title
stringlengths
1
120
content
stringlengths
1
64.5k
author
stringclasses
386 values
description
stringlengths
0
830
category
stringclasses
1 value
datePublished
stringlengths
16
21
url
stringlengths
32
172
Mal angenommen: 200 Atomsprengköpfe im Iran
Dass die USA aus dem Atom-Deal mit dem Iran ausgestiegen sind, hat weltweite Reaktionen ausgelöst. Mich hat es an einen Videoclip des jüdischen Radiomoderators und Publizisten Dennis Prager erinnert. Das Video ist unter dem Titel „The Middle East Problem“ (Das Nah-Ost-Problem) bekannt.  Darin behauptet Dennis Prager, der Konflikt zwischen Israel und Syrien, Iran, Irak oder der im Gazastreifen regierenden Hamas sei nahezu unmöglich zu lösen, jedoch relativ leicht zu verstehen. Die eine Seite (Israels Nachbarn) wolle die andere Seite (Israel) tot sehen. Dazu bietet Prager ein Gedankenexperiment. Was würde passieren, wenn Israel morgen ankündigte: „Wir kämpfen nicht mehr! Wir legen unsere Waffen nieder und geben auf!" Israels Nachbarn würden das Land vernichten und die Juden in dieser Region komplett auslöschen. Und was würde passieren, wenn umgekehrt Syrien, Iran oder Irak ankündigten: „Wir kämpfen nicht mehr! Wir legen unsere Waffen nieder und geben auf!" Israel würde diese Länder nicht angreifen, sondern es würde Frieden einkehren. Einen ähnlichen Gedanken äußerte auch der Schweizer Philosoph Michael Rüegg in der SRF-Radiosendung „Tagesgespräch“. Er erklärte, Israel besitze mehr als 200 Atomsprengköpfe, in Reichweite von Europa. Trotzdem habe niemand in Europa Angst vor diesen Bomben, denn niemand fürchte, dass Israel Europa angreife, nicht einmal jene, die kein gutes Haar an Israel lassen und als Apartheidstaat diffamieren. Man stelle sich vor, Ägypten, Syrien, Irak, Iran oder die Hamas verfügten über eine vergleichbare militärische Potenz. Wer in Europa könnte noch schlafen? Wer jetzt also wegen dem Iran-Atomdeal über die USA schimpft, sollte sich fragen, welchen Nationen er in den letzten Jahrzehnten eigentlich seine Nachtruhe verdankt. Und welche Alpträume auf uns zukämen, wären nicht die Juden, sondern ihre Nachbarn im Besitz von 200 Atomsprengköpfen.  Dieser Beitrag erschien zuerst im Schweizer Blick.
Giuseppe Gracia
Wer wegen dem Iran-Atomdeal über die USA schimpft, sollte sich fragen, welchen Nationen er in den letzten Jahrzehnten eigentlich seine Nachtruhe verdankt. Und welche Alpträume auf uns zukämen, wären nicht die Juden, sondern ihre Nachbarn im Besitz von 200 Atomsprengköpfen. 
article
14.05.2018 15:00
https://www.achgut.com//artikel/mal_angenommen_200_atomsprenkoepfe_im_iran
The Voice of Civil Society
Ghaddafi junior über die Politik der Erpressung - wie Libyen seine Schulden los wird und noch einen Gewinn dabei macht Can we put a dollar figure on the package? We are talking not less than €300 million for the hospital in Benghazi. For the families it’s about another €400 million, something like this. And the Bulgarians and Slovakia and other European countries wrote off their debt with Libya. And then they gave again more. What do you say to people who say this was blackmail and it worked? Blackmail? Maybe. It is blackmail, but the Europeans also blackmailed us. Yeah, it’s an immoral game, but they set the rules of the game, the Europeans, and now they are paying the price ... Everyone tries to play with this card to advance his own interest back home. http://www.msnbc.msn.com/id/20123384/site/newsweek/ Siehe auch: http://www.tagesspiegel.de/politik/International-Libyen-Bulgarien;art123,2355607 http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~EA51F597AC1614A64BC4528469D9B36BB~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Henryk M. Broder
article
11.08.2007 00:27
https://www.achgut.com/artikel/the_voice_of_civil_society
Gott, lass die Kommunisten siegen
Nachdem die halbe Vorsitzende der Linkspartei bekanntgegeben hat, an der Errichtung des Kommunismus festzuhalten, wozu Umfrageergebnisse bis zu zwanzig Prozent durchaus berechtigen, hat es keine Verhaftungswelle und keine anderen polizeilichen Maßnahmen gegeben. Das bestehende System ist eben zu arrogant. Ein kommunistisches System funktioniert nicht und braucht daher Schild und Schwert und informelle Staatssicherheitsmitarbeiter, um die Feinde des Fortschritts auszuschalten. Man sollte sich daher schon einmal Gedanken darüber machen, wie man sich nach dem Umsturz verhalten werde. Für mich ist die Sache klar. Ich werde in die Partei eintreten, falls die mich aufnimmt, was sie tun wird, denn ein Geläuterter ist von Wert. Ich werde Lobgesänge auf den Vorsitzenden verfassen und später auf den neuen Vorsitzenden, der den Kurs des vorherigen korrigiert. Ich werde versuchen, im Verband eine Position zu erlangen, die es mir gestattet, als Karikaturist beruflich tätig zu sein, um meine Künste in den Dienst der Sache zu stellen. Ich beherrsche noch den sozialistischen Realismus, das bringt mir einen Vorteil gegenüber den Rattelrürups, die zwar vorher schon politisch auf Linie waren, aber keine große Läuterung durchlaufen mussten. Ich werde selbstkritisch meine früheren Fehler aufarbeiten, ich kann dem Buch von Sarrazin die Schuld geben und darlegen, wie es mich verleitet hat, da es einige fortschrittliche parteikonforme Passagen enthält, ich aber nicht die faschistische Gefahr erkannt habe. Ich werde zur Wahl gehen und die Zettel einwerfen, ich werde beim Volksentscheid für die Wiedereinführung der Wehrpflicht bei der Volksarmee stimmen und zwar selbst nicht mehr dienen, aber als Zeichner unseren Soldaten im Manöver ein künstlerisches Denkmal setzen. Ich werde meine Privilegien erdienen mit positiven Diskussionsbeiträgen in den Medien. Feindliche Umtriebe werde ich zwar nicht persönlich anzeigen, weil ich in der Szene nicht drinstecke, was besser ist, weil man sonst irgendwann selbst drankommt, aber ich werde sie vom festen Klassenstandpunkt aus verdammen. Und werde froh sein. Immer noch besser als Islam.
Bernd Zeller
article
05.01.2011 16:57
https://www.achgut.com//artikel/gott_lass_die_kommunisten_siegen#section_leserpost
Mut zur Wut - Deutschland demonstriert
In Heidelberg: “Der namenhafte Heidelberger Grafikdesigner und Plakatkünstler Klaus Staeck fasst in diesem Zitat den Kern des Projektes „Mut zur Wut – Plakate, die den Mund aufmachen“ aufs trefflichste zusammen. „Mut zur Wut“ bietet jungen, wie auch etablierten Gestalterinnen und Gestaltern aus aller Welt die Möglichkeit, ein Plakat mit einem Motiv ihrer Wahl zu gestalten und ihre Wut auf Missstände in unserer Gesellschaft zum Ausdruck zu bringen.” http://www.kunsthalle-heidelberg.de/index.php?/projects/mut-zur-wut-2012/ Darunter auch dieses Motiv: https://pbs.twimg.com/media/A8tY6I2CUAA1oj_.jpg:large In München: http://sphotos-b.ak.fbcdn.net/hphotos-ak-ash3/600196_4493170859911_1060795971_n.jpg In Brandenburg: http://d3j5vwomefv46c.cloudfront.net/photos/large/693505417.jpg?key=919521&Expires=1354025434&Key-Pair-Id=APKAIYVGSUJFNRFZBBTA&Signature=JWgDYhKAvlIW68E0kSp6Bv4iRv9KiAHOXpY6mN15CRQpFJEndWqa1XnVxEBT02x8GKAbq47MR3VXyuOgmCnTAiqH7cpEyWkDCr8Co3FpsZihZ9UhS8xcB~a2vVzoHbPVaq0yHrcYD0j3JISHED2~HqLMuHP4FWazk4A9fWFZL-o_
Fundstück
article
27.11.2012 15:34
https://www.achgut.com//artikel/mut_zur_wut_deutschland_demonstriert
Morgenlage: Asyl und Abhängigkeit
Guten Morgen, es ist Freitag, der 10. Februar 2023, und wieder Zeit, sich einen Überblick über die Nachrichtenlage zu gönnen.  In dieser Woche wurde ja an jedem Tag eine neue und erschreckendere Opferzahl des Erdbebens in der Türkei und in Syrien gemeldet. Das ist auch heute so. Inzwischen ist von mehr als 21.000 Toten die Rede. Der türkische Vizepräsident Fuat Oktay hatte mitgeteilt, dass allein in seinem Land 17.664 Opfer gefunden worden seien. Die Zahl der Verletzten läge bei 72.879. In Syrien seien bislang mehr als 3.300 Tote geborgen worden. (Quelle: FAZ) Der EU-Gipfel zur Migration endete mit einer gemeinsamen Abschlusserklärung. Diese liest sich offenbar so, als hätte sich die Europäische Union auf eine Verschärfung der Asyl- und Migrationspolitik verständigt. Illegale Einreisen sollen beispielsweise von vornherein verhindert beziehungsweise unattraktiver gemacht werden. Dies solle unter anderem durch einen verstärkten Kampf gegen Menschenschmuggler, mehr Grenzschutz und schnellere Abschiebungen geschehen. Ist das nun wieder nur Abschlusserklärungs-Lyrik? (Quelle: Kleine Zeitung) Die EU beschließt zwar eifrig neue Sanktionspakete gegen Russland, doch so mancher EU-Staat bleibt weiterhin abhängig von russischen Energielieferungen. Österreichs Abhängigkeit von russischem Gas soll beispielsweise Ende 2022 wieder gestiegen sein. Im Dezember seien geschätzte 71 Prozent der Gasimporte aus Russland gekommen, wie aus dem Energie-Dashboard des Klimaministeriums hervorgehe. Von Mai bis Oktober 2022 war die Abhängigkeit demnach schrittweise auf knapp 20 Prozent gesunken. Seit geheizt werden muss, nahm sie dann wieder zu. Vor dem Ukraine-Krieg war Österreich zu rund 80 Prozent von russischem Gas abhängig. (Quelle: ORF)  In der Ukraine geht derweil der Krieg weiter, und dessen mörderischer Alltag verliert an öffentlicher Aufmerksamkeit. Im Focus der Berichterstattung steht derzeit eher Bewaffnung und Ausrüstung der Ukraine. Jetzt soll der US-Satelliteninternetdienst Starlink von Tesla-Chef Elon Musk versuchen, die Ukraine an der Nutzung des Systems zur Steuerung von Drohnen zu hindern. Die Versorgung mit dem Netzwerk wäre „nie dazu gedacht gewesen, als Waffe eingesetzt zu werden“, habe Gwynne Shotwell, die Präsidentin und Geschäftsführerin von SpaceX, zu der Starlink gehört, erklärt. Laut Verträgen sei Starlink demnach nur für humanitäre Zwecke gedacht. Dazu zähle die Bereitstellung von Breitband-Internet für Krankenhäuser, Banken und Familien, die von der russischen Invasion betroffen seien. „Wir wissen, dass das Militär Starlink für die Kommunikation nutzt, und das ist in Ordnung“, habe SpaceX-Präsidentin Shotwell erklärt. „Aber es war nie unsere Absicht, dass es für offensive Zwecke eingesetzt wird.“ Zu technischen Details habe sich SpaceX nicht äußern wollen.(Quelle: Deutschlandfunk) Ein Nachrichtenthema sind auch heute wieder die chinesischen Spionage-Ballons. Nach US-Medienberichten habe die Volksrepublik mehr als 40 Länder auf fünf Kontinenten mit einer Flotte von Spionageballons ins Visier genommen. Der vor der US-Küste abgeschossene chinesische Ballon soll über mehrere Antennen in einer Anordnung verfügt haben, die China wahrscheinlich in die Lage versetzt hätte, Kommunikation zu sammeln und zu lokalisieren, hieß es weiter. Die Ausrüstung des Ballons habe eindeutig der nachrichtendienstlichen Überwachung gedient und stimme nicht mit der Ausrüstung von Wetterballons überein. (Quelle: Deutschlandfunk) Derweil ist die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China einer Studie zufolge so groß wie nie. Im vergangenen Jahr sei das Handelsdefizit mit der Volksrepublik auf mehr als 84 Milliarden Euro angewachsen, heiße es in der Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft. Damit habe es sich im Vorjahresvergleich mehr als verdoppelt. Experten sähen diese Entwicklung als höchst problematisch. Beispielsweise im Falle eines bewaffneten Konflikts um Taiwan wäre die deutsche Wirtschaft erpressbar. Hatten deutsche Politiker nicht am Beginn des Corona-Ausnahmezustands versprochen, die Abhängigkeit von Lieferungen aus China zu verringern? (Quelle: Deutschlandfunk) Gibt es eigentlich heute auch so etwas wie eine gute Nachricht? Ja, denn die Entlassung von 222 politischen Gefangenen in Nicaragua kann ja wohl als eine solche gelten.  Allerdings sei ihre sofortige Ausweisung angeordnet worden und sie würden in die USA ausgeflogen. Die Regierung von Präsident und Ex-Guerillero Daniel Ortega hatte bekanntlich regierungskritischen Protesten 2018 Dutzende von Oppositionellen, Journalisten und Geistlichen festnehmen lassen. (Quelle: ORF) Zum Abschluss gönnen wir uns noch eine Meldung aus Deutschland. Die FDP will, dass deutsche Behörden künftig auch auf Englisch kommunizieren. „Wir als FDP wollen Englisch als zweite Verwaltungssprache in Deutschland etablieren“, habe FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai den Zeitungen der Mediengruppe Bayern gesagt. Von den Unternehmen werde erwartet, „dass sie für englischsprachige Bewerberinnen und Bewerber offen sind“, habe der FDP-Generalsekretär gesagt. „Dann kann man auch von unseren Behörden und Verwaltungen erwarten, dass sie diesen Menschen auf Englisch die volle Serviceleistung anbieten können.“ Mancherorts in Deutschland wäre man schon froh, wenn die Behörden überhaupt eine volle Serviceleistung anböten. Aber solche alltäglichen Sorgen sind ja nicht nachrichtentauglich. (Quelle: Zeit) Hier kommen auf Deutsch zum Abschluss der Morgenlage die besten Wünsche für den heutigen Tag und das Wochenende. 
Peter Grimm
Die Zahl der Erdbeben-Toten steigt weiter, die EU will ihre Asylpolitik verschärfen, Deutschlands Abhängigkeit von China ist so groß wie nie, Nicaragua lässt politische Gefangene frei und die FDP fordert eine Englischpflicht für deutsche Behörden.
article
10.02.2023 08:06
https://www.achgut.com//artikel/morgenlage_asyl_und_abhaengigkeit
Der Sonntagsfahrer: Mit Vollgas-Socken ins Nichts
Die britische Traditionsmarke Jaguar schafft den Jaguar ab, stellt den Autoverkauf einstweilen ein und gibt sich revolutionär unter dem Motto "A Copy of Nothing". Das würde auch für VW passen. Oder zu Habecks Energiewende. Am Sonntagmorgen gehe ich ganz gerne zur Andacht. Oft schon so gegen 8 Uhr, da habe ich die Kathedrale für mich alleine. Sie besteht aus schönem Backstein und befindet sich an einem verwunschenen Ort in einem alten Augsburger Industriegebiet, dem sogenannten „Textilviertel“. Dort haben eine Reihe alter weißer Männer (und ein paar junge) mit ihren ebenso alten Autos Unterschlupf gefunden. Sie bilden so eine Art privates technisches Hilfswerk, da sämtliche handwerklichen Gewerke vertreten sind. Wenn ich mit einem alten Kahn und Motorschaden auf einer Südseeinsel stranden würde, dann bitte mit dieser Mannschaft. Es gibt im Textilviertel Raum für die bedrohte Spezies, weil die heimische Textilindustrie in den 60er und 70er Jahren ihr Leben aushauchte und umfangreiche Leerstände hinterließ. Inzwischen stünde der Deutsche ohne chinesische Textil-Importe vollkommen blank und wenig kriegstüchtig da, nämlich ohne Socken und Unterhose.  Der erste Teil der Deindustrialisierung war noch der Tatsache geschuldet, dass in fernen Ländern die gleiche Ware billiger produziert werden konnte. So funktioniert die Marktwirtschaft, heißt es. Aber niemand wäre seinerzeit auf die Idee gekommen, Unterhosen zu verbieten, weil durchs Feinripp Kohlendioxid entweicht. Sowas ist nur in einer autoritären Kommandowirtschaft möglich. Immerhin: Die Deutschen haben 70 Jahre gebraucht, um Ludwig Erhard zu vergessen, vermutlich brauchen sie weitere 70 Jahre, um Robert Habeck zu vergessen. Getreu dem Erfahrungswissen: Du brauchst genauso lang, um aus der Scheiße rauszukommen, wie Du gebraucht hast, um rein zu kommen. Wir reden also über das Jahr 2094. Weil ich das eher nicht erlebe,  habe ich den alten Erhard neulich oben auf dem Bergfriedhof in Gmund besucht und ein Exklusiv-Interview mit ihm geführt.  Zum Thema „Schwachkopf“ sagt er: „Es gibt einen Intellektualismus, der kippt um in Idiotie.“ Zum Thema Große Transformation: „Menschen oder eine Gesellschaft, die ohne Wünsche oder Bedürfnisse wären, sind einfach undenkbar“. Zum Thema Elektroauto: „Der Markt ist der einzige demokratische Richter, den es überhaupt in der modernen Wirtschaft gibt“. Und dann gab er mir noch die folgenden Worte mit auf den Weg hinunter ins tiefe Tal: „Der Deutsche entfaltet in der Stunde der Not höchste Tugenden. Die Frage bleibt, ob er in gleichem Maße den Stunden des Glücks gewachsen ist“. Nun gut, jetzt sind seine Nachfolger endlich am Ziel, und sie haben die Stunden des größten Glücks erreicht: Nicht der Wunsch des Kunden ist jetzt entscheidend, sondern die Eingebungen von Politikern, die einen Drehmoment-Schlüssel für eine Taktik zur Umstimmung der Wähler halten. Und so leben wir jetzt alle nach dem schönen Motto: Wer braucht schon Unterhosen, wenn es um die Rettung der Welt geht? Umstandslos wurde uns ein Standard-Utensil des täglichen Lebens praktisch verboten, das das Leben für Generationen leichter und schöner machte: Der Verbrennungsmotor – und damit in langfristiger Konsequenz das bezahlbare Auto. Genausogut könnte man Waschmaschinen verbieten, oder die Heizung, aber da sind sie ja auch schon dabei. Die Berliner Socken nennen das "Große Transformation", welche dereinst als kollektives Irresein in die Wirtschaftsgeschichte eingehen wird.  So ähnlich übrigens wie die Zerstörung der britischen Autoindustrie, die vor einem halben Jahrhundert von arroganten bis überforderten Managern und wild gewordenen, teilweise stramm kommunistischen Gewerkschaften ins Werk gesetzt wurde. Mein Stellplatz-Nachbar in unserer Oldtimerhalle besitzt ein wunderbares Zeugnis der einstigen Größe britischen Autobaus: einen dunkelblauen Jaguar MK 2 (1959 bis 1969), vor dem ich mich bei jedem Besuch tief verbeuge und dann eine kurze Fürbitte zu Ehren von Jaguar-Gründer Sir William Lyons gen Himmel schicke. Der MK2 glänzt wie ein Juwel und besitzt obendrein ein großes und seltenes Stoffschiebedach. Auf der Kühlerhaube setzt der berühmte Jaguar zum Sprung an, der von William Lyons höchstselbst gezeichnet wurde. Man könnte dieses Auto im Grünen Gewölbe zu Dresden parken, und kein Mensch würde merken, dass es da nicht hingehört.  Unternehmerisch kam Jaguar seit seiner Glanzzeit  immer wieder vom Regen in die Traufe. 1966 landete man auf einem großen Markenfriedhof namens British Leyland Corporation, eine Ansammlung bereits scheintoter britischer Autohersteller, die Mitte der 70er Jahre als „British Leyland Motor Corporation“ unter staatliche Kontrolle gestellt und kurz vor der Pleite in Einzelteilen verhökert wurden. Wie eine alte denkmalgeschützte Villa wechselte Jaguar danach mehrmals den Besitzer: Es war zwar schön, Jaguar zu besitzen, aber leider auch sehr teuer.  Das musste schließlich auch der US-Autogigant Ford feststellen, der sich nicht anders zu helfen wusste, als das Brot-und-Butter-Auto Ford Mondeo als Jaguar zu verkleiden und der geschätzten Kundschaft als „very british“ darzubieten. Ein Portal namens „Motorsport-total“ fasst die Ford-Epoche so zusammen: „Wenn sogar der Hersteller selbst alle Fotos und Informationen zu einem bestimmten Modell von seiner Presseseite tilgt, ist das kein gutes Omen. Offenbar ist Jaguar der zwischen 2001 und 2009 gebaute X-Type immer noch ein wenig peinlich.“ Ich kenne übrigens eine Reihe von Elektromobilen deutscher Provinienz, denen es genauso gehen dürfte. Ab jetzt wird es tröstlich: Der Wahnsinn wohnt nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Gefilden der königlichen Familie, wo King Charles III, seinen Aston Martin mit Wein und Käse betankt. Aston Martin hat vor der Konversion zum Batterie-Brumm-Brumm übrigens gerade noch die Kurve gekriegt und den Start seines ersten E-Mobils um zwei Jahre, das heißt auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben. Begründung: „Es scheint, dass der Hype um Elektroautos, ob politisch motiviert oder nicht, größer ist als die Nachfrage der Verbraucher, insbesondere zu einem Aston-Martin-Preis“. Und nun zu Jaguar. Bei denen haben leider die Bremsen versagt. Jaguar will künftig nur noch Elektroautos mit Preisen von 100.000 bis 200.000 Euro herstellen. Um das zu üben, gehen die Werke bis 2026 in einen Dornröschenschlaf. Ein Vorgehen, dass mir symptomatisch für The Age of the Abrissbirne zu sein scheint: Das Alte plattmachen, bevor man etwas funktionierendes Neues hat. Ich sage nur: deutsche Kraftwerke. Einen frühestens Ende 2025 startenden Elektro-Jaguar kündigt Chef Rawdon Glover vielsagend als "Copy of nothing" an. Bis zum Erscheinen der „Kopie von Nichts“ kann kein noch so treuer Kunde mehr einen neuen Jaguar kaufen, die Autos auf Halde werden als Gebrauchtwagen unters Volk gebracht, solange der Vorrat reicht.  Hat Robert Habeck doch recht? Hört Jaguar nur auf zu produzieren, ist aber nicht pleite? Oder sind die Briten viel cleverer und lassen sich einfrieren, bis die Zeiten wieder besser werden? Aber was passiert, wenn kein Prinz oder Maharadscha das Jaguar-Kätzchen wieder aus dem Dornröschenschlaf aufwecken wird? Derzeit gehört Jaguar dem indischen Tata-Konzern. Dort leistete man sich eine Zeitlang das automobile Kronjuwel der einstigen Kolonialmacht, aber diese Engländer gehen irgendwie ins Geld, Tatü-Tata. Andererseits glaubt der Hindu an die Seelenwanderung in einen anderen Körper nach dem Tod. Was für ein Körper das ist, ob der eines Menschen, Tiers, Pflanze, oder Einzellers, hängt vom Karma ab. Gegenwärtig deutet das Karma darauf hin, dass der Jaguar nicht mit Rädern und einem Motor wieder aufwacht, sondern als irgendwas mit Mode und Haltung.   So wird nicht nur die agressive Jaguar-Kühlerfigur das Zeitliche segnen, sie wurde schon mal prophylaktisch gestrichen. Weiterhin berichtet der stets modisch auf dem Laufenden befindliche Stern über einen Vorschau-Werbespot: "Dort ist kein Auto zu sehen – nicht einmal angedeutet. Stattdessen laufen bunt gekleidete Menschen durchs Bild, das ganze wirkt wie eine Fashionshow in Mailand". Die Berliner Zeitung präzisiert: "Eine Gruppe geschlechtlich nicht eindeutig identifizierbarer Models stolziert durch abstrakte Kulissen." Mich erinnert es etwas an die große Geisterbahn auf dem Münchner Oktoberfest. Marketingslogans wie „Delete Ordinary“ (lösche Gewöhnliches) und „Live Vivid“ (lebendig leben) seien, so der Stern, ein klarer Fingerzeig, "dass das Alte weg muss". Es lebe das Nichts, nieder mit dem Kunden! Der Jaguar-Chef blickt aus dem Fenster der Raumkapsel und kündigt Mitreißendes an: "Wir werden auf dieser Reise Teile unserer Bestandskundschaft verlieren". Na Gott sei Dank, da fällt ihm ein Stein vom Herzen. Einer, der ziemlich viel von was Neuem versteht, ist Elon Musk. Der twitterte: "Verkauft ihr auch Autos?" Und ein anderer entgeisterter Jaguar-Fan fragt: "Stellt ihr jetzt Lippenstift oder veganen Joghurt her?" Die bis gestern 22.000 Kommentare lassen sich in folgender Frage zusammenfassen: "Habt ihr nur ein Rad ab oder alle vier?" Gut gefallen hat mir dieser indische Jaguar-Aficionado mit dem melodischsten Englisch seit Erfindung des Leierkastens. Er kommentiert: "Jaguar is dead".  Übrigens: Viele vergessen, dass es in Indien mindestens 800.000 Millionäre gibt – oft mit einem Hang zu schönen Luxus-Autos –, denen es nicht an Geschmack fehlt. Lediglich das Woke-Gen ist am Ganges unterentwickelt wie bei einem nepalesischen Gurkha. Und von einer Abneigung gegen Verbrennungsmotoren kann wirklich keine Rede sein. Die gelten in gehobenen Kreisen etwas, ähnlich wie das mechanische Uhrwerk einer Rolex. Die gute Nachricht: Mein Freund, der Mark II-Besitzer, freut sich, dass sein richtiger Jaguar nun noch zügiger an Wert gewinnt. Und die schlechte: Es gibt keine Dummheit, die in den Kreisen des Volkswagen-Konzerns nicht nachgemacht wird. So hat Audi in China eine quasi anonyme neue Elektromarke angekündigt, die ohne die vier Ringe des Audi-Markenlogos auskommt. Das erste Showcar sieht aus wie eine Tellermine und hat alltagstauglich 775 PS, genau die richtige Leistung um den Nachwuchs auf dem Weg in die Kita zügig um die Ecke zu bringen. Da man vom eingeschlagenen E-Auto-Kurs nicht abweichen kann oder will, steuert die Fuhre nachhaltig ins Nichts. A Copy of Nothing.   Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber von Achgut.com. Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.
Dirk Maxeiner
Die britische Traditionsmarke Jaguar schafft den Jaguar ab, stellt den Autoverkauf einstweilen ein und gibt sich revolutionär unter dem Motto "A Copy of Nothing". Das würde auch für VW passen. Oder zu Habecks Energiewende.
article
24.11.2024 06:05
https://www.achgut.com/artikel/der_sonntagsfahrer_mit_vollgas_socken_ins_nichts
Der gemütliche Untergang
Von André Marschall. Von der westlichen Moderne und ihren Errungenschaften hatte das herrschende Personal Deutschlands offenbar die Schnauze voll. Und stürzte das Land in beeindruckender Weltabgewandtheit einem suizidal wirkenden Niedergang entgegen. Lesen Sie hier einen fulminanten Abriss der neueren deutschen Geschichte. Hollywood & Co haben uns seit Langem freudig auf die Apokalypse eingestimmt. Doch der größte Affront der derzeitigen Politik wird es gewesen sein, uns ohne Knall und nahtlos in die Postapokalypse überführt zu haben. Seit Beginn der Aufklärung hat das Abendland eine enorme Zahl von Kriegen gesehen, die auch aufgrund technologischer Sprünge immer größere Ausmaße annahmen. Diese Entwicklung kulminierte im Zweiten Weltkrieg, in dem die als Antwort auf die Aufklärung entstandenen, totalitären Ideologien ihre Utopien gewaltsam verwirklichen wollten. Aus der Asche dieses Krieges stieg der amerikanische Adler, nichts beeinflusste das kollektive Wesen der westlichen Kultur so sehr wie die sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen der USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Diese Zeit war geprägt von einem enormen westlichen Patriotismus, einem Wirtschaftsaufschwung und einer atemberaubenden Dichte von für den Durchschnittsmenschen greifbaren Technologiefortschritten. Waschmaschinen, motorisierter Individualverkehr, Farbfernseher, Computer und schließlich Mobiltelefone und das Internet. Sie alle haben die westliche Gesellschaft, beflügelt von der amerikanischen Hochphase, in einer derart kurzen Zeit erobert und sie grundlegend verändert, dass sich die Ältesten unter uns sogar noch an diese andere Epoche mit autofreien Straßen und kohlebeheizten Küchen erinnern können. Der Fortschritt der Unterhaltungstechnologie hat zu einer amerikanischen Kulturhegemonie geführt, bei der mittels Ton und Film der amerikanische Geist selbst in die Wohnzimmer der stasibespitzelten DDR-Bewohner verbreitet wurde. Plötzlich waren wir alle Amerikaner im Geiste, Hollywood prägte unsere Werte auf meritokratischem Wege nachhaltiger, als es die Versuche zur zwanghaften Volkserziehung unter den totalitären Regimen der Vergangenheit je gekonnt hätten. Die Menschheit wurde seinerzeit amerikanisiert, ob nun in Ost-Berlin, Teheran oder Tokio. Wir wurden multimedial in die Entwicklung der USA eingebunden, so entging uns auch nicht der durch den Vietnamkrieg ausgelöste soziokulturelle Paradigmenwechsel, aus dem ab den 60er Jahren ein erstaunlicher Antihumanismus geboren wurde. In dieser Zeit wurde die Apokalypse trendy, das Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen. Im Bereich der Fantasy konnte sich insbesondere die Zombieapokalypse bis heute als Dauerbrenner durchsetzen, angefangen mit Romeros „Die Nacht der lebenden Toten“ bis hin zu dem zeitgemäßeren „The Walking Dead“. Die durch den Kalten Krieg inspirierte und durchaus mögliche nukleare Apokalypse lodert als Thema nach wie vor als regelmäßiges Motiv auf. Nicht zu vergessen sind natürlich die apokalyptischen Naturkatastrophen, allen voran ein katastrophaler Klimawandel, deren Genre durch politische Akteure wie Al Gore in den 90er Jahren einem breiten Publikum schmackhaft gemacht wurde. In Film und Spiel geht es regelmäßig um das Erleben der Apokalypse, aber zunehmend häufiger um das romantisierte Überleben nach ihr, das – aus der Ferne erlebt – durchaus inspirierende Szenario der Postapokalypse und des Wiederaufbaus. Sicherlich begründet sich diese Sehnsucht im Westen auf den historisch nie dagewesenen Wohlstand der aktuellen Generationen, welche niemals Krieg erlebt hatten und sich ihr eigenes Heldenepos herbeiwünschen, das sie eines Tages ihren Nachkommen erzählen können. Auch wir wollen mal Helden gewesen sein, sei dieses Heldentum auch so billig, dass wir dafür einfach nur kartoffelchipsfressend auf unserer Couch saßen und nicht zur Arbeit gingen, so war jedenfalls das Narrativ der deutschen Regierung. Seit einem halben Jahrhundert ist das Bangen um das baldige Ende der menschlichen Zivilisation ein fester Bestandteil unseres Medienkonsums. Die Menschen scheinen kollektiv mit dieser Aussicht zu liebäugeln, da sind einem selbst abstruseste Weltuntergangsfantasien wie der „Millenium Bug“ zur Jahrtausendwende und das Ende des Maya-Kalenders im Jahre 2012 nicht zu schade, oder die zuletzt immer wieder im Stile eines „12 Monkeys“ zur Killerpandemie überspitzten Wald-und-Wiesen-Krankheitserreger. Hinter diesem künstlerischen Motiv steckt allzu häufig ein plumper aber dennoch weitreichend akzeptierter Antihumanismus, in dessen Augen die Menschheit als Parasit auf diesem Planeten existiert, ohne den die Natur besser dran wäre. Es ist der gemeinsame Nenner in der Kommunikation zahlreicher politischer Akteure, geteilt von den hysterischen Klimaapokalyptikern à la Thunberg und Extinction Rebellion, dem postkapitalistischen Club of Rome und auch dem verbandelten Weltwirtschaftsforum mit seinen als „stakeholder capitalism“ umgeframten Faschismusfantasien. Der Planet sei überbevölkert, die Menschheit verschmutze ihre Umwelt und müsse zwangsläufig in den nachhaltigeren Zustand einer vorindustriellen Agrargesellschaft zurückversetzt werden. Vor der Globalisierung gab es apokalyptische Sekten als Personenkulte schon häufig in der Geschichte, doch noch nicht als international tätige Konglomerate mit zahlreichen eingebundenen Staatsapparaten. Nun ist Deutschland mit seinem Nazi-Trauma besonders anfällig für Selbsthass, ein emotional nahrhafter Boden für derartige depressiv-apokalyptischen Fantasien. Wie es Thilo Sarrazin mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ schon recht früh auf den Punkt brachte, giert die deutsche Politikkaste ­– und auch ein großer Teil der alteingesessenen Bevölkerung – zumindest im Unterbewusstsein nach dem erlösenden gesellschaftlichen Suizid, nach dem die Welt vermeintlich besser da stünde. Wie ein Extremsportler, der beim Aufstellen immer irrsinnigerer Rekorde seinen eigenen Tod als Risiko akzeptiert, so ist Deutschland stets bemüht, bei jeder irrsinnigen Bewegung unter Selbstaufgabe führend an der Spitze zu stehen. Da es sich allzu oft um ideologische statt realpolitischer Lösungen handelt, sind diese niemals kohärent und gehen auf lange Sicht mit einer steten Verschlimmbesserung der Situation einher. Diese führt dazu, dass sich die getroffenen Maßnahmen zunehmend gegenseitig begründen und aufeinander aufbauen, die ideologischen Scheuklappen erzeugen selbsterfüllende Prophezeiungen am laufenden Band mit einer immer weiter um sich greifenden Staatsgewalt. Um eine alte Allegorie des Kabarettisten Volker Pispers in einen neuen Kontext zu setzen: Der Sozialstaat verhält sich wie ein Glaser, der des Nachts herumgeht und Scheiben einwirft, um am Morgen darauf seine Hilfe anzubieten. Der Staat existiert nur mehr um seiner selbst willen, statt den Bürger zu schützen und seine selbstgeschaffenen Probleme zu lösen. Der wachsende Wohlstand des Landes in der Nachkriegszeit führte zum einen zu einer Akademisierung der verfügbaren Arbeitskräfte, zudem zu einer sinkenden Fertilität und somit zur immer weiter anschwellenden Rentenkrise. Die politisch praktikable und kontraproduktive Lösung der Politik war neben der steuerlichen Subventionierung des Studiums und dem Riester-Renten-Scam der Import von Arbeitskräften. Eine Erosion unserer Grenzen, welche im Jahr 2015 kulminierte, als ein 3.500 km und mehrere Landesgrenzen entfernter Krieg als moralische Rechtfertigung für den unkontrollierten Massenimport von sogenannten Flüchtlingen diverser nordafrikanischer und südasiatischer Länder herausgepickt wurde. Als dringend benötigte Facharbeiter sollten sie sich verhältnismäßig nahtlos in die Wirtschaft integrieren. Ein Wunschglauben, der häufig argumentiert wurde und in der Realität eine große Zahl von kulturfremden Sozialhilfeempfängern bedeutete, die aufgrund der bürokratischen Gegebenheiten nicht mehr des Landes verwiesen werden können und den bereits zuvor überteuerten Wohnungsmarkt weiter anfachten. Der Versuch, das sozialschädliche Ungleichgewicht im eigenen Arbeitsmarkt durch Import von Arbeitskräften zu lösen, führte zu weiteren gesellschaftlichen Verwerfungen, der Erzeugung einer Parallelgesellschaft, einem Anstieg der Kriminalität und unterm Strich einer weiteren Schwächung dessen, was man ursprünglich zu schützen versuchte. Mit dem Beginn der Corona-Krise stimmte sich Deutschland auf den internationalen chinesischen Chor ein und warf mutwillig einen Schraubenschlüssel in das Getriebe seiner eigenen Wirtschaft, während die Menschen zu medizinisch fragwürdigen und letztendlich langfristig gesundheitsschädlichen Eingriffen genötigt wurden und immer noch werden. Statt die vermeintliche Notlage zu nutzen, um dem bereits seit einem Jahrzehnt beklagten Pflegenotstand durch positive Anreize zu begegnen, legte man noch eine Schippe obendrauf und schaffte weitere Gängelung und Berufsverbote im Namen des Patientenwohls, die selbst nach zwei Jahren politischen Komplettversagens noch unbeirrt fortgeführt werden. Ganze kulturschaffende Branchen erdrosselte man mit dem Verbot von Aufführungen und einem an Zeiten der Rassentrennung erinnernden „Einlassmanagements“, ebenso wie die Gastronomie, die der sozialen Vernetzung in einer Zeit sozialer Verunsicherung förderlich gewesen wäre. Durch die verantwortungslose Stilllegung der Wirtschaft erzeugte man Wellen im freien Markt, die sich zeitlich verzögert durch die Lieferketten fressen und massenweise Existenzen vernichten, sobald diese Wellen auf weitere, oftmals ebenfalls selbstverschuldete Faktoren treffen. Weil 2011 ein Kernkraftwerk in einer Erdbebenregion havarierte, schaltete die Industrienation ihre modernen und sicheren Kernkraftwerke ab und nutzte dies als Anlass, die bereits 30 Jahre zuvor gestartete und vor sich hin dümpelnde „Energiewende“ nun innerhalb kürzester Zeit stoisch umzusetzen, ohne Rücksicht auf Verluste oder Naturgesetze. Wie in einem Monthy-Python-Film inszenierte sich Deutschland auf der Weltbühne als energietechnisch fliegendes Suizidkommando, dessen letzte Worte „Jetzt haben wir es euch aber gezeigt“ sein werden. Unzuverlässige und vermeintlich nachhaltige Solar- und Windenergie wurde staatlich alimentiert, finanziert wurde dieses Prestigeprojekt über die weltweit höchsten Energiepreise durch eine planwirtschaftliche Sündensteuer namens EEG-Umlage. Den unliebsamen Kernkraftwerken sollten Öl- und Kohlekraftwerke folgen, ersetzt werden mussten diese heimlich still und leise durch eine Armee von Gaskraftwerken, die durch ihre flexible Zuschaltbarkeit geeignet waren, das regenerative Flatterstromnetz vor der Frequenzkatastrophe und dem daraus resultierenden Blackout zu bewahren. Nur ein lukrativer Deal mit dem erdgasreichen Russland ermöglichte diese duale Kraftwerkskapazität, während die deutsche Industrie weiterhin international wettbewerbsfähig blieb. Doch nachdem Deutschland nun die Integrität seiner Energieversorgung aus der selbstgeschaffenen Not heraus von Russland abhängig machte (ein Gedanke, über den Heiko Maas seinerzeit noch kopfschüttelnd lachte), schoss man sich aus erneuter moralischer Empörung und gegen besseres Wissen auf einen selbstzerstörerischen Wirtschaftskrieg mit Letzterem ein. Wie der böse Wolf pustet Russland nun unser energietechnisches Kartenhaus über unseren Köpfen davon, denn die an Naivität nicht mehr zu überbietende deutsche Regierung beißt gerne in die Hand, die sie füttert, sei es die der eigenen Steuerzahler oder die anderer Staatsoberhäupter. Während sich die korrupte mediale und politische Elite Deutschlands in ihrer eigenen Blase in regelmäßigen Abständen beinahe orgiastisch über ihre angebliche Nähe zur Demokratie selbst abfeiert, wurde die Pandemie als Vorwand genutzt, um Menschen die demokratische Teilhabe durch friedliche Demonstrationen zu verwehren. Ohne sich der Selbstironie bewusst zu sein, wurden friedlich protestierende Menschen im Namen des Gesundheitsschutzes mit Prügelkommandos von den Straßen vertrieben, kritische Journalisten mit Hausdurchsuchungen eingeschüchtert und ihnen die Konten gesperrt. Während in der Ära Merkel der Sozialstaat in einer geschichtsbuchträchtigen Arroganz dem Pöbel Demokratie beibringen wollte, wurde diese Umkehr des demokratischen Prinzips nun unter der Leitung von Nancy Faeser getoppt, derzeit Minister für Inneres. Unter der sperrigen Bezeichnung „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ wird jedwede Kritik an den Entscheidungen der Exekutive, sofern diese sie als ungerechtfertigt ansieht, zu einer hochoffiziellen Angelegenheit erklärt, hinter der das Gewaltmonopol des Staates steht. Vermutlich dient dies nicht nur der konsequenten Fortsetzung des abgewandelten McCarthyismus vorangegangener Regierungen, sondern auch der Vorbereitung auf den kalten Winter, in dem der Staat voraussichtlich die Früchte seiner Vergehen an der Bevölkerung ernten wird. Hanlons Rasiermesser fordert: „Schiebe nicht auf Böswilligkeit, was sich ebenso mit Inkompetenz erklären lässt.“ Betrachtet man das politische Personal, welches auf dem unterirdischen Niveau des Derzeitigen agiert, so stimmt der Leser dem auf rein rationaler Ebene sicherlich zunächst zu. Doch nach über einem Jahrzehnt derart nachhaltig desaströser Politik, die mit jedem Etappenziel die Zerstörung der eigenen Nation weiter voranzutreiben scheint, avanciert die Annahme einer bloßen unheilvollen Verkettung von Zufällen doch selbst zur Verschwörungstheorie der Inkompetenz. „Einmal ist Zufall, zweimal ist Fügung und beim dritten Mal ist es Feindeinwirkung“, so der berühmte Satz vom James-Bond-Bösewicht Goldfinger. Das soll nicht heißen, dass die derzeitige Situation in ihrer Gänze mit geplanter Absicht herbeigeführt wurde, aber die grundlegende Ablehnung der deutschen Staatsintegrität liegt bereits in der Grundmentalität derer, die derzeit unser Land regieren. Ob der falsche Film, in dem wir uns befinden, nun eher ein James Bond, Idiocracy oder Jackass: The Movie ist, liegt im Auge des Betrachters. Wir wurden bereits von zahlreichen „Verschwörungstheoretikern“ (und nach längerem Protest auch von Experten und Faktencheckern im öffentlich-rechtlichen Rundfunk) darauf eingeschworen: Sollte es in diesem Land zu einem flächendeckenden und längerfristigen Blackout kommen, so würde die gesellschaftliche Ordnung innerhalb weniger Tage wegen Versorgungsnöten zusammenbrechen. Wer die grundlegende Möglichkeit dieses Szenarios weiterhin anzweifelt, der sei erneut an die historisch einzigartige Qualität unseres politischen Führungspersonals erinnert, in deren Verständnis das Stromnetz Energie speichert und Tiefkühlhühnchen wie Akkus funktionieren, Flakpanzer keine Panzer sind und „mit ihrem Rohr“ nicht auf den Feind, sondern „in die Luft“ schießen und Unternehmen nicht insolvent gehen, sondern einfach nur aufhören zu produzieren. Im utopischen Idealfall der Regierung würden sich die Menschen in staatlich bereitgestellten „Wärmehallen“ zum gemeinsamen friedlichen Ausharren der Katastrophe zusammentreffen, während sie bis zum erneuten Hochfahren des Stromnetzes gemeinsam an der Reduktion ihres CO2-Fußabdrucks arbeiten. Realistischer betrachtet, würden Marodeure durch die Straßen ziehen, um für ihre eigenen Banden die verbliebenen Lebensmittel von den Schwächeren zu stehlen, in Selbstverteidigung unbedarfte Prepper sind in diesem Szenario dankbare Opfer. Denn letztlich ist sich jeder selbst am nächsten, vor allem wenn der Magen leer, das Wasser aus, die Wohnung kalt und der Einzelhandel tot ist. Als westliche Kultur haben wir diese apokalyptischen Szenarien bereits zuhauf multimedial durchgespielt und uns gerne mit den erfolgreich Überlebenden verschiedenster Katastrophen identifiziert. Sollten sich die Befürchtungen bewahrheiten, wird es aber nicht der größte Affront der Politik gewesen sein, uns in dieses bedauernswerte postapokalyptische Abenteuer einer zerfallenen Gesellschaft gestürzt zu haben. Sondern dass sie uns nahtlos dorthin navigiert haben, ohne uns zumindest die lange ersehnte Apokalypse gegönnt zu haben. Ein siechender Abgang ohne Knall, leise, würdelos und bemitleidenswert, wie das Ende des Jahres 2020.
Andre Marschall
Von Andre Marschall. Von der westlichen Moderne und ihren Errungenschaften hatte das herrschende Personal Deutschlands offenbar die Schnauze voll. Und stürzte das Land in beeindruckender Weltabgewandtheit einem suizidal wirkenden Niedergang entgegen. Lesen Sie hier einen fulminanten Abriss der neueren deutschen Geschichte.
article
26.09.2022 06:15
https://www.achgut.com/artikel/der_gemuetliche_untergang/P28#comment_entries
Willkommen in Helldeutschland
Nach nur 25 Jahren können die Gegner der deutschen Vereinigung aufatmen: das Land ist wieder gespalten, in Hell- und Dunkeldeutschland. Da man, wie ein deutscher Dichter richtig gesagt hat, „die im Dunklen“ nicht sieht, können wir unseren Blick unbesorgt auf die Helldeutschen richten. Helldeutschland gab es natürlich schon lange, nur ist es Dank unseres Bundespräsidenten endlich ins rechte, oh, Verzeihung, richtige, Licht gerückt worden. Um einen weiteren Dichter, etwas abgewandelt zu Wort kommen zu lassen: an Helldeutschland hängt, nach Helldeutschland drängt doch alles, ach, wir Armen. Arm dran sind wir Normalbürger wirklich, denn es ist schwierig, dem „Wertekonsens“, den sich Helldeutschland statt einer Rechtsordnung gegeben hat, zu genügen. Schon kleine Abweichungen und Verstöße können drastische Konsequenzen haben. Während man sich im DDR- Original ein Berufsverbot durch längere hartnäckige Opposition redlich verdienen musste, genügt in Helldeutschland ein falscher Satz auf Twitter und man ist seinen Moderatoren-Job beim Radio los. Ein als falsch angesehener Ratschlag in einer Kolumne reicht aus, um gefeuert zu werden. Kürzlich hyperventilierte Helldeutschland, weil ein Landesminister, der noch in den seligen Zeiten von Negerpuppen, Negerküssen, Mohrenköpfen und Sarotti- Mohr aufgewachsen ist, in einem unbedachten Moment ins Sprachmuster seiner Kindheit zurückgefallen ist und von einem „wunderbaren Neger“ gesprochen hat. Eigentlich wäre der Rücktritt des „verdeckten Rassisten“ fällig gewesen, wie eine Edelfeder des Sturmgeschützes der Spiegelfechterei Helldeutschlands feststellte. Leider machte der wunderbare Roberto Blanco einen Strich durch die Rechnung, indem er öffentlich kundtat, sich nicht beleidigt zu fühlen. Da konnte selbst der willige Helfer Charles Huber nichts mehr retten, der sofort stellvertretend beleidigt war. Es gab auch zu viele, die in den Chor der Empörten nicht einstimmen wollten, weil sie meinten, da würde viel Lärm um Nichts gemacht. Das zeigt die Gefahr, der sich Helldeutschland tagtäglich durch immer noch vorhandenen gesunden Menschenverstand ausgesetzt sieht. Während das N- Wort tabu ist, behalten sich aufrechte hellgrüne Parteivorsitzende das Recht vor, das Wort „Mischpoche“ in Talkshows zu verwenden. Wird er in einer persönlichen, nicht veröffentlichten Mail darauf hingewiesen, dass der übelste Demagoge der deutschen Geschichte dieses Wort für seine menschenverachtende Propaganda benutzte, wird der Anwalt in Marsch gesetzt und trotz erfolgter Entschuldigung ein Strafmandat erwirkt. Merke: ein Helldeutscher darf nach Belieben beleidigen, aber sich auf keinen Fall beleidigt fühlen. Helldeutsche haben, wenn es um die political correctness geht, keine falschen Berührungsängste. Es werden wieder Bücher verbrannt, nein, klimaneutral geschreddert, weil sie Worte enthalten, die nicht mehr geduldet werden dürfen. Dass es auch Dichter wie Erich Kästner trifft, dessen Werke schon bei den Nazis im Flammen aufgingen, spielt keine Rolle. Wo gehobelt werden muss, fallen eben Späne. Die Helldeutschen sind wachsam. Im Eifer der Gefahrenabwehr kennen sie keine Kritiker mehr, sie kennen nur noch Hetzer. Wer darauf hinweist, dass unser Grundgesetz lediglich formuliert: „Politisch Verfolgte genießen Asyl“ und nicht: „Wer sich als politisch Verfolgter ausgibt, genießt Asyl“, beweist sich der helldeutschen Wertegemeinschaft als unwürdig. Wer befürchtet, dass unter den vielen, hauptsächlich männlichen Neuankömmlingen, auch, wie angekündigt,  IS- Kämpfer befinden könnten, ist ein unsicherer Kantonist. Man hat nicht zu fragen und zu befürchten, sondern lediglich willkommen zu heißen. Wen befremdet, dass viele der männlichen Schutzsuchenden ziemlich schnell Forderungen stellen, z. B. nach afrikanischem Essen, der ist besser beraten, den Mund zu halten, damit er sich selbigen nicht verbrennt. Auch die naive Vorstellung, unsere Gäste hätten sich an unsere emanzipatorischen Errungenschaften anzupassen, stört die Harmonie in Helldeutschland. Besonders eifrige Helldeutsche geben bereits „Kleidungsempfehlungen“ für Mädchen und junge Frauen heraus, die im Sinne der helldeutschen Willkommenskultur besser auf Hotpants oder kurze Röcke verzichten sollen. Fehlt nur noch das helldeutsche Pendant eines britischen Vergewaltigungsopfers, das kürzlich auf BBC bekannte, sie allein wäre schuld an ihrem Schicksal, denn sie hätte mit ihrer Kleidung „provoziert“. Bildung ist in Helldeutschland per se verdächtig. Durch jahrelange, immer neue Eingriffe in das Bildungssystem ist es bereits gelungen, die Lese- und Rechtschreibkompetenz unserer Grundschüler erheblich zu drücken. Nur noch knapp die Hälfte aller Berliner Schüler ist am Ende der Grundschule in der Lage, flüssig zu lesen und richtig zu schreiben. Kenntnisse der Naturwissenschaften wurden erfolgreich minimiert. Nur so kann die Energiewende gelingen. Mathematik ist schädlich, denn wer Kopfrechnen kann, der merkt auch, dass die Eurorettungspolitik nicht funktionieren wird. Entscheidend ist, dass man die neuesten Sprachregelungen rechtzeitig mitbekommt. Ein Helldeutscha hat eine Lehrkraft seiner Uni, die sich nicht entscheiden kann, ob sie Männchen oder Weibchen sein will, korrekt mit Profxx anzureden, auch wenn das schwer von der Zunge geht. Macht nichts, denn im Augenblick sind unsere „Refugee-welcome”-Studenten schwer damit beschäftigt, den Medien als Beispiel für Hilfsbereitschaft Modell zu stehen. So im helldeutschen Boulevardblatt „Bild“, das in einer Kampagne hübsche, unbedarfte Mädchen zur Abwechslung mal nicht oben ohne, sondern mit Schildern ablichtet, auf denen solch erhellende Dinge stehen wie: „Helfen kostet nichts“. Na klar, Staatsknete gibt es umsonst. Wenn die nicht reicht, wird nachgedruckt. Alle Langeweiler, die darauf hinweisen, dass etwas, das ausgegeben wird, vorher erarbeitet werden muss, sind fehl am Platz. Ab mit ihnen ins Dunkle, wo sie hingehören. Meinungsfreiheit ist in Helldeutschland neben Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität ein hohes Gut. Aber nur die Freiheit, die helldeutsche Mehrheitsmeinung zu äußern. Wer davon abweicht, kann natürlich denken, was er will, aber bitte nur auf der heimatlichen Couch und nicht in der Öffentlichkeit, wie ein helldeutscher Minister unlängst verlauten ließ. Demonstrationsfreiheit war gestern. Helldeutschland kann das keinesfalls dulden. Bislang war allein die Antifa dafür zuständig, das Demonstrationsverbot für „Hetzer“ durchzusetzen. Sie tat das mit vollstem Einsatz. Helldeutsche Zeitungen berichteten, wie viele Millionen Euro die Pegida- Demonstrationen den helldeutschen Staat gekostet hätten, ohne freilich zu erwähnen, dass der Mammutanteil dieser Kosten von den Gegendemonstranten der Antifa verursacht wurden, die in ihrem helldeutschen Furor Bahnanlagen , Abgeordnetenbüros, Autos, Geschäfte, Restaurants zerstörten und Polizeistationen angriffen. Jetzt endlich hat die Kanzlerin von Helldeutschland klar gemacht, dass „mit der Härte des Rechtsstaats“ zu rechnen habe, wer es noch wagt, Kritik zu üben oder mit „denen“ zu demonstrieren. Die Pressefreiheit ist Helldeutschlands höchstes Gut. Sie wurde weiterentwickelt zur kreativen Pressefreiheit, die sich ihre Nachrichten selbst erfindet. Das geht so: am Mittwoch, dem 26. August sah ein Moderator vom Berliner Rundfunk 91.4 aus dem Fenster und gewahrte eine schwarze Rauchwolke. Nachdem der Musiktitel verklungen war, meldete er seine Beobachtung seinen Hörern und bat darum, anzurufen, wenn jemand etwas Genaueres wüsste. Nach dem nächsten Titel hatte ein Hörer angerufen, dass eine Turnhalle in Reinickendorf brenne. Noch einen Titel später wusste der Moderator bereits, dass sich 200 Meter vom Brandherd entfernt ein Asylbewerberheim befand. Obwohl er am Rande noch mitteilte, dass der Leiter diese Heimes darauf hingewiesen habe, dass die Elektrik der alten Halle sich in einem äußerst desolatem Zustand befunden habe und der Brand dadurch verursacht sein könnte, gab es beim Sender kein Halten mehr. Nach dem nächsten Titel hatte die eiligst vor Ort gesandte Reporterin bereits einen ebenfalls hinzu geeilten Vertreter einer Flüchtlingsinitiative vor dem Mikro, der seine Erschütterung über den neuen „rechten“ Anschlag kundtat. Das wurde umgehend zur Agenturmeldung, die im Laufe weniger Stunden angereichert wurde mit Spekulationen über eine angeblich sehr aktive NPD in Reinickendorf. Nach wenigen Tagen zeigte sich die Haltlosigkeit dieser Spekulationen. Die Halle war von kokelnden Flüchtlingskindern angezündet worden. Der Innensenator lobte die Polizei, die es tatsächlich noch gewagt hatte, in alle Richtungen zu ermitteln. Wenn es nach Helldeutschland ginge, würde ein solcher Unsinn bald ganz aufhören. In den fortschrittlichsten Teilen, wie Thüringen, ist es der Polizei bereits par ordre du mufti verboten, Täter mit charakteristischen äußeren Merkmalen, wie Hautfarbe, für die Fahndung zu beschreiben. Unschuldsvermutung war gestern. In Helldeutschland ist dieses rechtsstaatliche Relikt ersetzt durch Gewissheiten. Alle beinahe neunzig Brandanschläge der letzten Monate sind im öffentlichen Bewusstsein Helldeutschlands „rechte“ Taten. Wer sich die Mühe macht, das nachzuprüfen, stellt allerdings fest, dass die übergroße Mehrheit dieser Brände entweder nicht aufgeklärt werden konnte, oder von Bewohnern verursacht wurde. Wer auf diese Realität hinweist, ist allerdings ein „Hetzer“, denn ein Helldeutscher lässt sich durch so etwas wie die Realität keinesfalls beirren.
