlung, die die Betroffenen in ihren Wohnungen während Jahren abgekommen haben, war im Schnitt etwa so stark wie diejenige, die anfänglich in der Sperrzone um das AKW Fukushima herrschte. Die Auswertung zeigte aber, dass die Betroffenen signifikant seltener an Krebs litten als die übrige Bevölkerung Taiwans. Zudem gab es weniger Fälle angeborener Missbildungen. 2010 kam der ukrainische Medizinwissenschaftler Alexander Vaiserman in einer Übersichtsarbeit zum Schluss, dass der gesundheitliche Nutzen massvoller ionisierender Strahlung (zu der auch radioaktive Strahlung zählt) in mehr als 3.000 Studien nachgewiesen wurde. Es gibt mittlerweile viele Strahlenbiologen, die überzeugt sind, dass massvolle Radioaktivität für Menschen von Vorteil sein könnte.“ Mir liegt es fern, für höhere Radioaktivität in der Umwelt zu plädieren, auch nicht aus gesundheitlichen Gründen, es geht nur darum, der Hysterie der „Atomängstlichen” ein paar Fakten entgegenzustellen. Leider ist es doch auch hier so, dass mit Vorsorge mehr Schaden angerichtet wird, insbesondere im Schüren von Ängsten, als mit der kühlen Betrachtung von Phänomenen, beispielsweise der Wirkungsweise von ionisierender Strahlung. Dieser Beitrag erschien zuerst auf Quentin Quenchers Blog Glitzerwasser
Quentin Quencher
Radioaktive Strahlung gilt in Deutschland als das reine Teufelszeug. Es kommt allerdings wie immer auf die Dosis an. Mir liegt es fern, für höhere Radioaktivität in der Umwelt zu plädieren, auch nicht aus gesundheitlichen Gründen, es geht nur darum, der Hysterie der „Atomängstlichen” ein paar Fakten entgegenzustellen. Und viele medizinische Studien zeigen, dass massvolle radioaktive Strahlung nicht unbedingt lebensbedrohlich sein muss, ganz im Gegenteil.
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14.01.2018 14:30
https://www.achgut.com//artikel/wenn_sichs_redioaktiv_laengner_lebt
Ausgestoßene der Woche: Von Storch und den Mann beim Namen nennen
Weil Beatrix von Storch in einer Bundestagsrede das Grünen-MdB Tessa Ganserer bei seinem bürgerlichen Vornamen Markus nannte und korrekt als Mann bezeichnete, kassierte sie – nein, diesmal keinen Kot, sondern – Ordnungsrufe von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau. „Wann ist ein Mann ein Mann?“, frug Grönemeyer einst. Vielleicht, wenn es sich gemäß seinen Genen und sogar laut Bundespersonalausweis um einen solchen handelt? Dass das nicht reicht, musste unlängst die AfD-Politikerin Beatrix von Storch erfahren. Weil sie in einer Bundestagsrede das Grünen-MdB Tessa Ganserer bei seinem bürgerlichen Vornamen Markus nannte und korrekt als Mann bezeichnete, kassierte sie – nein, diesmal keinen Kot, sondern – Ordnungsrufe von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau. Die AfD-Vizefraktionsvorsitzende habe „gegen die Würde nicht nur dieses Hauses verstoßen“, so die frühere FDJ-Funktionärin Pau. Von Storchs Einspruch mit Verweis auf das Personenstandsrecht wurde Ende letzter Woche vom Bundestag abgeschmettert – einstimmig gegen die AfD. Wenn das geplante, Selbstbestimmungsgesetz getaufte, Regelwerk in Kraft treten sollte, könnte es bis zu 10.000 Euro Bußgeld kosten, wenn man einen Transsexuellen bei seinem früheren Geschlecht beziehungsweise Vornamen nennt. „Genau dafür ist das Gesetz!“, bestätigte der sogenannte Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), durch einen Zwischenruf in selbiger Bundestagsdebatte. Das nennt sich Offenbarungsverbot, wobei in Ganserers Fall diese Umstände bereits seit Jahren offenbar sind. 1.000 Euro muss von Storch, übrigens auf den Spuren Herbert Wehners die Ordnungsruf-Königin des Bundestags, allerdings bereits jetzt zahlen. Da sie sich aus der Sitzung heraus in den sozialen Medien über das Vorgehen der amtierenden Präsidentin Pau mokiert habe, bekam sie nämlich ein Ordnungsgeld aufgebrummt. Dieses wurde 2021 eingeführt; das Hohe Haus agiert inzwischen auch als ordinäres Ordnungsamt. Während Ganserers Parteifreund, der frühere Vizekanzler Joschka Fischer, vom Bundestag nicht unter seinem Spitznamen, sondern immer unter seinem eingetragenen Vornamen als Joseph Fischer geführt wurde, gilt für den Abgeordneten Tessa Ganserer das kontrafaktische Gegenteil. Hier besteht ein Unterschied zu seiner transsexuellen Fraktionskollegin Nyke Slawik, die im Rechtssinne eine Frau ist und aufgrund ihrer Hormonbehandlung (medizinisch) sowie ihres Auftretens (sozial) auch als solche durchgeht. Des Ganserers neue Kleider sind da schon von ganz anderem Kaliber. Mann ist Frau, Bußgeld ist Selbstbestimmung, und Tatsachen verstoßen gegen die Würde des Hauses. Anaïs Duplan, genetisch wie dem Vornamen nach eine Frau, geht wiederum mit dem Pronomen „er“ durchs Leben (Vorher-Nachher-Vergleich). Die US-Amerikanerin haitianischer Herkunft arbeitet als Schriftstellerin und Dozentin für woke Literaturwissenschaft an einem College; außerdem hat sie mehrere Ausstellungen kuratiert. Als Qualifikation hierfür springt am ehesten die in der zeitgenössisch-linken Identitätspolitik willkommene Mischung aus dunkler Hautfarbe und Transidentität hervor. Das Essener Folkwang-Museum hat Duplan jetzt allerdings den Stuhl vor die Tür gesetzt. Ihre Mitwirkung als Gastkuratorin an einer heute beginnenden Ausstellung mit dem Titel „Wir ist Zukunft. Visionen neuer Gemeinschaften“ wurde letzte Woche mit sofortiger Wirkung beendet, auf Duplans Ausstellungsteil zum „Afrofuturismus“ müssen die Besucher verzichten. Der Direktor des Kunstmuseums, Peter Gorschlüter, teilte ihr als Grund mit, dass einige ihrer Instagram-Posts zu Gaza und Israel „inakzeptabel“ seien. Nicht die Hamas, sondern Israel wird dort verurteilt, und – wenig verwunderlich – auch noch die antisemitische BDS-Bewegung unterstützt. Laut Website erfolgte die Trennung „ausschließlich aus Gründen der persönlichen Parteinahme des Kurators für die Kampagne des BDS, die das Existenzrecht Israels in Frage stellt“. Natürlich traut sich das Museum nicht, das angebliche Geschlecht Duplans infrage zu stellen. Das erinnert im Kleinen an den Documenta-Skandal 2022, als man sich ebenso wenig für „einen gestandenen Kurator oder eine renommierte Kunsthistorikerin“ (NZZ) entschied, sondern ein fragwürdiges indonesisches Kollektiv beauftragte. Die deutsche „Kulturlinke“ manövriert sich in solche Situationen treffsicher selbst hinein. Letztes Jahr erhielt das Folkwang-Museum übrigens einen Preis für die Anschaffung eines Porträts, das Dr. h.c. mult. Greta Thunberg abbildet – wenn auch nur bedingt schmeichelhaft. Am vergangenen Dienstag hätte Prof. Neven Sesardić beim Institutskolloquium der Psychologie an der TU Chemnitz gesprochen, wäre ihm nicht abgesagt worden. Der kroatische Philosoph war zu einem Vortrag über den Begriff des Rassismus eingeladen worden, auf Initiative des am Institut tätigen Bildungsforschers Prof. Heiner Rindermann. Rindermann hatte 2010 bestätigt, dass Thesen des Achgut-Autors Thilo Sarrazin „im Großen und Ganzen mit dem Kenntnisstand der modernen psychologischen Forschung vereinbar“ waren und 2015 vor Problemen der Masseneinwanderung gewarnt. Nun hatte vor einem halben Jahr ein Vortrag des Cambridge-Philosophen Nathan Cofnas bei ebenjenem Institutskolloquium für „einige Erregung bei den Studierenden, Vertreter*innen des Mittelbaus und einigen Professoren“ hervorgerufen, wie das Institut intern verlautbarte. Der amerikanisch-jüdische Cofnas gehört nämlich zu den Kritikern des Wokeismus und pflegt Umgang mit Leuten wie Achgut-Gastautor Jordan Peterson. Seine Thesen waren offenbar einigen am Institut zu viel, und so kam es im Falle Sesardić zu einer Abstimmung im Institutsvorstand, ob man sich den auch noch zumuten wollte. Sesardić, der den Vorgang gegenüber Achgut bestätigt, hat als Wissenschaftler in Jugoslawien gegen den Marxismus aufgemuckt und ist auch später während seiner akademischen Laufbahn in anderen Ländern mit herrschenden Narrativen in Konflikt geraten. In Chemnitz wollte er unter anderem die These vertreten, dass die Unterrepräsentation von Angehörigen mancher ethnischer Gruppen in bestimmten Positionen nicht zur Gänze auf deren Diskriminierung zurückzuführen sei, sondern zumindest teilweise auf deren Merkmale – man denke an Intelligenz. Außerdem könne es in „manchen Situationen“ gerechtfertigt sein, so Sesardić, „einzelne Mitglieder dieser Gruppen allein aufgrund dieser Gruppenzugehörigkeit anders zu behandeln“. Dies widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes, so eine der Rückmeldungen von Professoren aus dem Institutsvorstand. Außerdem habe es bei dem von Sesardić vorgelegten Abstract seines geplanten Vortrags „deutliche Hinweise auf Verstöße gegen die allgemeinen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis“ sowie die „spezifischen Regeln des Instituts für Psychologie“ gegeben, teilt der Geschäftsführende Direktor des Instituts, Prof. Stefan Brandenburg, Achgut mit. Das bleibt etwas vage. Bei den Rückmeldungen ist an einer Stelle davon die Rede, Sesardić verweise auf seiner Website „auf Paper (eigene und fremde), die zum Teil inzwischen nicht mehr zugänglich sind“, was problematisch sei. Inhaltlich wird ein „diskriminierender Ansatz“ kritisiert, und dass der Wissenschaftler racial profiling befürwortet. Racial profiling heißt: Die Polizei hält in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof verstärkt nach nordafrikanisch aussehenden jungen Männern Ausschau, ohne das gleiche Augenmerk auf die 80-jährige Frau Schmitz mit ihrem Rollator zu richten. Außerdem „beschreibt sich [Sesardić] selbst als Dissidenten, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, aus seiner Sicht falsche Ansichten der westlichen Wissenschaftswelt zu wiederlegen [sic!]“, dies ließe „eine ergebnisoffene und vielfältige Diskussion der kontroversen Thesen […] sehr wenig wahrscheinlich erscheinen“. Jemand, der etwas widerlegen möchte, in der Wissenschaft? Ein Dissident in der ehemaligen Karl-Marx-Stadt? Wo kämen wir denn da hin? Schließlich votierten von neun stimmberechtigten Professoren fünf gegen den Vortrag, nur zwei dafür. Direktor Brandenburg weist darauf hin, „dass es durchaus normal ist, dass nicht jeder eingereichte Vortragswunsch in wissenschaftlichen Veranstaltungen auch in der gewünschten Form Berücksichtigung findet“. Anders der Einlader Rindermann zu Achgut: „Ich bin seit 2010 Professor in Chemnitz und in dieser Zeit gab es nie eine Abstimmung im Institut, ob ein Vortrag genehmigt […] wird. Es wurde auch noch nie jemand wieder ausgeladen.“ Denkbar wäre noch ein Auftritt Sesardićs in Rindermanns eigenem Kolloquium. Ebenfalls für Dienstag war eine Veranstaltung mit Patrik Baab an der Anita-Lichtenstein-Gesamtschule im rheinischen Geilenkirchen vorgesehen. Der als prorussisch geltende Journalist, aus dieser Kolumne bereits bekannt, hätte aus seinem Buch Auf beiden Seiten der Front über den Ukrainekrieg lesen sollen. Daran störte sich unter anderem Martin Walther, Mitglied der FDP am anderen Ende der Republik, in Dresden, und schickte Mails an Schule und Schulaufsicht. Dem Didaktischen Leiter der Gesamtschule zufolge lässt sich Baab „in Sendungen und Podcasts einladen […], die mit den politischen und gesellschaftlichen Werten unserer Schule nicht vereinbar sind“. Der Schulleiter wiederum kennt Baab und hält ihn für integer, möchte aber nicht, „dass die Veranstaltung von Menschen gekapert wird, die wir hier an unserer Schule nicht haben wollen“. So kam es zu einer kurzfristigen Absage der Lesung. Dass die Ausstrahlung des österreichischen Senders AUF1 im deutschen Satellitenfernsehen auch Behörden ein Dorn im Auge ist, habe ich Ihnen anlässlich des Sendestarts im September berichtet. Vor zwei Wochen war von möglicher technischer Sabotage die Rede. Vergangene Woche hat die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der deutschen Landesmedienanstalten den Stecker gezogen. Es verstoße gegen den Medienstaatsvertrag, dass die deutsche „Lizenznehmer“-GmbH des Kanals Sendezeit an die in Österreich ansässige Betreiber-GmbH von AUF1 verkaufe. Dies sei eine „verbotene Themenplatzierung“ und damit „unzulässige Programm-Einflussnahme“. Im Internet bleibt der Sender weiterhin präsent. Zurück zum Thema Krieg in Gaza. Am Rockland Community College im Bundesstaat New York wurde die Studentin Madeline Ward für den Rest des Studienjahres suspendiert. Ward hatte bei einer pro-israelischen Zusammenkunft auf dem Campus anlässlich des Hamas-Terrors durch das Rufen von Slogans wie „From the river to the sea…“ auf sich aufmerksam gemacht. Sie bezeichnet sich als „anti-zionistische jüdische Aktivistin“. Der Bürgerrechtsorganisation FIRE zufolge habe dieser „Auftritt“ nur wenige Sekunden gedauert und dürfe daher nicht als Störung betrachtet werden, sondern sei legitimer Ausdruck verfassungsrechtlich garantierter Meinungsfreiheit an staatlichen Hochschulen. Die Verantwortlichen des College hatte Ward außerdem damit gegen sich aufgebracht, dass sie E-Mail-Adressen von Personal öffentlich verbreitete, das daraufhin wüste E-Mails erhielt. Sie ist nun „Persona non grata“ mit Hausverbot auf dem Campus. Umgekehrt geht es selbstverständlich ebenso. John Strauss, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der University of Southern California in L.A., muss für den Rest des Semesters seine Lehrveranstaltungen online abhalten. Der 72-jährige Jude Strauss hatte, als er am 9. November (!) an einer propalästinenschen Aktion auf dem Campus vorbeiging, Hamas-Terroristen als Mörder bezeichnet, die alle getötet gehören. Das Video verbreitete sich in einer verkürzten Form, aus der nicht hervorging, dass Strauss nur die Hamas meinte und nicht etwa alle Gaza-Bewohner oder alle Palästinenser, wie ihm unterstellt wurde. Es kam zu formellen Beschwerden – man habe sich durch einen einzelnen alten (weißen) Mann bedroht gefühlt – und einer Petition wegen „rassistischen, fremdenfeindlichen Verhaltens“ seitens des Hochschullehrers. Ursprünglich war Strauss sogar mitgeteilt worden, er werde (unter Fortzahlung seiner Bezüge) suspendiert. Nun darf er seine beiden Lehrveranstaltungen via Zoom durchführen. Immerhin: Eine Petition, die seine vollständige Wiedereinsetzung fordert, hat bisher mehr Unterschriften erhalten als die seiner Gegner. IBM, Apple, Disney und andere Konzerne haben ihre Werbeschaltungen bei Twitter beendet beziehungsweise pausiert. Hintergrund ist die Kritik einer NGO, dass die Werbeposts dort auch vor beziehungsweise hinter rechtsextremen Tweets auftauchen. Ob sich dies auf technischem Wege befriedigend vermeiden lässt, wenn die Plattform unter ihrem Eigner Elon Musk weiterhin mehr Meinungsfreiheit zulässt als in der jüngeren Vergangenheit, ist die Frage. Musk wird zudem Antisemitismus unterstellt, weil er jüdischen Organisation wie der Anti-Defamation League vorwirft, das Problem der Judenfeindlichkeit zu sehr bei westlichen weißen Mehrheiten zu sehen – statt bei gewissen Minderheiten. Die Methode, durch Herbeiführung eines Anzeigenboykotts finanziellen Schaden bei missliebigen Medien anzurichten, ist Achgut aus eigener Betroffenheit nur zu vertraut. Und so endet der allwöchentliche Überblick des Cancelns, Framens, Empörens, Strafens, Umerziehens, Ausstoßens, Zensierens, Denunzierens, Entlassens, Einschüchterns, Moralisierens, Politisierens, Umwälzens und Kulturkämpfens. Bis nächste Woche! Ein Archiv der Cancel Culture in Deutschland mit Personenregister finden Sie unter www.cancelculture.de. Um auch weniger prominente Betroffene aufnehmen zu können, sind die Betreiber der Webseite auf Hinweise angewiesen. Schreiben Sie ihnen gerne unter [email protected].
Christoph Lövenich
Weil Beatrix von Storch in einer Bundestagsrede das Grünen-MdB Tessa Ganserer bei seinem bürgerlichen Vornamen Markus nannte und korrekt als Mann bezeichnete, kassierte sie – nein, diesmal keinen Kot, sondern – Ordnungsrufe von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau.
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24.11.2023 10:00
https://www.achgut.com/artikel/ausgestossene_der_woche_beatrix_von_storch_und_mann_beim_namen_nennenden_/P49#comment_entries
Der Schattenkrieg hat längst begonnen
Mit gigantischen Rüstungsprogrammen bereitet sich Europa auf einen russischen Großangriff im Jahr 2030 vor. Doch genau damit spielt der Westen dem Kreml in die Hände – in einem Schattenkrieg, der längst begonnen hat. Das Ringen um die Ukraine hat eine zentrale Erkenntnis zutage gefördert: Militärische Konflikte zwischen Staaten werden heute nicht mehr auf dem Schlachtfeld entschieden. Nicht Panzer und Divisionen sind ausschlaggebend, sondern die Fähigkeit, die Widerstandskraft des Gegners von innen zu zersetzen. Genau das tut Russland – mit einem hybriden Krieg unterhalb der Schwelle offener militärischer Konfrontation. Sein Ziel: Europas Sicherheit, Institutionen, Gesellschaften und die transatlantische Koordination zu untergraben. Dieser Schattenkrieg, orchestriert von Diensten wie dem Militärgeheimdienst GRU, setzt auf gezielte Sabotageakte, verdeckte Operationen, Cyberangriffe, Desinformationskampagnen und politische Einflussnahme – nicht nur in Russlands Nachbarschaft, sondern tief im Inneren Europas. Nach außen behauptet der Kreml, keine Eskalation mit dem Westen anzustreben. Tatsächlich jedoch richtet sich ein systematischer Angriff gegen die Grundlagen europäischer Souveränität. Es ist ein Krieg gegen Leitungen, Kabel, Lagerhallen, Wahllokale – und gegen die Gewissheit, dass Frieden in Europa ein gesichertes Gut sei. Im strategischen Denken des Kremls nimmt die hybride Kriegsführung seit Jahren eine zentrale Rolle ein. Der Begriff „Aktive Maßnahmen“ stammt aus dem Arsenal des sowjetischen KGB – und wird heute, weiterentwickelt, von Putin und seinen Geheimdiensten erneut zur Anwendung gebracht. Ziel ist es, westliche Demokratien von innen heraus zu destabilisieren, ohne formal Krieg zu führen. Dabei setzt Moskau auf eine Mischung aus Desinformation, psychologischer Kriegsführung, verdeckter Einflussnahme, wirtschaftlicher Erpressung und physischer Sabotage. Was diese Strategie so gefährlich macht: Sie operiert bewusst unterhalb der klassischen Kriegsschwelle. Ein gekapptes Kabel hier, ein Brandanschlag dort, eine fingierte Demonstration, eine anonyme Drohung, ein Meme im Netz – jede einzelne Aktion bleibt schwer zuzuordnen, juristisch kaum greifbar, politisch oft zu geringfügig, um eine entschlossene Reaktion auszulösen. Doch in ihrer Summe entfalten diese Maßnahmen enorme strategische Wirkung. Sie erzeugen Unsicherheit, lähmen Abläufe, verunsichern Regierungen – und spalten Gesellschaften. Nach Einschätzung des Center for Strategic and International Studies (CSIS) ist zwischen Januar 2022 und März 2025 ein dramatischer Anstieg solcher Sabotageakte zu verzeichnen. Die Angriffe sind nicht länger punktuell, sondern systematisch. Sie richten sich gegen vier Hauptbereiche: Transport, kritische Infrastruktur, Industrie und Regierungsinstitutionen. Im Fokus stehen Länder, die Waffen an die Ukraine liefern, russische Oppositionelle schützen oder innerhalb der NATO eine Führungsrolle übernehmen. Die Auswahl der Ziele ist eindeutig politisch motiviert. Die eingesetzten Mittel reichen von Sprengsätzen, Bränden und Ankern über GPS-Störungen, Cyberattacken bis hin zu logistischen Manipulationen. Allein im Jahr 2024 dokumentierte das CSIS über 30 physisch wirksame Sabotageakte mit klarer oder hoher Wahrscheinlichkeit russischer Urheberschaft. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen – auch deshalb, weil viele Staaten bislang zögern, Russland offen zur Verantwortung zu ziehen.  Doch das eigentliche Ziel des Kremls ist nicht, einzelne Staaten militärisch zu bezwingen. Es geht darum, Misstrauen zu säen, Entscheidungsfähigkeit zu untergraben und die westliche Sicherheitsarchitektur schleichend zu erodieren. Der Gegner soll seine eigene Wehrhaftigkeit infrage stellen – und damit sein Handeln. Dieser Schattenkrieg ist ein Krieg um Handlungsspielräume. Hinter dieser verdeckten Offensive steht kein loses Netzwerk autonomer Gruppen, sondern eine zentral gesteuerte, bürokratisch präzise organisierte Maschinerie. Im Zentrum: der Militärgeheimdienst GRU. Dessen Struktur, Methoden und personelle Kontinuität reichen tief in die Tradition sowjetischer Nachrichtendienste. Der heutige GRU-Chef, Admiral Igor Kostjukow, untersteht direkt dem Generalstab. Die operative Umsetzung erfolgt über spezialisierte Einheiten – allen voran Einheit 29155 und Einheit 54654, zuständig für Subversion, Sabotage und Attentate. Einheit 29155 gilt als das schlagkräftigste Kommando im verdeckten Apparat. Ihr werden zahlreiche Operationen zugeschrieben – darunter die Vergiftung des ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal 2018 im britischen Salisbury, der Anschlag auf den Oppositionspolitiker Alexej Nawalny sowie der vereitelte Putschversuch in Montenegro 2016. Sie ist straff organisiert, verfügt über Auslandsstützpunkte, Tarnidentitäten und ein dichtes Netz verdeckter Agenten. Ihre Mitglieder operieren mit „teilweiser Legalisierung“ – sie halten sich legal im Zielland auf, agieren jedoch unter falscher Identität und ohne diplomatischen Status. Einheit 54654 hingegen ist für die Rekrutierung und Steuerung sogenannter „illegaler“ Agenten zuständig – also solcher, die mit vollständiger Legende und langfristiger Perspektive im Ausland operieren. Sie baut Netzwerke auf, rekrutiert über Frontfirmen, Universitäten oder Communitys im Ausland und setzt zunehmend auf nichtstaatliche Akteure: Kriminelle, Hacker sowie sogenannte „austauschbare Mittelsmänner“ – leicht ersetzbare lokale Helfer, die gegen Geld oder aus Überzeugung bereit sind, Sabotageakte auszuführen. Erst im März gerieten GRU-Agenten ins Visier des Militärischen Abschirmdienstes – doch ihre Spur verlor sich erneut. Neben dem GRU sind weitere Dienste aktiv: der Auslandsnachrichtendienst SWR (zuständig für klassische Spionage und Cyberangriffe), der Inlandsdienst FSB (für Grenzsabotage, Einflussoperationen und Gegenspionage) sowie das weitgehend unbekannte, aber hoch spezialisierte GUGI – das Hauptdirektorat für Tiefseeforschung. Letzteres konzentriert sich auf die Manipulation von Unterwasserinfrastruktur wie Internetkabeln, Pipelines und Stromtrassen. GUGI betreibt eigene U-Boote und Spezialschiffe – darunter die „Jaroslaw Mudryj“ und die „Loscharik“, ausgestattet mit modernsten Sensoren und Manipulationsarmen. Zunehmend agieren russische Einheiten auch über sogenannte Schattenflotten: zivile Tanker, Frachter oder Forschungskutter, deren Besitzverhältnisse verschleiert sind und die unter Flaggen von Drittstaaten fahren. Sie dienen nicht nur der Umgehung westlicher Ölsanktionen, sondern auch als Plattformen für technische Sabotage – etwa durch das „versehentliche“ Ziehen von Ankern über Glasfaserkabel, das Absetzen von Drohnen oder den verdeckten Agententransfer. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im digitalen Raum. Russische Cyberoperationen zielen längst nicht mehr nur auf Spionage, sondern zunehmend auf physische Effekte – etwa durch GPS-Störungen, Angriffe auf Schienennetze, Manipulation von Ampelsteuerungen oder das Lahmlegen logistischer Ketten. Besonders aktiv: die GRU-Einheiten 26165 und 74455, denen unter anderem der SolarWinds-Hack zugeschrieben wird, der weltweit über 18.000 Computersysteme kompromittierte. Die operative Tiefe dieser Aktivitäten ist bemerkenswert. Sie reicht von gezielten Attentaten – wie dem Mord am übergelaufenen Hubschrauberpiloten Maksim Kuzminow in Spanien – bis zu koordinierten Störaktionen gegen kritische Infrastruktur, etwa durch Brandanschläge auf Lagerhallen, Rüstungsbetriebe oder Energieanlagen. Besonders perfide: der Einsatz scheinbar harmloser Objekte. In Leipzig, Birmingham und Warschau explodierten präparierte Massagegeräte in DHL-Zentren – offenbar ein Testlauf zur Einschleusung brennbarer Substanzen in Frachtflugzeuge. Russlands Ziel ist dabei nicht maximale Zerstörung, sondern gezielte Irritation und Abschreckung. Es geht um Signale – nicht um Massenvernichtung. Jeder Angriff soll psychologische Wirkung entfalten. Und deutlich machen, dass alle Ziele zu jeder Zeit verwundbar sind. Die russischen Operationen verteilen sich keineswegs gleichmäßig über den Kontinent. Vielmehr lassen sich klare Schwerpunkte erkennen – geografisch entlang der östlichen NATO-Grenze, politisch in jenen Staaten, die Moskau als besonders feindlich einstuft: wegen ihrer Unterstützung für die Ukraine, ihrer strategischen Rolle im Bündnis oder ihrer Aufnahme russischer Dissidenten.  Vor allem Deutschland zählt zu den Hauptzielen russischer Sabotage. Als größte Volkswirtschaft Europas, führender Waffenlieferant an die Ukraine und sicherheitspolitischer Schlüsselstaat der NATO steht die Bundesrepublik systematisch im Fadenkreuz. Zuletzt richteten sich Angriffe gegen militärisch relevante Unternehmen wie Diehl Defence in Berlin, wo ein Großbrand mutmaßlich durch Brandstiftung ausgelöst wurde, sowie gegen Logistikzentren internationaler Speditionen wie DHL. Auch der Rüstungskonzern Rheinmetall war Ziel geplanter Anschläge – unter anderem dessen Vorstandsvorsitzender persönlich. Zudem enttarnten deutsche Sicherheitsbehörden verdeckte russische Agenten, die offenbar Anschläge auf US-Stützpunkte in Bayern vorbereiteten. Parallel stehen Kommunikationsnetze und Energieinfrastruktur dauerhaft im Fokus elektronischer und digitaler Angriffe. Die Kombination aus physischer Sabotage und psychologischer Abschreckung folgt einem klaren Kalkül: Deutschland soll verunsichert, wirtschaftlich geschwächt und politisch destabilisiert werden. Polen fungiert als logistisches Rückgrat der westlichen Ukraine-Hilfe – und ist entsprechend exponiert. Russische Operationen richten sich hier gegen Bahninfrastruktur, Versorgungsrouten und militärische Einrichtungen. Die Aufdeckung russischer Netzwerke, die Anschläge auf kritische Infrastruktur planten, sowie versuchte Online-Rekrutierungen polnischer Staatsbürger belegen die operative Tiefe der Angriffe. Hinzu kommen elektronische Störungen, darunter massive GPS-Interferenzen, die den Flugverkehr beeinträchtigten. Polnische Behörden meldeten zudem gezielte Cyberattacken auf Bahnsysteme und Regierungsnetze. Auch hier zeigt sich das hybride Prinzip: Physische und digitale Komponenten greifen ineinander. Estland, Lettland, Litauen und Finnland sind geostrategisch bedeutend – und zählen zu den entschlossensten Gegnern des Kremls in Europa. Entsprechend intensiv ist die hybride Bedrohung. In Finnland wurde ein Sabotageakt auf eine Gasleitung und ein Unterseekabel registriert; die Spur führte zu einem chinesischen Schiff mit russischer Besatzung. Zugleich setzte Moskau gezielt Migrantenströme als Druckmittel ein: Die gelenkte illegale Migration über die russisch-finnische Grenze zwang Helsinki 2023 zur Schließung sämtlicher Übergänge – ein Beispiel für die Instrumentalisierung humanitärer Schwächen zur politischen Eskalation. Auch im Baltikum verzeichneten die Behörden systematische Cyberangriffe, GPS-Störungen und physische Angriffe auf russische Exil-Oppositionelle. Russland nutzt die Region als Testfeld – für technische Kapazitäten ebenso wie für politische Grenzverschiebungen. Jede Lücke wird sondiert. Doch es gibt weitere Aktionsfelder. Der Westbalkan bleibt ein geopolitisches Schachbrett. Russland intensiviert dort seine Aktivitäten – insbesondere über Serbien und serbische Minderheiten in Bosnien und im Kosovo. In Bosnien unterstützt der Kreml offen separatistische Bestrebungen unter Milorad Dodik und gefährdet damit gezielt die fragile ethnische Balance des Landes. In Nordmazedonien, Montenegro und Bulgarien wurden mehrfach verdeckte russische Operationen aufgedeckt – von Putschplänen und Spionage bis hin zu Einflussnahme über Medien, NGOs und digitale Netzwerke. Ziel ist es, EU-Integrationsprozesse zu blockieren, antiwestliche Narrative zu stärken und innere Spannungen gezielt zu verschärfen. Trotz zahlreicher Warnsignale und aufgedeckter Operationen fällt die westliche Reaktion auf Russlands Schattenkrieg bislang zögerlich aus. Zwar wurden vereinzelt Agenten verhaftet, diplomatische Vertretungen geschlossen und Ermittlungen eingeleitet – doch die Reaktion bleibt dysfunktional. Anstatt sich gezielt auf die anhaltende Bedrohungen einzustellen, rüsten die Europäer massiv für einen großen Schlagabtausch auf.  Doch dass dieser je stattfinden wird, ist keineswegs sicher. Die NATO in Europa militärisch zu besiegen, ist ein Ziel, das Russland nicht erreichen kann. Das Bündnis verfügt über mehr als doppelt so viele Soldaten, viermal so viele Panzer, fünfmal so viele Kampfflugzeuge – und eine nahezu zehnfache Überlegenheit bei gepanzerten Fahrzeugen. Selbst mit gesteigerter Rüstungsproduktion und einem Aufwuchs auf 1,5 Millionen aktive Soldaten bleibt Russland militärisch klar unterlegen – nicht zuletzt wegen technologischer Defizite, fehlender Industrieintegration und mangelnder operativer Vernetzung. Deshalb zielt der Kreml darauf, die NATO politisch zu spalten. Putin bezeichnete das Bündnis im November 2024 als „offenen Anachronismus“ – und genau so soll sie aus russischer Sicht auch wirken: als dysfunktionaler Riese. Im Schattenkrieg spielt Moskau seine Stärken aus: Zentralisierung, klare Befehlsketten, flexible Mittelwahl. Dem gegenüber steht ein westliches System, das noch immer in Kategorien des Kalten Krieges denkt – und bei koordinierten, grenzüberschreitenden Reaktionen oft zu spät kommt. Hinzu kommt ein Paradox: Mit ihrer massiven Aufrüstung laufen die Europäer Gefahr, genau jenem Ziel zuzuarbeiten, das Moskau verfolgt – der inneren Destabilisierung. Besonders deutlich zeigt sich das am Beispiel Deutschlands. Zur Finanzierung des Rüstungspakets, das Teil des als „Sondervermögen“ deklarierten 1-Billion-Euro-Programms ist, wurde eine Grundgesetzänderung verabschiedet – noch durch einen bereits abgewählten Bundestag. Millionen Bürger empfinden dieses Vorgehen als undemokratisch.  Die Folgen sind dramatisch: Nur sechs Wochen nach der Wahl verlor die Koalition aus CDU und SPD in den Umfragen ihre parlamentarische Mehrheit – noch bevor überhaupt eine neue Regierung gebildet war. Ein solcher Vorgang ist in der Geschichte der Bundesrepublik ohne Beispiel – und zugleich eine Schwächung politischer Stabilität. Ganz im Sinne des Kremls. Ob mit dem Geld tatsächlich eine verteidigungsfähige Bundeswehr entsteht, ist fraglich (Achgut berichtete). Anstatt Milliarden in teils zweifelhafte Rüstungsprojekte zu lenken, sollten sich die Europäer auf die anhaltenden Zersetzungsmaßnahmen des Kremls einstellen. Denn je länger diese Realität verdrängt wird, desto größer wird die Gefahr.  Die Verteidigung Europas erfordert mehr als neue Panzerbrigaden und zusätzliches Personal. Neben klassischer Abschreckung kommt es vor allem auf Widerstandskraft gegenüber den vermeintlich weichen Mitteln hybrider Kriegsführung an. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: Russlands Schattenkrieg ist kein Begleitphänomen des Ukraine-Kriegs, sondern ein eigenständiges Schlachtfeld – und er wird bleiben, selbst wenn die Waffen in der Ukraine eines Tages schweigen. Wer heute nicht reagiert, riskiert morgen nicht nur Sabotageakte, sondern die schleichende Aushöhlung der politischen Ordnung Europas.   Dr. Christian Osthold ist Historiker mit dem Schwerpunkt auf der Geschichte Russlands. Seine Monographie über den russisch-tschetschenischen Konflikt ist in der Cambridge University Press rezensiert worden. Seit 2015 ist Osthold vielfach in den Medien aufgetreten.
Christian Osthold
Mit gigantischen Rüstungsprogrammen bereitet sich Europa auf einen russischen Großangriff im Jahr 2030 vor. Doch genau damit spielt der Westen dem Kreml in die Hände – in einem Schattenkrieg, der längst begonnen hat.
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14.04.2025 12:00
https://www.achgut.com/artikel/der_schattenkrieg_hat_laengst_begonnen/P56#comment_entries
Wenn Schwule ein Recht auf Leihmutterschaft fordern
Zwei schwule Männer aus der New Yorker Oberschicht verklagen ihre Versicherung, weil diese sich weigert, ihre Leihmutter zu bezahlen. Dabei agieren sie nicht nur schwulenfeindlich, sondern auch zutiefst frauenverachtend. Die Sendung „Talk im Hangar 7“ stand kurz vor dem Abbruch, als der katholische Publizist Christoph Zellenberg noch einen draufsetzte. Homosexualität sei in seinen Augen eine „Fehlentwicklung“, eine „Behinderung, wie es zum Beispiel eine Blindheit oder Querschnittslähmung“ sei. Harter Tobak, den der Moderator auch als solchen einordnete und somit die Sendung rettete. Ein Jahr später erweisen einflussreiche Homosexuelle sich selbst und anderen Schwulen ebenfalls einen Bärendienst. Nicholas Maggipinto und Corey Briskin (ex-stellvertretender Staatsanwalt in New York County) behaupten, dass die Versicherung sie diskriminiert, weil sie, wären sie biologische Frauen oder in einer heterosexuellen Beziehung, „Zugang zu den In-Vitro-Fertilisations-Leistungen hätten, auf die städtische Angestellte Anspruch haben“. Beide meinen allen Ernstes, dass ihnen „der Versicherungsschutz aufgrund einer Definition von Unfruchtbarkeit, die schwule Männer ausschließt, verweigert wurde“. Anders gesagt: Sie protestieren gegen die „Ungerechtigkeit“, nicht biologisch weiblich geboren zu sein. Beide klagen wegen „Diskriminierung“, weil sie schwule Männer sind. Sie wollen sich als behindert deklarieren lassen, um sich so Vorteile zu erschleichen. Das ist der Moment, in dem sich Homosexuelle für andere Homosexuelle schämen. Damit sind sie argumentativ auf dem Niveau von Christoph Zellenberg. Wie tief kann eine wohlstandsverwahrloste Gesellschaft sinken, dass formal hochgebildete Männer eine ganze Schwulenszene veralbern, die ohnehin und regelmäßig vor den realen Gefahren ihres Andersseins die Augen verschließt? Niemand hat ein Recht auf Fruchtbarkeit. Sonst könnten Frauen ohne Gebärmutter oder ältere Damen, Kinder, Sexualstraftäter und viele mehr diesen Anspruch erheben. Nach „Wohlstand für alle“ folgt nun „Leihmütter für alle“? Pünktlich zum Pride Month posieren zwei Homosexuelle, wieder aus New York, auf Instagram. Freudestrahlend stehen sie sich gegenüber. Im Hintergrund sieht man die hochschwangere Leihmutter. Sie ist gerade so zu sehen, dass man erkennt, sie stehe kurz vor der Entbindung, jedoch weit genug entfernt, dass man sie nicht als Person betrachten würde. Sie ist anonym, sie hat keinen Namen. Sie hat nur eines: einen dicken Babybauch. Ein anonymer Mensch mit Gebärmutter. Das Prinzip Leihmutterschaft ist zutiefst unethisch. Es degradiert Frauen zu reinen Gebärmaschinen. Zumeist arme Frauen stellen für Damen und Herren aus der Oberschicht ihren Körper zur Verfügung, damit diese ihren Babytraum verwirklichen können. Diese Objektivierung von Frauen hat etwas Animalisches. Wie der Zuchtbulle die Kuh besteigt und der Deckrüde die Hündin. Der weibliche Körper ist rein am Gebären des Kindes zweckgebunden. Diese Entmenschlichung erinnert an Peter Singers Präferenzutilitarismus. Diesem zufolge definieren sich Personen in Präferenzen. Präferenzen sind generelle, rationale und emotionale Interessen eines „Wesens“, wie der Philosoph es beschreibt. Die Präferenz der Leihmutter ist das Fremdgebären von Kindern. Singers Personenbegriff ist hochumstritten. Denn er definiert nicht Menschen, sondern Personen. Nach seinem Präferenzutilitarismus kann ein Menschenaffe eine „Person“ sein. Ein geistig Behinderter hat kraft seiner Einschränkung seinen Status als Person verwirkt. Und eine Leihmutter, die ihre Präferenz befriedet hat, könnte nach dieser Definition auch keine Person sein. So werden Frauen zu Objekten, die für andere Subjekte erzeugen sollen. Die Feministin Phyllis Chesler spricht hier völlig zu Recht von „reproduktiver Prostitution“ auf Kosten der Gesellschaft und zum Nachteil von Kindern, Eizellenspenderinnen und Leihmüttern. Der Akt des Austragens eines Kindes, die Schwangerschaft, wird als solcher versachlicht und damit zur Dienstleistung. Wollen wir in einer Gesellschaft leben, in der Sexarbeit als Arbeit gilt und Leihmutterschaft als Geschäft? Für den Erfolg sind Nicholas Maggipinto und Corey Briskin bereit, ihre eigene Identität zu missbrauchen. Natürlich bezeichnen sie sich als liberal und weltoffen und stehen für Frauenrechte, vorausgesetzt sie sind gratis zu erwerben und man muss sich nicht darum bemühen. Geht es aber um die eigenen Belange, den unerfüllten Kindeswunsch, muss schon mal eine Frau aus der Unterschicht, die wahrscheinlich keine andere Wahl hat, als ihren Körper für den Lebenstraum anderer zu vermieten, herhalten. Was soll schon groß schiefgehen? Ganz schlaue Menschen werden nun argumentieren, dass die Frauen das doch freiwillig machen – ein ähnliches Argument wie beim Thema Sexarbeit. Hier wird gern auf die Edelprostituierte hingewiesen, die im Chanel-Kostüm in Talkshows sitzt und fragt, was denn eigentlich das Problem an ihrer Tätigkeit sei. Wenn fünf Prozent für 95 Prozent sprechen, dann sind deren Aussagen genauso zu bewerten wie die Tatsache, dass fünf exakt 19-mal kleiner ist als 95. Sie ist nicht repräsentativ, nicht ein bisschen. In Deutschland kämpft vor allem die FDP mit Verve für Leihmütter. Frontfrau der Liberalen in Sachen Leihmutterschaft ist Katrin Helling-Plahr. Sie ist Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags und kreativ im Erfinden von Euphemismen. So nennt sie ihr Vorhaben „Leihmutterschaft aus Nächstenliebe“ beziehungsweise „altruistische Leihmutterschaft“ und verweist auf rührselige Geschichten aus der Ukraine. Aktivisten gegen Leihmutterschaft stellen dagegen klar: „Die altruistische Leihmutterschaft ist immer der Türöffner für die kommerzielle Leihmutterschaft und macht zudem etwas gesellschaftsfähig, das zutiefst unethisch ist. Der Handel mit Kindern wird so normalisiert!“ Damit steht die FDP, selbsternannte Europapartei, diametral zur Haltung der Europäischen Union: „Leihmutterschaft ist inakzeptable sexuelle Ausbeutung und Verletzung der Menschenwürde und der Menschenrechte“, erklärte das EU-Parlament in einer Resolution. Deutliche Worte aus Brüssel, die auch bei den Liberalen ankommen sollten.  So gesehen, sind beide Kläger ebenso schwulenfeindlich wie der katholische Publizist Christoph Zellenberg. Ob dieser auch noch frauenfeindlich ist, ist nicht bekannt. Das haben ihm wohl Nicholas Maggipinto und Corey Briskin voraus. Denn Leihmutterschaft ist reproduktive Prostitution, und Prostitution ist angewandte Frauenfeindlichkeit. Dieser Beitrag erschien zuerst auf Julian Marius Plutz' Blog Neomarius.
Julian Marius Plutz
Zwei schwule Männer aus der New Yorker Oberschicht verklagen ihre Versicherung, weil diese sich weigert, ihre Leihmutter zu bezahlen. Dabei agieren sie nicht nur schwulenfeindlich, sondern auch zutiefst frauenverachtend.