Vera Lengsfeld
article
02.09.2015 18:05
https://www.achgut.com/artikel/willkommen_in_helldeutschland/P14#comment_entries
Die Morgenlage: Vorwahlen und Verlängerung
Die demokratische Opposition in Hongkong hält trotz Drohungen aus Peking Vorwahlen ab, die USA warnen ihre Bürger vor Reisen nach China, das Wahlverbot für Corona-Infizierte in Spanien sorgt für Streit, die UN verlängert die Syrien-Hilfe in eingeschränktem Umfang, Bulgariens Präsident fordert den Rücktritt der Regierung, in Serbien und Israel wird wieder gegen die Corona-Maßnahmen und in Russland für einen verhafteten Gouverneur demonstriert. Ungeachtet von Drohungen der pekingtreuen Regierung hat die pro-demokratische Opposition in Hongkong am Samstag Vorwahlen für die Regionalparlamentswahl im Herbst abgehalten, meldet kleinezeitung.at. Drei Stunden nach Öffnung der Wahllokale hätten sich bereits fast 60.000 Menschen an der Abstimmung beteiligt, so die Organisatoren. Bei einer nächtlichen Razzia sei das Büro eines Meinungsforschungsinstituts durchsucht worden. "Je unterdrückter die Hongkonger sind, desto standhafter sind sie", habe der bekannte Demokratie-Aktivist und Rechts-Professor Benny Tai gesagt. Am Donnerstag habe der auch für die Beziehungen zu Festland-China zuständige Hongkonger Verfassungsminister Erick Tsang mit Konsequenzen für alle gedroht, die an der Organisation und Planung der Vorwahlen beteiligt seien oder auch nur zur Abstimmung gehen würden. In einem Interview mit mehreren regierungsnahen Zeitungen habe Tsang gesagt, die Organisation oder Teilnahme an der Wahl könne als Versuch der Zersetzung oder Verschwörung mit ausländischen Kräften bewertet werden. Nach dem neuen Sicherheitsgesetz wiederum könnten Aktivitäten, die von den Behörden als Subversion, Sezession, Terrorismus oder Verschwörung mit ausländischen Kräften bewertet werden, mit lebenslänglichen Haftstrafen geahndet werden. Das Meinungsforschungsinstitut Pori, das die Organisation der Vorwahlen durch die Entwicklung eines Wahlsystems ermöglicht hatte, habe am Samstag mitgeteilt, dass Polizisten in der Nacht die Institutsbüros durchsucht hätten. Die Beamten hätten Dateien von den Computern kopiert, habe Pori-Direktor Robert Chung gesagt. Die Polizei habe die Durchsuchung mit Berichten über einen Hackerangriff auf die Pori-Computer begründet, durch den persönliche Daten öffentlich geworden seien. Angesichts wachsender Differenzen im Verhältnis zu Peking hat die US- Regierung die eigenen Landsleute vor Reisen nach China gewarnt, meldet dw.com. Das Außenministerium habe erklärt, dass derzeit ein "erhöhtes Risiko" für "willkürliche Festnahmen" in der Volksrepublik bestehe. US-Bürgern drohten Verhöre und Inhaftierungen "aus Gründen der 'Staatssicherheit'", habe es geheißen. Ebenso wäre mit Ausreiseverboten zu rechnen. Der Sicherheitshinweis gelte auch für US-Amerikaner, die dauerhaft in China lebten. Schon das Verschicken einer privaten elektronischen Nachricht, die die chinesische Regierung kritisiere, könne zu Zwangsmaßnahmen führen, habe das State Departement geschrieben. Australien und Kanada hätten bereits ähnliche Reisewarnungen herausgegeben. Sie würden ebenso befürchten, dass eigene Staatsbürger willkürlich festgesetzt würden. Der Ausschluss von Hunderten Corona-Infizierten von den Regionalwahlen am Sonntag im Baskenland und Galicien sorgt in Spanien für Ärger, meldet kleinezeitung.at. Medien und Experten hätten die Entscheidung der zuständigen Behörden, knapp 500 Menschen mit einem Wahlverbot zu belegen, in aller Schärfe kritisiert. Andres Betancor, Professor für Verwaltungsrecht, habe im Interview mit "El Mundo" von einer Ungeheuerlichkeit gesprochen. Man könne Kranke schon unter Quarantäne setzen, müsse diesen aber auf jeden Fall das Wahlrecht garantieren, selbst wenn diese zuvor nicht von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch gemacht hätten, so Betancor. Der Verfassungsrechtler Xavier Arbos habe den Ausschluss von Hunderten von Stimmberechtigten als "rundweg verfassungswidrig" bezeichnet. Betroffen seien Medienberichten zufolge nicht nur Corona-Kranke, die unter Quarantäne stünden, sondern auch registrierte Infizierte ohne Symptome und sogar Menschen mit Corona-Symptomen, die sich einem PCR-Test unterzogen haben, das Ergebnis aber noch nicht erhalten hätten. Die Abstimmungen in Galicien und im Baskenland hätten ursprünglich am 5. April stattfinden sollen, waren aber wegen der Coronakrise verschoben worden. Es seien die ersten Wahlen in Spanien seit dem Ausbruch der Pandemie. Ein Machtwechsel werde in keiner der beiden sogenannten Autonomen Gemeinschaften erwartet. Bei Protesten gegen die Corona-Politik der serbischen Regierung sind am Freitag 71 Menschen festgenommen worden, meldet kleinezeitung.at. Unter ihnen seien "viele ausländische Staatsbürger", habe Polizeichef Vladimir Rebic am Samstag behauptet. Die Festgenommenen seien unter anderem aus Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Großbritannien und Tunesien gekommen, habe Rebic gesagt und angekündigt, diese "ausländischen Faktoren" bei den Ermittlungen zu den Demonstrationen zu berücksichtigen. In Israel haben am Samstagabend tausende Menschen gegen den Umgang der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit der Corona-Pandemie demonstriert, meldet dtoday.de. Auf dem zentralen Rabin-Platz in Tel Aviv hätten sich zahlreiche Menschen versammelt, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtet habe. Einige hätten Transparente mit Slogans wie "Lasst uns atmen" gehalten. Der öffentlich-rechtliche Fernsehsender Kan 11 habe von mehreren tausend Teilnehmern gesprochen. Die Polizei hätte keine Teilnehmerzahl nennen wollen. Der Protest sei von Organisationen von Arbeitern, Freiberuflern und Kleinunternehmen organisiert worden, auch Studentenorganisationen hätten sich beteiligt. Sie hätten der Regierung vorgeworfen, die Menschen nach der Verhängung von Corona-Beschränkungen allein zu lassen. "Es gibt eine schwere Vertrauenskrise zwischen der Regierung und uns", habe Mitorganisator Shai Berman am Samstag Israels öffentlich-rechtlichem Rundfunk gesagt. Die Arbeitslosigkeit in Israel sei im April von 3,4 Prozent auf 27 Prozent gestiegen. Im Mai habe sich der Arbeitsmarkt leicht erholt, die Arbeitslosenquote habe bei 23,5 Prozent gelegen. Die Zahlen für Juni seien noch nicht veröffentlicht worden. Nach wochenlangem Streit hat sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen doch noch darauf geeinigt, die grenzüberschreitende Syrien-Hilfe fortzuführen, meldet dw.com. Das mächtigste UN-Gremium habe für einen deutsch-belgischen Resolutionsvorschlag gestimmt, wobei sich die Vetomächte Russland und China sowie die Dominikanische Republik enthalten hätten. Die neue Regelung sehe - über einen Zeitraum von 12 Monaten - die Offenhaltung von lediglich einem Grenzübergang aus der Türkei für Hilfslieferungen nach Nordsyrien vor. Das entspreche einer zentralen Forderung Russlands. Die Regierung in Moskau - eine der wichtigsten Verbündeten des syrischen Regimes - hatte in den vergangenen Tagen mehrere Entwürfe verhindert, in denen die Offenhaltung von zwei Grenzübergängen vorgeschlagen war. Auf Drängen Russlands seien die einst vier Übergänge Anfang des Jahres bereits auf zwei reduziert worden - seitdem habe sich die Versorgungslage für einige Regionen in Syrien deutlich verschlechtert. Dies könne sich mit der Einigung vom Samstag zuspitzen, denn im Nordwesten Syriens seien nach UN-Angaben 2,8 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der Übergang Bab al-Salam, der nun geschlossen werde, hätte den direkten Zugang in eine Region mit einer der höchsten Zahlen an Vertriebenen gesichert. Syrien habe hingegen immer wieder betont, dass die Lieferungen auch den dort agierenden islamistischen Terroristen zu Gute kämen. In Chabarowsk, im äußersten Osten Russlands, haben nach der Festnahme des Gouverneurs Sergej Furgal Zehntausende Menschen demonstriert, meldet faz.net. Sie hätten sich am Samstag gegen das Vorgehen der Behörden in Moskau in dem Fall gewandt und auch den Rücktritt von Kremlchef Wladimir Putin gefordert. Gegen den 50 Jahre alten Gouverneur, der nicht zur Kremlpartei Geeintes Russland gehöre, werde wegen des Verdachts der Ermordung von Geschäftsleuten ermittelt. Demonstrationen habe es in mehreren Städten der Region Chabarowsk gegeben. In der Großstadt Chabarowsk hätten Beobachter lokalen Medien zufolge von den größten Protesten seit Jahren gesprochen. Die Polizei habe die Zahl der Teilnehmer auf insgesamt bis zu 12.000 geschätzt. In Medienberichten sei zumeist von mehr als 30.000 Menschen die Rede gewesen. Sie hätten auf Straßen und Plätzen «Freiheit», «Bringt Furgal zurück», «Wir sind Sergej Furgal», «Moskau, geh weg» und «Putin ist ein Dieb» gerufen. Es seien Unterschriften für die Freilassung des beliebten Gouverneurs gesammelt worden. Demonstranten hätten auch die Einflussnahme des Machtapparats in Moskau auf die Region kritisiert, die nicht weit von China entfernt liege. Es sei den Berichten zufolge friedlich geblieben. Festnahmen habe es nicht gegeben. Furgal gehöre zur „liberaldemokratischen“ Partei LDPR des Ultranationalisten Wladimir Schirinowski und hatte den Kandidaten der Kremlpartei Geeintes Russland bei der Wahl 2018 überraschend besiegt, womit weder er selbst noch der favorisierte Kandidat der Kreml-Partei gerechnet hätte. Bulgariens Staatschef Rumen Radew hat in einer Verschärfung des Konflikts mit Ministerpräsident Boiko Borissow den Rücktritt der Regierung und des Generalstaatsanwalts verlangt, meldet kleinezeitung.at. Der Präsident habe seinen Vorstoß am Samstag mit entsprechenden Forderungen von Demonstranten sowie mit Ausschreitungen nach zeitgleichen Kundgebungen beider Lager vom Freitagabend begründet. Radew stehe den oppositionellen Sozialisten nahe. "Der Ausweg aus der entstandenen Lage ist einer: Rücktritt der Regierung und des Generalstaatsanwalts", habe Radew in einer im Fernsehen live übertragenen Ansprache gesagt. "Die Gewalt und Manipulationen können das Vertrauen in die Institutionen nicht zurückbringen", wird er weiter zitiert. Radew habe gesagt, die Bulgaren protestierten gegen Korruption, Angsteinjagen, Staatsanwaltserpressung. Hintergrund sei eine Polizeirazzia in den Arbeitsräumen von zwei hochgestellten Mitarbeitern des Präsidialamts, die vorübergehend festgenommen worden waren. Dem einen werde Einflusshandel und dem anderen Anstiftung zum Amtsmissbrauch vorgeworfen. Im Zuge einer Geiselnahme in einer südafrikanischen Pfingstgemeinde sind nach offiziellen Angaben mindestens fünf Menschen getötet worden, meldet dw.com. Erst nach Stunden hätten Sicherheitskräfte mehrere Hundert Gläubige aus der Kirche in Zuurbekom im Westen von Johannesburg befreien können. Etwa 40 Personen seien festgenommen worden, habe ein Polizeisprecher dem Sender eNCA gesagt. Demnach hätten bewaffnete Männer das Gelände gestürmt. Die herbeigerufenen Beamten hätten die Toten mit Schusswunden und teilweise verbrannt in zwei Autos vorgefunden. Mehrere Menschen seien verletzt worden. Die Polizei habe als Hintergrund der Gewalttat einen Machtkampf um die Leitung der Pfingstgemeinde vermutet. Im ersten Halbjahr 2020 sind den meisten im Bundestag vertretenen Parteien die Einnahmen aus Großspenden weggebrochen, meldet welt.de. Das zeige ein Blick auf die Großspenden ab 50.000 Euro. Die nachlassende Spendenbereitschaft hätte sich bereits 2019 angedeutet. Eine Ausnahme stelle vor allem die CDU dar, wie aus der Veröffentlichung der Spenden von mehr als 50.000 Euro durch die Bundestagsverwaltung hervorgehe. Danach habe die CDU sechs Zuwendungen von insgesamt 674.000 Euro erhalten. Das sei bereits deutlich mehr als im Gesamtjahr 2019. Die AfD hätte eine Einzelspende von 100.000 Euro bekommen. CSU, SPD, FDP, Grüne und Linke seien dagegen leer ausgegangen. Die nicht im Bundestag vertretene linksradikale MLPD habe eine Spende von 50.031 Euro verzeichnet. Eine Sonderrolle spiele der Südschleswigsche Wählerverband SSW. Die Partei der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein werde regelmäßig vom Kulturministerium in Kopenhagen unterstützt und habe drei Spenden von zusammen 371.827 Euro erhalten. Im Sonntagstrend, den das Meinungsforschungsinstitut Kantar/Emnid wöchentlich für "Bild am Sonntag" erhebt, büßen die Grünen zwei Prozentpunkte im Vergleich zur Vorwoche ein und kommen nun auf 17 Prozent, meldet dernewsticker.de. Die Sozialdemokraten verlören einen Punkt und lägen jetzt bei 15 Prozent. Leicht hinzugewonnen habe die Union, sie sei ist mit 38 Prozent (+1) klar stärkste Kraft. Auch die AfD gewinne einen Punkt hinzu und komme auf elf Prozent. Die Linke bleibe bei acht Prozent, die FDP bei sechs Prozent. Nach Massenprotesten gegen den malischen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keita sind in dem westafrikanischen Land mehrere führende Regierungsgegner festgenommen worden, meldet dtoday.de. Sechs Vertreter der Oppositionsbewegung 5. Juni seien seit Freitag in Gewahrsam genommen worden, habe die Gruppe gestern mitgeteilt. Am Freitag waren tausende Demonstranten in der Hauptstadt Bamako auf die Straße gegangen, um Keitas Rücktritt zu fordern. Bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften seien nach Angaben von Regierungschef Boubou Cissé vier Menschen getötet und rund 50 weitere verletzt worden. Demonstranten hätten das Parlamentsgebäude angegriffen und die Büros des staatlichen TV-Senders gestürmt. Auch gestern hätten sich Regierungsgegner in Bamako Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften geliefert. An der Spitze der Bewegung 5. Juni stehe der Imam und islamische Hardliner Mahmud Dicko. Die Demonstranten eine aber die Unzufriedenheit über schleppende Reformen und die anhaltende Gewalt in dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land. Der 75-jährige Präsident Keita gerate zunehmend unter Druck, weil es ihm nicht gelungen sei, einen seit 2012 andauernden islamistischen Aufstand im Norden des Landes unter Kontrolle zu bringen, der sich inzwischen auch ins Zentrum des Landes ausgedehnt habe. Die Bundeswehr ist in Mali mit bis zu 1100 Soldaten als Teil der UN-geführten Mission Minusma im Einsatz.
News-Redaktion
Die demokratische Opposition in Hongkong hält trotz Drohungen aus Peking Vorwahlen ab, die USA warnen ihre Bürger vor Reisen nach China, das Wahlverbot für Corona-Infizierte in Spanien sorgt für Streit, die UN verlängert die Syrien-Hilfe in eingeschränktem Umfang, Bulgariens Präsident fordert den Rücktritt der Regierung, in Serbien und Israel wird wieder gegen die Corona-Maßnahmen und in Russland für einen verhafteten Gouverneur demonstriert.
article
12.07.2020 09:01
https://www.achgut.com/artikel/die_achse_morgenlage_2020_07_12
Ende der jüdischen Einwanderung nach Deutschland?
Die jüdische Einwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland ist klammheimlich durch einen Verwaltungsakt des deutschen Auswärtigen Amtes gestoppt worden, berichtete der Berliner Tagesspiegel. Unter Hinweis auf die „Corona-Pandemie“ bekommen Juden – im deutlichen Unterschied zu deutschstämmigen Spätaussiedlern – „im deutschen Konsulat nicht einmal einen Termin zur Visavergabe“, schrieb der Tagesspiegel am 27.8.2020. „Für die jüdische Zuwanderung könne ‚keine Ausnahme vom Annahmestopp gewährt werden‘, heißt es im Terminvergabesystem des Auswärtigen Amtes für die Vertretung in Moskau. Wer dennoch einen Termin buche, werde 'bei Vorsprache im Konsulat abgewiesen und für die weitere Terminbuchung vorerst gesperrt'.“ Für viele der plötzlich um das versprochene Visum gebrachten Juden hat diese vom deutschen Auswärtigen Amt verordnete Regelung katastrophale Folgen. Darauf sollen „mehr als dreißig in Russland sowie Belarus lebende jüdische Bürger in einem offenen Brief an die Bundesregierung“ hingewiesen haben, berichtet der Tagesspiegel, dem dieser Brief vorliegt. Die Antragsteller hätten „bereits Monate vor dem Beginn der Corona-Pandemie eine Zusage für die Einwanderung nach Deutschland erhalten. Es fehlte nur noch die letzte Formalie, das Visum. Eine der Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums sei die Abmeldung des Wohnsitzes in Russland.“ Dem seien die Antrag stellenden Juden nachgekommen. Doch nun können sie ohne gemeldeten festen Wohnsitz in Russland keine Arbeit mehr annehmen. Ihre bisherigen Arbeitsverträge hatten die meisten mit Blick auf die bevorstehende Auswanderung bereits gekündigt. Arbeitslosenunterstützung erhalten sie gleichfalls nicht, da sie für die Visa-Erteilung ihren russischen oder belorussischen Hauptwohnsitz abmelden mussten. Auch medizinische Hilfe durch Einrichtungen im Herkunftsland dürfen sie nach Abmeldung der russischen oder belorussischen Adresse nicht mehr in Anspruch nehmen. Ihre Kinder können auch nicht weiter die Schule besuchen. Die betroffenen jüdischen Familien werden auf diese Weise systematisch asozialisiert. Der dem Auswärtigen Amt vorstehende deutsche Außenminister Heiko Maas hatte einst mit der schamlosen Erklärung verblüfft, er sei „wegen Auschwitz in die Politik gegangen“. War es so gemeint, dass er die Muster der Diskriminierung von Juden, deren schrecklicher Tiefpunkt durch das Wort „Auschwitz“ symbolisiert wird, im seiner Amtszeit wieder aufleben lässt? Obwohl der von der Bundesregierung kontrollierte Zentralrat und die meisten Juden in Deutschland von ungewöhnlicher Dezenz im Auftreten sind, bereitet diese Bevölkerungsgruppe angesichts des zunehmenden Antisemitismus der deutschen Politik immer wieder peinliche Augenblicke. Daher hätte mancher deutsche Politiker offenbar nichts dagegen, wenn es weniger, am besten keine Juden in Deutschland gäbe. Ein Einreise-Stopp ist umso wirksamer, als die Zahl der in Deutschland lebenden Juden ohnehin seit Jahren zurückgeht. „Die Mitgliederzahlen der jüdischen Gemeinden sinken“, meldete im April 2019 der Deutschlandfunk unter Berufung auf Statistiken der jüdischen Zentralwohlfahrtstelle in Berlin. Die Zahl der Juden in Berlin sei in den vergangenen Jahren um zehn, in Frankfurt und Düsseldorf um je sieben Prozent gesunken. Eine Mitarbeiterin der Jüdischen Gemeinde Köln nannte Zahlen, nach denen ihre Gemeinde um zwanzig Prozent geschrumpft sein muss. Unweigerlich werde es, so der in Gelsenkirchen lebende Gemeinde-Funktionär Chajm Guski, demnächst zur Schließung kleinerer jüdischer Gemeinden in Deutschland kommen. Man könnte von einem synchronen Vorgehen sprechen: Auf der einen Seite das allmähliche Vergraulen der deutschen Juden durch forcierte Einwanderung muslimischer junger Männer (die nach allen Umfragen unter deutschen Juden mit Abstand das höchste Bedrohungspotential bei judenfeindlichen Übergriffen bilden) und auf der anderen das Verhindern neuer jüdischer Zuwanderung. Bei dieser konzertierten Aktion ist es eine Frage der Zeit, dass die Zahl der Juden in Deutschland erneut bis zur Bedeutungslosigkeit schrumpft. Nach einer längeren Vorgeschichte abenteuerlicher Nahost-Politik durch Außenminister der SPD tritt der bisher als „Israel-Kritik“ maskierte Antisemitismus der deutschen Sozialdemokratie nun endlich offen zu Tage.
Chaim Noll
Die jüdische Einwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland ist vom Auswärtigen Amtes klammheimlich gestoppt worden. Der dem Auswärtigen Amt vorstehende deutsche Außenminister Heiko Maas hatte einst mit der schamlosen Erklärung verblüfft, er sei „wegen Auschwitz in die Politik gegangen“. Der Antisemitismus der SPD tritt nun offen zutage.
article
31.08.2020 06:27
https://www.achgut.com/artikel/ende_der_juedischen_einwanderung_nach_deutschland/P63#comment_entries
So bedrängt die Berliner Gesundheitssenatorin Kinder!
Bild.de berichtet: Zum neuen Schuljahr steigt in Berlin der Druck auf Schüler. Sie sollen sich gegen Corona impfen lassen. Dafür schrieb Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (54, SPD) an den Eltern vorbei allen Schülern ab 12 einen Brief. Der Brief ist direkt an die Kinder adressiert. Die Anrede: „Liebe junge Berlinerinnen und Berliner“.
Fundstück
Bild.de berichtet: Zum neuen Schuljahr steigt in Berlin der Druck auf Schüler. Sie sollen sich gegen Corona impfen lassen. Dafür schrieb…
article
11.08.2021 15:26
https://www.achgut.com/artikel/fundstueck_so_bedraengt_die_berliner_gesundheitssenatorin_kinder
Demokratie: Abgang für die Abgabe
Im Jahr 2013 verpasste die Politik der sprachlich uncharmant anmutenden GEZ-Gebühr einen neuen Namen. Seitdem kommt das öffentlich-rechtliche Zwangsgeld anmutig als „Rundfunkbeitrag“ daher. Beitrag klingt ja auch irgendwie freundlicher als Gebühr. Einen Beitrag leistet man freiwillig, quasi als Mitglied der demokratischen Wertegemeinschaft. Gebühren werden hingegen behördlich verordnet. Beim Durchschnittsbürger wirken derlei durchschaubare Manöver. Die Vorturner von ARD und ZDF waren damit aber erst richtig in Form gekommen. Auf dem Hochseil ihrer Sprachakrobatik kreierten sie sogleich die „Demokratieabgabe“ – öffentlich-rechtliche Zwangsfinanzierung als demokratische Bürgerpflicht. Das saß. Wer sich fortan kritisch mit der umbenannten Gebühr auseinandersetzte, stand außerhalb des demokratischen Spektrums. So einfach geht das heute im besten Deutschland, das wir je hatten. Nun also steht die Erhöhung der Zwangsabgabe an, und die Sache war eigentlich durch. Fernab aller Einspruchsmöglichkeiten durch die Bürger entschied die Politkaste inmitten des sich abzeichnenden Wirtschaftseinbruchs aufgrund der Corona-Maßnahmen, dass nun wieder Zeit für einen kräftigen Schluck aus der Pulle wäre. Zu sehr quält den Staatsfunk die erdrückende Last der Pensionszahlungen an die eigene Funktionärsriege, ganz abgesehen von den horrenden Kosten für Quizmaster, Showsternchen und Sportmillionäre. Riesige Haushaltslöcher reißen auch die vielen Spartenkanäle und Internetangebote, deren Zweck vor allem darin besteht, gewünschte Botschaften der Regierenden nicht nur auf den beiden Hauptsendern des Erziehungsfernsehens, sondern immer und überall in die Köpfe zu hämmern. Im Juni hatten sich die Ministerpräsidenten darauf geeinigt, den Beitrag ab Januar auf monatlich 18,36 Euro anzuheben, immerhin 5 Prozent mehr als bisher. Mit der krummenden Zahl soll suggeriert werden, hier hätte irgendjemand mit spitzem Bleistift ganz genau gerechnet, um den Menschen keinesfalls mehr abzunehmen als unbedingt notwendig. Auch darauf fallen Lieschen und Michel nur zu gerne herein. Die Erhöhung gilt just ab jenem Zeitpunkt, ab dem mit jährlicher Dynamik Sprit und Energie mit einer grünen Zusatzsteuer weiter massiv verteuert werden. Dazu kommt die Rückkehr zu den Mehrwertsteuersätzen, die vor Corona galten. Ab Januar wird's also richtig teuer für den deutschen Durchschnittshaushalt, in dem immer öfter der Ausfall eines Verdieners zu beklagen ist. Dass sich in Teilen der CDU da Widerstand regt, wenn auch nur in Sachsen-Anhalt, ist verständlich. Fast wundert man sich, dass es noch Politiker gibt, die sich für jene einsetzen, von denen sie gewählt worden sind, um deren Interessen zu vertreten und nicht die eigenen. Verrückt, dass man dies in einer Demokratie feststellen muss. Und so gab der Innenminister Sachsen-Anhalts, immerhin auch Vorsitzender der Landes-CDU, öffentlich zu Protokoll, die Beitragserhöhung in Zeiten der Corona-Krise nicht mittragen zu wollen. Allerdings begab sich Holger Stahlknecht damit auf direkten Konfrontationskurs zu den beiden Koalitionspartnern von SPD und Grünen – und sagte das, was auch die AfD äußerte. In einer funktionierenden Demokratie würde man erwarten, dass der Impuls aufgegriffen und in eine offene Debatte münden würde. Im Deutschland des Jahres 2020 muss Stahlknecht alle Ämter aufgeben. Ein mit den Abgaben der Bürger finanzierter öffentlich-rechtlicher Rundfunk hat seine Berechtigung nur solange, wie er ausgewogen berichtet, allen Stimmen gleichermaßen Gehör verschafft und keine politische Strömung bevorzugt oder diskriminiert. In Deutschland sind diese Anforderungen schon lange nicht mehr erfüllt. Andernorts sind Demokratien wehrhafter: In Großbritannien etwa steht die BBC unter erheblichem Beschuss. Nicht nur aus weiten Teilen der Bürgerschaft, sondern auch aus der regierenden Politik wird zunehmend Kritik laut, die dazu geführt hat, dass ein personeller Umbau eingeleitet und das Programm auf den Prüfstand gestellt worden ist. Das System verpflichtender Beitragszahlungen soll reformiert werden. Zwar wird der britische Staatsfunk auch künftig mit dem Geld der Bürger finanziert, doch lassen sich Auswüchse besser einfangen, wenn nicht automatische Beitragserhebungen, sondern jährlich neu zu prüfende Steuermittelzuweisungen die Grundlage der Finanzierung bilden. Schlechtere Kassenlagen führen dann zu geringeren Geldflüssen an die Sender. Ob die Steuerfinanzierung zu größerer Ausgewogenheit in der Berichterstattung führt, ist allerdings fraglich. Hierzulande ist mit Stahlknechts Abgang der Weg frei für den Angriff auf die Geldbeutel der Beitragszahler. Dass dem gefeuerten Minister zum Verhängnis wurde, eine Position zu beziehen, die von der AfD geteilt wird, und dass Sachsens Ministerpräsident Kretschmer die Unterstützung der Beitragserhöhung zur „staatsbürgerlichen Verantwortung“ jedes Abgeordneten erklärt, verdeutlicht den erschreckenden Zustand der Berufspolitik, die einen Staat im Staat gebildet hat. Wer sich gegen das Narrativ der Politsekte stellt, fliegt. Willkommen in der Demokratur. Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis Blog „Liberale Warte“.
Ramin Peymani
Fast wundert man sich, dass es noch Politiker gibt, die sich für jene einsetzen, von denen sie gewählt worden sind. Allerdings begab sich Holger Stahlknecht damit auf direkten Konfrontationskurs zu den beiden Koalitionspartnern von SPD und Grünen – und sagte das, was auch die AfD äußerte. Im Deutschland des Jahres 2020 muss Stahlknecht alle Ämter aufgeben.
article
07.12.2020 15:00
https://www.achgut.com/artikel/demokratie_abgang_fuer_die_abgabe/P7#comment_entries
Die Palästina-Irrtümer
Nach dem Angriff auf Israel durch die Hamas wird wieder viel über Israel berichtet. Doch rund um den Israel-Palästina-Konflikt tummeln sich tendenziöse Begriffe und historische Unwahrheiten zulasten Israels. Hier der Versuch einer Aufklärung. Fangen wir direkt mit dem wichtigsten Begriff an: Palästinenser. Was sind überhaupt Palästinenser? Der Begriff Palästinenser wird heute oft als Abgrenzung gegenüber Juden verstanden. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts jedoch wurden Juden als Palästinenser bezeichnet. In den Vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts zum Beispiel gab es in Jerusalem ein sogenanntes palästinensisches Orchester. Es bestand ausnahmslos aus Juden. Palästinensische Juden gab es schon in der Antike, zu einer Zeit, als noch kein Islam und noch kein Christentum existierten. Der Begriff „Palästina“ hat zudem einen hebräischen Ursprung und geht auf das in der Bibel beschriebene Volk der Philister zurück. Das Volk der Philister gibt es nicht mehr, aber einen Philister kennt jedes Kind: Goliath. Das Wort „Palästina“ taucht schriftlich erstmals bei dem antiken griechischen Geschichtsschreiber und Völkerkundler Herodot auf, der das Gebiet im 5. Jahrhundert vor moderner Zeitrechnung so nannte. Nach der Zerschlagung des jüdischen Volkes im Jahr 135 benannten die Römer das Gebiet dann offiziell in Palästina um, um jeglichen Bezug zum jüdischen Volk zu verwischen. Der Begriff Palästina ist lediglich eine Gebietsbeschreibung und keine Volksbeschreibung. Es gibt keine palästinensische Sprache, keine unabhängige palästinensische Kultur, aber dafür eine Menge Menschen verschiedenster Glaubensrichtungen und Nationalitäten, die durch den Umstand vereint werden, dass sie in einem Gebiet leben, das Palästina genannt wird. Der mit Abstand größte Teil Palästinas liegt im heutigen Jordanien. Dennoch wird Jordanien nicht vorgeworfen, Palästina besetzt zu halten. Woran das wohl liegen mag? Weitere Gebiete Palästinas sind Golan, Gazastreifen, Westjordanland und Gebiete von Ägypten und Saudi-Arabien. Nur ein sehr kleiner Teil Palästinas befindet sich in Israel, aber alle, die in dem Gebiet Palästina leben, mögen es nun Jordanier, Israelis, Araber, Juden, Christen oder Moslems sein, sind Palästinenser! In der Moderne wurde mit dem Begriff „Palästina“ das Gebiet bezeichnet, das nach dem Ersten Weltkrieg durch den Untergang des Osmanischen Reiches herrschaftslos wurde. Heute gibt es in der Region die unterschiedlichsten Länder, aber nur ein Land ist demokratisch: Israel! 1948 wurde Israel von überwiegend palästinensischen Juden gegründet. Sie glaubten an die Möglichkeit einer friedlichen Demokratie im Nahen Osten. Seit der Gründung Israels wird Israel vorgeworfen, ein Besatzungsregime zu sein. Hier haben wir den nächsten Begriff: Israelische Besatzung. Es gab niemals eine Nation Palästina. Schauen wir uns daher mal den Ort an, von dem behauptet wird, Israel halte ihn besetzt. Im Arabisch-Israelischen Krieg von 1948 wurde das Gebiet von Jordanien besetzt und 1949 völkerrechtswidrig annektiert. Nur Großbritannien und Pakistan haben die jordanische Hoheit über Judäa und Samaria jemals anerkannt. Von diesem Gebiet aus wurde Israel im Jahr 1967 angegriffen. Gehen wir aber noch etwas weiter in die Geschichte. Auf der Konferenz von San Remo im Jahr 1920 wurde Großbritannien mit der Realisierung des Völkerbundmandats für Palästina beauftragt. Auftrag des Mandats, welches am 24. Juli 1922 ratifiziert wurde, war die Hilfe zur „Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“. Zu dieser Entscheidung kam es, nachdem das Reich, das vorher über das Gebiet geherrscht hatte, untergegangen war. Es war das Osmanische Reich. Im Ersten Weltkrieg unterlag das Osmanische Reich den alliierten Mächten, was dazu führte, dass im Namen des Völkerbundes das Osmanische Reich aufgeteilt wurde, um neue unabhängige Länder zu etablieren. Selbstverständlich konnte bei dieser Entscheidung nicht der jüdische Teil der Bevölkerung übergangen werden, da Juden dort schon seit biblischen Zeiten leben. Nach Jahrhunderten der Unterdrückung und der Diskriminierung, besonders auch durch muslimische Machthaber (die bekanntesten Pogrome an Juden durch Muslime in der Zeit sind die Nabi-Musa-Unruhen, die Unruhen in Jaffa und das Massaker von Hebron), forderten viele Juden unter dem Begriff Zionismus das Recht, das für alle anderen Menschen der Welt selbstverständlich war und ist: Sie beanspruchten Sicherheit in den Grenzen einer selbstverfassten Nation. Sie beanspruchten Unabhängigkeit. Sie beanspruchten Land. Der damalige britische Außenminister Arthur James Balfour unterstützte den Wunsch der Zionisten und schrieb einen Brief, der als Balfour-Deklaration in die Geschichte einging. Der Völkerbund nahm sich dieses Ansinnens an und wählte ein Gebiet, in dem diese „nationale Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“ entstehen sollte. Das Gebiet umfasste dabei nicht einmal 0,5 Prozent des ganzen arabischen Raums. Im Jahr 1947, also nach dem Zweiten Weltkrieg, bei dem sich die Situation von Juden im Nahen Osten noch mehr verschlechtert hatte (unter anderem verbündete sich der Mufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini, mit Adolf Hitler im gemeinsamen Anstrengen, alle Juden der Welt zu vernichten), wurde ein Teilungsplan der Vereinten Nationen, der Nachfolgeorganisation des Völkerbundes, vorgelegt, in dem sich die jüdische Seite schließlich sogar mit nur einem Viertel des eh schon kleinen Gebiets zufrieden gab. Die restlichen drei Viertel gingen zu zwei Dritteln an das halbautonome Emirat Transjordanien, aus dem später das heutige Land Jordanien wurde. Der Rest sollte zu einem weiteren arabischen Staat werden. Wenn es also eine Partei innerhalb des Konfliktes gibt, die zu extremen Kompromissen bereit war, dann die jüdische Seite. Als schließlich am 29. November 1947 im Namen der Vollversammlung der Vereinten Nationen mit Zweidrittelmehrheit sowohl der israelischen als auch der arabischen Seite die Gründung jeweils eines unabhängigen Staates angeboten wurde, nahm die israelische Seite dieses Angebot an, obwohl es nicht einmal 20 Prozent des anfänglich in Aussicht gestellten Landes waren. Die arabische Seite jedoch verweigerte die Annahme ihres unabhängigen Landes. Stattdessen engagierte sie sich zusammen mit Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien, Libanon, Irak und Syrien in einem gemeinsamen Krieg zur Vernichtung des neu gegründeten Israels. In dieser Zeit fanden viele Pogrome in muslimischen Ländern gegen Juden statt, unter anderem in Aleppo, Kairo und Aden. Viele Angriffe auf Israel wurden auch von der durch Jordanien extra zur Vernichtung Israels annektierten Westbank unternommen. Im Sechstagekrieg 1967 brachte Israel dieses Gebiet unter Kontrolle und konnte so die Angriffe aus dieser Region beenden. Seitdem hält sich das Gerücht, Israel hielte dieses Land besetzt – ein Gebiet, das vorher von Jordanien in der Absicht, Israel zu vernichten, annektiert worden war und das in der Zeit des Mandats durch den Völkerbund für eine jüdische Nation vorgesehen war. Die Region wurde somit vor über hundert Jahren durch das Osmanische Reich beherrscht, dann vom Völkerbund verwaltet, dann von Jordanien annektiert und zuletzt von Israel unter Kontrolle geholt. Wie kann man da von „besetzten Gebieten“ sprechen? Von wem hält Israel das Land besetzt? Vom Osmanischen Reich, das es nicht mehr gibt? Erst 1988 hat Jordanien seinen Anspruch auf das Gebiet aufgegeben, und erst seit 1993 werden Teile des Gebiets von der Palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet ohne gültige Erklärung, die Existenz Israels anzuerkennen. Von wem also hält Israel das Gebiet besetzt? Die Antwort ist schlicht: Von niemandem! Es hat nie eine völkerrechtliche Anerkennung der Annexion des Gebiets durch Jordanien gegeben. Die arabische Seite lehnte das Angebot der Vereinten Nationen von 1947 ab. Das Osmanische Reich existiert nicht mehr. Es gibt eigentlich nur einen Vertrag, der die Situation regelt: das Völkerbundmandat. Wenn es also Besatzer in diesem Konflikt gibt, dann Jordanien und die Palästinensische Autonomiebehörde. Sie werden aber nicht als Besatzer bezeichnet. Wer Neutralität einfordert, muss die einseitige Vokabel „besetzte Gebiete“ gegen „umstrittene Gebiete“ eintauschen, denn um nichts anderes handelt es sich. Wer Israel als Besatzer bezeichnet, muss auch Palästinenser und Jordanier als Besatzer bezeichnen, denn ihr Recht, dort zu siedeln, ist genauso berechtigt oder umstritten wie das Recht jedes anderen Menschen, dort zu siedeln. Wer behauptet, die jüdischen Siedlungen seien illegal, muss auch die arabischen Siedlungen als illegal bezeichnen. Hier haben wir den nächsten zutiefst vergifteten Begriff: illegale jüdische Siedler. Die radikale Hamas fordert die Vernichtung aller Juden. Die gemäßigte Fatah glorifiziert den Terror gegen Juden. Immer wieder erschüttern Attentate und Raketenangriffe das kleine Land Israel. Der 7. Oktober 2023 ist der bestialische Höhepunkt dieses Vernichtungswahns. Eine erschreckende Mehrheit in der palästinensischen Autonomiebehörde fordert ein „judenfreies“ Palästina. Es herrscht brutaler Judenhass. Wer glaubt und fordert, dass Juden verschwinden müssen, kann niemals Frieden mit Juden schließen. Wer brüllt „Juden raus aus meinem Land, meiner Stadt, meiner Nachbarschaft“, will keinen Frieden mit Juden, sondern einen Frieden von Juden. Jüdische Siedlungen sind nur für jene ein Hindernis zum Frieden, die einen Frieden von Juden haben wollen. Für jene, die einen Frieden mit Juden schließen wollen, ist eine jüdische Siedlung kein Problem, sondern die Lösung eines Problems, denn nur in der Akzeptanz von jüdischen Siedlungen wohnt die Möglichkeit der schlichten Erkenntnis, dass Juden einfach nur Nachbarn sein können. Überall in Jerusalem dürfen Muslime siedeln. Gleiches Recht muss für Juden gelten. Juden, die siedeln und Häuser bauen, sind kein Friedenshindernis. Sie sind es nicht in Israel, nicht in Amerika und nicht in Europa. Sie sollten es auch nicht in den Ländern des Nahen Ostens sein. Überall auf der Welt gibt es in diversen Ländern jüdische Siedlungen und Viertel so wie anderweitig geprägte Viertel auch. Köln gibt es die überwiegend muslimisch geprägte Keupstraße und in Paris den Marais im dritten und vierten Arrondissement, eine überwiegend jüdisch geprägte Siedlung der Stadt. In Israel gibt es eine Menge muslimische Viertel und Siedlungen. Fast zwanzig Prozent aller Israelis sind arabische Muslime. Für Israel sind muslimische Siedlungen innerhalb und außerhalb Israels kein Friedenshindernis. Die arabischen Regierungen im Nahen Osten sollten ebenfalls Juden als Bürger des Landes mit allen Rechten und Pflichten achten, die Häuser und Siedlungen bauen dürfen wie jeder andere Bürger auch. Die Hamas, die im Gazastreifen regiert, herrscht über ein „judenreines“ Gebiet. Als im Jahr 2005 der Gazastreifen der palästinensischen Verwaltung übergeben wurde, wurden alle Juden innerhalb weniger Tage durch die israelische Armee aus dem Gazastreifen evakuiert. Am Morgen des 12. September verließen die letzten Juden das Gebiet über den Grenzübergang Kissufim. Der Abzug wurde von Arabern teils frenetisch mit Freudenschüssen und Autokorsos gefeiert. Die verlassenen Synagogen wurden in Brand gesteckt. Trotz dieses Hasses wird Israel immer wieder kritisiert. Es wird Israelkritik genannt. Was ist diese Israelkritik? „Kritik an Israel muss erlaubt sein“, sagen die Israelkritiker. Stimmt. Israel kann, darf und soll genauso kritisiert werden wie jedes andere Land auch. Es gibt jedoch Israelkritiker, die sagen, man müsse Israel kritisieren, und das stimmt nicht. Das kleine Land Israel darf einem so egal sein wie Costa Rica, Slowenien oder die Elfenbeinküste. Stellen Sie sich eine Geiselnahme vor, bei der schon einige Geiseln erschossen wurden. Unter den vielen noch lebenden Geiseln ist jemand, der einen Strafzettel nicht bezahlt hat, eine andere Person hat Steuern hinterzogen und ein Mensch hat sogar eine Straftat begangen. Was würden Sie denken, wenn die gerufene Polizei erklären würde, auf beiden Seiten der Geiselnahme seien Verbrecher, sowohl auf der Seite der Geiseln als auch auf der Seite der Geiselnehmer? Was würden Sie sagen, wenn Politiker beide Seiten dazu aufrufen würden, besonnen zu handeln und alles dafür zu tun, dass die Situation nicht eskaliert? Was würden Sie davon halten, wenn Medien einen Versuch der Geiseln, sich zu befreien, als ein „Öl ins Feuer gießen“ und ein „Drehen an der Gewaltspirale“ kritisieren würden? Zu verlangen, man müsse Israel kritisieren, bedeutet, zu verlangen, einen Menschen kritisieren zu müssen, der mit dem Tod bedroht wird. Die Gründungscharta der Hamas fordert in Artikel 7 die Vernichtung des gesamten jüdischen Volkes weltweit und erklärt in Artikel 13 den ewigen Krieg gegen Israel bis zu der totalen Vernichtung. Auch bei Jahrestagen der Fatah wird die Vernichtung des gesamten jüdischen Volkes gepredigt, während Abbas regelmäßig Judenmörder zu „heldenhaften Märtyrern“ verklärt. Diese Terroristen hassen an Juden, dass sie leben, dass es sie gibt. Das Einzige, was diese Juden tun können, um zur Deeskalation beizutragen, ist schlicht und ergreifend, nicht mehr zu existieren. Natürlich eskaliert der Konflikt im Nahen Osten. Aber das liegt daran, dass sich Juden verteidigen. Eine Situation eskaliert immer erst dann für beide Seiten, wenn sich die eine Seite wehrt, von der anderen Seite ausgerottet zu werden. Deeskalieren heißt für Israel, aufhören, sich zu verteidigen. Solange ein Mörder eine Knarre an den Kopf einer Geisel hält, kritisiere ich nicht die Geisel, egal was sie getan hat. Wer möchte, dass die Geisel kritisiert werden soll, muss erst einmal für ihre Sicherheit sorgen und dafür, dass die geladene Pistole von ihrem Kopf verschwindet. „Aber auch die Palästinenser sind Opfer“, heißt es, „schließlich sind sie Flüchtlinge“. Da haben wir den nächsten Begriff: Palästinensische Flüchtlinge. Als am 29. November 1947 im Namen der Vollversammlung der Vereinten Nationen sowohl der israelischen als auch der arabischen Seite die Gründung jeweils eines unabhängigen Staates angeboten wurde, nahm die israelische Seite dieses Angebot an, während die arabische Seite die Annahme ihres unabhängigen Landes verweigerte und sich stattdessen zusammen mit Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien, Libanon, Irak und Syrien in einem gemeinsamen Krieg zur Vernichtung des neu gegründeten Israels engagierte. Im Zuge dieses Krieges kam es zu zwei Flüchtlingsströmen. Der eine Strom bestand aus – je nach Quelle – etwa 500.000 bis 700.000 Flüchtlingen, der andere aus 850.000 Flüchtlingen. Im heutigen Diskurs rund um den Nahostkonflikt ist meistens nur noch von den rund 600.000 Menschen umfassenden Flüchtlingsstrom die Rede. Als im Jahre 1948 Israel gegründet wurde, erklärte die arabische Welt Israel den Vernichtungskrieg. Im Zuge dieses bis heute anhaltenden Krieges und im Glauben an die Versprechungen der arabischen Nationen, nach der Vernichtung Israels könnten die Araber als Sieger in die Region zurückkehren, verließen mindestens 500.000 Menschen (manche Quellen gehen von einer höheren Zahl aus, Anm. d. Red.) ihre Heimat; und das, obwohl die meisten von ihnen nicht dazu gezwungen wurden, jedenfalls nicht von israelischer Seite – im Gegenteil: Israel bot den Arabern sogar an zu bleiben, um vollwertige Bürger des Landes zu werden. 160.000 Araber nahmen dieses Angebot an. Mittlerweile gibt es 1.250.000 arabische Israelis. Es kann somit ohne Probleme gesagt werden, dass viele arabische Flüchtlinge in Wirklichkeit Auswanderer waren, was zeigt, dass das Wort „Flüchtling“ eher ein Kampfbegriff ist als eine neutrale Vokabel. Schauen wir uns also die oft vergessenen 850.000 Flüchtlinge an: Im Zuge des bis heute anhaltenden Vernichtungskrieges gegen Israel wurden rund 850.000 Juden aus ihrer arabischen Heimat vertrieben. Ihnen wurden ihr Besitz und ihre Staatsbürgerschaften genommen. Mittlerweile gibt es sogar arabische Nationen, die ihre Vertreibungspolitik derart perfektioniert haben, dass im Jahre 2001 dort kein einziger Jude mehr lebte, zum Beispiel Libyen und Algerien. Während somit in Israel heute 190 Prozent so viele Araber leben wie 1948, und zwar als vollwertige Bürger eines demokratischen Landes, leben in den arabischen Ländern heute nur 0,9 Prozent so viele Juden wie 1948. In dieser Zeit fanden viele schreckliche Pogrome gegen Juden statt, unter anderem die Pogrome von Aleppo, Kairo und Aden. Es ist doch interessant, dass im Nahen Osten oftmals von Vertreibung und Völkermord die Rede ist, damit allerdings nicht die Reduzierung der jüdischen Bevölkerung in den arabischen Ländern auf 0,9 Prozent gemeint ist, sondern die beinahe Verdoppelung der arabischen Bevölkerung in Israel. Spätestens hier wird deutlich, dass der Begriff „Flüchtling“ eine politische Kampfvokabel ist, die alles andere als neutral ist. Was geschah mit den 850.000 jüdischen Flüchtlingen? Viele von ihnen wanderten nach Israel aus, andere fanden in anderen Ländern ein neues Zuhause, und jene, die Hilfe benötigten im Umgang mit ihrer neuen Flüchtlingssituation, fanden spätestens 1951 bei den Vereinten Nationen Unterstützung. Im Jahr 1951 nahm nämlich die UNHCR-Behörde ihre Tätigkeit auf. Was wurde aus den anderen über 500.000 Flüchtlingen und Auswanderern? Aus ihnen sind mittlerweile über 4,7 Millionen „Flüchtlinge“ geworden. In manchen arabischen Ländern leben sie bis zum heutigen Tage in Lagern. Die einzigen Palästinenser, die heute volle Bürgerrechte besitzen, sind die palästinensischen Israelis. Warum also versagt der UNHCR in diesem Fall? Die Antwort ist so einfach wie verwunderlich: weil diese Organisation für die arabischen Flüchtlinge, die zu „palästinensischen Flüchtlingen“ erklärt werden, nicht zuständig ist. Die „palästinensischen Flüchtlingen“ sind die einzige Gruppe, für die sich die Vereinten Nationen eine eigene Behörde leisten: UNRWA. Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten ist ein temporäres Hilfsprogramm der Vereinten Nationen, das seit seiner Gründung 1949 regelmäßig um drei Jahre verlängert wird. Obwohl die UNRWA nur eine temporäre Behörde ist und jederzeit im UNHCR aufgehen könnte, bleibt die UNRWA bestehen. Warum? Was unterscheidet den „palästinensischen Flüchtling“ von allen anderen Flüchtlingen dieser Welt? Warum ist dieser Flüchtling anders als alle anderen Flüchtlinge? Die Antwort ist im Selbstverständnis der beiden Flüchtlingsbehörden zu finden. Während es die Aufgabe des UNHCR ist, Flüchtlinge wieder zu Bürgern zu machen, hält die UNRWA Araber in ihrem Flüchtlingsstatus, indem sie besondere Kriterien anlegt. Während Flüchtlinge des UNHCR ihren Flüchtlingsstatus in dem Moment verlieren, da sie Bürger eines von den Vereinten Nationen anerkannten Landes werden, behalten die „palästinensischen“ UNRWA-Flüchtlinge selbst in diesem Fall ihren Flüchtlingsstatus, mit anderen Worten: Während beim UNHCR der Flüchtlingsstatus nicht von Generation zu Generation vererbt werden kann, können „palästinensische Flüchtlinge“ laut UNRWA Flüchtlinge gebären. Während der UNHCR eine Einbürgerung der Flüchtlinge in ihrem Gastland befördert und unterstützt, vermeidet die UNRWA die Einbürgerung ihrer „Flüchtlinge“ in ihrem Gastland. Welches Interesse können die arabischen Länder haben, palästinensische Araber zu ewigen Flüchtlingen zu verdammen? Eine Antwort hat Hosni Mubarak, der damalige Präsident Ägyptens schon am 1. September 1960 gegeben: „Wenn die Flüchtlinge nach Israel zurückkehren, wird Israel aufhören zu existieren.“ Am 25. Mai 1953 sagte Pfarrer Karl Baehr: „Im April 1952 sagte Sir Alexander Galloway, damals Chef von UNRWA für Jordanien, zu unserer Studiengruppe, und das ist wirklich ein direktes Zitat von ihm: ‚Es ist vollkommen klar, dass die arabischen Nationen das arabische Flüchtlingsproblem nicht lösen wollen. Sie wollen es als eine offene Wunde behalten, als ein Affront gegen die Vereinten Nationen und als eine Waffe gegen Israel.‘ Dann sagte er mit Betonung: ‚Die arabischen Führer geben einen Dreck darauf, ob die Flüchtlinge leben oder sterben.'“ „Aber Israel mach doch auch Fehler“, hört man immer wieder. Kommen wir also nun zu diesem Begriff: Israels Fehler. Natürlich macht Israel Fehler. Alle wissen das. Es ist Krieg. Im Krieg machen alle Fehler. Israel möchte den Krieg mit seinen Nachbarn jedoch nicht, und das ist der große Unterschied. Israel wäre lieber von Freunden umringt als von Feinden umzingelt. Israel möchte keine Kriegstoten. Jedes Kriegsopfer ist ein Opfer zu viel. Jeder Mensch, der in einem Krieg sein Leben lassen muss, ist ein Fehler. Für Israel ist es jedoch leider unausweichlich, diese Fehler zu begehen, denn wenn Israel seine Waffen niederlegen würde, gäbe es am nächsten Morgen kein Israel mehr. Ein Israel ohne Fehler ist ein totes Israel. Sollte jedoch die Hamas ihre Waffen niederlegen, wäre am nächsten Morgen Frieden. Die Hamas will den Krieg! Die Hamas möchte so viele Juden wie möglich töten und Israel auslöschen. Am 7. Oktober 2023 hat die Hamas an einem einzigen Tag so viele Juden ermordet, wie seit dem Holocaust nicht mehr. Der Wunsch zur Vernichtung der Juden steht deutlich in der Gründungscharta der Hamas, und die Reden der Minister in Gaza sprechen eine deutliche Sprache. Die Hamas feuert regelmäßig Raketen in Richtung Israel ab. Alle Raketen werden abgefeuert in dem Wunsch, so viele Juden wie möglich zu töten. Die Hamas feuert immer wieder Raketen in Richtung von israelischen Schulen, Kindergärten, Synagogen, Moscheen, Kirchen und Krankenhäusern ab. Der einzige Grund, warum dieser Bombenhagel nicht zum Völkermord führt, ist der Verteidigungsanlage von Israel geschuldet. Oft wird betont, dass auf palästinensischer Seite mehr Menschen sterben als auf israelischer Seite. Das stimmt zwar, aber das heißt nicht, dass Israel bösartiger ist. Die Hamas ist lediglich schwächer. Schwäche ist jedoch keine moralische Überlegenheit. Schwäche ist gut, wenn es jene trifft, die morden wollen. Israel versucht, so viele zivile Tote wie möglich zu vermeiden. Das ist jedoch sehr schwer, weil die Hamas ihre Waffen und Raketen in Kindergärten, Moscheen und Krankenhäusern lagert und die Zivilbevölkerung ganz bewusst als Schutzschild für ihre Waffen missbraucht. Israel nutzt Waffen, um die Bevölkerung zu schützen, die Hamas jedoch benutzt Menschen, um ihre Waffen zu schützen. Die Hamas wirft ihre Kinder vor Raketen und fesselt das eigene Volk an Bomben. Es ist bemerkenswert, dass Israel bei all diesem Horror den Krieg immer noch so präzise führt, dass nicht noch viel mehr Menschen dabei sterben. Man zeige mir nur ein Land auf der Welt, dass bei ähnlicher Bedrohung so umsichtig reagiert wie Israel. Aber keine noch so große Umsicht kann Fehler vermeiden, wenn man den Krieg nicht wünscht. Die Hamas aber wünscht den Krieg! Die Hamas macht somit keine Fehler. In der perversen Logik der Hamas machen sie alles richtig. Die Hamas will den Krieg und liebt den Tod. Israel sieht sich konfrontiert mit dieser Logik, die darauf abziehlt, das jüdische Volk zu vernichten. Israel muss sich daher verteidigen, in einem Krieg, den Israel nicht will. Da kann man nur Fehler machen. Israel macht Fehler. Ich bin auf der Seite derer, die Fehler machen, weil sie den Krieg nicht wollen und nicht auf der Seite derer, die alles richtig machen, weil sie den Krieg stiften! „Das alles rechtfertigt aber doch keinen Apartheidstaat“, mag jetzt manch ein Israelkritiker einwenden. Hier haben wir die nächsten Begriff: Apartheidsstaat Israel. Es gibt Menschen, die bezichtigen Israel der Apartheid, aber nichts könnte weiter weg von der Wahrheit sein. In der Unabhängigkeitserklärung Israels heißt es: „Wir bieten allen unseren Nachbarstaaten und ihren Völkern die Hand zum Frieden und guter Nachbarschaft und rufen zur Zusammenarbeit und gegenseitiger Hilfe mit dem selbständigen jüdischen Volk in seiner Heimat auf. Der Staat Israel ist bereit, seinen Beitrag bei gemeinsamen Bemühungen um den Fortschritt des gesamten Nahen Ostens zu leisten.“ Das kling nun nicht nach Apartheid. Apartheid herrscht woanders, in Jordanien zum Beispiel. Jordanien ist eine Monarchie mit dem Islam als Staatsreligion und der Scharia als Gesetz. In Syrien sind die Palästinenser entrechtet und werden in Lager gesperrt. Im Januar 2014 kesselte die syrische Armee Palästinenser in einem Lager ein und ließ sie dort verhungern. In Gaza herrscht die Hamas. Sie wurde zwar gewählt, aber nach der Wahl tauschte sie sofort Demokratie gegen Staatsterror aus. Seitdem herrscht die Hamas in Gaza ohne Legitimation. In kaum einem Gebiet der Erde werden Palästinenser brutaler unterdrückt als in Gaza. Der ganze Horror kommt in der Charta der Hamas zum Ausdruck. Artikel 7 erklärt mit Bezug auf den Propheten Mohammed, dass der Frieden erst dann kommen wird, wenn alle Juden weltweit vernichtet wurden. Die Hamas erklärt, dass man nicht palästinensisch und jüdisch sein kann, so wie die Nazis einst behaupteten, es wäre nicht möglich, deutsch und jüdisch zu sein. Deshalb lässt die Hamas ihre Minister auch Reden im Stil von Joseph Goebbels halten. Am 28. Februar 2010 erklärte der stellvertretende Minister für religiöse Stiftungen der Hamas, Abdallah Jarbu, in einer öffentlichen Rede: „Juden sind fremdartige Bakterien, sie sind Mikroben ohne Beispiel auf dieser Welt. Möge Gott das schmutzige Volk der Juden vernichten, denn sie haben keine Religion und kein Gewissen! Ich verurteile jeden, der glaubt, eine normale Beziehung mit Juden sei möglich, jeden, der sich mit Juden zusammensetzt, jeden, der glaubt, Juden seien Menschen! Juden sind keine Menschen, sie sind kein Volk. Sie haben keine Religion, kein Gewissen, keine moralischen Werte!“ Das ist Apartheid! Israel ist eine Demokratie, in der jede Kritik, sogar die dümmste und die brutalste Kritik, erlaubt ist und artikuliert werden darf. Jeder Mensch kann in Israel seine Meinung frei äußern. Das ist keine Apartheid. Das waren jetzt nur ein paar Begriffe, die als neutrale Vokabeln im Nahostkonflikt verstanden werden, aber in Wirklichkeit einseitig gegen Israel sind. Wenn jene, die einseitig sind, wenigstens zugeben würden, dass sie nicht neutral sind, wäre schon eine Menge gewonnen. Ich bin nämlich auch einseitig. Ich bin für Meinungsfreiheit, für die Gleichberechtigung der Geschlechter, für Presse- und Kunstfreiheit, für die Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften, für Religionsfreiheit und für eine pluralistische Demokratie. Nur ein Land im ganzen Nahen Osten steht für all diese Prinzipien: Israel. Nur in Israel wird meine pure Existenz als Künstler, der gerne Witze über Religionen macht und einen politischen Podcast betreibt, nicht infrage gestellt. In jedem anderen Land des Nahes Ostens würde ich dafür verfolgt werden. Es fällt mir daher nicht schwer, mich zu positionieren. Dennoch ist Israel das Land im Nahen Osten, das am meisten kritisiert wird. Woran liegt das? Warum entscheiden sich so viele Menschen, die nur in Israel offen leben können, während sie in allen anderen Ländern des Nahen Ostens verfolgt werden, gegen Israel? Es gibt nur eine Macht, die stark genug ist, dass sich Menschen so vehement nicht nur gegen die eigenen Interessen stellen, sondern auch gegen die Interessen all der anderen Menschen, die demokratisch, frei und gleichberechtigt leben wollen: Hass. Um genau zu sein, es ist Judenhass! Das ist der Begriff, um den sich so viele drücken, wenn es um Israel geht: Judenhass!   Gerd Buurmann ist Schauspieler, Stand-up-Comedian und Kabarettist. Er spielt, schreibt und inszeniert in diversen freien Theatern von Köln bis Berlin. Seit April 2022 moderiert er den Podcast „Indubio“ der Achse des Guten.
Gerd Buurmann
Nach dem Angriff auf Israel durch die Hamas wird wieder viel über Israel berichtet. Doch rund um den Israel-Palästina-Konflikt tummeln sich tendenziöse Begriffe und historische Unwahrheiten zulasten Israels. Hier der Versuch einer Aufklärung.
article
13.10.2023 06:15
https://www.achgut.com/artikel/die_palestrina_irrtuemer/P28#comment_entries
Hermeneutik oder Randbezirke der Verbrauchs-Proleten
Als Menschen sind wir Wesen, die sich die Welt in ihrer Deutung, im interpretierenden Verstehen erschließen. Den Sinn stiften wir selbst. Dass dabei gänzlich unterschiedliche Blasen produziert werden, bewies zuletzt der Klimavolksentscheid. Er zeigte, dass der große grüne Sinnzusammenhang nicht der des Volkes ist, sondern an ihm scheitert.  Menschen mit Verstand können ohne Mühe Sinnzusammenhänge herstellen und verstehen. Es zeichnet kluge Leute, echte Gelehrte, Wissenschaftler und Philosophen aus, in die Tiefe zu gehen und verlässliche Erkenntnisse aus der Suche nach Sinn zu schöpfen – ist es doch eine Grundvoraussetzung des Menschseins, nahezu alles zu interpretieren, zu erklären und zu deuten. Es gibt keine pure, für sich stehende Erkenntnis und keinen Sinn ohne den Vorgang der Deutung. Sie stellt den Bezug zur eigenen Existenz her und birgt den Menschen als Subjekt hinter einem Schutzwall lebensnotwendiger Vorausschau.  Die Anwesenheit von Sinn ist das vorzügliche Produkt des interpretierenden Verstandes. Es gibt nämlich kein „richtiges“ Verstehen der Welt ohne die Kenntnis der Zeichen, die uns die Kunst, die Literatur, die Musik, unserer zivilisatorischen Produkte und die Geschichte der Menschheit hinterlassen haben. Das bedeutet, dass es einen Fortschritt der Zeichen geben muss, die – ausgehend vom schöpferischen Geist des Menschen – die Materie der unbelebten Welt mit Sinn umformen, damit zukünftige Generationen diesen erfassen können und in Gedanken damit „spielen“. Der Mensch muss die alten und neuen Zeichen deuten, um mit luzidem Verstand weiter zu blicken als es die Augen und die Erdkrümmung zulassen.  Wenn wir aufhören, diese Nachrichten an unsere Nachkommen auszusenden, hören wir auch bald auf zu existieren. Man könnte die These vertreten: Eine „nachhaltig“ Zivilisation erzeugende Menschheit wird weder im Stillstand noch im Nullwachstum Zeichen hervorbringen können, die sich kommenden Generationen zur Deutung anbieten. Abgesehen davon glaube ich, dass es die Triebfeder der menschlichen Kultur schlechthin ist, Dinge zu hinterlassen, deren Aufwand eher einer historischen Nachhaltigkeit folgt als einer ökologischen. Diese beiden Ansprüche widersprechen sich in gewisser Weise. Eine zweite These könnte lauten: Die Forderung nach Nullwachstum ist eine ideologische Falle, eine zynische Forderung und Untiefe, in der der Mensch aufhört, Zivilisation zu produzieren und letztlich versinkt. Um ein Missverständnis zu dem verwendeten Begriff „Zeichen“ vorzubeugen: Wenn Politiker „Zeichen setzen“, meinen sie triviale Kürzel für ihre Haltung und Moral mit meist kurzer Halbwertszeit. Die Zeichen, die ich meine, sind jedoch echte Artefakte des menschlichen Verstandes: Schrift und Sprache, Wörter, Literatur, Symbole, Kunst und Architektur, Gebrauchsgegenstände, Maschinen und Technik, im Prinzip alles, was Zivilisation und Kultur darstellt und als Markierungen in der Vergangenheit hinterlassen wird, also nachvollziehbare Geschichte, die sich ihrer Deutung anbietet.  Wir wenden gewöhnlich den Blick auf die Zeichen der Vergangenheit, die Geschichte und die Gegenstände ihrer Hinterlassenschaften. Wir können – wenn wir möchten und vermögen – aus purer Betrachtung des Gestern, Schlüsse für das Heute und Morgen ziehen. Das ist zumindest ein humanistischer Wunschtraum, wo die sogenannte Hermeneutik, die Lehre vom Interpretieren und Verstehen, zum Bildungsideal gehört(e). Jedoch muss man nicht alte Sprachen gelernt haben und Historiker sein, um dennoch ein tiefes Verständnis der Welt zu erlangen, allein aus der Weite des eigenen Horizonts und der erlernten Kenntnis von Sinnzusammenhängen. Jeder mit unvoreingenommener Betrachtungsgabe ist im Vorteil vor dem Verblendeten, der seine weltanschaulichen Deutungen nur im Raum seiner erwünschten Ergebnisse kursieren lässt und diese dann über andere erhebt. Die Sinnzusammenhänge der „Verblendeten“ sind hochgezüchtete Gewächse intellektuell überdüngter Böden, die außerhalb des künstlichen Biotops schnell eingehen. Ein gestandener Handwerker ist dem ideologisch motivierten Dialektiker schnell überlegen, denn er interpretiert nicht aus theoretischer Veranlassung, sondern aus der Praxis seines Alltags. Bodenständige Menschen haben den Blick nach vorn gerichtet und stehen meistens mit beiden Beinen auf dem Grund der Tatsachen. Sie kennen die Welt, weil sie in ihr überleben, oftmals gegen die Widrigkeiten von übergriffiger Symbolpolitik, moralischer Geltungssucht, von Bürokratie, Freiheitseinschränkungen und ideologischer Destruktivität der „Eliten“. Die geistigen Überflieger dieser „Eliten“ schauen zunehmend nach unten, wo ihnen jedes Ding, jeder „gewöhnliche“ Mensch so klein erscheint, dass sie von dessen konkreter Form nur vom Hörensagen Kenntnis nehmen. Prognostik und Wunschdenken müssen sie bemühen, um sich ein gewagtes Bild von der Zukunft zu machen, die sie dann für echt und bedrohlich halten. Sie schüren unentwegt Panik, sind Gefangene ihrer eigenen Scheuklappen und trauen keiner Zukunft, die von ihnen nicht manipuliert wurde. Sie folgen nur den stereotypen Zeichen ihrer ideologischen Musterbücher, die unsere Zivilisation in enge Korridore sperren will. Das ist das Problem von Menschen, die keinen Bezug zur „freien“ Hermeneutik haben und diese auch nicht wünschen, denn sie gestattet jedem Menschen das Interpretieren der Zeichen (und Wunder) nach seinem Gusto. Echte Anschauung wäre so einfach, dann würden auch die Deutungen passen. So geht es vielen Politikern, die „von klein auf“ in den Kaderschmieden der Parteien geformt wurden, aber weder eine abgeschlossene Ausbildung noch reale Beteiligung an Wirtschaft und Gesellschaft vorweisen können. Wenn solche Menschen den Staat lenken, wird die Staatsräson zu einer Veranstaltung von Phantasten mit engstirnigen Vorstellungen der Realität und Zukunft. Am vergangenen Sonntag gab es ein Plebiszit in Berlin, einen Volksentscheid darüber, ob die Klimaziele Berlins um ambitionierte 15 Jahre auf 2030 vorgezogen werden sollen. Die enthusiastischen Vorstellungen der Organisatoren waren von Anbeginn eine prahlerische Veranstaltung. In der Pose eitler Plansollübererfüllung zeigte sich das idiotische Strebertum grüner Aktivisten, das viele Bürger zunehmend nervt. Umgekehrt führt die „grüne Hermeneutik“ dazu, dass die Bürger und ihr Anspruch auf demokratische Teilhabe als Hemmschuh für die Rettung der Welt gesehen werden können. Ich glaube darin einen prinzipiellen Konflikt zu erkennen, der weit über die Immanenz der unterschiedlichen Politikziele hinausgeht.  Die Frage wird zunehmend virulent: Ist Klimaneutralität nur im Zustand einer postdemokratischen Gesellschaft umzusetzen, in der Teilhabe nur denen möglich ist, die die „soziale Kompetenz“ für die Zukunft besitzen? Man muss nur den Worten einer „Tochter aus gutem Hause“ lauschen, Luisa Neubauer am 18.10.2022 bei Lanz im ZDF: „Die Wahl zwischen Zeit und Demokratie haben wir nicht.“ Zurück zum Plebiszit. Mit dem erhofften Abstimmungsergebnis wolle man „Druck auf die Politik ausüben“, so die Veranstalter – damit die Klimaneutralität Berlins endlich früher käme, als es selbst wohlgesonnene Experten für möglich hielten. Eigentlich war schon vorher klar, dass das Ziel in sieben Jahren unmöglich zu erreichen ist. Man strebte also einen Volksentscheid an, um de facto ein „Zeichen zu setzen“. Die Abstimmung vom vergangenen Sonntag war vom Start her eine Farce, eines jener hochgezüchteten Gewächse aus dem grün-ideologischen Biotop mit wenig Überlebenschance in der realpolitischen Wildnis Berlins, wo beschleunigte Klimaneutralität zum Inbegriff arroganter Wichtigtuer geworden ist. So weit ist es schon: Die grün-privilegierte Oberstadt gegen die Unterstadt und Randbezirke der Verbrauchs-Proleten, die „leider“ mitbestimmen dürfen. Die Absage der Berliner, die mehrheitlich durch Fernbleiben von der Abstimmung glänzten oder „ungehörig“ viele Nein-Stimmen abgaben, ist eine klare demokratische Ansage. Für die Annahme des Volksentscheids „Berlin 2030 klimaneutral“ hätte die Mehrheit der Teilnehmer und zugleich mindestens 25 Prozent der Abstimmungsberechtigten (607.518 Stimmberechtigte) zustimmen müssen. Aber wenn schon 49 Prozent derjenigen, die zur Abstimmung gegangen sind, „Nein“ gesagt haben, sollten die Grünen und ihre Vorfeldorganisationen zur Kenntnis nehmen, dass die Sinnstiftungseffekte ihrer Politik beim Gros der Bevölkerung einfach nicht ankommen. Die verschärften Klimaziele und der beabsichtigte Parforceritt durch eine transformierte Gesellschaft, die ihre wirtschaftliche Fähigkeit zum Wohlstand aller abschafft, stoßen immer mehr auf Ablehnung. Der Bogen wird überspannt, je mehr die Deutungen dieser Politik sichtbare Markierungen und Artefakte von Destruktion in der Gesellschaft hinterlassen. Auf ihren groß angelegten Kampagnen-Bannern und Plakaten suggerierten sie jedem Abstimmungsteilnehmer: „Ich mache das Gesetz“, ganz so, als handele es sich bei der Abstimmung schon um faktisch bindende, direkte Demokratie: „Das Gesetz bin ich“ – so klingt das frei nach Ludwig XIV. – ist jedoch eine pseudo-individualistische Finte. Denn eigentlich geht es um kollektive Mobilisierung und Infiltrierung demokratiekritischer Aspekte. Die Klimaneutralen haben es nicht so mit der Hermeneutik. Ihre kleine Welt ist die ideologische Blase der Berliner Innenstadtmilieus, die ihre eigene Sinngebungsmaschinerie betreibt, oft gänzlich befreit von der Kunst des Erfassens und Deutens gesellschaftlicher Realitäten. Aber symbolisch Hochbegabte wollen sie sein. Jedoch: Ihre Zeichen werden vom Volk diametral anders gedeutet, als sie es beabsichtigen.  Bei der Abstimmung mussten sie scheitern, weil sie die bereits eingetretenen gesellschaftlichen Widersprüche zu deuten nicht imstande sind. Das Volk behält am Ende die Deutungshoheit. Ich bin gespannt, ob Luisa Neubauer und ihre Klima-Kumpane das so hinnehmen werden. Eine gemeinsame Sprache spricht man schon lange nicht mehr. Zwei Deutungen von Zukunft stehen im Raum. Dieser Text erschien zuerst im wöchentlichen Newsletter von Achgut.com (jeweils am Freitag), den Sie hier kostenlos bestellen können.   Fabian Nicolay ist Gesellschafter und Herausgeber von Achgut.com.
Fabian Nicolay
Als Menschen sind wir Wesen, die sich die Welt in ihrer Deutung, im interpretierenden Verstehen erschließen. Den Sinn stiften wir selbst. Dass dabei gänzlich unterschiedliche Blasen produziert werden, bewies zuletzt der Klimavolksentscheid. Er zeigte, dass der große grüne Sinnzusammenhang nicht der des Volkes ist, sondern an ihm scheitert.
article
01.04.2023 06:00
https://www.achgut.com//artikel/hermeneutik_oder_randbezirke_der_verbrauchs_proleten
„Alle schlagen die Hände über dem Kopf zusammen“
Ich hoffe, ich gehe AchGut-Lesern mit meinem Hessen-Monitor nicht auf die Nerven. Als ehemaliger Hesse beobachte ich die aktuellen Entwicklungen natürlich mit besonderem Interesse - nicht zuletzt wegen der bundespolitischen Implikationen. Anyway. Wie es scheint, haben sich Beck und Ypsilantis schwer verrechnet. Sollte die SPD bei den Hamburger Landtagswahlen Verluste verzeichnen, dürfte es zu einer deftigen Abrechnung kommen: Als Becks Vorstoß am Mittwoch gemeldet wurde, glaubten SPD-Führungskräfte und ihre Mitarbeiter zunächst an einen Trick der Wahlkampfgegner. Doch je verlässlicher und dichter die Berichte über den geplanten Tanz mit der Linkspartei wurden, umso mehr wich bei etlichen Sozialdemokraten das Erstaunen dem Entsetzen. Ein Mitglied des Parteivorstands beschrieb die Stimmung am Donnerstag mit den Worten: „Alle schlagen die Hände über dem Kopf zusammen.“
Benny Peiser
article
21.02.2008 21:03
https://www.achgut.com/artikel/alle_schlagen_die_haende_ueber_dem_kopf_zusammen
Warum woke Comedians nicht lustig sind
Humor ist Geschmackssache, und jeder lacht über unterschiedliche Witze. Wenn Komiker jedoch größtenteils als politische Aktivisten auftreten und einen vorhersehbaren Gag nach dem anderen bringen, ist das nicht mehr lustig. Mehr von Tamara Wernli finden Sie auf ihrem YouTube-Kanal.
Tamara Wernli
Humor ist Geschmackssache und jeder lacht über unterschiedliche Witze. Wenn Komiker jedoch größtenteils als politische Aktivisten auftreten und einen vorhersehbaren Gag nach dem anderen bringen, ist das nicht mehr lustig.
article
11.01.2022 15:00
https://www.achgut.com//artikel/warum_woke_comedians_nicht_lustig_sind#leserpost_start
Stimme der Provinz: Mit Bauern spaßt man nicht!
Fast hat er mir leid getan, der brave Cem, als er mit erstarrtem Gesicht der Tirade des Bauernpräsidenten Rukwied zuhören musste. Bauern können sehr laut sein. Vor allem, wenn man ihnen die Lebensgrundlage entziehen will. Sie sind großartig, diese gigantischen Maschinen, obwohl das Haus erzittert, wenn sie vorbeidröhnen. Traktoren, auch Trecker, Bulldogs, Schlepper genannt. Bei mir auf dem Dorf gibt es staunenswerte Maschinen, vom altehrwürdigen McCormick, der schon seit beinahe 100 Jahren seinen Dienst tut, bis zum grünglänzenden Fendt, 1156 Vario MT, 564 PS, ein Panzer von Trecker. Im Nachbarort hätschelt einer einen tomatenroten Porsche aus dem Jahr 1953, 11 PS, ein Schätzchen. Die modernen landwirtschaftlichen Fahrzeuge sind technische Wunderwerke – und bieten dem adoleszenten Jungbauern oder der 12-jährigen Jungbäuerin (ja, die dürfen auf dem Hof bereits früh üben!) alles, was man in dem Alter so braucht, ein bisschen Größenwahn und eine formidable Beschallungsanlage. Leider sind sie bei mir nicht vorbeigefahren, die Bauern, die sich auf den Weg nach Berlin gemacht haben, um dem Landwirtschaftsminister heimzuleuchten. Dafür habe ich mir jedes erreichbare Video reingezogen. Fast hat er mir leid getan, der brave Cem, als er mit erstarrtem Gesicht der Tirade des Bauernpräsidenten Rukwied zuhören musste: „Wenn diese Maßnahmen nicht gestrichen werden, und zwar ersatzlos gestrichen werden, dann kommen wir wieder – nicht nur nach Berlin. Dann werden wir ab 8. Januar überall präsent sein in einer Art und Weise, wie es das Land noch nicht erlebt hat. Wir nehmen das nicht hin.“ Özdemir selbst kam nicht zu Wort, Bauern können sehr laut sein. Worum es ging? Um „Vergünstigungen“, die den Landwirten gestrichen werden sollen, weil ja „wir alle“ sparen müssen, schließlich müssen wir Peru beim Bau von Fahrradwegen helfen. Ab Januar 2024 soll die Beihilfe zum Agrardiesel (Bauern bekommen knapp die Hälfte der Steuern auf Diesel zurück) und die Befreiung des Fuhrparks von der Kfz-Steuer gestrichen werden. Mit anderen Worten: Deutsche Landwirte bekommen damit keine Subventionen, sondern zahlen weniger Steuern, damit sie konkurrenzfähig bleiben. Nun aber stellt sich heraus, dass auch Cem Özdemir als Landwirtschaftsminister dagegen war, selbst Finanzminister Lindner erklärte, er sei „kein Freund der Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe.“ War es womöglich eine Idee von Wirtschaftsminister Robert Habeck? Man weiß so wenig. Nur eines kann man als sicher voraussetzen: Die Landwirte haben die Nase gestrichen voll von der Agrarpolitik der Ampelregierung. Die deutschen Bauern sind schon lange nicht mehr die Macht, die sie einst waren – während es in den 1950er Jahren noch beinahe 5 Millionen bäuerliche Betriebe gab, haben wir heute eine gute Viertelmillion, allerdings mit enorm gestiegener Effizienz. Ernährte ein deutscher Landwirt im Jahr 1949 durchschnittlich noch zehn Personen, waren es im Jahr 2020 um die 139. Vielleicht kommt manch grüner Ideologe deshalb auf die Idee, dass es an der Zeit sei, alte Privilegien zu streichen. Doch die neueste Masche würde vor allem die Biobauern treffen, die, weil sie Pflanzenschutzmittel wie Glyphosat nicht einsetzen, vieles mechanisch erledigen müssen. Und nein: nicht mehr mit der Hacke in der Hand und gebeugtem Rücken, sondern ebenfalls maschinell. Doch die neueste Attacke auf die Landwirte ist letztlich nur der Tropfen, der das Güllefass zum Überlaufen bringt. Seit Jahren sind Bauern der Lieblingsfeind im grünen Bullerbü, Bauern quälen Tiere, verpesten ihre Böden, vernichten Insekten und die „Biodiversität“. Renate Künast beschuldigte die Landwirte ja einst geradezu, an Covid schuld zu sein. Rinder- und Schweinehaltung schadet dem Klima, also muss man sie den Bauern vermiesen, weshalb man die Viehwirtschaft mit immer neuen Tierwohlvorschriften traktiert, auf die letzte diesbezügliche Vorschrift kann man sich nicht lange verlassen, denn schon kommt die nächste. 2022 gab es in Deutschland 16.900 Betriebe mit Schweinehaltung. Das sind 43,5 Prozent weniger als vor zehn Jahren. Die Zahl der Schweine ging um rund 25 Prozent auf 21,4 Millionen zurück. Niedersachsens Agrarministerin Staudte weiß Abhilfe: Man könne doch die leerstehenden Ställe zum Cannabisanbau zu nutzen. Wer dennoch Fleisch essen will, wird auf dem Weltmarkt bestens bedient. Ob man in fernen Ländern ebenso aufs Tierwohl achtet wie bei uns? Auch egal. Deutschland, ein Land der Wunder. Wir sind nicht nur bei der Energie, sondern auch bei der Ernährung schon lange global aufgestellt: Was wir nicht produzieren, produzieren dann eben andere. Unbewirtschaftete Agrarflächen werden für Windräder zubetoniert oder mit die Umwelt erwärmenden Solarpaneelen zugepflastert, der Rest wird Urwald. Was für eine schöne Welt! Vielleicht sollten wir nicht nur unsere verbliebenen Bauern gen Berlin fahren lassen, mit der Forke auf dem Fendt, sondern uns ihnen anschließen.   Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.
Cora Stephan
Fast hat er mir leid getan, der brave Cem, als er mit erstarrtem Gesicht der Tirade des Bauernpräsidenten Rukwied zuhören musste. Bauern können sehr laut sein. Vor allem, wenn man ihnen die Lebensgrundlage entziehen will.
article
21.12.2023 10:00
https://www.achgut.com/artikel/die_stimme_der_provinz_ach_die_bauern/P7#comment_entries
Indubio Folge 379 – „Wir sind an der Todesgrenze“
Über einen möglichen Blackout in Deutschland spricht Gerd Buurmann mit Manfred Haferburg und Björn Peters. Am 28. April 2025 kam es auf der gesamten iberischen Halbinsel zu einem großflächigen Stromausfall – ein Blackout, der Spanien, Portugal und Teile Südfrankreichs traf. Welche Lehren können aus dem Blackout gezogen werden? Über die Folgen, mögliche Ursachen und die Frage, ob Deutschland für einen solchen Ernstfall gerüstet ist, spricht Gerd Buurmann mit dem Kerntechniker Manfred Haferburg und dem Energieökonomen Björn Peters, Autor des Buchs „Schluss mit der Energiewende! Warum Deutschlands Volkswirtschaft dringend ökologischen Realismus braucht“. Technischer Hinweis: INDUBIO kann man auch über die gängigen Podcast-Apps (Apple, Deezer, Soundcloud, Spotify usw.) anhören. Die in diesem Text enthaltenen Links zu Bezugsquellen für Bücher sind teilweise sogenannte Affiliate-Links. Das bedeutet: Sollten Sie über einen solchen Link ein Buch kaufen, erhält Achgut.com eine kleine Provision. Damit unterstützen Sie Achgut.com. Unsere Berichterstattung beeinflusst das nicht.
indubio
Über einen möglichen Blackout in Deutschland spricht Gerd Buurmann mit Manfred Haferburg und Björn Peters.
article
04.05.2025 05:55
https://www.achgut.com/artikel/indubio_folge_379_wir_sind_an_der_todesgrenze
Bundestags-Experten: Hate-Speech-Gesetz ist nicht verfassungskonform
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags (WD) erhebt Zweifel an der Verfassungskonformität des im Juni beschlossenen Gesetzes zur Bekämpfung von Hasskriminalität und Rechtsextremismus, meldet dernewsticker.de. Einige der Befugnisse zur Übermittlung und zum Abruf sogenannter Bestandsdaten der Internetnutzer würden zu weit gehen, und zwar deshalb, weil sie den Datenzugriff an keinerlei nennenswerte Voraussetzungen knüpften, heiße es in einem Gutachten, über das die "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstagausgabe) berichtet habe. Der Abruf solcher Informationen wie Name, Anschrift oder Geburtsdatum bedeute einen Eingriff in Grundrechte. Keinen besonders tiefen Eingriff zwar, dennoch gelte laut Bundesverfassungsgericht: "Auch Auskünfte über Daten, deren Aussagekraft und Verwendungsmöglichkeiten eng begrenzt sind, dürfen nicht ins Blaue hinein zugelassen werden." Die Verfasser stützten sich in ihrem Gutachten, das im Auftrag der Grünen-Fraktion angefertigt worden sei, auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli zum Umgang mit Bestandsdaten bei Telekommunikationsanbietern.
News-Redaktion
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags (WD) erhebt Zweifel an der Verfassungskonformität des im Juni beschlossenen Gesetzes zur Bekämpfung von Hasskriminalität und Rechtsextremismus. Einige der Befugnisse zur Übermittlung und zum Abruf sogenannter Bestandsdaten der Internetnutzer würden zu weit gehen.
article
17.09.2020 11:00
https://www.achgut.com/artikel/bundestags_experten_hate_speech_gesetz_ist_nicht_verfassungskonform
Noch mehr Transparenz wagen!
Wenn inzwischen sogar der stets um Maß und Mitte bemühte Theo Koll in einem Kommentar zum letzten Treffen des Corona-Kabinetts sagt, er komme sich vor wie in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“, dann muss etwas schiefgelaufen sein, gründlich schiefgelaufen, ohne jeden Anflug von deutscher Flexibilität. Mich haben die Berichte über das letzte Marathon-Treffen im Kanzleramt an einen anderen Film erinnert, den „Untergang“ von Bernd Eichinger und Oliver Hirschbiegel. Er spielt in den letzten Tagen des Krieges im Berliner Führerbunker und zeigt die NS-Größen am Rande eines kollektiven Nervenzusammenbruchs, aber immer noch fest überzeugt vom bevorstehenden Endsieg. Mir ist klar, dass ich mich mit diesem Vergleich auf dünnes Eis begebe. Und ich bitte im Voraus um Verzeihung, sollte sich jemand verletzt fühlen. Aber ich kann nichts dafür, ich habe meine Assoziationen derzeit ebenso wenig unter Kontrolle wie die Kanzlerin das Corona-Virus. Es geht nicht mehr um die richtige „Strategie“, um „Perspektiven“, „Erleichterungen“, „Inzidenzen“, „AHA-Regeln“, „Ausnahmen“, „Paradigmenwechsel“, „Notbremsen“, das „Licht am Ende des Tunnels“ und zuletzt ein „kontaktarmes Verreisen“. Es geht um das, was eine Demokratie ausmacht: Vertrauen und Transparenz. Die Regierung spielt mit dem Volk „Versuch und Irrtum“, während das Volk, dem schon Tucholsky bescheinigte, dass es „das meiste falsch (versteht), aber das meiste richtig (fühlt)“, sich verwundert die Augen reibt. Die wievielte Ministerpräsidenten-Konferenz mit der Kanzlerin war das eigentlich? Und warum wollen die sich in 14 Tagen wiedertreffen? Um die Beschlüsse zu erneuern, die sie schon vor 14 Tagen festgeschrieben haben? Will man das Vertrauen der Menschen draußen im Land in die Politik wiederherstellen, hilft nur eines: Radikale Transparenz. Die Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten müssen live übertragen werden, auf 3sat oder Phoenix, ungeschnitten und in Echtzeit. Ich möchte sehen, wie die Kanzlerin die Sitzungen moderiert, wie Bodo Ramelow auf seinem Smartphone „Candy Crush“ spielt und wie Reiner Haseloff Nonsens twittert; wie Michael Müller mit seiner Krawatte die Brille putzt, Markus Söder seine Notizen ordnet, Jens Spahn in einen Duplo-Riegel beißt und Peter Altmaier Suppe löffelt. Das Kanzleramt entsprechend zu verkabeln, dürfte kein Problem sein. Bei RTL weiß man, wie so etwas geht. Am Ende einer jeden Sitzung sollte es keine Pressekonferenz geben, sondern ein Call-In, an dem jeder und jede teilnehmen kann.  Das wäre gelebte Demokratie. Bürgernah, kontaktarm und preiswert.
Henryk M. Broder
Will man das Vertrauen der Menschen draußen im Land in die Politik wiederherstellen, hilft nur eines: Radikale Transparenz. Die Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten müssen live übertragen werden, auf 3sat oder Phoenix, ungeschnitten und in Echtzeit. Das Kanzleramt entsprechend zu verkabeln, dürfte kein Problem sein. Bei RTL weiß man, wie so etwas geht.
article
24.03.2021 11:00
https://www.achgut.com/artikel/noch_mehr_transparenz_wagen/P77#comment_entries
Wie widerstandsfähig ist die russische Wirtschaft?
Können die Ukraine und ihre Unterstützer wirklich darauf setzen, dass es ihnen gelingt, die russische Wirtschaft an ihre Belastungsgrenze zu treiben? Nur vier Tage nach Putins eindringlicher Warnung vor einer Eskalation hat Kiew die vom Kreml gezogene rote Linie überschritten. Am 25. November griff die ukrainische Armee einen Militärflughafen bei Kursk an. Warum treibt Kiew die Eskalation trotz aller Risiken voran? Die Einschätzung, dass die Ukraine den Krieg militärisch nicht gewinnen kann, wird zunehmend auch in etablierten Medien diskutiert. „Russland hat weite Gebiete erobert und wird sie nicht aufgeben. Der Ukraine fehlen derzeit die militärischen Mittel, um diese zurückzuerobern“, erklärte der US-Politologe Ian Bremmer Ende November. Die jüngsten Raketenangriffe könnten somit auf ein neues Kalkül hindeuten: Der Konflikt soll bewusst verlängert werden, um die russische Wirtschaft an ihre Belastungsgrenze zu treiben. Doch wie realistisch ist dieses Szenario? Obwohl der Kreml für 2024 ein Wachstum des um 3,5 bis 4 Prozent prognostiziert, deutet die wirtschaftliche Lage auf Stagnation hin: Der industrielle Boom in Russland, der seit Februar 2024 für ein schnelles Wachstum sorgte, ist im Juni 2024 abrupt zum Stillstand gekommen. Nach Angaben des Ministeriums für Industrie und Handel sanken die Produktionskennzahlen im Vergleich zum Mai um 1,5 Prozent. Besonders betroffen sind die Öl- und Gasförderung, die Raffinerieindustrie sowie der Bau von Metallkonstruktionen.  Das Ministerium nennt teure Kredite und Schwierigkeiten bei internationalen Transaktionen als Hauptgründe für den Abschwung. Zudem macht sich eine „hohe Basis“ bemerkbar, da das vergangene Jahr durch außergewöhnlich starke Zuwächse geprägt war. Das Wachstum im verarbeitenden Gewerbe hat sich deutlich abgeschwächt, mit einem Rückgang von 9,1 Prozent im Mai auf 4,6 Prozent im Juni im Vergleich zum Vorjahr. Die Eskalationsstrategie Kiews scheint genau auf diese Schwächen abzuzielen, um den wirtschaftlichen Druck auf Russland weiter zu erhöhen. Ein weiteres Problem ist die Demographie: Die erwerbsfähige Bevölkerung Russlands – also Menschen in der Altersgruppe 20 bis 65 – schrumpft jährlich um etwa eine Million. Dieser Trend wird durch die geringe Zuwanderung verstärkt, die seit Beginn des Ukraine-Kriegs ein historisches Tief erreicht hat. Laut der Russischen Akademie der Wissenschaften fehlen der Wirtschaft aktuell rund 4,8 Millionen Arbeitskräfte – besonders in der Industrie und im Energiesektor. Eine aktuelle Studie der Moskauer Hochschule für Wirtschaft (HSE) mit dem Titel „Aktuelle Trends in der Beschäftigungsdynamik der Industriebranchen“ beleuchtet den anhaltenden Fachkräftemangel. Besonders betroffen sind die verarbeitende Industrie und der Energiesektor. „Die personelle Verwundbarkeit von Industriebetrieben, die vor allem das Problem des Mangels an qualifizierten Fachkräften widerspiegelt, blieb im dritten Quartal 2024 weiterhin angespannt,“ erklärt Inna Lola, stellvertretende Direktorin der HSE-Universität. Zudem setzt die hohe Inflation die Bevölkerung stark unter Druck, mit steigenden Preisen für Grundnahrungsmittel und zunehmenden Diebstählen im Einzelhandel. Um den Rubel zu stabilisieren, erhöhte die Zentralbank den Leitzins auf 21 Prozent – ein Schritt, der Kredite verteuert und die Wirtschaft zusätzlich belastet. Dabei hatte Zentralbankchefin Elwira Nabiullina 2023 noch eine Entspannung des Inflationsdrucks prognostiziert Der Bausektor leidet besonders unter Hypothekenzinsen von über 30 Prozent und dem Wegfall staatlicher Subventionen für Wohnungskredite, was den Immobilienmarkt nahezu zum Erliegen gebracht hat. Gleichzeitig verschärfen die globalen Ölpreise die wirtschaftlichen Herausforderungen: Ein drastischer Rückgang der Exporterlöse könnte den Rubel weiter unter Druck setzen, eine neue Inflationswelle auslösen und das Land in eine Rezession stürzen. Dabei steht die russische Zentralbank mit begrenzten Mitteln da: Aufgrund eingefrorener Währungsreserven sind ihre Möglichkeiten, diese Effekte abzufedern, stark eingeschränkt. In dieser Lage setzt Moskau verstärkt auf eine Kriegswirtschaft, deren Umfang am 21. November 2024 deutlich wurde, als die Staatsduma den Haushalt für das kommende Jahr verabschiedete. Das Verteidigungsbudget wurde um 25 Prozent auf rund 130 Milliarden Euro erhöht, was 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspricht – ein Rekordwert in der Geschichte der Russischen Föderation. Dennoch bleibt diese Summe weit hinter den Spitzenzeiten der Sowjetunion zurück, als in den 1980er Jahren bis zu 25 Prozent des BIP für Rüstungsausgaben aufgewendet wurden. Janis Kluge, stellvertretender Leiter der Abteilung für Osteuropa und Eurasien bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin, ist überzeugt, dass die russische Wirtschaft an einem Wendepunkt steht. In einem kürzlich veröffentlichten Artikel stellt der Ökonom fest, dass das aktuelle Wachstumsmodell durch die anhaltende Kriegsführung an seine Grenzen gestoßen ist. Die überhitzte Wirtschaft habe die Belastungsgrenze erreicht, was trotz einer historisch niedrigen Arbeitslosenquote von 2,4 Prozent zu einem akuten Arbeitskräftemangel führe. Ein anschauliches Beispiel ist die Rüstungsindustrie: Trotz der Einstellung von rund 520.000 Arbeitern im Jahr 2023 bleiben weiterhin 160.000 Stellen unbesetzt. Dieser Mangel hat zu einem rapiden Anstieg der Löhne geführt. Die durchschnittlichen Gehälter stiegen 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent. In der Rüstungsindustrie sind die Zuwächse sogar noch höher: Russlands größter Panzerhersteller Uralwagonsawod erhöhte die Gehälter im Mai um 12 Prozent und im August nochmals um 28 Prozent. Trotzdem läuft Kiews Kalkül ins Leere: Ein Zusammenbruch der russischen Wirtschaft bleibt unwahrscheinlich. Ein Kollaps würde voraussetzen, dass alle Sektoren gleichermaßen betroffen sind – was in Russland nicht der Fall ist. Der Kreml konzentriert gezielt Ressourcen auf die Rüstungsindustrie, die trotz Engpässen bei Arbeitskräften und Zulieferungen funktionsfähig bleibt. Dieser Fokus ermöglicht es, militärische Ziele konsequent zu verfolgen, während der private Sektor – vor allem Bauwesen, Handel und Landwirtschaft – die Hauptlast der wirtschaftlichen Schieflage trägt. Um den Arbeitskräftemangel zu mildern, wird die Anwerbung von Fachkräften aus Südostasien diskutiert. Solange es Moskau gelingt, ausreichend Arbeitskräfte, Rohstoffe und finanzielle Mittel in die Rüstungsindustrie zu lenken, wird ein schrumpfendes BIP Russlands Fähigkeit, den Krieg langfristig fortzuführen, kaum beeinträchtigen. Eine Kriegswirtschaft misst ihren Erfolg nicht an allgemeinen Wachstumszahlen, sondern daran, wie effektiv sie militärische Ziele unterstützt. Entscheidend sind die Verfügbarkeit von Ressourcen, die Widerstandsfähigkeit kritischer Infrastruktur und die Produktionskapazitäten. Kiews Eskalationsstrategie, den wirtschaftlichen Druck auf Russland zu erhöhen, birgt jedoch das Risiko, die Frontlinien über die Ukraine hinaus zu verschieben – mit unvorhersehbaren Konsequenzen. Doch es gibt auch positive Aspekte. Trotz der Sanktionen zeigt Russland eine starkes Potenzial in zentralen Industriebereichen, die für seine Kriegswirtschaft von entscheidender Bedeutung sind. Mit einer Stahlproduktion von etwa 75,8 Millionen Tonnen im Jahr 2023 liegt es knapp hinter den USA, die rund 80,7 Millionen Tonnen produzierten. Dadurch verfügt Moskau über einen unverzichtbaren Rohstoff für die Herstellung von Panzern, Artillerie, Brücken und militärischen Infrastrukturen.  In der Aluminiumproduktion hingegen zeigt Russland eine klare Dominanz: 3,9 Millionen Tonnen Aluminium wurden 2023 produziert, verglichen mit nur 1,1 Millionen Tonnen in den USA. Das Metall spielt eine Schlüsselrolle in der Luftfahrt, modernen Waffensystemen und Fahrzeugen. Darüber hinaus verfügt Russland über starke Kapazitäten in weiteren kriegsrelevanten Industrien. Die Titanproduktion gehört zu den weltweit führenden und versorgt die Luft- und Raumfahrtindustrie mit essenziellen Werkstoffen für Kampfflugzeuge, Raketen und moderne Panzerungen. Im Bereich Nickel und Kupfer zählt Russland ebenfalls zu den größten Produzenten weltweit. Diese Metalle sind für Elektronik, Kommunikationssysteme und Batterietechnologien unverzichtbar und bilden das Rückgrat moderner Kriegsführungstechnologien. „Auch wenn die wirtschaftlichen Probleme den Optimismus in der russischen Bevölkerung bremsen und politische Zielkonflikte in der Regierung verursachen könnten, ist die Kriegsführung davon nicht unmittelbar betroffen. Hier sind vor allem der Erfolg der Rekrutierung und die physischen Möglichkeiten der Rüstungsindustrie entscheidend. Letztere hängen unter anderem von den Restbeständen sowjetischer Panzerfahrzeuge ab“, bemerkt Janis Kluge.  Das kürzlich vorgestellte Raketensystem „Oreschnik“ untermauert Russlands Rüstungspotenzial. Die neue Mittelstreckenrakete, die sowohl konventionelle als auch nukleare Sprengköpfe tragen kann, wird mittlerweile in Serie produziert. Dank ihrer hohen Geschwindigkeit und der Fähigkeit, mehrere Sprengköpfe unabhängig voneinander zu steuern, stellt sie eine erhebliche Herausforderung für bestehende Luftabwehrsysteme dar.  Der Kreml hat angekündigt, die Hyperschallwaffe für eine Ausweitung seiner Luftangriffe einzusetzen – eine direkte Reaktion auf den jüngsten Angriff in der Oblast Kursk. Präsident Wladimir Putin erklärte dies während seines Staatsbesuchs in Kasachstan am 28. November: „Bei bedeutenden Zielen werden wir die Mittel einsetzen, die uns zur Verfügung stehen, einschließlich – wie ich bereits sagte – der möglichen Verwendung der Oreschnik-Rakete gegen militärische Industrieanlagen oder Entscheidungszentren, auch in Kiew.“ Putin kündigte an, dass das russische Militär weiterhin mit Vergeltungsschlägen auf Angriffe gegen Ziele in Russland reagieren werde. Seit dem 25. November seien intensive Angriffe ausgeführt worden, darunter an einem Tag der Einsatz von 90 Raketen und 100 Angriffsdrohnen gegen 17 Ziele auf ukrainischem Territorium. Sollte Kiew tatsächlich darauf spekulieren, Russlands Wirtschaft durch weitere ATACMS-Angriffe unter Druck zu setzen, geht es ein großes Wagnis ein. Die Ausweitung der Vergeltungsschläge richtet verheerenden Schaden an. Das Risiko einer Eskalation bleibt hoch, da Wladimir Putin westliche Staaten weiterhin als direkte Konfliktparteien betrachtet. „Wie sollte es auch anders sein?“, entgegnete er auf einer Pressekonferenz in Astana. „Wenn ihre Spezialisten Flugaufträge erstellen, sich gegenseitig Geheimdienstinformationen übermitteln und selbst die Angriffe auf Ziele auf russischem Territorium koordinieren, dann ist das offensichtlich der Fall.“ Für die Auswahl der Angriffsziele und eingesetzten Waffen, betonte Putin, gelte ein strategischer Ansatz: „Für jedes Ziel müssen das passende Mittel und die geeignete Waffe eingesetzt werden.“ Die Wahl der Waffensysteme orientiere sich an der Bedeutung der Ziele und ziele darauf ab, maximale Effektivität zu erreichen, ohne unnötige Ressourcen zu verschwenden – eine besonnene Haltung, die kaum auf eine akute Notlage schließen lässt. Auch der frühere russische Vizefinanzminister Sergej Alexaschenko zeigt sich unbeeindruckt. In einem Interview mit der FAZ erklärte er, dass die russische Wirtschaft weiterhin Wachstumspotenzial habe. Zwar habe sich das Wachstum in zivilen Sektoren seit Mai verlangsamt, doch eindeutige Anzeichen für einen Abschwung sieht er nicht. Viele Unternehmen hätten ihre Produktivität durch Umschichtungen von Arbeitskräften und Lohnanpassungen gesteigert. Selbst den Absturz des Rubels bewertet Alexaschenko nicht als ernsthafte Herausforderung für Putin. Insgesamt zeigt die russische Wirtschaft trotz erheblicher Belastungen in zentralen Industrien eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit. Die gezielte Umverteilung von Ressourcen in die Rüstungsindustrie ermöglicht es dem Kreml, die militärische Schlagkraft aufrechtzuerhalten. Die Hoffnung Kiews, Russlands Position durch wirtschaftliche Erschöpfung entscheidend zu schwächen, erweist sich als unrealistisch. Fakt ist: Russland bleibt in der Lage, den Krieg noch lange fortzuführen. Die fortgesetzten Angriffe der Ukraine auf russisches Territorium mit ATACMS-Raketen bergen ein somit auch weiterhin ein erhebliches Eskalationsrisiko. Angesichts des begrenzten militärischen Nutzens solcher Operationen interpretiert General a.D. Harald Kujat diese Aktionen als Ausdruck von Frustration. Er betont, dass die Strategie der USA, die seit Mai andauernden russischen Angriffe zu bremsen, gescheitert sei. Kujat weist darauf hin, dass die Ukraine heute in einer deutlich schlechteren Verhandlungsposition ist als im März 2022, als in Istanbul Friedensgespräche stattfanden.  Dies scheint auch Präsident Selenskyj erkannt zu haben. In der vergangenen Woche brachte er nicht nur erstmals mögliche Gebietsabtretungen an Russland ins Gespräch, sondern stellte auch eine Frage, die auf einen möglichen Wandel in Kiews Bereitschaft zur unbedingten Fortsetzung des Krieges hindeutet und zugleich die wachsende Kriegsmüdigkeit in der Ukraine verdeutlicht: „Vielleicht muss die Ukraine jemanden in Moskau überleben, um ihre Ziele zu erreichen und das gesamte Staatsgebiet wiederherzustellen.“   Dr. Christian Osthold ist Historiker mit dem Schwerpunkt auf der Geschichte Russlands. Seine Monographie über den russisch-tschetschenischen Konflikt ist in der Cambridge University Press rezensiert worden. Seit 2015 ist Osthold vielfach in den Medien aufgetreten.