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04.08.2022 14:00
https://www.achgut.com/artikel/Wenn_Schwule_ein_Recht_auf_Leihmutterschaft_fordern/P21#comment_entries
Next in Line: Sudan
Benjamin Weinthal On Saturday, Iran’s Russian enablers jump-started the fueling of the Islamic Republic’s first nuclear power plant, Bushehr. While the U.S. State Department pooh-poohed Bushehr as not “a proliferation risk,” the spread of Iranian nuclear technology has already reached the radical Islamic regime in Sudan: According to an al-Jazeera report today, “Earlier this year, Iran offered to transfer nuclear technology to Sudan.” Sudanese president Omar Hassan al-Bashir, who is allied with Osama bin Laden and responsible for the genocide of 300,000 people in Darfur, plans to have an operational nuclear facility by 2020. http://www.nationalreview.com/corner/244532/spiraling-consequences-irans-nuclear-drive-benjamin-weinthal
Gastautor
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24.08.2010 11:06
https://www.achgut.com//artikel/next_in_line_sudan
Die Falschaussagen des Paul-Ehrlich-Institutes
Von Andreas Zimmermann. Auf seiner Seite „FAQ Coronavirus" bietet das Paul-Ehrlich-Institut ein wahres Füllhorn an Falschinformationen. Hier Beispiele der zahlreichen unwahren Behauptungen zum Thema mRNA-Impfstoffe. In der Diskussion um Corona-Maßnahmen und sogenannte Corona-Impfungen bemühen die Befürworter gerne die „Wissenschaft“ als Kronzeugen. Allerdings zeigen Recherchen mit schöner Regelmäßigkeit, dass „die Wissenschaft“ häufig etwas ganz anderes zeigt, als von offizieller Seite behauptet wird. Dass Politiker es mit der Wahrheit nicht ganz so genau nehmen, ist mit Sicherheit eine Binsenweisheit. Trotzdem ist es verblüffend, in welchem Ausmaß staatliche Stellen wie das Bundesgesundheitsministerium oder das Paul-Ehrlich-Institut Falschinformationen zum Thema Corona verbreiten. Ähnlich verblüffend finde ich allerdings, zu welchen geistigen Verrenkungen Befürworter der offiziellen Corona-Politik in der Lage sind. So enthielt ein Leserbrief auf einen meiner letzten Artikel, in dem ich einfach einmal die offiziellen „Corona-Zahlen“ verwendet habe, um zu zeigen, dass die sogenannten „Impfungen“ erhebliche Kosten verursachen, ohne einen messbaren Nutzen zu haben, die Behauptung, man können die Zahlen von 2020 überhaupt nicht mit denen von 2021 vergleichen. Das Problem ist nur: Entweder sind die Zahlen verlässlich, und das sollten sie auch sein, denn immerhin dienen sie als Grundlage für staatliche Maßnahmen, die in seit der Gründung der Bundesrepublik bisher nicht gekanntem Ausmaß in Leben und Freiheit der Bürger eingreifen. Dann ist es aber auch legitim, sie auszuwerten, wie ich es getan habe. Oder ich kann sie nicht auswerten, weil sie nicht verlässlich sind, aber dann können sie auch unmöglich als Grundlage für politische Entscheidungen dienen, und sämtliche auf dieser Grundlage beschlossenen Gesetze und Verordnungen wären null und nichtig. Tertium non datur. Wobei die Zahlen natürlich nicht verlässlich sind, wie sich ganz leicht zeigen lässt. Man muss dazu nur auf Our world in data den Verlauf der Fallsterblichkeit (case fatality rate) für Deutschland betrachten. Diese hatte am 23. Februar 2021 mit 5,70% ihren Höchstwert, knapp 1 Jahr später am 15. Februar 2022 mit 0,08% ihren Tiefstwert. In anderen Worten, laut diesen Daten soll die Fallsterblichkeit sich innerhalb eines Jahres um mehr als den Faktor 70 verringert haben – nachdem sie am 9. September 2020 noch 0,23% betragen haben soll, also innerhalb von etwas mehr als 5 Monaten um den Faktor 25 angestiegen sein soll. Innerhalb von 6 Wochen vom 23. Februar 2021 bis zum 6. April 2021 wäre sie dann übrigens von 5,70% auf 0,70%, gefallen, also ungefähr um den Faktor 8, und in einem ähnlichen Zeitraum vom 7. Januar 2022 bis zum 15. Februar 2022 von 1,12% auf den bisherigen Tiefststand von 0,08%, also um den Faktor 14. Ich denke, es erschließt sich jedem von selbst, dass es keinen Erreger mit solchen Schwankungen in der Letalität gibt – die zugrundeliegenden Daten sind schlicht und einfach Datenmüll. Und auf der Grundlage solcher Schrottdaten werden politische Entscheidungen getroffen. Die ganze Diskussion krankt aber nicht nur an einem völligen Mangel an belastbaren Zahlen, auch die Bedeutung von Begriffen wird gerne komplett verbogen. Dies lässt sich gerade in der durch die recht beunruhigenden Zahlen der Krankenkassen neu aufgeflammten Diskussion über Nebenwirkungen der „Corona-Impfungen“ beobachten. So wird von Impf- bzw. Impfpflichtbefürwortern in jüngster Zeit gerne ein Unterschied zwischen „Impfreaktion“ und „Nebenwirkung“ gemacht, wobei gleichzeitig behauptet wird, es gäbe fast nur erstere und diese wären erwünscht, weil sie anzeigen würden, dass das Immunsystem reagiert. Diese Unterscheidung treffen auch verschiedene regierungsamtliche Stellen, zumindest scheinbar. So findet man auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums einen Artikel mit dem Titel „Impfreaktionen und Nebenwirkungen nach einer Corona-Schutzimpfung“. Hier wird also im Titel eine Unterscheidung zwischen Impfreaktion und Nebenwirkung gemacht, eine Unterscheidung, die in einer Zwischenüberschrift noch einmal wiederholt wird: „Der Unterschied zwischen Impfreaktionen und Nebenwirkungen“. Liest man allerdings den Text, so findet sich eine doch deutlich andere Betrachtungsweise, nämlich folgende: „Laut Arzneimittelgesetz gelten bei Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch als sogenannte Nebenwirkungen.“ Und weiter unten findet man dann eine ganz andere Unterscheidung als in den Überschriften, nämlich die zwischen Impfreaktion und Impfkomplikation: „Das Robert Koch-Institut unterscheidet zwischen üblichen Impfreaktionen und sehr seltenen Impfkomplikationen.“ Noch etwas weiter unten werden dann Impfreaktionen und Impfkomplikationen explizit als Nebenwirkungen zusammengefasst: „Die häufigsten Nebenwirkungen (Impfreaktionen und eventuelle Impfkomplikationen) sind in den Aufklärungsmerkblättern des Robert Koch-Instituts festgehalten und dokumentiert.“ D.h., das RKI subsumiert Impfreaktionen ganz eindeutig unter Nebenwirkungen. Eine Irreführung ähnlich der des BMG findet sich auch im Titel des Artikels „Nebenwirkungen und Impfreaktionen“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Hier findet man unter Frage 8 „Sind Impfreaktionen wichtig für eine gute Immunantwort“ außerdem folgende widersprüchliche Aussagen: „Impfreaktionen signalisieren, dass sich der Körper mit dem Erreger auseinandersetzt: Das Immunsystem erkennt den Erreger beziehungsweise den Impfstoff als fremd, wird daraufhin aktiviert und bildet Antikörper.“ Ein paar Sätze später heißt es dann aber: „Das heißt: Auch Geimpfte, die keine spürbaren Impfreaktionen haben, haben einen guten Schutz vor dem Coronavirus aufgebaut.“ Wie man solche Widersprüche problemlos in ein Dokument schreiben kann, erschließt sich mir zugegebenermaßen nicht. Im Übrigen ist es natürlich Unsinn, dass Nebenwirkungen gewünscht wären, denn selbst auf der des Querdenkens sicher unverdächtigen Wikipedia weiß man zum Thema Impfungen „Die Nebenwirkungen der heute amtlich empfohlenen Impfungen sind in der Regel so gering, dass sie nicht oder als nicht wesentlich wahrgenommen werden.“ Das scheint auf die sogenannten Coronaimpfungen nicht wirklich zuzutreffen, denn laut oben verlinktem Artikel des BMG berichten 50% der mit modifizierter RNA (dazu unten mehr) Injizierten von Kopfschmerzen, 30% von Muskelschmerzen und immerhin noch 10% von Fieber – alles Nebenwirkungen, die wohl jeder, der daran leidet, durchaus wahrnehmen dürfte. Dass es sich dabei tatsächlich ganz offiziell um Nebenwirkungen handelt und es eben keine Unterscheidung „Impfreaktion vs. Nebenwirkung“ gibt, kann man auch ganz einfach z.B. der Packungsbeilage des Pfizer-BioNTech-„Impfstoffs“ entnehmen. Hier gibt es nämlich lediglich die Kategorie „Nebenwirkungen“ – mit 57 Treffern, während die Suchfunktion für den Begriff „Impfreaktion“ genau 0 Treffer liefert. Interessanterweise findet man unter der Kategorie „Häufige Nebenwirkungen: kann bis zu 1 von 10 Behandelten betreffen“ die Nebenwirkung Erbrechen – ohne Zweifel eine Nebenwirkung, die von Betroffenen ganz sicher „nicht oder als nicht wesentlich wahrgenommen“ wird. Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Behauptung, die beobachteten Nebenwirkungen der Injektionen mit modifizierter RNA würden eine gewünschte Reaktion des Immunsystems anzeigen, schon vor einer Weile durch Tierversuche widerlegt wurde. In Wirklichkeit handelt es sich um Entzündungsreaktionen, mit denen der Körper auf die toxischen Bestandteile der Lipidnanopartikel reagiert, wie an Versuchen mit Labormäusen klar gezeigt wurde. Die ganze Diskussion um „Impfreaktionen sind keine Nebenwirkungen“ ist wohl ein reines Ablenkungsmanöver, um vom verheerenden Nebenwirkungsprofil der „Impfstoffe“ abzulenken. Und dies ist keineswegs der einzige Fall, in dem staatliche Stellen schlicht Falschinformation verbreiten. Deshalb nun zu einer Auswahl an Falschinformationen, die von offiziellen Stellen verbreitet werden. Ein wahres Füllhorn hierfür bietet das PEI auf seiner Seite FAQ Coronavirus. Natürlich sind nicht alle Informationen auf der Seite des PEI falsch, aber das Ausmaß an Falschinformation, das sich in den Antworten auf die diversen, angeblich häufig gestellten Fragen (von wem eigentlich? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es allzu viele Menschen gibt, die das PEI z.B. mit der Frage „Wie genau läuft ein Rolling-Review-Verfahren von COVID-19-Impfstoffen ab?“ kontaktieren) findet, ist schon enorm. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit findet sich im Folgenden, nach Fragen geordnet, eine Auswahl an nachweisbaren Falschinformationen. Wohlgemerkt, und nur um Missverständnisse vorzubeugen, das PEI ist nach eigener Beschreibung weder eine Werbeagentur der Pharmaindustrie noch die Marketingabteilung von Pfizer. Nach eigenen Angaben arbeitet es nach folgenden Leitprinzipien: „Seit den Anfängen des Einsatzes biologischer Arzneimittel in Therapie und Prophylaxe vor mehr als einhundert Jahren spielt das Paul-Ehrlich-Institut, zunächst mit anderem Namen unter der Leitung des Nobelpreisträgers Paul Ehrlich selbst, eine wesentliche Rolle bei der Kontrolle der Sicherheit und Wirksamkeit biologischer Arzneimittel.“ (Hervorhebung von mir) Alle Fragen und Antworten des PEI finden sich hier. Die Fragen sind von mir vollständig, die Antworten des PEI (beides in Anführungszeichen) ausschnittweise wiedergegeben. Und natürlich habe ich nicht alle 109 Fragen eingehend recherchiert, sondern nur die, bei denen bereits ohne Recherche Falschinformationen ersichtlich sind. Es handelt sich also keineswegs um eine vollständige Auflistung aller Fehlinformationen durch das PEI. Frage 2: „Warum können COVID-19-Impfstoffe so schnell zugelassen werden und zugleich sicher sein?“ „Damit ein Impfstoff eine Zulassung erhalten kann, muss seine Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit belegt werden. Zudem muss sein Nutzen gegenüber den Risiken deutlich überwiegen. Auch COVID-19-Impfstoffe werden nach diesem Prinzip entwickelt und zugelassen.” Diese Behauptung ist falsch. Wie gezeigt wurde, war die Gesamtmorbidität bereits in der Zulassungsstudie in der „Impfgruppe“ höher als in der Kontrollgruppe, d.h. „Geimpfte“ hatten eine höhere Wahrscheinlichkeit, krank zu sein als die Mitglieder der Kontrollgruppe. Eine Effizienz wurde lediglich in Bezug auf die Häufigkeit mindestens eines Erkältungssymptoms mit positivem PCR-Test auf SARS-CoV-2 festgestellt. „Die wirksamste Möglichkeit, die Pandemie einzudämmen und sich selbst vor COVID-19 zu schützen, sind Impfstoffe.“ Diese Behauptung ist ebenfalls falsch. Die globalen Corona-Fall- und -Todeszahlen sind von der Impfkampagne völlig unbeeinflusst, wie ich vor kurzem gezeigt habe. Dass die sogenannten Impfungen keinen Einfluss auf die „Fallzahlen“ haben, hat sich sogar bis zur „Kommission zur gesamtstaatlichen COVID-Krisenkoordination (GECKO)“ herumgesprochen, die den österreichischen Bundeskanzler (wer auch immer das heute gerade ist) berät. Ich zitiere aus deren Bericht vom 18.02.2022: „Nach allen bisherigen wissenschaftlichen Ergebnissen schützt weder eine oder mehrere durchgemachte Infektionen noch einer der Impfstoffe auch nach mehrmaliger Verabreichung eine bestimmte, einzelne Person zuverlässig und langfristig gegen Infektion und Transmission des Virus.“ Man kann aber auch eine von zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen nehmen, in denen gezeigt wird, dass die „Impfungen“ keinerlei reduzierenden Einfluss auf das Auftreten positiver Testergebnisse haben (siehe etwa hier und hier). In Großbritannien zeigen die offiziellen Zahlen, die man allerdings generell mit großer Vorsicht genießen sollte, siehe unten, seit Wochen höhere Raten an Testpositiven (fälschlicherweise als Neuinfektionen bezeichnet) bei „Geboosterten“ im Vergleich zu Ungeimpften. Mittlerweile rückt sogar das RKI vorsichtig, wenn auch noch nicht völlig, vom bislang stets behaupteten Fremdschutz durch die „Impfung“ ab, wie vielfach berichtet. Was den Einfluss der „Impfungen“ auf die „Covid-Todeszahlen“ betrifft, hatte ich kürzlich gezeigt, dass diese von mehr als 10 Milliarden Impfdosen völlig unbeeindruckt sind. Selbst der MDR berichtet am 7.3.2022, dass sowohl die Anzahl als auch der Anteil der „Geboosterten“ unter den Intensivpatienten in Deutschland rapide ansteigt. Allerdings sind die offiziellen Daten generell mit Vorbehalt zu betrachten, selbst in Ländern wie Großbritannien, in denen die Datenerhebung deutlich besser funktioniert als in Deutschland. Prof. Norman Fenton von der Queen Mary Universität, London, hat dazu eine ganze Reihe von Analysen verfasst (siehe hier, hier und hier). Fakt ist, dass es keinerlei belastbare Evidenz gibt, dass die sogenannten Impfstoffe, wie vom PEI behauptet, vor Covid-19 schützen würden oder die „Pandemie“ eindämmen würden (da es zumindest in Deutschland zu keinem Zeitpunkt eine Covid-19-Pandemie gab, wäre das auch schwierig). Frage 3: „Können einzelne Phasen der Impfstoffentwicklung ausgelassen werden?“ „Nein. Die Entwicklung und Herstellung von sicheren und wirksamen Impfstoffen ist hochkomplex. In der EU und damit auch in Deutschland standen uns ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie – vorher undenkbar – bereits drei wirksame und sichere Impfstoffe gegen COVID-19 zur Verfügung.“ Auch diese Aussage ist falsch. Wie bereits oben angemerkt, gibt es keinerlei Hinweise, dass die sogenannten Impfstoffe in irgendeiner Weise wirksam sind, da sich der „Pandemieverlauf“ laut offiziellen Zahlen völlig unbeeindruckt von der globalen Impfkampagne zeigt. Zudem zeigen alle Datenbanken zu Impfnebenwirkungen eine enorme Anzahl an Nebenwirkungen, die auch nach Korrektur auf injizierte Dosen weitaus höher liegen als bei allen bisherigen Impfstoffen. Tatsächlich zeigen Analysen der Sterblichkeit, dass es ungefähr einen Todesfall auf 2.300 – 2.500 Impfdosen gibt (siehe hier und hier). „Sie alle haben den regulären Weg der Impfstoffzulassung in kurzer Zeit durchlaufen, ohne wichtige Entwicklungsphasen auszulassen – ganz zentral hierbei ist die klinische Prüfung auf Sicherheit und Wirksamkeit.“ Eine weitere Falschaussage, denn die Phase-3-Studien werden für Moderna erst Oktober 2022 abgeschlossen, für BioNTech gar erst Mai 2023. Abgesehen davon schreibt das PEI selbst, dass die „Impfstoffe“ eine bedingte Zulassung haben, die sich in wesentlichen Aspekten von einer regulären Zulassung unterscheidet. Selbst der „Welt“ ist mittlerweile aufgefallen, dass essenzielle Studien zur Zulassung von den Impfstoffherstellern nicht geliefert wurden und stattdessen still und leise die bedingte Zulassung verlängert wurde. Frage 9: „Wie genau läuft ein Rolling-Review-Verfahren von COVID-19-Impfstoffen ab?“ „Das Sicherheitsniveau bleibt also genauso hoch wie in dem üblichen zentralisierten Verfahren. Ein Impfstoff kann nur dann eine Zulassung erhalten, wenn der Nachweis der Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit erfolgt ist.“ Da die Morbidität der „Impfgruppe“ in der Zulassungsstudie höher war als die der Kontrollgruppe, ist diese Aussage offensichtlich falsch. Diese Aussage gilt übrigens für die Pfizer-Studie genauso wie für die Moderna-Studie. Frage 10: „Welche Art und welche Menge an Daten sind erforderlich, um einen sicheren und wirksamen COVID-19-Impfstoff zulassen zu können?“ „Die Wirksamkeit wird im Rahmen der klinischen Prüfungen insbesondere der Phase 3 ermittelt. Hier wird betrachtet, inwiefern der Impfstoff eine COVID-19-Erkrankung verhindert.“ Dies ist zwar keine falsche, dafür aber eine sehr interessante Aussage, weil die klinischen Prüfungen der Phase 3 ja nach wie vor laufen. Da es in Deutschland im „Impfjahr“ 2021 mit offiziell 78.000 mehr als doppelt so viele „Coronatodesfällen“ gab wie 2020 (34.000) verhindert der Impfstoff offensichtlich keine Erkrankung – was vom PEI ignoriert wird. Eigentlich ist diese Frage in Kombination mit der Antwort völlig bizarr, denn das PEI bringt damit ja zum Ausdruck, dass die Wirksamkeit der „Impfstoffe“ noch gar nicht bekannt sein kann, weil diese in Phase 3 ermittelt wird, welche ja eben noch läuft. Widerspruchsfreiheit wird wohl deutlich überschätzt… „COVID-19 ist eine neue Infektionskrankheit, zu der bislang keine eindeutigen Schutzkorrelate für die Wirksamkeit (wie z.B. die neutralisierenden Antikörperspiegel im Blut) bekannt sind.“ Eine weitere durchaus richtige, aber eben auch sehr interessante Aussage, denn die angebliche Wirksamkeit von „Impfungen“ und „Booster-Impfungen“ wird regelmäßig mit der Höhe des Antikörperspiegels begründet (z.B. hier), ein Wert, der laut Aussage des PEI oben „kein eindeutiges Schutzkorrelat für die Wirksamkeit“ darstellt. Es ist auch tatsächlich richtig, dass die Höhe des Antikörperspiegels kaum eine bis keine Aussage zur Immunität gegen SARS-CoV-2 zulässt. Das PEI stellt also fest, dass die ganzen Studien zur Impfstoffwirksamkeit, die sich auf Antikörperspiegel stützen, nutzlos sind. Ich frage mich, ob eigentlich irgendjemand überprüft, was auf diesen Seiten steht – wobei diese Frage in einem Land, in dem das Bundespräsidialamt die Terroristin und mehrfache Mörderin Gudrun Ensslin als „große Frau der Weltgeschichte“ würdigt, vielleicht auch einfach fehl am Platze ist. Frage 13: „Wie verläuft die Entwicklung eines Impfstoffes gegen ein neues unbekanntes Virus wie das SARS-CoV-2?“ „Nach erfolgtem Nachweis, dass der Impfstoff in für die Anwendung am Menschen geeigneter Qualität verlässlich hergestellt werden kann, wird er in klinischen Prüfungen der Phase 1 bis Phase 3 an freiwilligen Studienteilnehmenden nach deren umfassender Aufklärung erprobt.“ Diese Aussage ist mindestens irreführend, denn die klinischen Prüfungen der Phase 3 sind, wie bereits mehrfach erwähnt, noch nicht abgeschlossen, dennoch wurden in Deutschland bereits 170 Millionen Dosen injiziert, wobei viele Menschen sich nur aufgrund des durch staatliche Maßnahmen im Rahmen der 2G-Regeln ausgeübten Drucks haben spritzen lassen. Ab 16. März 2022 gilt zudem eine einrichtungsbezogene Impfpflicht für Gesundheitsberufe, was mit einer Erprobung an „freiwilligen Studienteilnehmern“ nicht wirklich kompatibel ist. Von der geplanten allgemeinen Impfpflicht ganz zu schweigen. Frage 26: „Ist die gleichbleibende Qualität der Impfstoffchargen gewährleistet?“ „Ja…….. Bis heute gibt es keinen Hinweis darauf, dass einzelne Chargen der in der EU zugelassenen COVID-19-Impfstoffe mit einer höheren Anzahl von Nebenwirkungen oder anderen Chargen-spezifischen Nebenwirkungen assoziiert waren. Dies gilt sowohl für Deutschland als auch EU-weit.“ Hierbei handelt es sich um eine schwerwiegende Falschaussage, denn es gibt deutliche Hinweise auf Chargenunterschiede, auch in Deutschland, wie man auf der Webseite howbadismybatch sehr leicht einsehen kann. Ich will damit nicht einmal sagen, dass die Analysen auf howbadismybatch korrekt sind, aber ein Hinweis sind sie allemal. Frage 31: „Mit welchen Technologien werden humane Virus-Impfstoffe entwickelt?“ In diesem Abschnitt findet sich die Aussage: „Die neu gebildeten, ungefährlichen Virusproteine werden als Antigene bezeichnet, denn sie aktivieren das Immunsystem und erzeugen so die schützende Immunantwort.“ Diese Aussage ist insofern falsch, als das durch „Covid-19-Impfstoffe“ gebildete Spike-Protein keinesfalls ungefährlich, sondern nachgewiesenermaßen in hohem Maß toxisch ist (siehe hier, hier und hier). Die wahrheitswidrige Behauptung, dass das erzeugte Spike-Protein ungefährlich sei, wird später in gleichen Abschnitt noch einmal wiederholt. Zudem zeigt eine aktuelle Studie, dass die Injektion der modifizierten mRNA kaum zu Schleimhautimmunität führt, was erklärt, warum auch mehrfach injizierte Personen positiv getestet werden und die üblichen Erkältungssymptome zeigen. Frage 46: „Müssen Langzeitfolgen von Impfstoffen, die erst Jahre nach der Impfung eintreten, befürchtet werden?“ „Nein. Nebenwirkungen, die erst Jahre nach einer Impfung auftreten, sind bei Impfstoffen nicht bekannt. Wir wissen aus jahrzehntelanger Erfahrung, dass die meisten Nebenwirkungen innerhalb weniger Stunden oder weniger Tage nach einer Impfung auftreten. In seltenen Fällen kommt es vor, dass Impfstoffnebenwirkungen erst nach Wochen oder wenigen Monaten auftreten beziehungsweise erkannt werden.“ Diese Aussage ist völlig irrelevant, da sie sich auf reguläre Impfstoffe bezieht, bei denen ein Antigen injiziert wird, d.h. ein Protein. Die aktuell in Deutschland relevanten „Impfstoffe“ gegen Covid-19 beruhen dagegen auf der Injektion modifizierter mRNA, die in der Zelle als Vorlage für die Produktion des Spike-Proteins dient. Dabei weiß man weder, in welchen Zellen das Spike-Protein produziert wird, noch in welchen Mengen. Man hat auch keinerlei Erfahrung damit, was eigentlich passiert, wenn ein giftiges Fremdprotein in menschlichen Zellen produziert wird. Da dieses Prinzip erstmals in großem Stil angewandt wird, ist es überhaupt nicht möglich, anhand früherer Impfungen nach einem völlig anderen Wirkprinzip darüber Aussagen zu treffen, ob die Injektion modifizierter RNA Langzeitfolgen hat. Da alle „Covid-19-Impfstoffe“ als Nebenwirkung aber Myokarditis und Perikarditis aufweisen (für BioNTech siehe hier), gibt es sehr wohl Langzeitfolgen – sowohl Myokarditis als auch Perikarditis führen in einem erheblichen Anteil der Fälle zu einem vorzeitigen Versterben der Betroffenen. Es gibt im Gegensatz zu regelmäßigen Behauptungen auch keine „milde Myokarditis“. Da sich Herzmuskelgewebe nicht regeneriert, führt eine Myokarditis immer zu einem dauerhaften Herzschaden. Dieser kann größer oder kleiner sein, mild ist er niemals. Frage 47: „Was sind überhaupt Langzeitfolgen?“ Die Aussagen in diesem Abschnitt können einen durchaus sprachlos zurücklassen. Zunächst dieser Teil: „Eine erwünschte Langzeitfolge von Impfungen im Sinne einer lang anhaltenden Wirkung ist der Schutz vor einer Infektion oder einer schweren Erkrankung. Bei manchen Menschen hält dieser Schutz sogar lebenslang an – zum Beispiel bei der Masernimpfung. Bei anderen Impfungen wie beispielsweise gegen die Influenza – und nach aktuellem Stand auch gegen COVID-19 – sind Auffrischimpfungen erforderlich. Zusammen führen die Impfungen aber zu einem kontinuierlichen Schutz vor dem Erreger.“ Hier wird zu Beginn insinuiert, die sogenannten „Covid-Impfungen“ würden zu einem langanhaltenden Schutz führen, was dann zwar eingeschränkt wird, aber nach einem guten Jahr Impfkampagne sind wir mittlerweile bei der 4. Injektion angelangt. Unter Auffrischungsimpfung versteht man normalerweise eine Impfung alle 10 Jahre (z.B. bei Tetanus), nicht etwa alle 3–4 Monate. Auch von einem kontinuierlichen Schutz vor dem Erreger kann keine Rede sein. So zeigt der RKI Wochenbericht vom 3.3.2022 zwar Unterschiede in der „Inzidenz“ von symptomatischen Verläufen zwischen „Geimpften“, „Ungeimpften“ und „Geboosterten“, aber es gibt in allen Gruppen symptomatische Verläufe, und auch der Anteil der „Geimpften“ unter den Intensivpatienten steigt, wie bereits erwähnt, rapide an. Dazu kommt, dass die Zahlen nicht für unterschiedliche Testhäufigkeiten in den verschiedenen Gruppen korrigiert werden und deshalb sowieso weitgehend unbrauchbar sind. Weiter heißt es in diesem Abschnitt: „Im Einzelfall können auch sehr seltene Impfkomplikationen einen langen Zeitraum, gegebenenfalls Jahre, anhalten. Das ist aber die absolute Ausnahme. Ein Beispiel für eine solche extrem seltene Nebenwirkung mit Langzeitwirkung ist die sehr selten aufgetretene Narkolepsie nach der Impfung gegen die Schweinegrippe 2009/2010 und stellt eine absolute Ausnahme dar. Die ersten Hinweise auf diese Impfkomplikation gab es auch hier schon wenige Monate nach Beginn der Impfungen.“ Es wird die ungefähr 1.300 Menschen, die durch die Impfung gegen die Schweinegrippe an der unheilbaren und das Leben massiv beeinträchtigenden Krankheit Narkolepsie erkrankt sind, sicher erfreuen zu erfahren, dass sie eine absolute Ausnahme darstellen. Und auch der letzte Teil dieses Abschnitts verdient Würdigung: „Besorgte Bürgerinnen und Bürger verstehen unter Langzeitfolgen – häufig auch Spätfolgen genannt – Nebenwirkungen, die erst mit einer Verzögerung von vielen Monaten oder Jahren nach der Impfung auftreten. Diese Sorgen sind unberechtigt. Wir kennen solche sehr spät einsetzenden Nebenwirkungen von Impfstoffen nicht.“ Wie bereits oben erwähnt, ist es völlig irrelevant, ob spät einsetzende Nebenwirkungen von bisherigen Impfstoffen bekannt sind oder nicht, da die aktuellen Injektionen nach einem völlig anderen Prinzip arbeiten – RNA ist nun einmal kein Protein. Von daher sind die Sorgen, dass es Spätfolgen geben könnte, absolut berechtigt. Zumal kürzlich gezeigt wurde, dass das Spike-Protein noch mindestens 90 Tage nach der Injektion der modifizierten RNA in den Lymphknoten produziert wird. Frage 48: „Wie hoch ist die Gefahr der Integration von mRNA-Impfstoffen ins Genom?“ „Es besteht kein erkennbares Risiko der Integration der mRNA ins menschliche Genom. Das aus DNA bestehende Genom befindet sich im Zellkern, wohin die mRNA normalerweise nicht gelangt. Zudem müsste die mRNA in der Zelle zunächst in DNA umgeschrieben werden, da RNA selbst nicht in das aus DNA bestehende menschliche Genom integrieren kann. Dies wäre nur bei gleichzeitiger Anwesenheit von bestimmten Eiweißen von Viren möglich, die die Impfstoff-mRNA in DNA umschreiben, diese DNA dann in den Zellkern transportieren und dort wiederum mittels eines Eiweißes eines Virus in das Genom integrieren könnten.“ Diese Aussage ist wieder einmal völlig falsch. Bei den „bestimmten Eiweißen“ handelt es sich um das Enzym „Reverse Transkriptase“, das keinesfalls nur in Virengenomen vorkommt, sondern von dem im menschlichen Genom zwischen 80 und 100 aktive Kopien in den sogenannten LINE1-Elementen vorliegen. Diese Information findet sich sogar in der englischsprachigen Wikipedia, mehr Details finden sich in diesem wissenschaftlichen Artikel. Mittlerweile wurde auch gezeigt, dass in menschlichen Zellen in Zellkultur die RNA aus den Impfstoffen in DNA umgeschrieben wird, auch wenn unklar ist, ob diese DNA anschließend in das menschliche Genom inkorporiert wird. Angesichts der zahlreichen anderen Schäden, die die Injektionen unmittelbar anrichten, halte ich die Auswirkungen dieses Prozesses zwar tendenziell für eher nachrangig, aber die Aussage des PEI ist trotzdem völlig falsch. Eine weitere Aussage in diesem Abschnitt lautet: „Darüber hinaus ist die mRNA im Impfling nur vorübergehend in den Zellen vorhanden, bevor sie intrazellulär abgebaut wird.“ Aktuelle Ergebnisse lassen im Gegensatz zu dieser Behauptung den Schluss zu, dass die modifizierte RNA intrazellulär überhaupt nicht abgebaut wird, da sie auch nach 90 Tagen in bestimmten Zellen in den Lymphknoten nachgewiesen werden kann, wie ich in einem früheren Artikel dargelegt habe. Vermutlich wird diese modifizierte RNA, in der der Baustein Uridin vollständig durch den molekular anders aufgebauten Baustein Pseuduridin ersetzt wurde, gar nicht intrazellulär abgebaut, sondern erst dann, wenn die Zelle insgesamt entweder durch das Immunsystem eliminiert wird oder an das natürliche Ende ihrer Lebenszeit kommt. Das ist auch nicht verwunderlich, da bekannt ist, dass eine auf diese Weise modifizierte RNA durch die eigentlich für RNA-Abbau verantwortlichen Enzyme kaum abgebaut wird. Frage 50: „Was wissen wir über die Sicherheit der Lipidnanopartikel in mRNA-Impfstoffen?“ „Da alle Lipide mit körpereigenen Lipiden identisch bzw. ihnen sehr ähnlich sind, gelten LNP als ,biologisch abbaubar‘, d.h., es ist davon auszugehen, dass sie im Körper ähnlich wie Nahrungslipide enzymatisch abgebaut werden und weitgehend in den körpereigenen Fettstoffwechsel eingehen.“ Es kann überhaupt nicht die Rede davon sein, dass alle verwendeten Lipide körpereigenen sehr ähnlich oder gar mit ihnen identisch sind. Die in den Lipid-Nanopartikeln verwendeten Lipide ALC-0315 ([(4-hydroxybutyl)azanediyl]di(hexane-6,1-diyl) bis(2-hexyldecanoate)) und ALC-0159 (2-[(Polyethylenglycol)-2000]-N,N-ditetradecylacetamid) sind beides synthetische Lipide. ALC-0159 enthält zudem Polyethylenglycol, kurz PEG, einen Polyether, der aus Erdöl gewonnen wird. Aus Versuchen an Laborratten weiß man, dass speziell ALC-0315 nicht nur in die Leber gelangt, sondern dort auch kaum abgebaut wird. Zudem konnte gezeigt werden, dass die verwendeten Lipide bei Injektion in Labormäuse zu starken Entzündungsprozessen führen. Frage 53: „Gibt es Hinweise darauf, dass die neu zugelassenen COVID-19-Impfstoffe Autoimmunerkrankungen auslösen?“ „Nein. In den umfangreichen klinischen Prüfungen, die vor der Zulassung der Impfstoffe durchgeführt wurden, gibt es keine Hinweise auf das Auftreten von Autoimmunerkrankungen. Gleichwohl wird diesem theoretischen Risiko auch nach der Zulassung im Rahmen der Pharmakovigilanz besondere Aufmerksamkeit geschenkt.“ Auch diese Aussage ist falsch. Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten, die das Guillain-Barré-Syndrom als Impfnebenwirkung beschreiben. Beim Guillain-Barré-Syndrom handelt es sich ohne Frage um eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die menschlichen Nerven angreift. Diese Aussage ist auch deshalb verblüffend, weil das PEI in seinem Sicherheitsbericht vom 7.2.2022 (Seite 31, hier zu finden) insgesamt 354 Fälle von Guillain-Barré-Syndrom als mögliche Impfnebenwirkungen auflistet, von denen immerhin 9 tödlich ausgegangen sind. Frage 65: „Ist es möglich, dass Qualitätsmängel einzelner Chargen (Produktionseinheiten) Nebenwirkungen und Impfkomplikationen verursachen und würde dies erkannt werden?“ „Bis heute gibt es keinen Hinweis darauf, dass einzelne Chargen mit einer höheren Anzahl von Nebenwirkungen oder anderen spezifischen Nebenwirkungen assoziiert waren.“ Diese Aussage war schon bei Frage 26 falsch und ist es immer noch, da es auf howbadismybatch sehr deutliche Hinweise darauf gibt, dass verschiedene „Impfstoff“-Chargen mit unterschiedlichen Zahlen an Nebenwirkungen assoziiert sind. Angesichts dieser geballten Fehlinformationen wäre es, wenn es nicht so gefährlich wäre, schon fast wieder unfreiwillig komisch, dass unter Frage 108 „Wo finde ich weitere verlässliche Informationen zum Coronavirus?“ das PEI sich selbst als Quelle angibt. Sollten sich tatsächlich Leser auf die Seiten des PEI verirren, so werden sie dort nicht sachlich korrekt informiert, sondern, wie gezeigt, mit zahlreichen Falschinformationen in die Irre geführt – man könnte sogar so weit gehen, zu sagen, dass sie schlicht belogen werden. Warum das PEI, statt seiner Aufgabe nachzukommen, weiterhin sämtliche Nebenwirkungen kleinredet und sich benimmt wie die Marketingabteilung von Pfizer, ist eine Frage, die hoffentlich irgendwann in der Zukunft aufgearbeitet werden wird – sinnvollerweise, nachdem das PEI in seiner heutigen Form aufgelöst wurde. Was man heute schon sagen kann, ist, dass sich die Bürger in Deutschland, was Informationen zu Corona betrifft, auf keinen Fall auf offizielle Stellen wie BMG, PEI oder RKI verlassen sollten, da sich die von diesen Stellen zur Verfügung gestellten Informationen zuverlässig als falsch herausgestellt haben. Das allein wäre schon schlimm genug, noch weitaus gefährlicher ist aber die Tatsache, dass sich Politik und Gerichte auf die falschen Zahlen und Informationen berufen, die von PEI und RKI verbreitet werden – bis hin zur Vorbereitung der so nutzlosen wie schädlichen, und, sollte sie kommen, für viele Menschen am Ende tödlichen, allgemeinen Impfpflicht.  
Gastautor
Von Andreas Zimmermann. Auf seiner Seite „FAQ Coronavirus" bietet das Paul-Ehrlich-Institut ein wahres Füllhorn an Falschinformationen. Hier Beispiele der zahlreichen unwahren Behauptungen zum Thema mRNA-Impfstoffe.
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10.03.2022 06:00
https://www.achgut.com/artikel/die_falschaussagen_des_paul_ehrlich_institutes#comment_entries
Ist Gabriel der Merz der SPD? Oder geht da mehr?
In der SPD rumort es nicht bloß, es geht die nackte Angst ums Überleben um. Umfragen signalisieren der stolzen deutschen Sozialdemokratie ein dramatisches, katastrophales Wahlergebnis bei der Europawahl im Mai. Die CDU dürfte – nach derzeitiger Lage der demoskopischen Dinge – doppelt so gut abschneiden, die Grünen würden die SPD bundesweit wohl überholen, selbst die AfD könnte sie einholen. “Das wäre kein Debakel mehr, es wäre der Genickbruch”, sagt ein SPD-Bundestagsabgeordneter in Berlin. In wichtigen Kernländern der Republik, in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen, ist die Partei inzwischen auf einstellige Werte abgesackt. Nicht nur in der Bundestagsfraktion schrillen alle Alarmglocken. Immer lauter wird auch die Kritik am SPD-Führungsdoppel. Es gelinge weder dem Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz noch der Fraktions- und Parteichefin Andrea Nahles, die SPD vor dem Ausbluten zu bewahren. In den SPD-Zirkeln der Berliner Republik werden erste Notfallpläne aus der Krise diskutiert. Das linke Lager verlangt immer offener einen Ausstieg aus der Großen Koalition nach der Europawahl. Im Koalitionsvertrag sei eine Halbzeit-Prüfung verabredet, diese Gelegenheit müsse man zur schieren Selbsterhaltung nutzen und die Regierung endlich verlassen.  Das bürgerliche Lager in der SPD setzt indes eher auf einen personellen Neubeginn. Der SPD mangele es nicht an Programm oder Regierungserfolgen. Es fehle ihr bloß an überzeugendem Führungspersonal; zumal die Ära Merkel nun zu Ende gehe, brauche es einen starken Kanzlerkandidaten. Insbesondere Nahles wird immer offener von einflussreichen Genossen kritisiert. Altbundeskanzler Gerhard Schröder hat nun im “Spiegel” dazu Klartext gesprochen. Schröder spricht Nahles die Eignung zur Führung der SPD ab, schon ihre Sprache, etwa das “Bätschi” in einer Bundestagsrede, sei daneben. “Das sind Amateurfehler”, sagte Schröder. “Sie war damals zwar noch nicht Vorsitzende, aber so drückt man sich einfach nicht aus.” Schröder warnt davor, Nahles zur Kanzlerkandidatin der SPD zu küren. Der Kandidat müsse über ökonomische Kompetenz verfügen, meint der Altkanzler. Auf die Frage, ob Nahles darüber verfüge, antwortete er: “Ich glaube, das würde nicht mal sie selbst von sich behaupten.” Schröder spricht sich stattdessen dafür aus, die nächste Kanzlerkandidatur über eine Urwahl in der SPD zu klären. “Die SPD hat mit der Urwahl gute Erfahrungen gemacht”, sagte er in dem Interview. “Eine Urwahl mobilisiert und schafft einen guten Background für den Wahlkampf.” Schröder macht damit die Verfahrenstür für Sigmar Gabriel wieder weit auf. Mit jedem Monat schlechter Umfragen wird die Sehnsucht in der SPD nach einem Volkstribun größer. Gabriel ist zwar in der Partei nicht sonderlich beliebt, aber selbst seine Kritiker geben zu, dass er die SPD kraftvoll wiederbeleben könnte. Schröder formuliert das so: “Sigmar Gabriel ist vielleicht der begabteste Politiker, den wir in der SPD haben. Er ist nur in der Partei ein paar Leuten zu fest auf die Füße getreten.” Tatsächlich gilt Gabriel, immerhin Ex-Vizekanzler, Ex-Parteichef und Ex-Außenminister, in der SPD als wortgewaltigster Mobilisierer. Damit zeichnet sich in der SPD eine spiegelbildliche Lage ab wie in der CDU vor wenigen Wochen. Gabriel wird unter immer mehr Sozialdemokraten als ein Comeback-Retter angesehen, der die angeschlagene Volkspartei wiederbeleben und auf ihren Markenkern zurückführen könne. Wie Merz in der CDU verkörpert auch Gabriel für die SPD etwas Urgewaltiges, Eigentliches, die fleischgewordene DNA der Partei. Beide werden von den jeweiligen Parteifunktionären kritisch beäugt wie Ich-AGs ihrer Lager. Aber gerade die Kraft des Autonomen lässt sie zur Projektionsfläche für Mobilisierungen werden. Sigmar Gabriel würde bei einer Urwahl sicher antreten, so wie Friedrich Merz auf den Regionalkonferenzen angetreten ist. Was die Hessenwahl für die CDU war (ein letztes Fanal vor einem zwingenden Neubeginn), dürfte für die SPD die Europawahl werden. Es droht eine Schmach, dann droht der Verlust der letzten Festung Bremen und schließlich die Splitterparteienexistenz in Sachsen. Martin Dulig, Landeschef der SPD in Sachsen, setzt bereits auf Gabriel im Wahlkampf. Dessen großer Vorteil sei, dass er “sowohl im direkten Gespräch als auch bei größeren Formaten Wirkung erzielt”. Im Klartext heißt das: Gabriel kann noch Säle füllen, Nahles nicht mehr. “Wir können zurzeit viel gute Politik durchsetzen, aber trotzdem ändert sich stimmungsmäßig nichts.” Einem wie Gabriel traut er zu, die Stimmung zu drehen. Ähnlich wie Merz, dem seine seinerzeitig kalte Entmachtung durch Angela Merkel später zum moralischen Bonus wurde, kann auch Gabriel auf einen solchen Rückenwind hoffen. Nahles und Scholz hatten Gabriel nach der desaströsen Bundestagswahl ziemlich rüde ins Abseits geschoben. Es wirkte wie die persönliche Rache durch Andrea Nahles, die lange unter Gabriel gelitten hatte und es ihm nun zurückgezahlt hat. Doch in der SPD kommt das nicht gut an. Vorstandsmitglied Boris Pistorius hat dazu nun ausgesprochen, was viele Parteimitglieder denken, und die Parteiführung für ihren Umgang mit den früheren Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel und Martin Schulz offen kritisiert. “Ich glaube, es befremdet die Menschen, wenn die SPD ihr Spitzenpersonal immer wieder hochjubelt und es dann quasi über Nacht fallen lässt”, sagt der niedersächsische Innenminister und liest Nahles die Leviten: “Das gehört sich einfach nicht.” Insbesondere in den SPD-Schlüssel-Landesverbänden Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen findet die Idee eines Gabriel-Comebacks immer mehr Freunde. Für Nahles wird es unbequem, denn schon am kommenden Sonntag und Montag will die SPD-Spitze bei einer Klausurtagung in Berlin Wege aus der tiefen Krise suchen, und auch die Personaldebatte wird kaum mehr zu unterdrücken sein. Gabriel könnte also einfach abwarten, bis seine Gelegenheit zum Comeback im Juni reif ist. Doch Abwarten ist seinem Naturell fremd, und der größte Feind seines Erfolges ist er immer noch selbst geblieben. Und so wiederholt er einen typischen Gabriel-Fehler, indem er Nahles selbst ungeschickt attackiert. Mit einem vergifteten Lob auf die Grundrenten-Pläne seiner Partei meldet sich Gabriel zum Wochenauftakt auf Twitter. Die Vorschläge von Sozialminister Hubertus Heil seien “fair, gerecht und überfällig”, schreibt er angriffslustig. “Er bringt das Sozialministerium auf Kurs, das noch vor zwei Jahren die Grundrente gemeinsam mit dem Kanzleramt verhindert hatte. Gut so.” Sozialministerin vor zwei Jahren war Nahles. Er tritt ihr rhetorisch also nach – und schadet damit seinen eigenen Chancen auf ein spektakuläres Comeback. Andererseits signalisiert er: Der Machtkampf ist eröffnet. Dieser Beitrag erschien zuerst auf The European
Wolfram Weimer
Angesichts der desaströsen Wahlaussichten der SPD wird ein Comeback von Sigmar Gabriel denkbar. Er ist gewissermassen der Friedrich Merz der SPD – ob Gabriel mit einem Comeback mehr Erfolg hat als der schon wieder verglühte CDU-Hoffnungsträger, wird sich bald zeigen.
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08.02.2019 06:04
https://www.achgut.com//artikel/ist_sifmar_gabriel_der_friedrich_merz_der_spd_oder_geht_da_mehr
Prosecco-Moralismus
Für Einfachgestrickte ist Putin Russland und Russland ist Putin. Folgerichtig nötigen sie Bäckereien, ihren Russenzopf umzubenennen. Was für ein undifferenzierter, opportunistischer Prosecco-Moralismus zur täglichen Imagepflege. Für Einfachgestrickte ist Putin Russland und Russland ist Putin. Folgerichtig nötigen sie Bäckereien, ihren Russenzopf umzubenennen. Die Basler Großbäckerei Sutterbegg nennt das süße Gebäck nun Nusszopf, bei der Confiserie Steinmann in Thun heißt es nun Hefestollen, in der Baser Edelconfiserie Gilgen: Hefesüßgebäck. Großartig! Jetzt muss sich Putin vor Schreck gleich mit beiden Händen am Tisch festkrallen. Die russische Geschichte ist jahrtausendealt, Putin etwas weniger. Mit Russland assoziere ich Gorbatschow, Kasparov, Marina Owsjannikowa, Dostojewski, Leo Tolstois „Krieg und Frieden“, Matrjoschka-Puppen, Wodka, Mongolensturm, Peter der Große, Lenin, Stalingrad und so weiter und so fort. Was hat das mit Putin zu tun? Putin hat den barbarischen Einmarsch in die Ukraine befohlen. Nicht der Russenzopf. Putin ist Russe. Aber Russland ist nicht Putin. Man ist stets auf der sicheren Seite, wenn man jetzt pauschal die gesamte russische Kultur verteufelt und cancelt. Was für ein undifferenzierter, opportunistischer Prosecco-Moralismus zur täglichen Imagepflege. Ich habe in Sankt Petersburg einen jungen Kollegen. Er ist orthodoxer Jude, in der Ukraine geboren, hat einen russischen Pass, seine gesamte Verwandtschaft ist russisch-ukrainisch durchmischt, er entzog sich dem Kriegsdienst und verlegte sein Business nach Armenien. Als auch dort der Krieg ausbrach, floh er in die Türkei. Ist er für Putins Krieg mitverantwortlich? Claude Cueni (66) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK. Sein neuester Roman heißt „Dirty Talking“, davor erschienen bei Nagel & Kimche die Romane „Genesis – Pandemie aus dem Eis“ und „Hotel California“.   Liebe Leserinnen und Leser, gerne können Sie Achgut.com auch in den Sozialen Medien folgen. Hier die Links zu unseren Kanälen: https://www.facebook.com/achgut https://twitter.com/Achgut_com https://t.me/achgutofficial https://gettr.com/user/achgutofficial
Claude Cueni
Für Einfachgestrickte ist Putin Russland und Russland ist Putin. Folgerichtig nötigen sie Bäckereien, ihren Russenzopf umzubenennen. Was für ein undifferenzierter, opportunistischer Prosecco-Moralismus zur täglichen Imagepflege.
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19.11.2022 16:00
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Obergrenze? Tarnen und Täuschen mit CDU/CSU
Es ist erst einige Tage her, dass Horst Seehofer nach der heftigen Wahlschlappe für die Union in die Mikrophone hauchte, man habe verstanden. Nein, die Union hat nichts verstanden, will nichts verstehen. Was wir seit dem Wahltag erleben, ist einzig das Bestreben, den Protest der Wahlbürger einzuhegen, um weiter machen zu können wie bisher. Es werden anscheinend überhaupt keine Konsequenzen gezogen, außer die Öffentlichkeit noch gründlicher als bisher hinter die Fichte zu führen. Vor dem „Deutschlandtag“ der Jungen Union wurde in den Medien gemunkelt, die Jungen würden mit der Kanzlerin abrechnen. Das Gegenteil war der Fall. Es wurden einige Schaufensterreden gehalten, man feierte sich selbst wie Popstars, die man lieber sein würde, und als ein junger Mann das einzig Richtige tat und den Rücktritt von Merkel forderte, wurde er ausgebuht. Wenn das die Hoffnungen auf die Erneuerung der CDU waren, kann man die gleich begraben. Mit diesen Jungfunktionären kommt sie bestimmt nicht. Die halten der Kanzlerin die Treue, bis zum Untergang. Wer geglaubt hatte, die CSU werde, wenn auch nur aus Gründen des Selbstschutzes, aus Furcht vor den nächsten Landtagswahlen, endlich wenigstens teilweise wahr machen, was ihr Vorsitzender Drehhofer, wie er mittlerweile genannt wird, seit Jahren verkündet, wurde ebenfalls getäuscht. Der 10-Punkte-Plan, mit dem Seehofer in die Sondierungsrunde mit der CDU ging, ist das Papier nicht wert, auf das er geschrieben ist. Nichts von den angeblichen Forderungen fand sich im Papier wieder, das nach Abschluss der Gespräche veröffentlicht wurde,  Keine einzige konkrete Festlegung ist darin enthalten, alles nur vage gehaltene Ankündigungen, noch dazu versehen mit Ausnahmeregelungen. Letztere sind das Einzige, auf das man sich verlassen kann. Die Ausnahmeregelungen werden schon in den Koalitionsverhandlungen mit FDP und Grünen zur Anwendung kommen. Der perfide Taschenspielertrick ist leicht zu durchschauen und würde keine Minute bestehen, wenn Medien nicht wieder die willigen Helfer spielen würden. Die Union, so lautet der Tenor, habe sich auf eine „Obergrenze“ von 200 000 „Flüchtlingen“ geeinigt, die nur nicht so genannt werden dürfe. Damit hätten sowohl Merkel als auch Seehofer ihr Gesicht wahren können. Hier geht es aber nicht um Gesichtswahrung gescheiterter Politiker, die, koste was es wolle, an der Macht bleiben wollen, auch wenn das Land, dessen Wohl zu mehren sie geschworen haben, dabei vor die Hunde geht. Wenn man sich die Mogelpackung anschaut, stellt man fest, dass es keine einzige bindende Vereinbarung gibt. In einer von der dpa verbreiteten „Endversion der Einigung“ heißt es:  „Wir wollen erreichen, dass die Gesamtzahl der Aufnahmen aus humanitären Gründen (Flüchtlinge und Asylbewerber, subsidiär Geschützte, Familiennachzug, Relocation und Resettlement, abzüglich Rückführungen und freiwillige Ausreisen künftiger Flüchtlinge) die Zahl von 200.000 Menschen im Jahr nicht übersteigt.“  Man „will“ lediglich, dass man es durchsetzen wird, ist nicht gesagt. Nicht klar ist vor allem, was mit dem Familiennachzug geschieht, der von der noch amtierenden Regierung bereits beschlossen wurde (aber noch ausgesetzt ist). Allein die Zahl der nachrückenden Familienangehörigen wird nach konservativen Schätzungen über eine Million betragen. Die sind möglicherweise von der genannten „Obergrenze“ gar nicht betroffen. Ansonsten soll es aber keinerlei Änderung am Grenzregime geben. Also alle, darauf hat Merkel bestanden, die an der deutschen Grenze das Wort „Asyl“ aussprechen, müssen eingelassen werden. Außer den CSU-Funktionären kann niemand glauben, dass dies mit einer „Obergrenze“ vereinbar sei. Zudem soll diese „Obergrenze“ jederzeit nach oben oder unten korrigiert werden können. Wobei das „unten“ nur zur weiteren Irreführung aufgeschrieben wurde. Interessant ist, dass hier wieder die schon im Unions-Programm zu findenden „Resettelment und Relocation“ auftauchen, was wieder nicht näher definiert wird. Dabei handelt es sich um einen Plan der EU zu gesteuerter Umsiedlung von Flüchtlingen und Zuwanderern. Dieser Plan ist nie diskutiert worden, weder im Parlament noch in der Öffentlichkeit. Er soll offensichtlich durch die politische Hintertür durchgesetzt werden. Auch das gelingt nur, weil Medien jede Kritik unterlassen . Zur weiteren Täuschung der Öffentlichkeit wird behauptet, dass Asylbewerber künftig in speziellen Aufenthaltszentren bleiben müssten, bis über ihre Verfahren entschieden sei. Verfahren sollten in diesen „Entscheidungs- und Rückführungszentren“ gebündelt werden. Vorbild seien entsprechende Einrichtungen in den bayerischen Städten Manching und Bamberg. Falls Anträge abgelehnt würden, sollten die Betroffenen aus diesen Einrichtungen zurückgeführt werden. Zudem wird in dem Entwurf die Forderung erneuert, die Liste der sicheren Herkunftsländer zu erweitern, wenigstens um Marokko, Algerien und Tunesien.  Beide Festlegungen werden spätestens bei den Koalitionsverhandlungen mit den Grünen in den Papierkorb entsorgt werden. Bekanntlich haben die Grünen die vom Bundestags mit überwältigender Mehrheit beschlossene Erklärung der genannten Länder als sichere Herkunftsstaaten im Bundesrat blockiert. Ebenso lehnen sie Aufnahmezentren ab. Da die Union mit den Grünen eine „stabile Regierung“ bilden will, sind die entsprechenden „Kompromisse“ bereits vorprogrammiert. Die politische Arroganz, mit der die Union ihr Täuschungsmanöver ausgeführt hat, wird nur übertroffen von der selbstherrlichen Annahme, die Wähler würden so ein durchsichtiges  Manöver nicht durchschauen.
Vera Lengsfeld
Von Vera Lengsfeld. Der 10-Punkte-Plan, mit dem Seehofer in die Sondierungsrunde mit der CDU ging, ist das Papier nicht wert, auf das er geschrieben ist. Nichts von den angeblichen Forderungen fand sich im Papier wieder., das nach Abschluss der Gespräche veröffentlicht wurde. Keine einzige konkrete Festlegung ist darin enthalten, alles nur vage gehaltene Ankündigungen, noch dazu versehen mit Ausnahmeregelungen. Letztere sind das Einzige, auf das man sich verlassen kann. Die Ausnahmeregelungen werden schon in den Koalitionsverhandlungen mit FDP und Grünen zur Anwendung kommen. Der Bettvorleger lebt!
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09.10.2017 10:52
https://www.achgut.com/artikel/obergrenze_tarnen_und_taeuschen_mit_cdu_csu
Dauerkrieg gegen die Marktwirtschaft
Eine Klimasteuer oder Sondersteuern auf bestimmte Produkte nähern sich immer mehr einer Planwirtschaft an. Wenn der Staat anfängt festzulegen, welche Produkte moralisch gut sind und welche schlecht, werden Wirtschaft und Bürger ihrer Souveränität beraubt. Im Ersten Weltkrieg zeigten die industriellen Feldschlachten vor Verdun oder an der Somme vor allem eines: die Bedeutung der Wirtschaft für den Krieg. Mobilisierung und Ausnutzung wirtschaftlicher Ressourcen waren nun die entscheidenden Faktoren für einen Sieg auf dem Schlachtfeld. Der Krieg wurde nicht mehr allein von Armeen geführt, sondern von ganzen Volkswirtschaften und ihrem ökonomischen Potenzial. Die Anerkennung der Notwendigkeit einer Konzentration der ökonomischen Kräfte unter staatlicher Aufsicht für die Kriegsführung ging in Deutschland von der Privatwirtschaft aus. Die bereits im August 1914 geschaffene Kriegsrohstoffabteilung (KRA) war auf die Initiative eines leitenden Angestellten der AEG, Wichard von Moellendorff, zurückzuführen. Der Präsident der AEG und spätere Außenminister der Weimarer Republik, Walther Rathenau, überzeugte schließlich den preußischen Kriegsminister Falkenhayn von der Notwendigkeit einer zentralen KRA, deren Leitung Rathenau bis Mai 1915 zunächst selbst übernahm. Aufgrund der englischen Blockade und der Abschneidung Deutschlands von wichtigen Rohstoffen kam der KRA v.a. im Hinblick auf die Entwicklung von Ersatzstoffen (etwa für Salpeter aus Chile) eine große Bedeutung für die Kriegführung zu. Die Mobilisierung der staatlichen Kräfte und gesellschaftlicher Ressourcen im Krieg hatte über sein Ende hinaus einen bleibenden Eindruck auf viele Beobachter hinterlassen. Manche sahen bereits das Ende der kapitalistischen Marktprinzipien und die Übernahme eines Kriegssozialismus in den Frieden. Nach der Niederlage im November 1918 stellte sich auf deutscher Seite die drängende Frage: Was lernen wir aus dem Kriegsverlauf? Nüchternen Betrachtern war klar, dass die Niederlage aufgrund der materiellen Überlegenheit der Alliierten unausweichlich war. Im Umkehrschluss hieß das: Die Koordination und Konzentration der nationalen Kräfte war unzureichend gelungen, die Organisation der Kriegswirtschaft mangelhaft. Dass man aber trotzdem so lange durchgehalten hatte, war ein Hinweis darauf, dass die im Krieg gewonnenen Erfahrungen in den Frieden hinein transportiert werden mussten. Wirtschaft und Volksgemeinschaft fusionierten in einem Typus der „Gemeinwirtschaft“. Der Konflikt zwischen Befürwortern der Marktwirtschaft und staatssozialistischen Auffassungen bestimmte die unmittelbare zeitliche Periode nach Kriegsende, wobei Erstere sich am Ende durchsetzen konnten. Das Konzept der Gemeinwirtschaft fand aber insbesondere in der revolutionären Sowjetunion großen Anklang. Lenin, Bucharin und ihre engsten Wirtschaftsberater bezogen sich ausdrücklich auf Rathenaus Konzept als Modell für die am weitesten entwickelte Mischform kapitalistischer Technik und organisatorischer Planung. Auch die Nationalsozialisten übernahmen die Ideen des Juden Rathenau. Albert Speer, ab 1942 Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion, ließ sich so etwa von der Kriegsrohstoffabteilung inspirieren und erreichte bei knapper werdenden Ressourcen bis 1944 enorme Produktionssteigerungen. Roosevelts New Deal, eine Serie von Wirtschafts- und Sozialreformen von 1933 bis 38, nahm ebenso Anleihen am Konzept der Gemeinwirtschaft, worauf der Kulturhistoriker Wolfgang Schivelbusch in seiner Studie Entfernte Verwandtschaft aufmerksam macht. Über 100 Jahre nach der Gründung der Kriegsrohstoffabteilung haben Politik und Medien spätestens mit dem Klimathema, verstärkt danach durch Corona und ab Februar 2022 durch den Krieg in der Ukraine, abermals eine martialische Sprache übernommen, in der Kriegsmetaphern eine wichtige Rolle spielen. Wir befinden uns nun seit Jahren in einer Art „Dauerkriegszustand“ (gegen die Klimaerhitzung, gegen das Virus). Dieser erfordert, so die Überzeugung insbesondere auf Seiten der politischen Linken, einschneidende Maßnahmen des Staates, um unser aller Überleben zu sichern. So heißt es etwa in einem offiziellen Papier der EU, das Ideen des Washingtoner Center for Strategic and International Studies (CSIS) aufnimmt, Brüssel solle ein EU-„Verteidigungsproduktionsgesetz“ auf den Weg bringen. Ziel: „100 Millionen Wärmepumpen bauen und installieren“. Für diese staatlich gesteuerte „Kriegswirtschaft“ müssen Bauvorschriften für erneuerbare Energien gelockert und, man achte auf die Begriffswahl bei der das Superlativ regiert, „gewaltige“ Investitionen in den Netzausbau und dessen Dezentralisierung erfolgen, die „alles bisher Dagewesene in den Schatten“ stellen. Der Ukrainekrieg gilt nur als der letzte Weckruf an Politiker und Entscheidungsträger, der endlich zum Handeln zwingt. Denn, und diese Argumentation ist uns vor allem beim Thema Klima schon vertraut, die Zeit ist knapp und eigentlich ist es schon fast zu spät. Deshalb dürfen jetzt keine Rücksichten mehr auf Einzelinteressen genommen werden, auch dauern demokratische Abstimmungen hier viel zu lange und müssen durch schnellere und zügigere Verfahren ersetzt werden, die keinen Widerspruch dulden oder erlauben. Die ausgerufenen, von einer politmedialen Elite erwünschten Ziele können, so ein Herr Stöcker Anfang März 2022 im SPIEGEL, nur noch im Rahmen einer „Kriegswirtschaft“ realisiert werden. Das klinge zwar schrecklich, sei aber angesichts der Lage notwendig. Der Europaabgeordnete Michael Bloss (Grüne) forderte bereits, die EU müsse „in eine Art Kriegswirtschaft eintreten“, der notwendige Aus- und Umbau bei erneuerbaren Energien, „müsse staatlich priorisiert werden“. Da durfte selbst ein zumindest auf dem Papier liberaler Finanzminister wie Christian Lindner nicht hinten anstehen, es gelte einen „Energiekrieg“ zu gewinnen, maximaler Einsatz und maximale Geschwindigkeit sei nun erforderlich um „auf Freiheitsenergien“ umzustellen. Für diese Freiheit sind staatliche Eingriffe von bis dato in Friedenzeiten unbekanntem Ausmaß unabdingbar. Seit den Diskussionen um den Klimawandel und die Corona-Maßnahmen ist die Krise in Deutschland als Dauerzustand institutionalisiert. Entscheidend ist, dass alle ausgerufenen Krisen ein scharfes Eingreifen des Staates erfordern, das der Bürger honorieren soll, da jeder Eingriff als alternativlos erscheint. In einem Krieg, im Namen des Überlebens, stellt die Volksgemeinschaft keine Fragen. Corona diente dabei als Blaupause für staatliche Interventionen und Restriktionen, die das Leben aller Bürger in seiner Substanz betraf, von den meisten aber als Notwendigkeit stillschweigend hingenommen wurde. Die durch die Regierung verordneten Lockdowns schlossen einzelne Branchen vom regulären Wirtschaftskreislauf aus (Touristik, Gastronomie, Kultureinrichtungen, Einzelhandel) und privilegierten andere (Gewerbe, Bau, Onlinehandel, Finanzwirtschaft). Dasselbe Prinzip finden wir bei der angestrebten „Klimarettung.“ Bestimmte Industriezweige und Technologien, Windkraft, Elektroautos, Wärmepumpen, Batterien, werden bevorzugt und staatlich subventioniert. Mit Hilfe einer sog. Taxonomie will die Europäische Kommission in Zukunft entscheiden, was förderungswürdig ist und was nicht. All das multipliziert Lobbyismus und bringt Unsicherheiten in Investitionsentscheidungen, denn niemand kann genau wissen, wo und zu welchem Zeitpunkt was gefördert wird. Diese Flut von Fördergeldern und Zuschüssen erzeugen, so der Journalist Jürgen Zietlow, immer mehr Abhängigkeiten seitens der Unternehmen, denn Staaten regulieren, verbieten und orchestrieren in einer Weise, die in dieser Form bisher nur in klassischen Planwirtschaften üblich war – und das in atemberaubendem Tempo. In der Coronakrise unterwarfen sich große Teile der Bevölkerung schnell und unwidersprochen den staatlichen Restriktionen, die als „Schutzmaßnahmen“ eingeführt wurden. Kritik an den grundrechtswidrigen Einschnitten war faktisch nicht vorhanden, der Glaube an einen paternalistischen Staat, der uns Bürgern nur Gutes will, scheint in weiten Teilen der Gesellschaft ungebrochen, vorausgesetzt ein Notstand wird ausgerufen und permanent Angst erzeugt. Aufmerksame Beobachter ließ der Umgang mit Corona in Bezug auf die „Klimarettung“ Böses ahnen, denn wenn erneuerbare Energien „der öffentlichen Sicherheit dienen“, wird jeder Widerstand, etwa gegen Windparks, obsolet bzw. ein Verbrechen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat nicht umsonst als Reaktion auf die Coronakritiker aktuell einen neuen „Phänomenbereich“, die „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“, eingerichtet. Ich zitiere wörtlich: „Insoweit ist anzunehmen, dass über die Coronapandemie hinaus auch künftig andere gesellschaftliche Krisensituationen von Angehörigen des Phänomenbereichs dazu genutzt werden, um staatliche Stellen und politisch Verantwortliche herabzusetzen. Hier ist beispielsweise eine verstärkte Thematisierung der politischen Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels durch Akteure des Phänomenbereichs in Betracht zu ziehen. Hierdurch wird einem Verlust des Vertrauens der Bevölkerung in die Funktionsfähigkeit des demokratischen Staates Vorschub geleistet.“ Der Staat übernimmt, indem er Kritiker der Klimapolitik zu potenziellen Verfassungsfeinden erklärt, affirmativ die Position der selbsternannten Klimaretter, deren zunehmende Militanz und Allmachtsphantasien längst Normalität und deren Positionen in den Medien weitgehend akklamiert wird. Publizistisch finden wir bereits eine unüberschaubare Menge von Büchern (eigentlich Pamphleten), in seriösen Verlagen erschienen, die die Militanz der Bewegung offen aussprechen. Der Übergang von einer Marktwirtschaft in eine staatliche Planwirtschaft, die einer Kriegswirtschaft ähnelt, wird von vielen Akteuren begrüßt und als einziger Ausweg aus der Klimakrise betrachtet. Exemplarisch hier nur das Buch des schwedischen Humanökologen Andreas Malm mit dem Titel „Klima|x“. Malm ruft zunächst einen „Kriegskommunismus“ des 21. Jahrhunderts aus, denn nur die radikale Abkehr von der kapitalistischen Marktgesellschaft wird das Klima – und dadurch uns – noch retten können. Der Begriff Kriegskommunismus ist hier nicht metaphorisch gemeint, denn der Autor hält allen Ernstes den Bolschewiki zugute, eine historische Katastrophensituation, wenn auch mit brachialen Mitteln, gelöst zu haben (hat hier ein Lektor mitgelesen?). Klar, so Malm, es gab Massenerschießungen, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit war eingeschränkt, aber die objektive Situation, in der wir uns heute befinden, lasse auch keinen anderen Ausweg als drakonische Maßnahmen zu. Fleischverbot, Autoverbote, Verbot von Flügen, Kreuzfahrten usw. Dass harte Einschränkungen von den Betroffenen akzeptiert werden, das zeige die Coronakrise in aller Deutlichkeit, die Verbote müssten nur gut erklärt und demokratisch legitimiert sein. Kurze Zeit nach „Klima|x“ erschien ein weiteres Buch des Autors: Wie man eine Pipeline in die Luft jagt. Das war durchaus nicht ironisch gemeint. Wir befinden uns also in einem permanenten Krieg und müssen alles mobilisieren, was für einen Sieg notwendig ist – auch Repressionen gegen Abweichende, siehe Ungeimpfte, sind dafür ein legitimes Mittel. Die Einschränkung unseres täglichen Lebens – die SPD-Domina Saskia Esken denkt bereits laut über mögliche Fahrverbote nach – sind notwendige Kollateralschäden. Opfer müssen im Dienst einer höheren Sache eben gebracht werden. Die Heizung herunterzufahren und ein wenig zu frieren, das empfahl auch Robert Habeck, der im SPIEGEL nicht zufällig als „Kriegswirtschaftsminister“ betitelt wird. Habeck lässt schon einmal prüfen, Mehrwertsteuersätze bei Lebensmitteln auf ihre Klimatauglichkeit „anzupassen“. Bald werden wir uns nur noch „klimafreundlich“ ernähren, die tägliche Propaganda für vegane Produkte auf allen Kanälen wird sich steigern, der Fleischesser gilt jetzt schon als unmoralisches Subjekt und roher Geselle (Anm. d. Red.: Im Internet kursierte ein Meme mit dem Text „Es ist das Jahr 2200: Die Statue von Präsident Obama wird gestürzt, weil er sich an der barbarischen Sitte des Fleischessens beteiligt hatte.“) Zum ersten Mal seit der Ölkrise der 70er Jahre könnte auch Energie wieder bewirtschaftet werden, indem der Staat, hier die Bundesnetzagentur, zuteilt, wer Energie erhält und wer nicht. Hier sind wir nah an einer Kriegswirtschaft, die Ressourcen von oben verteilt. Die aktuelle Novelle des Energiesicherungsgesetzes kann im Krisenfall Firmen unter treuhänderische Verwaltung stellen, bis hin zur Enteignung, was, der Ehrlichkeit halber, bereits das Gesetz von 1975 in Reaktion auf die Ölkrise vorsah. Eine Klimasteuer oder Sondersteuern auf bestimmte Produkte nähern sich immer mehr einer Planwirtschaft an, die Unternehmen auch ideologisch auf Linie bringen will. Wenn der Staat anfängt festzulegen, welche Produkte moralisch gut – neudeutsch: woke – sind, also förderungswürdig und welche schlecht, wird man als Bürger in seiner Souveränität und Freiheit massiv beschnitten. Die Restriktionen und staatlichen Eingriffe rund um Corona gehen unmittelbar, wie vorherzusehen, in die sog. Klimarettung über, eine Gemeinwirtschaft im ökosozialistischen Gewand wird mehr und mehr zur Realität. Der Krieg in der Ukraine und die mit den Sanktionen einhergehenden Versorgungsprobleme sind dabei nur der Beschleuniger für alle Weltrettungsphantasien und grandiosen wirtschaftlichen Umbaupläne, die in einem „vergrünisierten Deutschland“ besonders gut gedeihen. Nun können sie, Putin sei Dank, wahrscheinlich ohne größeren Widerstand von der Ampel durchgesetzt werden, alternativlos, das versteht sich von selbst. Die einst liberale FDP wird sich dem kleinlaut fügen. Keine guten Aussichten für ein freiheitliches und demokratisches Land. Man kann nur auf die Wirklichkeit hoffen, zumindest beim Thema Energie reicht der ideologische Furor auf Dauer nicht aus. Lediglich die Physik könnte noch ein fieser Spielverderber für die Träume einer „grünen Kriegswirtschaft“ sein.
Alexander Meschnig
Eine Klimasteuer oder Sondersteuern auf bestimmte Produkte nähern sich immer mehr einer Planwirtschaft an. Wenn der Staat anfängt festzulegen, welche Produkte moralisch gut sind und welche schlecht, werden Wirtschaft und Bürger ihrer Souveränität beraubt.
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18.06.2022 06:00
https://www.achgut.com/artikel/dauerkrieg_gegen_die_marktwirtschaft/P7#comment_entries
Blackout (3) – Kann ich mich vorbereiten?
Mit jeder volatilen Energiequelle, die ans Netz geht, wird ein Blackout wahrscheinlicher. Mit jedem Grundlastkraftwerk, das stillgelegt wird, steigt die Blackout-Gefahr. Die Bundesregierung will bis zum Jahre 2022 – notabene in drei Jahren – Kohlekraftwerke mit 12.700 Megawatt stilllegen. Die heutige Höchstlast beträgt etwa 75.000 Megawatt. Zu gut deutsch: Die Politik will bis 2022 fast ein Fünftel der elektrischen Grundlasterzeugung des Landes plan- und ersatzlos stilllegen oder gar durch wetterabhängige Kraftwerkskapazität ersetzen, die an windstillen trüben Tagen noch nicht einmal 10 Prozent ihrer Leistung erbringen können. Vergessen Sie nicht – ein großer Blackout ist eine nationale Katastrophe mit unübersehbaren Folgen für die Bevölkerung und die Wirtschaft. Ist ein Notfall erst eingetreten, ist es für Vorsorgemaßnahmen meist zu spät. Ein Blackout kommt plötzlich und ohne jede Vorwarnung. Es ist eher umgekehrt – schlechte Nachrichten über die Blackout-Gefahr werden von den grünliebenden Journalisten und staatlichen Stellen nur verdruckst verbreitet.  „Die Versorgung ist gesichert“, sagt der Wirtschaftsminister Altmaier, der bekanntermaßen Jurist ist. Er sagt es wider besseres Wissen. Ein anderer Bundesminister, der in seiner Jugend mal Messdiener war, behauptete einst mit ähnlich pathetischem Wahrheitsgehalt: „Die Rente ist sicher“. Im Teil 1 dieses Beitrages haben wir uns damit befasst, wie sich so ein Blackout anfühlen könnte. In diesem Teil wollen wir mal schauen, wie man sich wenigstens ein bisschen darauf vorbereiten kann.  Wenn ein Landesnetz einmal zusammengebrochen ist, dauert es eine ganze Weile, bis die Leistung wiederaufgebaut werden kann. Man benötigt erst einmal ein paar Kraftwerke, die „schwarzstartfähig“ sind. Das sind weder Windenergieanlagen, die ihre Flügel erst mal mit Strom in die Anfahrposition drehen müssen noch normale Kraftwerke, die Pumpen und Hilfsdampfkessel brauchen, um zu starten. Schwarzstartfähige Kraftwerke können ohne äußere Versorgung durch das Netz angefahren werden, weil sie eigene genügend große Dieselgeneratoren oder Gasturbinen haben, um den Anfahrprozess mit Strom zu versorgen. Davon gibt es in Deutschland nach Angaben der Bundesnetzagentur ganze 120 Kraftwerksblöcke. Das entspreche einer Leistung von 9,7 Gigawatt. Erst einmal muss der Schaden beseitigt oder isoliert werden, der den Netzausfall verursacht hat. Dann muss das Netz in kleine Subnetze aufgetrennt werden. Sind dann einige Kraftwerke wieder angefahren worden, kann der Lastverteiler das Netz sukzessive aus den kleinen separierten Teilen wiederaufbauen – das heißt: Stück für Stück zusammenschalten und parallel dazu Kraftwerke hochfahren. Hierbei müssen Leistung und Verbrauch stets in Waage gehalten werden, sonst bricht das Netz wieder zusammen. Wenn man versuchen würde, das Netz einfach wieder zuzuschalten, würden die bereits gestarteten Kraftwerke sofort durch Überlastung ausfallen, da ja überall jede Menge Verbraucher eingeschaltet am Netz hängen und die Leistungsbilanz stören. Dieser Vorgang des Netzwiederaufbaus kann mehrere Tage dauern.  Ich schätze ein, dass etwa eine Woche vergehen kann, bis das Netz wieder zur Verfügung steht. Richten Sie sich also auf eine Woche ohne Versorgung ein. Halten Sie solche Dinge in Ihrem Vorrat, die Sie auch normalerweise konsumieren. Die Maslowsche Bedürfnispyramide hilft uns, diese Frage zu beantworten. Da der Versorgungsausfall nur eine Woche beträgt, können wir mit den Grundbedürfnissen beginnen: Hierzu zählt Maslow (1943) alle Grundbedürfnisse, die zum Erhalt des menschlichen Lebens erforderlich sind, wie Atmung, Wasser, Nahrung, Schlaf, Fortpflanzung, Homöostase (z.B. Hütte, Witterungsschutz). Eine Woche ohne Essen halten die meisten erwachsenen Menschen problemlos aus, wenn sie gesund sind. Nicht so allerdings kranke oder sehr alte Menschen und Kleinstkinder. Denken Sie auch an Diabetiker und Allergiker. Wasser: Da man damit rechnen muss, dass die Leitungswasserversorgung schon nach wenigen Stunden ausfallen kann, sollte für jedes Familienmitglied ein Vorrat an 1,5 Liter (große Mineralwasserflasche) für eine Woche bereitstehen. Das heißt für eine dreiköpfige Familie brauchen Sie einen Vorrat von 20 Flaschen. Wenn der Strom plötzlich ausfällt, weiß man nicht, wann er wiederkommt. Ich empfehle daher, umgehend und prophylaktisch die Badewanne mit kaltem Wasser volllaufen zu lassen. Dieses kann dann, streng rationiert, als Brauchwasser das Leben sehr erleichtern. Bedenken Sie auch, dass bei einem Wasserausfall auch die Toilettenspülung mit ausfällt. Sie können Ihre Toilette nicht mehr wie gewohnt benutzen. Auch ein Campingklo dürfte beim Blackout für eine Familie innerhalb kurzer Zeit überfordert sein. Ich persönlich würde mir mit Plastik-Abfallsäcken helfen, die fest zugeschnürt lagerbar sind, bis sich das Leben wieder normalisiert. Gut ist es, wenn sie für die Benutzung über die Klobrille gezogen passen. Ein Mensch stirbt nicht, wenn er sich eine Woche nicht waschen kann. Menschen fühlen sich aber besser, wenn sie sich reinigen können. Ein Vorrat an feuchten Wegwerftüchern kann den Komfort wesentlich erhöhen.  Nahrungsmittel: Für Nichtfaster ist die Vorstellung eines kompletten Nahrungsverzichtes von einer Woche wenig attraktiv. Für Kleinstkinder und Kranke besteht sogar die Notwendigkeit der Möglichkeit von regelmäßiger warmer Nahrungszufuhr. Sie brauchen also einen Spiritus-Campingkocher und einen Brennstoffvorrat für eine Woche. Fünf Liter Brennspiritus dürften reichen. Und denken Sie daran, die meisten Menschen haben wenig Erfahrung beim Umgang mit solchen Geräten. Die Feuerwehr können Sie wahrscheinlich gar nicht erreichen. Also ist ein Feuerlöscher eine gute Idee. Die Vorratshaltung von Nahrungsmitteln muss pragmatisch sein, wenn sie funktionieren soll. Festmahle braucht es beim Blackout ohnehin nicht zu geben. Für Kinder brauchen Sie Trockenmilchpulver o.ä. Für Erwachsene ein paar Päckchen Nudeln, Reis, Linsen – alles was lange lagerfähig ist. Ein paar Soßen-Konserven tun gut, auch andere Konserven. Brot ist schwierig, daher rate ich ab. Futtern Sie erst den Tiefkühlschrank und den Kühlschrank leer, die werden sowieso auftauen.  Wenn Sie neue Nahrungsmittel als Ersatz für verbrauchte kaufen, stellen Sie diese immer nach hinten ins Regal. Für Kaffeeabhängige – vergessen Sie den Instantkaffee nicht.  Information/Kommunikation: Telefon, Fernsehen und Internet brechen beim Blackout binnen kurzer Zeit zusammen. Information kann lebenswichtig sein. Es ist davon auszugehen, dass die staatlichen Stellen den Rundfunk mit Notstromaggregaten aufrechterhalten können. Nehmen Sie Warnungen der staatlichen Stellen im Notfall ernst. Bleiben Sie besonnen. Haben Sie daher ein batteriebetriebenes Radio bereit, natürlich mit einem entsprechenden Batterievorrat. Im Notfall haben Sie noch ein Autoradio. Einen Batterievorrat brauchen Sie auch für Ihre Taschenlampe. Bevorraten Sie eine ausreichende Zahl von Zündhölzern, Kerzen und sicheren Kerzenhaltern für die Familienmitglieder. Lassen Sie Kinder nicht mit brennenden Kerzen alleine.  Gesundheitsfürsorge: Man sollte stets einen gut gerüsteten Verbandskasten bereithalten, auch einen Mindestvorrat an benötigten Medikamenten. Durchfallmittel, Fiebersenker und Elektrolyte sollten darin sein. Ein gut bebilderter Erste-Hilfe-Führer kann von großem Nutzen sein. Eine Erkältung ist das Letzte, was Sie bei einem Blackout brauchen. Ziehen Sie sich warm an, die Heizung wird nicht funktionieren, und die Wohnung wird kalt. Medizinische Hilfe für unvorhergesehene Fälle gibt es nur noch in Krankenhäusern. Begeben Sie sich im Notfall dorthin und wappnen Sie sich für jede Menge Komfortverlust. Haben Sie einen ausreichenden Vorrat an Einweggeschirr und Besteck? Für unhygienische Angelegenheiten brauchen Sie Einweghandschuhe. Betreiben Sie nach Möglichkeit ein Minimum an Seuchenschutz. Dazu gehört die sichere und isolierende Lagerung von Müll und Ausscheidungsprodukten sowie ein Minimum an Hygiene.  Bargeld: Hier scheiden sich die Geister. Sie sollten stets etwas Bargeld im Hause vorrätig haben, da die Geldverteilung über die Banken und bargeldloses Zahlen ausfallen. Sollte der Blackout länger dauern, macht Bargeld Sie unabhängiger für Einkaufe auf einem eventuell entstehenden Notmarkt, das ist wichtig. Aber Bargeld macht Sie verwundbar bei Raubüberfällen.  Verhalten: Sicherheit kommt zuallererst, ohne Abstriche und ohne Kompromisse. Vorsicht, Vorsicht und nochmals Vorsicht ist angesagt. Sie können nicht mit fremder oder staatlicher Hilfe rechnen – um so willkommener, wenn Sie sie erhalten. Gehen Sie davon aus, dass Sie weder Polizei noch Feuerwehr noch dringende medizinische Hilfe rufen können. Verletzungen, Brände, Unfälle können unter solchen Umständen tödlich enden. Nachbarschaftliche Hilfe wird lebensnotwendig und lebensrettend sein. Leisten Sie sie, wenn Sie können. Kümmern Sie sich als erstes um die Schwachen unter Ihren Lieben. Es ist besser, die gebrechlichen Eltern zu Hause zu beschützen, als im Pflegeheim auf angemessene Betreuung im Katastrophenfall zu hoffen. Also sollten sie – möglichst am Anfang einer solchen Ausnahmesituation, wenn die Straßen noch einigermaßen sicher sind – geholt werden. Low profile – der gesellschaftliche Zusammenhalt wird durch einen Blackout an seine Grenzen geführt. Staatliche Schutzfunktionen für den Bürger können nicht genügend aufrechterhalten werden. Es gibt immer einen Bodensatz der Gesellschaft, der eine solche Ausnahmesituation für kriminelle Akte nutzen möchte. Plünderungen, Raub und andere schwere Delikte werden wahrscheinlich. Vermeiden Sie die Situationen. Bleiben Sie mit Ihrer Familie im Haus. Vermeiden Sie beleuchtete Fenster, wenn alles um Sie herum dunkel ist. Zeigen Sie nicht an, dass Sie Überlebensmittel haben – eine Dose Ravioli kann Sie das Leben kosten. Auch ein laufendes Notstromaggregat könnte Leute anziehen, von denen Sie lieber Abstand halten wollen.  Versuchen Sie, die Benutzung Ihres Autos zu vermeiden. Es wird für Sie kein Nachtanken geben, nur 14 von 1.600 Tankstellen in Deutschland haben ein Notstromaggregat, und die bleiben staatlichen Stellen und Helfern vorbehalten. Es wird kaum Hilfe bei Unfällen geben. Es kann zu Fällen von Fahrzeugraub kommen.  Liebe Achse-Leser, der Blackout wird durch Energiewende und Kohleausstieg wahrscheinlicher. Dies ist eine unvollständige Vorbereitungsanleitung ohne jede Gewähr, dafür muss sie aber auch keine Rücksicht auf politische Korrektheit nehmen.  Sicher haben Sie noch weitere gute Ideen, wie man sich schützen kann – teilen Sie diese mit uns und den anderen Achse-Lesern.   Den ersten Teil dieser Serie finden Sie hier. Den zweiten Teil dieser Serie finden Sie hier. Manfred Haferburg ist Autor des Romans „Wohn-Haft“, mit einem Vorwort von Wolf Biermann, der nun auch als Paperback erhältlich ist.
Manfred Haferburg
Mit jeder volatilen Energiequelle, die ans Netz geht, und mit jedem abgeschalteten Grundlastkraftwerk, wird ein Blackout wahrscheinlicher. Ein großer Blackout ist eine nationale Katastrophe mit unübersehbaren Folgen für die Bevölkerung und die Wirtschaft. Ist ein Notfall erst eingetreten, ist es für Vorsorgemaßnahmen meist zu spät. Was also tun?
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22.02.2019 12:00
https://www.achgut.com/artikel/blackout_3_kann_ich_mich_vorbereiten/P7#comment_entries
Warum gibt es im Fußball so wenige schwarze Top-Torhüter?