Christian Osthold
Können die Ukraine und ihre Unterstützer wirklich darauf setzen, dass es ihnen gelingt, die russische Wirtschaft an ihre Belastungsgrenze zu treiben?
article
02.12.2024 12:00
https://www.achgut.com/artikel/wie_widerstandfaehig_ist_die_russische_Wirtschaft/P7#comment_entries
Organspende-Debatte: Sieg der Selbstbestimmung
Das Ziel einte vergangenen Donnerstag nahezu den gesamten Bundestag: Mehr Menschenleben retten durch ein höheres Aufkommen an Spenderorganen. Strittig war schlicht der Weg dorthin. Nun bleibt fast alles beim Alten und das ist auch gut so. Wir haben in Deutschland nämlich kein Spender-, sondern allerhöchstens ein Umsetzungs-, vor allem aber auch ein Vertrauensproblem in eine Transplantationsmedizin, die alle paar Jahre mit Skandalen in die Schlagzeilen kommt und damit die Spendenbereitschaft jedes Mal einbrechen lässt. Mit überzeugender Mehrheit von rund 100 Stimmen hat der Bundestag gestern der sogenannten „Widerspruchslösung“ von Gesundheitsminister Jens Spahn und seinem SPD-Kollegen Karl Lauterbach eine Absage erteilt, die alle Bürger automatisch zu Organspendern deklariert hätte, auch jene, die sich nie dazu geäußert haben. Es wird also bleiben wie es war, allerdings sollen die Bürger häufiger und aktiver in Bürgerbüros oder beim Hausarzt auf das Thema angesprochen werden. Selten habe ich die Grüne Annalena Baerbock, Wortführerin des alternativen, fraktionsübergreifenden Gesetzesentwurfes, der sich schließlich mit großer Mehrheit durchsetzte, wahrere Sätze sprechen hören, als diese: „Wir stimmen hier heute über eine hochethische Frage ab, nämlich: Wie kommen wir zu mehr Transplantationen? Wie retten wir mehr Leben? Wir stimmen aber auch darüber ab: Wem gehört der Mensch? In unseren Augen gehört er nicht dem Staat, nicht der Gesellschaft, er gehört sich selbst“ Auch im Angesicht von kranken Kindern – selbst wenn es unsere eigenen sind – können wir nämlich nicht nach Gutdünken Rechtsprinzipien über den Haufen werfen, um deren Bestand wir sonst massiv kämpfen. Wer die Autonomie des Menschen ernst nimmt, muss sie auch dann durchhalten, wenn es schwierig wird und dann gehört der Mensch eben sich selbst, bis in den Tod, im Sterbeprozess, und über den Tod hinaus. Und dann empfinde ich es nahezu als unanständig, wenn mit fiktiven Lebenslauf-Konstruktionen oder mit moralisch erhobenem Zeigefinger eine Spendenbereitschaft erzwungen werden soll, der Spendenunwillige nahezu der unterlassenen Hilfeleistung bezichtigt wird. Organ-„Spende“ ist deswegen eine Spende, weil sie keine Organ-Pflicht ist. Eine Spende ist etwas, das niemand geben muss, aber geben kann. Deren Umfang und Art jeder selbst bestimmt, so auch der Standpunkt der christlichen Kirchen in diesem Punkt. Klar ist auch: Diese Menschen sterben nicht, weil andere Menschen aus welchen Gründen auch immer die Organspende verweigern, sondern deswegen, weil sie krank sind. Wer keine Organe spendet, verschuldet nicht den Tod eines anderen Menschen. Wer seine Organe spendet, trägt aber möglicherweise dazu bei, einem Menschen das Leben zu retten. Es ist ein feiner Unterschied, der die Grenze zwischen großzügiger Nächstenliebe und unterlassener Hilfeleistung aber sehr hart und deutlich zieht. „Was ist, wenn du selbst oder dein Kind einmal ein Organ braucht?“ – dieses Totschlagargument war in der Debatte der vergangenen Wochen stets präsent. Die Frage, die sich selbst jeder stellen muss, ist aber auch eine andere: Ist es richtig, ein Organ von jemandem zu beanspruchen, der seine Zustimmung nie gegeben hat, der vielleicht nur versäumt hat, es je zu artikulieren? Und auch hier bleibt hart festzuhalten: Es gibt keine Pflicht der Bürger, sich mit dem eigenen Tod und dessen Umständen auseinander zu setzen. Die Widerspruchslösung hätte aber genau diese Pflicht installiert, und zwar laut Transplantationsgesetz bereits für Jugendliche ab 16 Jahren. Wir lassen sie nicht wählen, trauen ihnen aber zu, Entscheidungen über Tod und Leben zu fällen? Wir haben in Deutschland nicht einmal eine Wahlpflicht, obwohl man sagen könnte, es könne ja nicht zu viel verlangt sein, einmal alle vier bis fünf Jahre kurz mal ein Kreuzchen zu machen. Ja, sehe ich auch so. Und dennoch können wir deswegen nicht das Prinzip der Freiheit und der Selbstbestimmung der Bürger übergehen. Demokratie heißt auch, dass ich mich der Beteiligung am politischen Prozess verweigern darf. Ich muss mich weder informieren, noch muss ich mitmachen. Wiederholt begegnete einem im Diskurs auch bis zuletzt die Forderung: Wer selbst nicht bereit sei, Organe zu spenden, der dürfe auch im Notfall selbst keins beanspruchen. In sich im übrigen bereits ein logischer Bruch, denn wer eines braucht, kann gar nicht mehr Spender sein, das aber nur am Rande. SPD-Mann Lauterbach bemühte dann in der gestrigen Bundestagsdebatte auch genau diese Linie: „Das, was ich will, das mir selbst zugutekommt, muss ich auch bereit sein, anderen zu geben.“ Das sei eine Tradition der Aufklärung, so Lauterbach. Nun mag das ein ethisch hochwertiger Ansatz sein, gesetzlich ist er aber Unsinn und zudem auch noch unsolidarisch und unsozial. Würde es doch im Umkehrschluss heißen, dass nur jener im Notfall des Lebens Anrecht auf die Unterstützung der Solidargemeinschaft habe, der dafür etwas geleistet hat. Das aber wäre zutiefst unmenschlich, weil nichts die Armen, die Schwachen, die Kranken oder gar Kinder mehr im Stich lassen würde, als diese Logik, nicht nur im Falle der Organspende, sondern auch im breiten Netz der Sozialleistungen. Unsere Gesellschaft mit ihrer christlich verwurzelten Nächstenliebe zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass wir allen helfen, unabhängig davon, wie und warum sie in Not sind. Wir behandeln auch jene in unserem Krankenkassensystem, die sich durch Selbstverschulden, durch Übermut oder durch ungesunde Lebensweise selbst verletzen und gefährden, den Extremsportler mit Querschnittslähmung und den Raucher mit Lungenkrebs inklusive. Nun warten aber circa 9.000 Menschen und ihre Angehörigen in Deutschland auf ein Spenderorgan, denen ethische Debatten mimosenhaft vorkommen dürften oder gar unmenschlich angesichts der realen akuten und lebensbedrohlichen eigenen Situation. Und deswegen ist die Debatte um die Organspende mit dem gestrigen Tag auch nicht beendet, sondern als Aufgabenstellung nach wie vor im Raum. Ein erster guter Schritt war bereits, dass im vergangenen Jahr ein Gesetz auf den Weg gebracht wurde, das die Abläufe in den Krankenhäusern optimieren soll und Gelder und Personal zur Verfügung stellt. Wenn nämlich in manchen Krankenhäusern die Transplantationsquote 17 Mal höher ist, als in anderen Transplantationskliniken, hat das nichts mit erhöhter regionaler Spendenbereitschaft zu tun, sondern mit guter Umsetzung. Hier ist noch massiv Luft nach oben. Und es ist richtig, ein Register einzuführen, in das sich Bürger eintragen, ob sie Spender sein wollen, oder auch nicht. Es schafft Klarheit und entlastet die Verwandten, die im Notfall auf dem Krankenhausflur nicht auch noch dies entscheiden wollen, als hätten sie sonst nicht gerade andere Sorgen. Eine der größten Sorgen jener Bürger, die sich gegen Organspende entscheiden, bleibt aber ohne Zweifel die Frage, ob man denn auch wirklich „tot“ sei, wenn einem Organe entnommen werden und ob man als potenzieller Organspender denn tatsächlich noch die gesamte Bandbreite medizinischer Leistungen bekomme, oder nicht früher „aufgegeben“ werde, als jene, aus denen man keinen „Nutzen“ mehr ziehen kann. Hier ist der Staat gefragt, Klarheit und Transparenz zu schaffen. Vertrauen wurde genau an diesem Punkt in den vergangenen Jahren massiv verspielt. Klarheit und Transparenz erfordert aber auch die schonungslose Aufklärung der Bürger über die konkrete Umsetzung der Organentnahme. Was bedeutet es für den Sterbeprozess, was für die Verwandten, was für mich selbst, wenn das „friedliche Einschlafen im Kreise der Familie“ – so wünscht sich die Mehrheit den eigenen Tod – nicht stattfinden wird, weil die medizinischen Prozesse der Transplantationsmedizin anderes erfordern? Dann muss darüber geredet werden, was der Hirntod oder auch die Floskel der „neuesten medizinischen Erkenntnisse“ über den Zeitpunkt des Todes bedeutet, wenn andere Ländern, wie etwa Organtransplantations-Spitzenreiter Spanien bereits beim Herztod mit der Organentnahme beginnt? Droht dieser „medizinische Standard“ auch in Deutschland? Und wenn nicht, warum steht der Hirntod dann nicht explizit im Transplantationsgesetz? In Deutschland darf nicht einmal eine Kopfschmerztablette ohne den Hinweis auf alle Risiken und Nebenwirkungen verkauft werden. Wer diese Pflicht zu Information und Transparenz aber dort als unverhandelbar voraussetzt, kann bei so schwerwiegenden Entscheidungen wie der Frage der Organentnahme nicht auf die ganze Wahrheit verzichten. Wer den Bürger und seine Selbstbestimmung ernst nimmt, ist hier in der Pflicht, ihm die ganze Wahrheit zuzumuten. Auch hier ist noch viel Luft nach oben, aber erst dann erst entscheiden wir alle selbstbestimmt.
Birgit Kelle
Das Ziel einte vergangenen Donnerstag nahezu den gesamten Bundestag: Mehr Menschenleben retten durch ein höheres Aufkommen an Spenderorganen. Strittig war schlicht der Weg dorthin. Nun bleibt fast alles beim Alten und das ist auch gut so. Selten habe ich die Grüne Annalena Baerbock, Wortführerin des alternativen, fraktionsübergreifenden Gesetzesentwurfes, wahrere Sätze sprechen hören.
article
17.01.2020 12:00
https://www.achgut.com/artikel/organspende_debatte_sieg_der_selbstbestimmung/P77#comment_entries
Mord an Susanna: Das Unerträgliche bleibt
Kaum stand fest, dass die 14-jährige Susanna tot und ihr mutmaßlicher Mörder ein irakischer Asylbewerber ist, lief man auf linker Seite zu Höchstleistungen auf, um die Bevölkerung daran zu erinnern, dass solche Taten weder mit Herkunft noch mit Religion zu tun hätten. Wer etwas anderes behauptet, ist – soweit nichts Neues – ein Nazi und Rassist.  Wie schlimm eine Tat ist, bemisst sich, das wissen wir spätestens seit der Kölner Silvesternacht und den Morden an Maria, Soopika und Mia, nicht an der Tat selbst, dem Grad der Verrohung und dem mitunter kulturell bedingten mangelnden Unrechtsbewusstsein, sondern daran, ob die Tat „den Rechten in die Hände spielt“. Nicht der Täter wird zum Hassobjekt, sondern jene, die seine Tat „für ihre Zwecke instrumentalisieren“. Nicht die politischen und kulturellen Ursachen werden bekämpft, sondern der vermeintliche Rassismus beziehungsweise jene, die aufgrund solcher und anderer Verbrechen an der bunten Ideologie zweifeln.  Der Mainzer Kreisvorsitzende der Linkspartei, Tupac Orellana (nicht zu verwechseln mit dem Rapper Tupac Shakur), drohte unmittelbar nach dem Fund von Susannas Leiche damit, Mainz zum Vietnam für all jene zu machen, die seine Stadt nun zum „neuen Kandel“ machen wollen. Die TAZ verweist mit der für sie typischen Geschmacklosigkeit darauf, dass nicht die Flüchtlinge das Problem seien, sondern Frauenmorde an sich. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet liefert auf Twitter die dazugehörige Statistik zu weiblichen Mordopfern unter 18, „falls in aufgeheizter und medialer Stimmung jemand an statistischen Fakten interessiert sein sollte“, und seine Parteifreundin Venny Lang vom „sozialen Flügel“ der CDU gibt zu bedenken, dass Susanna, wenn sie nicht von Ali B. ermordet, wohl von einem Auto überfahren worden wäre.  Es ist müßig geworden und von einer gewissen Fassungslosigkeit geprägt, auf all diesen Unsinn in adäquater Weise einzugehen. Zumal die Instrumentalisierung mindestens ebenso von der Buntland-Fraktion ausgeht, die nicht müde wird, jeden Mord durch einen Asylbewerber für ihre Demonstrationen für eine offene und vor allem grenzenlose Gesellschaft zu nutzen, statt die Familien der Opfer zumindest in der Zeit des Trauerns mit dem auferlegten Multi-Kultur-Terror zu verschonen. Dass man sich auch fast drei Jahre nach der symbolischen Grenzöffnung der Kanzlerin mit all ihren Konsequenzen von Köln bis hin zu den Morden an Maria, Soopika, Mia und Susanna noch immer weigert, die kulturelle Dimension dieser Taten zu erkennen, dass man generell nicht einsehen will, dass das eigentliche Problem nicht in der bloßen Anzahl der Verbrechen liegt und somit nicht zu lösen ist, indem man den „Dummen“ erklärt, dass deutsche Männer auch Frauen töten, gehört zu den mittlerweile ermüdenden Konstanten einer öffentlichen Debatte, deren selbst auferlegtes Multi-Kulti-Dogma es ihren Protagonisten unmöglich macht, den eigenen blinden Fleck zu überwinden. Das Entscheidende wird verkannt, und die Wut in Teilen der Bevölkerung wächst in der Folge unaufhörlich. Statt Druck aus dem Kessel zu nehmen, sind es genau jene Versuche der Relativierung, die die Stimmung weiter aufheizen.  Denn das Unerträgliche bleibt: Die Tatsache, dass all diese Taten unmittelbare Folge einer katastrophalen Asyl- und Migrationspolitik sind, die bis heute aufrechterhalten wird. Sie wären damit, anders als die Taten deutscher Staatsbürger, durch eine andere Politik zu verhindern gewesen. Sie sind nichts, das im Zusammenleben der Menschen einkalkuliert werden muss. Nichts, was nun einmal einfach passiert. Maria, Mia, Soopika und jetzt Susanna könnten noch leben. Ihr Tod ist keine Verkettung unglücklicher Umstände.  Es ist diese Tatsache, die jedes Bestreben um Relativierung durch Verweis auf die Gesamtzahl der weiblichen Mordopfer in Deutschland ad absurdum führt, weil die Gesamtzahl in der Argumentation keine Rolle spielt und nichts besser macht. Weil diese Morde als zu verhindern gewesener Faktor ohnehin on Top gerechnet werden müssen.  Dazu kommt die kulturelle Dimension. Es ist richtig, darauf zu verweisen, dass Morde an Frauen zumeist die gleichen Beweggründe bei Tätern, egal welcher Herkunft, aufweisen. Nahezu immer geht es um verletzten Stolz und um Macht über die Frau. Dass diese Beweggründe durch kulturell und religiös bedingte Faktoren jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sind, darüber muss geredet werden. „Das ist jetzt kein Einzelfall mehr“, sagt auch die Ethnologin und Leiterin des Forschungszentrums Globaler Islam an der Frankfurter Goethe-Universität, Susanne Schröter, und verweist auf die Herkunftsländer der Männer, die zumeist von patriarchalen Strukturen und Kulturen geprägt sind. „Nach diesen Normen sind wir alle Schlampen.“  Dass eine Einwanderung aus mehrheitlich frauenverachtenden Ländern auch Deutschland zwangsläufig zu einem gefährlicheren Ort für Frauen macht, liegt auf der Hand. Auch hier muss man also „on Top“ rechnen. Während es sich bei deutschen Tätern tatsächlich um einzelne Fälle eines zweifelhaften Verständnisses von Ehre und Macht in einer insgesamt auf Gleichberechtigung und Respekt vor Frauen ausgerichteten Gesellschaft handelt, stellt die gewaltsame Verteidigung der eigenen Ehre, die (sexuelle) Machtausübung gegenüber dem als minderwertig angesehenen anderen Geschlecht zum Usus der Herkunftsländer dieser Männer. Dass dieser Faktor bis jetzt in Zahlen nicht allzu sehr zu Buche schlägt, liegt schlicht am Anteil dieser Männer an der Gesamtbevölkerung in Deutschland. Dass die Frauenhäuser auch hierzulande zu großen Teilen schon jetzt voll mit muslimischen Frauen sind, verweist jedoch bereits auf die Dimension des Problems, das in Folge der unkontrollierten Einwanderung weiter an Fahrt aufnehmen wird.  Das Unerträgliche an Morden wie dem an Susanna bemisst sich auch nicht an der bloßen Tatsache, dass der Täter Ausländer ist. Es sind damit nicht, wie oft unterstellt wird, rassistische Motive, die die Ankläger und Kritiker der Asylpolitik antreiben. Stattdessen ist es der Faktor, dass es keine Gerechtigkeit für Susanna und die Opfer vor ihr geben kann. Dass der Rechtstaat nicht, wie sonst, in der Lage ist, Gerechtigkeit durch Verurteilung herzustellen und somit einen Beitrag zur Beruhigung der Stimmung beitragen kann. Denn die Ungerechtigkeit – das schrieb ich bereits über den Fall Hussein K. – wird so lange bestehen bleiben, wie Männer Morde begehen, die nach Recht und Gesetz gar nicht hätten hier sein dürfen. Deren Aufenthalt in diesem Land zu verhindern gewesen wäre, wenn die Politik sich einsichtig gezeigt hätte.  Dass auch die Kanzlerin diesen Umstand nicht begreift, wird daran deutlich, dass sie, von Anne Will auf den Fall Susanna angesprochen, auf gesunkene Flüchtlingszahlen verweist. Denn alle Täter kamen, als sich die Flüchtlingskrise auf dem Gipfel befand. Hussein K. im November 2015, Abdul D. im April 2016. Soopikas Mörder, ein Nigerianer, der zuvor drei Jahre in Italien gelebt hatte, ebenfalls 2015. Auch Ali B., der Mörder von Susanna, kam im Herbst 2015 nach Deutschland. Es spielt also keine Rolle, ob jetzt weniger kommen. Wichtig ist, wie viele davor kamen und welches Weltbild und Gewaltpotenzial sie mitunter mitbrachten. Dass wir keine Ahnung haben, wer überhaupt hier ist, haben wir darüber hinaus der bedingungslosen Merkel-Doktrin des Wir-Schaffen-Das zu verdanken, die in der Folge zum BAMF-Skandal führte. Und auch jetzt sind, wie der Personalrat der Behörde in seinem Brandbrief an die Führungsetage feststellte, keine wirklichen Überprüfungen geplant. Ergo: Es bleibt alles beim Alten und die Wut innerhalb der Bevölkerung wird in dem Maße weiterwachsen, wie es die immer gleichen Lippenbekenntnisse und Durchhalteparolen zu hören bekommt. Daran ändert auch jedes Bestreben um Relativierung nichts. Im Gegenteil: Es macht es nur noch unerträglicher. 
Anabel Schunke
Es bleibt alles beim Alten und die Wut innerhalb der Bevölkerung wird in dem Maße weiterwachsen, wie es die immer gleichen Lippenbekenntnisse und Durchhalteparolen zu hören bekommt. Daran ändert auch jedes Bestreben um Relativierung nichts. Im Gegenteil: Es macht es nur noch unerträglicher. 
article
12.06.2018 06:14
https://www.achgut.com/artikel/mord_an_susanna_das_unertraegliche_bleibt
indubio Folge 52 – Mohren und Zigeuner
Unser Mittagsprogramm für Kopf-Hörer trägt heute den Titel: Mohren und Zigeuner. Uwe Kammann (ehem. Grimme-Institut), Karl-Peter Schwarz (ehem. FAZ und Die Presse, Wien) und der Publizist Roger Letsch diskutieren mit Burkhard Müller-Ullrich über die jüngsten Einsätze der Sprach- und Gedankenpolizei, über unzurechnungsfähige Terroristen sowie über den sinkenden Stern des weißrussischen Diktators Lukaschenko.
indubio
Unser Mittagsprogramm für Kopf-Hörer trägt heute den Titel: Mohren und Zigeuner. Uwe Kammann (ehem. Grimme-Institut), Karl-Peter Schwarz (ehem. FAZ und Die Presse, Wien) und der Publizist Roger Letsch diskutieren mit Burkhard Müller-Ullrich über die jüngsten Einsätze der Sprach- und Gedankenpolizei, über unzurechnungsfähige Terroristen sowie über den sinkenden Stern des weißrussischen Diktators Lukaschenko.
article
23.08.2020 12:00
https://www.achgut.com/artikel/indubio_folge_52_23_08_2020#section_leserpost
Wenn Hausfrauen in Politik machen
Lustig: Zur Diskussion stehen die Nominierung von Klarsfeld oder eines anderen Bewerbers, aber auch eine Empfehlung an die linken Wahlleute, sich zu enthalten oder der Versammlung fernzubleiben. Klarsfeld sagte zuvor: “Ich vertrete nicht die Politik der Linken.” Sie signalisierte aber, dass sie sich über eine Nominierung als Kandidatin freuen würde. Dies wäre eine “Anerkennung für die Arbeit, die ich geleistet habe”. http://www.tagesspiegel.de/politik/praesidentschaftskandidatin-der-linkspartei-beate-klarsfeld-will-kein-anti-gauck-sein/6241126.html Sehr lustig: http://www.youtube.com/watch?v=EBd5mZ1i_Xk Siehe auch: Eine endgültige Entscheidung, wer nominiert wird, werde die Parteispitze am Montag treffen, sagte die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch. Neben der Nazi-Jägerin Beate Klarsfeld, die bereits als wahrscheinliche Kandidatin galt, sind noch zwei weitere Kandidaten im Rennen: der Kölner Politologe Christoph Butterwegge und die Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,817229,00.html Die in Paris lebende gebürtige Berlinerin meldete sich daraufhin nach eigenen Angaben selbst bei Lötzsch. “Ich habe gehört, dass Gesine Lötzsch am Samstag auf einem Parteitag in einer Rede über mich gesprochen hat. Daraufhin habe ich sie angerufen”, sagte sie Zeit Online. Klarsfeld räumte ein, dass sie bei einigen Vertretern der Linken auch Skepsis hervorrufe. “Meine Solidarität mit Israel wird in manchen Parteikreisen kritisch gesehen. Ich bekomme unfreundliche E-Mails.” http://www.taz.de/Moegliche-Nominierung-von-Beate-Klarsfeld/%2188310/
Fundstück
article
23.02.2012 22:13
https://www.achgut.com/artikel/wenn_hausfrauen_in_politik_machen
Eisschwund und Gletscherschmelze vor 87 Jahren
Linzer Volksblatt vom 29. März 1925 Spitzbergen und der Golfstrom Es herrschen in diesem Winter merkwürdige Eisverhältnisse auf Spitzbergen. Die See vor der Inselgruppe ist im wesentlichen eisfrei, die Fjorde sind offen und die Norweger denken schon daran Handelsschiffe zu schicken. „Aftenposten“ hat eine Unterredung über die merkwürdigen Eisverhältnisse mit dem Dozenten Hoel gehabt, der erklärt: Seit 1918 sind es sonderbare Eisverhältnisse auf Spitzbergen gewesen. Vor der Zeit war viel Eis in dem Meere und um die Inselgruppe. Die Schifffahrt von der Adventbay aus konnte nicht vor Anfang Juli beginnen und die Fjorde lagen im Winter unter meterdickem Eis, das erst im Laufe des Juli aufbrach. Das Treibeis lag vor der Küste und war besonders schlimm im Frühjahr und Vorsommer. Die Temperatur im Golfstrom war sehr niedrig. Da kam ein Umschlag. Und seit dem sind die Verhältnisse besser und besser geworden. Im vorigen Jahre z.B. waren die Seitenfjorde nur ganz kurze Zeit mit Eis bedeckt und in der Adventbay konnte man am Kai im Innern des Fjords in den ersten Tagen des April anlegen. In diesem Jahr sieht es danach aus, dass die Verhältnisse noch besser geworden sind. Nach unseren Messungen ist die Temperatur im Golfstrom in den letzten drei Jah-ren 3 bis 4 Grad höher gewesen als Nansen sie vor 12 bis 14 Jahren gemessen hat. Und wie wir im Vorjahr konstatierten, sind die Gletscher im Laufe der letzten 20 bi 25 Jahre zurückgewichen um 3 bis 4 Kilometer. Das deutet darauf hin, dass nicht bloß in den letz-ten Jahren das Klima sich gebessert hat, sondern dass diese Entwicklung ungefähr im laufe von 25 bis 30 Jahren vor sich gegangen ist. Doch ist sie in den letzten Jahren ziem-lich rasch vor sich gegangen. Und dass man um diese Jahreszeit daran denken konnte, ein Schiff hinaufzusenden, ist früher nie in der Geschichte Spitzbergens vorgekommen. Dank an den Entdecker im Zeitungsarchiv.
Fundstück
article
30.05.2012 08:48
https://www.achgut.com//artikel/eisschwund_und_gletscherschmelze_vor_87_jahren
Corona: Die Abendlage aus einer popeligen Hausarztpraxis
Diese Mail erreichte mich gestern Abend von einem Arzt in Niedersachsen unter dem Betreff: "Die Abendlage aus einer popeligen Hausarztpraxis". In Lüneburg erster Verdachtsfall, unbestätigt. In meiner Praxis ein Verdachtsfall, Testung steht aus, weil (Stand 11 Uhr) das Gesundheitsamt die Testung verweigerte („nur bei gesicherter Einreise aus einem Hochrisikogebiet, China oder Mailand“). Dass der Verdachtsfall um die halbe Welt geflogen war und dabei reichlich Kontakt mit Chinesen hatte, interessierte die kühle Blonde nicht die Kaffeebohne der Espressomaschine neben ihrer Drehstuhlposition. Na, mir doch egal – wie soll doch Hans-Peter Briegel gesagt haben: „Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien!“ Also Nachfrage beim Landesgesundheitsamt in Hannover: „… nee, können wir Ihnen jetzt nix zu sagen, hier tagt gerade der Krisenstab.“ 15.45 Uhr Fax des Hausärzteverbandes: Freigabe der Untersuchung in begründeten Verdachtsfällen auch für Hausärzte – außerhalb des Labor-Budgets. Geht doch. Wird dann also morgen getestet. Hier in der Praxis habe ich die Wartebereiche in Huster und Nicht-Huster getrennt und ein Sprechzimmer zum Hustenzimmer erklärt, in dem ich vermummt auftrete (obwohl das mehr oder minder sinnbefreit sein soll, die richtig guten Atemmasken sind nirgends lieferbar, ich sehe also aus, als wollte ich das Virus herausoperieren). Das Szenario, vor dem mir graut, ist, wenn das Virus in Altenheime und Krankenhäuser hüpft. Dann herrscht Darwin, auch wenn der Rest der Leute glimpflich davon kommen sollte. Das Personal flüchtet nämlich als erstes. In meine Praxis. Krankschreiben lassen, aus psychischen Gründen oder wegen plötzlichem Rückenschmerz. Dann zum ALDI, hamsterkaufen. Der Virologe Kekulé war in der Talkshow von Markus Lanz gut. Es war auch das erste Mal seit Jahren, dass Lanz und der anwesende Ministerpräsiden Schleswig-Holstein, Daniel Günther, über Minuten die Klappe gehalten haben. So, jetzt halte ich meine. Viren und Windmühlen. Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis größer als in der Theorie. In diesem Sinne: Bleiben Sie gesund! PS. Auch sonst eher ideologisch herausgeforderte Leitmedien liefern auf einmal sachdienliche Hinweise von wirklichen Experten. 
Dirk Maxeiner
In meiner Praxis ein Verdachtsfall, Testung steht aus, weil das Gesundheitsamt die Testung verweigerte („nur bei gesicherter Einreise aus einem Hochrisikogebiet, China oder Mailand“). Dass der Verdachtsfall um die halbe Welt gereist war, interessierte die kühle Blonde nicht die Kaffeebohne. Nachfrage beim Landesgesundheitsamt in Hannover: „… nee, können wir Ihnen jetzt nix zu sagen, hier tagt gerade der Krisenstab.“
article
28.02.2020 06:28
https://www.achgut.com/artikel/corona_die_abendlage_aus_einer_popeligen_hausarztpraxis/P63#comment_entries
Bob das Baumeist*er/in
Im Gegensatz zu den Angaben von Wikipedia wurde Bob der Baumeister nicht vor knapp 20 Jahren in England kreiert, sondern ist schon viel, viel älter. Die ersten Darstellungen finden sich im antiken Ägypten. Auf Pyramidenwänden ist eine kleine Figur abgebildet, die eindeutig Bob darstellt, wenn auch noch ohne blaue Hose und blaue Weste mit Signalstreifen. Auf mittelalterlichen Zeugnissen, die ebenfalls Bob zeigen, trägt er zwar nicht das später typische karierte Hemd und den gelben Schutzhelm, aber kein Zweifel: die Erbauer der Kathedralen waren von Bob dem Baumeister beeinflußt. Auch Leonardo da Vinci hätte seine universelle Heimwerkerkarriere nicht ohne das große Vorbild Bob gemacht. Sie alle: die Freimaurer und die Ingenieure, die römischen Konstrukteure des Pont du Gard und die Kriegsmaschinenerfinder längs durch die Weltgeschichte, ganz zu schweigen von Gustave Eiffel, Gottfried Semper und Karl Friedrich Schinkel, hätten als Kinder viel lieber mit Puppen gespielt und ihnen Kleidchen genäht, wären sie nicht von Bob dem Baumeister schleichend, aber unerbittlich in eine sogenannte Jungenrolle hineinsozialisiert worden. Denn Jungen sollen nach der Bob-Ideologie nicht das tun, wozu sie eigentlich geschaffen sind, nämlich weich und zärtlich sein, Kinder kriegen und soziale Wärme ausstrahlen, sondern sie werden zu Mechanik-Monstern umgepolt. Wegen Bob dem Baumeister interessieren sie sich für Grobes und Klotziges, sie lieben die Wirkung und Übertragung von Kräften und ergötzen sich an allem, was mit Energie zu tun hat. Nach etlichen Jahrtausenden solcher Gender-Dysbalance, zu deutsch: Geschlechter-Asymmetrie, ziehen verantwortungsbewußte Fernsehleute bei der BBC jetzt endlich die Bob-Bremse und begradigen die menschheitliche Schieflage zwischen Mann und Frau. Der antifeministische Baumeister im Kinderprogramm wird durch ein Ingenieursmädchen ersetzt. Es wird aber sicher keine Jahrtausende dauern, bis der aktuelle Gender-Mob diese Entscheidung als Beweis bestrafungswürdigen binären Denkens anprangert und ganz andere Formen und Paletten von Balance einfordert: die künftigen Kinder-Idole haben trans, zwitter, neutrisch oder jedenfalls drittgeschlechtlich zu sein. Technik wird von keinem Meister und keiner Meisterin vermittelt, sondern durch das Meist* – sofern Technik überhaupt noch Thema sein darf und nicht als Herrschaftsinstrument verworfen und gegeißelt werden muß. Mit etwas Glück kann das Bob noch überleben, wenn es eine Küchenschürze trägt.
Burkhard Müller-Ullrich
Von Burkhard Müller-Ullrich. Gender-Gaga bei der BBC: der Sender hat mehrere Serien aus seinem Kinderprogramm CBeebies gestrichen, weil ihre Hauptfiguren zu männlich seien. Kinderserien wie „Bob der Baumeister“ und „Feuerwehrmann Sam“ hätten zu einer „Gender-Dysbalance“ geführt, erklärten die sogenannten Verantwortlichen. Das kommt davon, wenn man Femi-Robots in der Chefetage hat.
article
14.12.2017 15:52
https://www.achgut.com//artikel/bob_das_baumeister_in
Gewitterschutz im Badezimmer
Kolumne von Maxeiner & Miersch, erschienen in DIE WELT am 29.08.2008 Immer wenn sich ein Gewitter ankündigt, trottet Hummel ins Badezimmer. Dort legt sich Mierschs Hündin unter das Waschbecken und wartet, bis alles vorbei ist. Irgendwann hat Hummel das zum ersten Mal gemacht. Und da sie das Gewitter im Badezimmer überlebte, behielt sie das Ritual bei. So entstehen Traditionen. Schimpansen führen bei Gewitter wilde Tänze auf, mit ebenso wenig Einfluss auf Blitz und Donner wie Hummels Badezimmerstrategie. Es gibt völlig sinnlose Traditionen. Im Falle der Schimpansen konnte das sogar in einem wissenschaftlichen Versuch nachgewiesen werden. Forscher brachten einem Weibchen bei, Steine in eine Röhre zu werfen. Irgendwann machte es die gesamte Horde nach, obwohl die Affen dafür kein Futter erhielten und auch sonst keinen Vorteil von dieser völlig sinnfreien Tätigkeit hatten. Nachdem sie einmal damit anfingen, warfen sie Steinchen in die Röhre. Irgendwann gehörte es einfach zu ihrem Leben. Nicht nur die Evolution, sondern auch die menschliche Kultur ist relativ tolerant gegenüber alten Zöpfen. Vieles wird mitgeschleppt, nur weil es nicht merklich schadet. “Männer tragen in manchen Kulturen Hosen und in anderen Röcke - ohne dass darin ein Sinn erkennbar ist”, sagt der Primatenforscher Frans de Waal. Dennoch ist es heute üblich geworden, jegliche Tradition unter Schutz zu stellen. Nach einem Frühling des fröhlichen Demontierens ist das Bewahren zum gesellschaftlichen Leitmotiv geworden. In Aufbruchszeiten gilt alles als schlecht, was althergebracht ist. Heute ist es umgekehrt: Traditionen gelten als Wert an sich. Das merkt man deutlich an den aufgeregten Reaktionen auf die Vorschläge der bayerischen Grünen, das Kreuz in den Klassenzimmern abzuschaffen und zu überdenken, ob die Bischöfe weiterhin vom Staat bezahlt werden sollten. Alle, die sich einen Erfolg der Grünen wünschen, verdrehen die Augen und wollen das Thema so schnell wie möglich zurück in den Giftschrank stellen. Nur die CSU freut sich über die unfreiwillige Wahlkampfhilfe. Sie ist sich sicher, dass das Infragestellen von Traditionen nicht gut beim Wähler ankommt. Ist es so? Auch in Bayern gehören immer mehr Menschen keiner Kirche an und möchten nicht auf eine Tradition zwangsverpflichtet werden, auf die sich Landesregierung und Bischöfe vor 84 Jahren geeinigt haben. Man muss kein Atheist oder Kirchenfeind sein, um eine saubere Trennung zwischen Staat und Kirche richtig zu finden. Dass das Nachdenken darüber heute schon einen Tabubruch darstellt, ist ein schlechtes Zeichen für die politische Kultur. Traditionen müssen gelegentlich auf den Prüfstand, spätestens wenn die Strukturen, aus denen sie entstanden sind, nicht mehr existieren. Den Wahlkampf 1969 bestritt die FDP mit dem Slogan: “Wir schaffen die alten Zöpfe ab.” Das klingt heute fast revolutionär. Gute Zeiten für alle, die ihre Interessen und Besitzstände als Tradition deklarieren können.
Michael Miersch
article
01.09.2008 12:41
https://www.achgut.com/artikel/gewitterschutz_im_badezimmer
The Oyster is my World – Klimakrise gefährdet Bonanza Folge 16
Über was soll man bloß schreiben, wenn man das alles beherrschende Thema Nr. 1 – Lady Gagas Hunde gekidnappt – versucht zu vermeiden? Bekomme ich eine ganze Kolumne mit dem dramatischen Schicksal einer jungen Frau („Russischem Porno-Sternchen droht Haftstrafe“) voll? Das Gruppenschicksal von 19 Frauen („Models werden nach pikanten Nacktaufnahmen in Dubai festgenommen“) gäbe da vielleicht doch etwas mehr her. Aber was ist das alles gegen die Meldung, dass Karl Lauterbach sich, so teilte er jedenfalls mit. „kurzfristig einer Augen-Operation unterziehen“ musste!  Kurzfristig, in diesem Wort steckt so viel Dramatik, dass einem schwindelig wird. Bei meinem Grauen Star, dem vor ein paar Jahren Beine gemacht wurden, dauerte es von der Diagnose bis zur ersten OP einige Monate. Nicht mitgezählt die Wartezeit vor der Diagnose, also bis ich überhaupt einen Termin beim Augenarzt bekam.  Beim SPD-Gesundheitsexperten muss es also höchste Eisenbahn gewesen sein. Ich vermute ja dies: Wenn man überall Coronaviren sieht, muss das selbst bei einem so erfahrenen und abgehärteten Experten wie dem früheren Kandidaten zum halben SPD-Vorsitz irgendwann ins Auge gehen. Und nun? Schweigen, eisernes. Was natürlich in der breiten Öffentlichkeit nicht unbemerkt blieb. Laut Knallpresse sorgte „die ungewöhnliche Schweigsamkeit“ des seit 2020 überwiegend einen offenen Hemdkragen Tragenden für Irritation. Die Gerüchtekantine machte ihre Arbeit. Hatte er sich beim Versuch, die Haare zu schneiden, ins Auge gepiekst? Tat vielleicht sein Gehirn weh? Musste es womöglich ganz raus, all the bits of it? Nein, zum Glück war das nicht nötig. So dass man hoffen kann, dass bereits in Kürze Talkshows, Nachrichtensendungen und Morgen-, Mittag- und Abendmagazine ihr Notprogramm mit unillustren Gästen und ranzigen Themen wieder abschalten können. Ich wünsche gute Besserung, natürlich auch gesundheitlich. Felix Silla helfen alle guten Wünsche nicht mehr. Er starb vor wenigen Tagen im Alter von 84 Jahren. Felix wer? Ich gebe zu, auch ich wusste mit dem Namen des seit Jahren in Las Vegas lebenden Schauspielers nicht viel anzufangen. Sein Gesicht war mir gänzlich unbekannt; das allerdings liegt nicht an einer Bildungslücke, sondern an Felix' bekanntester Rolle. Er spielte in den 1960er Jahren in der Serie „The Addams Family“ den Vetter Itt, ein 4 Fuß hohes Bündel aus Haaren, einer Melone und einer Sonnenbrille. Mehr sah man nie von ihm. Itt war nur in 17 Folgen der Addams Family dabei, was vermutlich seinem Rollenprofil geschuldet war, das einfach nicht viel hergab. Itt  stand zumeist nur herum und artikulierte sich in einer seltsamen Sprache, die zu verstehen für die anderen Mitglieder der morbiden Familie kein Problem war, für die Zuschauer hingegen schon. Ich kann mir nur allzu lebhaft ausmalen, wie klein Dennis beim Gucken der Folgen mit Itt seine Eltern nervte: „Papaa! Was hat er gesagt? Wieso weißt du das denn nicht? Du sagst doch immer, du wüsstest...“ Klatsch, Katzenkopf, Geschrei. Ohne Essen ins Bett. Itt, ein eher seltsamer Charakter, wird nicht gerade der Beliebteste aus der Addams Dynastie gewesen sein. Für alle männlichen Zuschauer ab 12 besetzte diese Rolle ohne Frage die über-, pardon, unterirdisch schöne Morticia, Sympathisch war ohne Frage „Händchen“ (im Original schlicht „Thing“), es nervte nie, war immer zur Stelle, wo es gebraucht wurde und begnügte sich ansonsten mit einem Platz in einer Dose auf dem Tisch. Ich mochte auch Onkel Fester sehr gerne, er hatte etwas sympathisch Verschlagenes und Heimtückisches an sich, Er lief gerne mit einer altmodischen Flinte herum („Ich schieße ihm in den Rücken!“), auch konnte er Glühbirnen zum Leuchten bringen, indem er sie in den Mund nahm.  Itt lebt nicht mit im Haus der Addams, ist aber ein gern gesehener Besucher; er hat, so wird erzählt, ständig Frauengeschichten am Laufen und führt, so wird erzählt, auch sonst ein gefährliches, abenteuerliches Leben. owohl er immer nur herumsteht. Zumindest in der Realität musste sich Darsteller Felix Silla vorsehen; am Filmset bewegte er sich stets mit der Angst, plötzlich in Flammen aufzugehen – damals war das Rauchen noch überall erlaubt, und die rauchenden Mitglieder der Filmcrew schnippten ihre Kippen gerne in der Gegend herum, was gegenüber einem überwiegend aus Haar bestehenden Wesen nicht gerade freundlich war. Felix Silla auf der Niagara Falls Comic Con 2018. Und: The best of cousin Itt  Warum man die Original-Addams (es gab später diverse Spielfilme und Cartoons, denen aber jeder morbide Charme fehlt) nicht mehr zu einem vertretbaren Preis in der deutschen Fassung auf Bildträgern bekommen kann, entzieht sich meiner Kenntnis, ich habe die Box mit allen Folgen vor wenigen Jahren für sehr kleines Geld erworben. Inzwischen hat man daraus drei Boxen mit 9 DVDs gemacht, die weit über 100 € kosten. In der amerikanischen OV immerhin bekommt man sie für rund 20 €, und wer kein Englisch versteht, kann Untertitel in Dänisch und Finnisch zuschalten. Apropos Serien: Upps, I did it again – ich schaltete das Radio ein und war sogleich im Paralleluniversum, abgekürzt DLF. Die Sendung „Corso – Kunst & Pop“ kam mir gerade recht, sie versprach, drei neue Serien vorzustellen, die im On-Demand-Programm der einschlägigen Anbieter zu sehen sind. Ob etwas für mich dabei ist? Die erste präsentierte Produktion heißt „Para“, was türkisch ist und auf deutsch „Geld“ bedeutet. „Vier emanzipierte Powerfrauen“ kommen „aus einem sozialen Brennpunkt, drei der vier haben einen Migrationshintergrund“. „Mit Sozialkritik wird nicht gespart“, es geht um „Rassismus, Polizeigewalt, Frauenhass und fehlende Chancengleichheit“. Somit wissen wir dann um die Gründe, deretwegen die Vier keine CEO*innen eines börsenorientierten Unternehmens sind, sondern ihrem Dealer Stoff geklaut haben und nun dringend jede Menge Para brauchen. „Die beste deutsche Serie seit“.  „Die Frage, wieso Mann, Frau, Trans eigentlich so ist, wie Mann, Frau, Trans so ist...“ Die Einleitung zur Vorstellung der zweiten Serie ist leider alles, was ich mitbekam, da ich das Radio mittels einer ungeschickten Bewegung ausgeschaltet habe. Dabei treibt mich diese Frage seit langem um wie kaum eine andere. Dass die dritte Rezension in Corso einer Serie gilt, die von einem „schüchternen Teen aus einem Mailänder Problemviertel“ handelt, bekomme ich daher auch nicht mit, davon erfahre ich erst später. Weil ich mich zwischen den drei gewiss aufrüttelnden Werken nicht entscheiden kann, sehe ich mir heute Abend eine weitere Folge von Hawaii Five-0 an oder The Walking Dead; The Talking Dread (s. oben) ist ja derzeit nicht aktiv. Oder ich lese mal wieder ein Buch. „Der Schnaps, der Rauchtabak und die verfluchte Liebe“ von Roda Roda, „ehrfurchtsvoll gewidmet dem Ehrenrat des k. u. k. Regiments v. Jékelfalussy Nr. 60“. Darin kommen Gestalten vor, die Oberst Schweinwedel, Joschkele Seidenfutter (aus Mikulintze bei Tarnopol), Grenadier Pospischill oder Unterkanonier Drahtstift heißen. Und Sätze wie „Meder stellte sich stramm in Respektsdistanz auf, salutierte und würgte an einem Angstknödel, der ihm in der Gurgel saß.“ findet man in modernen Serien gewiss auch nicht. Die KuK Militärwelt, in der das 1906 erschienene Buch spielt, ist mindestens so bizarr und fremd wie die Frage, wieso Mann, Frau, Trans eigentlich so ist, aber deutlich amüsanter. Als Kindle-Ausgabe gibt es „Der Schnaps, der Rauchtabak und die verfluchte Liebe“ für völlig umsonst, und es kommen keine Gangsta-Rapper vor, sondern nur Schwadronstrompeter. Für Leseratten sind Inhaltsangaben mindestens so wichtig wie für Seriengucker, und ich bin durchaus dankbar, dass ich zumindest rudimentär erklärt bekomme, um was es sich handelt. Ein bekannter Onlinehändler hält stets Lese-Empfehlungen parat, sei es, weil dessen schlauer Mitarbeiter Al Gorithmus aus meinem bisherigen Kaufverhalten Schlüsse zieht oder einfach, weil es sich um „beliebte Artikel“ handelt. Millionen Fliegen können sich bekanntlich nicht irren. Das Kriterium „beliebter Artikel“ muss eindeutig der Fall gewesen sein, um mir ein Buch zu empfehlen, in dem es so zugeht: „Ein Ingenieur, eine Psychiaterin und ein weiblicher Captain langweilen sich auf einem mit Sexualpsychopaten im Tiefschlaf gefüllten Raumschiff. Bis einer auf die Idee kommt, gelegentlich gut aussehende Perverse für einen Quickie zu erwecken, Um sie danach wieder einzuschläfern. Doch ein unachtsamer Moment reicht aus und plötzlich sind alle auf freiem Fuß! Der schöne Captain ist nun gezwungen, sich auf alle perversen Vorlieben einzulassen, um die entflohenen Patienten wieder unter Kontrolle zu bekommen!"  Wer wie ich den verhängnisvollen Fehler macht, diese Empfehlung anzuklicken (ich wollte bloß die komplette Inhaltsangabe coppiundpasten) wird sofort mit weiterem Lesestoff von ähnlichem Fantasiereichtum konfrontiert. Und so erfuhr ich von Kala der Urweltamazone, bei der es „in einigen Geschichten ziemlich Hardcore abgeht“. Das wäre per se nicht weiter schlimm, ja nicht einmal erwähnenswert, hätte ich mich nicht beim Studieren der Inhaltsangabe derart verlesen: statt Urweltamazone las ich nämlich „Umweltamazone“, und sogleich bewegten sich vor meinem geistigen Auge allerlei sehr schräge Bilder. Kala, blond und weiß und nackt und prall im Kampf gegen Umweltsünder! Was für eine Vorgabe! Endlich könnten auch woke Kerle (und Lesben; Anmerkung der Sätzerin /und Transmenschen, Anmerkung von mir) Pornos konsumieren! Ich stelle mir die Grundidee so vor:  Kala, blond und weiß und nackt und prall (ich erwähnte es bereits) sieht eigentlich aus wie der feuchte Traum jedes Reichsbürgers, hat sich aber aus Solidarität mit den Verdammten dieser Erde vollkommen von sich distanziert und nutzt nun ihr arisches Aussehen, um damit Umweltsünder in die Falle zu locken. Sie muss sich daher nicht wie Kala die Urweltamazone mit Sauriern und menschenfressenden Neandertalern herumschlagen („Auf ihrer Flucht vor den menschenfressenden Gul sind Kala und ihr Echsenbruder Tyr tief in das Labyrinth der Blutenden Berge eingedrungen“), sondern mit Altölverklappern, Joghurtbecherproduzenten, SUV Fahrern und Kohlenhändlern. Allesamt weiße, toxische Männer, die sich nur allzu bereitwillig von Kala, der blonden, weißen, nackten und prallen Maid, ins Verderben locken lassen. Wie das aussehen könnte, muss ich noch recherchieren. Ich sehe großes Potenzial in der Sache. Endlich ein Pornoheft, das in jeder woken WG bedenkenlos offen herumliegen kann. Wenngleich – um meinen Freund Donald M. Huhn zu zitieren: „Ich bin zu reich und zu alt für diesen Scheiß.“ Falls jemand unter Ihnen die Saga von Kala der Umweltamazone realisieren möchte – greifen Sie zu. Ich hätte nur gerne ein kostenloses Abonnement dafür. Während ich mit der Meldung „Ingo Zamperoni verabschiedet Linda Zervakis“ nichts anzufangen weiß, da ich mit beiden Namen keine Gesichter verbinde und mich höchstens frage, ob es dann jetzt mit „A“ wieder von vorne los geht oder ob vielleicht Kai Gniffke auf den Schirm tritt und verkündet, man habe jetzt fertig, alle Buchstaben durch, gute Nacht, das war's, Flasche leer, habe ich beim Namen Matthias Richling sofort ein Gesicht vor meinem geistigen Auge. Ein Gesicht, was sage ich, Dutzende! Richling muss ein so genanntes Urgestein des Fernsehens sein. Was weniger daran liegt, dass er aus Waiblingen stammt, das auf fossilienreichem Muschelkalk steht, sondern daran, dass er schon auf Sendung war, als ich einen kleinen, dafür gewichtigen Sonyfernseher besaß und da sogar häufiger reinschaute. Ja, ich gehöre zu den wenigen heute noch lebenden Menschen, die Hugo Egon Balder noch ganz ohne Falten gesehen haben. Und die Kirsche und die Erdbeere. Ausgerechnet den Richling spielte mir Youtube dieser Tage vor, ungefragt, einfach so. Ich tat gerade etwas anderes, hatte aber Youtube noch auf dem Bildschirm, da ich mich zuvor über Vetter Itt und das Eiskalte Händchen amüsierte, und so entschied Al Gorithmus, mir ein Gespräch mit Richling zu präsentieren. Ein feiner Zug von Al, wie ich sogleich erkannte – Richling äußerte zum Thema „Coronapanik“ viele kluge Gedanken – und verwies damit souverän den Befrager in die Schranken.  Beifall von der falschen Seite sei ein Indiz dafür, dass auch Nichtnazis Nazis sind. Heißt es. Ich las dieser Tage bei einem in sozialen Medien recht omnipräsenten Freizeitpolitiker, dass die Aktion der – anfangs – 53 Aufrechten schon deswegen verwerflich sei, weil Attila Hildmann und Erika Steinbach sie begrüßt hätten. Kontaktschuld heißt dieses Vergehen. Im konkreten Fall war ich sehr amüsiert, hatte doch die Partei des Kritikers gerade erst zusammen mit der AfD gegen Merkels Ermächtigungsgesetz im Bundestag gestimmt. Zurück zu Richling – ob es ihn den Job im ÖR TV kostet, wenn ich das Gespräch mit ihm hier empfehle und verlinke? Noch schwanke ich. Verdächtig ist, dass Phoenix, in dessen Youtubekanal die Sendung nachgeschaut werden kann, keine Kommentare zulässt. Man ahnt dort, dass es ansonsten viel Beifall von der falschen Seite geben würde; man stelle sich nur vor, es gäbe einen Daumen hoch von … oder gar … Mein Rat: gucken Sie heimlich, es lohnt sich. Aber erzählen Sie Ihren Nachbarn nichts davon.  P.S. Im gleichen Rahmen (gleiche Welle, selbe Stelle) finden Sie auch ein Gespräch mit Hamed Abdel-Samad über ihn persönlich und über die Religion des Friedens. „Wenn ich zum Bäcker gehe, habe ich immer sechs Personenschützer um mich herum.“  Noraly ist wieder unterwegs – vor einiger Zeit berichtete ich hier von der Niederländerin Noraly, die sich Itchy Boots nennt, was ungefähr „Kribbelnde Stiefel“ heißt. Sie ist seit 2018 mit verschiedenen Geländemotorrädern weltweit unterwegs. Vor einigen Wochen ist sie, zuvor monatelang durch die WHO-Pandemie ausgebremst, wieder aufgebrochen; sie flog nach Südafrika, kaufte dort ein Bike und postet seitdem bei Youtube wieder ihre Vlogs. Nach zwei Wochen Pause bei einer südafrikanischen Freundin hat sie sich diese Woche zurück gemeldet, und das gleich mit einer spektakulären Folge, in der sie die weltberühmten Cango-Höhlen besichtigt. Die sind normalerweise voller Besucher, welche sich die bizarren Steinformationen im Inneren des weitläufigen Systems ansehen möchten. Dank der WHO ist dort jetzt aber gar nichts los, was Noraly eine Einzelbesichtigung mitsamt einigen Schritten über Geheimwege ermöglichte. Ich habe schon viele Höhlen besucht, aber die Cango toppt so ziemlich alles; man muss zudem beim Ansehen des Videos berücksichtigen, dass so ein Film nur einen minimalen Eindruck des Gezeigten vermitteln kann. Man kennt das. Was vor Ort einen einmaligen Eindruck vermittelt – sei es Berg, Meer, Wasserfall, Schlucht, ist daheim nur ein ganz schwacher Abklatsch. Sei's drum: die neue Folge von Itchy Boots ist absolut sehenswert.  Islands, das 1971 erschienene Album von King Crimson, sei, so kann man auf den Babyblauen Seiten lesen, bei Fans „umstritten“. Bei mir ist es das nicht, ich halte Islands für eins ihrer Meisterwerke. So wie auch die Rezensenten der Babyblauen Seiten, die allesamt Höchstnoten vergeben. Leider fand ich online keinen Clip, in dem die beiden ersten Titel „Formentera Lady“ und „Sailors Tale“ so ineinander gehen wir auf der Platte, Sie müssen daher – Ihr Interesse vorausgesetzt – die beiden Links  hier und hier nacheinander starten. Guten Flug. „Wir müssen unterscheiden, ob wir etwas bloß wissen, oder ob wir auch überzeugt davon sind. Zwischen dem Gewussten und dem durch Überzeugung Erworbenen besteht ein Unterschied wie zwischen dem adoptierten und dem leiblichen Kind. Die Überzeugung ist ein geistiger Akt, der sich im Dunkel vollzieht – eine geheime Einflüsterung und eine innerste Zustimmung, die dem Willen nicht untersteht.“ (Ernst Jünger, Das abenteuerliche Herz, 1938)
Archi W. Bechlenberg
Die KuK Militärwelt, in der das 1906 erschienene Buch „Der Schnaps, der Rauchtabak und die verfluchte Liebe“ spielt, ist mindestens so bizarr und fremd wie die Frage, wieso Mann, Frau, Trans eigentlich so ist, aber deutlich amüsanter.
article
02.05.2021 06:15
https://www.achgut.com/artikel/the_oyster_is_my_world_klimakrise_gefaehrdet_bonanza_folge_16
Al Jazeera gratuliert Israel zum 6o. Geburtstag
Despite many attempts by so-called moderate Arab governments with ties to Tel Aviv to gently introduce Israel to their masses, Arabs overwhelmingly hate the Jewish state. It is not just a matter of political disagreement, or a temporary feeling associated with the progression of one political solution to the Arab-Israeli conflict to another. It is simply an existential rejection of the Zionist entity as a whole. The Arabs have always found the idea of a colonialist entity, empowered by the west and enforced on the Arab world, as a particularly bitter pill to swallow. But Israel is ironically the object of secret envy even among its Arab enemies. It is a well-to-do and vibrant society. In addition to prosperity brought about by an outpouring of aid from Western countries, the founding fathers of Israel emphasised the role of scientific and technological advancement. It has also turned its land into a real democracy - for the Jews - and built an egalitarian society that for its Jewish population is considered a paradise. http://english.aljazeera.net/NR/exeres/BFD7441C-E3B0-4A4B-AE52-3B74F5FCD49D.htm
Henryk M. Broder
article
26.02.2008 22:12
https://www.achgut.com/artikel/al_jazeera
Sensation bei der Bundestagswahl 2021
Zitat aus der TAZ vom 15. Oktober 2005: „…Alle, die Angela Merkel eine kurze Amtszeit prophezeien, werden sich noch wundern. Diese Frau wird nicht einmal durch eine Überschwemmung oder ein Erdbeben mehr wegzukriegen sein. Da müßte schon eine neue Weltwirtschaftskrise oder ein neuer Börsencrash wie 1929 passieren, bevor diese Frau den Stuhl räumt. Von Honecker lernen heißt eben immer noch siegen lernen.“  Und jetzt zur Fortschreibung dieser Einschätzung. Presserechtliche Erklärung: Dies ist ein satirisches und damit unter die Kunstfreiheit fallendes, weil völlig aus der Luft gegriffenes Szenario. Jede etwaige Ähnlichkeit mit lebenden Personen wäre reiner Zufall. Am Wahlabend im September 2021 zeigen die CDU, die SPD und die Linke hohe Verluste. Die Kanzlerkandidatin der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, bleibt zunächst unsichtbar, in keinem der Wahlstudios des Fernsehens zeigt sie sich. Die anwesenden CDU-Politiker bedanken sich bei allen, die sie gewählt haben und grüßen auch alle freundlich, die sie nicht gewählt haben. Und vor allem möchten sie sich bei allen Wahlkämpfern und Wahlkämpferinnen in ihrer Partei sehr herzlich bedanken. Warum sie so enorme Verluste haben? Sie erklären das mit dem Hass und der Rechthaberei, die die Rechtspopulisten in der Bevölkerung entfacht haben. Bei der Linken sagt der Mit-Vorsitzende Rietzinger, dass Wagenknecht an den hohen Verlusten seiner Partei schuld sei. Sie hatte mehrmals während des Wahlkampfs gesagt, dass Rietzingers Idee, auch alle Klimaflüchtlinge dieser Welt in Deutschland willkommen zu heißen, totaler Schwachsinn sei. Aber es gibt einen anderen Grund: Die Linke hatte auch erklärt, dass Religion etwas Wunderbares sei, weil auch alle Religion humanitär und umweltfreundlich sei und dass auch Marx religiös tiefgläubig gewesen sei. Daraufhin waren Stammwähler zur AfD gewandert. Im Verlauf der Hochrechnungen erweist es sich, dass die CDU nur mit einem Prozent vor der AfD liegt. Mit 1 Prozent! Unglaublich! Das hatten die Markt- und Meinungsforschungsinstitute nicht prognostiziert. Sie hatten der CDU einen fulminanten Wahlsieg prophezeit. Denn die Kanzlerin hatte in den letzten zwei Jahren ihrer Kanzlerschaft nicht nur die Öko-Maßnahmen ihres "Klimakabinetts" vom 20.8.2019 geschafft, sie hatte danach in der UNO den von Präsident Macron betriebenen "Globalen Umweltpakt" durchgesetzt. Der sieht unter anderem vor, dass jeder Staat und jede Institution sowie jede natürliche oder juristische Person öffentlichen oder privaten Rechts auf der ganzen Welt dazu verpflichtet wird, die Umwelt zu schützen. Macron und Merkel erreichten zwar nicht, dass dieser Pakt rechtsverbindlich wurde. Aber Merkel sorgte dafür, dass der "Globale Umweltpakt" dann eben ohne Rechtsverbindlichkeit verabschiedet wurde. Sie hatte darauf hingewiesen, dass der in Marrakesch auch ohne Rechtsverbindlichkeit beschlossene UNO-"Migrationspakt" in Deutschland von jedem Richter freiwillig befolgt werde. Mit der Durchsetzung des "Globalen Umweltpakts" der UNO hat Merkel dazu beigetragen, die Klimafrage zu einer neuen Weltreligion zu machen, die in das Leben jedes Einzelnen in der Welt eingreift, denn in aller Welt gelten jetzt die moralischen UNO-Regeln der Vermeidung von Plastik, des Heizens der Wohnungen unter 18 Grad Celsius, des Fleischessens als Versündigung an der Menschheit und der Verehrung des Windrads, des Elektroautos, des Fahrrads. Außerdem hat seither der Glaube, dass eine Erderwärmung von 0,87 Grad Celsius seit dem Ende der kleinen Eiszeit – das war circa 1850 – und ein Anstieg des Meeresspiegels um 7 cm oder 8 cm eine Katastrophe seien, den Status einer Weltreligion. Die CDU hatte das zum Anlass genommen, in ihre Kampagne gegen die AfD auch noch Begriffe wie "Sünder", "Leugner", "Verschmutzer" und gelegentlich auch "Saubeutel" und "Dreckspack" einzufügen. Das alles in der Hoffnung, dass bei ihrer doch irgendwie noch christlichen Wählerschaft die Angst vor den vielen Teufeln in der Hölle aktivierbar sei. Wer will denn schon in einem großen Kessel kochen, während die Teufel mit ihren Mistgabeln darunter das Feuer schüren, zumal auch noch ein Kohlenfeuer! Das alles nützte der CDU nicht, es reichte nur zu einem Prozent mehr als die AfD. Dass die Prognosen der Markt- und Meinungsforschungsinstitute falsch sind, liegt daran, dass zum Zeitpunkt der Befragungen ein schöner Sommertag war und die gut gelaunten Leute an Merkels Umweltpolitik nicht herummäkeln wollten, zumal sie nach Kritik auch nicht gefragt wurden. Aber das war nur eine temporäre Stimmung, und da Markt- und Meinungsforschungen immer nur Stimmungen abfragen und nie die rationalen Urteile der Befragten, liegen sie jetzt eben falsch. Die AfD hat nichts davon, dass sie die zweitstärkste Partei ist, denn niemand will mit ihr koalieren. Schließlich hat der AfD-Vorsitzende schon mit seinem beigen Landadligen-Sakko und der Krawatte mit den treuen Landadels-Hunden signalisiert, wohin mit der AfD die Reise gehen sollte. Und dann behauptet dieser Landadlige auch noch, er sei "bürgerlich". Mit Wölfen im Schafspelz koaliert man nicht. Drittstärkste Kraft sind die Grünen. Das ist ganz einfach zu erklären: Die Grünen wurden von einem großen Teil der Bevölkerung gewählt, weil sie einen absoluten Idealismus in Reinform pflegen, vor allem aber, weil sich die Wähler der Grünen Staatsgelder, Posten, Privilegien und Quoten versprechen, kurz gesagt also: Versorgung. Es steht also die schwarz-grüne Koalition im Raum, die sich Angela Merkel seit dem September 2015 immer gewünscht hatte. Seltsamerweise jubelt jedoch am Wahlabend in der CDU-Parteizentrale keiner, und auch bei den Grünen herrscht eine eigentümlich gespannte Stimmung. Im Fernsehen wird gezeigt, wie in beiden Parteizentralen die Vorstandsetagen hell beleuchtet sind. Was haben die Hauptgremien beider Parteien denn noch zu erörtern? Kein Wort dringt nach draußen. Kramp-Karrenbauer fährt in die Grünen-Zentrale, voll abgeschirmt vor den rufenden Journalisten. Und immer noch zeigen sich weder Kramp-Karrenbauer, noch Habeck oder Baerbock in den Wahlstudios. Bei ARD und ZDF wird man nervös, schließlich beginnt gleich die Elefantenrunde. Die Elefantenrunde wird um eine Stunde verschoben! Was ist da los? Was steht denn nun Schwarz-Grün im Weg? Klar, die Grünen haben eine sehr starke Position. Die CDU ist nach dieser Wahl von den Grünen abhängig, denn Kramp-Karrenbauer hatte während des Wahlkampfs "Linien gezogen". Aber mit diesen Linien, mit der Ablehnung allein des Gedankens an eine Koalition mit den Teufeln, hatte Kramp-Karrenbauer sich in die Abhängigkeit von den Grünen begeben. Sie befindet sich also jetzt, am Wahlabend, in der Hand der Grünen. Jene hatten neben "Gemüse ist geil" auch "Alles Nazis außer Mutti" zu den Hauptthemen ihrer Kampagne gemacht. Damit übertünchten sie die Wut der Bürger auf die von ihnen geplanten Öko-Steuererhöhungen.  Dann teilen ARD und ZDF mit, dass diesmal die Elefantenrunde ausfällt! Was ist da los? Das Warten vertreiben sich die Journalisten mit der Frage, warum die SPD unter 10 Prozent gerutscht ist. Die SPD hatte 2020 ihre neue, zunächst emphatisch bejubelte Doppelspitze wieder zum Rücktritt gezwungen und war 2021 damit befasst, eine neue Dreierspitze bei allen Basisgremien vorzustellen, in der auch die Diversen zu ihrem Recht auf Gender-Repräsentanz kommen. Kurz vor der Wahl hatte sie diese neue Dreierspitze wiederum frenetisch gefeiert. Am Wahlabend zeigten die SPD-Politiker Empörung über die Wähler*innen, die es überhaupt nicht gewürdigt hätten, dass nun in der SPD neben dem "männlichen Blick" nicht nur der "weibliche Blick", sondern auch der "diverse Blick" repräsentiert sei. Um Mitternacht tritt dann doch Annegret Kramp-Karrenbauer vor die Kamera. Sie trägt ein schwarzes T-Shirt und ihre alte, frisch gewaschene weiße Campinghose. Neben ihr steht die Noch-Kanzlerin mit grüner Jacke, schwarzer Hose und mit ihrer Raute. Kramp-Karrenbauer bedankt sich zunächst einmal bei ihren so tapferen Mitstreitern. Dann die Sensation! Sie teilt mit, dass sie angesichts des knappsten Wahlsiegs aller Zeiten als CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidatin zurücktritt. Das bedeute aber für die Volkspartei CDU keine Krise, denn das Führungsgremium der Partei habe soeben einstimmig die Frau Bundeskanzlerin gebeten, wieder die Verantwortung für den Parteivorsitz und auch die Verantwortung für die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen zu übernehmen. Merkel sagt auf die ihr von den aufgeregten Journalisten zugebrüllte Frage, ob sie jetzt Kanzlerin werde, dass sie bereit sei, auf Wunsch Verantwortung weiterhin zu tragen, aber alles Weitere werde von den zuständigen Gremien beschlossen. Sie wirkt irgendwie verärgert und verlässt dann sofort das Podium. Nach dieser Sensation treten in der Nacht in allen Sendern die Politikwissenschafts-Professoren auf. Sie alle befassen sich mit der Deutung des Gemütszustands der Wählerinnen und Wähler, mit deren Zorn in der Gesellschaft des Zorns und der Vereinzelung des Einzelnen in der Gesellschaft der Singularitäten. Und mit den Ostdeutschen als Globalisierungsverlierern und auch sonst schwer Frustrierten. Ein Politikwissenschaftler meint, das Ganze liege daran, dass Kramp-Karrenbauer sich niemals zu einem abschmelzenden Gletscher begeben habe. Eine Kanzlerkandidatin müsse heutzutage tote Gletscher besuchen und dort einen Kranz niederlegen. Am nächsten Morgen um 6 Uhr früh erscheint bei Achgut.com ein Bericht, in dem aus zuverlässigen Quellen enthüllt wird, was am späten Wahlabend bei den hektischen Telefonaten und Treffen zwischen den Spitzen der CDU und der Grünen geschah: Die durch das Wahlergebnis erstarkte "Alles Nazis außer Mutti!"-Fraktion bei den Grünen hatte Druck ausgeübt: Nur Mutti habe das Format, Greta auf Augenhöhe zu begegnen. Damit hatte Kramp-Karrenbauer nicht gerechnet, als sie "Brücken bauen in bewegten Zeiten" zum Wahlkampfmotto der CDU gemacht hatte: Dass am anderen Ende der für sie entscheidenden Brücke Merkel stehen würde. In den darauffolgenden Wochen kommt alles anders. Die UNO ernennt Angela Merkel zur neuen Generalsekretärin. Am 31.12.2021 endet nämlich die Amtszeit von António Guterres, und dieser möchte keine zweite Amtszeit. Also kann Merkel am 1.1.2022 UNO-Generalsekretärin werden. Der Druck der "Alles Nazis außer Mutti!"-Fraktion ist bei den Grünen seit dem Wahlabend stärker geworden – nur hat sie jetzt ihr Motto erweitert. Es heißt jetzt: "Alles Nazis außer Mutti und Habeck!" Im Internet veröffentlicht ein Blogger ein selbstgedrehtes Video. Es zeigt Kramp-Karrenbauer, wie sie am Vortag abends Merkel zu Hause besucht hat. Am Tag danach wird mitgeteilt, dass Kramp-Karrenbauer CDU-Vorsitzende bleibt. Kramp-Karrenbauer, Habeck und Baerbock unterzeichnen den Koalitionsvertrag. AKK verlässt dann schnell den Raum. Die Journalistenfragen nach der Kanzlerschaft beantwortet sie nicht. In der Gerüchteküche kocht es. Dann kommt die Sensation: Noch am Vormittag wird Habeck zum Bundeskanzler gewählt. Kramp-Karrenbauer wird Außenministerin und Vizekanzlerin. So wird Merkels Traum von einer schwarz-grünen Koalition Wirklichkeit. Am 1.1.2022 tritt die neue UNO-Generalsekretärin in New York ihr Amt an. In den deutschen Medien wird sie als Verkörperung der neuen, gnostisch-apokalyptischen Umwelt-Weltreligion frenetisch gefeiert. Als deren geistiges Oberhaupt befindet sich Merkel jetzt auf Augenhöhe mit dem von ihr verehrten Papst. Ein paar Tage später gehen die Generalsekretärin und der Papst in Rom Pizza essen.
Dieter Prokop
„…Alle, die Angela Merkel eine kurze Amtszeit prophezeien, werden sich noch wundern. Diese Frau wird nicht einmal durch eine Überschwemmung oder ein Erdbeben mehr wegzukriegen sein", schrieb die Berliner taz schon im Jahr 2005. Hatte man damit womöglich recht? Folgen Sie mir ins Wahljahr 2021 und das Reich der Spekulation!
article
08.10.2019 13:00
https://www.achgut.com/artikel/sensation_bei_der_bundestagswahl_2021#comment_entries
Recycling eines Katastrophenszenarios
Gestern berichteten deutsche und britische Medien von einer angeblich neuen Studie zu den Folgen des Klimawandels für Sydney. Unter der Überschrift “Forscher sagen für Sydney Klima-Katastrophe voraus” konnte man etwa bei SPIEGEL online lesen: Die Prognosen für den Rest der Welt klingen derzeit dramatisch genug, für Sydney aber muten sie geradezu apokalyptisch an. Neue Klimaberechnungen prophezeien der australischen Metropole einen deutlichen Anstieg der Zahl der Hitzetoten, verheerende Buschfeuer und Riesenwellen, die Strände abtragen und Häuser zerstören. Bereits in dieser Einleitung steckt ein Fehler, denn der angeblich neue Klimabericht, den der Premier des Bundesstaates New South Wales (NSW) gestern vorlegte, war nicht neu. Wie der Sydney Morning Herald auf Nachfrage erfuhr, handelte es sich lediglich um einen Auszug aus einem bereits im September 2004 veröffentlichten Bericht der australischen Forschungsbehörde CSIRO. “Recycling” nannte der Herald denn auch folgerichtig das neue Klimakatastrophenszenario für Sydney. Aber der Report selbst ist vor allem ein Mittel der Regierung von NSW, von ihrem eigenen Versagen in der Infrastrukturpolitik abzulenken und den Klimawandel zum Beispiel für die Wasserknappheit verantwortlich zu machen. So wurde in Sydney der letzte Staudamm im Jahr 1978 gebaut. Seitdem hat die Stadt aber über eine Million Einwohner gewonnen, und wöchentlich ziehen nach wie vor ca. 1.000 Personen in die Hauptstadt von New South Wales. Die Regierungen der australischen Bundesstaaten haben allerdings seit den frühen 1980er Jahren den Ausbau ihrer Infrastruktur zugunsten einer strikten Haushaltskonsolidierungspolitik vernachlässigt. Wasser ist da nur ein Beispiel von vielen. Insofern handelt es sich bei dem angeblich neuen Katastrophenszenario für Sydney nicht um eine neue Studie, sondern vor allem um ein innenpolitisch motiviertes Ablenkungsmanöver der Staatsregierung von New South Wales, und als eben dieses wird es daher heute auch im Sydney Morning Herald kommentiert (hier und hier). Auf diesen innenpolitischen Hintergrund wird man allerdings weder bei SPIEGEL online noch bei den BBC News oder in irgendeinem der zahlreichen weiteren Artikel zu der angeblich neuen Studie hingewiesen. Statt dessen schließt der BBC-Artikel mit der Erinnerung: Along with America, Australia has refused to sign the Kyoto Protocol, the only two major industrialised nations to do so. Und darauf kommt es doch bei dieser Berichtererstattung schließlich an, oder?  
Oliver Marc Hartwich
article
01.02.2007 13:02
https://www.achgut.com//artikel/recycling_eines_katastrophenszenarios#leserpost_start
Die klassischen Muster der Judenverachtung (3)
In jeder Gesellschaft gibt es Begierden und Kräfte, die stärker sind als das gesetzlich vereinbarte Rechtsgefühl, und sie haben sich in der Geschichte oft durchgesetzt. Unter „gut“ verstehen Menschen, so Spinoza in seinem Traktat über die Ethik, „das, von dem sie mit Sicherheit wissen, das es ihnen nützlich ist“. Und nützlich schien den Zeitgenossen nicht Reuchlins Anmahnung an römisches Recht und christliche Nächstenliebe, sondern die Verfolgung und Beraubung ihrer jüdischen Mitbürger. Daher wurden Legitimationsmuster entwickelt, die das Unchristliche christlich, das Schlechte „gut“ erscheinen ließen. Die Juden waren auf Grund ihrer Minderheitssituation besonders als Opfer geeignet. Im Rechtsempfinden weiter Volkskreise – und das deutsche Volk ist hier nur ein Beispiel – galten sie über Jahrhunderte als Menschen zweiter Klasse. Als Moses Mendelssohn 1743 durch das Stadttor nach Berlin einwanderte, notierte der Zollbeamte in sein Wachbuch: „Heute passierten sechs Ochsen, sieben Schweine und ein Jude“. Die tief ins populäre Bewusstsein eingesickerte Verachtung übertraf nicht selten die der Herrschenden. Dieser populäre Judenhass geht weitgehend auf das Konto der Kirchen, die in diesen Zeiten den größten Einfluss auf Bildung und geistigen Zustand des Volkes ausübten. Die Stigmatisierung der Juden als „Mörder unseres Heilands“ rechtfertigte ihre Ausschließung aus dem Konsens der sonst gültigen Rechtlichkeit und lud zu Übergriffen ein. Daraus entstand mit der Zeit ein inoffizielles zweites Recht, ein Gewohnheitsrecht. Das schizophrene Verhältnis christlicher Gesellschaften zu ihrer jüdischen Minderheit ist so alt wie diese Gesellschaften selbst. Die zwei Gesichter christlicher Macht, weltlich und geistlich, führten gegenüber den Juden durch Jahrhunderte zu einem Hin und Her von Anziehung und Abstoßung, Privilegierung und Verfolgung, ganz nach Belieben und tagespolitischem Bedarf. Der weltliche Herrscher sagte Rechtssicherheit zu, zugleich schürten Geistliche den Judenhass mit den stereotypen Anschuldigungen vom Christus-Mord, von Blut-Hostien und ähnlichem. Oder umgekehrt. Viele Christen waren bei Juden verschuldet, oft waren auch die Herrscher verschuldet, Könige, Fürsten, Erzbischöfe, die zwar die Juden ins Land geholt und ihnen Rechtsschutz zugesagt hatten, dann aber über die Ausschreitungen hinweg sahen oder sie stillschweigend duldeten, schon deshalb, weil sie ihren Gläubigern galten. Die theologisch vorgetragenen Legitimationsmuster der Judenverachtung müssen daher immer vor den pragmatisch-profanen Hintergründen ihrer Entstehung betrachtet werden. Früher christlicher Antijudaismus resultiert zunächst aus dem Prozess der Abspaltung der messianischen Sekte der Jesus-Anhänger vom pharisäisch-rabbinischen Judentum, den Emanzipationsbemühungen der Sezession gegenüber der „Mutterreligion“, zudem aus Rivalitäten im Imperium Romanum, in dem die Juden seit der Zeitenwende den Status einer religio licita innehatten, welchen die Christen erst viel später erlangten, zu Beginn des vierten Jahrhunderts. Drei Jahrhunderte lang waren also die jüdischen Gemeinden auf Grund ihrer alten, unter Julius Caesar und Nachfolgern erlangten Privilegien gegenüber den Christen rechtlich bevorzugt. Daraus entstand viel Unmut, der sich in frühen christlichen Äusserungen niederschlug. Später standen die Juden dem Absolutheitsanspruch der Kirche im Weg, den „allein seligmachenden“ Glauben zu vertreten („Extra ecclesiam salus non est“, wie der Kirchenvater Cyprianus formulierte) – eine Position, die zwar innerhalb der Kirche umstritten blieb, aber in praxi weitgehend Anwendung fand. Seit Anbeginn versteht sich die Kirche als universal, während das Judentum – obwohl es sich auf andere Weise gleichfalls über die ganze Erde verbreitete – seine Gültigkeit auf ein einziges Volk beschränkt, das Volk Israel. Als dieses deklarierte sich aber zunehmend die christliche Gemeinde, mit der Begründung, die Juden als Volk Israel abgelöst zu haben. Daher wurde das fortdauernde Vorhandensein religiöser Juden als Störung und Herausforderung empfunden. Ihr beharrliches Festhalten am eigenen, älteren Glauben kränkte christlichen Religionseifer und löste immer neue, zwar im Großen und Ganzen vergebliche, dafür umso vehementere Missionierungswellen aus. Zur Diskriminierung der unbequemen jüdischen Minderheit gehörte ihre Beschränkung auf bestimmte Berufe, darunter den des Bankiers oder Geldverleihers. „Jemanden hassen“, um nochmals Spinoza zu zitieren, „ist, sich ihn als die Ursache seiner Unlust vorstellen.“ Wer empfindet nicht Unlust bei dem Gedanken an seine Gläubiger? Und welchem Herrscher wäre nicht unbehaglich bei dem Gedanken an eine Menschengruppe, die auf Grund eigener, noch dazu älterer Gesetze nicht alles mitmachen kann und will, was die übrige Gesellschaft geschlossen unternimmt? Besonders die Abneigung der Juden, sich an Militärdienst oder Krieg zu beteiligen, galt als Zeichen ihrer Untreue und rief Hass hervor. Im 10.Jahrhundert, als Kriegs- und Ritterwesen mehr und mehr das Antlitz christlicher Gesellschaften dominierten und sich allenthalben Männer zu geistlichen Verbänden zusammenschlossen, um mit dem Schwert in der Hand „für das Christentum“ zu kämpfen, sahen sich die europäischen Juden in der seltsamen Rolle, durch ihr Beispiel die eigentlichen christlichen Tugenden – Friedfertigkeit, Duldsamkeit, Opferbereitschaft – anzumahnen, eine Situation, die gewiss nicht zu ihrer Beliebtheit bei den christlichen Mitbürgern beitrug. Der Mainzer Jude Shimeon bar Isaak reflektierte darüber in einem Gedicht aus dieser Zeit: Ihre Festungen stehen auf schroffen Höhn, Sie gehn auf die Jagd unter drohendem Fels, Wo in engem Gedränge die Schilde stehn, Dazwischen Panzer und Helme, Weit leuchten Embleme und Wappen. Sie kämpfen mit blitzendem Schwert, Reichlich verzieret mit Silber und Gold, Die Reiter auf wiehernden Stuten, Die Sehne des Bogens gespannt mit dem Pfeil. Wir aber beten zum allmächtigen Gott, Der alle Kriege beendet. Shimeon bar Isaaks Gedicht ist eins der frühesten Bekenntnisse zum Pazifismus in Europa. Darüber hinaus eine frühe Artikulation der Verweigerung gegenüber gesellschaftlichen Ansprüchen, die ein Einzelner oder eine Gruppe aus Gesinnungsgründen ablehnt. In westlichen Gesellschaften von heute ein alltäglicher Vorgang. Ein modernes Motiv, eine Haltung gegenüber der Gesamtheit, die inzwischen allgemein anerkannt ist. Keine Frage, dass ein aufgeklärter Europäer unserer Tage den Krieg ablehnt, keine Frage, dass ein kritischer Staatsbürger nicht mehr bereit ist, unbesehen alles mitzumachen, was die Obrigkeit oder die Mehrheit von ihm verlangt. Das Motiv Verweigerung hat bei dem vor unseren Augen stattfindenden Zusammenbruch des europäischen Kommunismus eine entscheidende Rolle gespielt. Was wir „Zivilcourage“ nennen, selbständiges Entscheiden gegen den allgemeinen Druck der Gesellschaft, selbständiges Nachdenken, Sich-Befragen, Zweifeln, die Suche nach einer Alternative – all das sind alte jüdische Denk- und Verhaltensweisen. Traditionell ist jüdisches Denken dialogisch angelegt: der Widerspruch, die alternative Möglichkeit sind diesem Denken inhärent. Diese Methode ist seit frühestem jüdischen Schrifttum belegt. Die Bibel ist ein Buch des Dialogs: zwischen Menschen und ihrem Schöpfer, zwischen Mensch und Mitmensch. Auch der Talmud ist eine Dialogsammlung, ein Buch der Antinomien, des Fragens und Bezweifelns, des Gegenüberstellens verschiedener Meinungen. Die Wahrheit entsteht aus dem gegeneinander Abwägen unterschiedlicher Positionen in Streitgespräch und Diskussion. Die Anfechtung, die Opposition gegen einen Standpunk wird mitformuliert. Ein Leitmotiv des Talmud, das sich hindurchzieht wie ein roter Faden, ist der Halbsatz „An anderer Stelle wird gesagt...“, die legitime Bezweiflung der Wahrheit des von Menschen Gesagten und das Dagegenstellen eines anderen, gleichfalls aus der Schrift zu begründenden Wortes. Die Beschränktheit unserer menschlichen Erkenntnis und Einsicht wird ab initio angenommen, auf die Fiktion einer „objektiven“ menschlichen Wahrheit wird verzichtet. In der nächsten Folge lesen Sie: Biblische Bücher nicht als religiöse Schriften sondern als Nationalliteratur
Chaim Noll
Aus der Geschichte wissen wir: je fragwürdiger die Handlungen von Menschen, umso mehr brauchen sie Legitimierung, Jurisdiktion, Absicherung dessen, was man ohnehin tun wollte, durch ein Gefühl von Rechtlichkeit. Ein solches Selbstgefühl ist unerlässlich, um die für das Handeln notwendigen Energien – selbst wenn es Energien der Zerstörung sind – über eine bestimmte Zeit aufrecht zu erhalten. Heute im 3.Teil unserer Serie: Die Verfolgung und Beraubung jüdischer Mitbürger war nützlich
article
16.03.2016 12:00
https://www.achgut.com/artikel/die_klassischen_muster_der_judenverachtung_3
Willkommen auf der Welt, Liyona-Luris! Über neue Vornamen
Mein Lokalblatt ist auf eine, wie ich finde, sehr charmante (noch dazu kostengünstige) Idee gekommen, wie es regelmäßig eine ganze Seite füllen kann. Unter der Überschrift „Willkommen auf der Welt“ veröffentlicht es einmal im Monat Fotos von überwiegend quietschrosigen Neugeborenen. Ja, es ist sensationell aber wahr: sogar in Niedersächsisch-Sibirien, wo ich wohne, werden allem Gezeter über das Aussterben der autochthonen Bevölkerung zum Trotz Kinder geboren, immer wieder neue. Größe, Gewicht und künftige Wohnorte der Kleinen werden penibel dokumentiert, ebenso sind die aktuell angesagten Babyfummel zu besichtigen. Am schönsten aber sind für mich die Vornamen. Es ist natürlich klar, dass auch in der tiefsten Provinz niemand mehr Adolf genannt wird (Wolfgang übrigens auch nicht). Doch zeigen Einfälle wie die folgenden (weit jenseits von Kevin, Mandy & Yvonne), dass der Wille zur Distinktion auch und gerade fern der Metropolen Triumphe feiert. Aus der Januar- und Februar-Babyparade (Mihigru-Kinder wie der Mohamad und die Aria Lorin sind ausnahmsweise mal beiseite gelassen): Zoe Nias Leven Elias Jules Ronja Sophie Kathleen Sophie Benjamin Massera Jannis Fynn Joy Emelie Liyona-Luris Keanu Angelina (?) Anthony Jaden Alles natürlich gar nix gegen das schillernde Geschwistertrio mit den Vornamen Wilson Gonzales, Jimi Blue und Cheyenne Savannah. Irgendwas Schönes muss man wohl mit auf den Lebensweg kriegen, wenn die Eltern schon Natascha und Uwe Ochsenknecht heißen.
Wolfgang Röhl
article
09.03.2011 12:09
https://www.achgut.com//artikel/willkommen_auf_der_welt_liyona_luris_ber_neue_vornamen
Überforderte Tafeln
Deutschlands Medien berichten, dass die Tafeln die vielen Bedürftigen nicht mehr ausreichend versorgen können. Die neuen und alten Probleme müssten eigentlich bekannt sein. Außer man ist in Bullerbü zu Hause... oder in Potsdam. Auch in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam reichen die gespendeten Lebensmittel nicht mehr für alle aus. Ein Nachspiel, das ein altbekanntes Vorspiel hat. Mir war die Tafel mit ihren vielen fleißigen Mitarbeitern ziemlich gut bekannt. Da ein Anteil der Wartenden immer aggressiver auftrat, wurden an Ort und Stelle mit jeder Schicht Verhaltenstrainings durchgeführt. Die ansteigende Tendenz der unschönen Auseinandersetzungen muss bei den Verantwortlichen und Mitarbeitern einen teilweise beängstigenden Eindruck hinterlassen haben. Ich erhielt damals als Sicherheitstrainer den Auftrag, dort mal sehr genau hinzuschauen und mit den Mitarbeitern ein „Deeskalationstraining" durchzuführen.  Das erste Mal kam ich Ende Februar 2018 ins Staunen, als ich etwa anderthalb Jahre nach den ergriffenen Akut-Maßnahmen einen ZDF-Beitrag über die Potsdamer Tafel sah. Diese wurde als positives Gegenbeispiel zur Essener Tafel angepriesen. Zur Erinnerung: Die Essener hatten einen zeitweiligen Aufnahmestopp für Personen ohne deutschen Pass angeordnet. Vereinschef Jörg Sartor berichtete, die deutsche Oma und die Alleinerziehende hätten sich „zuletzt unwohl gefühlt durch die zunehmende Zahl ausländischer Männer". Teilweise sei es zu Drängeleien gekommen. Das ZDF ging deshalb in Potsdam gezielt der Frage nach, ob durch anstehende Migranten ebenso wie in Essen die Aggressionen zugenommen hätten. Der Tenor der Sendung: Von Sicherheitsbedenken könne keine Rede sein, hier ginge alles friedlich und geordnet zu. Die Lebensmittel reichten für alle aus. Der Moderator der Sendung und die zusammengeschnittenen Aufnahmen verstärkten im Gleichklang diese Aussagen. Der Beitrag wurde daraufhin auch in der ARD gesendet. Die umfangreichen praktischen Zustandsbeschreibungen der Mitarbeiter, die auch viele Beispiele enthielten, und meine eigenen Beobachtungen hingegen sagten etwas ganz anderes.  Und damit sind wir im Jahr 2022. An überlaufenen Essensstellen, in denen Mangel herrscht, geht es selten vornehm zu, sondern vorzugsweise mit Lautstärke, Ellenbogen und Ganzkörpereinsatz. Die Lokalzeitung Potsdamer Neueste Nachrichten (PNN) schreibt: „Zusätzlich zu den 1.200 regulären Kunden pro Woche versorgt die Tafel mittlerweile auch 1.400 Geflüchtete aus der Ukraine, sagte Tafel-Geschäftsführerin Imke Eisenblätter den PNN. Das sei deutlich mehr als 2015, als viele Kriegsflüchtlinge aus Syrien in Potsdam aufgenommen wurden. Erschwerend kommt hinzu, dass derzeit wegen der gestiegenen Lebensmittelpreise auch mehr Rentner und Hartz-IV-Empfänger Hilfe suchten: Zehn bis 20 neue Tafel-Kunden seien das pro Woche.“ Beim Lesen dieser Zeilen rieb ich mir die Augen. Die Ursprungsidee der Tafeln war, benachteiligten Menschen gleichrangig mit (fast) kostenlosen Lebensmitteln auszuhelfen, die Unternehmen spendieren. Ich konnte die Vorgänge mitten im Hochbetrieb verfolgen. Viele ehrenamtliche und fleißige Helfer sorgen dafür, dass jeder Berechtigte, der den Eingang betreten hat, gleichrangig behandelt wird, seine ersehnten Waren erhält und zufrieden nach Hause gehen kann. Keiner wird bevorzugt oder benachteiligt, unabhängig von seinem Alter, Geschlecht oder Nationalität.  Nun sind zu den 1.200 regulären Kunden noch einmal 1.400 Geflüchtete aus der Ukraine hinzugekommen. Unkontrollierte Grenzen und Einreisende führen dazu, dass über die tatsächlich eintreffenden Flüchtlinge und deren Aufenthaltsort niemand einen genauen Überblick hat. Dann müssen gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln für deren Verpflegung zusätzliche und kostenlose staatliche Aufgaben übernehmen, für die eigentlich Kommunen und Länder zuständig sind. Als skandalös darf man Formulierungen in der Lokalzeitung empfinden, wenn ausgerechnet Potsdamer Rentner und Hartz-IV-Empfänger als „erschwerend“ empfunden werden. Es darf neben einem Organisationsversagen nicht passieren, dass einheimische Rentner und Sozialempfänger gegenüber Flüchtlingen ins Sekundäre abrutschen.  Inzwischen hat die Stadt Potsdam zwei Verpflegungszelte des Technischen Hilfswerks als Provisorium aufgestellt. Allerdings erst wegen eines Hilferufes der Potsdamer Tafel. Es gibt Suppen, Essenspakete und Obst. Die Lokalpresse berichtet: „Dort war der Andrang zum Start 12 Uhr überschaubar, eine ehrenamtliche Übersetzerin der Tafel half beim Begrüßen der Gäste.“  Die Dezernentin Brigitte Meier sagte: „Das Angebot richtet sich insbesondere an Geflüchtete, die in ihrer Unterkunft keine Möglichkeit zum Kochen haben oder denen das Geld fehlt, weil sie noch keine Hilfe zum Beispiel über das Asylbewerberleistungsgesetz bekommen“. Natürlich müssen die Vertriebenen aus der Ukraine ausreichend versorgt werden. Ehrensache. Das sollte normalerweise für ein so reiches Land wie Deutschland kein größeres Problem darstellen, ist es aber doch, wie man sieht. Die Versorgung darf jedoch nicht auf Kosten der armen „Menschen, die schon länger hier leben“ gehen, egal ob Deutsche oder Migranten.  Bedürftige dürfen dabei nicht gegeneinander ausgespielt werden, das produziert vermeidbare Aggressionen. Flüchtlinge haben in Deutschland eine Lobby, Obdachlose und Hartz-IV-Empfänger dagegen nicht. Während registrierte Kunden bei der Potsdamer Tafel einen Unkostenbeitrag von zwei Euro pro Monat zahlen mussten, wird diese Summe von den Ukrainern nicht verlangt (es sei ihnen ausdrücklich gegönnt). Solche tatsächlichen oder vermeintlichen Petitessen sind für die Betroffenen aber oft keine Kleinigkeiten, sondern werden als diskriminierend empfunden. Zwei Euro können den sozialen Frieden kosten, wenn man nichts mehr besitzt.  Die Politik sorgt zuverlässig dafür, dass Deutschlands Tafeln weiterhin einem dramatischen Zu- und Überlauf ausgesetzt sind. Die PNN schreiben: „Der heimische Energieversorger Energie und Wasser Potsdam verschickt derzeit Schreiben, in denen eine Erhöhung des Preises pro Kilowattstunde um bis zu 65 Prozent angekündigt wird. Einen Singlehaushalt mit 1.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch belastet das auf zwölf Monate gerechnet mit rund 270 Euro mehr. Eine Familie mit 4.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch käme auf 720 Euro Mehrkosten im Jahr.“  Wenn auch noch die Treibstoffkosten, die Beträge für Heizwärme und dergleichen stark ansteigen, erhöhen sich auch die Preise für die Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfs. Die Inflation galoppiert. Es geht ans Ersparte, sofern vorhanden. In der Folge gibt es immer mehr Bedürftige und immer weniger Unternehmen, die es sich leisten können, kostenlos Lebensmittel zu spenden.    Steffen Meltzer ist Buchautor von „Ratgeber Gefahrenabwehr: Wie Sie Gewalt- und Alltagskriminalität in der Gesellschaft begegnen“. Zuletzt erschien von ihm „Die hysterische Republik“ von Steffen Meltzer (Hrsg.), 2021, Potsdam: Ehrenverlag. Hier bestellbar.
Steffen Meltzer
Deutschlands Medien berichten, dass die Tafeln die vielen Bedürftigen nicht mehr ausreichend versorgen können. Die neuen und alten Probleme müssten eigentlich bekannt sein. Außer man ist in Bullerbü zu Hause... oder in Potsdam.
article
25.04.2022 14:00
https://www.achgut.com/artikel/ueberforderte_tafeln_/P21#comment_entries
Juli-Inflationsrate liegt „nur“ bei 6,2 Prozent
Aber vor allem bei Nahrungsmitteln und Strom liegen die Preissteigerungen weiterhin viel höher. „Anstieg der Verbraucherpreise verlangsamt sich“, „Inflation schwächt sich im Juli auf 6,2 Prozent ab“ oder „Anstieg der Verbraucherpreise verliert an Tempo“ sind die Meldungen überschrieben, in denen über die Zahlen des Statistischen Bundesamts zur Preisentwicklung berichtet wird. Haben sich die Kollegen, die diese Überschriften verfassten, schon so sehr an die Inflation gewöhnt, dass sie sich bei solchen Zahlen entspannen können, die in der Bundesrepublik früher für vernehmliche Unruhe gesorgt hätten? Immerhin lag die Inflationsrate in Deutschland − gemessen als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat – im Juli 2023 doch bei den erwähnten 6,2 Prozent. Es ist doch keine wirkliche Erleichterung im Vergleich zum Juni 2023, als sie bei 6,4 Prozent gelegen hatte. „Die Inflationsrate hat sich etwas abgeschwächt, bleibt aber weiterhin auf einem hohen Niveau“, beschreibt Ruth Brand, die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, die Situation und ergänzt: „Besonders die Preisentwicklung von Nahrungsmitteln treibt die Inflation weiter an. Zudem erhöhten sich die Energiepreise wieder etwas stärker als in den beiden Vormonaten.“ Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilte, stiegen die Verbraucherpreise im Juli 2023 gegenüber dem Vormonat Juni 2023 um 0,3 Prozent. Für die Menschen, die über keine üppigen Einkommen verfügen, reicht eine anhaltende Inflation auf diesem hohen Niveau, um sich spürbar auf den Alltag auszuwirken. Insbesondere, wenn die Preise dort besonders stark ansteigen, wo die Sparmöglichkeiten oft schon ausgereizt sind. So war beispielsweise Strom im Juli 2023 um 17,6 Prozent teurer als im Juli 2022. Auch Nahrungsmittel bleiben mit +11,0 Prozent ein starker Preistreiber gegenüber Juli 2022. Vor allem Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren (+18,9 Prozent) wurden deutlich teurer, wie auch Brot und Getreideerzeugnisse (+16,6 %), Gemüse (+15,7 Prozent), sowie Fisch, Fischwaren und Meeresfrüchte (+14,1 Prozent). Angesichts solcher Zahlen gibt es für viele Menschen keinen Grund zur Entspannung und für politische Verantwortungsträger keine Grundlage dafür, so zu tun, als sei die Inflation eigentlich schon überwunden.