Der ein oder andere Fußballfan mag sich vielleicht schon einmal die Frage gestellt haben, warum in der Bundesliga oder auch in anderen europäischen Top-Ligen kaum ein schwarzer Torhüter spielt. Ist es Rassismus oder woran liegt es? Erklärungsmöglichkeiten gibt es viele, hier ein näherer Augenschein. Der ein oder andere Fußballfan mag sich vielleicht schon einmal die Frage gestellt haben, warum in der Bundesliga oder auch in anderen europäischen Top-Ligen kaum ein schwarzer Torhüter spielt. Die israelische Zeitung Haaretz und die New York Times beschäftigten sich vor gut zwei Jahren jeweils recht ausführlich mit dieser Frage, ohne sie allerdings befriedigend beantworten zu können. So sei in der spanischen und italienischen (ersten) Liga etwa jeder sechste Feldspieler schwarz, aber kein einziger Torhüter, in Englands Premier League seien 57 Prozent der Stürmer schwarz, aber nur 9 Prozent der Torhüter. Immerhin: Es gibt sie überhaupt, die schwarzen Top-Torhüter. Die Antwort auf die Frage, warum das so ist, fällt bei beiden Zeitungen dann aber enttäuschend schlicht aus: „purer Rassismus“, oder, etwas freundlicher, „tief verwurzelte Skepsis“, ob Schwarze als Torhüter hinsichtlich ihrer Fehleranfälligkeit geeignet seien.  Andere Fußballkenner, die sich teils auf ihre Erfahrungen als Scouts in Afrika berufen, weisen auf die dortigen Umstände hin, wo Kinder nicht auf ebenen Rasenflächen, sondern auf Straßen, Höfen oder am Strand Fußball spielen. In das nur provisorisch markierte Tor würden meist die untalentierten, bewegungsfaulen und übergewichtigen Jungs gestellt. Nicht zuletzt auch – da beißt sich die Katze dann in den Schwanz –,weil positive Rollenvorbilder fehlten, die es auf den anderen Positionen dafür zuhauf gebe. In den europäischen Vereinen dagegen werde darauf geachtet, dass sich Kinder schon früh für eine bestimmte Position entscheiden, auch für die des Torhüters. Hier ließe sich kritisch einwenden, dass mittlerweile nicht wenige schwarze Kicker in europäischen Fußballvereinen bereits im Kindesalter den Umgang mit dem Ball erlernen, ohne dass es sich bisher relevant auf die Anzahl schwarzer Top-Torhüter ausgewirkt hätte.  Bevor es weitergeht im Text, sei hier ein kurzer persönlicher, aber durchaus sachdienlicher Hinweis erlaubt. Das vorliegende Thema interessiert den Autor dieser Zeilen nicht nur als Wissenschaftler und langjährigen Fußballfan (HSV!), sondern auch als fachlich Vorbelasteten: Ich habe in jungen Jahren das Tor einer Jugendnationalmannschaft gehütet und bald darauf das eines Bundesligateams – allerdings nicht im Fußball, sondern im Hockey. Natürlich nicht alle, aber doch etliche der wesentlichen Grundvoraussetzungen für ein erfolgreiches Torhüterdasein dürften durchaus für beide Sportarten gelten.   Bei einem potentiell rassismusaffinen Thema kann es nicht verwundern, dass auch das hier schon des Öfteren gewürdigte Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) sich dessen annimmt. Genauer: eine relativ neue Abteilung dieser Einrichtung, der Nationale Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa). Dessen jüngstes, von einem sechsköpfigen Autorenteam erstellte „Working Paper“, trägt den ebenso sperrigen wie großspurigen Titel: „Racist Stacking im deutschen Spitzensport - Wieso es keine Schwarzen Torhüter in der Fußball-Bundesliga gibt und was das mit Rassismus zu tun hat“.  In der Spielzeit 2020/21 betrug laut NaDiRa der Anteil von Schwarzen in den Mannschaftskadern der Ersten und Zweiten Bundesliga über alle Spielpositionen 20,6 Prozent, dazu kamen noch 9,9 Prozent sogenannte Person of Colour (PoC), die uns hier aber nicht weiter interessieren. Am häufigsten (37 Prozent) waren Schwarze auf der Position des offensiven Außenspielers anzutreffen, am seltensten, nämlich überhaupt nicht, auf der Position des Torwarts. Der Begriff Racist Stacking, so erklären es die Autoren ihren Lesern, werde seit den 1960er-Jahren von US-amerikanischen „Sportsoziolog*innen“ für ein bestimmtes Phänomen im Mannschaftssport verwendet, nämlich „die Überrepräsentation weißer Sportler*innen auf in räumlicher und taktischer Hinsicht zentralen Spielpositionen, die mit Kompetenzen wie Spielintelligenz, Spielaufbau, Spielüberblick, Führungsqualität oder Kreativität verbunden werden, sowie die Überrepräsentation von Schwarzen Sportler*innen auf dezentralen und körperbetonten Spielpositionen, die mit Attributen wie Athletik, Physis, Schnelligkeit oder Instinkt verbunden werden“.   Nach Meinung der Autoren seien das genau die Eigenschaften, die Schwarzen in rassistischen Ideologien zugeschrieben werden. Ebenso alternativ- wie diskussionslos wird nun gefolgert: „Insofern kann Racist Stacking – sofern es auftritt – als Indikator für die Wirkmächtigkeit jahrhundertealter, rassistischer Zuschreibungspraxen gelesen werden“. Aber: Ist es wirklich so einfach, wie es sich diese Anhänger der Critical Race Theory machen? Nicht nur der Autor dieser Zeilen zweifelt daran, sondern auch der seinerzeitige Direktor des Instituts für Sportwissenschaft der Uni Tübingen, Ansgar Thiel, der meinte, es seien weitergehende Untersuchungen nötig: „Man müsse die Spieler nach ihren Erfahrungen befragen, und auch Fußball-Trainer und Talent-Scouts“.   In der Tat sollte man das tun. Denn es erscheint in höchstem Maße abwegig, dass Fußball-Experten wie Trainer und Scouts – in der sehr leistungsorientierten Fußball-Nachwuchsschulung – über mittlerweile Jahrzehnte das wahre Talent von schwarzen Kickern auf Grund eines systematischen Beurteilungsfehlers nicht angemessen zu erkennen vermögen. Außerdem, so wieder Thiel, sollte berücksichtigt werden, „ob es positive Rollenvorbilder gibt, welchen Einfluss die Eltern auf die jungen Spieler nehmen, ob es Moden gibt, sich für bestimmte Postionen zu entscheiden“.  Offenbar ist den DeZIM-Autoren ihr Zirkelschluss selbst nicht ganz geheuer, denn, so wird immerhin konzediert, erfolge eine Beurteilung anhand rassistischer Maßstäbe möglicherweise auch „unbewusst“. Was wiederum nichts anderes bedeutet, als dass sich der Sachverhalt wissenschaftlich nicht näher prüfen lässt, denn wer hat schon Zugang zum Unbewussten? In einer tatsächlich wissenschaftlichen Analyse des hier interessierenden Problems käme Rassismus durchaus als eine Erklärung in Betracht. Nur müssten zum einen dessen konkreter Wirkmechanismus tatsächlich auch nachgewiesen und zum anderen konkurrierende Erklärungen ausgeschlossen werden.  Als hilfreich bei der Bearbeitung völlig offener wissenschaftlicher Fragen, das sei den DeZIM-Forschungsnovizen ans Herz gelegt, hat sich die Strategie erwiesen, möglichst vorurteilsfrei, breit und ergebnisoffen vorzugehen – zunächst durchaus auch unter Berücksichtigung von vielleicht abwegig erscheinenden Hypothesen. Eine solche wäre etwa, ob hier nicht auch der Glaube an Hexerei von Bedeutung sein könnte, zumal jüngst eine globale Studie ermittelte, dass Hexenglaube nicht zuletzt auch in afrikanischen Ländern immer noch erstaunlich weit verbreitet ist: je niedriger das Bildungsniveau und je geringer die ökonomische Sicherheit, desto häufiger. Zudem scheint in Afrika Hexerei im Zusammenhang mit Fussball eine ganz besondere Rolle zu spielen. Vor diesem Hintergrund könnte durchaus die Hypothese formuliert werden, dass ein Torwart fürchten muss, besonders häufig Opfer von Verhexungen zu werden, kann doch bereits ein kleiner Fehler von ihm spielentscheidend sein. Diese latente Bedrohung wiederum könnte etliche afrikanische Torhütertalente vor dieser Position zurückschrecken lassen oder auch zu entsprechenden elterlichen Verboten führen.   Deutlich plausibler erscheint ein ganz anderer Erklärungsansatz, der allerdings – bereits seit längerer Zeit und zunehmend – auf vermintem Gelände angesiedelt ist, geht es doch um direkte Vergleiche zwischen Schwarz und Weiß, bei denen es naturgemäß auch mal sein kann, dass die Schwarzen schlechter abschneiden könnten. Ausgangspunkt dieses Erklärungsansatzes ist die Frage nach den speziellen kognitiven Voraussetzungen für eine erfolgreiche Karriere als Fußball-Torhüter.  Unstrittig dürfte die überragende Bedeutung einer weit überdurchschnittlichen Reaktionsgeschwindigkeit sein. Sowohl in Bezug auf einen einfachen Reiz – z. B. Stürmer schießt unbedrängt von der Strafraumgrenze aufs Tor – als auch hinsichtlich etwas komplexerer Reizkonstellationen. Gemeint sind damit Situationen, in denen der Fokus der Aufmerksamkeit des Torhüters vergleichsweise stärker variiert beziehungsweise ablenkenden Reizen ausgesetzt ist, etwa, wenn der Torschuss aus einer unübersichtlichen Strafraumsituation abgegeben wird.  Aus neuropsychologischer Sicht reicht folglich eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit alleine nicht aus. Vielmehr sollte das kognitive Tempo auch bei bestimmten anderen, etwas komplexeren Anforderungen möglichst hoch sein. Bei dieser im Fachjargon als kognitive Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit oder mental speed bezeichneten Eigenschaft handelt es sich im Übrigen gleichzeitig auch um eine Art Grundbaustein der allgemeinen kognitiven Leistungsfähigkeit des Menschen, deren Ausprägung sie zu etwa einem Viertel bestimmt. Eine weitere Voraussetzung für einen Spitzentorhüter ist eine besondere Fähigkeit zur Antizipation. Damit ist in diesem Zusammenhang die gedankliche und vorstellungsmäßige Vorwegnahme kommender Spielsituationen gemeint, einschließlich der Vorausahnung der Schussrichtung – nicht nur beim Elfmeter.  Das allerdings nur in einer Wissenschaftslandschaft umsetzbar wäre, in der politische Korrektheit und Befindlichkeit keine wesentliche Rolle spielen. Wie dem auch sei, auf jeden Fall ist es angesichts der obigen neuropsychologischen Überlegungen ausgesprochen naheliegend, die unterschiedliche Häufigkeit von schwarzen und weißen Top-Torhütern mit einer unterschiedlichen Ausprägung der für diese Position wesentlichen Aufmerksamkeitsfunktionen in Verbindung zu bringen. Welche Stichproben dabei sinnvollerweise untersucht werden sollten, sei dahingestellt, aber die erforderlichen Testungen wären rasch, unkompliziert und zuverlässig jeweils vor Ort durchführbar, einschließlich der etwas sperrigeren Messung der Antizipationsfähigkeit.  Selbstverständlich könnte auf ein solches Forschungsvorhaben auch verzichtet werden, denn so wichtig ist das Problem ja nun auch wieder nicht, zumal auch hier die Wahrheit letztlich auf dem Platz liegt. Bevor aber weltweit Trainer und Scouts aller Wahrscheinlichkeit nach vorschnell und unbegründet vom öffentlich alimentierten NaDiRa als Rassisten diffamiert werden, besteht doch wohl so etwas wie eine moralische Pflicht, andere, nicht-rassistische Erklärungen für das seltenere Vorkommen von schwarzen Top-Torhütern sicher auszuschließen.  Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Wolfgang Meins ist Neuropsychologe, Arzt für Psychiatrie und Neurologie, Geriater und apl. Professor für Psychiatrie. In den letzten Jahren überwiegend tätig als gerichtlicher Sachverständiger im sozial- und zivilrechtlichen Bereich.
Wolfgang Meins
Der ein oder andere Fußballfan mag sich vielleicht schon einmal die Frage gestellt haben, warum in der Bundesliga oder auch in anderen europäischen Top-Ligen kaum ein schwarzer Torhüter spielt. Ist es Rassismus oder woran liegt es? Erklärungsmöglichkeiten gibt es viele, hier ein näherer Augenschein.
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04.12.2022 10:00
https://www.achgut.com/artikel/warum_gibt_es_in_der_bundesliga_keine_schwarzen_torhueter/P84#comment_entries
Danke, Freiburg!
Nach zwei wunderbaren Weihnachtsfeiern und einem Riesenteller Pasta bei meinem Freund Giovanni bin ich genau in der richtigen Stimmung, um laut und vernehmlich “Danke, Freiburg!” zu rufen. Erstens hab ich etwas dazugelernt - es gibt noch undogmatische Linke, die weder Israel- noch Amerikahasser sind -, zweitens habe ich etwas bestätigt gefunden, was ich schon wusste, aber eben nicht mit dieser exemplarischen, lupenreinen Klarheit: Der Antisemitismus ist eine Krankheit, Antisemiten sind Menschen, die an einer psychotischen Störung leiden. Um das zu erkennen, muss man kein ausgebildeter Psychologe oder Psychiater sein, so wie man kein Ernährungswissenschaftler oder Lebensmittelkundler sein muss, um eine Portion “Cozze al vino bianco” von einer Ladung Ausgekotztem auf der Wiesn unterscheiden zu können. Was geht in Menschen vor, die zwei Stunden vor der angesetzten Zeit zu einer Veranstaltung mit mir kommen, um einen möglichst günstigen Platz in meiner Hör- und Sichweite zu bekommen, sich dann zwei Stunden von mir sekkieren und kuranzen lassen, um dann aufzustehen und zu verkünden, sie seien enttäuscht, sie hätten etwas ganz Anderes erwartet? Ja, was haben sie denn erwartet? Dass ich mich vor ihnen in den Staub werfe und um die Vergebung meiner Sünden bitte? Gehen die auch zu einem Konzert mit Anne-Sophie Mutter, um am Ende zu jammern, sie hätten lieber Klaus dem Geiger gelauscht? Was den Antisemiten auszeichnet, ist das vollständige Fehlen eines Schuldbewusstseins. Das hat er mit Kinderschändern und Vergewaltigern gemeinsam. Jeder Antisemit meint es gut mit den Juden, will nur ihr Bestes, und sei es nur, sie davor bewahren, in die Fußstapfen der Nazis zu treten. Auch Kinderschänder und Vergewaltiger pflegen ihre besondere Liebe zu Kindern und Frauen. Und wenn ein Kind nicht kooperiert oder eine Frau nicht will, dann muss es/sie eben zu seinem/ihrem Glück gezwungen werden. Wie die Juden bzw. die Israelis, über deren Köpfe hinweg der benevolente Antisemit entscheidet, ob sie nach Palästina abhauen, aus Palästina verschwinden, in einem bi-nationalen Staat leben oder die Zwei-Staaten-Lösung anstreben sollen. Und es gibt genug dekadente Juden, die bei diesem Spiel mitmachen, Moshe Zuckerman, Shlomo Sand, Gilad Atzmon - nur um drei der gruseligsten Beispiele intellektueller und mentaler Verwahrlosung zu nennen. Dem dermaßen um das Wohl der Juden und das Seelenheil der Israelis besorgten Antisemiten reicht es nicht, im Mantel der “Israelkritik” seine totale historische Inkompetenz, sein Viertelwissen und sein Bedürfnis, die Last der deutschen Geschichte abzuschütteln, zu zelebrieren, er will dafür von einem Juden gelobt und somit für koscher erklärt werden. Beispielhaft dafür ist die Forderung der SS an Sigmund Freud, er möge bestätigen, dass er bei seiner Vertreibung aus Wien anständig behandelt wurde. Worauf er zu einer Serviette griff und darauf schrieb: “Ich kann die SS Jedermann nur empfehlen.” Verweigert der Jude diesen Liebesdienst, kann der Antisemit ungehalten werden. Und wittert er gar “Ironie” oder “Zynismus” auf Seiten des Juden, fühlt er sich nicht nur überrumpelt sondern auch gedemütigt, denn diese Kategorien sind ihm so wesensfremd wie dem Maulwurf das Verlangen nach Tageslicht. Der Antisemit ist Sadist und Masochist in einem. Er fühlt sich dem Juden gleichzeitig über- und unterlegen. Er stilisiert sich zum Opfer und den Juden zum Täter. Am liebsten wäre er selber Jude. Manche schaffen sogar den Sprung über das Massengrab, um sich dann als die “wahren Juden” zu prostituieren. Andere müssen sich damit begnügen, “jüdische Freunde” zu haben oder die “Women in Black” zu unterstützen. So oder so, sie können von den Juden nicht lassen. Was derzeit in Aleppo, Homs oder Hama passiert, geht ihnen dagegen so am Arsch vorbei wie ein Gewitter hinterm Horizont. In diesem Sinne möchte ich mich bei drei Besuchern der Veranstaltung vom 18.12. ganz besonders bedanken. Bei der jungen Frau in der ersten Reihe, die zum Beleg dafür, dass sie keine Antisemitin sein könnte (was ich ihr nicht einmal unterstellt hatte), erklärte, sie wäre mit einem Juden verheiratet.  Bei dem Mann mit dem kurzen Zöpfchen im Haar und der Statur von Gerard Depardieu, der nach vorne kam, dem Publikum den Rücken zuwandte und mich aufforderte, Freiburg zu verlassen, weil er offenbar nicht mitbekommen hatte, dass die Reisebeschränkungen für Juden vor kurzem aufgehoben wurden. Und last bei not least bei einem Aktivisten der Friedensbewegung, von dem ich nicht wusste, dass er in Freiburg weltberühmt ist. Er kam am Ende der Veranstaltung ebenfalls nach vorne und sprach ein wunderbares Schlusswort: „Wir alle wollen doch weg vom Zionismus!“ Erst als im Saal ein Superlacher losbrach, merkte er, was sein Es da erbrochen hatte. “Jeder kann sich mal versprechen”, stammelte er. Aber damit war jene exemplarische, lupenreine Klarheit ganz von alleine hergestellt, die man sonst bei Auseinandersetzungen mit Antisemiten erst analytisch erarbeiten muss. In diesem Sinne; Ich kann Freiburg Jedermann und Jederfrau nur herzlich empfehlen.        
Henryk M. Broder
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21.12.2013 15:08
https://www.achgut.com/artikel/danke_freiburg
Rock n’ Roll Hallelujah
http://www.youtube.com/watch?v=EZEDr8Hl6-Q
Benny Peiser
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25.09.2007 15:31
https://www.achgut.com//artikel/rock_n_roll_hallelujah
USA: Die neueste Wendung im Republikaner-Bashing
Der Sprecher der Mehrheitsfraktion im Kongress, Kevin McCarthy, ist per Misstrauensvotum aus dem Amt gekegelt worden. Von einem Putsch ist nun überall die Rede, und die Medien überschlagen sich in schrillen Tönen mit Schuldzuweisungen an die Republikaner. Was ist dran? Lawmaker, so lautet die Berufsbezeichnung, die sich die Abgeordneten des Kongresses in Washington gegeben haben. Gesetzesmacher. Das Gesetzemachen besteht zum größten Teil in den Entscheidungen, in welche Projekte jenes Geld fließt, das man durch Steuern im Land eingenommen hat oder als Schulden raushaut. Viele dieser Staatsausgaben werden nach Wiedervorlage (CR, Continues Resolution) beschlossen, weil sie dauerhaft anfallen. Zu den seit einigen Jahren wiederholt anstehenden Aufgaben der Abgeordneten gehört die Anhebung der Schuldengrenze, also der Aufweichung der Budgetbeschränkung für den Staat, der schon lange nicht mehr mit den Mitteln auskommt, die er seinen Bürgern als Steuern abnimmt. Mit anderen Worten: Seit langem ist am Ende des Geldes noch einiges vom Jahr übrig, und der Shutdown droht. Alle Aufgaben auf föderaler Ebene würden auf „Halt“ gestellt, Beamte würden nicht bezahlt, Schulen, Verwaltungen, Veteranenversorgung, die Agenten in FBI, CIA, NSA und auch die Armee müssten ihre Arbeit einstellen und hätten Zwangsurlaub. Gerade tobt wieder der Kampf um die Anhebung des „Dispokredits“, der Shutdown wurde in letzter Sekunde abgewendet und ein Notfallhaushalt für die nächsten 45 Tage verabschiedet. Eine Gnadenfrist bis November, mehr nicht, denn die Zustimmung der republikanischen Mehrheit für die Anhebung der Schuldenobergrenze um weitere zwei Billionen Dollar ist nun aussichtlos, weil ein Misstrauensvotum den Sprecher der Mehrheitsfraktion, Kevin McCarthy, aus dem Amt gekegelt hat. Von einem Putsch ist nun überall die Rede, und die Medien überschlagen sich in schrillen Tönen mit Schuldzuweisungen. Schuld an dem Dilemma habe eine kleine, radikale Gruppe von Republikanern um den Abgeordneten Matt Gaetz aus Florida. Der Spiegel spricht von Blamage und einer Blockade des Landes. Die WELT gar vom „Vorgeschmack auf die zerstörerische Kraft der rechten Republikaner“. Das impliziert natürlich, dass es auch linke Republikaner gibt, die wohl nicht ganz so schlimm seien. Der Vorfall der Abwahl eines Speakers ist in der Tat einzigartig in der Geschichte der USA, doch das war ja auch schon der Amtsantritt von McCarthy im Januar. Der war nämlich an innerparteiliche Bedingungen geknüpft und mit einer kurzen Reißleine versehen. Die Gruppe um Gaetz hatte sich ausbedungen, dass im Fall gebrochener Zusagen bereits eine Stimme des Misstrauens aus den eigenen Reihen genüge, um eine Abstimmung des Hauses über den Verbleib des Speakers zu erzwingen. McCarthy, mürbe von den insgesamt 15 Wahlgängen, gab schließlich nach und akzeptierte auch zwei weitere gestellten Bedingungen: keine Hinterzimmerabsprachen mit den Demokraten mehr sowie das Ende der sogenannten Omnibus-Spendings. Das mit den Hinterzimmern ist nicht nur im Washingtoner Politikbetrieb gängige Praxis, sehr zum Ärger des interessierten Elektorats, das seine Interessen verkauft und verraten sieht – und zwar auf beiden Seiten! Bei den Omnibus-Spending-Bills handelt es sich um die Praxis der Regierung, in eng anberaumten Abstimmungen tausende Seiten mit einem Sammelsurium beabsichtigter Finanzierungen durchs Abgeordnetenhaus zu prügeln. Du willst die Truppen unterstützen? Dann unterschreib! Dir sind die Veteranen wichtig? Dann sag ja zum Gesamtpaket! Und damit auch zur Unterstützung von Genderstudien in Pakistan oder der Bezahlung der Pensionen ukrainischer Beamter. Wer also beispielsweise Mittel für den Wiederaufbau des auf Hawaii vom Feuer verwüsteten Lāhainā bereitstellen will, soll gleichzeitig Mittel für den Krieg in der Ukraine bewilligen. Wer das nicht oder doch zumindest nicht vermischt haben will, den kann man später in den Medien bezichtigen, er wolle die Einwohner von Maui im Elend lassen. Das grenzt geradezu an Erpressung. Ebendiese Praxis zu beenden und wieder zu ehrlichen Abstimmungen zur Sache überzugehen, war das erklärte Ziel der Gruppe um Matt Gaetz. Man könne ja über jede Verwendung von Steuergeldern und auch über Schulden abstimmen, jedoch über jeden Verwendungszweck und Topic separat, so Gaetz. Es ist eigentlich unfassbar, aber für das Streben nach mehr Transparenz bei der Abstimmung, mehr Mitspracherecht der Abgeordneten und damit auch für mehr Haushaltsdisziplin auf Seiten der Regierung wird er nun als gefährlicher rechter Extremist dargestellt. Die Weigerung, die Erhöhung der Schuldenobergrenze schon wieder einfach durchzuwinken, führte zunächst zum Kompromiss und zur Verlängerung des aktuellen Haushalts um 45 Tage. Jedoch hatte die Regierung Biden einigen Grund zur Annahme, Sprecher McCarthy werde nun rasch zusätzlich die Ausweitung der Hilfe an die Ukraine auf den Weg bringen, worin Gaetz wohl nicht zu unrecht einen Hinterzimmerdeal vermutete und die oben erwähnte Reißleine zog. McCarthy verlor die Vertrauensfrage deutlich, was wegen der nun anstehenden Suche nach einem Nachfolger für das Sprecheramt das Parlament lahmlegt. Die Uhr tickt jedoch. In 45 Tagen endet der Kompromiss, und gibt es bis dahin keinen neuen, legalen Haushalt, muss die US-Bundesregierung ihre Arbeit einstellen. Wie immer, wenn einer Regierung das Geld anderer Leute ausgeht, steht die Schuldfrage im Raum, und die deutsche Presse ist sich einig, dass Matt Gaetz zu weit gegangen sei. Das Parlament brauche schließlich einen Speaker, um handlungsfähig zu sein. Und noch etwas steht für das Kommentariat fest. Es gäbe bei Gaetz‘ Spiel mit dem Chaos viele Opfer, aber nur einen Profiteur: kein Anderer als Donald Trump! Zu dumm nur, dass es ausgerechnet Trump war, der McCarthy unterstützte und schon im Januar sehr ungehalten war, weil Gaetz durch sein Beharren auf Bedingungen die Ernennung des Sprechers so lange verzögert hatte. Doch was nützt den Republikanern die Mehrheit im Repräsentantenhaus, wenn diese am Ende doch nur die Schuldenmacherei der Regierung von Joe Biden durchwinken und sich bei jeder Budget-Frage am Nasenring mit der Aufschrift „Wer nicht zustimmt, gefährdet die Demokratie“ durch die Manege führen lassen? Denn eines ist hier offensichtlich: Immer, wenn Republikaner für die Vorschläge der Demokraten stimmen, geht das völlig in Ordnung. Ja, man erwartet das von ihnen. Niemand käme auf die Idee, dass so was auch in die andere Richtung funktionieren könnte, gerade wenn die Zeiten mal wieder „Spitz auf Knopf“ stehen. Wie viele Stimmen der Demokraten hat Kevin McCarthy wohl gerade beim Misstrauensvotum erhalten, nachdem er erfolgreich den Shutdown der Regierung Biden verhindert und ihr die geforderten Mittel für die Ukraine in Aussicht gestellt hatte? Es waren genau null. Sämtliche Abgeordneten der Dems, die nun die verlorene Handlungsunfähigkeit des Parlaments beklagen, stimmten gemeinsam mit Matt Gaetz und einer Handvoll weiterer Abgeordnete der Republikaner für die Absetzung des Speakers. Sollte es im November also tatsächlich zum Shutdown der US-Regierung kommen, können die Demokraten mit Fug und Recht sagen, sie hätten selbst dafür gesorgt. Matt Gaetz kann immerhin für sich in Anspruch nehmen, sich exakt so verhalten zu haben, wie er es im November 2022 seinen Wählern und im Januar 2023 seinen Kollegen versprochen hatte. Welche Ausreden werden die Demokraten haben?   Roger Letsch, Baujahr 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Dieser Beitrag erschien zuerst auf seinem Blog unbesorgt.de.
Roger Letsch
​​​​​​​Der Sprecher der Mehrheitsfraktion im Kongress, Kevin McCarthy, ist per Misstrauensvotum aus dem Amt gekegelt worden. Von einem Putsch ist nun überall die Rede, und die Medien überschlagen sich in schrillen Tönen mit Schuldzuweisungen an die Republikaner. Was ist dran?
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05.10.2023 12:00
https://www.achgut.com//artikel/usa_die_neuete_wendung_im_republikaner_bashing#section_leserpost
Fake A Jew!
So was gibt es nicht nur in Sötenich: Schivone emphasizes his Jewish identity no less than eight times, and repeatedly emphasizes the influence of his identity on his anti-Israel activity. For instance, he writes, “I am one of a growing number of American Jews who are determined to shake off an assumed—and largely imposed—association with Israel”; “For our part, we Jews launched an initial chapter of Jewish Voice for Peace at the UA campus. . . .”; “Through JVP, I discovered there were a great many others like me, who were experiencing profound internal conflicts regarding Israel”; “. . . we as Jews had an alternative to either unquestioning support of Israel (the status quo) or staying silent and thus supporting it by default. I myself was silent and timid for much too long…” But there is just one problem—Schivone is not Jewish. http://www.camera.org/index.asp?x_context=2&x_outlet=55&x_article=2093
Fundstück
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06.08.2011 21:46
https://www.achgut.com/artikel/fake_a_jew
Woher kommt der Strom im Jahr? 52. Analysewoche
Die dritte Dunkelflaute ist ein weiterer Schlag in das Kontor der Energiewendefreunde, denn die Unmöglichkeit der Stromversorgung eines Industrielandes allein mit Wind- und Solarkraft wird offensichtlich. Zum Jahresende beschert der Wettergott den Freunden der Energiewende nochmals eine Dunkelflaute. Es ist die dritte im Herbst/Winter 2024. Dieser Chart belegt neben den drei Dunkelflauten vor allem auch die massive Schwankungsbreite einer Stromerzeugung, die fast ausschließlich auf Wind- und PV-Stromerzeugung bauen will. War der Mensch mit Entdeckung der Kohle als nachhaltigem, energiedichtem Energieträger endlich in der Lage, sich von Naturgewalten unabhängiger zu machen und später sogar eine industrielle Revolution auf den Weg zu bringen, geht er heute den Weg zurück in die Zeiten der kompletten Naturabhängigkeit mit all ihren Nachteilen und Widrigkeiten. Und um einem Argument sofort den Wind aus den Segeln zu nehmen: Batterie- oder andere Stromspeicher sind auch nicht nur annähernd in der Lage, den Tages- ja nicht mal den Stundenbedarf an elektrischer Energie Deutschlands zu decken. Hinzu kommt, dass, wenn Strom-Speicher erst mal entladen sind, während einer Dunkelflautenphase kein Strom zur Aufladung zur Verfügung steht. Die dritte Dunkelflaute jedenfalls ist ein weiterer Schlag in das Kontor der Energiewendefreunde, denn die Unzuverlässigkeit und damit die Unmöglichkeit der Stromversorgung eines Industrielandes allein mit Wind- und Solarkraft wird praktisch für jeden Bürger offensichtlich. Zumal zur Deckung des Bedarfs viel Strom importiert werden muss, der unter anderem in Kernkraftwerken Frankreichs, Tschechiens, der Schweiz, Schweden und anderen hergestellt wird. Wobei nicht verschwiegen werden soll, dass auch Strom, der mittels Wasserkraft produziert wird, im Importstrom-Mix enthalten ist. Fazit zum Jahresende 2024: Die deutsche Energiewende ist am Ende Montag, 23.12.2024 bis Sonntag, 31.12.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 36 Prozent. Anteil regenerativer Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 48,4 Prozent, davon Windstrom 31,7 Prozent, PV-Strom 4,4 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,3 Prozent. Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Wochenvergleich zur 52. Analysewoche ab 2016. Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zur 52. KW 2024: Factsheet KW 52/2024 – Chart, Produktion, Handelswoche, Import/Export/Preise, CO2, Agora-Chart 68 Prozent Ausbaugrad, Agora-Chart 86 Prozent Ausbaugrad. Was man wissen muss: Die Wind- und PV-Stromerzeugung wird in unseren Charts fast immer „oben“, oft auch über der Bedarfslinie angezeigt. Das suggeriert dem Betrachter, dass dieser Strom exportiert wird. Faktisch geht immer konventionell erzeugter Strom in den Export. Die Chartstruktur zum Beispiel mit dem Jahresverlauf 2024 bildet den Sachverhalt korrekt ab. Die konventionelle Stromerzeugung folgt der regenerativen, sie ergänzt diese. Falls diese Ergänzung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird der fehlende Strom, der die elektrische Energie transportiert, aus dem benachbarten Ausland importiert. Eine große Menge Strom wird im Sommer über Tag mit PV-Anlagen erzeugt. Das führt regelmäßig zu hohen Durchschnittswerten regenerativ erzeugten Stroms. Was allerdings irreführend ist, denn der erzeugte Strom ist ungleichmäßig verteilt. Montag, 23.12.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 62,0 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 72,7 Prozent, davon Windstrom 59,4 Prozent, PV-Strom 2,6 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,8 Prozent. Zum Wochenbeginn gibt es noch reichlich Windstrom. Die Strompreisbildung. Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 23. Dezember ab 2016. Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 23.12.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inklusive Importabhängigkeiten. Dienstag, 24.12.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 34,7 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 48,5 Prozent, davon Windstrom 31,2 Prozent, PV-Strom 3,6 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,8 Prozent. Die Windstromerzeugung lässt nach. Über Tag ist auf dem Meer starker Wind, der zum Abend wieder nachlässt. Die Strompreisbildung. Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 24. Dezember ab 2016. Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 24.12.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inklusive Importabhängigkeiten. Mittwoch, 25.12.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 66,9 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 75,9 Prozent, davon Windstrom 64,4 Prozent, PV-Strom 2,4 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,0 Prozent. Beginn der Dunkelflaute – Tag 1. Ganztägiger Stromimport. Die Strompreisbildung. Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 25. Dezember 2016. Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 25.12.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten Donnerstag, 26.12.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 17,9 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 33,0 Prozent, davon Windstrom 11,6 Prozent, PV-Strom 6,3 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,1 Prozent. Dunkelflaute – Tag 2. Die Strompreisbildung. Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 26. Dezember ab 2016. Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 26.12.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten Freitag, 27.12. 2024: Anteil Wind- und PV-Strom 11,9 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 25,6 Prozent, davon Windstrom 5,1 Prozent, PV-Strom 6,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,7 Prozent. Dunkelflaute – Tag 3. Die Strompreisbildung. Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 27. Dezember ab 2016. Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 27.12.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten. Samstag, 28.12.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 12,4 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 26,7 Prozent, davon Windstrom 5,7 Prozent, PV-Strom 6,7 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,2 Prozent. Dunkelflaute - Tag 4. Die Strompreisbildung. Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 28. Dezember ab 2016. Daten, Tabellen & Prognosen zum 28.12.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten. Sonntag, 29.12.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 35,0 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 46,8 Prozent, davon Windstrom 31,2 Prozent, PV-Strom 3,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,8 Prozent. Ende der Dunkelflaute. Um 1:00 Uhr endet der Stromimport. Die Strompreisbildung. Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 29. Dezember ab 2016. Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 29.12.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten Montag, 30.12.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 46,4 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 56,0 Prozent, davon Windstrom 44,6 Prozent, PV-Strom 1,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,6 Prozent. Erkleckliche Windstromerzeugung bei sehr geringer PV-Stromerzeugung. Die Strompreisbildung. Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 30. Dezember ab 2016. Daten, Tabellen & Prognosen zum 30.12.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten. Dienstag, 31.12.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 52,3 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 62,4 Prozent, davon Windstrom 48,2 Prozent, PV-Strom 4,1 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,1 Prozent. Im Tagesverlauf knackiger Windstromzuwachs. Die Strompreisbildung. Das Jahr  2024 endet  mit dem Preis 2,20 €/MWh. Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 31. Dezember ab 2016. Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 31.12.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? seit Beginn des Jahres 2019 mit jeweils einem kurzen Inhaltsstichwort finden Sie hier. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: [email protected]. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe und Peter Hager nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.   Rüdiger Stobbe betreibt seit 2016 den Politikblog MEDIAGNOSE.
Rüdiger Stobbe
Die dritte Dunkelflaute ist ein weiterer Schlag in das Kontor der Energiewendefreunde, denn die Unmöglichkeit der Stromversorgung eines Industrielandes allein mit Wind- und Solarkraft wird offensichtlich.
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07.01.2025 11:00
https://www.achgut.com//artikel/woher_kommt_der_strom_im_jahr_52_analysewoche#leserpost_start
Gauck und die Zwischenreichsbürger
Bei Markus Lanz unterstellt Altbundespräsident Joachim Gauck ostdeutschen AfD-Wählern, sie würden „mit der offenen Gesellschaft fremdeln“, Eigenverantwortung ablehnen und lieber autoritär geführt werden wollen. Geht’s noch?! „Die Schnecke rutscht gerne in der Schleimspur eines Vorgängers. So kommt sie energiesparend zu einem potenziellen Partner. Der Weg ist zudem mit Erkennungsstoffen markiert, denn keine Schnecke kann es sich leisten, artfremden Wesen hinterherzuschlittern. Eine Nacktschnecke, die einer Weinbergschnecke folgen würde, würde wertvolle Reserven vergeuden. Schnecken schleimen sich daher bei ihrer Gefolgschaft ein.“ Das schrieb der Tagesspiegel 2007, als er der Frage nachging, warum Schnecken schleimen. Und damit ist auch das Moderationsprinzip von Markus Lanz bereits hinreichend beschrieben. Während er „artfremden Wesen“ nicht hinterherschleimt, sondern ordentlich auf die zwölf gibt, wie kürzlich dem Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger aus Bayern, dem er ein ums andere Mal ins Wort fiel und den er auf sehr unangenehme Weise ständig in die rechte, schon fast demokratiefeindliche Ecke zu drücken versuchte, nickt er bei der Herrschaft, mit der er sich einig weiß, heftiger mit dem Kopf als der Wackeldackel auf der Hutablage im Auto, signalisiert immer wieder seine Zustimmung („Interessanter Gedanke!“, „Genau!“) und lässt keinen Zweifel an der jeweils angesagten Haltung. Zuletzt huldigte der Moderator, der als Gleitmittel zwischen Regierung und veröffentlichter Meinung flutscht wie ein Zäpfchen, dem umstrittenen Wirtschaftsminister Habeck, jetzt durfte Joachim Gauck die Ehrbezeugungen des Südtirolers entgegennehmen. Denn auch gegenüber dem 83-jährigen Altbundespräsidenten gab sich Lanz so beflissen wie weiland der allseits unbeliebte Klassenstreber, der dem Pauker die Tasche trug und den Stuhl zurechtrückte. Nur unterbrochen durch gelegentliches zustimmendes Kopfnicken und das obligatorische „Genau!“, ließ sich Gauck schon zu Beginn minutenlang predigerhaft über das Wesen renitenter Ostdeutscher aus, die nicht so wählen, wie es von ihnen erwartet wird. (Hier können Sie sich die gesamten 75 Minuten ansehen, wenn Sie es aushalten; in diesem Text soll es um die Passage gehen, die Sie im Video von Min. 5:40–9:03 sehen können.) „Diese sehr starke Rückbindung an autoritäres Geführt-werden, das ist da und das lässt sich bei jeder Wahl belegen. (…) Es gibt eben diese Unterschiede (zwischen Ossis und Wessis). (…) Nur: Woher kommen die Unterschiede? Und da ist es wichtig, dass wir uns gerade in der westdeutschen Mehrheitsgesellschaft klarmachen: Es sind keine Charaktermängel, die die Ossis da kollektiv haben. Also: Diktatur können alle. (…) Wenn die Hessen und Bayern 44 Jahre draufgekriegt hätten auf die 12 Jahre Nazi-Diktatur, dann wären sie heute auch eine andere Völkerschaft. Das heißt, lange politische Ohnmacht bleibt nicht ohne Folgen. Das, was die Demokratie uns erlaubt, ein Individuum in freier Selbstbestimmung zu sein und vor allem Eigenverantwortung zu trainieren von der Schule an, das wird – genau das Gegenteil wird in der Diktatur gefordert. Gehorsam und Anpassung wie zu Zeiten der Fürsten bringt dich nach oben. (…)“  Ein Charakterschwein ist der Ossi also nicht, das räumt der Pfarrer ein, er hat nur zu lange in einer zweiten Diktatur gelebt, daran liegt’s. Gut, die DDR ist vor über 30 Jahren kollabiert, und rechts wählen die Ossis erst neuerdings verstärkt, aber für Gauck sehnen sie sich umso mehr nach dem SED-Obrigkeitsstaat zurück, je länger er Vergangenheit ist. Klingt nicht logisch? Ist es auch nicht. Vielmehr sehen die „Ossis“, die sich vom Zusammenbruch des Arbeiter- und Mauernstaates Freiheit und Wohlstand erhofften (und zunächst auch bekamen), diese nun schon länger den Bach runtergehen. Umgekehrt wird nämlich ein Schuh draus, auf „autoritäres Geführt-werden“ stehen sie gar nicht, und eben das ist es, was seit einiger Zeit zunehmend und penetrant eingefordert wird. Ein paternalistischer Staat, der sich anmaßt, den Bürger vor Ansteckung mit einem Allerweltsvirus zu bewahren, indem er ihm Ausgangssperren, Geschäftsschließungen, Kontaktverbote, Impfpflicht, 2G und Masken aufzwingt, bringt den Ossi eher gegen sich auf – was man, nota bene, nicht zuletzt bei den Montagsspaziergängen während der Corona-Jahre gesehen hat.  „Ein Individuum in freier Selbstbestimmung zu sein“, so insinuiert es Gauck, ist Sache dieses Ossis nicht, womit er falscher nicht liegen könnte. Dieser will sich eben nicht vorschreiben lassen, was er essen, ob er Auto fahren, wie er heizen und welche schlimmen Wörter er nicht in den Mund nehmen darf. Gehorsam und Anpassung wird aber von ihm eingefordert, wenn er die Narreteien des Wokismus sowie die Verkehrs-, Energie- und Ernährungswende gefälligst zu unterstützen hat. Ebenso ist die Überstrapazierung des Solidaritätsgedankens etwas, das dem Ostdeutschen sauer aufstößt. Sich ständig zu einer vermeintlich guten Sache (Vorwärts zu neuen Erfolgen im sozialistischen Wettbewerb! Unverbrüchliche Freundschaft mit den Völkern der Sowjetunion! Kampf dem Imperialismus!) bekennen zu müssen, das hat er vier Jahrzehnte gehabt, das braucht er nicht nochmal. Ebenso wenig Cancel Culture und Aufrufe zur Denunziation, wie sie mittlerweile bedenklich um sich greifen. Leute zu verpetzen, weil sie sich in sozialen Netzwerken vermeintlich ungebührlich geäußert haben, mit dem Trans-Kult wenig anfangen können, in „Pandemie“-Zeiten gegen Corona-Regeln verstießen, etwa Kindergeburtstag mit einem Haushalt zu viel feierten, oder sich angeblich „muslimfeindlich“ äußern, ist nicht nur verpönt, sondern wird durch die Einrichtung von entsprechenden Meldestellen geradezu gefördert, und Politiker rufen listig dazu auf, „aufeinander achtzugeben“; Denunzianten werden als „Hinweisgeber“ geadelt, die sich nicht scheuen sollen, im Dienste der guten Sache Abweichler zu verpfeifen. Wie soll es denn bei einem Ossi ankommen, wenn ausgerechnet die Ex-Stasi-Mitarbeiterin Anetta Kahane (IM „Victoria“) heute als Vorkämpferin der demokratischen Zivilgesellschaft firmiert, die im „Kampf gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ wieder politische Gegner als „rechts“ markieren und zum Abschuss freigeben darf? Doch hören wir noch einmal in den Schwurbel-Monolog des Altbundespräsidenten hinein. Der weiß zu unterscheiden zwischen denen, die „wie im Westen wählen“ (helles Deutschland), und denen, die angeblich nichts gelernt haben (Dunkeldeutschland): „Aber eine signifikant große Minderheit hat im Grunde diesen Abschiedsprozess von dem Alten nicht abgeschlossen. Sie sind in einem Zwischenreich. Sie fremdeln mit dieser offenen Gesellschaft, die ist ihr zu vielfältig, macht ihr Angst, na ja, und dann sucht man in Zeiten der Angst… diese Menschen, die so strukturiert sind, dass sie eine autoritäre Disposition in ihrem Leben haben, das klingt jetzt schlimm, is‘ aber nicht schlimm, es ist erstmal normal. Das sind Menschen, die Freiheit weniger lieben als Sicherheit, wie schon erwähnt, aber die mögen auch, dass wir mehr gleich sind oder dass wir mehr zusammen sind. Dies‘ Gefolgschaftsproblem. Das heißt, das Maß an Verunsicherung ist ungeheuer groß, so groß, wie einige meinen, noch nie in der Weltgeschichte zuvor. Und in solchen Phasen von Krisen, da haben oft die traditionellen Parteien nicht die tröstenden Antworten. Und dann erscheinen da welche am Rand und sagen: Ja, wussten wir schon immer, das geht viel zu weit mit der Moderne. Das ist alles Irrtum, wir wissen’s besser. Und sie sprechen dann so, als würde man die Vergangenheit wieder ins Leben rufen können. Ne homogene Nation. Und dann erinnern sie sich so wie die Generation meiner Eltern nach dem Krieg, ja, es war auch nicht alles schlecht beim Führer, ja? Also, es war früher ja auch nicht alles schlecht in der DDR. Nee, war’s auch nicht. Es gab Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Und die Leute hatten alle Arbeit.“ Gauck ignoriert, dass etwa von 1990 bis in die Zeit zwanzig Jahre später, als in Kanzlerin Merkel das alte FDJ-Mädel zum Vorschein kam, die Ossis durchaus „mit dem Alten abgeschlossen“ hatten – abgesehen von denen, die weiter die mehrmals umbenannte SED wählten. Aber nun sind die Ossis laut Gauck „in einem Zwischenreich“, Zwischenreichsbürger gewissermaßen, die den ollen Kaiser Wilhelm wiederhaben und den Gesundheitsminister im Fernsehstudio live vor der Kamera kidnappen wollen. „Das sind Menschen, die Freiheit weniger lieben als Sicherheit“, sagt Gauck – und meint damit ausgerechnet Menschen, die die Bewahrung ihrer Grundrechte der vermeintlichen Sicherheit vor einem Virus vorzogen. Und wie weit ist es mit einer „autoritären Disposition“ her, wenn sich demonstrierende Bürger den staatlich verordneten Maßnahmen verweigern? Wäre die nicht eher bei solchen zu verorten, die bis zum Schluss und darüber hinaus brav ihre Maske trugen und heute treudoof das Narrativ schlucken, dass es 70 Geschlechter gibt und die Erde brennt? „Die tröstenden Antworten“, welcher die etablierten Parteien Gaucks Worten zufolge entbehren, werden gar nicht erwartet, und wenn, dann würde man sie von der Kirche hören wollen, nicht von Ricarda Lang oder Saskia Esken. Vielmehr wären die Bürger schon froh, wenn die Politik auf Sprech- und Denkverbote verzichten, ihre unverantwortliche Migrations- und Energiepolitik stoppen und aufhören würde, mit immer neuen Vorhaben eine wohlhabende Nation zu einer von armen Kirchenmäusen umzubauen. Und wenn ein gewisser Herr Gauck lieber den Mund hielte als so einen Satz rauszuhauen: „Wir können auch einmal frieren für die Freiheit. Und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben.“ Zumal, wenn er selbst mit einem Ehrensold in Höhe von 236.000 Euro jährlich versorgt ist. Die Ossis wenden sich von den etablierten Parteien, die sie lange mit großer Mehrheit wählten, ab, nicht weil sie sich nach der alten DDR sehnten, sondern weil sie diese gerade als Zombie aus dem Grab auferstehen sehen. Nur als Zombie mit menschlichem Antlitz.   Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.
Claudio Casula
Bei Markus Lanz unterstellt Altbundespräsident Joachim Gauck ostdeutschen AfD-Wählern, sie würden „mit der offenen Gesellschaft“ fremdeln, Eigenverantwortung ablehnen und lieber autoritär geführt werden wollen.
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20.07.2023 06:00
https://www.achgut.com/artikel/gauck_und_die_zwischenreichsbuerger
Put on the yarmulka, here comes Chanukkah!
Jew Spotting with Adam Sandler! Fun for the family! http://www.youtube.com/watch?v=lwYQBV66rbM http://www.youtube.com/watch?v=-lDbReF-aYo
Henryk M. Broder
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20.12.2006 20:27
https://www.achgut.com/artikel/put_on_the
Im grünen Vollrausch
Love Green. Wir retten die Welt. Jeder ein bißchen. http://www.love-green.de/blog/tag/sat-1/ Als exklusiver TV-Partner unterstützt SAT.1 “Love Green”, die erste bundesweite Medien-Initiative zum Thema Nachhaltigkeit. Die Medien-Experten Markus Schmidt und Philipp A. Thode (beide UnitedSenses.tv) initiierten aus privatem Engagement diese crossmediale Kampagne, die Deutschland zu bewussterem und nachhaltigerem Leben inspirieren möchte… http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2011-06/20666039-love-green-sat-1-unterstuetzt-nachhaltigkeits-initiative-007.htm Zum Auftakt dreht sich am 4. Juli im “Sat.1 Magazin” alles um den sogenannten Biosprit E10. Am 5. Juli widmet sich die “Akte 20.11” Öko-Irrtümern und am 6. Juli berichtet das “Frühstücksmagazin” von einem gallischen Stromdorf in Brandenburg. Einen Tag später gibt es bei “Kerner” das Love-Green-Quiz zu sehen und am 8. Juli ist der spanische Musiker Huecco mit seinem Titelsong zur “Love Green”-Kampagne im “Frühstücksfernsehen” zu Gast. http://www.digitalfernsehen.de/Love-Green-Sat-1-wird-im-Sommer-besonders-oekologisch.59372.0.html
Fundstück
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02.07.2011 22:47
https://www.achgut.com/artikel/im_gruenen_vollrausch
Wozu braucht die SPD eine Off-Shore-Firma in Hongkong? (Teil 3)
Von Ansgar Neuhof. In zwei Beiträgen hier und hier habe ich kürzlich über die SPD-Off-Shore-Firma Cavete Global Limited in Hongkong berichtet. Mittlerweile gibt es auch offizielle Reaktionen der SPD, die jedoch keine Aufklärung bringen, sondern widersprüchlich sind und mit bisherigen offiziellen Verlautbarungen nicht übereinstimmen. Zunächst die Aussage der SPD-Generalsekretärin Katarina Barley am 16.04.2016 zur Cavete Ltd.  in einem Interview mit dem SWR :"Es geht um eine chinesische Variante der Zeitschrift Öko-Test. In China kann man sowas nur machen, wenn man auch in China eine Niederlassung hat. Eine Alternative ist, das in Hongkong zu machen, das haben wir getan.“ Diese Firma sei in China und Deutschland gemeldet und mache auch nichts anderes, als diese Zeitschrift in China zu betreiben. Es handele sich dabei keinesfalls um eine Briefkastenfirma.“ Und nun die SPD-Parteizeitung Vorwärts am 20.04.2016 in einem Online-Beitrag: „Im vergangenen Jahr ging mit der Internetseite Okoer.com ein Verbraucherportal für China online. … Um sich in China zu engagieren, war jedoch eine Firma notwendig, die ihren Sitz im Land hat. Hongkong geriet in den Blick … Eine mehrheitliche Beteiligung ausländischer Unternehmen an in China tätigen Unternehmen lässt sich in Hongkong wesentlich einfacher umsetzen als im chinesischen Mutterland. Deshalb wurde die Cavete Global Ltd. in der einstigen britischen Kronkolonie angesiedelt.“ Frau Barley und der Vorwärts behaupten also, daß man die Firma in Hongkong benötige, um eine Zeitung zu verlegen (so Frau Barley) bzw. das Internetportal Okoer.com zu betreiben (so Vorwärts). Ganz anders liest sich dies dann aber im Konzernabschluß der SPD-Wirtschaftsholding ddvg für 2014, wo es zur Cavete Ltd. heißt: „Als weiteren wichtigen Schritt … hat die ddvg in 2014 die Cavete Global Ltd. in Hongkong gegründet. In Kooperation zwischen der Öko-Test-Verlag GmbH und drei chinesischen Partnern wurde das erste unabhängige Verbraucherportal „Okoer.com“ in der VR China gestartet. Die neu gegründete Gesellschaft in Hongkong soll in 2015 ein gesellschaftsrechtliches Joint Venture mit den chinesischen Kooperationspartnern gründen, die die Vermarktung des Portals übernimmt.“  Schenkt man dem Konzernabschluß der ddvg Glauben, immerhin von Wirtschaftsprüfern testiert, dann ergibt sich folgendes Bild: Es gibt in China das Internet-Verbraucherportal Okoer.com, das auf einer Kooperation zwischen der Öko-Test Verlag GmbH und drei chinesischen Partnern basiert.  Außerdem gibt es die Cavete Global Ltd., die mittels eines Joint Ventures mit den chinesischen Partnern die Vermarktung des Portals übernehmen soll. Gemessen an der offiziellen Verlautbarung im Konzernabschluß der ddvg sind die Erklärungen von Frau Barley und dem Vorwärts in folgenden Punkten unzutreffend: 1. Es geht nicht, wie Fr. Barley sagt, um eine Zeitung, sondern um ein Internetportal. 2. Die Cavete Ltd. betreibt nicht das chinesische Portal Okoer.com, sondern soll es vermarkten. Die Angaben von Fr. Barley und dem Vorwärts zum Geschäftszweck sind falsch. 3. Das chinesiche Internetportal Okoer.com befindet sich im Besitz der chinesichen Firma Youke, deren Gesellschafter drei chinesische Staatsbürger sind. Die Cavete Global Ltd. ist daran nicht beteiligt. Fr. Barley sagte hingegen, daß "man sowas nur machen" könne, wenn man in China bzw. Hongkong eine Niederlassung habe. Der Vorwärts schwächt dies immerhin ab und schreibt, daß es sich in Hongkong leichter umsetzen lasse. Beide ignorieren, daß die Cavete Global Ltd. an dem Portal bzw. an dem dieses Portal betreibenden Unternehmen nicht beteiligt ist, also keinswegs dafür benötigt wird. Der Konzernabschluß der ddvg, Katarina Barley und Vorwärts liefern drei (!) verschiedene SPD-Versionen für denselben Sachverhalt. Das ist erklärungsbedürftig. Versucht man sich an einer steuerlichen und juristischen Bewertung, ist folgendes festzustellen: 1. Ob die Cavete Global Ltd. eine Briefkastenfirma ist, ist unklar. Da die Angaben von Frau Barley und Vorwärts zum tatsächlichen Geschäftszweck nicht stimmen, ist nicht ersichtlich, ob die Cavete Ltd. eine eigene Geschäftstätigkeit ausübt (wie z. B. die Vermarktung des Portals Okoer.com). Im Konzernabschluß für 2014, der am 21.10.2015 unterzeichnet wurde, heißt es auch nur, daß eine Vermarktungstätigkeit ausgeübt werden soll, also offenbar zumindest bis dahin noch nicht ausgeübt wurde. Jedenfalls sind typische Merkmale einer Briefkastenfirma erfüllt. Äußerst geringes Stammkapital (1.000 Hongkong-Dollar, d. h. ca. 115 €). Gründung und Verwaltung durch die Tricor Ltd., wohl die bedeutendste Büro-Servicegesellschaft für ausländische Firmeninhaber in Hongkong. Postanschrift bei dieser Service-Gesellschaft. Daß die Cavete Ltd. über Geschäftsräume und eigenes Personal verfügt, ist nicht erkennbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs besteht in solchen Fällen die - widerlegbare - Vermutung, daß es sich um eine Briefkastenfirma zur Umgehung der deutschen Steuer handele. 2. Es ist allerdings nicht anzunehmen, daß die Cavete Ltd. als bloße Briefkastenfirma zur kriminellen Steuerhinterziehung gedacht ist. Bisher werden ohnehin nur Anfangsverluste aufgelaufen sein, die zu keiner Steuer führen. Vielmehr ist die Firma für die SPD bzw. ddvg sehr viel interessanter, wenn sie einen  echten Geschäftsbetrieb unterhält bzw. aufnehmen würde. Denn dann kann die SPD bzw. ddvg tatsächlich Steuern sparen – und das ganz legal. Sie muß nur noch den deutschen Geschäftsführer der Cavete Ltd. durch einen in Hongkong ansässigen Geschäftsführer ersetzen, und schon unterfällt sie nicht mehr der deutschen Steuerpflicht. Mit der Aufnahme eines Geschäftsbetriebes und einem Geschäftsführerwechsel wäre die Cavete Ltd. nicht nur kein Briefkasten mehr, sondern würde auf ihre geschäftlichen Aktivitäten mit China Steuern in Höhe von 0 (in Worten: Null) Euro/Dollar zahlen; denn weder in Hongkong noch in Deutschland würden Steuern erhoben werden. Und das wäre dann in der Tat die höchste Kunst der Steueroptimierung. Null Steuern und das noch legal. 3. Dabei könnte „Steueroptimierung“ noch nicht einmal der entscheidende Grund für die Firmengründung in Hongkong sein. Die Cavete Ltd. ist vor allem deshalb so wichtig, weil sie ihre Geschäfte im Geheimen machen kann. Die Geheimhaltung bezieht sich dabei nicht auf die Existenz der Firma - diese ist ja im Rechenschaftsbericht genannt -, sondern auf deren Aktivitäten und geschäftlichen Erfolg. So lassen sich die Vertragsbeziehungen zwischen der Vermarktungsfirma Cavete Ltd. und dem von Öko-Test betriebenen chinesischen Verbraucherportal Okoer.com unter dem Schutz Hongkongs beliebig gestalten; beispielsweise könnten die Vergütungen für die Vermarktungstätigkeit so hoch festgelegt werden, daß das (expandierende) Verbraucherportal in China nur geringe Gewinne erzielt, während bei der Cavete Ltd. in Hongkong hohe Gewinne anfallen, die daraus einen großen Kapitalstock aufbauen kann. Mit der Firmengründung in Hongkong entzieht sich die SPD bzw. ddvg den ohnehin nicht übermäßigen deutschen Transparenzvorschriften. Sollte die SPD bzw. ddvg also tatsächlich einmal den chinesischen Markt „erobern“ und sehr viel Geld verdienen, können Umsätze, Gewinne und daraus resultierende Vermögenswerte in unbegrenzter Höhe versteckt werden - gar nicht unbedingt vor dem Fiskus (denn insoweit fällt ja keine Steuer an, wenn man es richtig macht), sondern vor der Öffentlichkeit. Fazit: Die SPD ist aufgerufen, ihre Off-Shore-Aktivitäten in Hongkong und China aufzuklären. Die Nennung der chinesischen Partner sowie die Offenlegung der bisherigen Aktivitäten und der Jahresabschlüsse – auch ohne  Rechtspflicht – ist einzufordern. Auch die Offenlegung des Business-Plans ist angezeigt, der üblicherweise vor Beginn solch umfassender Aktivitäten aufgestellt wird und in Hongkong vor der Eröffnung eines Bankkontos der Bank vorgelegt werden muß und aus dem sich ergeben würde, mit welchem Steuersatz die SPD bzw. ddvg kalkuliert hat. Ansgar Neuhof (46) ist Rechtsanwalt und Steuerberater mit eigener Kanzlei in Berlindvg kalkuliert?
Ansgar Neuhof
Die SPD hat zu Ihren unternehmerischen Aktivitäten in Hongkong viel verlautet und wenig gesagt. Zur Transparenz würde die Nennung der chinesischen Partner sowie die Offenlegung der bisherigen Aktivitäten und der Jahresabschlüsse – auch ohne Rechtspflicht – beitragen. Vor allem sollte die Öffentlichkeit wissen: Mit welchem Steuersatz hat die SPD kalkuliert?
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27.04.2016 15:00
https://www.achgut.com//artikel/wozu_braucht_die_spd_eine_off_shore_firma_in_hongkong_teil3#section_leserpost
Morgenlage: Preislisten und Putin
Guten Morgen, heute ist der 20. Juli 2023 und es ist wieder Zeit für die Morgenlage. Die Zusammenfassung: Russland droht mit Angriffen auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer, offenbar verschwenden Krebs-Apotheker mit Medikamenten-Abrechnungen Milliarden, im Irak wurde die schwedische Botschaft gestürmt, Putin nimmt an BRICS-Gipfel in Südafrika teil, Braunschweiger Polizei stellt Verschärfung des Messerproblems an Schulen fest und ein Urteil wegen sexuellen Missbrauchs gegen Trump wurde bestätigt.   Russland erwäge nach Angaben der Vereinigten Staaten Angriffe auf zivile Schiffe mit Getreide aus der Ukraine im Schwarzen Meer und habe in der Nacht die ukrainischen Hafenstädte Odessa und Mykolajiw angegriffen, wie Welt berichtet. Weiter heißt es: „Den USA lägen Informationen vor, wonach Russland weitere Seeminen in Zugängen zu ukrainischen Häfen platziert habe, teilte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Adam Hodge, mit. Das Weiße Haus gehe davon aus, dass es sich um ein koordiniertes Vorgehen handele, um jedwede Attacken auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer zu rechtfertigen und der Ukraine die Schuld daran zu geben.“ Vor Kurzem beendete Putin erst den Getreide-Deal. Einer Recherche von NDR, WDR, SZ und dem ARD-Monitor-Magazin zufolge bereichern sich Krebs-Apotheker auf fragwürdige Weise. Mit einer einzigen Krebsinfusion können sie mehr als 1000 Euro extra verdienen. Das würden interne Preislisten, die den Medien vorliegen zeigen. Die Krankenkassen könnte das jährlich bis zu 500 Millionen Euro kosten, so der Beitrag bei Tagesschau.  In dem heißt es weiter: „In kleiner Schrift sind die Preise für fast 1000 Krebsmedikamente notiert. Fein säuberlich ist für jedes Medikament eingetragen: die Erstattung der Krankenkasse für das Medikament, dazu der echte, oft sehr viel niedrigere Preis des Großhändlers – und der Zusatzverdienst, den Apotheker dadurch auf Kosten der Beitragszahler machen können.“   In der irakischen Hauptstadt Bagdad haben Randalierer die schwedische Botschaft gestürmt und dort Feuer gelegt, meldet Deutschlandfunk unter Berufung auf Nachrichtenagenturen und Augenzeugen. Hintergrund sei eine für heute genehmigte Koranverbrennung. Daher hätten Anhänger des einflussreichen schiitischen Geistlichen al-Sadr zu Protesten in Bagdad aufgerufen.  Das schwedische Außenministerium habe mitgeteilt, dass Botschaftspersonal in Sicherheit sei. Es verurteile die Geschehnisse wie auch das irakische Außenministerium. Bei dem Koran-Verbrenner handelt es sich offenbar wieder um den nach Schweden geflüchteten Iraker Momika.  Putin nimmt am BRICS-Gipfel vom 22. bis zum 24. August in Südafrika nach Angaben aus Moskau per Video teil, meldet die Kleine Zeitung. Das werde eine vollwertige Teilnahme sein, so Kremlsprecher Dmitri Peskow. Er bestätigte außerdem, dass der russische Außenminister Sergej Lawrow persönlich zum Treffen der Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika reisen wird.  Weiter heißt es, Südafrika „steht seit Monaten unter internationalem Druck, da das Land den russischen Präsidenten trotz des Haftbefehls zu dem Treffen der wirtschaftsstärksten Schwellenländer eingeladen hatte.“ Wäre er persönlich gekommen, so Südafrika ihn festnehmen müssen. „In gegenseitigem Einvernehmen“ werde Putin nicht zu dem Treffen kommen, habe ein Sprecher des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa erklärt.  Mit einer Eröffnungsfeier in Auckland, der größten Stadt Neuseelands, hat die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen begonnen, meldet Deutschlandfunk. Kurz vor Beginn des Turniers hätte ein Mann dort zwei Menschen erschossen – es bestehe aber wohl kein Zusammenhang zum Turnier. Zu diesem Vorfall heißt es:  „Wenige Stunden vor Beginn der Eröffnungsfeier in Auckland hatte ein bewaffneter Mann in Auckland zwei Menschen getötet und mehrere Personen verletzt. Laut Polizei wurde später die Leiche des mutmaßlichen Schützen entdeckt. Der neuseeländische Premierminister Hipkins erklärte, es bestehe keine Gefahr für die nationale Sicherheit. Die Weltmeisterschaft werde wie geplant stattfinden. Der Weltverband FIFA teilte mit, man sei darüber informiert worden, dass es sich um einen isolierten Vorfall gehandelt habe, der nichts mit dem Fußballbetrieb zu tun gehabt habe.“ Laut Braunschweiger Polizei berichtet Auseinandersetzungen, in denen Messer zum Einsatz kommen, zu. In den Schulen gäbe es eine ähnliche Problematik, Lehrerinnen und Lehrer seien zunehmend verunsichert. Bereits ab Klasse 5 seien jetzt Unterricht und Situationstraining zur Gewaltprävention notwendig. Das berichtet die Braunschweiger-Zeitung, die die Polizei interviewte. Angaben zu Herkunft der Problem-Jugendlichen werden nicht gemacht und nicht erfragt. Ein Sprecher sagt:  „Dem Eindruck oder den Erfahrungen der Kollegen der Polizei Braunschweig nach, ist tatsächlich eine Zunahme von Gewalt- und Rohheitsdelikten unter Anwendung von Messern erkennbar. Auch statistisch lassen sich diese Zahlen belegen. Wurden im Jahr 2021 noch 138 Straftaten unter Anwendung von Messern registriert, waren es 2022 schon 182 Taten. Diese Entwicklung scheint sich auch in diesem Jahr fortzusetzen. Ebenso werden bei einer Vielzahl von Personenkontrollen, die wir durchführen, vor allem bei Jugendlichen, immer wieder Messer festgestellt.“ Im Iran sind zwei Schauspielerinnen verurteilt worden, weil sie in der Öffentlichkeit kein Kopftuch getragen haben, meldet Deutschlandfunk. Weiter heißt es: „Afsaneh Bayegan wurde nach übereinstimmenden Berichten zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt und darf das Land zwei Jahre lang nicht verlassen. Gegen Leila Bolukat verhängte die Justiz vier Monate Haft ohne Bewährung und zwei Jahre Berufsverbot. Die Schauspielerin hatte auf Instagram Fotos gepostet, die sie mit Kappe und Hut zeigen. Der Autorenverband PEN America kritisierte die Urteile als Angriffe auf die künstlerische Freiheit, die in der Kulturszene Furcht und Unsicherheit verbreiten sollten.“ Im Zivilprozess gegen Donald Trump wegen sexueller Übergriffe gegen eine Autorin habe ein Gericht das bestehende Urteil bestätigt, wie Zeit schreibt. Demnach müsse Trump der Klägerin fünf Millionen Dollar (etwa 4,5 Millionen Euro) Entschädigung zahlen. Weiter heißt es: „Trump scheiterte bei dem Versuch, die Höhe der Zahlungssumme zu reduzieren oder einen neuen Prozess zur Höhe des Schadensersatzes anzustrengen. Der Richter Lewis Kaplan entschied, dass die Festlegung der Strafe auf fünf Millionen Dollar durch die Geschworenen angemessen gewesen sei.“
Felix Perrefort
Russland droht mit Angriffen auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer, offenbar verschwenden Krebs-Apotheker mit Medikamenten-Abrechnungen Milliarden, im Irak wurde die schwedische Botschaft gestürmt, Putin nimmt an BRICS-Gipfel in Südafrika teil, Braunschweiger Polizei stellt Verschärfung des Messerproblems an Schulen fest und ein Urteil wegen sexuellen Missbrauchs gegen Trump wurde bestätigt.
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20.07.2023 08:53
https://www.achgut.com/artikel/morgenlage_preislisten_und_putin
Alle meine Assistenten
Moderne Autos können alles – außer die Klappe halten. Ein Erlebnisbericht zwischen Piepskonzert, Panik-Assistenten und Beifahrer-Schreien. Der Datschia musste in die Erstinspektion, und weil der Verkäufer meine Trauer bemerkt hatte, dass ich keinen Renno-Raffael oder so (Sie erinnern sich. Das no-go-show-boat, das bei 170 abriegelt) fahren werde, hat er mir damals einen Gutschein für die Erstinspektion gegeben, die auch bei einer Rumänien-Möhre wie dem Datschia gerne mal 500 € kosten kann. Also habe ich den Schatz geschnappt und wir sind in unser Schtetl gejuckelt, wobei der Datschia noch den Vorteil hat, dass er nicht da, wo 50 km/h erlaubt sind, ich aber in revoluzzerhafter Fahrweise die Messtoleranz bis 54 km/h voll ausreize, in eine piepsende Hysterie verfällt, wie es der nagelneue Renno, den ich als Leihwagen hatte, tut.  Überhaupt sind die Assistenzsysteme des Jahres 2025 eine extra Klasse für sich: Was einst mit einem Piepsen bei einem nicht angelegten Sicherheitsgurt begann, sich zu einem Stöhnen bei nicht geschlossener Heckklappe und einem schlecht gelaunten Brummen beim Vergessen des Loslösens der Handbremse begann, hat sich zu einem Crescendo aus blinkenden Lichtern und hupenden, fiepsenden, piependen, röchelnden, grummelnden und plärrenden Tonsignalen entwickelt, gegen das der „Rote Alarm“ auf der Enterprise geradezu eine buddhistische Ruhe ausstrahlt. Düsenjägerpiloten dürften weniger Signale in Auge und Ohr haben. Es gibt da beispielsweise einen „Spurhalteassistenten“, der, wenn ich zu blöde zum Geradeaus-Fahren bin, nicht nur fiept, sondern gegenlenkt. Ein Feature für alle, die sich gerne mit der Elektronik um die Interpretation von „Fahrbahnmitte“ streiten. Und es gibt – schon seit geraumer Zeit – Systeme, die Straßenschilder lesen. Also, nicht die komplizierten, wie „Hier baut das Land Sachsen-Aushalt mit Fördermitteln der EU in nicht unerheblicher Höhe, wie wir erwähnen möchten, eine Autobahnbrückenunterführung bis zum, sagen wir mal, August 2044, vielen Dank für Ihr Verständnis, drosseln Sie mal auf 60 km/h runter“, aber immerhin die einfachen Schilder wie „50“ oder „44,3“. Das wird dem Piloten dann auf seinem HUD-Display eingeblendet, damit er weiß, warum sich die Mühle jetzt nicht schneller als 50 km/h bewegt und den Druck aufs Gaspedal härter ignoriert als ein Ehemann mit X-Account auf dem Handy seine Gattin beim Frühstück. Ich weiß, wovon ich rede. Außerdem gibt es einen Höhenmesser. Vor allem in Frankreich war das witzig, als wir in der Ardeche die Serpentinen „rauf und runter“ kletterten, da konnte man dann schon schön sehen, wohin man in der Klimakatastrophe vor steigenden Pegelständen durch abschmelzende Gletscher fliehen könnte, wenn man da ein altes Bauernhaus hätte. Sinnvollerweise befindet sich neben dem Höhenmesser auch ein Kompass, falls das Navi versagt oder von den Karpaten keine Karte hat. Da kann man dann immer noch nach Himmelsrichtung fahren, sofern man keinen sehr starken Magneten im Auto hat. Aber wer fährt auch mit einem sehr starken Magneten durch die Gegend? Auch hübsch: Die Frontkamera. Heckkamera kennt man, die haben so einen roten Streifen, der den Aufprallpunkt der Anhängerkupplung präzise anzeigt und bei dem man nach der Nutzung feststellt, dass zum Hintermann noch etwa fünf Meter Platz waren. Die Frontkamera hingegen zeigt an, an welcher Stelle sich der Einparker an das vor ihm stehende Fahrzeug andockt. Oder ob da eine Katze vor dem Kühlergrill spaziert, die noch nicht alle ihre Leben verbraucht hat. Mein dusterer Datschia hat sogar Seitenkameras, damit man, also, ehm, puuh, keine Ahnung. Aber er hat Seitenkameras. Kann eine ältere S-Klasse nicht unbedingt von sich sagen! Gerne nutze ich den „toter-Winkel“-Assistent, der sich optisch und akustisch meldet, wenn sich ein Fahrzeug im toten Winkel des Rückspiegels befindet und es deswegen riskant wäre, nach links zu ziehen. Aber abgesehen von der Tatsache, dass es mit meinem Spitzenprodukt automobiler rumänischer Ingenieurskunst nur sehr wenige Situationen gibt, in denen ich „nach links“ ziehen könnte (die gibt es eigentlich nur beim Ausweichen vor ruhendem Verkehr), blinkts und fiepts auf der Autobahn regelmäßig, wenn schnellere Fahrzeuge an mir wie Wolken an einem windigen Sommertag vorbeiziehen. Und das sind fast 95 Prozent aller Fahrzeuge auf Deutschlands zu Tode geschwindigkeitsbegrenzten Straßen. Das Blinken des tote-Winkel-Assistenten in meinem linken Auge hat sich derartig in mein Gehirn gefressen, dass ich es sogar am heimischen Küchentisch sehe, wenn sich mir jemand von links nähert. Daneben gibt es noch viele weitere Assistenten, wie den Brems-Assistenten, den ABS-Assistenten, den Ad-Blue-Assistenten, den Notruf-Assistenten, den Airbag-Assistenten und sicher viele weitere Assistenten, die in den Untiefen der Elektronik noch ihrer Entdeckung harren. Ganz charmant finde ich übrigens den Fahrzeugplatzassistenten, der mir anzeigt, wie viele Personen sich im Fahrzeug befinden und wo sie sitzen. Nur, falls ich mich frage, warum der Öko-Fahrmodus-Assistent mir plötzlich 0,25 Liter höheren Dieselkraftstoffverbrauch anzeigt oder ich zu doof bin, um bis maximal Fünf zu zählen. Wenn Sie also richtig Action haben wollen, dann schnallen Sie sich nicht an, fahren hart rechts am Seitenstreifen mit gezogener Handbremse und offener Heckklappe mehr als die zulässige Höchstgeschwindigkeit und bringen Sie die Elektronik zum hysterischen Ausrasten. Alternativ leihe ich Ihnen den Schatz als Beifahrerin, der greift auch mal beherzt in den Lenker oder sorgt mit einem völlig grundlosen lauten Aufschrei wie „ACHTUNG!“ für erfrischende Aufmerksamkeitsmomente auf langweiligen Strecken. Daneben erhalten Sie in Echtzeit Erkenntnisse und fachliche Auswertungen („Du fährst wie ein Idiot“) über Ihre Fahrweise und warum „die nächste links“ auch „die nächste rechts“ bedeuten kann, was selbstverständlich Ihre Schuld ist. Außerdem aber kann mir meine menschliche Fahr-Assistentin, Navigatorin und Co-Piloten, aber auch Stewardess auf Anforderung Kaffee, Obst, Gebäck und liebevoll geschnittene Rohkost während des Fahrens reichen. So weit sind Renno und Datschia dann leider doch noch nicht! Aber: Die lassen mich den Radiosender aussuchen. Das wiederum kann der Schatz noch nicht.  (Weitere Warnmeldungen des Autors unter http://www.politticker.de)    Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten
Thilo Schneider
Moderne Autos können alles – außer die Klappe halten. Ein Erlebnisbericht zwischen Piepskonzert, Panik-Assistenten und Beifahrer-Schreien.
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24.05.2025 14:00
https://www.achgut.com//artikel/alle_meine_assistenten#section_leserpost
Iran und die Erklärung der Menschenrechte
Die wissenschaftliche Abteilung des iranischen Pseudo-Parlaments lehnt die Menschenrechte und westliche Demokratien ab. Das islamische Menschenrechtsverständnis geht prinzipiell davon aus, dass das islamische Gesetz als von Gott offenbartem Gesetz die Menschenrechte definiert. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 wird daher abgelehnt. Die Kairoer Erklärung zu den Menschenrechten im Islam wurde am 5. August 1990 von den Mitgliedstaaten der Organisation Islamischer Konferenz verabschiedet. Im Juli 2008 erklärte Präsident Ahmadinejad diesen Tag zum „Internationalen Tag der Islamischen Menschenrechte“. Nun vergleicht die wissenschaftliche Abteilung des iranischen Pseudo-Parlaments in einer neuen 48-seitigen Studie vom August 2011 die islamischen und die „westlichen“ Menschenrechte miteinander. Darin wird die Behauptung aufgestellt, dass der geistige Vater der „Islamischen Menschenrechte“ der am 16. November 1998 verstorbene Kleriker und Philosoph Mohammad Taghi Jafari gewesen sei. Gleichzeitig wird in dieser „parlamentarischen“ Studie des Iran erklärt, warum die „westliche Demokratie“ kein gutes politisches System darstellt. Taghi Jafari war der Meinung, dass Menschenrechte nur auf der Grundlage eines bestimmten Wertesystems definiert werden können. Er war der Meinung, dass das Menschenbild, das der Philosophie der Menschenrechte zugrunde liegt den Vorstellungen des Propheten der Muslime entsprechen müsse. Daher sprach er von islamischen Menschenrechten, die anders definiert seien als die „westlichen Menschenrechte.“ Der universelle Anspruch der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wird daher nicht anerkannt und als „westlich“ herabgewürdigt. Jafari ging davon aus, dass das islamische Gesetz heute einen universellen Anspruch besitze, denn es handle sich dabei um das letzte Wort Gottes. Daher sollten die „islamischen Menschenrechte“ den Vorstellungen des Propheten der Muslime entsprechen. Hojatul-Islam-wal-Muslimin Reza Zahravi, der Autor der „parlamentarischen“ Studie schreibt in Anlehnung an Jafari, dass die „westliche Sicht der Menschenrechte auf friedlicher Koexistenz beruhe, die mit Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit in der Gesellschaft einhergehe.“ Ein solcher Ansatz wird in der Studie abgelehnt. Denn dieser schaffe nicht eine „Grundlage, die alle Menschen als eine Familie“ betrachte. Ein solches Ziel könne nur erreicht werden, wenn „höhere Ziele, die auf der Grundlage des Islam beruhen, geschaffen werden.“ Um den Unterschied zu den „islamischen Menschenrechten“ herauszuarbeiten, zitiert Zahravi den iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini, der stets betont habe, dass der Westen immer „unter dem Deckmantel der Menschenrechte verschwörerisch“ gehandelt habe. Khomeini habe gesagt, dass es „Menschen gibt, die im Namen der Menschenrechte die Menschenrechte verletzen.“ Und am 28. Juni 1989 habe der gegenwärtige Revolutionsführer Ali Khamenei gesagt: „Wir glauben nicht an die Menschenrechte, die heute von den Regierungen und den Organisationen, die von den Großmächten abhängig sind, verkündet werden. Für uns ist das alles List und Lüge.“ Die Menschenrechte, so wie der Islam sie definieren würde, seien „fortschrittlicher“ als die westliche Sichtweise, habe Ali Khamenei schon am 12. März 1990 hervorgehoben, heißt es in der Studie. Und ebenfalls im März 1990 habe Khamenei gesagt: „Die Menschenrechte sind ein Betrug. Amerika und viele der Großmächte glauben gar nicht an Menschenrechte. Sie lügen. Die Menschenrechte sind gut für die Überlistung von Menschen und als allgemeines Druckmittel. Wenn sie eine Regierung unter Druck setzen wollen, werfen sie ihr Menschenrechtsverletzung vor.“ Ayatollah Jafari habe hervorgehoben, heißt es in der Studie, dass „im Islam die Menschenrechte religiös definiert worden“ seien. Daher beruhe ein solches „Rechtssystem auf dem Willen Gottes. D.h. Gott hat all die Gesetze und Pflichten für die Menschen geschaffen.“ Daher müsse der Mensch die Gesetze Gottes mit Freude ausführen und müsse davon ausgehen, dass diese zum „Wachstum der Menschen“ beitragen. Diese islamischen Gesetze beruhen auf dem Propheten Abraham und da sich „alle Religionen auf Abraham berufen, ist die weltweite Verantwortung für die Menschenrechte evident“, meinte Jafari der Studie des Majless zufolge. Die westliche Sicht der Menschenrechte würde davon ausgehen, dass alle Menschen in der Welt die gleichen Rechte haben, was die Grundlage der westlichen Freiheitsvorstellungen sei. Ein solcher Ansatz wird abgelehnt, da für die westlichen Menschenrechte „der innere Wert des Menschen“ kein Thema sei. Hier wird eindeutig der Superioritätsanspruch, ein totalitärer Anspruch, deutlich, der dem Muslim, der an Khomeini glaubt, einen anderen „inneren Wert“ zuspricht, als anderen Muslimen und Andersdenkenden. Im westlichen Menschenrechtsverständnis gehe man davon aus, dass alle Menschen, trotz ihrer nationalen und kulturellen Zugehörigkeit gleich seien. Eine solche Gleichheit wird abgelehnt. Solche Menschenrechte hätten nur einen Sinn, wenn „Rechte für das Leben der Menschen“ existieren würden, heißt es in der Studie. Wenn der Mensch sich „höhere Werte“ angeeignet habe, sei auch die Verwirklichung der wahren Liebe zwischen den Menschen möglich. Eine zwischenmenschliche Liebe sei wiederum abhängig von der Liebe der Menschen zu Gott. Das Problem dieser Interpretation ist aber, dass Vertreter einer irdischen totalitären Diktatur bestimmen, wie dieses Verhältnis zu Gott auszusehen hat. Das offensichtliche Problem ist aber, dass die iranischen Machthaber und der Staatsklerus darüber befinden wie eine Abhängigkeit des Menschen von Gott auszusehen hat. Auch hier wird die totalitäre Utopie des Islamismus sichtbar. Der Islam wird überhöht und damit wird auch der islamistische Herrscher und die herrschende Klasse des Staates über die anderen Menschen gestellt. Gleiche Rechte bekommt der Mensch dieser Philosophie zufolge nur als treuer Untertan in einer islamistischen Diktatur, wie die der „Islamischen Republik Iran.“ In der wissenschaftlichen Studie des iranischen Pseudo-Parlaments werden die westlichen Menschenrechte mit einem „Schloss“ verglichen, das auf die Spitze eines heißen Vulkans gebaut worden sei. Die westlichen Menschenrechte würden Meinungsfreiheit und Abschaffung der Armut als ihre Motive aufführen. Diese Themen seien aber gar nicht das Ziel, sondern nur ein Mittel zum Zweck. In der Studie des iranischen „Parlaments“ wird betont, dass es Unterschiede zwischen den islamischen und westlichen Menschenrechten gebe. Beispielsweise gehe das islamische Menschenrechtsverständnis davon aus, dass die Menschen nicht von anderen Menschen eine Belohnung fordern sollten. Denn der Mensch werde durch seine Nähe zu Gott gütig. Die Menschen sollten aus ihrer Überzeugung heraus einander helfen. Der Islam würde die Menschen als Mitglied einer Familie betrachten. Ihre Beziehung untereinander müsse „brüderlich“ sein. Der Verfasser der Studie unterstellt, dass das westliche Verständnis der Menschenrechte Religionen und Gottesverständnis ablehnen würde. Dies ist nicht nachvollziehbar, denn gerade die UN-Charta und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verteidigen eine Religionsfreiheit, die beispielsweise im Iran nicht existiert. Mit einer geradezu absurden Argumentationskette werden die „westlichen Menschenrechte“ in Frage gestellt. Es wird beanstandet, dass im „westlichen“ Verständnis der Menschenrechte der Mensch im Mittelpunkt aller Dinge stehe und nicht Gott. Es wird gefragt, ob das Verständnis vom Menschen darauf beschränkt sei, dass der Mensch ein Lebewesen sei, das von „unbewussten Gesetzen der Natur beherrscht“ werde, nach einem „ziellosen Leben“ strebe, die „Natur zerstöre“, sich in „Kämpfe verstricke“ und nach einem „genussvollen Leben“ „unter die schwarze Erde“ gehe? Der Leser der Studie könnte den Eindruck bekommen, als ob das westliche Verständnis der Menschenrechte ein rein nihilistisches sei und Religionen per se ablehne. In einer geradezu banalen Form wird behauptet, dass die „westlichen Menschenrechte“ keine „höheren Ziele“ kennen würden. Der Mensch müsse zuallererst „seinen Platz in der übernatürlichen Welt finden“, wo sein eigentlicher Platz ist, und solange könne man nicht von den Menschen erwarten, dass sie sich einigten. D.h. ein menschlicher Konsens kann nur über den Islam entstehen - obendrein so, wie der Staatsklerus im Iran diesen interpretiert. In der Studie des islamistischen Pseudo-Parlaments wird kulturalistisch argumentiert. Jeder Mensch und jede Gesellschaft suche für sich Prinzipien auf deren Grundlage Gesetze geschaffen würden, die gemäß der eigenen Kultur konzipiert seien. Der Autor dieser Studie, ähnlich wie die Machthaber der totalitären Diktatur im Iran, geht davon aus, dass auf der „Grundlage der westlichen Menschenrechte das Gesetz, worauf die Kultur beruhe, nicht definiert werden könne.“ Daher sei auch nicht klar, was der Westen unter „Gerechtigkeit“ verstehe. Deswegen brauche der Westen die „höhere Moral“ des Islam. In dieser Studie ist die Rede von einer „verantwortungsbewussten Freiheit“, die nur in einer islamischen Gesellschaft entstehen könne. Daher sei die Freiheit im Westen keine Freiheit. Es sei nur eine Freiheit von Egoisten. Die wahre Freiheit entstehe auf der Grundlage des islamischen Rechts. In der Studie wird auch kritisiert, dass die westlichen Menschenrechte in einem demokratischen Staat umgesetzt werden müssten. Ein solcher Staat sei aber das Problem. Jeder könne in einem demokratischen Staat frei nach seinem Geschmack leben, solange dieser nicht die Rechte der anderen verletze. Dies führe dazu, dass die „hohen ethischen Maßstäbe eines Menschen zerstört würden.“ Offenbar ist dies der Grund, warum seit 32 Jahren die Islamisten im Iran alle Andersdenkenden entweder in den Kerker geworfen, ermordet oder ins Exil gejagt haben. Der Autor der Studie sieht aber auch Gemeinsamkeiten der westlichen und der islamischen Menschenrechte. Es wird festgestellt, dass beide „Systeme“ das Recht auf Leben thematisiert haben. Beide würden die Würde des Menschen berücksichtigen. Beide „Systeme“ würden davon ausgehen, dass die „Verantwortlichen“ einer Gesellschaft das Recht auf Lehre und Erziehung bekommen. Die Verantwortlichen beider Systeme würden auch das Recht auf Freiheit in ihrer Verfassung definieren. Das Problem bleibt auch hier, dass die Machthaber einer Diktatur, die die Meinungsfreiheit per Definition ablehnt, gleichzeitig die Freiheit definieren will. Am Ende der Studie werden die Differenzen zwischen den islamischen und „westlichen“ Menschenrechten ausgearbeitet. Im Islam werde das Leben als ein Geschenk Gottes verstanden, aber im Verständnis der westlichen Menschenrechte sei eine solche Vorstellung nicht vorhanden. Im Islam dürfe niemand seinem eigenen Leben Schaden zufügen, daher sei auch die Abtreibung außer aus medizinischen Gründen, verboten. Im Westen hingegen nicht. Im islamischen Verständnis würde Gott den Menschen eine innere Würde verleihen. Zudem gäbe es eine Form der Würde, die von Werten bestimmt werde. Hier muss man schon fragen, wo die Würde der politischen und aus religiösen Gründen Inhaftierten im Iran geblieben ist. Wo ist die Würde der verstorbenen Menschen, beispielsweise der Angehörigen der Bahai-Religion, geblieben, die als Verstorbene kein Recht auf eine Ruhestätte bekommen? Wo ist die Würde eines jungen Menschen geblieben, der nicht studieren darf, weil er Bahai ist? Der Gipfel des Zynismus wird erreicht, wenn behauptet wird, dass nach westlichem Menschenrechtsverständnis zwar eine Schulpflicht bestehe, der Islam aber das Recht auf lebenslange Erziehung fordere. Als ob nicht zu Beginn der Islamischen Revolution von 1979 die Universitäten in einer „islamischen Kulturrevolution“ islamisiert wurden, als ob gegenwärtig nicht wieder eine forcierte Islamisierung der Universitäten mit Hilfe der gewalttätigen Bassij-Kräften stattfände. Im islamischen Recht muss der Großvater das Erziehungsrecht der Kinder übernehmen, in den westlichen Staaten sei dies aber nicht so geregelt. Es wird dabei verschwiegen, dass ein Großvater nach iranischem Recht sogar das Recht auf die Tötung seiner Enkelkinder bekommt, falls diese sich seiner Meinung nach beispielsweise unislamisch verhalten. Eine Tatsache, die von allen iranischen Menschrechtlern, die sich mit Kinderrechten im Iran auseinandersetzen, beanstandet wird.  Die Studie geht dann auf das „Menschenrecht auf Almosen“ im Islam ein. Ein Recht auf Almosen gäbe es im Westen nicht. Auch die Medien müssten dafür sorgen, dass die Menschen dem Islam dienen. Im Westen würden die Medien nur im „Dienste der Selbstsucht“ arbeiten. Im Islam dürfe niemand bedingungslos das Recht auf Meinungs- und Glaubensfreiheit nutzen. Im Islam dürfe die Freiheit nicht dazu benutzt werden, um jede Meinungs- und Religionsüberzeugung zu verkünden. Die Praxis belegt die Gültigkeit dieser falschen Argumentation. Der Iran gilt als das größte Gefängnis der Welt für Journalisten, die sich diesen von der Regierung diktierten „höheren Werten“ nicht unterordnen. Natürlich werden in dieser Studie die islamischen Menschenrechte gegenüber den „westlichen“ als die höheren und besseren Werte dargestellt. Das ideologische Verständnis der Menschenrechte, das die „wissenschaftliche Abteilung des iranischen Parlaments“ vertritt, beweist lediglich den totalitären Herrschaftsanspruch des Islamismus. Wahied Wahdat-Hagh is Senior Fellow at the European Foundation for Democracy in Brussels.
Wahied Wahdat-Hagh
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19.08.2011 22:45
https://www.achgut.com//artikel/iran_und_die_erklaerung_der_menschenrechte
Abtreibung durch Corona-Impfung
Wenn man Schwangere während der ersten 20 Wochen der Schwangerschaft mit mRNA-Vakzinen gegen SARS-CoV-2 „impft”, sind die Folgen nach einer neuen Studie möglicherweise fatal. Bitte beachten Sie den wichtigen Nachtrag am Ende dieses Textes. Wenn man Schwangere während der ersten 20 Wochen der Schwangerschaft mit mRNA-Vakzinen gegen SARS-CoV-2 „impft”, tötet man 80 bis 90 Prozent der ungeborenen Kinder (Embryonen und Feten, von denen man ab der 9. Woche spricht). Das steht nun fest. Wieso kann man das sagen? Im Sommer erschien im New England Journal of Medicine ein Aufsatz von Shimabukuro und Kollegen, der behauptete, die „Impfung” von Schwangeren sei sicher. Aufgrund einer Analyse des Aufsatzes hatte ich damals eine Abortrate von 80 Prozent bei der in der ersten Schwangerschaftshälfte geimpften Frauen vermutet, doch musste ich meinen Artikel zurückziehen, da ich einen wesentlichen Aspekt nicht bedacht hatte. Doch nun haben Aleisha Brock und Simon Thornley, zwei neuseeländische Wissenschaftler, meinen Fehler vermieden und die Studie aus dem NEJM vollkommen korrekt neu ausgewertet. Sie kommen dabei auf eine noch höhere Rate als ich: 80 bis 90 Prozent der Kinder sterben. Aufgrund dieser Einwände haben Shimabukuro et al. ihre Zahlen auch korrigiert, jedoch ohne ihre seltsame Schlussfolgerung, die „Impfung” sei für Mutter und Kind sicher, zu revidieren. Gehen wir die Sache im Detail durch. Was sind die Argumente von Brock und Thornley aus den Daten von Shimabukuro et al.? Aufgrund einer extrem sorgfältigen Analyse der Zahlen (Brock, Tabelle 1) können sie aus den 827 beendeten Schwangerschaften ableiten, dass 712 Schwangerschaften mit insgesamt 724 Kinder geboren wurden (wegen 12 Mehrlingsgeburten). 10 Kinder gingen durch induzierte, willentliche Abtreibungen oder Extrauteringravidität (Embryo außerhalb der Gebärmutter eingepflanzt) verloren. 104 Kinder starben bei Frauen, bei denen die Zeugung zum Zeitpunkt der ersten „Impfung” weniger als 20 Wochen her war, 1 danach. Diese Frauen brachten 0 bis 13 Kinder lebend zur Welt; eine genauere Angabe ist aufgrund von Unschärfen der Arbeit von Shimabukuro et al. nicht möglich. Bezieht man das auf die Anzahl der während der ersten 20 Wochen  Geimpften, erhält man als Ergebnis (Brock, Tabelle 2), dass 82 bis 91 Prozent der Frauen, die vor der 20. Woche „geimpft” wurden, ihr Kind durch Spontanabort verloren haben. Die normale Spontanabortrate in der entsprechenden ungeimpften Schwangerenpopulation beträgt lediglich 11,3 Prozent (dazu gibt es extrem gute Schätzungen aus sehr großen Datenmengen). Die „Impfung” erhöht das Risiko also um einen Faktor von 7 bis 8, es überleben kaum Kinder die „Impfung”. Dieses Ergebnis ist sicher. Im Abschnitt 3 (“Further Discussion”) untersuchen die Autoren die Gründe für die massive Fetotoxizität der „Impfstoffe”. Sie geben an, dass für schwangere Frauen laut neuesten Studien keinerlei erhöhtes Risiko eines schweren COVID-Verlaufs besteht. Da schwere Verläufe aber bei unter 45 jährigen extrem selten sind, besteht auch keine Grund für eine Impfung. Des Weiteren beschreiben die Autoren, dass Tierversuche zur mRNA-„Impfung" mit schwangeren Ratten ebenfalls eine erhöhte Abortquote ergeben haben. Außerdem geben sie an, dass die Kinder stillender Mütter, die während der Stillzeit geimpft wurden, sehr häufig schwere Reaktionen auf den „Impfstoff” aufweisen – wie etwa Störungen der Blutgerinnung, Magen-Darm-Syndrome und anaphylaktische (lebensbedrohliche allergische) Reaktionen, die für die mRNA-„Impfstoffe” typisch und bekannt sind. Die toxischen mRNA-Partikel gehen, anders als die Hersteller es angeben, daher höchstwahrscheinlich über die Muttermilch in die Kinder über, werden aus dem Darm resorbiert und wirken dann toxisch auf den kindlichen Organismus ein. Inzwischen wurde berichtet, dass am Stichtag 29.10.2021 im Impfnebenwirkungsregister VAERS des CDC bereits über 2.400 Spontanaborte bei geimpften Schwangeren gemeldet wurden. Die Autoren folgern, dass die mRNA-Impfstoffe sofort für Schwangere, stillende Mütter, Kinder und für Frauen im zeugungsfähigen Alter kontraindiziert und vom Markt genommen werden müssen. Dies ist selbstverständlich richtig. Und wir wissen noch nicht, wie sich die „Impfung” auf die Fruchtbarkeit von Mann und Frau im zeugungsfähigen Alter auswirkt. Daher sollten auch Männer, die noch Kinder zu zeugen beabsichtigen, von der Impfung ausgeschlossen werden. Inzwischen ist die Veröffentlichung von Brock und Thornley, auf die in diesem Beitrag Bezug genommen wird, von den Autoren zurückgezogen worden (siehe auf der Seite ganz unten), da es eine Kontroverse zur Güte der Abschätzung der Abortraten durch die Autoren gibt. Denn die Daten des von Shimabukuro et al.untersuchten Registers enthalten keine vollständigen Follow-Ups (Gesamtverläufe der Schwangerschaften), sondern sind zensiert; dies ist der Anlass der Kritik an Brock und Thornley und war es auch schon anlässlich der Debatte nach der Veröffentlichung der Originalarbeit von Shimabukuro im Sommer. Die Frage der Embryo- und Fetotoxizität der "Impfstoffe" gegen SARS-Cov-2 kann nur durch prospektive oder retrospektive vollständige Kohortenstudien endgültig geklärt werden. Diese liegen immer noch nicht in ausreichen dem Maß vor, so dass eine abschließende Beurteilung noch nicht vorgenommen werden kann – das müssen wir uns alle klarmachen. Wegen der verbleibenden Unsicherheit revidieren wir daher unsere Aussage zur Endgültigkeit des Zusammenhangs. Dennoch ist die Evidenz für die Toxizität für Ungeborene aus den VAERS-Daten äußerst stark, die Warnung vor der "Impfung"  gegen SARS-Cov-2 während der Schwangerschaft ist weiter richtig.