News-Redaktion
Aber vor allem bei Nahrungsmitteln und Strom liegen die Preissteigerungen weiterhin viel höher.
article
08.08.2023 11:30
https://www.achgut.com/artikel/juli_inflationsrate_liegt_nur_bei_62_prozent
Frey in Israel: Kriegsflüchtlinge im Süden
Wegen der Zerstörungen, die der Terror der Hamas vom 7. Oktober anrichtete, und des Raketenbeschusses aus dem Gazastreifen haben viele Zehntausende Israelis ihre Wohnstätten verlassen müssen. Sie sind seit Monaten provisorisch in anderen Kibbuzim oder in den Hotels des Badeortes Eilat am Roten Meer untergebracht. Tom David Frey schildert in diesem Video seine Eindrücke.
Tom David Frey
Die Welt nimmt keine Notiz von ihnen, doch auch in Israel sind Menschen auf der Flucht: Wegen des Terrors der Hamas haben viele Zehntausende Israelis ihre Wohnstätten verlassen müssen. Sie sind seit Monaten provisorisch in anderen Kibbuzim oder in den Hotels des Badeortes Eilat am Roten Meer untergebracht.
article
05.01.2024 12:00
https://www.achgut.com//artikel/frey_in_israel_kriegsfluechtlinge_im_sueden#section_leserpost
Vera Lengsfelds Notizen von unterwegs
Im harten Lockdown sind die Buchläden geschlossen. Aber Vera Lengsfelds neues Reisebuch kann man bestellen. Chaim Noll hat für „Notizen von unterwegs“ ein Vorwort geschrieben, das wir hier veröffentlichen: Vera Lengsfeld ist in ihrem Leben weit gereist. Ihre Notizen von unterwegs hat sie zu kurzen, prägnanten Reiseberichten kompiliert, die tagebuchartig festhalten, wo sie war, was sie gesehen und gehört hat, und gelegentlich, doch nie dominierend, was sie darüber denkt. So berichtet sie von Reisen in alle Himmelsrichtungen, nach Argentinien, Litauen, Israel, China, Rumänien, Spanien, Zypern, Estland, Kuba, Deutschland, Polen, Chile oder Sibirien, auch in Gegenden, über die sonst kaum etwas Vernünftiges zu erfahren ist, wie das quasi-autonome Gebiet Transnistrien. Die Autorin gibt keine unnötigen Erklärungen ab, warum sie sich an diesem oder jenem Ort aufhielt, teilt über sich nur das Nötige mit und vermeidet die bei anderen Reiseautoren üblichen Abschweifungen in eigene Reflexionen und Weltgedanken. Gegenstand ihres Berichts ist immer der besuchte Ort. Den versucht sie, soweit möglich, zu Fuß zu erkunden. So, „auf Augenhöhe“, in direktem vis à vis, begegnet sie dem Unbekannten, das sie fernen Orts erwartet, stellt sich ihm mit Neugier und Offenheit, mit einem jugendlich wirkenden Interesse an den Problemlösungen Anderer. Wie genau sie die Atmosphäre einer Stadt oder Landschaft einzufangen weiß, kann ich dort nachvollziehen, wo sie mir bekannte Orte besucht, etwa Petrosawodsk in Karelien. Genau so habe ich selbst diese weltferne Gegend in Erinnerung. Ihre Neugier geht in die Tiefe, oft schmerzhaft, auf Kosten der Idyllik des Reisens. Ihrerseits früh mit Geschichte konfrontiert, erweist sie sich als unerschrockene Spurensucherin, versessen auf das Historische hinter den Fassaden des Alltäglichen. In Moskau sieht sie die Schönheit des rekonstruierten alten Arbat, doch sie wirft auch einen Blick auf das Hotel Lux, in dem in den dreißiger Jahren, zur Zeit der „Großen Säuberung“, die emigrierten Ausländer wohnten und in hypnotischer Starre warteten, bis die Männer in den Ledermänteln kamen, meist im Morgengrauen, und sie abholten. Gleich nebenan ist die Lubjanka, das Gefängnis der sowjetischen Staatssicherheit, in der abgeurteilt, nach Sibirien verschickt, nicht selten auch gleich hingerichtet wurde. Vera Lengsfeld, kundig in der Literatur des Schreckens, erkennt das Dom na Nabereshnoj, das „Haus an der Uferstraße“, dessen Insassen, Funktionäre und hohe Offiziere fast alle den Weg in die Lager gingen. Zugleich ist sie imstande, die grandiose Ausstrahlung der alten russischen Metropole zu beschreiben, die den Schatten standhält, die eine wechselvolle, nicht selten tragische Geschichte auf sie wirft. Die meisten Orte, die sie besucht hat, befinden sich in einem rapiden, manchmal radikalen Wandel. So dass es an sich verdienstvoll ist, den Jetzt-Zustand gewissenhaft zu beschreiben, weil er zum Zeitpunkt der Niederschrift schon aufgehört hat zu bestehen und womöglich nur in Lengsfelds Notizen überdauert. Das gilt für die Wunden und Krater des Krieges auf dem Balkan nach dem Zerfall Jugoslawiens, für die Foltermale Rumäniens, das bunte Elend Kubas der späten Castro-Zeit. Novosibirsk nennt sie in diesem Nebeneinander von alt und neu, von gestriger Misere und sich abzeichnendem Aufschwung eine  „Patchworkstadt“. Das Wort trifft in dieser Zeit schneller Veränderung auf manchen der besuchten Orte zu. Sogar Ushuaia auf Feuerland, am Rand der bewohnbaren Welt, kurz vor dem Übergang ins ewige Eis, hat sich verwandelt: aus der ehemaligen argentinischen Strafkolonie von achthundert Seelen wurde, wie die Reisende festhält, binnen weniger Jahrzehnte „eine boomende Stadt mit 60.000 Einwohnern.“ Viele historische Details, die Vera Lengsfeld recherchiert und repetiert, waren mir unbekannt, und jetzt davon zu erfahren, macht dieses Buch für mich zur spannenden Lektüre. Weil sich im Historischen immer die Geheimnisse des Heutigen verbergen, über die nachzudenken wir sanft genötigt werden. Ich wusste bisher wenig oder nichts über Beijings Stadtentwicklung, über die strukturellen Probleme chinesischer Mega-Metropolen oder über Kuba, wo ich nie war. Oder über die Wechselfälle in der Geschichte der Insel Helgoland. Oder die Tragödie der Stadt Warschau, die von den Nazis „zu neunzig Prozent dem Erdboden gleich gemacht“ wurde. Doch das Unheimliche, Bedrohliche kann auch mitten im Frieden geschehen, in einer westlichen Demokratie. Bei einem Besuch in Madrid beobachtet Vera Lengsfeld die Diskrepanz zwischen Medienbild und Wirklichkeit, die neue, heimliche Art der Desinformation: „Als ich am anderen Morgen die Nachrichten im Fernsehen anschaue, stelle ich fest, dass die Zahl der Teilnehmer des Protestzuges absurd niedrig angegeben wurde. Sechshundert sollen es nur gewesen sein, wo ich mehrere Tausend an dieser Kreuzung gesehen habe (…) Arroganz der Macht? Auf die Dauer werden sie damit nicht durchkommen.“ Arroganz und Schwäche westlicher Politik entgehen ihr nicht, vor allem nicht die Zeichen einer verfehlten, antiquierten Außenpolitik der europäischen Staaten: „Die Türkei denkt nicht daran, die griechische Stadt Famagusta zurückzugeben, wie sie sich verpflichtet hat. Sie kann darauf vertrauen, dass die EU von ihr die Vertragserfüllung nicht einfordert.“ Und sie ahnt die Folgen dieser schwachen Politik: „Ich werde das beklemmende Gefühl nicht los, dass unsere Reise in die Vergangenheit des Bürgerkrieges im ehemaligen Jugoslawien eine Zeitreise in die Zukunft Europas ist.“ Vera Lengsfeld ist eine Frau mit großer Lebenserfahrung und politischem Gespür. Wie ihre Reise-Impressionen zeigen, ist sie weit in der Welt herumgekommen. Dabei bodenständig geblieben mit ihrem Hanggrundstück voller Obstbäume, das sie von ihrer Großmutter in Thüringen geerbt hat. Einmal bin ich mit ihr in der Wüste gewandert und habe ihre unglaubliche Ausdauer erlebt. Die sie auch anderswo zeigt, zum Beispiel in ihrem Eintreten für demokratische Freiheiten. Sie erkletterte die Sandhügel und Felsen der Negev-Wüste schneller als jeder andere. Training, sagte sie. Denn sie muss, um ihre Obstbäume zu ernten, ständig hügelauf und -ab laufen. Reisen ist nur eine Seite ihre Lebens. Und sie ist davon nicht, wie viele andere, konfus, „für alles offen“ und meinungslos geworden. Vera ist auf ihren weiten Fahrten durch die Welt ein Mensch geblieben, der ein Zuhause hat, eine klare Orientierung. „Notizen von unterwegs“ von Vera Lengsfeld, 2020, BOD, hier bestellbar.
Chaim Noll
Vera Lengsfeld ist eine Frau mit großer Lebenserfahrung und politischem Gespür. Wie ihre Reise-Impressionen zeigen, ist sie weit in der Welt herumgekommen. Dabei bodenständig geblieben mit ihrem Hanggrundstück voller Obstbäume, das sie von ihrer Großmutter in Thüringen geerbt hat. Einmal bin ich mit ihr in der Wüste gewandert und habe ihre unglaubliche Ausdauer erlebt. Die sie auch anderswo zeigt, zum Beispiel in ihrem Eintreten für demokratische Freiheiten.
article
20.12.2020 11:00
https://www.achgut.com//artikel/vera_lengsfelds_notizen_von_unterwegs#section_leserpost
Ein klarer Fall von Notwehr
Nach der Fatwah gegen Salman Rushdie, dem Mord an Theo van Gogh und den mißglückten “Kofferbombenanschlägen” haben wir es mit einem weiteren Fall von Notwehr zu tun, bei dem der Provokateur auf ein freudliches “Salam aleikum” dem Provozierten aggressiv ins Messer lief. http://www.welt.de/politik/article1183232/Botschaften_im_Internet_verrieten_den_Taeter.html Messerattacke auf Rabbiner weitgehend aufgeklärt Frankfurt/Main (AP) Eine Woche nach der Messerattacke auf einen Rabbiner der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main ist die Tat weitgehend aufgeklärt. Nach einem Hinweis in einem Internetforum nahm die Polizei einen 22-jährigen Deutschen fest, der den Angriff inzwischen gestanden hat. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft vom Freitag bestreitet er aber sowohl eine Tötungsabsicht als auch einen antisemitischen Hintergrund. Angeblich habe er sich von dem Rabbiner nach einer verbalen Auseinandersetzung körperlich bedroht gefühlt. Anzeige Gegen den Festgenommenen wurde Haftbefehl wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung beantragt. Der in Frankfurt geborene junge Mann wurde am Donnerstagabend im Vorort Hattersheim festgenommen, wo er bei seinen aus Afghanistan stammenden Eltern wohnt. Zuvor hatte die Polizei einen Hinweis bekommen, dass sich in einem Internet-Chatroom jemand mit Einzelheiten über die Attacke und den ihm persönlich bekannten Täter äußere. Ermittler gingen daraufhin selbst in das öffentlich zugängliche Internetforum und kamen so dem Verdächtigen auf die Spur. Über einen islamistischen Hintergrund des Festgenommenen ist Justiz und Polizei nach den Worten von Oberstaatsanwältin Doris Möller-Scheu nichts bekannt. Der 22-jährige Moslem sei auch nicht vorbestraft, habe aber bereits in der Vergangenheit eine jugendrichterliche Ermahnung bekommen. Bei seinen Vernehmungen gab er zu, bei dem Zwischenfall auf offener Straße vor einer Woche mit einem Taschenmesser auf den 42-jährigen Rabbiner Zalman Gurevitch eingestochen zu haben. Der jüdische Geistliche lag eine Woche nach der Tat am Freitag noch immer im Krankenhaus. Er erlitt aber keine lebensgefährlichen Verletzungen und befand sich schon wenige Tage nach dem Messerstich in den Bauch auf dem Weg der Besserung. Über den Tatablauf gehen die Darstellungen des Festgenommenen und seines Opfers weit auseinander. Gurevitch hat ausgesagt, der junge Mann habe ihn erst in einer Fremdsprache angesprochen und dann mit den Worten «Scheiß-Jude, ich bring dich um» auf ihn eingestochen. Diesen Ausspruch bestreitet der 22-Jährige aber ebenso wie jede Tötungsabsicht. Er behauptet stattdessen, den Rabbiner mit «Salem aleikum» gegrüßt zu haben. Daraufhin sei es zu einer erst verbalen und dann auch körperlichen Auseinandersetzung gekommen. Weil er sich dem jüdischen Geistlichen unterlegen fühlte, habe er dann mit dem Messer mit einer 7,6 Zentimeter langen Klinge auf Gurevitch eingestochen. Justiz von Zufallstat überzeugt Die Ermittler erhoffen sich jetzt von weiteren Zeugenvernehmungen nähere Erkenntnisse. Der junge Mann sollte noch am Freitag dem Haftrichter vorgeführt werden. Er bestreitet laut Möller-Scheu auch, die beiden jungen Frauen zu kennen, die Zeugen in seiner Begleitung gesehen haben wollen und die unmittelbar nach dem Angriff weggelaufen waren. Die beiden 15 bis 16 Jahre alten Mädchen seien nur zufällig hinter ihm gegangen, er habe weder sie noch den Rabbiner gekannt. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ist nach den Worten ihrer Sprecherin weiter davon überzeugt, dass es sich bei der Attacke um eine Zufallstat und keinen geplanten Angriff handelt. Aus dem beantragten Haftgrund versuchter Totschlag ist indes zu schließen, dass die Ermittler der Version des 22-Jährigen nur bedingt Glauben schenken. Der Festgenommene hat angegeben, das per Knopfdruck zu öffnende Messer immer mit sich zu führen, wenn er nach Frankfurt gehe. Die Polizei hatte auch mit einer Phantomzeichnung nach dem Täter gesucht. Sein offensichtlicher Bekannter, dessen Äußerungen in dem Internetforum auf die Spur des 22-Jährigen führten, soll dort aber gesagt haben, das Bild habe wenig Ähnlichkeit mit dem Mann. © 2007 The Associated Press. Alle Rechte Vorbehalten - All Rights Reserved
Henryk M. Broder
article
14.09.2007 15:18
https://www.achgut.com/artikel/ein_klarer_fall_von_notwehr
Kommt ein „Flüchtlings-Deal” der EU mit dem Libanon?
Zypern und die EU arbeiten an einem Abkommen mit dem Libanon, um die Weiterreise syrischer Migranten zu verhindern. Die EU will dafür zahlen, doch das könnte auch der Hisbollah helfen. Dies kündigte der Präsident Zyperns, Nikos Christodoulidis an. Die EU will Libanon, was wirtschaftlich am Boden liegt, finanziell dabei helfen, die syrischen Flüchtlinge besser unterzubringen, damit sich weniger sich auf den Weg nach Zypern und damit in die EU machen. Dabei soll nicht nur die Flüchtlingshilfe direkt unterstützt werden, sondern auch die Stabilisierung des Landes durch Förderung der Instanzen, etwa der Streitkräfte. Eine Rücknahme von syrischen Flüchtlingen durch Libanon, wo die Flüchtlinge zumindest vor dem Bürgerkrieg in Syrien sicher sind, ist nicht vorgesehen. Christodoulis forderte, das bestimmte Gebiete in Syrien, wo kein Bürgerkrieg herrscht, als sichere Regionen eingestuft werden und keine syrischen Flüchtlinge von dort aufgenommen würden. Der Grund, warum immer mehr Syrer aus Libanon sich gerade jetzt auf den gefährlichen Seeweg nach Zypern machen, wird auf die eskalierende Sicherheitslage im Land zurückgeführt. Da die pro-Iranische Hisbollah-Miliz immer wieder aus Süd-Libanon Raketen auf Israel abschießt, könnte Libanon in den Krieg Israels gegen die Hamas im Gazastreifen hineingezogen werden. Sowohl Zypern als auch Libanon werden von syrischen Flüchtlingen überströmt. In Zypern, mit weniger als einer Millionen Einwohner, sind fast 7 Prozent der Bevölkerung Migranten. Seit Anfang des Jahres kamen bereits etwa 4000 Migranten in Zypern an. Christodoulis sagte, sein Land sei nicht in der Lage, noch mehr aufzunehmen. Zypern hat, gemessen an der Bevölkerung, die meisten syrischen Flüchtlinge in der EU. In Libanon ist die Situation sogar noch schlimmer: Zu den 5,3 Millionen Einwohnern kommen noch 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge hinzu. Das Land hat sogar die meisten Flüchtlinge weltweit, gemessen an der Einwohnerzahl. Fraglich ist allerdings, ob die geplanten Finanzhilfen an den Libanon nicht in die Hände der Terrororganisation Hisbollah gelangen, die sowohl Teil einer unstabilen Koalitionsregierung, als auch de facto die stärkste Macht im Land ist. Die gutgemeinte Hilfe im Zusammenhang mit der Stabilisierung des Landes und der Hilfe mit den Flüchtlingen könnte dann am Ende zumindest teilweise gegen Israel angewendet werden. (Quellen: Tagesschau, Süddeutsche Zeitung)
News-Redaktion
Zypern und die EU arbeiten an einem Abkommen mit dem Libanon, um die Weiterreise syrischer Migranten zu verhindern. Die EU will dafür zahlen, doch das könnte auch der Hisbollah helfen.
article
22.04.2024 15:16
https://www.achgut.com/artikel/fluechtlingsabkommen_zwischen_zypern_und_libanon_in_vorbereitung
Die Esel geben den Ton an
Das stolze Europa geht in die Knie. Italien muss froh sein, dass ihm China mit Ärzten und technischer Ausrüstung zu Hilfe kommt, ebenso wie Russland, Putins Reich des Bösen. Sogar Kuba, eines der ärmsten Länder der Welt, hat jetzt Ärzte in Marsch gesetzt, um die Corona-Epidemie in der Lombardei einzudämmen. Bei der Ankunft in Bergamo versammelte sich die 52-köpfige Delegation zum Gruppenbild um ein goldgerahmtes Foto Fidel Castros.   Noch in der Hölle dürfte sich der Máximo Lider vor Vergnügen über die humanitäre Beschämung der „Kapitalisten“ durch die Nachlassverwalter seines kommunistischen Erbes auf die Schenkel schlagen. Wo jene die Zeit verschlafen, sind sie zur Stelle. Kein Wunder, wenn ihnen die Zukunft nochmals gehören würde. Da den Europäern in der Krise nicht mehr einfällt, als die Wirtschaft lahmzulegen, werden sie nach der Pandemie hoffnungsloser als zuvor am Tropf der überlebenden Diktatoren hängen.  Was wir selbst nicht produzieren wollen, müssen wir dann zunehmend aus Ländern wie China oder Russland einführen, wenn schon nicht gerade aus Kuba. Von der Karibikinsel ist bis auf Weiteres nichts zu erwarten, das der Westen bräuchte, um auskömmlich zu überleben; abgesehen von der Versorgung mit den Zigarren, die ich mir gelegentlich leiste. Die Anderen aber mögen sich bereits heute auf glänzende Geschäfte in der Zukunft freuen. Ökonomisch haben sie das Heft in der Hand. Zahlen müssen die Deppen, die deutschen zumal. Die Entwicklung, die sie angestoßen haben, wird durch die Corona-Epidemie lediglich beschleunigt. Gesellschaften, die ihr Heil im infantilen Verteufeln des Fortschritts suchen, sollten nicht zetern, wenn sie demnächst auf dem Weltmarkt das Nachsehen haben. Die Katastrophe nach der Katastrophe ist hausgemacht. Wo man lieber Windmühlen betreibt, als auf die sichersten Atommeiler zu vertrauen oder Kohlekraftwerke mit reduziertem CO2-Ausstoß am Netz zu lassen, ist der volkswirtschaftliche Sachverstand perdu. Wo der Umstieg vom Auto auf den Drahtesel zum moralischen Imperativ erhoben wird, sind es eben auch die Esel, die den Ton angeben, störrisch und kopflos bis zum drohenden Bankrott. Während die Chinesen ihre Produktion bereits wieder hochfahren und die Lager füllen, wiegen sich die Europäer unverdrossen in der Illusion, von der Substanz zehren zu können. Der verordnete Stillstand soll es richten, getreu der alten Beamtenweisheit, dass, wer nichts macht, auch nichts falsch machen kann. Sollte dabei die Wirtschaft baden gehen, mag das am Ende noch denen recht sein, die ohnehin meinen, der Kapitalismus sei die größte Umweltsünde aller Zeiten.  Verbote und Einsparungen, Beschränkungen der individuellen Freiheit allein haben aber bisher noch keiner Volkswirtschaft geholfen, nach der Krise wieder auf die Beine zu kommen. Wer die fraglos bestehende Gefahr dramatisiert, mag politisch kurzfristig profitieren, indem er sich das Ansehen des Krisenmanagers gibt, auf Dauer aber richten die Hysteriker größeren Schaden an als die medizinisch zu bekämpfende Krankheit. Politiker, die sich die Kompetenz von Ärzten anmaßen, liefern das Land, Europa, den altersmüden Westen jenen aus, die schon in der Krise mit dem Wiederaufbau beginnen. Um die Demokratie werden sie sich nachher so wenig scheren wie zuvor. In der Not schlägt die Stunde der hilfsbereiten Machthaber, der Máximo Lider.
Thomas Rietzschel
Europa im Corona-Schock: Während die Chinesen ihre Produktion bereits wieder hochfahren und die Lager füllen, wiegen sich die Europäer unverdrossen in der Illusion, von der Substanz zehren zu können. Der verordnete Stillstand soll es richten, getreu der alten Beamtenweisheit, dass, wer nichts macht, auch nichts falsch machen kann.
article
24.03.2020 15:16
https://www.achgut.com//artikel/die_esel_geben_den_ton_an
Der Mann, dem sie die Sonne übelnehmen
Von Pierre Heumann. „Viel Glück mit der Publikation“, wünschte Nir Shaviv dem Reporter Doron Levin, der ihn für die Onlineausgabe des Wirtschaftsmagazins Forbes interviewt und anschließend den Text zum Gegenlesen vorgelegt hatte. Der israelische Astrophysiker ahnte, dass die Redaktion den Text ablehnen würde. Denn ein Jahr zuvor hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg die Veröffentlichung eines Gesprächs mit ihm über die Ursachen des Klimawandels ebenfalls verweigert. Zunächst sah es so aus, als ob Shaviv die Forbes-Redaktion falsch eingeschätzt hatte. Seine Zitate wie „Klimawandel hat es immer schon gegeben, und daran wird sich nichts ändern“ oder „der CO2-Ausstoß spielt dabei nicht die größte Rolle, sondern die periodische solare Aktivität“ fielen der Zensur von Forbes nicht zum Opfer. Das Interview erschien online mit dem Titel „Klimaerwärmung? Ein israelischer Astrophysiker liefert eine alternative Sicht, die man nicht ohne weiteres ablehnen kann“. Der Text stieß bei den Lesern auf großes Interesse und wurde in kürzester Zeit 40.000 Mal aufgerufen. Doch während Shaviv mit seiner Familie den Strand von Tel Aviv genoss, stellte er plötzlich fest, dass Forbes das Interview nach vier Stunden vom Netz genommen hatte. Es habe den Qualitätsanforderungen der Redaktion nicht genügt, begründete die Redaktion die ungewöhnliche Sperre. Shaviv hat dafür allerdings eine andere Erklärung: Seine Thesen über den Klimawandel seien politisch nicht korrekt gewesen. Wir besuchen den 47-jährigen Dekan der physikalischen Abteilung in seinem Büro auf dem Campus der Hebräischen Universität. Ein 8-inch Schmidt-Cassegrain Amateur-Teleskop dominiert das Zimmer und erinnert an den Ursprung seiner Faszination mit dem Universum. Schon als Kind habe er mit diesem Fernrohr einen Teil seiner Freizeit als Hobbyastronom verbracht, sagt er. Der Teenager war hochbegabt. Mit 13 Jahren studierte er bereits am Technion in Haifa, einer der weltweit führenden technischen Hochschulen, das mit dem Massachusetts-Institut für Technologie oder der ETH Zürich vergleichbar ist. Bereits zwei Tage nach Abschluss seiner Matura bestand er sein letztes Bachelorexamen am Technion. Noch während seines Armeedienstes in der Eliteeinheit 8200, die auf Cybersicherheit und digitale Spionage spezialisiert ist, schrieb er seine Masterarbeit. Kaum hatte er die Uniform abgelegt, lagen seine Ergebnisse schon vor. Er habe eben stets parallel gelernt, meint Shaviv mit einem etwas verlegenen Lächeln auf die Frage, wie er das alles in so kurzer Zeit geschafft habe. Der Sohn einer prominenten Architektin und eines renommierten Physikprofessors ist in einem Solarhaus aufgewachsen, das seine Mutter konzipiert hatte. Energiebewusstes Verhalten war in seinem Elternhaus eine Selbstverständlichkeit: „Ich tendierte in meiner Jugend sogar dazu, Gesetze zur Lösung ökologischer Probleme zu befürworten.“ Er sei deshalb „extrem überrascht“ gewesen, als er aufgrund seiner Forschungen als Astrophysiker begriff, dass es sich beim Klimawandel um ein viel komplizierteres Phänomen handle, als Politiker oder Medien behaupten. Er könne beweisen, dass ein Großteil der globalen Erwärmung nicht das Resultat der Zivilisation sei. Shaviv gehört zu den Wenigen weltweit, die dem Klima-Hype entgegenhalten. Im Gegensatz zur überwiegenden Mehrheit seiner Kollegen ist Shaviv überzeugt, dass es „keinen direkten Beweis dafür gibt, wonach CO2-Schwankungen zu großen Temperaturschwankungen führen.“ Das von Menschen produzierte CO2 spiele beim Klimawandel bloß eine untergeordnete Rolle. Zwischen 50 Prozent und zwei Dritteln der globalen Erwärmung sei auf die Aktivitäten der Sonne zurückzuführen, sagt er. Dass sich das Klima verändere, streitet er zwar nicht ab. Doch das sei kein Grund zur Panik: „Al Gore führt in die Irre.“ Im Film „Eine unbequeme Wahrheit“ führte der ehemalige Vizepräsident der USA ein Horrorszenarium vor, in dem die Menschheit mit ihren Abgasen die Atmosphäre durchlöchert.    Die meisten Klimaforscher wollen nicht wahrhaben, dass die Aktivitäten der Sonne einen großen Einfluss auf das Klima haben, sagt Shariv und zeigt auf eine Grafik an seinem Bildschirm, die mit „Acht Jahrzehnte Gezeitenmessung“ angeschrieben ist: „Sehen Sie, bei aktiver Sonne steigen die Meeresspiegel an, bei inaktiver Sonne fallen die Meeresspiegel. Auf kurzen Zeitskalen gelangt in erster Linie Wärme in die Ozeane und das Wasser dehnt sich aus. Damit lässt sich der Strahlungsantrieb der Sonne messen. Es ist etwa zehnmal größer als das, was der Klimarat IPCC zugesteht.“ Dieser lasse außer Betracht, dass es einen Verstärkungsmechanismus zwischen der Sonnenaktivität und dem Klima gebe.  Der Weltklimarat versuche mit Tricks, seine vorgefassten Thesen über den Hauptschuldigen CO2 zu belegen. Aber er verwende veraltete Modelle. Zudem lasse er die solare Aktivität als wesentlichen Faktor außer Acht, obwohl sie einen großen Einfluss auf das Klima habe. Shaviv: „Die Klimamodelle haben den Realitätstest nicht bestanden.“ Etwas naiv sei die Annahme des Klimarates, dass das Klima nur von einem einzigen Faktor beeinflusst werde. Schlimmer noch: Er gehe davon aus, dass eine Verdoppelung des CO2-Gehalts zu einem Temperaturanstieg um 1,5 bis vier Grad führe. Das Ausmaß der Bandbreite sei verdächtig, so Shariv. „Die Experten sind sich gar nicht sicher, welche quantitative Auswirkungen ein CO2-Anstieg auf das Klima hat.“ Merkwürdig sei zudem, dass Klimaexperten die Messresultate zu den Folgen des erhöhten CO2-Ausstoßes auf das Klima, also die Klimasensitivität, seit 1979 unverändert gelassen haben. Trotz riesiger Summen, die Forschern zur Klärung dieser wichtigen Frage zur Verfügung gestellt wurden, habe man keine neuen Erkenntnisse gewonnen. Plötzlich wird Shaviv etwas lauter: „Regierungen haben während 40 Jahren Milliarden von Dollar, Euro und früher D-Mark in die Klimaforschung investiert – und jetzt haben sie nicht mehr Klarheit als zu Beginn ihrer Forschungen.“ Mit seinen Studien, so Shaviv, habe er indessen gezeigt, dass die Klimasensitivität – die Reaktion des Klimas auf Veränderungen des CO2-Gehalts – am unteren Ende der Bandbreite anzusiedeln ist, nämlich zwischen 1,5 und zwei Grad. Seine Forschungsergebnisse seien für die meisten Experten unbequem, sagt Shaviv: „Wir wissen, dass es in der Vergangenheit sehr große Klimaveränderungen gab, ohne dass fossile Brennstoffe verbrannt wurden.“ Vor tausend Jahren, doziert er, war es auf der Erde gleich warm wie heute. Während der Kleinen Eiszeit, die vom 15. bis ins 19. Jahrhundert dauerte, war die Themse des Öfteren gefroren. Der Klimarat habe das zwar in seinen ersten beiden Berichten erwähnt. Doch ab 2001 sei dieser Hinweis plötzlich verschwunden. „Das Klima der letzten tausend Jahre wurde als konstante Größe präsentiert, die sich erst im 20. Jahrhundert änderte. Mit dieser bewusst falschen Darstellung wollte der Klimarat sein im Voraus festgelegtes Narrativ untermauern.“ Auch die jüngste Warnung des Klimarates vor schmelzenden Eiskappen und steigenden Meeresspiegeln nimmt er deshalb nicht ernst. Im IPCC-Sonderbericht über den Ozean und die gefrorenen Komponenten des Erdsystems (Kryosphäre) ist in einem der Szenarien von einem Anstieg der Meeresspiegel „von mehreren Metern“ die Rede. Dass der Meeresspiegel ansteigen werde, streitet Shaviv zwar nicht ab. Doch er rechnet im Laufe dieses Jahrhunderts mit höchstens 20 Zentimetern – weil die Erwärmung bescheiden ausfallen werde. Die Schwarzmaler würden die Klimasensitivität auf den CO2-Ausstoß als zu hoch veranschlagen. Deshalb warnt Shaviv vor umweltpolitischen Maßnahmen, deren Umsetzung teuer sind. „Sie machen keinen Sinn. Stattdessen würde ich die entsprechenden Ressourcen investieren, um das Leben der Menschen in der Dritten Welt zu verbessern,“ schlägt Shaviv vor. Dem Westen empfiehlt er trotzdem eine langsame Abkehr von fossilen Energieträgern und den vermehrten Einsatz von alternativen Energien, weil sie billiger und unbedenklicher seien. Dazu zählt er auch die Kernenergie: „Sie ist günstig, sauber und hat einen kleinen ökologischen Fußabdruck.“ Seine Außenseiterrolle in der Klimadebatte hat Konsequenzen. Die akademische Welt behandle ihn wie einen Aussätzigen, mit dem jeder Kontakt zu vermeiden sei. Weil Anträge auf Publikationen oder Forschungsgelder jeweils einem Expertengremium vorzulegen seien, würde er regelmäßig Absagen erhalten. Dabei gäbe es noch so viel zu entdecken und zu erforschen, zum Beispiel die Wirkungskette zwischen kosmischer Strahlung und Klima. Weil sein Budget klein sei, beschränke er sich vor allem darauf, bestehende Daten auszuwerten. Dass er mit seiner Klima-Meinung in der Minderheit ist, mache ihm wissenschaftlich nichts aus, sagt er. Er halte es mit Albert Einstein, dem man seinerzeit vorgeworfen habe, dass seine Relativitätstheorie falsch sei. Als ein Buch mit dem Titel „Hundert Autoren gegen Einstein“ die Relativitätstheorie widerlegen wollte, entgegnete Einstein: „Weshalb hundert? Sollte ich unrecht haben, würde ein einzelner genügen.“ Die Wissenschaft, so Shariv, sei eben keine Demokratie: „Selbst wenn hundert Prozent aller Wissenschaftler eine bestimmte These vertreten, kann eine Person, die gute Beweise für die Gegenthese hat, recht haben.“ Mit freundlicher Genehmigung der Weltwoche, in der dieser Beitrag zuerst veröffentlicht wurde.
Pierre Heumann
Von Pierre Heumann. Der israelische Astrophysiker Nir Shaviv wollte eigentlich nur seriös forschen und einer spannenden Klima-Frage nachgehen. Im Ergebnis hält er den Effekt des CO2 für überschätzt und die Rolle der Sonne für unterschätzt – und hat dazu viele fundierte Arbeiten geliefert. Dann geriet er in die Mühlen der Politik. Inzwischen wird er von der akademischen Welt geächtet.
article
11.10.2019 06:10
https://www.achgut.com/artikel/der_mann_dem_sie_die_sonne_uebelnehmen/P7#comment_entries
Stellen die USA Militär-Hilfen für den Libanon ein?
Die Vereinigten Staaten haben angeblich ihre Hilfen für die libanesische Armee eingestellt. Das meldet exklusiv die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf zwei ungenannte Offizielle aus dem US-Außenministerium. Reuters will am Donnerstag letzter Woche davon erfahren haben, zwei Tage nach dem Rücktritt des libanesischen Ministerpräsidenten Saad al-Hariri. Dem Bericht zufolge soll es um militärische Güter im Wert von 105 Millionen Dollar gehen, die die USA offenbar bereits zugesagt, nun aber gestoppt hätten. Das Budgetbüro des Weißen Hauses und der Nationale Sicherheitsrat hätten dem Bericht zufolge beschlossen, die Hilfen zurückzuhalten, so die beiden Mitarbeiter des State Department gegenüber der Nachrichtenagentur. Das Außenministerium habe dem Kongress keinen Grund genannt, warum die Gelder zurückgehalten würden, soll einer der beiden Informanten gegenüber Reuters gesagt haben. Aus dem US-Außenministerium gibt es keinen Kommentar zu dem Bericht. Wie Reuters weiter berichtet, habe sich das Weiße Haus noch im Mai hinter die Finanzhilfen für die libanesische Armee gestellt und argumentiert, diese seien für den Libanon wichtig, um seine Grenzen zu schützen. Zu den Gütern, die die USA der libanesischen Armee liefern, gehören etwa Nachtsichtgeräte und Funkgeräte. Wieso eigentlich unterstützen die Vereinigten Staaten die Armee eines Staates, der von der vom Iran gesteuerten Terrororganisation Hisbollah regiert wird (sogar Libanons Präsident Michel Aoun ist ein Verbündeter der Hisbollah) – also eigentlich ein Satellit des Ayatollah-Regimes ist? Diese Politik geht zurück auf das Jahr 2006. Der letzte Krieg zwischen der Hisbollah und Israel brachte eine westliche Denkschule hervor, die die Anschauung vertritt, dass man die Hisbollah schwächt, indem man die Institutionen des libanesischen Staates stärkt. Seit 2014 kam dann auch noch die Sorge hinzu, der Islamische Staat könne sich im Libanon breit machen. Das State Department erklärt diese Beziehungen auf seiner Website so: „Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Sicherheitspartner des Libanon. Seit 2006 haben die Vereinigten Staaten dem Libanon Sicherheitshilfe in Höhe von über 1,7 Milliarden US-Dollar zur Verfügung gestellt. Die US-Hilfe unterstützt die Fähigkeit der libanesischen Streitkräfte, die libanesischen Grenzen zu sichern, internen Bedrohungen entgegenzuwirken und nationales Territorium zu verteidigen.“ Durch die Bereitstellung von Flugzeugen, Munition, Fahrzeugen und der dazugehörigen Ausbildung habe die libanesische Armee ihre „Fähigkeiten als Kampfeinheit gegen gewalttätige Extremisten erheblich ausgebaut“. Darüber hinaus unterstütze die US-Hilfe die libanesischen Sicherheitskräfte dabei, „kriminelle und terroristische Bedrohungen und deren Ursachen zu verhindern“, „das libanesische Territorium und die libanesische Bevölkerung zu schützen“ und „Rechtsstaatlichkeit“ aufrechtzuerhalten. Das ist die Wunschvorstellung. Sie entstand vor dem Hintergrund der im Jahr 2006 verabschiedeten UN-Resolution 1701. Diese forderte die vollständige Umsetzung des Taif-Abkommens – das den libanesischen Bürgerkrieg beendete – und der UN-Resolutionen 1559 und 1680: nämlich, dass es im Libanon keine bewaffneten Gruppen außer der libanesischen Armee geben darf und alle anderen Gruppen entwaffnet werden müssen. Die Idee war also, dass die libanesische Armee das Gewaltmonopol erhält und, unterstützt von den USA, dafür sorgt, dass dies auch so bleibt. Dies ist aber nie geschehen. Die Hisbollah wurde nicht entwaffnet; sie rüstete immer weiter auf und ist heute nach den Worten ihres Chefs Hassan Nasrallah „stärker als je zuvor“. Zur Herstellung von Rechtsstaatlichkeit hat die libanesische Armee wenig beigetragen. Sie tut entgegen ihrer aus der UN-Resolution 1701 erwachsenden Verpflichtung nichts gegen die Aufrüstung der Hisbollah, geschweige, dass sie Anstrengungen zu deren Entwaffnung unternähme – das könnte sie auch gar nicht, weil sie viel schwächer ist. Die Militärgüter, die die USA der libanesischen Armee geliefert haben, werden mit Sicherheit niemals gegen die Hisbollah eingesetzt werden. So, wie die Waffen, mit denen die Vereinigten Staaten die irakische Armee versorgt haben, 2014 in den Händen des Islamischen Staates landeten, so unterliegen die in den Libanon geschickten Militärgüter de facto der Kontrolle der Hisbollah, die auf sie zugreifen kann, wann immer sie will. Wer sollte sie daran hindern? Die UNO-Schutztruppe UNIFIL zeigt sich völlig wehrlos und ebenso unfähig und unwillig, der Hisbollah irgendwelche Regeln zu diktieren. Diese errichtet im Libanon Raketenfabriken, baut in der „entmilitarisierten“ Zone an der israelischen Grenze ihre Angriffstunnel und schießt Granaten nach Israel – währenddessen droht Libanons Präsident Michel Aoun dem Staat Israel mit Krieg. Die Hisbollah kontrolliert den Hafen und den Flughafen von Beirut und ist Teil der Regierung des Landes. Wie kann man das ignorieren und so tun, als gäbe es einen Unterschied zwischen dem libanesischen Staat und der Terrororganisation – wo die Hisbollah im Libanon ja sogar Straßen nach Terroristenführern benennt? Israel beobachtet die Hilfen für die libanesische Armee seit Jahren schweigend, aber mit Unbehagen. Shaul Shay, ein ehemaliger stellvertretender Vorsitzender von Israels Nationalem Sicherheitsrat und Forscher am International Institute for Counter-Terrorism in Herzliya, sagte der jüdischen Nachrichtenagentur JNS im Juni, es sei ein „Fehler“, dass Frankreich und die USA die libanesische Armee unterstützen: „Die Armee des Landes basiert zu einem bedeutenden Teil auf schiitischen Rekruten, die eng mit der Hisbollah zusammenarbeiten.“ Während des Bürgerkriegs in Syrien habe die libanesische Armee an der Grenze gemeinsam mit der Hisbollah gegen den Islamischen Staat und die Nusra-Front operiert. „Es ist ein Irrtum, da eine Unterscheidung zu treffen. Solange die Hisbollah die wichtigste bewaffnete Miliz im Libanon ist, viel stärker und besser ausgerüstet als die Armee des Landes, denke ich nicht, dass es eine gute Idee ist, dass irgendein ausländischer Staat das libanesische Militär unterstützt.“ Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.
Stefan Frank
Die Vereinigten Staaten haben angeblich ihre Hilfen für die libanesische Armee eingestellt. Das meldet exklusiv die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf zwei ungenannte Offizielle aus dem US-Außenministerium. Reuters will am Donnerstag letzter Woche davon erfahren haben, zwei Tage nach dem Rücktritt des libanesischen Ministerpräsidenten Saad al-Hariri.
article
09.11.2019 16:00
https://www.achgut.com/artikel/stellen_die_usa_militaer_hilfen_fuer_den_libanon_ein
Bedeutende Denkerinnen und Denker des 21. Jahrhunderts: J.S.
"Wir impfen Deutschland zurück in die Freiheit." Gesundheitsminister Jens Spahn in den "Tagesthemen" am 23.8.21 - Siehe auch: „Wir impfen Deutschland zurück in die Freiheit.“
Henryk M. Broder
Jens Spahn und der lange Weg aus der Unfreiheit
article
24.08.2021 09:00
https://www.achgut.com//artikel/bedeutende_denkerinnen_und_denker_des_21._jahrhunderts_j.s
Patrick Michaels: Climate scientists blow hot and cold
Have climate alarmists beaten global warming to death? The Pew Research Centre recently asked over 1,500 people to rank 20 issues in order of priority. Global warming came in dead last. We can never run the experiment to see if indeed it is the constant hyping of this issue that has sent it to the bottom of the priority ladder. But, as long as scientists blog on that both warming and cooling of the coldest place on earth is consistent with their computer models, why should anyone believe them?
Benny Peiser
article
12.02.2009 19:01
https://www.achgut.com/artikel/patrick_michaels_climate_scientists_blow_hot_and_cold
Frohe Botschaften von Bono
Bono hat einen TED-Talk gehalten und klingt ganz schön anders als früher. http://www.ted.com/talks/bono_the_good_news_on_poverty_yes_there_s_good_news.html Und auch in der taz stehen plötzlich sonderbare Sachen: http://www.taz.de/UN-Bericht-zur-Entwicklung/%21112914/ Wohlstand und Fortschritt durch Globalisierung: Noch nicht lange her, das wurde das als neoliberale Propaganda abgetan. http://www.focus.de/wissen/mensch/psychologie/tid-21092/wahrnehmung-die-welt-ist-besser-als-sie-denken_aid_586515.html  
Michael Miersch
article
16.03.2013 23:42
https://www.achgut.com/artikel/frohe_botschaften_von_bono
Mehr Nachfrage nach staatlicher Sterbehilfe
Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Liberalisierung der Sterbehilfe bemühen sich Patienten verstärkt um eine behördliche Genehmigung für tödlich wirkende Mittel, meldet dernewsticker.de. Das gehe aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Parlamentsanfrage der FDP hervor, über die der „Tagesspiegel“ (Donnerstagsausgabe) berichtet habe. Demnach hätten sich allein seit dem Karlsruher Urteil Ende Februar mehr als 50 Sterbewillige beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn gemeldet. Auf Weisung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), einem erklärten Gegner der Sterbehilfe, würden sämtliche Anträge abgelehnt. Spahns Haltung könne jedoch bald unter Druck geraten. Wie das Kölner Verwaltungsgericht auf Anfrage der Zeitung bestätigt habe, hätten im Juni erstmals zwei Antragsteller ein gerichtliches Eilverfahren gegen die Ablehnung angestrengt. Eine erste Entscheidung dazu könne bereits in den nächsten Wochen fallen. Der Minister werde „kurzfristig Farbe bekennen müssen“, erwarte die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr. Wenn die anhängigen Klagen entschieden seien, könne Spahn sich „nicht mehr hinter der Behauptung verstecken, er wolle erst einmal laufende Verfahren abwarten“.