Jochen Ziegler
Wenn man Schwangere während der ersten 20 Wochen der Schwangerschaft mit mRNA-Vakzinen gegen SARS-CoV-2 „impft”, sind die Folgen nach einer neuen Studie möglicherweise fatal.
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15.11.2021 06:00
https://www.achgut.com/artikel/abtreibung_durch_corona_impfung#comment_entries
Deutsche Klimapolitik: ein menschgemachtes Desaster
Während weltweit der Widerstand gegen das Verbrennen von Nahrungsmitteln in Motoren (sog. Biokraftstoff) wächst, hält die Bundesregierung starr an ihrer verfehlten Klimapolitik fest. Man darf sich fragen, wieviele Menschen an den daraus resultierenden Hungerskatastrophen sterben, wieviel Regierungen erst stürzen müssen, bevor dem grünen Wahnsinn ein Ende gesetzt wird. Sage niemand, es habe keine Warnungen gegeben. Trotz der weltweit steigenden Nahrungsmittelpreise steht das Ziel der EU, mehr Kraftstoff aus Pflanzen zu gewinnen, nach Ansicht von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel nicht in Frage. Doch müssten Standards gesetzt werden, um einen Konflikt zwischen Biospritproduktion einerseits und Nahrungsmittelversorgung sowie Umweltschutz andererseits zu vermeiden. “Wir können die zehn Prozent in der Europäischen Union mit Rohstoffen abdecken, die nicht zu Nahrungsmittelkonkurrenzen führen und die nicht aus Regenwäldern kommen”, sagte Gabriel am Samstag bei einem Treffen der EU-Umweltminister im slowenischen Brdo. Würden die Pläne zur Beimischung von Biosprit in die Tanks bis zum Jahr 2020 verdoppelt - so wie es die Bundesregierung lange propagierte -, so würde dies nach Berechnungen des Ifpri den Preisanstieg bei den Nahrungsmitteln obendrein fast verdreifachen. Note to environmentalists: Remember, you were the ones who demanded biofuels the loudest. It turns out the production of biofuels such as ethanol and biodiesel is likely to cause far more environmental damage than it prevents, not to mention triggering widespread famine and eating up more rainforest and grassland than beef production ever could.  
Benny Peiser
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13.04.2008 12:40
https://www.achgut.com/artikel/deutsche_klimapolitik_ein_menschgemachtes_desaster
Amir Taheri: The Mysteries of Lausanne
First, we have a joint statement in English in 291 words by Iranian Foreign Minister Muhammad Javad Zarif and the European Union foreign policy point-woman Federica Mogherini, who led the so-called P5+1 group of nations including the US in the negotiations. Next we have the official Iranian text, in Persian, which runs into 512 words. The text put out by the French comes with 231 words. The prize for “spinner-in-chief” goes to US Secretary of State John Kerry who has put out a text in 1,318 words and acts as if we have a done deal. It is not only in their length that the texts differ.  They amount to different, at times starkly contradictory, narratives. The Mogherini and French texts are vague enough to be ultimately meaningless, even as spin. The Persian text carefully avoids words that might give the impression that anything has been agreed by the Iranian side or that the Islamic Republic has offered any concessions. The Iranian text is labelled as a press statement only. The American text, however, pretends to enumerate “Parameters for a Joint Comprehensive Plan of Action” and claims key points have been “decided.” What remains to be done is work out “implementation details.” http://linkis.com/nypost.com/2015/04/0/4IaCe
Fundstück
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06.04.2015 20:30
https://www.achgut.com//artikel/amir_taheri_the_mysteries_of_lausanne
Literaturnobelpreis 2021: Abdulrazak Gurnah
Der Literaturnobelpreis 2021 geht an den tansanischen Autor Abdulrazak Gurnah, der seit 1968 in Großbritannien lebt. Seine Werke wurden seit 2006 nicht mehr ins Deutsche übersetzt. Der Literaturnobelpreis 2021 geht an den tansanischen Autor Abdulrazak Gurnah, der seit 1968 in Großbritannien lebt. Alle seine Romane sind dort entstanden. Bis zu seiner Pensionierung war er Professor für Englisch und postkoloniale Literaturen an der Universität von Kent in Canterbury. Abdulrazak Gurnah zählt in Tansania zur Minderheit mit arabischen Wurzeln. Akademiemitglied Anders Olsson stellte ihn vor: Der Autor habe uns den afrikanischen Kontinent nähergebracht, beleuchte auch die deutsche Kolonialherrschaft in Deutsch-Ostafrika, Sansibar, wo er 1948 geboren wurde. Der Autor erhält den Preis „für sein kompromissloses und mitfühlendes Durchdringen der Auswirkungen des Kolonialismus und des Schicksals des Flüchtlings in der Kluft zwischen Kulturen und Kontinenten“, wie der Ständige Sekretär der Schwedischen Akademie, Mats Malm, bei der Bekanntgabe am 7. Oktober sagte. Seine deutschen Verlage sind wieder einmal – wie im vergangenen Jahr – von der Entscheidung aus Stockholm überrascht worden. Mit ihm hatte offenbar niemand gerechnet (ich auch nicht).  Auf Deutsch ist kein Titel lieferbar, als Autor ist er hierzulande so gut wie unbekannt. 1996 war bei Krüger „Das verlorene Paradies“, erschienen. Weitere Romane auf deutsch: „Donnernde Stille“, „Ferne Gestade“ und „Die Abtrünnigen“ (teilweise antiquarisch zu bekommen). Mit „Paradise“ (deutsch 1996 „Das verlorene Paradies“) stand Gurnah 1994 auf der Shortlist für den Man Booker Prize. Gurnahs Werke wurden seit 2006 nicht mehr ins Deutsche übersetzt. Dass der Literaturnobelpreis 2021 nach Afrika gehen könnte, war nicht unwahrscheinlich. Seit der Verleihung an den Südafrikaner John Maxwell Coetzee im Jahr 2003 ist der Kontinent leer ausgegangen. Dabei standen in letzter Zeit jedoch andere Namen im Vordergrund, so etwa Ngugi wa’Thiong’o, Mia Couto, Chimamanda Ngozi Adichie und Maryse Condé (von den Antillen, aber mit afrikanischen Wurzeln). 1986 wurde erstmals der Nobelpreis für Literatur einem afrikanischen Schriftsteller zuerkannt. Wole Soyinka und Abdulrazak Gurnah bleiben bis heute die einzigen schwarzafrikanischen Literaturnobelpreisträger. Weitere afrikanische Nobelpreisträger waren der Ägypter Nagib Mahfuz und die Südafrikaner Nadine Gordimer und John Maxwell Coetzee.    Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte 11. Auflage erschien am 18. März 2021. Volker Seitz publiziert regelmäßig zu afrikanischen Themen und hält Vorträge (z.B. „Was sagen eigentlich die Afrikaner“, ein Afrika-ABC in Zitaten).
Volker Seitz
Der Literaturnobelpreis 2021 geht an den tansanischen Autor Abdulrazak Gurnah, der seit 1968 in Großbritannien lebt. Seine Werke wurden seit 2006 nicht mehr ins Deutsche übersetzt.
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10.10.2021 11:00
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Indubio Folge 219 – Der Herbst des Corona-Regimes
Der Heidelberger Arzt und Achgut-Bestseller-Autor Gunter Frank („Der Staatsvirus") und der Berliner Anwalt Marcel Templin diskutieren mit Gerd Buurmann über die Lage an der Corona-Front nach dem Scheitern der Impfpflicht, über die allfällige Aufarbeitung der enormen gesellschaftlichen und gesundheitlichen Schäden sowie über die Verdrängung des Todes aus der gesellschaftlichen Wahrnehmung.
indubio
Der Arzt Gunter Frank und der Anwalt Marcel Templin diskutieren mit Gerd Buurmann über die Lage an der Corona-Front nach dem Scheitern der Impfpflicht, die allfällige Aufarbeitung der enormen gesellschaftlichen und gesundheitlichen Schäden sowie die Verdrängung des Todes aus der gesellschaftlichen Wahrnehmung.
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10.04.2022 06:10
https://www.achgut.com/artikel/indubio_219_10_04_im_herbst_des_Corona_regimes
Honda und Nissan wollen fusionieren
Die japanischen Autobauer Honda und Nissan wollen fusionieren. Dadurch könnte der drittgrößte Autobauer der Welt entstehen. Man habe offizielle Gespräche über eine Fusion aufgenommen, teilten beide Konzerne am Montag mit. Ziel ist es demnach, dass eine Holdinggesellschaft als Muttergesellschaft von Honda und Nissan gegründet wird, die an der Tokioter Börse notiert sein soll. Nach Umsatz könnte so der drittgrößte Automobilhersteller der Welt entstehen. Man wolle Informationen und Ressourcen gemeinsam nutzen, Größenvorteile und Synergien erzielen und gleichzeitig beide Marken schützen, sagte Honda-Chef Toshihiro Mibe. Die Gespräche sollen im Juni 2025 abgeschlossen werden. Dem Autobauer Mitsubishi, der bereits ein strategischer Partner von Nissan ist, wurde derweil angeboten, sich den Plänen anzuschließen. Mitsubishi strebt nach eigenen Angaben an, bis Ende Januar 2025 eine Entscheidung über die Beteiligung an der geplanten Geschäftsintegration zwischen Nissan und Honda zu treffen. (Quelle: Dts-Nachrichten)
News-Redaktion
Die japanischen Autobauer Honda und Nissan wollen fusionieren. Dadurch könnte der drittgrößte Autobauer der Welt entstehen.
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23.12.2024 10:30
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Zahl an Einbürgerungen steigt weiter stark
Im Jahr 2023 sind in Deutschland rund 200.100 Ausländer eingebürgert worden. Die meisten davon sind Syrer. Das waren so viele wie noch nie seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Dienstag mit. Die Zahl stieg im Vergleich zum Vorjahr um rund 31.000 (+19 Prozent), nachdem sie im Jahr 2022 im Vorjahresvergleich bereits um rund 37.000 (+28 Prozent) gestiegen war. Insgesamt erhielten im vergangenen Jahr Menschen aus 157 unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten die deutsche Staatsbürgerschaft. Dabei machten vormals syrische Staatsangehörige alleine mehr als ein Drittel (38 Prozent) der Einbürgerungen aus. Die fünf häufigsten vertretenen Staatsangehörigkeiten Syrien, Türkei, Irak, Rumänien und Afghanistan stellten zusammengenommen über die Hälfte (56 Prozent) aller Einbürgerungen. Die Eingebürgerten waren im Durchschnitt 29,3 Jahre alt und somit deutlich jünger als die Gesamtbevölkerung (44,6 Jahre). Der Frauenanteil an den Eingebürgerten war mit 45 Prozent geringer als in der Gesamtbevölkerung (50 Prozent). Mit 75.500 Personen und damit 27.100 Personen (+56 Prozent) mehr als im Vorjahr waren syrische Staatsangehörige im Jahr 2023 die größte Gruppe unter den Eingebürgerten. Im Jahr 2022 hatte sich deren Zahl im Vorjahresvergleich bereits auf 19.100 mehr als verdoppelt und 2021 sogar versiebenfacht auf 6.700. Syrische Staatsangehörige, die im Jahr 2023 den deutschen Pass erhielten, waren im Schnitt 24,5 Jahre alt und zu 64 Prozent Männer. Vor ihrer Einbürgerung hielten sie sich im Schnitt 6,8 Jahre in Deutschland auf. Die hohe Zahl der Einbürgerungen von Syrern steht demnach im Zusammenhang mit der hohen Zuwanderung von syrischen Schutzsuchenden in den Jahren 2014 bis 2016. Diese erfüllen mittlerweile vermehrt die Voraussetzungen für eine Einbürgerung, unter anderem im Hinblick auf Sprachkenntnisse und Mindestaufenthaltsdauer. Ehegatten und minderjährige Kinder können auch ohne Mindestaufenthaltsdauer miteingebürgert werden. Dies betraf im vergangenen Berichtsjahr rund 28.000 (37 Prozent) der eingebürgerten Syrer. Türkische und irakische Staatsangehörige stellten im Jahr 2023 mit jeweils 10.700 Einbürgerungen gemeinsam die zweitgrößte Gruppe der Herkunft von Eingebürgerten, so das Bundesamt weiter. Dabei nahm die Zahl der Einbürgerungen irakischer Staatsangehöriger gegenüber dem Vorjahr um 3.900 (+57 Prozent) zu, während die Einbürgerungen türkischer Staatsangehöriger um 3.500 (-25 Prozent) zurückgingen. Die Zahl der Einbürgerungen rumänischer Staatsangehöriger stieg im Jahr 2023 um 600 (+acht Prozent) auf 7.600 und die Zahl der Einbürgerungen afghanischer Staatsangehöriger um 2.300 (+55 Prozent) auf 6.500. Die Zahl der Einbürgerungen von Ukrainern legte im Jahr 2023 um 300 (+sechs Prozent) auf 5.900 zu, nachdem sie sich von 2021 auf 2022 im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine von 1.900 auf 5.600 fast verdreifacht hatte. Die Einbürgerungen ukrainischer Staatsangehöriger machten drei Prozent aller Einbürgerungen im Jahr 2023 aus. (Quelle: Dts-Nachrichten, Destatis)
News-Redaktion
Im Jahr 2023 sind in Deutschland rund 200.100 Ausländer eingebürgert worden. Die meisten davon sind Syrer.
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28.05.2024 09:03
https://www.achgut.com//artikel/zahl_an_einbuergerungen_steigt_weiter_stark
Schöner Wohnen mit Heiko und Natalia
Natürlich verlagert dieser kleine Skandal, in den Heiko Maas völlig ohne eigenes Wissen und ohne eigenes Zutun verstrickt scheint, die Aufmerksamkeit ein wenig weg von seinem umstrittenen „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“. Der Mediendienst „Turi“ berichtet wie folgt: Der Online Möbel-Händler Westwing hatte mit Schauspielerin Natalia Wörner, der Partnerin von Maas, ein Foto-Shooting in der Berliner Altbauwohnung des Paars gemacht. Dort stammen auffällig viele Einrichtungsgegenstände aus dem Westwing-Katalog. Nur wenige Tage nach der Veröffentlichung hat der Online-Händler die Homestory wieder von der Seite genommen und die gezeigten Produkte aus dem Katalog gelöscht. ‚BamS‘ taxiert die Möbel und Accessoires auf Basis der Katalogpreise auf mehr als 9.000 Euro. Wörners Sprecherin sagt, es handele sich um eine ‚ganz normale‘, branchenübliche Kooperation. Die Vergütung erfolge in Form von Sachleistungen, die Wörner ‚ordnungsgemäß versteuern‘ werde. Die Zusammenarbeit sei nun ‚beendet‘ worden, Maas sei in die Kooperation nicht involviert gewesen. Westwing versucht, die abrupte Löschung schönzureden: Man wolle täglich neue und wechselnde Inspirationen‘ liefern. Ältere Hausbesuche bei anderen Promis sind allerdings weiterhin online. Das hört sich sehr glaubwürdig an. In Maas‘ Wohnung finden sich plötzlich diverse neue Möbel, nachdem die Möbelfirma von Wörner in ihr „elegant-charmantes Zuhause“ eingeladen worden war. Das wird dem vielbeschäftigten Heiko Maas natürlich gar nicht aufgefallen, noch wird er gefragt worden sein, ob er neue Möbel in der „gemeinsamen Wohnung“ wünsche noch wird er gefragt haben, wo die Möbel denn herkommen. Dies ist inbesondere deshalb so wahrscheinlich, weil Maas auch auf die Frage von „Zeit“-Chefredakteur di Lorenzo, wer denn den Namen „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ zu verantworten habe, Ahnungsloskeit demonstrierte: „Kann ich Ihnen auch nicht genau sagen.“ Nun hat Möbel-Gate letztlich doch ein Geschmäckle. Dabei haben andere große Sozialdemokraten vorgemacht, wie eine Homestory auch ohne gesponserte Möbel "ordnungsgemäß versteuert", wirklich prima funktioniert: Rudi planscht mit seiner Gräfin. Diese schöne, die Volksnähe der Würdenträger demonstrierende Tradition ist leider in jüngerer Zeit bei den Genossen etwas in Vergessenheit geraten und mit Torsten Albigs Home-Story (“Albig und die Frauen – die Folgen einer Home-Story") ist dann auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident baden gegangen: Irgendwann entwickelte sich mein Leben schneller als ihres, erklärte Albig der Bunten. Seine Frau sei in der Rolle als Mutter und Managerin des Hauses ‚gefangen‘ gewesen. Dass Westwing die Werbeseiten mit Maas und Wörners neuen Möbel jetzt gelöscht hat, während andere Homestorys mit Prominenten weiter online sind, dient, so vermute ich, nicht der Vertuschung, sondern allein dem Schutz des schillernden Pärchens vor rechter Hetze. Und immer noch sehenswert: Natalia Wörner hat ein Buch geschrieben, und Heiko Maas stellt es vor. Nur für  starke Menschen. 
Joachim Nikolaus Steinhöfel
Von Joachim Steinhöfel. Prominente deutsche Sozialdemokraten haben kein gutes Händchen für Homestories. Der ein oder andere erinnert sich vielleicht nochan den mit seiner Gräfin im Pool planschenden Rudolf Scharping. Jetzt hat es Heiko Maas erwischt. Für eine Homestory mit seiner Flamme Natalia Wörner wurden in der gemeinsamen Wohnung neue Möbel vom Online-Händler Westwing aufgestellt, was Heiko Maas aber gar nicht bemerkt hat.
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04.06.2017 20:34
https://www.achgut.com/artikel/schoener_wohnen_mit_heiko_und_natalia1
Weihnachten wie in der DDR?
Verschlossene Restaurants, Schlangen beim Einkauf, Basteln statt Shoppen – Weihnachten 2020 erinnert in mancher Beziehung an den kargen Alltag in der DDR. Doch im Sozialismus waren die Festtage mit ungleich größeren Herausforderungen verbunden. Dieses Weihnachten ist anders, als die Deutschen es bislang gewohnt waren. Restaurants und Cafés sind seit Wochen geschlossen, Einlasssperren vor den Geschäften sorgen für lange Schlangen und viele bleiben lieber zu Hause, als in festlich geschmückten Einkaufszentren nach Geschenken zu suchen. Lag die Zahl der Kunden im Einzelhandel bereits im Oktober und November rund ein Viertel niedriger als im Vorjahr, herrscht mittlerweile ein Total-Lockdown. Nur noch Geschäfte zur Grundversorgung sind geöffnet. Das spartanische Weihnachtsfest 2020 erinnert manchen Ostdeutschen an alte Zeiten. Auch in der DDR gehörte das Schlangestehen bei kalten Temperaturen zur Vorweihnachtszeit. Die Restaurants waren zwar nicht geschlossen, aber Schilder mit der Aufschrift „Sie werden platziert“ hinderten viele am Eintreten. Glitzernde Shopping Malls gab es schon gar nicht im Arbeiter- und Bauernstaat. Eigentlich war das ganze Weihnachtsfest der SED ein Dorn im Auge. Denn die Geburt Jesu Christi zu feiern, passte nicht in das ideologische Programm der ostdeutschen Kommunisten. „Religion,“ so hatte es der Führer der russischen Bolschewiki, Wladimir I. Lenin, gelehrt, „ist eine Art geistigen Fusels, in dem die Sklaven des Kapitals ihr Menschenantlitz und ihre Ansprüche auf ein halbwegs menschenwürdiges Leben ersäufen.“ Während Weihnachten in der Sowjetunion deshalb ein ganz normaler Arbeitstag war und das Fest mit Tannenbaum und Geschenken kurzerhand auf Silvester verlegt wurde, war die SED im Kampf gegen die christliche Tradition weniger erfolgreich. Zwar gelang es ihr, Konfirmation und Firmung zum größten Teil durch die kommunistische Jugendweihe zu ersetzen, doch am Weihnachtsfest hielten die Ostdeutschen hartnäckig fest. Selbst das Politbüro legte am Jahresende eine zweiwöchige Sitzungspause ein. Die DDR-Führung verlegte sich deshalb darauf, das Fest von seinen religiösen Wurzeln abzukoppeln. Von der Geburt Jesu oder vom Christkind war offiziell so gut wie nie die Rede. Stattdessen sprachen die Staatsmedien nur von Weihnachten oder schlicht von den Festtagen. Das Krippenspiel wurde zum Weihnachtsspiel, das Weihnachtsgeld hieß Jahresendprämie, die Weihnachtsfeier im Betrieb nannte sich offiziell Jahresendfeier. Der immer wieder kolportierte Begriff der Jahresendflügelfigur für die pausbäckigen Engelchen aus dem Erzgebirge fand sich bislang allerdings in keinem Dokument. Die stille Akzeptanz des Weihnachtsfestes hatte für die SED zur Folge, dass sie jedes Jahr im Dezember mit enormen wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen hatte. Denn anders als im Kapitalismus, wo Produzenten und Händler um Käufer für ihre Weihnachtsbäume, Lebkuchen oder Kinderspielzeug buhlen, ist im Sozialismus der Staat für Produktion und Handel zuständig – auch beim Weihnachtsgeschäft. Da dieses, wenn es um die Verteilung von Ressourcen oder Lücken bei der Versorgung geht, schnell zu einer politischen Angelegenheit werden kann, musste sich die SED-Spitze höchst selbst regelmäßig mit der Frage befassen, ob für die knapp 17 Millionen DDR-Bürger auch genügend Weihnachtsbäume, Lebkuchen oder Kinderspielzeug zur Verfügung standen. In den 1950er Jahren fand deshalb spätestens im September beim Minister für Handel und Versorgung eine Dienstbesprechung zum Thema „Weihnachtsversorgung“ statt. Meist ging es dabei um die zahlreichen Versorgungslücken und wie man diese stopfen könnte. In den 1960er Jahren ist in den Unterlagen dann immer häufiger nur noch von „Festtagsversorgung“ die Rede, ein Begriff, den sich in den 1970er Jahren auch Politbüro und Ministerrat zur eigen machten. Die Dokumente dieser Beratungen möchte man Politikern wie Kevin Kühnert, die in Deutschland erneut den Sozialismus einführen wollen, gerne zur Lektüre ans Herz legen, lassen sie doch die Probleme jeder nicht-kapitalistischen Wirtschaftsweise deutlich zutage treten: zu wenige Waren, zu geringe Produktivität, zu viel Bürokratie, kaum Innovationen – und in der Folge rigide Importbeschränkungen und eine horrende Auslandsverschuldung. Wie sehr die SED-Führung damit zu kämpfen hatte, die Waren für das Weihnachtsfest bereitzustellen, illustriert ein geheimer „Bericht über den Stand der Vorbereitung der Festtagsversorgung 1974“ für den Ministerrat der DDR. Auf zehn Seiten wird darin die lückenhafte Versorgungslage geschildert, wobei die Verfasser vor dem Problem stehen, dass es dem Selbstverständnis der SED zufolge solche Schwierigkeiten im Sozialismus eigentlich gar nicht geben dürfte. Die Versorgungsmängel werden deshalb nur angedeutet – mit Formulierungen wie, dass das Angebot „weiter verbessert“ werde oder dass die Nachfrage „noch nicht voll befriedigt“ werden könne. Letzteres war zum Beispiel bei „Hohlfiguren“ der Fall – wie Weihnachtsmänner und Kugeln aus Schokolade in dem Bericht genannt werden. Dasselbe wird für die in der DDR beliebte Zigarettensorte „F6“, für Damenblusen, für hochwertige Schuhe sowie für elektromechanische und hölzerne Spielwaren festgestellt. Auch bei modischer Damenbekleidung, Uhren, Tonbandgeräten und Besteck sei ein stabiles Angebot „noch nicht gewährleistet“. Bei Kunstfaserpullovern sei die Nachfrage ebenfalls „noch höher als die Warenbereitstellung.“ Der ständige Gebrauch des Wortes „noch“ in dem Bericht erinnert an den alten DDR-Witz, in dem nach dem Unterschied zwischen dem Sozialismus und einem Märchen gefragt wird. Die Antwort: Ein Märchen fängt an mit „Es war einmal“, der Sozialismus fängt an mit „Es wird einmal.“ Weniger um den heißen Brei herum reden die Autoren bei Korn und Wodka, bei denen der Bedarf schlicht „nicht gedeckt“ werden könne. Auch die Nachfrage nach Wintermänteln in klaren Farbtönen könne „nicht befriedigt“ werden. Bei Geldbörsen und Necessaires aus Leder sei es ebenfalls nicht möglich, „ein ständiges Angebot (zu) sichern“. Wer vorhatte, sich zu Weihnachten einen Fernseher zu kaufen, hatte gleichfalls schlechte Karten, denn die vertraglich zugesicherte Lieferung von fast 50.000 Geräten aus der Sowjetunion war nicht rechtzeitig eingetroffen. Um die Folgen der Mangelwirtschaft zu überdecken, griffen die sozialistischen Planer auf verschiedene Tricks zurück. Bei Wein und Spirituosen wurden kurzerhand die Vorräte des Großhandels geplündert, was den Mangel zeitlich nach hinten verlagerte. Produkte wie Nüsse oder Südfrüchte hingegen wurden gezielt zurückgehalten und erst in den Wochen vor Weihnachten in die Geschäfte gebracht. Durch diesen „konzentrierten Verkauf“, so heißt es in dem Bericht, sei „eine ausreichende Versorgung gewährleistet.“ Zum Dritten wurden die knappen Güter regional unterschiedlich verteilt. Die „vorrangige Versorgung“ von Ost-Berlin, wo der größte Teil der Funktionäre lebte, war laut Ministerratsbeschluss vom 14. November 1974 bei allen Sortimenten „zu gewährleisten“. Der stellvertretende Handelsminister wurde zu diesem Zweck eigens zum Sonderbeauftragten ernannt. Die ländlichen Regionen gingen dagegen leer aus – eine Ungleichbehandlung, die im Misstrauen vieler Ostdeutscher gegenüber der politischen Elite in Berlin bis heute fortwirkt. Wenn in der Hauptstadt Mangelwaren übrig blieben, waren diese „konzentriert“ in den Bezirksstädten, Arbeiterzentren und den Standorten der DDR-Armee zu verkaufen. Probleme gab es allerdings nicht nur in der Produktion, sondern auch im Handel. Viele Produkte kamen einfach nicht in den Geschäften an – was im Beschluss des Ministerrates nebulös als „Auspack- und Auslieferungsrückstände“ umschrieben wird. Um diese zu beseitigen, sollten auch Verwaltungskräfte des Handels zeitweilig an Schwerpunkten des Warenumschlags eingesetzt werden. Zudem sollten Betriebsverkäufe für Spielwaren und Winterwaren organisiert werden. Ein Problem war auch, dass manche staatlichen Geschäfte einfach die alten Sommerwaren in den Auslagen beließen. Verstärkt sollten deshalb „Sortimentskontrollen“ durchgeführt und „Altbestände herausgelöst“ werden – damit sich in den Läden auch „die Leistungen der Werktätigen (…) in vollem Umfang widerspiegeln“. Zehn Jahre später hatte sich die Versorgungslage offenbar verbessert – jedenfalls, wenn man einem weiteren Bericht zur Festtagsversorgung Glauben schenkt. Der Rapport, den Politbüro und Ministerrat im September 1983 billigten, kommt zu dem Schluss, dass die Versorgung bei vielen Produkten für das Weihnachtsfest „stabil gesichert“ sei. Bei anderen – zum Beispiel Mandeln, Orangen, Kohl oder Spielwaren – würden zumindest dieselben Mengen wie im Vorjahr bereitgestellt. In Rechnung stellen muss man dabei allerdings, dass der Hang zur Schönfärberei unter SED-Chef Erich Honecker weiter zugenommen hatte. Außerdem lebte der Arbeiter- und Bauern-Staat damals ungehemmter denn je über seine Verhältnisse. Im Sommer 1983 stand die DDR kurz vor der Zahlungsunfähigkeit – bis die Bundesregierung für einen Milliardenkredit bürgte. Weiterhin Mangelware waren Geldbörsen, Akten- und Reisetaschen. Bei Pyramiden, Nussknackern und Leuchtern aus dem Erzgebirge könne der Nachfrage „wie in den Vorjahren nicht voll entsprochen werden“. Auch bei elektrischen Lichterketten sowie hölzernen und mechanischen Spielwaren sei „die Nachfrage höher als das mögliche Angebot“. Bei Küchen sowie kompletten Schlaf- und Wohnzimmern werde es ebenfalls nicht möglich sein, ein ständiges Angebot zu gewährleisten. Bei Abfahrts- und Tourenski sowie bei  Eiskunstlaufkomplets und Zigaretten würden dem Bericht zufolge immerhin Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr erreicht. Bananen und Spielzeug wollte man wieder zurückhalten, um sie dann „konzentriert“ in der Vorweihnachtszeit in den Handel zu geben. Probleme gab es offenbar auch bei Glaskugeln für den Weihnachtsbaum, denn der Minister für Glas- und Keramikindustrie wurde beauftragt, eine Angebotslücke im Wert von 1,9 Millionen DDR-Mark „sofort“ zu schließen. Ob das gelungen ist, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Überhaupt waren die Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest in der Praxis deutlich schwieriger, als es die Berichte nahelegen. So stieg zwar die Zahl der angebotenen Weihnachtsbäume zwischen 1974 und 1983 von 2,5 auf 3,3 Millionen. Doch wie diese aussahen, erfuhr die Führung nicht. Viele Ostdeutsche haben indes noch gut in Erinnerung, dass oft nur Kiefern oder verkümmerte Fichten verkauft wurden – so dass man zwei Bäume erstand, um die Zweige des einen an den kahlen Stellen des anderen zu befestigen. Die prächtigen Tannen wurden hingegen nach Westdeutschland exportiert. Auch die angeblich ausreichende Versorgung mit Stollen stellte sich in der Praxis anders dar. Viele Bäcker verlangten nämlich von den Kunden, dass sie die Zutaten selbst beschafften. Wer nicht Monate vorher nach den stets knappen Mandeln, Sultaninen oder Korinthen Ausschau gehalten hatte, hatte schlechte Karten. Selbst die staatlichen Großbäckereien kamen nicht an Zitronat und Orangeat heran, so dass sie stattdessen auf kandierte grüne Tomaten und auf Möhren zurückgreifen mussten. “Da war kaum ein Unterschied zu schmecken”, meint die Geschäftsführerin der traditionsreichen Pulsnitzer Lebkuchenfabrik lapidar in einem Buch mit Zeitzeugenberichten zum Weihnachtsfest in der DDR.  Lametta gab es zwar genügend in der DDR, doch dieses bestand aus Aluminium und hing deshalb nicht am Baum herunter. Wer schweres West-Lametta aus Zinn und Blei besaß, bewahrte es sorgfältig auf und bügelte es oft am Weihnachtstag wieder glatt. Der „konzentrierte“ Verkauf von Südfrüchten im Dezember bedeutete auch nicht, dass man wenigstens in dieser Zeit nach Belieben Orangen kaufen konnte. Die Abnahme war vielmehr begrenzt und auf dem Lande gab es für jede Familie nur eine einzige Tüte Apfelsinen. Ähnliches galt bei Salzheringen für den in der DDR so beliebten Heringssalat. Vor allem aber hieß es immer wieder, die Geschäfte abklappern und im Freien Schlange stehen, um für die Kinder den gewünschten Teddy oder am Weihnachtstag die vorbestellte Gans zu erstehen. Besonders begehrte Produkte bekam man nur, wenn man den Verkäufer persönlich kannte – die sogenannte „Bückware“, weil sie sich nicht im Regal befand, sondern unter der Ladentheke. Wer nicht zu den Auserwählten zählte, musste sich etwas anderes ausdenken, zum Beispiel Kuscheltiere selber nähen. Auch nach dem Fest hieß es noch einmal Schlange stehen, um – streng limitiert –Silvesterknaller und Raketen aus dem VEB Pyrotechnik Silberhütte zu bekommen, wofür sich viele bereits in der Nacht anstellten. Schließlich gab es bestimmte besonders begehrte Produkte – außer im Intershop gegen Devisen – überhaupt nicht in der DDR: Jeans von Levis, Schokolade von Trumpf, Handcreme von Nivea oder Seife der Marke Fa. Diese Dinge bekam nur, wer einen guten Draht zu Verwandten im Westen hatte, denn die schickten in den 1980er Jahren fleißig Pakete in die DDR – rund 25 Millionen pro Jahr. Die Pakete mussten zwar die Aufschrift „Geschenksendung – keine Handelsware“ tragen, doch der Planwirtschaft flossen dadurch kostenlose Importe im Wert von rund fünf Milliarden DDR-Mark zu. Allein die 12.000 Tonnen Kaffee, die per „Westpaket“ – so der Titel eines einschlägigen Buches – jährlich in den Osten gelangten, senkten den Importbedarf um 20 Prozent. Auch im Jahr 2020 wird der Paketzusteller mehr denn je zum vielbeschäftigten Weihnachtsmann. Anders als zu DDR-Zeiten kann heute allerdings jeder selbst entscheiden, was der Online-Händler nach Hause liefern soll. Und kein Staatssicherheitsdienst prüft mehr, ob sich in den Paketen verbotene Zeitschriften, Bücher, Tonträger oder Medikamente befinden – wie einst zur Weihnachtszeit in der DDR.   Der Text erschien zuerst in: Die Welt vom 16. Dezember 2020. Auf Hubertus Knabe.de finden Sie außerdem eine Reihe Fotos zum Thema.
Hubertus Knabe
Verschlossene Restaurants, Schlangen beim Einkauf, Basteln statt Shoppen – Weihnachten 2020 erinnert in mancher Beziehung an den kargen Alltag in der DDR. Doch im Sozialismus waren die Festtage mit ungleich größeren Herausforderungen verbunden.
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24.12.2020 06:25
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Wie wir ratlos dem Unglück in Syrien zusehen
Emile Hokayem, Senior Fellow beim Internationalen Institut für Strategische Studien, sagte: „Es ist extrem wichtig, zu erkennen, dass die gegenwärtige humanitäre Katastrope in Idlib nicht die Nebenwirkung noch die unbewußte Konsequenz der Strategie des Regimes ist. Die humanitäre Katastrophe IST die Strategie des Assad-Regimes.“ Und weiter: „Das Regime hatte eine auf Zivilisten konzentrierte militärische Strategie, die auf die Entvölkerung ganzer Regionen durch den massiven Einsatz von Luftstreitkräften, Fassbomben und chemischen Waffen setzt, im Wesentlichen auf alles, was tötet und verletzt. Gemeinsam mit den Russen haben syrische Kräfte gezielt Gesundheitseinrichtungen, Schulen, Wasserpumpen, eigentlich alles, was das Leben für Zivilisten möglich machte, zerstört, sodass sie flohen. Übrig blieben Rebellen, die im wesentlichen Ruinen verteidigten ohne Zugriff auf Anti-Flugwaffem oder andere Waffen zu haben, die ihnen hätten helfen können, die Front zu halten.“ Seit mehr als 10 Jahren schaut die Weltgemeinschaft der Perfektionierung des Massenmordes am syrischen Volk durch mordende Paramilitärs, Terroristen und Armeen zu. Assad ist um nichts besser als der IS, den die Kurden vertrieben haben, um zum Dank von den Amerikanern verlassen und verraten zu werden. Erdogan tut uns nur scheinbar den Gefallen, vor den frisch aufgebauten Kameras an der griechisch-türkischen Grenze ein Spektakel aufzuführen, bei dem er für seine perfide Strategie ein paar tausend arme Menschen (meistens Afghanen) in Geiselhaft nimmt, während 1,5 Millionen Syrer, die vor Assad nach Ildib geflohen sind, an seiner Grenzmauer darauf warten, dass Assad mit Putins Hilfe den Rest der Region erobert und unter ihnen Mord und Totschlag verbreitet. Während wir auf die Brocken, die uns die Türkei hinwirft, reagieren, sterben die Menschen in Syrien. Diese Menschen sind Assad und Putin einfach nur egal. Als Opfer dienen sie dem Kriegszweck. Ihr Tod ist zwar Teil der Strategie, aber der Völkermord ist nicht gegen ihre Herkunft, ihren Glauben oder ihre „Rasse“ gerichtet. Dem eigenen Potentaten sind sie einfach nur gleichgültig. Berichte aus der Region belegen, dass syrische Flüchtlinge erst dann zurück kehren werden, wenn Assads Regime gestürzt ist, dass jetzt auch noch von Russland gestützt wird. Weil er sie einsperren oder ermorden wird, wie sie befürchten. Wesentliche Verantwortung für diese Entwicklung trägt übrigens nicht der amtierende US-Präsident Donald Trump alleine. Der hat sich nur aus dem Staub gemacht, weil die USA es leid sind, dafür, dass sie weltweit eine gewisse Ordnung aufrecht erhalten haben, von den Europäern auch noch beschimpft zu werden. Stattdessen war es sein Vorgänger, der Friedensnobelpreisträger Barack Obama, der erst „Rote Linien“ definierte, die das syrische Regime nicht überschreiten dürfe. Gewöhnliche Fassbomben, die man auf das eigene Volk warf, gehörten noch nicht dazu. Erst beim Einsatz chemischer Waffen wollte er tätig werden. Er wusste jedoch nichts davon, als nachweisbar solche erfolgten. Ein (vermeintliches) Abrüstungsprogramm reichte zu seiner Beschwichtigung. Ich bin kein Gutmensch. Ich bin wütend auf meine eigene Ratlosigkeit. Die Fehler, die die westliche Welt gemacht hat, begannen im „arabischen Frühling“. Und ich weiß nicht einmal, was wir besser hätten machen können oder sollen. Außer, dass wir nichts gemacht haben und in Deutschland unseren Mut damit gekühlt haben, dass wir mehr als eine Million Menschen ins Land ließen, von denen wir nicht einmal wussten, ob sie aus den syrischen Elendsgebieten stammten. So machte sich unsere Elite einen schlanken Fuß. Ungleich mehr Millionen, die nicht jung, männlich, fit und wohlhabend waren, blieben zu Hause zurück. Und wir können die auch nicht aufnehmen. Joachim Gauck brachte es auf den Punkt: „Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind endlich.“ So ist das. Während wir das Leid in Syrien ignorieren und Erdogan an der türkisch-griechischen Grenze auf den Leim gehen (nun wissen wir, was Thomas de Maiziere meinte, als er sagte, er könne sich nicht vorstellen, dass „wir alle die hässlichen Bilder aushalten“), sind die Freischärler, Milizen und paramilitärischen Kräfte längst weiter gezogen. Mindestens zehn Staaten sind in die Kämpfe in Libyen involviert, auch hier stehen sich unter anderem die Russen und die Türken gegenüber. Immerhin hatte die Kanzlerin zu einer Libyen-Konferenz geladen, das Ergebnis gleich null. Gut, dass wir darüber geredet haben. Das beruhigt uns und liefert schöne Bilder. Im letzten Herbst sind die Mutigen im Libanon, im Irak und sogar im Iran unter Einsatz ihres Lebens gegen das eigene Regime aufgestanden. Sicher mehr als tausend haben diesen Preis auch bezahlt. Das wurde hier allenfalls am Rande bemerkt, ist aber heute vielleicht der Schlüssel zu einer positiven Entwicklung. Die Leute haben ihre Eliten leid, die sie chancenlos in Armut vegetieren lassen. Es gibt aber keine anderen als die korrupten Herrscher, die an den Schalthebeln der Macht erfahren genug sind. Ägypten ist wenigstens stabil, aber sicher auch kein Vorbild. Und die palästinensischen Funktionäre leben ungewählt wie die Maden im Speck von den Zuwendungen von UN und EU und haben gar kein Interesse an einem eigenen Staat. Dann müssten sie ja arbeiten. Wenigstens rauben die sinkenden Ölpreise den Finanziers des Terrors, dem Iran und den diversen Regimes von der anderen Seiten des persischen Golfs die Mittel. So hat der Virus was Gutes. Denn ohne Kameras spricht hier auch niemand vom Krieg im Jemen, der nach dem gleichen Prinzip geführt wird wie der in Syrien: Opfer und Ziel sind Zivilisten, Alte, Frauen und Kinder. Was gebraucht wird, ist irgendwas zwischen Westfälischem Frieden und Wiener Kongress. Der Konsens, dass jeder verliert und Tausende sterben, wenn sich nicht was ändert. Und wir werden sehen: Das nächste Mal kommt keine Flüchtlingswelle, sondern eine Völkerwanderung.
Carl Christian Jancke
Seit mehr als 10 Jahren schaut die Weltgemeinschaft der Perfektionierung des Massenmordes am syrischen Volk zu. Assad ist um nichts besser als der IS, den die Kurden vertrieben haben, um zum Dank von den Amerikanern verlassen und verraten zu werden. Erdogan hilft uns nur scheinbar, indem er arme Menschen in Geiselhaft nimmt. Syrische Flüchtlinge werden erst zurückkehren, wenn Assads Regime gestürzt ist.
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10.03.2020 15:30
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Ein Herz für Juden
"Was man damals über die Juden zu wissen glaubte, weiß man heute über die Muslime. Der Muslim ist alles, was der Europäer nicht ist: fanatisch, lüstern, brutal und intolerant. Der "Andere", das war früher der Jude. Heute ist es der Muslim." Hier "Wenn Stimmung gemacht wird gegen Muslime oder sogenannte Eliten, dann sind früher oder später auch wir Juden gemeint", warnte Schuster. Auch habe sich der Zentralrat der Juden schon immer für andere Minderheiten wie Muslime oder Sinti und Roma eingesetzt. Hier "Die Generalverurteilung von Menschen gibt es solange, wie es Menschen gibt. Wir kennen das aus diesem Land sehr gut. Damals waren es die Juden. Und jetzt gibt es einen Bub, der was ganz Schlimmes gemacht hat, aus Afghanistan. Und jetzt sind es die Afghanen oder Ausländer. Ich habe nicht gedacht, dass es innerhalb so kurzer Zeit da hinkommt, wo es ist. Man muss große Angst haben", so der Trainer.
Fundstück
"Was man damals über die Juden zu wissen glaubte, weiß man heute über die Muslime. Der Muslim ist alles, was…
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09.12.2016 10:13
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Das große Berlin-Blackrock-Abzocker-Festival
Stiftungen und Konzerne, die sich dafür mit den Regierungsorganisationen zusammentun, betreiben unverfroren und aktiv Politik zur Mehrung ihres Wohlstandes, ohne dafür von den Bürgern gewählt worden zu sein. Gerade trafen sie sich zum "Berlin Global Dialoge" Das Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum, WEF) ist spätestens seit der Buchveröffentlichung „The Great Reset“ von WEF-Gründer Klaus Schwab in aller Munde. Doch es gibt noch weitere solcher Foren, bei denen sich Konzernvertreter mit Politikern treffen, wie etwa den Global Solutions Summit und – seit letztem Jahr – den Berlin Global Dialogue. Dessen Initiator ist Lars-Hendrik-Röller, ehemaliger wirtschaftspolitischer Berater von Angela Merkel und Professor an der Business School ESMT in Berlin, einer staatlich anerkannten privaten Wirtschaftshochschule mit Promotionsrecht. Der Mann hat eindeutig Kontakte. So trudelten – von erstaunlich wenig öffentlicher Aufmerksamkeit begleitet – Politiker wie Emmanuel Macron und Wirtschaftsgiganten wie Larry Fink (Foto) von BlackRock am 1. und 2. Oktober in Berlin ein. Berlin Global Dialogue bringt nach eigener Aussage „führende Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zusammen, um eine neue wirtschaftliche Ära zu gestalten“. („Berlin Global Dialogue unites leaders from business, politics, and academia to shape a new economic era.“) Die Themen beim diesjährigen Event lauteten denn beispielsweise auch: „Die sich verändernde Rolle der Unternehmen in einer unbeständigen Welt“ („The Changing Role of Business in a Volatile World“), „Globale Strategien für die Energiewende“ („Global Strategies for the Energy Transition“), „Wie sich private Investitionen für Innovation und industrielle Transformation mobilisieren lassen“ („How to Mobilize Private Investments for Innovation and Industrial Transformation“), „Die Neuordnung der globalen Wirtschaftslandschaft: Gelegenheiten für Schwellenländer“ („Reshaping the Global Economic Landscape: Opportunities for Emerging Markets“) und „Der Weg nach Baku: Mobilisierung von Kapital aus dem Privatsektor für die Klimaziele“ („The Road to Baku: Mobilizing Private Sector Capital Towards Climate Goals“). Mit dem Verweis auf Baku ist gemeint, dass dort vom 11. bis 22. November 2024 die nächste Weltklimakonferenz stattfindet. Während das Forum im letzten Jahr unter dem Motto „Shaping a World in Transition“ („Eine Welt im Umbruch gestalten“) stand, lautete das übergeordnete Thema des Berlin Global Dialogue diesmal „Building Common Ground“ (zu deutsch etwa: „Gemeinsame Basis schaffen“). Die Titel all dieser Veranstaltungen klingen in englischer Sprache wunderbar geschmeidig. Bei der Übersetzung in eine präzisere Sprache wie die deutsche fällt jedoch auf, wie hohl und unscharf sie tatsächlich sind. Dazu kommt, dass Berlin Global Dialogue vor allem über X kommuniziert, sodass die Öffentlichkeit nur mit knappen Floskeln abgespeist wird. Man kann sich allerdings auch den gesamten Livestream der Veranstaltung anschauen (hier und hier), der insgesamt ungefähr 18 Stunden dauert. Und auch wenn es wahrscheinlich interessanter wäre, bei den inoffiziellen Begegnungen der Teilnehmer Mäuschen zu spielen, sind dem Mitschnitt der Talkrunden durchaus aufschlussreiche Informationen zu entnehmen. Exemplarisch soll auf das Gespräch von Larry Fink, Gründer und Vorstandsvorsitzender der weltgrößten Vermögensverwaltung BlackRock, und Allianz-Chef Oliver Bäte eingegangen werden, das gleich am ersten Morgen stattfand. Bäte setzt sich darin für mehr kooperative Beteiligung von privatem Kapital bei der Lösung der globalen Probleme ein und betont, dass das alltägliche Leben der durchschnittlichen Leute funktionieren müsse – etwa in Hinblick auf Arzttermine, Wohnungsmarkt und Unterrichtsausfall an Schulen. Es sei zum Beispiel von den Unternehmen in Deutschland nicht clever gewesen, nur auf Elektrofahrzeuge zu setzen.  Doch Bäte ist sich sicher: „Jedes Risiko ist eine Chance” („every risk is an opportunity”). Zwischen den Zeilen gelesen, heißt das wohl: Der Durchschnittsbürger muss ruhig gestellt werden, damit die Konzerne ungestört agieren können, und besonders das Versicherungswesen ist natürlich auf Probleme, Gefahren und Krisen angewiesen, aus denen es Kapital schlagen kann. Auf dem X-Account des Berlin Global Dialogue wird Bäte mit dem Vorschlag zitiert: „ Wir brauchen ein integratives Wirtschaftsmodell, das nicht auf dem Prinzip ‘Mein Gewinn ist dein Verlust’ beruht.“ („We need an inclusive economic model, one that is not based on a ‘my gain is your loss’ approach”). Klingt hübsch und unverfänglich. Auch Larry Fink, dessen Privatvermögen auf über eine Milliarde US-Dollar geschätzt wird, findet schöne Worte und spricht von Prinzipien und Werten: Es gehe darum, sich selbst jeden Tag treu zu bleiben. Außerdem fordert er einen neuen ökonomischen Pragmatismus und die Vollendung der europäischen Bankenunion. Die Leute seien ermüdet, weil es derzeit zu viele Veränderungen gleichzeitig gebe: wirtschaftliche, gesellschaftliche, geopolitische, aber auch im Bereich der Energieversorgung und der Künstlichen Intelligenz. Dabei sei eine technische Evolution wie die KI weder gut noch schlecht, sondern stelle lediglich eine wirtschaftliche Gelegenheit („opportunity“) dar. Die Kunden von BlackRock hätten unterschiedliche Interessen, und es sei die Aufgabe von BlackRock, die besten „opportunities“ für seine Kunden zu finden.  Mit dieser simplen Aussage bringt Fink auf den Punkt, wie es offenbar in den Vorstandsvorsitzenden der mächtigsten Konzerne der Welt denkt: Es geht in Wahrheit natürlich nicht um Werte, sondern um die „opportunities“. Wenn der Kampf gegen den Klimawandel „opportunities“ für die Geschäftspartner bringt, verschreibt sich BlackRock dem Kampf gegen den Klimawandel. Wenn die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen „opportunities“ oder sogar einen ganz neuen Markt eröffnet, verschreibt sich BlackRock der Entwicklung von mRNA-Impfstoffen. Und wenn der Krieg in der Ukraine „opportunities“ mit sich bringt, wird BlackRock auch diese nutzen. Das ist im Prinzip natürlich nichts Neues, doch die Dimensionen der Summen, um die es geht, sind so gigantisch hoch wie nie zuvor: Aktuell verwaltet BlackRock ein Vermögen von über 10 Billionen US-Dollar und ist bei einem Drittel aller DAX-Unternehmen größter Einzelaktionär. Zum Vergleich: Der bundesdeutsche Haushalt für 2025 sieht insgesamt Ausgaben in Höhe von 488,67 Milliarden Euro vor. Auch die Europäische Zentralbank zählt zu BlackRocks Klienten.  Im Vergleich zu Schwergewicht Larry Fink sind Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck, die ebenfalls beim Berlin Global Dialogue zugegen waren, kleine Lichter. Immerhin nahmen aber auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Børge Brende, Präsident des Weltwirtschaftsforums (World Economic Forum, kurz: WEF), teil. Von deutscher Seite waren außerdem u.a. vor Ort: Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Jochen Flasbarth, Generalleutnant Jürgen-Joachim von Sandrart, der als Kommandeur des Multinationalen Korps Nordost in Stettin die Verantwortung für die Sicherheit u.a. der baltischen Staaten trägt, Bundeskanzleramtschef Wolfgang Schmidt und Jennifer Morgan, Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt. Darüber hinaus waren Vertreter von Konzernen wie Siemens, Volvo, Bayer, McKinsey, Airbus, Schaeffler, RWE, Microsoft, Mercedes-Benz und Telekom angereist. Unterstützt wird Berlin Global Dialogue von der Bank of America, Allen & Overy, Allianz, Booking.com, SABIC, Xunce Tech, Bayer, Clayton, Dubilier & Rice, Deloitte, Deutsche Telekom, Zehnder, Giesecke + Devrient, Google, Mercedes, McKinsey & Company, Salesforce, UCB und WinDigital. Medienpartner sind u.a. die Deutsche Welle, Bloomberg, The Wall Street Journal, Politico und die ARD. Die meisten Veröffentlichungen finden sich jedoch im Youtube- und im X-Kanal des Berlin Global Dialogue selbst und daher ausschließlich in englischer Sprache. Auf dem X-Account von Berlin Global Dialogue wird beispielsweise die Warnung Macrons wiedergegeben: „Wir werden aus dem Markt gedrängt, wenn sich die EU nicht auf einen Investitionsschock einigt.“ Macron forderte mehr Investitionen auf europäischer Ebene in Verteidigung und Sicherheit, saubere Technologien und KI. Im Klartext: Er hätte es gerne, wenn noch mehr EU-Mittel nach Frankreich fließen würden. Robert Habeck wird zitiert mit der Aussage: „Es wird keine Klimaneutralität in der Industrie bis 2050 geben, wenn der Verkehrssektor nicht bis 2035 etwas leistet. Wir müssen uns an die bestehenden Pläne für die Autoindustrie halten und das Gerede darüber beenden.“ Und Lindner wird mit den Worten angeführt: „Es stehen in Europa viele öffentliche Gelder zur Verfügung, aber sie werden für alte Technologien und nicht nachhaltige, nicht wettbewerbsfähige Strukturen ausgegeben. Wir müssen also nicht mehr Geld ausgeben, sondern es besser einsetzen.“ Am rigorosesten zeigte sich erwartungsgemäß Jennifer Morgan, die Leiterin von Greenpeace International war, bevor sie 2022 zur Staatssekretärin im Auswärtigen Amt ernannt wurde. Sie insistierte: „Bei der Finanzierung des grünen Transformationsprozesses gibt es noch nicht genügend Austausch zwischen der Klima- und der Finanzwelt. Die Umsetzung der nationalen Klimabeiträge in tatsächliche Investitionspläne zur Erreichung von Netzero wird in naher Zukunft eine wichtige Aufgabe sein.“ Mit Netzero ist die Klimaneutralität der gesamten Industrie und Wirtschaft gemeint. Und: „Wir sprechen oft über die Kosten der Energiewende, aber nur selten über die Kosten der Alternative.“ Dass Morgan eine knallharte Ideologin ist und bleibt, überrascht wenig. Aber auch das Auswärtige Amt twitterte brav: „Für die Eindämmung des Klimawandels muss bei knappen Haushalten auch privates Kapital mobilisiert werden. Wie wir grüne Investitionen auch in Schwellen- & Entwicklungsländer lenken können, diskutiert heute die GreenGuaranteeGroup.“ Die Green Guarantee Group wurde von der Bundesregierung auf der letzten Weltklimakonferenz COP28 ins Leben gerufen. Sie soll bis zur COP30 in Brasilien konkrete Empfehlungen entwickeln, wie der Einsatz von „Green Guarantees“ (Garantien für Klimaanleihen) bei der Förderung grüner Investitionen vorangetrieben werden kann.  Überhaupt ist Berlin offenbar gerade ein heißes Pflaster: So haben das Weltwirtschaftsforum und der GovTech Campus Deutschland mit Unterstützung der Stadt Berlin und der deutschen Bundesregierung just am 1. Oktober das Global Government Technology Centre (GGTC) in Berlin eröffnet, das sich auf die digitale Transformation konzentrieren soll. Hintergrund ist die Erwartung, dass sich die Regierungstechnologie zum größten Softwaremarkt der Welt entwickeln und bis 2028 eine Marktgröße von über einer Billion Dollar erreichen wird. Es geht hier also einmal mehr um „opportunities“, um neue Geschäftsfelder, an denen einschlägige Interessengruppen („Stakeholder“) üppig zu verdienen gedenken. Die Stiftungen und Konzerne, die sich dafür mit den Regierungsorganisationen zusammentun, betreiben offensichtlich aktiv Politik, ohne dafür von den Bürgern gewählt worden zu sein. Und das nächste hochkarätige Stakeholder-Treffen in Berlin steht schon vor der Tür: der Weltgesundheitsgipfel (World Health Summit), der vom 13. bis 15. Oktober stattfinden wird. Als Redner werden hier u.a. erwartet: Bill Gates, José Manuel Barroso (Impfallianz Gavi), Alan Dangour (Wellcome Trust), Jeremy Farrar (WHO), Karl Lauterbach, Lothar Wieler und Christian Drosten. Geballte Kompetenz also. Der World Health Summit 2024 steht übrigens unter dem Motto „Vertrauensbildung für eine gesündere Welt“ („Building Trust for a Healthier World“). Ausgerechnet Corona-Propagandisten wie Gates, Farrar, Lauterbach und Drosten sehen sich also dazu berufen, Vertrauen aufzubauen. Ist das nicht irre komisch? Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.
Martina Binnig
Stiftungen und Konzerne, die sich dafür mit den Regierungsorganisationen zusammentun, betreiben unverfroren und aktiv Politik zur Mehrung ihres Wohlstandes, ohne dafür von den Bürgern gewählt worden zu sein. Gerade trafen sie sich zum "Berlin Global Dialoge".
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09.10.2024 06:15
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Protokoll einer Wahnsinnstat
Der Fall hat bundesweit Schlagzeilen gemacht. Ein Passant, der einer bedrängten Jesidin zur Hilfe kam, wurde von einem Kurden zu Boden geschlagen und angezündet. Das Opfer war ebenfalls Kurde. Stefan Frank wohnte dem Prozess bei. Gestern fiel das Urteil. Hier sein Bericht.  Der Fall hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht: Ein 53-jähriger Kurde mit türkischer Staatsangehörigkeit bedrängte am 19. August 2021 in Oldenburg an der Bushaltestelle Schlossplatz/Poststraße eine junge Jesidin und ihre zwölfjährige Tochter. Als ein 66-jähriger Passant – ebenfalls ein Kurde, wie sich später herausstellte – der Frau zu Hilfe kam und sagte, er werde die Polizei rufen, wurde er von dem anderen Mann zu Boden geschlagen, mit einer leicht entzündlichen Flüssigkeit übergossen und angezündet. Er erlitt schwerste Verbrennungen. Sein Überleben war über Wochen zweifelhaft. Alle drei Parteien sollen einander nicht gekannt haben. Passanten erstickten sofort die Flammen mit Kleidungsstücken. Ein Passant hinderte zudem den Beschuldigten an der Flucht. Dieser wurde in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht, da er bereits als paranoid-schizophren aktenkundig war: Schon von 2004 bis 31.1.2019 war er in einem psychiatrischen Krankenhaus. Am Dienstag sprach das Landgericht Oldenburg nach einer zweitägigen Verhandlung das Urteil in dem Sicherungsverfahren: Der Beschuldigte wird erneut in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht. Ich konnte leider nur den zweiten Verhandlungstag verfolgen; am ersten Tag stand ich buchstäblich vor verschlossener Tür, weil es wegen Corona-Sicherheitsmaßnahmen nur sehr wenige Plätze für Zuschauer gab, und die waren von sechs Söhnen des Opfers und den Kollegen des NDR und der Lokalzeitung belegt. Dankenswerterweise informierte mich Pressesprecher Torben Tölle am Nachmittag in einem Telefongespräch über die wichtigsten Entwicklungen am ersten Prozesstag. Der Beschuldigte hatte sich nicht geäußert. Die Zeugen, darunter jene Mutter, hatten die in der Antragsschrift im Sicherungsverfahren genannten Tatsachen bestätigt. Herr Tölle erklärte, dass in einem Sicherungsverfahren nicht von einer Anklage und einem Angeklagten die Rede sei; die Schuldunfähigkeit des Beschuldigten stehe „im Raum“, es gehe bei der Verhandlung folglich um eine Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus nach §63 StGB. Diese wurde nun vom Gericht angeordnet. Der Beschuldigte Halil G. sieht viel älter aus, als er ist. Ich hätte ihn eher auf 63 als auf 53 geschätzt. Er ist dünn, hat silbergraue Haare und eine Halbglatze. Am zweiten Verhandlungstag trägt er eine rote Jacke mit grauer Kapuze, blaue Jeans, braune Ledersneaker und einen auffälligen goldenen Ring am Mittelfinger der linken Hand, der wie ein Ehering aussieht. Während der restliche Körper während der gesamten Verhandlung fast regungslos ist, zittert sein linker Oberschenkel unaufhörlich auf und ab. Was hat der Mann getan? Am 19. August 2021 gegen 22.50 Uhr sprach er an der Bushaltestelle Schlossplatz/Poststraße die dort wartende Yasmin A. und deren zwölfjährige Tochter an und bedrängte sie, in der Absicht, die ihm bis dahin völlig unbekannte Tochter zu heiraten. Als das spätere Tatopfer Ali G. den Mann aufforderte, die Frau und ihre Tochter in Ruhe zu lassen, schlug der verärgerte Halil G. nach einer kurzen verbalen Auseinandersetzung mit den Fäusten auf Ali G. ein, der zu Boden ging. Die nun wehrlose Lage, in der sich Ali G. befand, nutzte Halil G., um ihn mit einer leicht brennbaren Flüssigkeit (vermutlich Benzin) die er in einem Glas bei sich führte, zu übergießen und anzuzünden. Er tat dies in der Absicht, Ali G. zu töten, so die Antragsschrift.  Das Opfer trug großflächige Verbrennungen an Gesicht, Rumpf und Armen und eine Rauchvergiftung davon und leidet seither unter anhaltenden Schmerzen. Nur dem oben geschilderten schnellen Eingreifen der Passanten war es nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft und des Gerichts zu verdanken, dass Ali G. überlebte.  Nachdem er Ende Oktober nach zweimonatiger stationärer Behandlung in Hannover und Oldenburg entlassen worden war, konnte er sich den Fragen der Staatsanwaltschaft stellen, die von einem Dolmetscher ins Arabische übersetzt wurden. Die Befragung wurde auf Video aufgezeichnet, dieses am zweiten Prozesstag vorgeführt. Ali G. schilderte, wie er auf den Bus gewartet und gesehen habe, dass ein Betrunkener die Mutter und ihre Tochter bedrängt habe. Das Mädchen habe gezittert. Dass der Mann betrunken gewesen sei, habe er sich gedacht, weil dieser noch die Schnapsflasche in der Hand gehalten und getrunken habe. Wie Ali G. sagt, habe er mit dem Mann zunächst gar nicht gesprochen, sondern nur mit der Frau, auf Kurdisch. Dann habe er gesagt, er werde die Polizei rufen. Der Beschuldigte habe ihn dann niedergeschlagen und „zweimal eine Flüssigkeit“ über seinen Kopf gegossen und mit einem Feuerzeug angezündet. Eine „blaue Flamme“ sei „in die Luft gestiegen“. „Alle Autos“ seien stehengeblieben, erinnert sich Ali G. „Leute“ seien gekommen und hätten die Flammen „mit Kleidungsstücken“ erstickt. Die Polizei sei erschienen. Dann sei er bewusstlos geworden. Dass der Beschuldigte in Handschellen abgeführt wurde, habe er nicht mehr gesehen, sagt Ali G. auf Nachfrage. „Er wollte mich umbringen“, ist er überzeugt. An die Zeit im Krankenhaus in Hannover könne er sich nicht erinnern, erzählt er. Erst nachdem er von Hannover nach Oldenburg verlegt worden sei, sei er wieder zu Bewusstsein gekommen, habe wieder „gemerkt“, dass er „existiert“. Ob er Angst gehabt habe, zu sterben, fragt der Staatsanwalt. „Ja.“ Er hoffe, dass der Beschuldigte nicht noch einmal jemandem „etwas Gefährliches antun“ könne. Der anschließende Vortrag des psychiatrischen Gutachters über die letzten 18 Jahre von Halil G. ist ausführlich, lässt sich aber leicht zusammenfassen: Nachdem Halil G. einer Frau an die Brust gefasst hatte, ordnete das Landgericht Lüneburg 2004 nach einer psychiatrischen Begutachtung seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. In den folgenden Jahren zeigte Halil G. paranoide Schizophrenie, Depressionen, Verfolgungswahn, Halluzinationen und Suizidgedanken. Mehrmals kam es zu körperlichen Auseinandersetzungen mit Mitpatienten. Er entwickelte Fluchtpläne und sprach einmal mit einem Mitpatienten darüber, dass er einen Pfleger überfallen wolle, um in den Besitz der Schlüssel zu gelangen. Zweimal unternahm er tatsächlich einen Fluchtversuch, einmal konnte er erst später von der Polizei wieder zurückgebracht werden. Einmal rannte er mit dem Kopf gegen eine Wand, ein anderes Mal warf er eine Matratze aus dem Fenster. Zudem „beobachtete“ er, so der Gutachter, die weiblichen Angestellten. Einmal musste eine Praktikantin vor ihm flüchten und sich in einem Raum einschließen. Halil G. zeigte sich überzeugt, dass sein Leben eine Wendung zum Besseren nehmen würde, wenn er nur heiraten würde. Medikamente nahm er manchmal, manchmal nicht; im einen wie im anderen Fall zeigte sich keine Stabilisierung seines Verhaltens. Vernünftige Gespräche seien mit ihm nicht zu führen, er sei „assoziativ gelockert“.  Dass er krank sei, sehe Halil G. nicht ein. Er leide zudem an einer Cannabis- und einer Alkoholsucht, die ihn sofort packe, wenn er aus der Psychiatrie entlassen werde. Das geschah 2019. Damals, so der Gutachter, sei er entlassen worden, aber nicht, weil es irgendwelche Anzeichen einer Besserung gegeben hätte, sondern wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts, das den Grundsatz der „Verhältnismäßigkeit“ bei der Dauer des Regelvollzugs vorschreibt. 2019 war er schon für 15 Jahre weggesperrt, für eine Tat, für die er im Falle der Schuldfähigkeit wohl nicht mehr als zwei Jahre in Haft gewesen wäre. Nach der Entlassung aus der Psychiatrie war Halil G. kurzzeitig in einem Wohnheim, arbeitete sogar in einem Gartenbaubetrieb. Als er wieder anfing zu kiffen und zu trinken, war mit beidem Schluss. Fünfmal wurde Halil G. insgesamt begutachtet, jedes Mal mit dem gleichen Ergebnis: paranoide Schizophrenie und auch eine „affektive Symptomatik“, Aggressionen.  Richter Bührmann möchte vom Gutachter wissen, ob Halil G. „intellektuell“ in der Lage sei, zu verstehen, dass seine Tat unrecht war. Als er Halil G. gefragt habe, ob man Menschen verbrennen dürfe, habe dieser das verneint, erwidert der Gutachter. Das sei aber für Halil G. kein Widerspruch zu seiner Tat: Da nämlich habe er sich angegriffen gefühlt und geglaubt, sich verteidigen zu müssen. So sei das oft bei Menschen mit diesem Krankheitsbild, erläutert der Gutachter. Im Fall von Halil G. sei es so, dass dieser geglaubt habe, er müsse das Mädchen heiraten; das Einschreiten von Ali G. und dessen Ankündigung, die Polizei zu rufen, sei in seiner Wahrnehmung ein „Angriff“ gewesen. Wegen seines Verfolgungswahns sei er auf solche „Angriffe“ – die in seinem Erleben real seien – vorbereitet gewesen und habe das Glas mit der brennbaren Flüssigkeit dabeigehabt.  Schon im Mai 2021 habe Halil G. bei einer Polizeikontrolle am Oldenburger Bahnhofsvorplatz „ein mit Benzin gefülltes Nutella-Glas“ bei sich gehabt. Wenn Schizophrene Dinge bei sich führen, die als Waffe eingesetzt werden könnten, sei das aus psychiatrischer Sicht ein „Alarmsignal“.  Gefragt nach seiner Ansicht, ob eine Besserung durch Therapie überhaupt möglich sei, antwortet der Gutachter: Aus medizinischer Sicht stehe es „nicht in Frage“, dass die „Prognose schlecht“ sei. Ob Halil G. Bedauern oder Scham geäußert habe, fragt Richter Bührmann. „Nicht ansatzweise“, so der Gutachter. Seine Gefährlichkeit sei „klar“ und „deutlich“, das zeigten ja auch die zahlreichen Übergriffe auf andere Patienten während seiner 14-jährigen Unterbringung. Die schlechte Prognose spreche „eher für einen längeren Aufenthalt“. Der Staatsanwalt äußert in seinem Plädoyer, dass das Opfer – ein Mann, der „Zivilcourage“ gezeigt habe – nur durch glückliche Umstände und das schnelle Eingreifen der Passanten überlebt habe. Wäre Halil G. schuldfähig, würde es sich wegen der grausamen Ausführung der geplanten Tötung um versuchten Mord handeln. Seine „Steuerungsfähigkeit“ sei aber aufgehoben, er sei „nicht fähig, nach Einsicht zu handeln“. Von ihm gehe ein „erhebliches Gefahrenpotenzial“ aus, eine „Gefahr für die Allgemeinheit“. Deshalb müsse er dauerhaft in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden. Überraschend macht anschließend der Beschuldigte Halil G. zum ersten Mal von seinem Rederecht Gebrauch; bislang hatte er stets geschwiegen, nichts über die Tat und auch nichts über sein Leben gesagt, über welches nichts bekannt ist, abgesehen von dem, was in den Krankenakten steht. Nun „entschuldigt“ er sich, sagt, die Tat tue ihm „leid“. Er spricht sehr ruhig; mit Akzent, aber in flüssigem Deutsch. Das Opfer sei nicht sein „Feind“, beteuert er. „Alkohol und Drogen“ seien die Ursache gewesen. Dass er das Mädchen habe heiraten wollen, stimme nicht. „Das ist falsch“, sagt er, ohne zu erläutern, was denn der aus seiner Sicht wahre Tathergang gewesen ist. Er fügt lediglich hinzu, die letzten Wochen im Krankenhaus seien „nicht so schön“ gewesen. Dann fällt er wieder in sein Schweigen zurück. Richter Sebastian Bührmann ordnet in seinem Urteil die von allen Parteien geforderte und schon vor Prozessbeginn erwartete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. In seiner Urteilsbegründung wendet er sich zuerst an vier Söhne des Opfers Ali G., die an diesem Prozesstag auf den Zuschauerplätzen sitzen. Sie sollten ihrem Vater „Respekt“ und „alle guten Wünsche“ übermitteln. „Ihr Vater ist ein Held“, so Bührmann. Er habe „Zivilcourage“ gezeigt, „Anstand und Mut“. Er sei der Frau und ihrer Tochter zu Hilfe geeilt. Es sei „unsäglich traurig“, dass ihn das beinahe das Leben gekostet habe. Halil G. sei „krank“, „schwer gestört“. Er habe Yasmin A. in der Absicht angesprochen, ihre Tochter zu heiraten. Diesen „Grenzübertritt“ und diese „Distanzlosigkeit“ könne man nur als „verrückt“ bezeichnen. Er habe von seinen „sexuellen Absichten“ nicht ablassen können und die Frau und ihre Tochter in „maßlose Angst“ versetzt. „Wie ein Häuflein Elend“ hätten sie da gesessen, nach unten geschaut und hätten einer Konfrontation aus dem Weg gehen wollen, so Bührmann. Ali G. sei eingeschritten, und habe für seinen „Mut“ „teuer bezahlen“ müssen. Er habe sich zunächst nur bei der Frau erkundigt und somit völlig richtig gehandelt, so der Richter. Dann habe er den Beschuldigten auf Arabisch angesprochen. Dieser habe ihn dann niedergeschlagen, Ali G. sei auf die Fahrbahn gefallen. Er habe sich aufrichten können, doch Halil G. sei ein zweites Mal gewalttätig geworden. Dann habe der Beschuldigte – offenbar von seinem Fahrrad – ein Glas geholt, das Zeugen als „Wurstglas“ beschrieben hätten. Es sei nicht gefunden worden, sagt der Richter, vielleicht sei es beim Eintreffen der Rettungssanitäter zerstört worden. Ungeachtet seines Wahns habe Halil G. genau das getan, was seiner Absicht nach passieren sollte: Ali G. angezündet, mit der Absicht, ihn zu töten. Er habe die Flüssigkeit nicht wahllos vergossen, sondern gezielt auf Kopf und Oberkörper. 15 Prozent der Körperoberfläche des Opfers seien verbrannt, zudem habe es auch noch Flammen eingeatmet. Die Umstände der Tat seien „wahnsinnig“. Der Beschuldigte sei schon „seit vielen Jahren gestört“; es sei „traurig“, dass sein Fall wohl „hoffnungslos“ sei. Das Mordmerkmal der Grausamkeit sei bei der Tat erfüllt. Es bestehe Wiederholungsgefahr.  Wie oft in solchen Fällen, beendet Richter Bührmann die Urteilsverkündung mit einer direkten Ansprache an den Verurteilten. An die Adresse von Halil G. sagt er: Wenn es bei der Behandlung seiner Krankheit keine Fortschritte gebe, werde er „lebenslang“ in einem psychiatrischen Krankenhaus bleiben.
Stefan Frank
Der Fall hat bundesweit Schlagzeilen gemacht. Ein Passant, der einer bedrängten Jesidin zur Hilfe kam, wurde von einem Kurden zu Boden geschlagen und angezündet. Das Opfer war ebenfalls Kurde. Stefan Frank wohnte dem Prozess bei. Gestern fiel das Urteil. Hier sein Bericht.
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12.01.2022 06:15
https://www.achgut.com//artikel/protokoll_einer_wahnsinnstat
Die Samurai und das gewaltgeprägte Japan
In dem heute so zivilisierten, kulturreichen, von Schönheit und Ästhetik gezeichneten Japan ist es vielen Besuchern kaum bewusst, wie viel Gewalt seiner Vergangenheit zugrunde liegt. Seine Krieger werden im Gegegensatz zu europäischen Rittern nicht romantisiert.  "Ein Samurai muss, ob groß oder klein, angesehen oder unbedeutend, vor allem anderen bedenken, wie er dem Tod begegnen soll." (Daidōji Yūzan) „Kriegstüchtigkeit“ (Pistorius) war in Japan bis 1945 seit unzähligen Generationen grundsätzlich gegeben, denn kriegerische Gewalt war über Jahrhunderte prägende Begleitung japanischer Existenz. Die Seele eines Kriegers fällt dem aufmerksamen Beobachter bei so manchem japanischen Manager auch heute noch auf, doch der Samurai-Zopf wich modern gegeltem Haar, und Katana (traditionelles Samurai-Schwert), wird durch Aktentaschen und zugespitzte Formulierungen symbolisiert. Verklärende Vorstellungen von blitzenden Schwertern, reitenden Helden in glänzenden Rüstungen, malerisch umwucherten Burgmauern mit holden Jungfern, kokett entlang der Zinnen wandelnd, während ein minnender Ritter vom Hofe drunten sein Ständchen darbringet? Nicht in Japan, hier glänzte oder klang nur wenig zu kriegerischen Zeiten, und die Kriegsburgen verloren während der Edo-Epoche (1603–1868) ihre Funktionen. Aus jenen Zeiten des Abendlandes stammende Romantisierungen von Ritterlichkeit spielten in Japan nie eine Rolle.  Burg- oder Befestigungsanlagen wurden vornehmlich zu Kriegszwecken schnell und zumeist aus Holz errichtet und fielen nur zu häufig Bränden und Zerstörung zum Opfer, weshalb heutzutage kaum mehr Originale existieren (zur Baugeschichte). Ohnedies haben japanische Bauten seit jeher, bedingt durch subtropisches Klima und geologische Wirrnisse, keine lange Lebensdauer. Seit ihren frühen Vorläufern als Ring- und Palisadenbauten waren militärische Befestigungsanlagen als Neben-, Haupt- und vor allem Kriegsburgen in Japan kaum bewohnt. Sie glichen sich im Laufe von Kriegszeiten praktisch sehr in ihren Strukturen an. Die meisten von ihnen erfüllten vor allem die Funktion befestigter Kriegszentralen und wurden als letzter Posten im Fall einer Niederlage konsequent zerstört. In Europa und Deutschland hingegen waren Burgen gewöhnlich rund ums Jahr bewohnte Herrensitze aus solidem Steingemäuer, von denen noch heute recht viele erhalten sind (Wartburg, Pyrmont, Eltz u.v.a.m.). Sie liegen häufig erhöht auf Bergen, von denen aus ihre Ritter die Lehen überblickten, die deren Familien der Gunst ihrer Herrscher verdankten und ihnen dank Wegezöllen durch angrenzende Ländereien sowie die Abgaben umliegender Bauern ihr Auskommen mitsamt Militärmacht sicherten. So mancher dieser (Raub-)Ritter trieb es in der mittelalterlichen Übergangszeit von Natural- zu Geldwirtschaft allerdings so arg, wie es Kleist in seiner Saga um Michael Kohlhaas verdichtete. Für die deutsche Etymologie interessant seien hier Verwandtschaften von Worten wie Berg, Burg und Bürger.  Japanische Burganlagen können zwar nach aufwändiger Restauration so prächtig aussehen wie „Weißer Reiher Burg“ Himejijo (UNESCO Weltkulturerbe), doch gewöhnlich sind heute von all den ursprünglichen Burgen entweder nur wenige steinerne Fundamente wie in Tokio oder aber immer wieder erneuerte Kopien wie in Osaka erhalten geblieben. Lediglich fünf dieser Anlagen, in Größe sowie Prachtentfaltung recht verschieden, werden im originalen Zustand zumindest ihrer Haupttürme als National Treasure erhalten – Hikone, Himeji, Inuyama, Matsue und Matsumoto. Tatsächlich stellen diese sowohl architektonisch als auch ästhetisch vollendeten Schmucktücke ihrer Jahrhunderte dar (15.–17.), sie werden also jahrein, jahraus nicht ohne Grund von Millionen Besuchern bewundert und dienen immer wieder als Filmkulissen (Shogun, Ran, James Bond u.a.m.). Grundsätzlich liegen den meisten dieser Burgen keinesfalls so gewaltig wie ästhetisch erscheinende Strukturen wie bei Himeji oder Matsumoto zugrunde. Traditionell waren dies mehretagige, um einen Turm gegliederte, funktionale Holzbauten über mächtigen Steinsockeln auf solidem, geebnetem Felsgrund, wie es an einem alten Modell in der erhaltenen Burganlage von Inuyama verdeutlicht wird. Ganz oben gab es üblicherweise ein privates Gemach zur Erholung und Entspannung für den Kriegsherrn und seine Gemahlin sowie Konkubinen, während untere Etagen von gerüsteten männlichen Kriegern bis zum Ende ihrer jeweiligen Schlachten bevölkert wurden. Äußerlich umringt von Wällen und (Wasser-)Gräben gruppierten sich außerdem noch Verwaltungs- und Ruheräume, Waffenschmieden und Speichergebäude um die eigentliche Kriegsburg herum – all dies war militärischen Zwecken unterworfen. Fragen Sie mal zu Frischwasserversorgung oder Abtransport von Fäkalien zur Belagerungszeit und trauen Sie besser nicht ihren Augen, wenn in verschiedenen Filmsequenzen seidengewandete Schönheiten über jene Etagen schweben. In diesem heute so überaus zivilisierten, kulturreichen, von Schönheit und Ästhetik gezeichneten Land ist es vielen Besuchern kaum bewusst, wie viel Unheil und Gewalt seiner Vergangenheit und dieser Nation zugrunde liegen. Stellen Sie sich eine düstere Zeit streitender Reiche über Jahrhunderte vor, Kriegsfürsten herrschen mit ihren Truppen über immer wieder umkämpfte, mal kleinere, mal größere Territorien, und herrenlose Samurai (Ronin) sowie Banditen streifen ruchlos um Beute durch das Land, wie es Kurosawa in seinem epischen Film Die Sieben Samurai darstellte. Solche hochspezialisierten Krieger bildeten in der Edo-Periode einen eigenen, sehr angesehenen Stand und übten für ihre Herren auch hohe Verwaltungsaufgaben aus. Sie hatten neben ihren Fürsten allein das Recht zum öffentlichen Tragen zweier Schwerter und die Lizenz zum Töten. Aus diesen Bushi (武士 Krieger) sollte in der Neuzeit eine Schicht von Beamten hervorgehen, welche die Meiji-Restauration in die Moderne Japans vorantrieben. Strikte Disziplin, unbedingte Loyalität und hohe Intelligenz waren neben körperlicher Fitness, umfassender Waffenkenntnis sowie täglicher Todesbereitschaft grundsätzliche Bedingungen des (Über-)Lebens als Samurai. Zum Verständnis von Bushidō, dem Weg des Kriegers, existieren mehrere Ausführungen von und für Samurai wie Hagakure, Gorin no sho oder Budō shoshin-shū, wie dem Tod zu begegnen und sein Leben zu führen sei – Burgen spielen in solchen Ausführungen keine Rolle.  Im Gegensatz zu immer schwächer werdender Macht eines Hofadels symbolisieren japanische Burgen die ursprünglich mit dem Clan der Minamoto und ihrem Kamakura-Shogunat immer stärker werdende Macht des Schwertadels seit dem 12. Jahrhundert, der im Gegensatz zu Europa seine Dominanz gegenüber dem Hofadel bis in die Zeit der Meiji-Restauration Ende des 19. Jahrhunderts bekräftigte. In der Heian-Periode (8.–12. Jahrhundert), einer Hochzeit zur Entfaltung höfischer Kultur sowie Lebensart, hatte sich der Hof in Heian/Kyoto langsam vom chinesischen Einfluss gelöst und entwickelte eine eigene Schrift für ihre Landessprache – Japanisch ist mit Chinesisch nicht verwandt, japanische Autoritäten hatten aber aufgrund der Tatsache, dass chinesische Kultur dazumal alles überstrahlte, deren Kanji-Schrift übernommen, die auch bis heute zusätzlich mit jenen eigens entwickelten japanischen Schriftzeichen (Hiragana und Katakana) weiterhin genutzt wird.  Militärische Kompetenz und damit die Macht ihrer Herrscher lag in Händen von Samurai, und lediglich Waffenträger und Hilfstruppen zu Fuß wurden aus den Söhnen der Bauernschaft ihrer Herrschaftsgebiete ausgehoben. Rekrutierungen zu Kriegszeiten gab es freilich auch in Japan, doch Volksarmeen, wie sie sich in Amerika, England, Frankreich, bei den Deutschen und anderswo in Europa seit den Befreiungs- und Reichsbildungskriegen formierten, kennt dieses Land nicht. Äußerliche Bedrohung hielt sich schon durch geschützte geografische Bedingungen mit gefährlichen Pazifikströmungen, unwägbaren Winden und rauen Küsten in Grenzen (bis heute ein guter Schutz, auch vor illegaler Migration). Tokugawa Iemitsu verfügte während der Edo-Epoche die nahezu komplette Abschließung Japans nach außen (Sakoku 鎖国) und forcierte eine blutige Christenverfolgung nach innen. Bis zum Vormarsch der US-Truppen im Pazifikkrieg waren Mongolen im 13. Jahrhundert die letzten, die eine Invasion japanischer Inseln versuchten und mithilfe militärischer Anstrengungen aber auch Kamikaze (神風 göttl. Winde; hier vmtl. Taifun) vertrieben wurden.  Die Provinzen auf Honshu waren überzogen mit hunderten, ja tausenden von Kriegsburgen herrschender Provinzgouverneure (大名, Daimyō), sozusagen Warlords im Japan der „streitenden Reiche“ (戦国時代 sengoku-jidai), vor der Zeit der drei Reichseiniger (Oda Nobunaga, Toyotomi Hideyoshi, Tokugawa Ieyasu, 16./17. Jhd), der sich die relativ friedliche Periode unter Shogun Tokugawa Ieyasu und seinen Nachfolgern anschloss, in welcher viele dieser Kriegsburgen nutzlos und geschleift wurden. Ein Edikt aus dieser Zeit (1615) bestimmte, dass jedem Daimyō in seinem Herrschaftsgebiet lediglich der Besitz einer einzigen Burg gestattet sei – neben der Verfügung, dass ein Teil seiner Familie in der Machtzentrale des Shogun, in Edo, zu leben und er wenigstens einmal jährlich dort zum Rapport zu erscheinen habe. Die Bedeutung ihrer Samurai als entscheidende Krieger schwand mit den zuerst durch die Portugiesen im 16. Jahrhundert in Japan eingeführten und schnell verbreiteten Feuerwaffen – höchst eindrucksvoll in Szene gesetzt in Kurosawas Film Kagemusha, endend mit dem Untergang des Hauses Takeda. Das Verbot des öffentlichen Tragens von Schwertern und die blutige Niederschlagung des letzten großen Aufstandes gegen die Meiji-Restauration (Satsuma-Rebellion) besiegelten 1876/77 das Ende des Zeitalters der Samurai. Die kurzzeitig eingeführte Wehrpflicht der Meiji-Periode brachte vor allem zweit- und drittgeborene Söhne ohne Erbrecht unter Waffen; schnelles Erlernen, auch Kopieren europäischer sowie amerikanischer Militär- und Rüstungskenntnisse versetzten Japan binnen weniger Jahre auf den Stand einer dominanten asiatischen Militärmacht. Diese konnte gegen Russland, Korea, China und die europäischen sowie amerikanischen Kolonialmächte in Asien bis in die vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein unter dem Motto Asien den Asiaten! siegreich agieren, eroberte riesige Kolonien zwischen Neuguinea und der Mandschurei und beging dabei selbst schlimmste Verbrechen einer sich als überlegen gebenden Besatzungsmacht. Japanische Soldaten agierten kriegerisch von Sadismus bis Selbstzerstörung und ignorierten westliche Konventionen (vgl. Ruth Benedict, Chrysanthemum and Sword). Am Ende des Pazifikkrieges aber mussten sie dem Vorrücken immer überlegenerer amerikanischer Streitkräfte und vor allem deren Bombenübermacht weichen – Japan kapitulierte und entwickelte sich seither zu einer Industriemacht, die aktiven Kriegseintritt scheut.  Japanisches Verhalten und Denken sind in nahezu jeder Hinsicht verschieden zum Abendland, und der spirituelle Hauch der Samurai durchweht japanische Kultur – auch wenn diese selten mehr als sieben Prozent der Bevölkerung ausmachten, so wurde doch ihre Art des Lebens und Kunst des Sterbens zum Ende von Edo und dem Beginn der Neuzeit, also dem Übergang ihres Feudalismus hin zur Moderne, ein dominanter Aspekt ihrer Kulturentwicklung. Dann und wann offenbart sich auch heute noch gewisse Mordlust von Geistesgestörten, denn selbst in diesem oberflächlich so friedlich erscheinenden Land treten manchmal noch kriegerische Psychopathen auf. Doch Japaner sehen sich, anders als europäische Bürger auch dank konsequenter Immigrationspolitik, in ihrer Heimat nicht exzessiv ansteigenden Gewaltverbrechen durch kriegstüchtige Zuwanderer ausgesetzt – werfen Sie nur mal einen Blick ins heutige Deutschland oder nach Frankreich, England, Schweden, bedenken sie all die terroristisch-islamistischen Attacken seit 2015 in Gesamteuropa mit hunderten Todesopfern und vergleichen Sie. Von der Mehrheit der japanischen Bevölkerung wird übrigens die Todesstrafe befürwortet für „extrem bösartige Verbrechen“, wie beispielsweise der Giftgasanschlag der Aum-Sekte 1995, deren verurteilte Todeskandidaten zuletzt 2018 exekutiert wurden – Hinrichtungsart in Japan ist gewöhnlich der Strang. Anders als zum Beispiel die Bundeswehr, deren Leistungsfähigkeit mitsamt den in der Zeit ihres Niederganges zuständigen Verteidigungsministerinnen von der Leyen, Kramp-Karrenbauer und Lambrecht selbst im eigenen Land verhöhnt wird, gelten die japanischen Selbstverteidigungskräfte als effizient sowie kompetent, waren aber bislang nie ernsthaft in kriegerische Kampfhandlungen verstrickt worden. Auf Bitte – vielleicht Drängen – der USA halfen sie mit einer Reconstruction and Support Group in Bataillonsstärke zwischen 2004 und 2008 im Irak und in Kuwait aus. Das offensichtliche Scheitern europäischer Friedensordnung, RUS-UKR-Krieg, ökonomische Verwerfungen, globale Konfrontationen, Einsätze von NATO-Staaten, Militärberatern, russischen u.a. Söldnern, das Asyldebakel der EU und das spezielle Immigrationsfiasko westeuropäischer Länder wie Deutschland bekräftigen Japan in seiner vergleichsweise abweisenden Politik und seiner erweiterten Suche nach Bündnispartnern außerhalb G7/NATO im pazifischen Raum. Die Ergebnisse politischen Scheiterns im Westen bestätigen Japans Weigerung, seine Tore weit zu öffnen für hunderttausende muslimische Jungmänner im kriegerischen Alter – zumal ohne Nachweis ihrer Identität! – obschon dieses Land viele arbeitswillige Zuwanderer Asiens Jahr um Jahr immigrieren lässt, Muslime sich hier niederließen und ihre Moscheen eröffneten. Was nun moderne Kriegsführung betrifft, so existieren freilich keine imposanten Burgen mehr als The Last Stand, doch ich denke, dass diesem Land und seinem Volk nur schwierig nahe- geschweige denn beizukommen ist, falls jemand solches plane, wie dies vor fast 80 Jahren amerikanische Militärs zu ihrem fürchterlichen Einsatz der zerstörerischsten Bomben ihrer Zeit bewogen haben mag und Japan nach ihrer Kapitulation ihre, längst nicht von allen hierzulande gutgeheißene, Partnerschaft mit dem Westen auferlegte. Im Angesicht veränderter Zeitläufte – mit militärisch aggressiven Ländern wie China, Nordkorea und Russland in umgrenzender Nachbarschaft – gibt es seit den Zeiten des Premiers Abe schon Diskussionen um die Revision des Artikels 9 in ihrer Verfassung, der militärisches Vorgehen bei der Lösung international politischer Konflikte verbietet. Der Streit mit China um eine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer, die Taiwanfrage direkt vor Okinawas Haustür mit dort stationierten US-Marines, der Zwist um die Kurilen gegen Russland und Nordkoreas fortwährend versuchte Attacken bleiben köchelnde Kriegsdrohungen für Japan   Bernd Hönig ist Altertumswissenschaftler (Magister Artium Religionswissenschaft/Judaistik), Jahrgang 1966, lebte fast 30 Jahre in Berlin, traf seine heutige Ehefrau Mayu 2016 in Deutschland und lebt jetzt mit ihr in Japan. Dieser Beitrag erschien zuerst in seinem Blog japoneseliberty.com. Dort beleuchtet er bevorzugt nichtalltägliche Themen, beurteilt aus der liberalen Sicht eines abendländisch freien Geistes.