News-Redaktion
Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Liberalisierung der Sterbehilfe bemühen sich Patienten verstärkt um eine behördliche Genehmigung für tödlich wirkende Mittel. Auf Weisung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), einem erklärten Gegner der Sterbehilfe, würden allerdings sämtliche Anträge abgelehnt. Über die Rechtmäßigkeit dieser Weisung wird demnächst ein erstes Gerichtsurteil erwartet.
article
17.09.2020 13:00
https://www.achgut.com//artikel/mehr_nachfrage_nach_staatlicher_sterbehilfe
Irres vom Faktenchecker
Nur weil er auf die Hochwasserdaten des Umweltbundesamtes hinweist, wird ein Achgut-Autor von "Faktencheckern" wegen "Fehlinformation" und angeblicher Klimawandel-Leugnung gemaßregelt. Hauptsache, den Kritikern der Alarmisten wird die Reichweite gedrosselt. Faktenchecks sind im Journalismus das, was im Ermittlungsverfahren der Anfangsverdacht ist. Durchaus möglich, dass der eine oder andere letztlich zu einer Verurteilung führt. Und sollte es im jeweiligen Verfahren mit rechten Dingen zugehen, mag die Verurteilung sogar berechtigt sein. Der Vergleich hinkt allerdings in Sachen Legitimität. Denn qualifizierte Ermittler mit Rechenschaftspflicht sind die Faktenchecker ja lediglich in der Selbstdarstellung. Wer es auf Facebook mal mit den Wahrheitshütern zu tun bekommt, erhält als digitale Visitenkarte Floskeln wie diese: „Wir bei der Deutschen Presse-Agentur sind Teil von Metas Programm für externe Faktenprüfung. Die Meta-Technologien arbeiten im Rahmen dieses Programms mit Faktenprüfer-Organisationen aus aller Welt zusammen, die durch das International Fact-Checking Network (IFCN) zertifiziert sind. Wir prüfen Artikel, Bilder, Videos und Textbeiträge auf deren Richtigkeit und bewerten diese. Im Fokus liegen dabei Behauptungen, die sich viral verbreiten.“ Man bündelt also nicht vorhandene Richterbefugnisse in einer noch weiter entrückten internationalen Instanz mit offiziell klingendem Akrynom (IFCN) und suggeriert dem kleinen Facebookbenutzer, er bekomme es gleich mit einem ganzen Imperium gütig-strafender Kompetenz zu tun, die sich dazu herablässt, eine 6- an den Rand eines Latein-Grammatiktests zu schreiben. Verdammt, schon wieder hinkt der Vergleich! Wen interessiert schon lateinische Grammatik! Es geht um Dinge, die sich „viral verbreiten“. Wenn Sie behaupten, der Kater Garfield habe grünes Fell, wird kein Faktencheck Sie je erreichen. Wenn Sie jedoch angesichts der allgegenwärtigen Klimapanik und deren medialer Verstärkung eine Augenbraue hochziehen, könnte es der dpa oder einem anderen vom Poynter-Institut handverlesenen Checker gefallen, ihnen die wieder Richtung Süden zu drücken. So ging es gerade meinem Achgut-Kollegen Ulli Kulke, dem nicht entgangen war, mit welcher Lust an der Panik sich viele unserer Medien derzeit auf die Hochwasser an Rhein, Donau und vielen anderen Flüssen stürzen. In Andeutungen, Anklagen und Menetekeln fällt immer wieder das Buzz- und Schlüsselwort: Klimawandel! Der Klimawandel ist schuld! Am 4.6.2024 schrieb Kulke deshalb auf Facebook: „HOCHWASSER – EINE TENDENZ ZU IMMER MEHR? WIRKLICH? In den Kommentaren aus Presse, Funk und Fernsehen sind sich alle einig: Hochwasserereignisse fänden immer häufiger und immer schlimmer statt. Ein Menetekel für die Zukunft. Die Klimakrise sei zum Greifen vor uns, hören wir stündlich. Ach wirklich? Woher kommt diese Gewissheit? Nur weil es alle sagen? Offensichtlich. Warum kommt eigentlich niemand mal auf die Idee, die Datenlage beim Umweltbundesamt abzufragen? Offenbar will sich damit keiner belasten. Da gibt es nämlich nicht nur diese Tabelle (s.u.), da steht auch zu lesen: "Statistisch signifikante Trends gibt es bisher – mit Ausnahme einer Abnahme(!! ulk) der Anteile von Pegeln in der Kategorie Mittleres Hochwasser im Sommerhalbjahr – nicht." https://www.umweltbundesamt.de/monitoring-zur-das/handlungsfelder/wasserhaushalt/ww-i-5/indikator Hieß es früher noch praktisch „Wetter Kacke – Regenjacke“, muss heute jedes Extremwetterereignis als Letztbeweis für die menschengemachte Klimaapokalypse herhalten. Die Nachrichten und Kommentare sind voll davon. Das entlastet wunderbar von Vorwürfen an die lokale Politik, die den Katastrophenschutz sträflich vernachlässigt hat und entrückt die Handlungsaufforderung auf eine unerreichbare globale Ebene, auf der dann irgendwie alle verantwortlich sind. Doch wenn alle verantwortlich sind, ist in Wirklichkeit niemand verantwortlich. Niemand in der Politik muss sich mehr schelten lassen, geänderte Parameter wie mehr Niederschlag zu bestimmten Zeiten, lokale Bebauung oder wachsende Bevölkerungszahlen nicht berücksichtigt zu haben. Es sei ja die Menschheit in toto, die versagt, und auch die Bestätigung dafür wird uns von irgendeiner Organisation mit schickem Akronym ad nauseam medial vermittelt. Doch ich schweife ab… Kulke befasst sich leicht genervt mit eben diesem medialen Narrativ, es gebe bei extremen Hochwassern eine „Tendenz zum immer mehr“, was allerdings nicht einmal die Zahlen in den Untersuchungen des Umweltbundesamtes hergäben. Es war ein augenrollendes „Kommt mal wieder runter, Leute!“ Nichts weiter. Die dpa-Faktenchecker sehen das anders und versahen den Beitrag mit dem reichweitetötenden Vermerk „Fehlinformation“. Ulli Kulke widersprach. Die Reaktion der Faktenchecker kam am 12.6.: „Wir haben uns Ihren Beitrag angesehen und ihn als falsch bewertet. Weitere Details dazu finden Sie in unserem Faktencheck-Artikel. Nachdem wir uns Ihre Anfechtung angesehen haben, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir die Bewertung aus folgendem Grund nicht ändern können: Die Grafik zeigt zwar tatsächlich Pegelstände, aber nur die an ausgewählten Flüssen. Kleine Gewässer wie etwa die Ahr, deren Hochwasser im Sommer 2021 mehr als 180 Menschen das Leben kostete, kommen gar nicht in den Daten vor. Von der Grafik auf die Abwesenheit des Klimawandels zu schließen, hält das Umweltbundesamt für ‚unseriös‘.“ Meine erste Reaktion auf diese Ausführung war „Hä? Wo hat Kulke denn behauptet, die von ihm verlinkte Grafik des Umweltbundesamtes (UBA) ließe auf die Abwesenheit des Klimawandels schließen?“ Richtig: nirgends! Die zweite Reaktion: Wer wurde da eigentlich gerade gefaktencheckt? Der dpa gefällt offenbar die Auswahl der Flüsse nicht, deren Pegel in die Statistik des UBA eingegangen sind. Der Titel des Faktencheck-Artikels lautet „Hochwasser-Grafik: Häufigkeit schwerer Fluten nicht ablesbar“ und könnte genauso gut zur Unterstreichung von Kulkes Argument herangezogen werden, der eben diesen kausalen Kurzschluss den Medien ja gerade zum Vorwurf machte. Oder wie die dpa in ihrem Faktencheck es wörtlich ausdrückte: „Kurzum: Anhand dieser UBA-Grafik lässt sich die Häufigkeit von extrem schweren Hochwassern mit großen Schäden in Deutschland weder belegen noch widerlegen. Wer etwas anderes behauptet, liegt falsch.“ Auch dazu würde Kulke eifrig nicken. Dennoch beharrt die dpa bislang auf ihrem Label „Fehlinformation“ für seinen Facebook-Beitrag. Der ganze dpa-Artikel liest sich, als seien seine ursprünglichen Adressaten eher die Alarmisten auf den rhetorisch aufgeweichten Deichkanten gewesen, welche, die Sturmglocke unablässig schwingend, „Hochwasser! Klimakatastrophe! Das Ende ist nahe! Kehret um!“ schreien. Sehen wir so nicht in den Statistiken, liebe Aktivisten, kommt mal wieder runter – euer Umweltbundesamt. Und auch für die großen Linien der Apokalypse haben die Faktenchecker gute (also schlechte) Nachrichten und die kommen – behutsam verpackt – ausgerechnet vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK): „Man kann das Einzelereignis schwer auf den Klimawandel beziehen“ und dem Deutschen Wetterdienst (DWD): „Bisher ergäben die Daten nur Tendenzen, aber sie seien noch nicht statistisch belastbar.“ Im besten Fall haben wir es hier also schlicht mit einem fehlgeleiteten Etikett durch (versehentlich) falsche Zuordnung zu tun, und die dpa schuldet Ulli Kulke eine Richtigstellung. Im schlechtesten Fall handelt es sich allerdings nicht um die Etikettierung des „was“, sondern des „wer“, und ein Achgut-Autor soll mal wieder mit Schlamm beworfen werden. Wäre ja nicht das erste Mal. Die beabsichtigte Wirkung geht in dem Szenario bereits aus der Selbstbeschreibung der dpa hervor: Reichweitenbeschränkung. Ein beschmutzendes und falsches Etikett, dass nach Wochen oder Monaten und vielleicht erst nach kostspieliger juristischer Intervention wieder verschwindet, hat dann längst seine Wirkung getan, und bei Richtigstellung ist der Zirkus der Aufmerksamkeit längst weitergezogen. Aber warten wir erst mal ab, durch welches Türchen die Faktenchecker nach Kulkes erneutem Einwand gehen möchten. Ulli Kulkes Post erschien übrigens in leicht veränderter Form auch als Achgut-Artikel. Beim Posten dieses Artikels auf dem Facebook-Profil von Achgut.com schlug ebenfalls sofort der dpa-Faktencheck zu. Grundlegendes zum Unwesen der Faktenchecker finden Sie in Joachim Steinhöfels neuem Buch (Mit einem Vorwort von Henryk M. Broder): Die digitale Bevormundung, FinanzBuch Verlag, 224 Seiten, 18 Euro, hier bestellbar.   Roger Letsch, Baujahr 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Sortiert seine Gedanken in der Öffentlichkeit auf seinem Blog unbesorgt.de
Roger Letsch
Nur weil er auf die Hochwasserdaten des Umweltbundesamtes hinweist, wird ein Achgut-Autor von "Faktencheckern" wegen "Fehlinformation" und angeblicher Klimawandel-Leugnung gemaßregelt. Hauptsache, den Kritikern der Alarmisten wird die Reichweite gedrosselt.
article
17.06.2024 06:00
https://www.achgut.com/artikel/irres_vom_faktenchecker/P7#comment_entries
Ein Schurkenstaat am Mittelmeer
Israel steht vor allem in Deutschland weltweit am Pranger, weil drei jüdische Jugendliche bei Hebron entführt wurden. Israelische Polizei- und Armeeeinheiten suchen nach ihnen; gleichzeitig bombardiert Israels Luftwaffe Hamas-Raketenstellungen im Gazastreifen, obwohl das alles bekanntlich nur die Endlös…, beziehungsweise den ohnehin brüchigen Weltfrieden gefährdet. Der Deutschlandfunk-Redakteur Dirk Müller nahm deshalb wenigstens einen Weltbrandstifter ins Verhör,dessen er habhaft werden konnte, nämlich den israelischen Botschafter Yakov Hadas-Handelsmann: „Herr Hadas-Handelsman, führen Sie Krieg?“ Noch blitzkriegsgescheiter wäre es natürlich gewesen, wenn er gleich nachgeschoben hätte: „Aber die Nürnberger Prozesse kennen Sie schon?“ Als Hadas-Handelsman rhetorisch zurückfragte, was Israel denn tun solle angesichts der Tatsache, dass seine Bürger entführt oder mit Raketen terrorisiert würden, machte Müller deutlich, dass er beim Deutschlandfunk nicht auf der Judenschul ist: „Herr Hadas-Handelsman, meine Aufgabe ist hier zu fragen. Sie antworten.“ Auch ein Leserkommentator auf SpOn kann für sich in Anspruch nehmen, das auszudrücken, was viele in diesem Land meinen, ob sie nun dem Deutschlandfunk zuhören oder Ken Jebsen: „Wenn die Menschen auf diesen Siedlungen ihre Kinder aufziehen, dann machen sie sich zu einem gewissen Grad mitschuldig, wenn diesen Kindern etwas zustößt. Ich habe kein Verständnis für Leute, die ihre eigenen Kinder opfern, nur um irgendwelche nationalen oder religiösen Anschauungen beweisen zu müssen. Warum leben sie nicht mit ihren Kindern in Tel Aviv?“ Das schmiegt sich stilistisch perfekt an einen Satz an, der nach 1945 bis weit in die späteren Jahrzehnte zu hören war: „Ich verstehe gar nicht, warum die ganzen Juden 1933 nicht ausgewandert sind.“
Alexander Wendt
article
18.06.2014 20:09
https://www.achgut.com//artikel/ein_schurkenstaat_am_mittelmeer#section_leserpost
Wer hat’s gesagt?(Auflösung)
Von Klaus Kadir. Unter dem Titel „Wer hat’s gesagt?“ konfrontieren wir Sie am Sonntagmorgen mit einem prägnanten Zitat – und Sie dürfen raten, von wem es stammt. Sie sind außerdem herzlich eingeladen, Ihre Vermutungen in der Kommentarspalte zu verewigen. Eine Auswahl bekannter Namen wird Ihnen dabei jeweils helfen. Wer beklagte ein „ständiges downgrading“ in der Politik mit diesen Worten? Zitat: „Schröder, Merkel, Söder. Das sind Leute die hätten früher nicht mal ne Sparkasse führen dürfen. Ich wander aus.“                             Wer hat’s gesagt? (1)  Joshua Kimmich (2)  Jürgen Klopp (3)  Susanne Klatten (4)  Uli Hoeness (5)  Anja Reschke (6)  Julian Reichelt (7)  Mathias Döpfner (8)  Friedrich Merz (9)  Christian Sewing Auflösung: Mathias Döpfner Quelle: Bild
Gastautor
Von Klaus Kadir. Unter dem Titel „Wer hat’s gesagt?“ konfrontieren wir Sie am Sonntagmorgen mit einem prägnanten Zitat – und Sie dürfen raten, von wem es stammt. Heute: „Schröder, Merkel, Söder. Das sind Leute die hätten früher nicht mal ne Sparkasse führen dürfen. Ich wander aus.“
article
11.05.2025 20:00
https://www.achgut.com//artikel/wer_hats_gesagt_aufloesung_die_haetten_frueher_nicht_mal_ne_sparkasse_fuehren_duerfen#leserpost_start
Sag beim Abschied leise Kofi…
Mr. Annan came to office after a stint as head of U.N. peacekeeping operations. The period corresponded with the massacre in Srebenica of 7,000 Bosnians and the genocide of 800,000 Tutsis in Rwanda, both of which were facilitated by the nonfeasance of peacekeepers on the ground. It was later revealed that Mr. Annan’s office explicitly forbade peacekeepers from raiding Hutu arms caches in Rwanda just four months before the genocide. http://www.opinionjournal.com/editorial/feature.html?id=110009383
Henryk M. Broder
article
15.12.2006 03:41
https://www.achgut.com/artikel/sag_beim_abschied_leise_kofi
Mir fehlt der Gesang der Sirenen
Jahrzehntelang existierte ein Bewusstsein für den Zivilschutz. Diese Zeiten sind passé. Vielerorts sind die Sirenen abgeschafft, man verlässt sich auf Internet, Handy, Fernsehen. Das ist riskant. Früher war alles besser? Nein. Nur manches. Die alte Bundesrepublik lebte in ständiger Bedrohung. Sie war wechselseitig. Der Warschauer Pakt stand bis an die Zähne bewaffnet jenseits der innerdeutschen Grenze, vertreten vor allem durch die Nationale Volksarmee, die als eine der besttrainierten und schlagkräftigsten Armeen galt, dazu durch Einheiten der Roten Armee mit starker, auch taktisch-atomarer Bewaffnung. Dies hielt beiderseits der Grenze das Bewusstsein für Zivilschutz hoch – und trug dazu bei, die Regierung des Kanzlers Helmut Schmidt auf an diesem Punkt paradoxe Weise zu Fall zu bringen; dies war der Beitrag der „Entspannungspolitik“ seiner eigenen Partei. Lange vor dem NATO-Doppelbeschluss waren schon seit den 1950er Jahren an vielen Orten passive Schutzmaßnahmen üblich, offizielle und sogar private Bunker waren entstanden, und Notfallkrankenhäuser standen oft unterirdisch bereit, so auch hier in Lüneburg. Auf den Einsatz atomarer, biologischer und chemischer Waffen blieb die Bundeswehr ebenso vorbereitet wie Spezialzüge der Feuerwehr und des Bundesgrenzschutzes. Bei der NVA dürfte es nicht anders gewesen sein. Die Terrorjahre der RAF, des palästinensischen und des braunen Terrors zwischen 1968 und 1991 hielten ferner im Westen das Bewusstsein für die Bedrohung der Demokratie wach. Und auch auf Naturkatastrophen war man zumindest im Westteil des Landes recht gut vorbereitet; Schneekatastrophen 1968 und 1978, Fluten der Elbe 1962, 2002 und 2013 und der Oder 2002 und 2010 wurden trotz aller katastrophalen Folgen bewältigt, seit 1990 in West und Ost gemeinsam, in einem wiedervereinigten Land. Ich selbst erlebte 2002 und 2013, mal als freiwilliger Helfer beim Sandsäcke-Schleppen, mal als Notarzt im Katastrophenschutz, wie auf den Deichen das Gefühl der Gemeinsamkeit und Einigkeit zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Bundeswehr, Polizei und Rettungsorganisationen stetig wuchs. Allerdings scheint die Politik seit dem verkündeten – von mir nie ganz geglaubten – Ende des Kalten Krieges auf Zivilschutz nicht mehr viel Wert zu legen. Das Hilfskrankenhaus Lüneburg war schon lange vernachlässigt und verwahrlost, als es 2008 endgültig zu Lagerräumen umgewidmet wurde. Vielerorts sind die Sirenen abgeschafft. Batteriebetriebene Radios besitzen heute die Wenigsten; alle Welt verlässt sich auf Handy, Internet, Fernsehen – die alle auf funktionierende Stromnetze angewiesen sind. Der bundesweite „Katastrophen-Warntag“ im September 2020 erwies sich als peinlicher Flop und deckte weitere, teils eklatante Lücken und Fehlfunktionen im Web- und App-basierten Katastrophenschutzsystem auf, und nicht nur die Stadt München fragte sich, ob sie auf „historische Mittel“ zurückgreifen müsste, beispielsweise Sirenen. Bei mir selbst kam am „Warntag“ die Entwarnung auf der App „NINA“ vor der Warnmeldung an, die dafür dann zweimal eintraf. Wie tröstlich. Dafür beglückt dieselbe App mich übrigens täglich mit den geltenden „Corona-Regeln“. Analog lief es besser. Für die aktuelle Katastrophenlage in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz stellte so auch die hiesige, Lüneburg-nahe Freiwillige Feuerwehr Deutsch Evern ihre verbliebene analoge Funktechnik zur Verfügung, weil vor Ort digitale Relaisstationen überlastet, gar beschädigt und außer Funktion sind; und im 2-m-Band kann man wenigstens ein kleines Funknetz auch ganz ohne Relais aufbauen. Dort, wo noch ein 4-m-Relais steht, geht der Funk über Gegensprechen im Unterband wie seit den 1950er Jahren und läuft auch im Notfall ohne funktionierende Server und EDV, sobald wenigstens das Relais Strom hat. Die alten Handfunkgeräte und Fünfton-Meldegeräte können auf den Einsatzfahrzeugen am Generator des Verbrennungsmotors aufgeladen werden, solange Diesel und Benzin lieferbar sind. – Und was bitte geschieht, wenn alles digitalisiert und auf Elektromobilität umgestellt ist? Und was ist mit den angeblich so enorm weiterentwickelten Frühwarnsystemen? Wieso haben sie so offensichtlich nicht oder verspätet funktioniert? Wieso waren offizielle Stellen gewarnt, die Bürgerinnen und Bürger aber nicht, auch jene, die jetzt tot sind oder verletzt? Spätestens ihre Angehörigen werden diese Fragen noch jahrzehntelang stellen. Und genau das ist richtig und wichtig. Dass nämlich, um bei allen Aktualitäten zu bleiben, weder pandemische Szenarien noch erhebliche Überflutungen für Deutschland auszuschließen waren, darauf weist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) nicht erst seit gestern hin. Wer Näheres lesen wollte, konnte es sogar als Mitglied der Regierung und als Bundestagsabgeordneter tun. Der entsprechende Bericht des BBK aus dem Jahre 2012 steht weiter offen zur Verfügung. Er geht sogar auf beide Themen ein! Inzwischen wissen wir aus eigener Erfahrung, dass diese Warnungen keinerlei Konsequenzen nach sich gezogen haben. Das Land taumelte sehenden Auges in beide Krisen; und nun versuchen sich verschiedene Politikerinnen und Politiker mit durchaus wechselnder Performance an wahlkampftauglichen Ausschlachtungen der Notsituation. Darüber kann man nicht schweigen und nicht damit zufrieden sein; aus meiner Sicht kann man es noch nicht einmal durch entsprechende Stimmabgabe an jene honorieren, die uns derzeit regieren und auch nicht an jene, die den Bevölkerungs- und Zivilschutz durch blauäugiges, pseudo-ökologisches Ausdünnen der kritischen Infrastrukturen noch weiter gefährden oder gar beseitigen wollen. Einst lockten die antiken Sirenen den Odysseus und seine Mannschaft in die Gefahr; und er ließ der Mannschaft die Ohren verstopfen und sich selbst an den Mast binden, um ihren betörenden Gesang hören und gefahrlos ertragen zu können. Heute ist es anders. Der Sirenengesang kommt von jenen, die, anstatt Zivilschutz und Katastrophenhilfe zu organisieren, zuerst das Klima, dann die EU, den Multilateralismus und möglichst alle Migrationswilligen „retten“ und dabei möglichst viel Funktionierendes – von Grenzen über die Innere Sicherheit bis hin zu kritischen Infrastrukturen – aufs Spiel setzen oder gar beseitigen wollen. Dafür sind die modernen Sirenen weitgehend verschwunden. Mein kleiner Ort besitzt noch eine; und sie wird wöchentlich am Sonnabend um 12.00 Uhr getestet. Sie ertönt als Ruf für jeden Einsatz der Feuerwehr und steht auch für den Zivil- und Katastrophenschutz bereit. Und auch die analoge Funktechnik wird aus dem Notfalleinsatz hierher zur Freiwilligen Feuerwehr zurückkehren und erneut liebevoll gewartet werden. Nein, früher war nicht alles besser, all das kann heute die schlechtere Lösung sein. Sie ist und bleibt dennoch die Siegerin, wenn die gepriesene „bessere“ Technik versagt, allem offiziösen Gerede von Digitalisierung zum Trotz. Allein schon für diese Erkenntnis bin ich dankbar. Und für das Erklingen der Sirene, hier vor Ort. Auch die Politik sollte sich im Rahmen ihrer Weltrettung zuerst darauf besinnen.
Jesko Matthes
Jahrzehntelang existierte ein Bewusstsein für den Zivilschutz. Diese Zeiten sind passé. Vielerorts sind die Sirenen abgeschafft, man verlässt sich auf Internet, Handy, Fernsehen. Das ist riskant.
article
21.07.2021 06:15
https://www.achgut.com/artikel/mir_fehlt_der_gesang_der_sirenen
Großartig! #allesdichtmachen #niewiederaufmachen #lockdownfürimmer
Großartig. Hier mehr als 50 geniale Statements von bekannten Schauspielern. Mit ihnen lachen Sie die deutsche Politik und den damit verbundenen Medienbetrieb einfach weg. Den Link https://allesdichtmachen.de/ mehrmals versuchen, wenn es nicht auf Anhieb klappt, die Seite scheint vollkommen überlastet zu sein. (Anm. d. Red.: Die URL ist derzeit nicht erreichbar.) Alternativ finden sich hier weitere Statements auf Youtube. Mitlachen solange sie noch da sind: Katharina Schlothaue Cem Ali Gülteki  Ben Münchow  Bernd Gnann  Christian Ehrich    https://allesdichtmachen.de/
Dirk Maxeiner
Großartig: Mehr als 50 geniale Statements von bekannten deutschen Schauspielern. Mit ihnen lachen Sie die deutsche Corona-Politik und den damit verbundenen Medienbetrieb einfach weg. Alternativ weitere Statements auf Youtube. Mitlachen, solange sie noch da sind.
article
22.04.2021 20:44
https://www.achgut.com//artikel/allesdichtmachen_niewiederaufmachen_lockdownfuerimmer#section_leserpost
Die Flüchtlingskrise öffnet den Bürgern die Augen für die Deformationen der Politik
Von Markus Somm Niemand entscheidet, keiner ist schuld Mit wem man sich in diesen Tagen auch unterhält – fast immer kommt die Rede auf die Flüchtlingskrise in Europa und irgendwann im Verlauf des Gesprächs, meistens schon zu Beginn, als ob man sich gegenseitig der geistigen Zurechnungsfähigkeit versichern wollte, sagt noch jeder: «Natürlich können wir nicht alle aufnehmen!» Und das sagen Leute, von denen man das erwartet, weil sie eher rechts stehen und bürgerlich wählen – und man hört es von Leuten, bei denen man weiss, dass sie vor einem halben Jahr das nicht gesagt hätten, weil sie sich als Linke betrachten – sie schwiegen, sie blickten verstohlen, auch wenn sie vielleicht schon lange so dachten. Heute bemühen sich die gleichen Leute, das zeitig klarzustellen: «Natürlich können wir nicht alle aufnehmen!» Es ist ein Konsens, der verdächtig wirkt, weil er so geschlossen scheint. Umso weniger bedeutet er. Er ist ein Symptom, ein kostengünstiges Bekenntnis zur Vernunft, eine Rückversicherung, dass man nicht etwa für vollkommen weltfremd gehalten wird. Denn wer könnte das begründen? Wer möchte wirklich, dass der ganze Nahe Osten sich nach Europa verschiebt? Insgeheim hofft jeder, das werde nicht geschehen, selbst wenn die Anzeichen das Gegenteil nahelegen. Natürlich können wir nicht alle aufnehmen. Eine vermeintlich reife Einsicht aber ist es auch, weil sie ohne Folgen bleibt. Deshalb ist sie so beliebt. Ein Statement ohne Preisschild. Warten auf die Weltregierung Denn kaum haben sie das gesagt, flüchten sich die meisten Leute, die so reden, in die Sicherheit der Phrasen: Wir können nicht alle aufnehmen – aber was vor allem nottut, ist Koordination. Ohne eine solche europäische (fallweise: internationale) Koordination, sagen sie bald, gelinge eine Bewältigung der Krise ohnehin nicht. Sie rufen nach der EU, setzen auf die UNO, glauben, hoffen. Tatsächlich ist es ein hilfloser Aufruf zu gutnachbarlicher Zusammenarbeit, der vergessen machen soll, was man vorher gesagt hat. Hilflos, weil die Ergebnisse dieser Koordinationsbemühungen bisher bescheiden sind: Seit die EU Quoten beschlossen hat, die festlegen, welches Mitgliedsland wie viele Flüchtlinge zu absorbieren hat, sind sehr wenige dieser Flüchtlinge umverteilt worden. Bis vor einer Woche waren es 19, in Worten: neunzehn. Es besteht wenig Aussicht, dass sich diese Zahlen dramatisch erhöhen. Inzwischen ist in Polen eine Regierung abgewählt worden, weil sie sich ohne Erfolg gegen Quoten gewehrt hatte. Die neue lehnt diese noch vehementer ab. Rückstand in der Puszta Aber selbst wenn diese Koordination irgendeinmal gelingen sollte und alle EU-Länder, aber auch die Schweiz oder Norwegen, ja sogar Kanada und die USA koordiniert und gemäss fairem Verteilschlüssel die Flüchtlinge aufnehmen würden: Selbst dann kommen wir nicht an dem Entscheid vorbei, vor dem wir uns so sehr fürchten. Wer seine Worte nämlich ernst nimmt, wonach nicht alle Flüchtlinge nach Europa kommen können, der muss auch einmal Nein sagen. Und diesem einsilbigen, harten Wort müssen Taten folgen, die anzusehen niemanden freut. Davor schrecken die meisten zurück. Was verständlich ist. Nichts fällt schwerer. Wir sind keine Unmenschen – und ­wollen es nicht sein. Doch wer der Überzeugung ist, unsere Aufnahmekapazität sei irgendwann begrenzt – und offenbar meinen das viele, und sie sind vernünftig –, der muss angeben: Diese Männer und Frauen, die hier um Einlass bitten – vielleicht halten sie ein kleines Kind im Arm –, dürfen kommen. Sie sind an Leib und Leben bedroht. Aber jene, die vor uns stehen und weinen, und die ebenfalls ein Kind tragen, müssen nach Hause fahren. Denn sie suchen vielleicht ein besseres Leben. Es sind grauenhafte Szenen, die die Polizisten, Soldaten und Grenzwächter mitbekommen, die diese undankbare Aufgabe für uns ausführen. Es sind menschliche Tragödien, die sich hinter den Zäunen abspielen, die zuerst niemand bauen wollte – und die sich bald vermehren dürften, überall in Europa, obwohl oder besser: Gerade weil ein paar gedankenlose Politiker zuerst so taten, als gäbe es nichts Übleres, als die eigenen Grenzen zu kontrollieren. Es tat den blasierten Westeuropäern so gut, die Ungarn zu beschimpfen und ihnen zu spüren zu geben, dass man deren Zivilisierungsprozess für noch nicht ganz abgeschlossen halte. Einmal Ostblock, immer ­Ostblock. Hochmut kommt vor dem Fall. Wenn es so weitergeht, sind die Bayern bald dazu gezwungen, an der Grenze zu Österreich einen Zaun hochzuziehen. Bundesrat ohne Gespür Vor wenigen Tagen traf ich Helmut Hubacher, den grossen Schweizer Sozialdemokraten, zu einem Gespräch. Er ist bald neunzig. Trotzdem sprüht und funkt, schreibt und denkt er noch, als würden für ihn die Gesetze der Biologie nicht ­gelten. Er wirkt jünger und frischer als mancher Juso. Natürlich redeten wir auch über die Flüchtlingskrise und darüber, wie sich die Politiker damit befassten. Beide waren wir enttäuscht, beide wussten wir, dass ein unbegrenzt offenes Europa auf längere Sicht nicht realistisch ist. Auch ­Symbolisches, Fragen des politischen Handwerks oder der Führung beschäftigten uns. Er verstehe nicht, sagte mir Hubacher bei dieser Gelegenheit, warum der Bundesrat auf seiner Schulreise im Sommer ein Asylbewerberheim besucht habe. Besser wäre die Regierung nach Chiasso gefahren und hätte die Grenzwächter besucht, die dort die Folgen der gescheiterten Migrationspolitik des Westens zu bewältigen haben. Tag für Tag ­kontrollieren sie, weisen ab oder winken durch (je nach Berner Stimmungslage), Tag für Tag ­besichtigen sie die zahlreichen Fehler, die in den Teppich­etagen der Politik begangen werden. Hubacher, der alte Menschenfreund, weiss, wovon er spricht. Er ist ein Sozialdemokrat, dem bewusst ist, wen seine Partei vertreten will: die einfachen Leute, wie zum Beispiel die Grenzwächter, bescheidene, biedere Staatsangestellte wie einst die Bähnler, für die Hubacher als Gewerkschafter jahrzehntelang gekämpft hat. Der Bundesrat an der Grenze in Chiasso? In der Tat wäre das ein starkes Signal gewesen. Die Regierung, die wir angestellt haben, um für uns einen Auftrag zu erfüllen, hätte klargemacht, dass sie darum weiss, wozu es Grenzen gibt – und dass Grenzen zu ziehen immer auch bedeutet, dass jemand Nein sagen muss, auch wenn es schwerfällt. Jemand hat dafür Verantwortung zu übernehmen. Die neue Unverantwortlichkeit Vielleicht hat nichts deutlicher gemacht, woran die Politiker unserer Zeit kranken, als die Flüchtlingskrise. Vielleicht brauchte es diese Tragödie, damit den Bürgern in Europa die Augen geöffnet werden. Zu viele Politiker geniessen es, grosszügig zu sein, Menschen zu helfen und die Welt zu retten, meistens mit Geld, das ihnen nicht gehört, meistens mit Entscheiden, deren Konsequenzen sie nie tragen müssen, weil sie weit in der Zukunft liegen. Sie sagen sehr oft Ja, selten sagen sie Nein. Dass in der Flüchtlingskrise so viele Politiker fast instinktiv nach internationaler Koordination rufen, macht misstrauisch. Es ist symptomatisch. Wenn «koordiniert» wird, heisst das immer, dass sehr viele mitentscheiden – oder auch nicht –, jedenfalls so viele, dass kaum mehr erkennbar ist, wer was entschieden hat. Oder anders gesagt: wer wofür verantwortlich ist. Es ist der heutigen ­Generation von Politikern meisterhaft gelungen, Verantwortlichkeiten zu verwischen: Deshalb ­entziehen sie sich so gerne den Entscheidungs­prozessen des Nationalstaates, wo sie als Regierende klar zu verorten sind, und flüchten sich in die höheren Sphären des Supranationalen, wo alle und keiner zuständig ist. Wer hat entschieden? Wer ist schuld? Niemand weiss es. Ist es die EU? Die Kommission, der Ministerrat, die UNO oder die OECD oder die G-8? Oder doch das Parlament? Wenn niemand verantwortlich ist, kann man auch ­niemanden zur Rechenschaft ziehen. Grenzen bestimmen ein Territorium, sie zeigen aber auch an, wer wo zuständig ist. Deshalb sind Grenzen bei manchen Politikern wenig beliebt. In der EU machte man aus der Aussicht, keine Grenzen mehr zu kennen, unter dem Stichwort Schengen geradezu eine Raison d’Etre. Umso schwerer fällt es nun, diese Grenzen zu verteidigen, selbst die Schengen-Aussengrenzen, die man ja auf dem Papier nie aufgehoben hatte. Natürlich können wir nicht alle aufnehmen! Diesen Satz würde wohl jeder europäische ­Politiker unterschreiben – und in keinem Land dieses Kontinents würde eine Mehrheit wider­sprechen. Es ist Zeit, dass die Bürger ihre Politiker dazu zwingen, wieder einmal Nein zu sagen. Und wir Bürger müssen ehrlich genug sein, auch die ­Konsequenzen dieses Neins zu tragen. Markus Somm ist Chefredakteur der Basler Zeitung. Dort erschien dieser Beitrag zuerst. [email protected]
Gastautor
article
01.11.2015 10:00
https://www.achgut.com/artikel/die_fluechtlingskrise_oeffnet_den_buergern_die_augen_fuer_die_deformationen
Leserkommentar der Woche: Kunstsprache
Besonders erfreulich sind Leserkommentare, die eigentlich selbst eigene kleine Texte sind. Und damit sie nicht alle in der Menge untergehen, veröffentlichen wir an dieser Stelle regelmäßig den „Leserkommentar der Woche“. Leserkommentare dienen nicht nur dem Gedankenaustausch, sondern ergänzen mitunter die dazugehörigen Texte um neue Aspekte und geben ein Bild der Stimmungslage. Leserkommentare sind dabei nicht repräsentativ für die Leserschaft, viele Achgut-Leser stehen beispielsweise im Berufsleben und haben gar keine Zeit oder haben Scheu, sich öffentlich zu äußern. Umso mehr freuen uns sachliche und im Ton konziliante Zuschriften, die entsprechend unserer Netiquette ruhig kritisch sein können, aber nicht verletzend sind. Die Redaktion freut sich dabei ganz besonders über Kommentare, die eigentlich selbst eigene, kleine Texte sind. Und damit diese entsprechend gewürdigt werden, veröffentlichen wir an dieser Stelle regelmäßig „Leserkommentare der Woche“. Diesmal sind es zwei Kommentare zu Rainer Bomhorsts Beitrag "Kommt jetzt die Genderwende": Robert Schleif schreibt: Vor fast 60 Jahren schrieb Václav Havel sein (natürlich gesellschafts- und kulturkritisches) Theaterstück „Benachrichtigung“ um die „von oben“ versuchte Einführung der Kunstsprache Ptydepe. Das vorgebliche Ziel ist, die Amtssprache zu präzisieren, Missverständlichkeiten auszuräumen und die Abläufe ökonomischer zu gestalten. Die unausgesprochene Absicht aber ist, dass an Sprache gekoppelte Denken einzuschränken und zu verkrüppeln, die Mitarbeiter zu maßregeln, zu kujonieren und zu entmenschlichen. Natürlich wird von den einfachen Angestellten verlangt, sich klar zu der Modernisierung zu bekennen und den reaktionären Kräften der Beharrung den Kampf anzusagen. Bei Havel ist das Ende trügerisch: Das Projekt scheitert, die Dissidenten werden rehabilitiert und die Übereilungen und die „Fehler“ der Ptydepe-Zeit bedauert. Doch dann zieht man schon die nächste, nun „verbesserte“ Kunstsprache aus dem Ärmel… und Karl Emagne ergänzt: Sprache entwickelt sich entweder von allein, ohne Zwang von oben, oder wenn sich die Politik tatsächlich einmischen möchte, sollten die Neuerungen konsensfähig sein und in sich schlüssig. Das unsägliche Stottergendern wurde hingegen von irgendwelchen verblendeten Aktivisten erdacht und ist noch nicht einmal dem vorgeblichen Ziel einer diskriminierungsfreien Ausdrucksweise dienlich. Durch die ständige Nennung beider Geschlechter werden Nichtbinäre überhaupt erst ausgegrenzt und die Lösung für ein Problem, das angegrünte Übereiferer selbst erst geschaffen haben, soll nun die Genderlücke sein, durch die alle Nichtbinären fallen, also auch Intersexuelle, die ein berechtigtes Anliegen hätten? Und das soll dann für Inklusion sorgen? Das ist etwa so logisch, wie Kernkraftwerke abzuschalten, damit mehr Kohlekraftwerke weniger CO2 produzieren. Anders gesagt, ein typisch grüner Schuss in den Ofen.
Redaktion
Besonders erfreulich sind Leserkommentare, die eigentlich selbst eigene kleine Texte sind. Und damit sie nicht alle in der Menge untergehen, veröffentlichen wir an dieser Stelle regelmäßig den „Leserkommentar der Woche“.
article
02.12.2023 13:00
https://www.achgut.com/artikel/leserkommentar_der_woche_Kunstsprache
No Working Overtime
The highest-ranking criminal judge in Texas, the woman who presides over the most active execution chamber in the country, sat at a defense table on Monday to face charges of intentionally denying a condemned man access to the legal system. http://www.nytimes.com/2009/08/18/us/18judge.html http://news.bbc.co.uk/go/em/fr/-/2/hi/americas/8206480.stm http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,643536,00.html
Fundstück
article
18.08.2009 16:16
https://www.achgut.com//artikel/no_working_overtime
Wenn die Blase platzt, toben die Papiertiger
Es gibt ein historisches Ereignis, das ähnliche Wellen schlug wie die Entscheidung der Briten für den Brexit in der abgelaufenen Woche. Paris war damals der Ort des Geschehens, der Sommer schon drei Wochen weiter fortgeschritten. Man schrieb den 14. Juli 1789. Das Volk hatte sich mit Sensen und Mistgabeln bewaffnet, um die Bastille zu erstürmen. Obwohl kaum noch als solches genutzt, stand das alte Staatsgefängnis für eine politische Ordnung, die auf der Gesellschaft lastete, ohne dass sie noch im Stande gewesen wäre, etwas Sinnvolles auszurichten. Die Revolution machte dem Spuk der Lemuren ein Ende. Andere Länder ließen sich später, im Laufe des 19. Jahrhunderts, von den Ideen des französischen Aufbruchs anstecken. Als politische Klasse hatte der Adel in Europa ausgedient. Die prosperierende Industriegesellschaft bedurfte seiner nicht länger. Er lag ihr bloß noch auf der Tasche, genauso wie das parteipolitisch regierende Personal unserer Tage, da es ebenfalls ausschließlich mit der Verteidigung seiner Standesinteressen beschäftigt ist. Dafür arbeiten sie in Brüssel wie in Paris oder in Rom und in Berlin bis zum Umfallen. Fleißige Beamte in einem politischen Hamsterrad, dessen einziger Zweck es ist, sich weiter und weiter zu drehen. Die Hektik dient der Selbstbefriedigung derer, die sie verbreiten: politische Onanie, programmatisch zur Schau gestellt. Der Blick für die Wirklicht verschwimmt im Zustand der Erregung. Wie der Adel von der Französischen Revolution so wurde das europapolitische Kartell jetzt kalt erwischt von der Unbotmäßigkeit der Engländer. Das Entsetzen der Überrumpelten offenbart ihre tatsächliche Handlungsfähigkeit. Sie können wettern oder wie Martin Schulz mit der Faust auf den Tisch hauen, wie Jean-Claude Juncker drohen, mit dem Austrittsverfahren der Engländer aus der EU ein Exempel zu statuieren, so abschreckend, dass kein anderes Land je auf den Gedanken verfallen könnte, sich selbst dieser Tortur auszusetzen. Sie schreien Zeter und Mordio. Einen Plan, nach dem sich die EU so vielversprechend umbauen ließe, dass niemand  mehr auf den Gedanken kommt, sie verlassen zu wollen, können sie nicht vorlegen. Denn sie selbst, ihre machtpolitische Hybris und der angemaßte Führungsanspruch sind das Problem. Diese Faktoren haben die Briten schließlich veranlasst, das Joch der EU abschütteln zu wollen. Ihre mehrheitliche Entscheidung für den Brexit hat in der politischen Landschaft Europas einen Krater aufgerissen, in dem am Ende nicht nur der Turmbau zu Brüssel versinken mag. An seinen Rändern taumelt ein ganzes Heer von Berufspolitikern, die sich unter den Bedingungen der repräsentativen Demokratie daran gewöhnt haben, die Bürger ihrer Länder vormundschaftlich, wenn nicht gar totalitär zu beherrschen. Die Krönung dieser Entwicklung wäre die Umwandlung des national und kulturell vielfältigen Europa in ein nivelliertes Großreich, eine Diktatur der Bürokraten, in der allein die politischen Eliten schalten und walten könnten. Mit ihrem Votum für den Austritt aus der EU haben sich die Engländer auch und zuerst  gegen diese schleichende Unterwanderung der demokratischen Verhältnisse daheim auf der Insel sowie in Europa entschieden. Sie haben dem Kontinent ein Beispiel gegeben, dem andere Länder folgen werden, früher oder später. Keines der Schreckensszenerien, wie sie  jetzt vor allem in Brüssel und Berlin entworfen werden, wird daran etwas ändern. Auch die Schweiz ist nicht in dem Elend versunken, das ihr nach diversen Volksentscheiden zum Wechselkurs des Franken oder zur Einwanderungspolitik angedroht wurde. Wer da immer noch glaubt, den Briten die Verarmung vorhersagen zu müssen, macht sich selbst lächerlich. Schließlich ist Großbritannien die zweitgrößte Volkswirtschaft Europas, weltweit rangiert das Vereinigte Königreich an fünfter Stelle. Mit ihm auf Gedeih und Verderb zu brechen kann sich weder die EU als Ganzes, noch können es sich die Deutschen oder andere Mitgliedsländer leisten. In Berlin wie in Brüssel toben die Papiertiger, die politischen Aufschneider, die das europäische Großreich brauchen, um sich international ein Ansehen zu geben, das dann wiederum ordentlich Knete einträgt. Dass die Engländer auf diesen Schwindel nicht länger hereinfallen wollten, mag nicht zuletzt aus ihrer Geschichte herrühren. Sie sind ein stolzes Volk, das mutig genug war, auf die Weltmeere hinaus zu segeln. Ängstliche Unterordnung liegt ihnen weniger. Die Freiheit gilt ihnen mehr als eine vermeintliche Sicherheit. So wie der Sturm auf die Bastille seinerzeit der Auftakt für die Befreiung von aristokratischer Bevormundung war, so könnte der Brexit heute der Anfang vom Ende des parteipolitischen Totalitarismus unserer Tage sein. Ein Signal für den Aufbau demokratischer Verhältnisse, die es den Völkern wieder erlauben, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, in Absprache und im Zusammenwirken mit den anderen, nicht aber unter der Zuchtrute eines Schluckspechtes aus Lexembiurg, eines Cholerikers aus Würselen  und einer aus dem Hintergrund agierenden Ex-FDJ-Funktionärin, die es zur Bundeskanzlerin brachte. Sie alle haben den Freiheitsgeist zu fürchten, mit dem die Franzosen, die Niederländer, die Polen, die Tschechen, die Ungarn und andere mehr schon bald versucht sein könnten, dem britischen Vorbild zu folgen. Dazu bedarf es weniger, als mancher vielleicht glauben möchte. Anders als in Paris, wo sie ehedem noch zur Mistgabel greifen mussten, um den Augiasstall auszumisten, müssen wir heute nur an die Wahlurne treten, um für bessere Verhältnisse zu sorgen. Die Engländer haben es getan und dabei ihre Unabhängigkeit zurückgewonnen. Wir sollten ihnen dankbar sein.
Thomas Rietzschel
In Berlin wie in Brüssel toben die Papiertiger, die das europäische Großreich brauchen, um sich international ein Ansehen zu geben. Sie fürchten den Freiheitsgeist, mit dem die Franzosen, Niederländer, Polen, Tschechen, Ungarn und andere schon bald versucht sein könnten, den Briten zu folgen. Dazu bedarf es weniger, als mancher vielleicht glauben möchte.