Bernd Hönig
In dem heute so zivilisierten, kulturreichen, von Schönheit und Ästhetik gezeichneten Japan ist es vielen Besuchern kaum bewusst, wie viel Gewalt seiner Vergangenheit zugrunde liegt. Seine Krieger werden im Gegegensatz zu europäischen Rittern nicht romantisiert. 
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15.09.2024 10:00
https://www.achgut.com/artikel/die_samurai_und_das_gewaltgepraegte_japan/P7#comment_entries
Das Rentenpaket ist der Phantomschmerz einer zufriedenen Gesellschaft
Es ist ein faszinierendes und gleichzeitig bizarres Schaustück über das Versagen einer funktionierenden Demokratie: Voraussichtlich am 23. Mai wird Deutschland ein „Rentenpaket“ beschließen, das bis zum Jahr 2030 zwischen 160 und 200 Milliarden Euro kosten soll – ein Betrag, der den jährlichen Staatshaushalt Belgiens übersteigt. Im „Paket“ befinden sich die Anrechnung eines zusätzlichen Rentenpunkts für Mütter, die ihre Kinder vor 1992 großgezogen haben (Mütterrente), dazu die Möglichkeit, bereits mit 63 Jahren in Rente zu gehen, wenn man 45 Jahre Rentenbeiträge gezahlt hat (Arbeitslosenzeiten inklusive) und eine Erwerbsminderungsrente. Schon das Zustandekommen des Rentenpaketes ist kurios. Im Sommer 2013 lieferten sich die Parteien in Deutschland einen Wahlkampf ohne Wechselstimmung. Die alles überstrahlende Beliebtheit von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte jedes Wahlprogramm in den Schatten. Um den absehbaren Erfolg dennoch abzusichern, versprach die Union die Mütterrente, die SPD hielt aus Gründen der Selbstachtung im aussichtslosen Bieterverfahren mit dem vorfristigen Renteneintritt ab 63 dagegen. Das Kuriose daran: Beides waren schon 2013 Versprechen, nach denen niemand wirklich verlangt hatte. Weder schleppten sich vom harten Arbeitsleben gezeichnete Heerscharen von Endfünfzigern qualvoll dem Ruhestand entgegen, noch drohten Deutschland Mütter wegen der Stichtagsregelung von 1992 in den Gebärstreik zu treten. Deutschland erlebte und erlebt einen Zustand, der an Vollbeschäftigung grenzt und mit immer neuen Rekorden bei den Einnahmen aus Steuern und Abgaben garniert wird. Das Rentenpaket der deutschen Bundesregierung ist der Phantomschmerz einer zufriedenen Gesellschaft. Phantome sind die Probleme, die mit der Rentenreform vermeintlich behoben werden sollen. Schmerzen werden künftige Generationen leiden, wenn sie die Zeche für den 2013er Wahlkampf der Windstille zahlen müssen. Denn der Gipfel des Absurden besteht nun darin, dass Union und SPD es heute nach der Wahl als Ehrensache und geradezu heilige Konsequenz ansehen, die Geschenke, die niemand gefordert hatte, um jeden Preis zu überbringen. Eine Konsequenz im Unsinn, die Milliarden volkswirtschaftlichen Vermögens verschleudert und wider besseres Wissen noch einmal gewaltige Summen in die Sozialsysteme pumpt, die ohne gesellschaftliche Verwerfungen nicht wieder herauszuholen sind, wenn die deutsche Boom-Konjunktur sich wieder abkühlt. Bizarr ist an all dem nicht so sehr die Tatsache, dass Parteien im Wahlkampf mit Lockangeboten Wähler ködern, sondern vielmehr der Umstand, dass die Große Koalition zu einem Konstrukt sich gegenseitig stützender Unvernunftsprojekte wird. Statt des kleinsten gemeinsamen Nennerns, der größte anzunehmende Unfug. Der ebenfalls im lauen und lustlosen Wahlkampf 2013 von Grünen geforderte „Veggie-Day“ in öffentlichen Kantinen wäre volkswirtschaftlich und gesellschaftspolitisch dagegen das kleinere Übel gewesen. Das Rentenpaket der Bundesregierung wird als teurer Treppenwitz in die Politikgeschichte eingehen und als ein Paradebeispiel für die Dysfunktion einer westlichen Wohlstandsdemokratie. Exempel Nummer eins: Die Mütterrente als „Schach-matt“-Projekt im Wahlkampf. Tatsächlich erhalten Mütter für vor 1992 geborene Kinder einen Rentenpunkt gutgeschrieben, für Kinder danach jedoch drei. Eine Ungerechtigkeit, die auf der Hand liegt. Und wer könnte ernsthaft dagegen sein, Müttern mehr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen! Eine geniale Wahlkampf-Forderung. Die nötigen 6,7 Milliarden Euro jährlich sollen aus den Rücklagen der Rentenversicherung kommen, scheinbar aufkommensneutral für den Steuerzahler. Scheinbar: Dass ab 2017 die Rentenbeiträge wegen der Mütterrente steigen müssen, wird schon jetzt eingeräumt. Ein Problem nur für die nächste Regierung. Exempel Nummer zwei: Die Ehrlichkeitsfalle gegenüber dem Wähler. Weil versprochen nun mal versprochen ist, kommen weder Union noch SPD wider besseres Wissen von ihren Lockangeboten herunter. Es ist ein fast schon entwürdigendes Schauspiel, dem man dieser Tage in Deutschland immer wieder beiwohnen kann: Ernsthafte, scharf- und sonst meist auch weitsichtige Politiker rechtfertigen entgegen ihren bekannten Überzeugungen den milliardenteuren Rentenunsinn, weil der regelkonform zustande gekommen ist. Exempel Nummer drei: Die hermetische Statik des politischen Systems. Weder durch massiven Widerstand innerhalb der Parteien selbst, noch durch vielfältigste Expertisen und öffentliches Auftreten von Verbänden und gesellschaftlichen Gruppen lässt sich das sozialpolitische Großprojekt der Großen Koalition stoppen oder zumindest entschärfend korrigieren, weil das Polit-Mikado („Wer sich zuerst bewegt, hat verloren“) dem gesunden Menschenverstand jeden Spielraum nimmt. Es dringt weder durch, dass nur wenige von Rente mit 63 profitieren, dafür aber ein verheerendes Signal zur Frühverrentung gesetzt wird, noch zieht etwa bei der Mütterrente der Verweis, dass Stichtagsregelungen wie jene von 1992 immer Brüche nach sich ziehen und zur wirklichen Gerechtigkeit ja immer noch ein Rentenpunkt für ältere Mütter fehlt. Alles in den Wind gesprochen, kraftlose Einwände gegen Regierungsparteien, die schon jetzt ihre Erbsen für den kommenden Wahlkampf zählen. Und das bitterste Fazit: Den Wähler juckt all der parteipolitische Mummenschanz nicht die Bohne. Die Union schwebt mit ihrer beliebten Kanzlerin in den Umfragen weiter bei sagenhaften 40 plus X Prozent, die SPD kommt trotz sozialpolitischer Hyperaktivität aus dem 25-Prozent-Keller nicht heraus. Vielleicht sollte man den Menschen endlich sagen, dass es ihr Geld ist, das da verpulvert wird.
Ralf Schuler
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18.05.2014 15:37
https://www.achgut.com//artikel/as_rentenpaket_ist_der_phantomschmerz_einer_zufriedenen_gesellschaft#section_leserpost
„Mir war nach Heulen zumute“
Der Humanmediziner Andreas Sönnichsen wurde aufgrund seiner durch und durch rational begründeten Kritik an der Corona-Politik plötzlich ungewollt zu einem Protagonisten des Widerstands dagegen und dadurch zu einer persona non grata. Mit seinem Buch „Die Angst- und Lügenpandemie“ hat er ein wichtiges Zeitdokument vorgelegt. Der Humanmediziner und Universitätsprofessor Andreas Sönnichsen hat mit seinem Buch „Die Angst- und Lügenpandemie“ ein wichtiges Zeitdokument und geradezu ein Handbuch vorgelegt, in dem alle wesentlichen Aspekte der Coronakrise systematisch abgehandelt werden: von der realen Gefährlichkeit des Virus über eine Analyse der Coronamaßnahmen bis hin zur Impfung und den Impfschäden. Sönnichsen kommt zu dem Ergebnis, dass die COVID-Impfung sofort gestoppt werden muss. Er widmet sein Buch all jenen Wissenschaftlern, Ärzten, Politikern und selbstständig denkenden Menschen, die „in der Coronakrise den Mut hatten, der Mehrheitsmeinung zu widersprechen“. Und er betont: „Wissenschaft ist das stetige Bemühen um Annäherung an Wahrheit, ohne sie jemals erreichen zu können. Wissenschaft durch Mehrheitsentscheid ist Ideologie.“ Seine Veröffentlichung versteht Sönnichsen, der zuletzt als Professor an der Medizinischen Universität Wien lehrte, als einen „Beitrag zur Aufarbeitung der Coronakrise“. Im Vorwort weist er darauf hin, dass Angst das Schlüsselwort zur Erklärung all dessen sei, was Menschen während der Coronakrise mit sich machen ließen: Angst führe zur Ausschüttung von Stresshormonen und verhindere klares, analytisches und logisches Denken. Und er belegt, dass Angst gezielt als Machtmittel eingesetzt wurde. Außerdem entlarvt er die Lügen, mit denen beispielsweise im Zuge der Impfkampagne operiert wurde und deckt die Schäden auf, die der Menschheit dadurch zugefügt worden sind. In diesem Sinne hat Sönnichsen auch ein Buch des Widerstands gegen die Aussetzung der Grundrechte geschrieben. Sein Anliegen ist es, die Gefährlichkeit von COVID realistisch einzuordnen und Angst abzubauen. Außerdem untersucht er detailliert die Folgen der Coronamaßnahmen und die Risiken der COVID-Impfungen. Besonders glaubhaft wirken Sönnichsens Schilderungen und Analysen dadurch, dass sie durchaus selbstkritische Passagen enthalten und einen ehrlichen Einblick in persönliche Erlebnisse und Reflexionen geben. So gesteht Sönnichsen offen ein, dass er von dem scharfen Gegenwind, der ihm wegen seiner maßnahmenkritischen Äußerungen im April 2020 entgegenwehte, völlig aus der Bahn geworfen wurde. Denn seit 20 Jahren hatte Sönnichsen immer wieder den Finger in die Wunde gelegt und sich kritisch mit der Medizin auseinandergesetzt, da sie oft eher die Gewinne der Pharmaindustrie als das Wohl der Patienten im Auge habe. Mit seiner Kritik sorgte er zwar gelegentlich für Diskussionen, die aber stets konstruktiv geführt wurden. Erst in der Coronakrise gab es plötzlich keinen wissenschaftlichen Diskurs mehr. Stattdessen wurde Sönnichsen sogar von langjährigen Kollegen als „Covidiot“ diffamiert, und er gibt aufrichtig zu, dass es ihm anfangs schwerfiel, diese Diffamierungen zu ertragen. Das führte so weit, dass er sich in einem Fall sogar dem Druck beugte und seinen Namen von der Homepage des Außerparlamentarischen Corona Untersuchungsausschusses Austria (ACU-Austria) entfernen ließ, was er mit zeitlichem Abstand allerdings bereute. Gerade das Eingeständnis von Irrrtümern und Fehlern macht das Buch jedoch um so wertvoller, da es auch künftigen Lesern Aufschluss darüber geben kann, welche inneren Konflikte selbst die mutigsten und klarsten Kritiker mit sich ausgetragen haben. Und Mut brachte Sönnichsen in hohem Maße auf, beispielsweise in seinem Umgang mit der gegen ihn gerichteten Disziplinaranzeige der Ärztekammer, mit Angriffen seitens seiner Universität oder mit ihn diskreditierenden Zeitungsartikeln. So äußerte sich eine Kollegin, mit der er sowohl fachlich als auch freundschaftlich seit langem verbunden war, in der größten Tageszeitung Österreichs abfällig über ihn und sprach ihm jedwede wissenschaftliche Expertise ab, was Sönnichsen tief traf. Er gesteht: „Mir war nach Heulen zumute, und die Trauer mischte sich mit Wut.“ Zwar wurde er im Salzburger Prozess, der wegen angeblich illegaler Impfbefreiungen gegen ihn angestrengt worden war, im Februar 2023 freigesprochen, doch besonders die absurden Unterstellungen, dass er „die Nähe zu rechtsnationalen und antisemitischen Positionen suche“, schmerzten Sönnichsen. Unumwunden teilt er mit: „Ich begann erst Ende 2020, mich abseits der etablierten Medien zu informieren und stellte sehr schnell fest, dass […] unser politisches System durch internationale Konzerne, allen voran die Pharmaindustrie, viel tiefgreifender korrumpiert wurde, als mir bis dahin bewusst war. Ja, ich musste mir selbst eingestehen, dass ich in fast unverzeihlicher Naivität Politik und Medien bisher weitgehend vertraut hatte.“ Und weiter: „Familie, Beruf und Karriere hatten mich offenbar in einen Tiefschlaf aus Naivität und unkritischer Akzeptanz versetzt. Erst die vollkommen irrationalen Geschehnisse im Rahmen der Corona-Pandemie machten mir bewusst, dass die Akteure in unserem politischen und wirtschaftlichen System lange aufgehört haben, Entscheidungen zum Wohl der Bevölkerung zu treffen.“ Doch Sönnichsen hat keine Anklageschrift verfasst, sondern es geht ihm im Gegenteil um Aufklärung und Versöhnung. So beschließt er sein Buch mit den Sätzen: „Wenn wir anfangen, unseren Verstand zu nutzen und die Lügen zu entlarven, dann sind wir auf dem Weg in die Freiheit und können unsere schwer angeschlagene Demokratie retten, die Mächtigen in die Schranken weisen und als Gesellschaft wieder achtsam miteinander umgehen, ohne Andersdenkende diffamieren zu müssen. Wenn es uns dann noch gelingt, unseren Mut zum freien Denken mit der Bescheidenheit Poppers zu verbinden, der uns daran erinnert, dass unserem Verstand immer nur eine Annäherung an Wahrheit möglich ist, die es gilt, im Diskurs miteinander mühsam zu erarbeiten, dann können wir uns auch wieder versöhnen.“ Mit seinem Buch gibt Sönnichsen ein aufschlussreiches Zeugnis der Coronakrise aus der Perspektive eines hochqualifizierten Arztes und Wissenschaftlers ab, der allein aufgrund seiner durch und durch rational begründeten Kritik plötzlich ungewollt zu einem Protagonisten des Widerstands und dadurch zu einer persona non grata wurde. Nicht zuletzt ist das Buch jedoch auch ungemein informativ: Sönnichsen arbeitet mit höchster fachlicher Kompetenz und minutiöser Genauigkeit Themen wie etwa die Corona-Tests, die mRNA-Impfstoffe, die Sicherheitsberichte des Paul-Ehrlich-Instituts, die Aussagekraft von Statistiken und Studien, den Mund-Nasen-Schutz und die Auswirkungen der Lockdowns durch, sodass ein 300 Seiten starkes Nachschlagewerk entstanden ist, das man immer wieder zur Hand nimmt. Andreas Sönnichsen, „Die Angst- und Lügenpandemie“, Books on Demand. Hier bestellbar. Dieser Text ist eine leicht überarbeitete Rezension, die zuerst im Magazin 1bis19 erschienen ist. Hinweis: Ein Vortrag zum selben Thema von Andreas Sönnichsen ist aktuell im YouTube-Kanal von WIR zu sehen.   Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.
Martina Binnig
Der Humanmediziner Andreas Sönnichsen wurde aufgrund seiner durch und durch rational begründeten Kritik an der Corona-Politik plötzlich ungewollt zu einem Protagonisten des Widerstands dagegen und dadurch zu einer persona non grata. Sein Buch „Die Angst- und Lügenpandemie“ ist ein wichtiges Zeitdokument.
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01.01.2024 16:00
https://www.achgut.com/artikel/Mir_war_nach_Heulen_zumute/P14#comment_entries
Danke, Eva!
Gestern konnte man in der Print-Ausgabe der SZ einen längeren Artikel von Eva Menasse über ihren Bruder Robert lesen. Wie nicht anders zu erwarten, war es ein Plädoyer für den in Erklärungsnot geratenen Zitatenerfinder. Was nicht weiter schlimm wäre, denn Blut ist dicker als Wasser. Außerdem wissen wir: "Das Wort ‚Familienbande‘ hat einen Beigeschmack von Wahrheit." (Karl Kraus) Leider scheint es so zu sein, dass Eva Menasse weder ihren Bruder noch dessen Werk kennt, das nicht frei ist von totalitären Tagträumen, worauf Jacques Schuster eben in der WELT hingewiesen hat. Menasse hat eine Vision, und für die würde er gerne einiges opfern, was anderen lieb und wertvoll ist. Schwester Eva bietet sich nun als Charakterzeugin an. Ihr Text in der SZ fängt so an: Als Schwester bin ich natürlich befangen. Vor Gericht jedoch wäre ich als Zeugin gerade durch mein Nahverhältnis zum Beschuldigten wertvoll. Falsch, Mädel, setzen und weiter häkeln! Vor jedem Gericht, außer dem Obersten Gerichtshof von Nordkorea, würde man dich erst einmal darauf aufmerksam machen, dass du als Verwandte die Aussage verweigern darfst. Und solltest du dich entscheiden, dennoch auszusagen, würde man nicht jedes deiner Worte auf die Goldwaage legen, weil du in einem Nahverhältnis zum Beschuldigten stehst.  Die Kritik an ihrem Bruder Robert, der erstens zu den grob überschätzten, zweitens meist verhätschelten und drittens innerhalb der großdeutschen Sozialdemokratie bestens vernetzten literarischen Dienstleistern gehört, ist natürlich nicht nur unangemessen, sondern eine Art Anschlag auf dessen Leben: Man will ihn "vernichten", und "man", das sind diejeingen, die verlangen, dass ihm eine Auszeichnung "aberkannt" wird, was insofern falsch ist, als es nicht um die Aberkennung einer Auszeichnung geht, sondern um deren Nicht-Verleihung. Ein feiner, aber nicht unwichtiger Unterschied, denn niemand hat bis jetzt auch nur daran gedacht, ihm einen der zahllosen Preise, die seine Dichterklause schmücken, wieder abzuerkennen.  In einem Punkt freilich hat Eva Menasse recht. Über mich schreibt sie, ich würde "seit Langem mehrere politische Richtungen gleichzeitig, aber immer mit dem selben Maschinengewehr" bedienen. Das stimmt. Mir war die politische Ausrichtung der Leute, die ich füsiliert habe, immer egal.  Ein Vorwurf, den man Eva Menasse nicht machen kann. Sie hat immer nur eine Richung bedient und war sich dabei für nichts und keinen zu schade. Günter Grass, Klaus Staeck und Martin Schulz sind meine Zeugen. Siehe auch: "Das stimmt nicht, Robert. Frag den Papa."
Henryk M. Broder
Eva Menasse veröffentlicht in der SZ eine Verteidigungsrede für ihren Bruder Robert. Das zeigt, dass auch Geschwister befreundet sein können. Über mich schreibt sie, ich würde "seit Langem mehrere politische Richtungen gleichzeitig, aber immer mit dem selben Maschinengewehr" bedienen. Und merkt nicht, dass es ein Kompliment ist.
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10.01.2019 08:53
https://www.achgut.com/artikel/danke_eva#comment_entries
„Akte Weinstein“ (2): Bademantelphobie
Auch wenn die wenigen Berichte über dezidierte Sexualverbrechen Weinsteins von sexueller Nötigung bis zur Vergewaltigung, die sich in der Regel auf Verjährtes bezogen und meist in sich widersprüchlich waren, von den Massenmedien kolportiert wurden, um mediale Aufmerksamkeit zu erhaschen und das entsprechend abgerufene Erregungs- und Empörungspotential schon mal gegen Weinstein wirken zu lassen, ging es dabei doch nie um Fragen juristischer Schuld, um angestrebte Klagen, um Prozesse und anderen bürgerlichen Schnickschnack. Nein, es ging einzig und allein darum, Weinstein als Rache für viel geringere Vergehen – letztlich für ungebührliches Verhalten – zu mobben und weltweit als Persona non grata zu ächte. Und es ging darum diesen Rufmord als ersten Akt eines „feministischen“ Kampfes gegen ein „krankes System“ auszugeben, als „mutigen“ Bruch mit einem Schweigen, das zumindest in dem Sinne zu recht ein selbstauferlegtes war, als das Verschwiegene ausgeplappert nichts als eine Onaniervorlage für straflüsterne Puritaner und Puritanerinnen bietet.  Kate Beckinsale hat das postfeministische Programm einer potenziell endlosen Denunziationstätigkeit frühzeitig ausgesprochen: „Lassen wir nicht zu, dass junge Frauen als sexuelles Kanonenfutter missbraucht werden, und lasst uns nicht vergessen, dass Harvey Weinstein sinnbildlich für ein krankes System steht. Wir haben noch viel Arbeit vor uns.“  Dabei waren der Mangel an Präzision und die Schwammigkeit des erhobenen Vorwurfs („als sexuelles Kanonenfutter missbraucht“) gerade gewollt und machten dessen Stärke aus, weil sich darunter erstens jeder vorstellen kann, was er will, und weil er zweitens in seiner Verschiebung von justitiablen Verbrechen zur subjektiven Gefühlslage immer irgendwie wahr ist. So war von vornherein sichergestellt, dass Erlebnisberichte und Bezichtigungen, die mehr über ihre Verfasserinnen verrieten als über Weinstein, sich als ungeprüfte Zeugnisse von Weinstein-Opfern mit der puren Masse banaler „schlimmer Erfahrung“ (Angelina Jolie, faz.net , 11.10.2017) zu einer Drohkulisse gegen Weinstein verbanden, die dessen Leben grundlegender zerstören würde als jeder Gerichtsprozess. Gerade in der Kolportage dieser Berichte durch soziale und seriöse Medien wie durch den Boulevard entstanden dann Dokumente, die sich samt und sonders lesen, als wären die Weinstein-Opfer selbst der Buhlschaft mit dem Teufel Angeklagte in Hexenprozessen, denen angesichts inquisitorischer Gewaltandrohung nur die Denunziation Weinsteins als Oberhexer oder Teufel bleibt, um ihre Finger aus den Daumenschrauben zu ziehen. So spricht auch Beckinsale, bekannt durch ihre Verkörperung sogenannter starker Frauen in Actionfilmen, skurrilerweise haargenau, wie es ein Puritaner von seinem braven Mädchen erwarten darf. Wie immer beginnen die Kolportagen in ihren Headlines mit der Verheißung großer Enthüllungen – „,Weinstein wusste nicht, ob er mich missbraucht hat‘ – Kate Beckinsale erzählt über ihre Erfahrungen mit Harvey Weinstein, die ihrer Karriere geschadet haben“ (Kurier) – und haben dann doch nicht mehr auf Lager als das überholte Klischee von der Schockerfahrung katholischer Internatsmädchen, sobald sie auf die wirkliche Welt treffen:  „Das erste Mal war sie (Beckinsale, T. M.) mit 17 Jahren in einem Hotelzimmer mit dem Hitproduzenten“, beginnt der Kurier und stimmt den Leser erstmal auf Weinstein ein: „Anscheinend war es eine gängige Masche von Weinstein, Schauspielerinnen in einem Hotelzimmer zu empfangen, um dann zu versuchen, sich an ihnen zu vergehen. Acht Frauen hatte er bislang Schweigegeld bezahlt, damit sie ihn nicht wegen sexueller Belästigung anzeigen.“ Anschließend darf der Leser durchs Schlüsselloch gucken und am sexuellen Missbrauch oder an der sexuellen Belästigung oder am Versuch, sich an einer Frau zu vergehen, oder an was auch immer – es ist ja ohnehin egal – teilhaben:  Sie war als 17-Jährige zu einem Weinstein-Meeting geschickt worden – als sie im Hotel ankam, war das Treffen vom Konferenzraum allerdings in sein Zimmer verlegt worden: „Er öffnete die Tür im Bademantel. Ich war so jung und naiv, dass ich mir nicht im Traum vorstellen konnte, dass dieser ältere unattraktive Mann denken würde, ich hätte irgendein sexuelles Interesse an ihm. Ich lehnte den angebotenen Alkohol ab und sagte, ich müsste am nächsten Morgen zur Schule. Ich verließ das Zimmer, etwas aufgewühlt aber unversehrt.“  Weinsteins Vergehen, der erste Missbrauch des unschuldigen und braven 17-jährigen Mädchens, bestand also dieser Schilderung nach allein darin, es mit einem Bademantel und mit dargebotenem Alkohol – was man durchaus als Versuch deuten darf, eine sexuelle Beziehung anzubahnen – „aufzuwühlen“. Das allein ist dem Kurier natürlich nicht „pikant“ genug. Das Pikante, der zweite Missbrauch, kommt zum Schluss: „Pikant an der Geschichte ist vor allem das Treffen, das sie danach mit dem Produzenten hatte: ‚Ein paar Jahre später fragte er mich, ob damals etwas gelaufen sei. Da kapierte ich, dass er sich nicht einmal daran erinnern konnte, ob er mich missbraucht hat oder nicht.’“  Dass er es ihrer eigenen Aussage nach gar nicht getan hat; dass dort, wo sexuell „etwas gelaufen“ ist, mit dieser Formulierung in der Regel keine Vergewaltigung, sondern einvernehmlicher, wenngleich irgendwie öder Sex gemeint ist – all das kommt ihr nicht in den Sinn. Stattdessen deutet Beckinsale seine Frage, wie nur Bösartige oder Schwachköpfe sie deuten können: als Hinweis auf routinemäßig absolvierten massenhaften Missbrauch. Auch hier zeigt sich eine für die „Weinstein-Opfer“ typische, dem neopuritanischen Bedürfnis entgegenkommende Verschiebung. Die verfolgende Unschuld berichtet an anderer Stelle ihres peinlichen Geständnisses nämlich selbst, dass es durchaus „Mädchen“ gegeben habe, die einvernehmlich „mit Harvey geschlafen“ hätten.  Aus der kränkenden Erkundigung eines vergesslichen Womanizers – Erfolg bei Frauen per se wurde einst schon dem mittlerweile vollständig entlasteten Jörg Kachelmann zum Verhängnis –, ob denn damals auch mit ihr „etwas gelaufen“ sei, wird nur deshalb der Missbrauchsvorwurf, weil sich Beckinsale entweder Sexualität überhaupt oder Sex mit einem „älteren unattraktiven Mann“ (offenbar das Abstoßendste, was jungen Frauen zu passieren droht) eben nur als Missbrauch vorstellen kann, der sie zu „sexuellem Kanonenfutter“ macht. Ungewollt legen Bericht und Kolportage damit Zeugnis vom eigentlichen Drama ab, vom Unglück Weinsteins, der nicht so richtig damit fertig wird, den Untergang einer Epoche überlebt zu haben, in der nicht etwa sexuelle Gewalt, sondern schlüpfrige Übereinkünfte mit Schauspielerinnen beim Aushandeln von Rollenangeboten legitim waren, und der dem Konflikt mit einer neuen Generation von „Mädchen“, die er überhaupt nicht versteht, nicht gewachsen ist.  Vorbei ist die Zeit, da Reichtum und Ruhm, gar Erfolg und Anerkennung in künstlerischen Dingen, einen „älteren und unattraktiven Mann“ attraktiv und zum Objekt sexuellen Begehrens junger Frauen machten – als also Frauen Männer nicht ausschließlich als mehr oder minder ansehnlichen Körperklumpen betrachteten, sondern sich von halbseidenen Phänomenen wie Ruhm, Talent oder Macht – von Spielarten des Scheins  also – beeindrucken ließen. Vorbei auch die Zeit, da man sich darauf verlassen konnte, dass junge Frauen, die etwas von einem wollen, einen mit der am Umgang mit dem Vater erlernten Koketterie umgarnen und sich für Entgegenkommen ein wenig erkenntlich, zumindest dankbar, zeigen würden. Was macht man aber mit einem Frauentypus, der meint, dass er ohne den Umweg der Gefälligkeit einsacken kann, was man in der gegenwärtigen Gesellschaft nur qua Gefälligkeit erhält, und der dabei auch noch den roten Teppich ausgerollt bekommen will; der in der legitimen Verweigerung sexueller Gunstbeweise nicht die Spur einer Verpflichtung erkennt, irgend eine Alternative anzubieten, sondern es für einen Akt feministischer Ermächtigung hält, den Tauschhandel, auf den man sich selbst eingelassen hat, in dem Moment, wo er vollzogen werden soll, als gewaltförmig und ausbeuterisch zu denunzieren.  Gwyneth Paltrow etwa fütterte die Gerüchteküche über „Weinsteins Besetzungscouch“, der der Opferschützer Ronan Farrow später für die Enthüllung seines „Weinstein-Skandals“ erfolgreich hinterherschnüffelte, 1998 bei der Late Show with David Letterman mit der Bemerkung, dass Weinstein Frauen zu nötigen pflege, „ein oder zwei Dinge zu tun.“ Die fürs Gerücht angedeutete, aber absichtsvoll im Dunklen gelassene sexuelle Dimension dieser „Dinge“ offenbarte sich in der um zwanzig Jahre verzögert eingetretenen medialen Verhandlung dann als die immer gleiche langweilige Geschichte vom scheuen Reh, das, kaum legt ihm ein Mann im Bademantel die Hände zwecks Massage auf die Schultern, verstört und aufgeregt, aber unversehrt, den Ort des schwülstigen Geschehens verlässt.  Angereichert wurde dies noch um das Heldenepos vom damaligen Freund (Brad Pitt), der sich Weinstein vornimmt, woraufhin dieser mit der Macht von Jahrtausenden Patriarchat im Rücken den Hörer in die Hand nimmt, um Paltrow telefonisch „anzuschreien“, „wie sie es hätte wagen können, irgendjemandem von ihrer Erfahrung zu erzählen. Sie fürchtete um ihre Hauptrolle in dem Film Emma (mit dem ihre Karriere begann).“ (Welt online, 11.10.2017) Heute sagt Paltrow über den Vorfall, bei dem sie 22 (Weinstein übrigens 44) Jahre alt war: „Ich war noch ein Kind [!], ich stand unter Vertrag, und ich war wie versteinert.“ (faz.net, 11.10.2017) Ob Angelina Jolies inhaltlich bis heute offen gelassene „schlimme Erfahrung“ mit Weinstein, die sie den Kontakt zu diesem sofort hat abbrechen und befreundete Kolleginnen vor einer Zusammenarbeit mit ihm warnen lassen – beides ohne negative Folgen für die eigene Karriere –, ähnlicher Natur war, weiß man nicht. Was man aber weiß, ist, dass der eigentliche Skandal der unerbetenen Massage für die „Weinstein-Opfer“ und ihre Beschützer nicht in Fragen des Stils, des Sexuellen und seines möglichen Zwangscharakters besteht. Was an Weinstein empört, ist prinzipiell schon dessen Erwartung, dass man auch für ihn „ein oder zwei Dinge“ welchen Inhalts auch immer tun könne – die Erwartung des Tauschs also dort, wo es den selbsterklärten Opfern in Wahrheit darum ging, ohne Gegenleistung alles zu bekommen, was sie wollen. Und da hatte Weinstein sich eben gewaltig geschnitten. Die heutigen „Mädchen“, die das Hollywood-Relikt Weinstein nicht mehr versteht und die sich selbst nicht als mündige Menschen, sonders als 17–22-jährige Kinder betrachten, wollen nämlich, ungeachtet von Begabung und Aussehen, von Weinstein zwar alles – also dass er sie aus einem Heer Gleichqualifizierter herauspickt, um mit seinem Geld, seinem Gespür für erfolgversprechende Stoffe, seinem künstlerischen Instinkt, seinen Regisseuren, Kameraleuten und Lichtsetzern großzügig schöne Weltstars aus ihnen zu machen –, und nehmen trotzdem schon beim Vorstellungsgespräch eine Haltung ein, die ihm gegenüber nichts als präventiv beleidigten „Geiz mit Reizen“ und verächtliche Undankbarkeit an den Tag legt, ihn also gewissermaßen aus jeder Pore mit der Kanak-Sprak-Parole „Was willst du!“ oder „Was guckst du!“ begrüßt.  Dass einer, der in einer Zeit Karriere machte, als noch nicht jede sexuelle Zweideutigkeit als Gewaltakt gedeutet wurde, auf solche Belästigung durch den präpotenten Nachwuchs nicht nur, mit Bademantel und Alkohol bewaffnet, Verhältnisse klarzustellen versucht, die nicht mehr existieren, sondern ganz einfach nicht begreift, wie jemand ohne Gegenangebot alles von ihm fordern kann, überrascht zumindest nicht.  Am Ersticken des in der Ausgangslage eines Besetzungsgesprächs schlummernden erotisch-spielerischen Potenzials in einem beidseitig aggressiv geführten Geschlechter- und Generationenkrieg, dessen Verlaufsform vor allem Puritaner begeistert, sind die selbsternannten Opfer, ihren Berichten zufolge, jedenfalls nicht weniger beteiligt gewesen als Weinstein: Das erst ergibt das „kranke System“. Lesen Sie morgen: „Akte Weinstein“ (3): Monster, Mäuse und Moneten. Den ersten Teil dieser Serie lesen Sie hier. Den dritten Teil dieser Serie lesen Sie hier. Den vierten Teil dieser Serie lesen Sie hier. Dies ist ein leicht überarbeiteter und aktualisierter Text von Thomas Maul, der zuerst  in Bahamas Nr. 78 erschienen ist. 
Thomas Maul
Die Schwammigkeit des erhobenen Vorwurfs gegen Weinstein („als sexuelles Kanonenfutter missbraucht“) war gewollt, weil sich darunter jeder vorstellen kann, was er will, und weil er in seiner Verschiebung von justitiablen Verbrechen zur subjektiven Gefühlslage immer irgendwie wahr ist. So zerstörte man Weinsteins Leben grundsätzlicher als jeder Gerichtsprozess.
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04.09.2019 06:00
https://www.achgut.com/artikel/akte_weinstein_2_bademantelphobie/P14#comment_entries
Erneut deutschlandweiter Protest-Montag gegen Corona-Politik
Während der Bundespräsident offenbar mit friedlichen Protesten hadert („Der Spaziergang hat seine Unschuld verloren“), gingen in vielen deutschen Städten wieder Zehntausende gegen die restriktive Corona-Politik und die angekündigte Impfpflicht auf die Straße. Wir können hier leider keinen umfassenden Überblick über das Demonstrationsgeschehen liefern, sondern momentan nur Beispiele dokumentieren, die Niederschlag in den von uns gesichteten Pressemeldungen der frühen Morgenstunden gefunden haben. Allein in Thüringen seien insgesamt etwa 26.500 Menschen auf die Straßen gegangen, meldet welt.de. Die größten Ansammlungen habe es nach Polizeiangaben in Gera mit rund 3.000 Teilnehmern, Hermsdorf mit rund 1.000 und Jena mit 800 Demonstranten gegeben.  An einer Versammlung unter dem Motto „Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht“ in Lübeck nahmen laut Polizei rund 2.000 Personen teil, meldet HL-live. Die Demonstration, die auch durch die Innenstadt führte, verlief „friedlich und ohne weitere besondere Vorkommnisse", hieß es. Im Freistaat fanden gestern weit mehr als hundert Versammlungen statt, wie zeit.de meldet. Die größte Demonstration im Freistaat habe demnach wie bereits an den vergangenen Montagen in Nürnberg stattgefunden. Dort hätten laut Polizei etwa 4.400 Menschen protestierten. Weitere größere Demos seien u.a. in Augsburg (rund 2.500 Teilnehmer), Kempten (2.500), Bamberg (2.200), Bayreuth (1.500), Landshut (1500) und Erding (1.300) veranstaltet worden. Aus Mittelfranken wurden insgesamt 8.500 Teilnehmer bei 33 Veranstaltungen gemeldet. Es soll auch nicht angemeldete Versammlungen gegeben haben. Insgesamt war von überwiegend friedlichen und störungsfreien Verläufen die Rede. Bei der größten Protestkundgebung in Sachsen-Anhalt seien in Halle laut Polizeiangaben etwa 2.400 Teilnehmer zusammengekommen, wie zeit.de meldet. In der Landeshauptstadt Magdeburg hätten etwa 900 Menschen an einer nicht angemeldeten Demonstration teilgenommen. Für unangemeldete Demonstrationen hatte die Polizei in Magdeburg in der letzten Dezemberwoche die Regeln per Allgemeinverfügung verschärft und diese Mitte Januar erneuert, heißt es in der zitierten Meldung. Nicht angemeldete Proteste dürften demnach dort nur noch ortsgebunden stattfinden, Protestzüge durch die Straßen seien also nicht erlaubt. Außerdem bestehen Abstandsregeln und Maskenpflicht. In Bitterfeld seien am Montagabend 1650 Menschen zum Protest zusammengekommen. Weitere größere Versammlungen habe es in Wittenberg (1.500), Dessau (700), Köthen (500) und Querfurt (500) gegeben. Auch in Sachsen wurde wieder gegen die Corona-Politik demonstriert, meldet welt.de. In Sachsen gilt eine Verordnungs-Obergrenze von 1.000 Teilnehmern pro Versammlung. In Bautzen hätten sich laut Polizei an mehreren Versammlungen in der Summe rund 2000 Menschen beteiligt, in Dresden „mehrere Hundert“, in Zwickau 950. Die Polizei haber ferner mitgeteilt, dass in Coswig Demonstranten gegen Pressevertreter vorgegangen seien. Ermittlungen seien eingeleitet und ein Tatverdächtiger vorläufig festgenommen worden. Corona-Proteste in Berlin und Brandenburg Zu einer angemeldeten und genehmigten Demonstration gegen die Corona-Politik der Bundesregierung versammelten sich am Alexanderplatz am Montagabend in Berlin rund tausend Menschen und zogen von dort aus durch die Innenstadt, berichtet die Berliner Zeitung. Die Demonstration, die störungsfrei verlaufen sei, war angemeldet und genehmigt worden. Bei Protesten im brandenburgischen Wandlitz starb ein Mann, heißt es in einer Meldung von n-tv. Zuvor hätte der 53-Jährige nach Polizeiangaben versucht, eine Polizeikette zu durchbrechen, woraufhin die Beamten seine Personalien feststellten. „Kurz darauf“, heiße es in der Polizeimitteilung weiter, habe er einen „medizinischen Notfall" gehabt und sei im Krankenhaus verstorben. Auch in zahlreichen niedersächsischen Städten sind erneut Tausende Menschen igegen die Maßnahmen in der Corona-Pandemie auf die Straße gegangen, meldet Sat.1. In Braunschweig seien es bei einer angemeldeten Demonstration am Montagabend nach Polizeingaben rund 1.200 Menschen gewesen,. In der Wolfsburger Innenstadt hätten  laut Polizei zudem rund 650 Menschen demonstriert. U.a. wegen Missachtung der FFP2-Maskenpflicht seien Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden. Eine Anzeige habe es wegen des Zündens von Pyrotechnik gegeben. Aus Kritik an den Corona-Maßnahmen und als Zeichen gegen eine Impfpflicht seien am Montagabend mehrere hundert Menschen in verschiedenen Ruhrgebiets-Städten auf die Straße gegangen, ist bei zeit.de zu lesen. In Mülheim an der Ruhr und in Bochum hätten jeweils etwa 620 Menschen an den Spaziergängen teilgenommen. In Essen (500 Teilnehmer), Witten (400) und Duisburg (400) seien die Protestzüge teilweise von der Polizei aufgehalten worden, weil einige Demonstranten keine Maske trugen. In Mecklenburg-Vorpommern hätten nach Angaben der Polizei landesweit rund 10.000 Menschen in mehr als 25 Städten demonstriert, meldet welt.de. Die größten Aktionen seien diesmal mit 2.000 Teilnehmern aus Schwerin und Neubrandenburg mit etwa 1.700 Demonstranten gemeldet worden.
News-Redaktion
Während der Bundespräsident offenbar mit friedlichen Protesten hadert („Der Spaziergang hat seine Unschuld verloren“), gingen in vielen deutschen Städten wieder Zehntausende gegen die Corona-Politik und die Impfpflicht auf die Straße.
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25.01.2022 09:00
https://www.achgut.com/artikel/erneut_deutschlandweiter_protest_montag_gegen_corona_politik
Ein Taschenrechner für die persönliche Lebenserwartung
Die Medizin-Statistik zeigt: Wie alt man wird, hängt von den Genen, von sozialen Faktoren und dem Lebensstil ab. Rauchen, zu wenig Sex oder permanente Unzufriedenheit im Beruf verkürzen das Dasein hinieden. Wie es um einen selber steht, kann man mit diesem Maschinchen ersehen, das die Faktoren statistischer Lebensverkürzung (oder Verlängerung) auf das eigene Alter umrechnet. WICHTIG: Ich habe keine Ahnung ob das seriös ist oder purer Humbug - macht aber Spaß (und - je nachdem - gruselt es auch ein bisschen). http://www.poodwaddle.com/realage.swf
Michael Miersch
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16.09.2007 20:10
https://www.achgut.com//artikel/ein_taschenrechner_fuer_die_persoenliche_lebenserwartung