article
26.06.2016 19:27
https://www.achgut.com/artikel/wenn_die_blase_platzt_toben_die_papiertiger
Big Böll is watching you
Wir stehen unter Beobachtung. Die grüne Stasi hat es auf uns abgesehen. Die Sprache verrät es.  Es ist soweit. Das Denunzianten-Stadl* (das Sternchen verweist auf eine Fußnote) der Heinrich-Böll-Stiftung hat wieder zugeschlagen – und diesmal, liebe Leser der Achse, sind Sie auch dabei. Die Achse wird in dem neuen E-Paper der Stiftung politisch einsortiert und „verortet“, als wäre sie unbeweglich, damit Sie endlich wissen, was Sie davon halten sollen – falls sie es noch nicht wussten.  Sie sollten es aber wissen, denn ein Urteil über die Autoren der Achse gilt ebenso für die Leser. Denn Lesen, ja, allein schon das flüchtige Überfliegen eines Textes ist hochgradig infektiös. Jedenfalls aus Sicht der Meinungswächter der Böll-Stiftung, bei denen die Formel gilt: Sage mir, was du liest, und ich sage dir, wie weit rechts du daraufhin „verortet wirst“ und ob du überhaupt noch zur Zivilgesellschaft oder gar zur „menschlichen Gesellschaft“ gehörst. Kontaktschuld – guilty by association – ist ansteckend und wirkt in alle Richtungen. Zwischenfrage: Wollen Sie unter diesen Umständen überhaupt noch weiterlesen? Gut …  Sie ahnten es bereits: Das gesamte Umfeld der Achse gehört aus Sicht der Böll-Stiftung zur „Neuen Rechten“. Dieses Urteil, das als finale Verdammung gelten soll, kommt mit einer kleinen Fußnote, die in die Irre führt, daher, und obendrein mit dem großen Anspruch, wissenschaftlich fundiert zu sein, was jedoch nur vorgetäuscht ist. Keine Sorge: Es handelt sich keineswegs um Wissenschaft, sondern um das erschütternde Dokument eines Sprachverfalls und eines politischen Versagens.  Man kann das nicht lesen. Der Text ist eine Zumutung. Doch Sprache ist verräterisch, sie bringt – und zwar deutlicher, als den Autoren lieb ist – das Denken, das dahinter schlummert, ans Tageslicht; genau gesagt: nicht das Denken, sondern den intellektuellen Notstand und die Niedertracht der Autoren. Zuerst wollte ich diese seltsam verquere Sondersprache, die sich im Kreis der Böll-Autoren herausgebildet hat und die zur „Sprache des Grünen Reiches“ gehört, „Stasi-Prosa“ nennen oder „neues Stasi-Deutsch“ oder „Kontaktschuld-Sprache“ oder „Böll-Deutsch“, besser noch „Böll-Stiftungs-Deutsch“, oder „Böllermänner-Deutsch“ … ich weiß noch nicht … passend wäre vielleicht auch nach literarischem Vorbild die „Sprache der Ölweiber“.  In der DDR konnte der Kontaktschuld-Vorwurf ein Todesurteil sein. Wenn jemand West-Kontakte hatte, reichte das manchmal schon. In Zeiten der Pandemie erlebt der Kontaktschuld-Terror einen neuen, unerwarteten Höhepunkt, der die Stasi-Praktiken, die heute keineswegs überwunden sind, alt und fast schon harmlos aussehen lässt. Das sind große Worte. Ich versuche es mal eine Nummer kleiner: Bei der Anwendung des Kontaktschuld-Vorwurfs wird die Gefahr, die von einem Gedankengut (oder einem Virus) ausgeht, ins Gigantische vergrößert. Jede Möglichkeit einer inhaltlichen Auseinandersetzung (oder konventionellen medizinischen Behandlung) wird nicht nur vernachlässigt, sondern ignoriert. Ersatzweise werden alle Energien auf die Frage konzentriert, wer möglicherweise in irgendeiner Form Kontakt hatte zu dem Gedankengut (beziehungsweise Virus), egal ob die Kontaktperson das Gedankengut übernommen hat (ob er angesteckt worden ist) oder nicht. Der unschuldige Leser wird als hilflos angesehen, der den schädlichen Ideen schutzlos ausgeliefert ist, er kann sich keine eigenen Gedanken machen (es gibt keine natürliche Immunität, keine körpereigenen Abwehrkräfte). Hier liegt ein jämmerliches Menschenbild zugrunde. Der notwendige Diskurs wird unterbunden. Das ist nicht etwa ein frühes, alarmierendes Anzeichen dafür, dass ein totalitäres System entsteht. Es ist der Beweis dafür, dass es bereits entstanden ist. Der Diskurs wird ersetzt durch eine überflüssige, dennoch unerbittliche Bekämpfung von all denen, die irgendwie irgendwelche Kontakte hatten oder irgendwann haben könnten.  Der Kontaktschuld-Vorwurf ist keineswegs harmlos. Er führt zur Bestrafung von Unschuldigen und vergrößert das Leid. Es gibt Leute, die das besonders mögen und sogleich die Chance wahrnehmen, gewisse Veranlagungen auszuleben, die sie unter anderen Bedingungen zurückhalten müssten. Es ist der ideale Zeitpunkt für alle, bei denen sich die tyrannischen Neigungen bereits im fortgeschrittenen Stadium befinden und die am liebsten Ankläger, Richter und Henker zugleich spielen wollen (Schuldige zu bestrafen, ist was für Anfänger …). Das Böll-Papier ist ein mustergültiger Fall von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, von Hetze und feigem Rufmord – es funktioniert so: Es wird mutwillig eine Kontaktschuld-Gruppe gebildet, die zum arglistigen „Feind“ erklärt und als „Gefahr für die Demokratie“ aufgebauscht wird. Das Böll-Papier ist zugleich ein Ruf nach Strafverfolgung. Worum geht es? In dem erwähnten Papier geht es – oberflächlich betrachtet – um Geschlechterfragen und um die Bedeutung der Familie. Es handelt davon, wie sich gewisse Organisationen, die speziell Väter- und Männerinteressen vertreten, dazu äußern. Doch das ist meine Zusammenfassung in meinen Worten. Sie nennen es anders. Ihr Titel lautet: ‚Antifeminismus auf dem Weg durch die Institutionen. Strategien und maskulistische Netzwerke‘. Das klingt nicht gut. Demnach hätte sich etwas Geheimnisvolles auf den Weg gemacht, durch mehrere Institutionen (welche auch immer) hindurch (also, nicht etwa in sie hinein, sondern durch sie hindurch) zu gehen – wohin auch immer. Es ist Unfug von Anfang an.  Etwas Abstraktes (in diesem Fall der Antifeminismus) kann sich nicht „auf den Weg machen“. Etwas Abstraktes ist kein Ersatz für handelnde Personen. Zwar kann man der Auffassung von Carl G. Jung anhängen, dass nicht etwa wir gewisse Ideen haben, sondern dass vielmehr diese Ideen uns haben, sodass wir von ihnen eingenommen und sogar besessen sein können. Doch selbst dann funktioniert die Aktiv-Passiv-Verwechslung nicht, denn diese Ideen, die uns womöglich im Griff haben, bräuchten immer noch jemanden, der in ihrem Sinne etwas tut.  Es ist jedoch eine weit verbreitete Unsitte feministischer Texte, und es gehört standardmäßig zur Selbstinszenierung als Ewige Opfer, dass tatsächliche Täter und Verantwortlichkeiten verschleiert werden. (darüber habe ich gelegentlich schon geschrieben). Also: Geht es hier um Ideen oder um Personen? Lassen wir uns nicht täuschen. Das Böll-Papier tut so, als ginge es um eine bestimmte Idee – um eine Weltanschauung –, gegen die sie entschieden vorgehen wollen, doch diese Idee wird gar nicht richtig verstanden, und sie wird falschen Gruppen zugeordnet. Sie gehen nicht etwa gegen eine Idee vor, sondern ad personam gegen einzelne Menschen – obendrein gegen welche, die sich der Idee, die bekämpft werden soll, gar nicht verpflichtet fühlen. Was ist denn nun Antifeminismus? Dazu gibt es eine berühmte Definition von Karen Straughan, die schon mehrfach mit einem T-Shirt gesehen wurde, auf dem zu lesen war, dass sie eine bekennende Antifeministin ist – kurz: sie ist genau die Richtige für den Job. Sie definiert es so: „Antifeminismus ist die radikale Idee, dass Frauen erwachsene Menschen sind.“ Yes! Ich kann dieser Definition durchaus etwas abgewinnen und mag Karen übrigens recht gerne leiden. Was sagt die Böll-Stiftung dazu? Nichts. So etwas kennen die angeheuerten Fachkräfte für Desinformation nicht. Sie kennen keine echten, keine verifizierten Antifeministen; keine, die sich selbst so nennen. Sie malen sich welche. Deshalb haben sie auch ihre eigene Definition, die nur schlecht zusammengebastelt ist und die in keiner ernsthaften Diskussion mit richtigen Vertretern von antifeministischen Positionen bestehen könnte. Demnach ist man schon Antifeminist, wenn man die Gleichstellungspolitik kritisiert.  Egal. Auf einer theoretischen Ebene wollen – und können – sie sowieso nicht diskutieren. Sie sind keine Intellektuellen, sie sind Hexenjäger. Sie zielen auf Personen, getreu dem Motto (frei nach André Heller): Wenn man das Denken nicht attackieren kann, attackiert man eben die Denkenden. Das tun sie. Sie greifen Personen und Gruppierungen an, als wollten sie die zum Abschuss freigeben. Da sind Sie, liebe Leser der Achse, diesmal auch dabei. Sie haben sich wahrscheinlich schon gefragt, warum sie in einem Papier, in dem es um Familienbilder geht, überhaupt vorkommen und warum das alles „rechts“ sein soll. Moment. Kommt noch. Schauen wir uns das Elend im Detail an. Meine Vorwürfe sind heftig, da möchte ich keine starken Worte wie „Hetze“, „Stasi-Methoden“ und „Menschenfeindlichkeit“ in den Raum stellen, ohne Belege zu liefern. Also, schauen wir. Ich halte es für hilfreich, Kontaktschuld-Sprache zu erkennen. Es ist keine Kleinigkeit. Es geht nicht allein um verdorbenes Deutsch, sondern um verdorbene Politik. Es handelt sich schließlich um ein Papier der Böll-Stiftung; auch wenn es unbedeutende Autoren sind, die austauschbare Texte geliefert haben, das Papier kommt auf hohem Ross daher, unter der Flagge eines berühmten Namens und ist ein Zeugnis für die Missstände der grünen Geschlechter- und Familienpolitik.  Werden Namen genannt? Ja. Der Text der Böll-Stiftung befasst sich mit einigen Organisationen und Verbänden, von denen Sie wahrscheinlich noch nie gehört haben. Kein Wunder: Es sind Verbände, die ohne Unterstützung auskommen müssen, die mit Bordmitteln arbeiten und kaum Möglichkeiten haben, sich bemerkbar zu machen: FSI (Forum Soziale Inklusion), IG-JMV (Interessengemeinschaft Jungen Männer Väter), Trennungsväter e.V., MANNdat, sowie verschiedene Ortsgruppen, die sich zu VAFK abkürzen (Väteraufbruch für Kinder).  Es ist durchaus sinnvoll, sich an solchen Gruppen zu orientieren. Da weiß man, was man hat. Die Verbände geben es einem schriftlich. Sie sagen selber, was sie wollen; sie haben Sprecher, die legitimiert sind, im Namen ihrer Gruppe Stellungnahmen abzugeben. Das könnte man sich ja mal näher angucken. Genau das tun die Rufmörder der Böll-Stiftung nicht. Es wird auch sofort klar, warum nicht. Sie würden keine Belege dafür finden, dass es sich dabei um Antifeministen oder um Rechte handelt. Kein Wunder. Es sind ja auch keine Antifeministen. Sie nennen sich selbst nicht so – sie nennen sich übrigens auch nicht „Maskulisten“ – und niemand von ihnen trägt so ein T-Shirt wie Karen Straughan.  Daher findet man auch in den Selbstdarstellungen der Gruppen keine Definition von Antifeminismus. Wieso denn? Das ist nicht ihr Thema, nicht ihre Baustelle. Antifeminismus interessiert sie so wenig wie Feminismus – und der interessiert sie nur deshalb, weil sie ständig von feministischen Aktivisten behelligt, beschimpft, verunglimpft und beschuldigt werden. Einer von den Beschuldigten hat sich die Mühe gemacht, die unterschiedlichen Definitionen von Feminismus nachzulesen und hat die mit den Zielen seines Interessenverbandes – Trennungsväter e.V. – verglichen und festgestellt, dass sein Verein eine Position vertritt, die bei Wikipedia als „liberaler Feminismus“ bezeichnet wird. Demnach wäre dieser gefürchtete Antifeminist sogar feministisch. Egal. Das sollen Karen Straughan und – meinetwegen – Margarete Stokowski (oder wer auch immer) unter sich ausmachen. Sollen sie doch Positionen und Gegenpositionen zum Feminismus und Antifeminismus austauschen, wie sie wollen. Die erwähnten Männer- und Vätergruppen haben andere Probleme. Denen geht es um Kinder.  Antifeministen sind es also nicht. Das war die erste Falschmeldung. Sind es denn wenigstens Rechte? Finden sich dafür irgendwelche Anhaltspunkte? Ja, nach Ansicht der Böll-Stiftung schon. Das Familienbild wäre in ihren Augen ein wichtiger Anhaltspunkt. Aber nicht etwa das Familienbild, das von diesen Gruppen tatsächlich vertreten wird, sondern eins, das ihnen erst einmal angedichtet werden muss – und das, liebe Leser der Achse, könnte sie ebenso treffen:  „Familie besteht für sie (damit sind diese Gruppen s.o. gemeint) stets aus Vater, Mutter und Kind(ern), die biologisch miteinander verwandt sind. Diese Ideologie teilen sie mit rechtsextremen und rechtspopulistischen Positionen.“  Aha. So ist das also: Wenn diese Gruppen so ein Familienbild – das hier kurzerhand „Ideologie“ genannt und damit als falsch angesehen wird – mit rechtsextremen und rechtspopulistischen Positionen teilen, dann teilen sie auch alles andere mit rechtsextremen und rechtspopulistischen Positionen, dann sind sie vollständig deckungsgleich. Klarer Fall – oder? Man muss schon für die Böll-Stiftung schreiben, um auf so ein schmales Brett und auf eine dermaßen rasante Beschleunigung eines Argumentationsfehlers zu kommen: Familienbild aus Vater–Mutter–Kindern = rechtsextrem. Tags ist es für sie hell, nachts dunkel. Diese Ideologie teilen sie mit rechtsextremen und rechtspopulistischen Positionen. Die Limbo-Latte des Niveaus hängt bei der Böll-Stiftung sowieso schon tief, doch da scheint noch was zu gehen: how low can you go? Es gibt auch noch andere Gruppen in unserer vielfältigen und durchaus lebendigen Gesellschaft. Ich denke da an die, die man „Geflüchtete“ nennt, oder „Schutzsuchende“, oder die, „die noch nicht so lange hier leben“. Was würden die Experten der Böll-Stiftung zu solchen Gruppen sagen? Etwa denselben Satz? „Familie besteht für sie stets aus Vater, Mutter und Kind(ern), die biologisch miteinander verwandt sind. Diese Ideologie teilen sie mit rechtsextremen und rechtspopulistischen Positionen.“  Natürlich nicht. Darum geht es nicht. Es geht vielmehr darum, „Antifeministen“ (die keine sind) als „rechts“ (und damit als Ausgestoßene) zu brandmarken. Die Kontaktschuld macht es möglich. Das Familienbild wird als Test gesehen – mit der Beweiskraft eines PCR-Tests mit mehr als 50 Vermehrungszyklen –, als Indiz dafür, dass man bereits vom rechtsextremen Virus befallen ist. Nach so einer Logik ist es durchaus sinnvoll, sich diese „Ideologie“ – diese schlimme Krankheit –, auf die so ein positiver Test ihrer Meinung nach hinweist, näher anzusehen:  „Diese Naturhaftigkeit wird biologistisch begründet und mit einer sozialdarwinistischen Lebensphilosophie verknüpft. Daraus speist sich die rassistische, antisemitische, antifeministische, homophobe und elitäre Programmatik der extremen Rechten.“   So schnell geht das. Nun sind auch noch Rassismus und Antisemitismus dazugekommen. Da fehlt nur noch Gewaltbereitschaft. Doch die fehlt nicht, die wird an anderer Stelle angedeutet. Elitär sind sie obendrein – und alle, alle, alle sind sie rechtsextrem. Das betonen die Richter der Böll-Stiftung in unmissverständlicher Deutlichkeit: Selbst wenn sich jemand selbst „als links oder liberal“ verortet, so lässt er sich aus ihrer Sicht „hier anschließen“ – mit „hier“ ist die Definition der extremen Rechten s.o. gemeint. Es nützt also nichts, sich selbst als links oder liberal zu verstehen – Böll weiß es besser: „Auch sich selbst als links oder liberal verortende Maskulisten lassen sich aus unserer Sicht hier anschließen“ (S. 32). Es gibt keine Unterschiede mehr. Alle kommen direkt in die große Tonne. Alle sind zum Beobachtungsfall geworden. Big Böll is watching you. Wer sich selbst in aller Unschuld für liberal hält, gilt bei der grünen Überwachungszentrale längst als symptomlos rechtsextrem und weiß es nur noch nicht.  Da gibt es eine Brücke, eine „Diskursbrücke“. Die Antifeministen haben es möglich gemacht. Die haben so eine wundersame Brücke konstruiert. Wie haben sie das geschafft? Es war bestimmt nicht einfach gewesen. Ich würde gerne so eine Brücke bauen, wenn ich nur wüsste, wie es geht. Schließlich sind solche Brücken außerordentlich wichtig für den freien Meinungsaustausch und für den Erhalt einer demokratischen Gesellschaft. Doch da sind die Übeltäter von der Böll-Stiftung ganz anderer Meinung. Sie wollen Brücken verbrennen, Diskurse unterbinden, die Spaltung der Gesellschaft vertiefen und das Meinungsklima verschlimmern. Deshalb ist es in ihren Augen ein schwerer Vorwurf, dass die Antifeministen so etwas wie eine Diskursbrücke errichtet haben. Die muss weg.  Die Brücke hat den Kontakt ermöglicht, und Sie wissen ja: jeder Kontakt ist gefährlich. Über die Brücke konnten extreme Rechte bis in die Mitte der Gesellschaft marschieren, und umgekehrt wird damit von der Mitte der Gesellschaft ausgehend ein Weg nach rechts außen geebnet. Verstanden? Es geht hin und her. Sehen Sie selber. Vielleicht werden Sie schlau draus. Ich sagte ja schon, dass es eine Sonderform der deutschen Sprache ist: „Gleichwohl ist zusammenfassend festzustellen, dass maskulistische Väterrechtler*innen mit ihren Argumentationsmustern eine Diskursbrücke zur extremen und populistischen Rechten konstruieren. Sie spielen damit eine gefährliche Rolle, wenn es darum geht, extrem rechte Positionen zu popularisieren und damit zu verstärken.“ „Mit dem Auftreten der Partei AfD und deren Wahl in den Bundestag 2017 haben antifeministische, maskulistische und männerrechtlerische Positionen ein wirksames Sprachrohr bekommen. Jene werden bis in die Parlamente getragen und bilden Diskursbrücken in die Mitte der Gesellschaft. Demokratiefeindliche, antifeministische Inhalte, Argumentations- und Deutungsmuster verbreiten sich und werden so «normalisiert».“  „Viele Lobbyisten der Väterrechtsszene haben ein streng zweigeschlechtliches und hierarchisches Verständnis von Geschlecht. Familie besteht für sie nur aus Vater, Mutter und Kind(ern), die biologisch miteinander verwandt sind. Diese Ideologie teilen sie mit antifeministischen, rechtsextremen und rechtspopulistischen Positionen. Sie operieren mit deren Argumentationsmustern und konstruieren so eine Diskursbrücke, extrem rechte Positionen werden so popularisiert und verstärkt.“ Jetzt. Ich war’s. Ich habe alle Leser der Achse reingerissen – und umgekehrt hat wiederum die als „rechts“ geltende Achse über mich als Kontaktperson die so genannten Antifeministen als das enttarnt, was sie nach Ansicht der Böll-Stiftung sowieso sind: extreme Rechte. Wir haben uns gegenseitig angesteckt.  Ich komme in dem Papier vor, wenn auch nur im Glossar. Warum? Ich tauche in dem über 50 Seiten langem Text überhaupt nicht auf, scheine aber dennoch dermaßen wichtig zu sein, dass man mich unter dem Buchstaben „L“ abhandeln muss, obwohl ich weder „Maskulist“, noch „Männerrechtler“ bin (ich bin keinesfalls der Meinung, dass Männer aufgrund ihres Geschlechtes Rechte haben sollten – haben sie auch nicht). „Antifeminist“ bin ich im Sinne von Karen Straughan, wie gesagt. Ich bin in keinem der unter Beobachtung stehenden Gruppen Mitglied – ich neige dazu, Mitgliedschaften zu meiden – und kann daher nicht im Namen einer dieser Gruppen sprechen. Ich kenne jedoch einzelne Aktivisten und habe von daher einen recht guten Überblick – einen besseren als die schreibenden Schnüffler, die sich für ihre üble Nachrede von der Böll-Stiftung bezahlen lassen.  Was haben sie über mich zu sagen? Drei Bücher mit dem Titel „Frau ohne Welt“ gibt es, in denen ich „Töne“ angeschlagen habe (Stimmt. Ich habe einen Liedermacher-Hintergrund). Der erste Band aus der Trilogie ist bereits sieben Jahre alt. Die Namensschänder von der den Grünen nahestehenden Stiftung haben ganze Arbeit geleistet und sogar einige Zeilen des Klappentextes abgeschrieben, was ich meinerseits ebenfalls zitieren möchte, damit sich der Kreis schließt: „Der Feminismus trennt, was zusammengehört (Mann und Frau), und er verallgemeinert, was es nicht allgemein gibt (Gut und Schlecht).“ Zitat Ende. Da ist noch mehr: „Die Bürogemeinschaft von Lassahn war zeitweise Kontaktadresse der Liberalen Männer e.V.“. Das sollte die Welt wissen. Es stimmt zwar nicht, wirkt aber irgendwie verdächtig. In einem totalitären System ist das Private politisch, da gibt es nichts Privates mehr, da wird aus meiner Wohnung ein „Büro“ und aus meiner Adresse eine „Kontaktadresse“ – da steckt auch schon das Wort „Kontakt“ drin. Wir haben es also mit einem klaren Fall von Kontaktschuld zu tun. Wahrscheinlich bin ich auch ein potenzieller Brückenbauer. Was man von den Liberalen Männern halten muss, ist sowieso klar. Die sind, wie wir inzwischen gelernt haben s.o., alle rechtsextrem. Außerdem bin ich – jetzt kommt’s – Autor des Blogs Achse des Guten, die „von Politikwissenschaftler*innen der Neuen Rechten zugeordnet“ wird. Da folgen wir doch gleich mal der kleinen Fußnote Nummer 221, um nachzusehen, was das für „Politikwissenschaftler*innen“ sind, die so eine Einschätzung vorgenommen haben. Der Hinweis führt zu Eigentümlich frei (knapp vorbei, ist auch daneben), doch bei genauem Hinschauen finden sich schon einige Namen. Und? Wer sind nun diese Wissenschaftler? Sie sind es selber. Kemper und Gesterkamp zitieren Kemper und Gesterkamp. Es ist enttäuschend. Da durfte man mehr erwarten. Bei einer Gruppe, die umständlich mit „Politikwissenschaftler*innen“ bezeichnet wird, kann man mindestens zwei Frauen, einen Transsexuellen und natürlich ein paar richtige Wissenschaftler erwarten. Aber wer weiß … vielleicht sind sie ja inzwischen Frauen geworden. Weiber. Ölweiber. Sie sprechen jedenfalls deren Sprache. Gottfried Keller beschreibt ein Ölweib in „Das verlorene Lachen“. Der Held der Geschichte befindet sich in einer ausweglosen Lage und möchte sich an allen rächen, die ihm geschadet und übel mitgespielt haben, doch er weiß nicht wie. Die rechtlichen und gesellschaftlich akzeptierten Möglichkeiten sind ausgeschöpft. Da wird ihm unter der Hand empfohlen, das Ölweib aufzusuchen, falls er sich dazu durchringen könnte, unlautere Mittel anzuwenden – was unser Held letztlich nicht tut, weil es ihm gegen die Ehre gegangen wäre. Er ist halt ein Mann.  Wer oder was ist das Ölweib? „Das sei eine alte Frau, wurde ihm erklärt, die man so nenne nach der biblischen Witwe mit dem unerschöpflichen Ölkrüglein, weil ihr der gute Ratschlag und die üble Nachrede so wenig ausgehe wie jener das Öl. Wenn man glaube, es sei gar nichts mehr über einen Menschen vorzubringen und nachzureden, so wisse diese Frau, die in einer entlegenen Hütte wohne, immer noch ein Tröpflein fettes Öles hervorzupressen, denselben zu beschmutzen, und sie verstehe es, in wenigen Tagen das Land mit einem Gerüchte anzufüllen.“   Fußnote*  Das Denunzianten-Stadl gibt sich die Ehre, es treten auf: Dorothee Beck, Thomas Gesterkamp, Andreas Kemper, Barbara Stiegler und Henning von Bargen.  Gesterkamp und Kemper sind Wiederholungstäter. Kemper hat es schon einmal versucht mit einer Denunziationsplattform, der er den aufregenden Namen „agent*in“ gegeben hat. Doch das war selbst seiner Schutzmacht – es war damals schon die Böll-Stiftung – zu windig, zu billig und zu ruchlos. Das Projekt wurde schnell wieder abgeschaltet, der Agentin wurde die Lizenz zum Lügen kurzfristig entzogen. Gesterkamp wird von denen, die er beschuldigt und die womöglich auch den größten Teil seines Publikums ausmachen und die seine Texte genau lesen, liebevoll „Gesternkamp“ genannt, weil er immer wieder olle Kamellen recycled.  Kleinigkeit am Rande. Ich habe es extra fett markiert. Vielleicht ist es Ihnen aufgefallen. Schon Doktor Watson meinte, dass Kleinigkeiten sowieso das Allerwichtigste sind. Damit kann man Täter überführen. Der Satz „Familie besteht für sie nur aus Vater, Mutter und Kind(ern), die biologisch miteinander verwandt sind“ kommt im Text der Ölweiber mehrmals vor. Dabei ist mir nicht nur die seltsame Schreibweise von „Kind(ern)“ aufgefallen, sondern auch, dass es in ansonsten gleichlautenden Sätzen mal „stets“ und mal „nur“ heißt. Es ist in beiden Fällen falsch. Das kleine „nur“ oder das kleine „stets“ soll auf eine Einstellung hinweisen, die keine Ausnahmen duldet. Das Gegenteil ist richtig: Auf der Seite des Väteraufbruchs heißt es ausdrücklich: „Wir wollen alle Eltern erreichen: Alleinerziehende, eheliche- und nichteheliche Eltern, Omas und Opas sowie leibliche- und Stiefeltern.“ Hier wurde vorsätzlich gelogen. Mit Absicht. Mit Fleiß, wie es im Schwabenland heißt. Aus der Tiefe der Mördergrube des Herzens.
Bernhard Lassahn
Das Denunzianten-Stadl der Heinrich-Böll-Stiftung hat wieder zugeschlagen – und diesmal, liebe Leser der Achse, sind Sie auch dabei. Sie stehen unter Beobachtung.
article
16.11.2021 06:27
https://www.achgut.com/artikel/big_boell_is_watching_you/P112#comment_entries
Manfred Weber und das beste Europa, das wir je hatten
Wer wissen möchte, aus welchem Zwirn die Tagträume der Politiker gesponnen werden, sollte sich das Interview mit Manfred Weber im heute-journal unbedingt antun. Es dauert nur fünf Minuten, hat aber die gleiche Wirkung wie eine Achterbahnfahrt mit vollem Magen. Beinahe wäre der Europa-Abgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der CSU, Manfred Weber, Präsident der Europäischen Kommission geworden. Aber eben nur beinahe. Bei der „Europawahl“ 2019 trat er als „Spitzenkandidat“ der Europäischen Volkspartei an, einer losen Vereinigung christlich-demokratischer und bürgerlich-konservativer Parteien in den Ländern der Europäischen Union. Nach den Wahlen wurde er gegen Ursula von der Leyen ausgetauscht, die als Verteidigungsministerin der Bundesrepublik kraftvoll gescheitert war und einen neuen standesgemäßen Job brauchte. Die Charade soll, so hieß es damals aus gut informierten Kreisen, auf Betreiben der deutschen Bundeskanzlerin erfolgt sein, die Weber nicht mochte und mit von der Leyen befreundet war. Pikantes Detail: Es gibt Regeln, wer an der Wahl zum Europäischen Parlament teilnehmen kann, von einem „Spitzenkandidaten“ ist an keiner Stelle die Rede. Die Position wurde in irgendeinem Brüsseler Hinterzimmer ausgehandelt, um angesichts der lauen Wahlbeteiligung das Interesse der Wähler zu stimulieren. Für Manfred Weber, 1972 in Niederhatzkofen, einem Ortsteil von Rottenburg an der Laaber im Kreis Landshut geboren, wäre die Wahl zum Präsidenten der EU-Kommission der Höhepunkt seiner Politiker-Karriere gewesen, die 2002 im Kreistag des Landkreises Kelheim begann. Die Wahl zum Partei- und Fraktionsvorsitzenden der EVP im Europäischen Parlament war ihm vermutlich kein großer Trost, aber er ließ sich die Enttäuschung über die Niederlage nicht anmerken und machte Dienst nach Vorschrift aus der zweiten Reihe. Für Interviews stand MdEP Weber immer zur Verfügung, wobei ihm zugutekam, dass er – anders als die meisten seiner Kollegen – mehrere Sätze zusammenhängend aussprechen konnte, ohne sich dabei zu verhaspeln. Nicht immer, aber meistens.  Am 6. August stand Manfred Weber im heute journal Christian Sievers Rede und Antwort über die Frage, wie die „demokratischen Parteien“ mit der AfD umgehen sollten. „Die Europäische Union ist das beste Europa, das wir je hatten, und wir werden alles tun, um die AfD kleinzuhalten“, versprach Weber gleich zu Anfang des Interviews, als wäre es ihm entgangen, dass der Abstand zwischen der Union und der AfD auf vier Prozentpunkte geschrumpft war. Wer wissen möchte, aus welchem Zwirn die Tagträume der Politiker gesponnen werden, sollte sich das Interview unbedingt antun. Es dauert nur fünf Minuten, hat aber die gleiche Wirkung wie eine Achterbahnfahrt mit vollem Magen. Die AfD, sagt Weber, habe „eine Kriegserklärung an Europa“ abgegeben, gegen all das, wofür „Vorgängergenerationen“ gekämpft haben, „von Adenauer, Kohl und Theo Waigel beim Euro bis hin zu Angela Merkel“, dieses Erbe werde man „verteidigen“. Die EU müsse „reformiert werden“, aber nicht so, wie die AfD es sich vorstellt. Sie wolle den Euro abschaffen und aus dem gemeinsamen Währungssystem aussteigen, hin zu einem „Europa der Vaterländer“, einem „nationalistisch geprägten Europa, das unsere Stimme da draußen in der Welt nicht hören lassen wird“. Deswegen wird bei der nächsten Wahl „die Grundsatzfrage zu klären sein, ob wir zu diesem Europa stehen, und wir als CDU/CSU stehen“. Ähnlich verdruckst klang Webers Erklärung dafür, warum seine Partei gelegentlich mit der AfD abstimmt. Dass die AfD bestimmte Positionen vertritt, sei „in der Analyse leider Gottes der Fall“, aber sie vertrete in vielen Bereichen auch Positionen, „die nicht die unseren sind“. Jetzt brauche man einen „programmatischen Aufbruch“, eine „Zukunftsperspektive“, wie damals in den 90er Jahren, als „Helmut Kohl im Kampf gegen die Republikaner den Euro vorgeschlagen hat“. Kohl habe gestaltet, „und diese Gestaltungskraft müssen wir wieder aufbringen“. Deswegen müsse eine „Brandmauer“ gegenüber Parteien „klar definiert sein“, die ein anderes Europa wollen. Wie „die PIS in Polen, Le Pen in Frankreich und die deutsche AfD“, diese Parteien kämen als „demokratische Partner und Mitbewerber im politischen Wettbewerb“ nicht infrage. „Die sind für uns Gegner und werden von uns bekämpft.“ War das eine Drohung oder ein Versprechen? Hatte Weber einen Aussetzer? Dachte er an ein deutsches Hilfswerk, das Polen und Franzosen Demokratie lehren würde? So ein Projekt gibt es schon, es heißt „Demokratie leben!“, wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend betrieben, richtet sich aber an die einheimische Population. Es könnte freilich auch die Blaupause für ein europäisches Programm gewesen sein, natürlich unter deutscher Führung. Und dann bekäme Manfred Weber vielleicht eine zweite Chance, an die Spitze einer wichtigen Institution berufen zu werden.
Henryk M. Broder
Wer wissen möchte, aus welchem Zwirn die Tagträume der Politiker gesponnen werden, sollte sich das Interview mit Manfred Weber im heute-journal unbedingt antun. Es dauert nur fünf Minuten, hat aber die gleiche Wirkung wie eine Achterbahnfahrt mit vollem Magen.
article
11.08.2023 10:00
https://www.achgut.com/artikel/manfred_weber_und_das_beste_europa_das_wir_je_hatten/P21#comment_entries
Australien: Stromkrise im Energieparadies
Australien gehört zu den Ländern, die mit Energievorräten jeder Art reichlich gesegnet sind. Von der Sonne am Himmel bis zur Kohle unter der Erde. Und doch ist jetzt eine Stromkrise ausgebrochen – eine Geschichte über unbeabsichtigte Nebenwirkungen der Energiewende in Down Under. Der amerikanische Publizist William F. Buckley Jr. zitierte vor rund 50 Jahren in einer seiner Kolumnen einen Kalauer über den Kommunismus. Der geht so: Was passiert, wenn die Kommunisten die Sahara besetzen? 50 Jahre lang nichts. Dann wird der Sand knapp. Sandknappheit in der Sahara – daran fühlt man sich erinnert, wenn man hört, dass es in Australien eine Energiekrise gibt. Australien! Zeitungen berichten von eskalierenden Strompreisen und drohenden Blackouts. Wenn das in Deutschland passiert, ist das kaum noch schockierend; wir sind Kummer gewohnt. Aber Australien? Ein Land, das über reichlich Erdgas, Öl und die beste Kohle der Welt verfügt (dazu Wind, Sonne und beträchtliche Uranvorkommen)? Egal, welche Form der Stromerzeugung man präferiert, Australien ist mit den natürlichen Voraussetzungen dafür gesegnet.  Die Energiekrise betrifft nicht den gesamten Kontinent, sondern das Stromnetz in den bevölkerungsreichen Regionen im Osten und Süden des Landes, das in Australien unter dem Namen National Electricity Grid (NEM) bekannt ist. Zum NEM gehören die Staaten Queensland, New South Wales, Victoria, Tasmanien und Südaustralien. Nicht aber Westaustralien und das nördliche Territorium. In allen fünf NEM-Staaten drohen Blackouts. Was sind die Ursachen? Von den Verantwortlichen und Journalisten immer wieder genannt wird: der Winter. In Sydney etwa wurde es am Dienstag nicht wärmer als 14° Celsius. Um in dieser klirrenden Kälte nicht zu frieren, schalten die Aussis ihre Klimaanlagen auf Heizbetrieb. Das verbraucht Strom, und davon gibt es zu wenig. Es wird nämlich offenbar nicht genug produziert und auf den Markt gebracht. Ein Grund für die Misere liegt darin, dass die Energiewende in Australien in den letzten Jahren so erfolgreich war. Das Land ließ das Herz jedes Solarenergielobbyisten höher schlagen. Etliche Kohlekraftwerke wurden in den letzten Jahren abgeschaltet, etwa die Northern Power Station bei Adelaide (2016) oder die Hazelwood Power Station bei Melbourne (2017). Die Kraftwerke wurden nicht stillgelegt, weil der Staat es angeordnet – und dafür vielleicht sogar Prämien gezahlt – hätte, sondern weil sich ihr Betrieb tatsächlich nicht mehr rentierte: Die Konkurrenz der „erneuerbaren“ Energien war zu groß. Vor allem im Sommer scheint die Sonne in Australien nämlich sehr tüchtig, die Strompreise an den Großhandelsbörsen gehen tagsüber in den Keller. Kohlekraftwerke lassen sich aber nicht schnell ein- und ausschalten. Sie laufen also auch dann, wenn der von ihnen erzeugte Strom sich nicht gewinnbringend verkaufen lässt. So heißt es in einem Bericht der australischen Behörde zur Regulierung des Strommarkts von 2021: „Das Wachstum erneuerbarer Energien trägt auch zu finanziellen Belastungen für Erzeuger fossiler Brennstoffe bei, da Anlagen früher als geplant vom Markt verschwinden. Im Großen und Ganzen wurde die Rentabilität von Steinkohle- und Gaskraftwerken durch niedrige oder negative Preise mitten am Tag, wenn die Solarstromerzeugung am höchsten ist, in Frage gestellt.“ Eine von Kohlegegnern in Auftrag gegebene Studie von Juni 2021 kam zu dem Ergebnis, dass die Kohlekraftwerke in Queensland wohl „niemals mehr profitabel“ sein werden. Trotzdem aber entfällt auf Kohlekraftwerke immer noch mehr als die Hälfte der australischen Stromproduktion. Es fällt also auf, wenn sie vom Netz gehen. „Es gab in der Vergangenheit starken Druck, Kohlekraftwerke abzuschalten, dadurch ist der Sicherheitspuffer kleiner geworden“, erklärte Graeme Bethune, Chef des Energieversorger EnergyQuest, vor einigen Tagen gegenüber dem Sender ABC. Von den Kraftwerken, die offiziell noch in Betrieb sind, liefern rund 30 Prozent derzeit keinen Strom: wegen geplanter Wartungsarbeiten, aber auch wegen ungeplanter Reparaturen. Weil in neue Kohlekraftwerke nicht investiert wird, stammen viele der Anlagen aus den 1970er und 1980er Jahren. Aber selbst eines der jüngsten Kohlekraftwerke, die Callide Power Station in Queensland, ist derzeit ausgeschaltet, nachdem es dort letztes Jahr eine Explosion und ein Feuer gab.  Die Regierung wäre keine Regierung, wenn sie sich nicht bemühen würde, die Situation schlimmer zu machen. So wurden den Stromversorgern nun Preisobergrenzen auferlegt, was dazu führt, dass manche nicht kostendeckend arbeiten können. Lily D’Ambrosio, die Energieministerin von Victoria, macht das „seltsame Verhalten“ der Stromkonzerne für den Mangel verantwortlich. „Niemandem gefällt die Situation, die wir jetzt sehen“, sagte sie. „Der Strommarktbetreiber hat uns versichert, dass es in Victoria mehr als genug Strom gibt; bloß wird er dem Markt nicht angeboten.“ Nach dem Willen von Australiens neuer sozialdemokratischer Regierung – sie ist seit letztem Monat im Amt – liegt eine kurzfristige Lösung des Problems darin, die derzeit stillstehenden Kohlekraftwerke möglichst schnell wieder in Betrieb zu nehmen. Wie ABC berichtet, hat die neue Ressourcenministerin Madeleine King „telefoniert“, um australische Gasproduzenten dazu zu bringen, mehr Erdgas in das System einzuspeisen. Sie habe jedoch „festgestellt“, dass es an den notwendigen Pipelines fehle. „Was wir wirklich tun müssen, ist, dass die Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen, denn das ist im Moment das fehlende Puzzleteil“, sagte Frau King gegenüber ABC. Aber werden die Kraftwerke dann auch etwas zum Verbrennen haben? Die Frage ist ernst: Wie Zeitungen berichten, fehlt es dem Kohlekraftwerk Eraring in New South Wales derzeit an Kohle. Fast 25 Prozent der potenziellen Kohleproduktion in Australien, heißt es, steht derzeit still. In New South Wales im Südwesten Australiens liegt auch das Hunter Valley. Dort betrieb der weltgrößte Bergbaukonzern BHP einen Kohletagebau, der zu den größten der Welt gehörte. Bis letztes Jahr, dann verabschiedete sich BHP aus Imagegründen (Stichwort: ESG) von der Kraftwerkskohle. Den Arbeitern in Hunter Valley sagte das Management laut Zeitungsberichten, sie müssten nach Queensland oder Südaustralien umziehen, anderenfalls würden sie gefeuert.  In diesem Zusammenhang muss man auch das New-Acland-Expansion-Projekt erwähnen. New Acland ist eine Kohlegrube in Queensland. Weil die Reserven zur Neige gingen und eine Schließung unausweichlich werden würde, wenn es keine Kohle mehr abzubauen gibt, beantragte der Betreiber, das Unternehmen New Hope, die Förderzone zu vergrößern. Im Mai 2022 gab ein Gericht dem Antrag statt. Vorangegangen war der wohl längste Rechtsstreit in Australiens Geschichte: New Hope hatte die Erweiterung im Jahr 2007 beantragt, also vor 15 Jahren. Einige der Auszubildenden, die heute für New Hope arbeiten, waren damals womöglich nicht einmal geboren. Nun glaubt das Management, könne der Betrieb von New Acland wiederaufgenommen und die 2019 entlassenen Arbeiter wieder eingestellt werden. Gegner des Projekts aber sagen, New Hope habe noch keine Grundwasserlizenz. Sie hoffen, das Projekt, wenn nicht stoppen, so doch um weitere Jahre verzögern zu können. Unterdessen zahlt die Regierung in Queensland Großverbrauchern von Strom seit kurzem Prämien, damit sie ihre Produktion drosseln und weniger Strom verbrauchen. Ist das Kommunismus? Nein. Aber ein wenig verrückt ist es schon, oder?
Stefan Frank
Australien gehört zu den Ländern, die mit Energievorräten jeder Art reichlich gesegnet sind. Von der Sonne am Himmel bis zur Kohle unter der Erde. Und doch ist jetzt eine Stromkrise ausgebrochen – eine Geschichte über unbeabsichtigte Nebenwirkungen der dortigen Energiewende.
article
16.06.2022 06:15
https://www.achgut.com/artikel/australien_stromklrise_im_energieparadies/P42#comment_entries
Inseln versenken mit Claudia Roth
Stell dir vor: Der Sahel ergrünt und die Pazifik-Inseln wachsen. Und keiner geht hin und guckt mal nach. Was haben Claudia Roth und Claas Relotius gemeinsam? Genau, ihre Initialien: CR. Aber da ist noch etwas anderes, geheimnisvolles: Sie beide scheint ein ganz besonderes Gefühl, eine Zuneigung zu verbinden, und zwar zu einem Inselreich am andern Ende der Welt. Ja, das Paradies in der Südsee scheint dem Lügen-Journalisten wie der grünen Bundestags-Vizepräsidentin geradezu den Kopf zu verdrehen. Sie wissen, wenn sie davon sprechen, nicht mehr, wo oben und unten ist. Beide geben vor, es zu kennen. Hinfahren und nachgucken wollen sie lieber nicht. Kiribati heißt das Land, „Kiribas“ spricht man es aus, exotisch klingt es ja. Roth hat jetzt gemeinsam mit anderen grünen Abgeordneten einen Antrag ins Bundesparlament eingebracht, laut dem jedem „Klimaflüchtling“ ein Pass nach der Art einer Carte Blanche ausgestellt würde, mit dem er nicht nur in ein Land seiner Wahl einwandern und Asyl beantragen, sondern dort auch gleich die Staatsbürgerschaft eigenmächtig sich selbst zuerkennen darf. Ausweisung war mal, jetzt kommt die Einweisung, und zwar als autoamtlicher Akt. In den Raum stellt der Antrag Roths mal so um die 140 Millionen Menschen, deren Heimat im Laufe der Zeit und des Klimawandels entweder zu nass oder zu trocken, zu warm oder zu windig geworden sein würde, die deshalb würden flüchten müssen. Oder eine Heimat, die gleich ganz im Meer versinkt. Weil das, natürlich, am plakativsten ist. Wo kein Land mehr ist, kann kein Mensch mehr leben. Das muss jeder verstehen. Und so nennt Roth, als sie jetzt von Journalisten vom Redaktionsnetzwerk Deutschland befragt wurde, was sie da genau meine mit ihrem Antrag, vor allem anderen mal wieder ein Beispiel, was in dem Zusammenhang sich wachsender Beliebtheit erfreut. Neben dem Lande Tuvalu wieder auch Kiribati. „Wie gehen wir etwa mit den Bürgerinnen und Bürgern pazifischer Inselstaaten wie Tuvalu oder Kiribati um, deren Land vollständig im Meer zu verschwinden droht?“ Der äußerst weit über den mittleren Pazifik verteilte Inselstaat Kiribati gilt mittlerweile, weil die Eilande alle so wunderbar passend flach sind, in jeder Debatte über Klimafluchten als die Ikone für untergehendes, im Meer versinkendes Land. Zuletzt so eindringlich und scheinbar aus nächster Nähe beobachtet und dann beschrieben vom Starreporter des Spiegels, Claas Relotius (wir berichteten hier auf der Achse ausführlich). Wahrscheinlich hat auch Roth diese Reportage in der Spiegelausgabe vor einem Jahr gelesen. Aber hat Roth niemand aus ihrem Stab gesagt, dass die so anschaulichen, raumgreifenden Schilderungen von Relotius (eingebettet in ein wahres Opus Magnum Apokalypsis) – dass diese Schilderungen aus der Südsee erstunken und erlogen waren? Dass Relotius, obwohl er seine Anwesenheit vor Ort über Seiten dem Leser (und seiner Redaktion) vorgegaukelt hatte, nie dort gewesen ist. Alles erstunken und erlogen, von einem notorischen Märchenonkel. Falsch war alles obendrein. Tatsache ist: Die Inseln Kiribatis sind in den letzten 50, 60 Jahren eher gewachsen als geschrumpft. Luftbildvergleiche sprechen hier eine eindeutige Sprache, das hat eine längst nicht mehr ganz unbekannte Studie von Paul Kench und Arthur Webb ergeben. Inzwischen haben sie es auch für Tuvalu nachgewiesen. Hier und hier und geht es zu den Studien. Kiribati und Tuvalu, ausgerechnet. Man fragt sich schon, mit welcher Zielgenauigkeit Relotius und nun auch Roth in der riesigen Hemisphäre der winzigen Inseln genau diejenigen ansteuern, deren nähere wissenschaftlichen Untersuchungen belegen, dass der Journalist und die Politikerin einfach Unfug reden. Was man ihnen zugute halten darf: Sie waren nicht die Ersten, die darauf verfallen waren. Letztlich ist es zwar egal, denn es gibt keinen Grund für die Annahme, dass die Forschungsergebnisse nicht auch für andere Inselstaaten gelten würden. Etwas Skurriles, Selbstverhöhnendes hat dieses nachhaltige und exakt fokussierte Herausfordern von Fakten aber schon. Man wird hin und wieder aus Kiribati und auch aus Tuvalu selbst Stimmen hören, die eher Roth und Relotius bestätigen als die nackten Fakten. Dabei sollte man aber nie aus den Augen verlieren, dass es in der internationalen Agenda um Klima und das Phänomen Klimaflüchtlinge nicht zuletzt auch um Gelder und Zuwendungen an arme Länder geht. Im Übrigen gehört das Heben und Senken von Atollen in der Südsee, ausgelöst unter anderem durch Reaktionen der Korallen auf den sich ändernden Meeresspiegel, zur Schul- und damit zur Allgemeinbildung. Oder meint jemand, die Atolle seien allesamt komplett zufällig heute auf der Höhe des heutigen Meeresspiegels. Mein Schulbesuch ist über 50 Jahre her. Deshalb frage ich mich, ob so etwas heute überhaupt noch in der Schule unterrichtet wird. Schließlich würde die Diskussion über jenes Phänomen ja implizieren, dass sich der Meeresspiegel auch früher gehoben und gesenkt hat, und wer will das schon thematisieren in der heute so überhitzten Debatte. Aber nein, wir wollen hier nicht verschwörungstheoretisch agieren… So oder so: Damit nicht nur so ein Unfug gesprochen oder geredet wird wie im Falle Roth und Relotius, dafür hat man Prüfinstanzen eingerichtet. Bei guten Zeitschriften ist dies die Dokumentation. Sie hat im Falle des Spiegels und Relotius eindeutig versagt, darüber braucht man nicht mehr zu diskutieren (natürlich hat hier eine Rolle gespielt, dass man das so wollte im Blatt, das mit den untergehenden Inseln, deshalb hat der Spiegel Relotius‘ eigentliche Aussage auch später nur halbherzig dementiert). Auch Politiker sollten nicht allein gelassen werden, wenn sie sich allzu weit vorwagen. Dafür haben sie einen Mitarbeiterstab, unter anderem eben auch wissenschaftliche Mitarbeiter. Und deshalb darf ich jetzt mal ganz persönlich in Anspruch nehmen, dass ich da ein wenig beleidigt bin. Ich war nämlich auch mal wissenschaftlicher Mitarbeiter (für Entwicklungspolitik) bei der grünen Bundestagsfraktion, zwei Jahre lang, von Anfang 1984 bis Ende 1985, in der ersten Legislaturperiode (das waren Zeiten!). Und ich behaupte mal: Meine Briefings an die Abgeordneten damals waren…, naja, das sollen andere beurteilen. Und, natürlich, Unfug haben die bisweilen damals auch vorgetragen, trotz allem, auch im Plenum. Lassen wir das. Schauen wir lieber nach vorne, fassen wir es konstruktiv, gehen wir vom Pazifik nach Afrika, da hat sich Claudia Roth nämlich ähnlich vergaloppiert, eigentlich noch heftiger. Es sollte schon mal jemand Roth darauf hinweisen, dass sich die Sahelzone zu allerletzt dafür eignet, das Thema Klimaflüchtlinge groß herauszustellen. Natürlich: Wer ohne irgendeine Expertise, einfach mal so aus dem Bauch heraus und unbelesen offenbar, wie Claudia Roth, die Hotspots des Klimawandels und seiner Desaster aufzählen will, der verfällt schnell nicht nur auf die angeblich untergehenden Inseln, sondern auch auf die besonders heißen, trockenen Gegenden. Denn merke: Da wo es trocken ist, kann es ja wohl nur noch trockener werden, oder? Und kennen wir nicht auch schon mehrere Hungersnöte in der Sahel-Region. Klar, dann wird es da doch sicher wieder ganz besonders dramatisch werden. Passt also. Originalton-Roth, in besagtem Interview: „Es geht also primär darum, Mechanismen und Lösungsansätze vor Ort zu unterstützen – in der afrikanischen Tschad-Region zum Beispiel, wo große Dürre herrscht.“ Natürlich, viele Andere denken ähnlich (schlicht). Aber von einer prominenten Abgeordneten, zumal wenn sie einen so bedeutsamen Antrag ins Parlament einbringt, in dem es ganz zentral um den Grad der Betroffenheit bestimmter Weltregionen geht, sollte man da nicht doch erwarten können, dass sie von ihren Mitarbeitern auf die wichtigsten regionalen Bewandtnisse hingewiesen wird, auf einmütige Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte, bevor sie sich zur Sache äußert? Oder hat sie selbst das nicht für nötig befunden? Tatsache ist: Das unter allen Klimaforschungsinstituten der Welt wohl am wenigsten unter dem Verdacht der Verharmlosung stehende „Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung“ (PIK), das eng mit den Namen der bekanntesten Untergangspropheten des Landes, Rahmstorf und Schellnhuber, verbunden ist – ausgerechnet dieses Institut straft in geradezu peinlicher Weise Roths Aussage Lügen. Die Sahelzone, zu der der Tschad gehört, wird nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen im Zuge der Erderwärmung eher mehr Regen erhalten, wird grüner, wird für Ackerbau und Viehzucht attraktiver. Nachzulesen in diesem Link des PIK. Gelegentliche Dürren nicht ausgeschlossen. Der Sahel ist kein Regenwald. Man muss diese letzte Studie aus dem PIK dazu nicht kennen, die Zusammenhänge sind aber bekannt. Dasselbe Institut hatte vor über zehn Jahren schon einmal eine ähnliche Studie mit ähnlichem Inhalt herausgegeben, die „Sahara-Studie“, unter anderem vom damaligen PIK-Direktor Martin Claußen. Der Tenor: Die Sahara wird zur Savanne. Das Ganze ist paläoklimatisch bestätigt, rückblickend auf wärmere Zeiten als heute, es ist auch durch Luftbilder und durch Simulationen bestätigt. Zahlreiche journalistische Beiträge in Magazinen und Zeitungen haben immer wieder auf diese sich abzeichnende Folge des Klimawandels hingewiesen. Kann das bitte mal jemand Frau Roth mitteilen. Oder, vielleicht auch mal den einschlägigen wissenschaftlichen Mitarbeitern ihrer Fraktion. Damals, in „meiner“ ersten Legislaturperiode waren es 27 grüne Abgeordnete. Heute sind es mehr als doppelt so viele, entsprechend besser ausgestattet sollte der „Braintrust“ sein. Solange es jedenfalls so weiter geht, solange völlig beliebige Argumente und Beispiele in die Öffentlichkeit hinausposaunt werden, auch bei groß eingeflogenen Anträgen an den Bundestag, so lange regt sich bei mir der Verdacht, dass es Claudia Roth und ihren Mitstreitern gar nicht um die Sache geht, sondern allein darum, in Deutschland Angst und Schrecken zu verbreiten. Die Schnapsidee mit den 140 Millionen Universal-Staatsangehörigkeiten und Universalpässen ist nicht nach außen gerichtet, sondern nach innen, soll schlechtes Gewissen verbreiten. Ja, der Klimawandel findet statt, ja er hat Folgen, und ja, die sind nicht alle so angenehm wie in der Sahel-Region oder bleiben auf absehbare Zeit aus wie im Pazifik. Aber wer bei diesem Thema die Menschen vernünftig und rational einbinden und vor allem halten will, der sollte sich hüten, einfach mal so, aus dem Bauch heraus hanebüchene Katastrophen dort an die Wand zu malen, wo sie gar nicht stattfinden.
Ulli Kulke
Stell dir vor: Der Sahel ergrünt und die Pazifik-Inseln wachsen. Und keiner geht hin und guckt mal nach. Stattdessen möchte Claudia Roth jedem "Klimaflüchtling" einen Pass zur Reise nach Deutschland ausstellen - Staatsbürgerschaft inklusive.
article
19.12.2019 06:25
https://www.achgut.com/artikel/inseln_versenken_mit_claudia_roth/P14#comment_entries
Süditalien: Arm, korrupt, aber sonnig
Innenminister Salvini, der Lega-Chef, genehmigte erst das Anlegen eines Flüchtlingsschiffs in einem süditalienischen Hafen. Dann kam das Veto, Schiffe mit Migranten an Bord dürfen keine italienischen Häfen mehr anlaufen. Ministerpräsident Conte verteidigte die Entscheidung seines Innenministers als eine Notmaßnahme, lässt die EU doch Italien im Stich. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die EU wollte ihren Mitgliedern den Frontex-Genzschutz aufzwingen. Mit einer schnellen Eingreiftruppe sollten die EU-Außengrenzen gesichert werden, auch ohne Zustimmung des betroffenen Landes.  Besonders in Italien war der Widerstand dagegen groß. Der Vorwurf, von der EU allein gelassen worden zu sein, stimmt nur teilweise. Seine Entscheidung „Häfen zu“ begründete Salvini damit, dass der Staat nicht zum Gehilfen der Geschäftemacher werden sollte. Kein Wort darüber, dass der Geschäftspartner der Islamisten in Nordafrika die heimische Mafia ist. Auf deren Feldern schuften viele der Illegalen, unter miserabelsten Umständen. Die Gewerkschaft CGIL dokumentiert die radikale Ausbeutung dieser Menschen. Bei Ragusa auf Sizilien ackern mehr als 5.000 Frauen auf den Feldern der Mafia, sie sind der Brutalität der Aufpasser ausgeliefert, das reicht von Vergewaltigungen bis zu Mord. 13.000 indische Migranten arbeiten auf den Weinplantagen bei Monferrato auf Sizilien, Monatsgehalt: 400 Euro. Allein im Grenzgebiet zwischen den Regionen Apulien und Basilicata sollen jährlich bis zu 19.000 Tagelöhner Tomaten ernten. Die Gewerkschaft geht davon aus, dass 400.000 Tagelöhner – sehr viele davon Illegale – als unterbezahlte Arbeitskräfte von der Mafia kontrolliert werden. Laut CGIL verdient die Agro-Mafia mit der illegalen Einwanderung bis zu 17 Milliarden Euro. Kein Wunder, dass Salvini nicht der Mafia den Krieg erklärt. Das Geschäft ist zu lukrativ. Auch in den vergangenen Jahren schaute der Staat geflissentlich weg, gaben sich die Regierungen hilflos. Statt sich mit der Mafia anzulegen, ging Salvini Tunesien an. Er beleidigte die tunesische Regierung mit dem Vorwurf, sie exportiere Kriminelle. Die Kritik von Salvini ist nicht unbegründet. Viele der Nordafrikaner sind tatsächlich kriminell, Einbrecher, Dealer, Zuhälter. Der italienische Innenminister wunderte sich über die emotionale Reaktion der tunesischen Behörden. Nur ein Missverständnis, versuchte Salvini zu beruhigen. Nicht weniger emotional reagierte Salvini seinerseits auf die Aussage des Präsidenten der EU-Kommission, Juncker, die Bürger der süditalienischen Regionen sollten mehr arbeiten und weniger korrupt sein. Eine nationale Empörung war die Folge. Als unerhört wurde die Brüsseler Wortmeldung empfunden, arrogant der lehrmeisterliche Kommissionspräsident, der als Ministerpräsident Luxemburgs den Konzernen jede Menge Steuerschlupflöcher ermöglichte. Trotzdem, die Kritik ist begründet. Die Organisation Transparency platziert Italien auf dem Korruptions-Rang 54, aufgelistet sind 180 Länder. Die italienische Initiative „senza corruzione“ führt Mittel- und Süditalien als chronisch korrupt und deshalb als verseucht auf. Die Schwester der Korruption ist die Armut, die in Süditalien weit verbreitet ist. Hohe Arbeitslosigkeit, besonders unter der Jugend, Schwarzarbeit und Jobs in der organisierten Kriminalität – der Schriftsteller Roberto Saviani prangert immer wieder diese Misere an. Der Staat ist im Süden abwesend, er zog sich immer mehr zurück, investierte immer weniger in den südlichen Regionen. Ohne Gelder aus Brüssel würde es noch düsterer ausschauen. Allein 2017 erreichten die EU-Gelder die Höhe von 10 Milliarden Euro, vom italienischen Staat kamen dürftige zwei Milliarden Euro. Brüssel hilft über die Regional-Förderung den alleingelassenen verarmten süditalienischen Regionen. Die Geldmittel sind an klare Vorgaben gekoppelt, um der Korruption vorzubeugen. Für den Zeitraum 2014 bis 2020 stehen Italien aus den Strukturfonds 64 Milliarden Euro zur Verfügung, 44 Milliarden Euro stammen aus Brüssel. Zwei Drittel des Geldes müssen im Süden ausgegeben werden. Die Regionen waren bisher aber nicht imstande, Programme für die Strukturmittel zu entwickeln. Wirtschaftsprofessor Francesco Grillo kritisiert die Phantasielosigkeit der Verantwortlichen im Süden. Die herrschende Elite – sie war bisher Nutznießer der Milliarden aus dem Norden – zeigt wenig Ehrgeiz, die Lethargie zu bekämpfen. Trotz der Unterstützung wächst die süditalienische Wirtschaft langsamer als jene in Rumänien, Bulgarien oder Griechenland. Die neue italienische Regierung des Wandels richtete inzwischen ein Ministerium für Süditalien ein. Ein Vertreter der Cinque Stelle steht dem neuen Ministerium vor, im Süden wählte die Mehrheit der Bürger die Cinque Stelle. Die Regierung des Wandels kehrt somit in die 1950er Jahre zurück. Die christdemokratischen Regierungen richteten damals die Cassa del Mezzogiorno ein. Damit sollte der im Norden erwirtschaftete Reichtum umverteilt werden. Als Vorbild galt die New Deal-Politik des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt. Die „Kasse für den Süden“, 1950 gegründet, seit 1951 operativ, investierte jährlich 100 Milliarden Lire. Angelegt für einen Zeitraum von zehn Jahren. Die Geldmittel wurden ständig erhöht. Bis 1962 gab der Staat 1.280 Milliarden Lire im Süden aus. Eine unglaubliche Summe. 1984 wurde die „Kasse“ in eine Agentur umgewandelt, 1993 lief deren Auftrag aus. Der Staat investierte aber weiterhin in die marode süditalienische Wirtschaft, später kamen dann die EU-Gelder hinzu. Insgesamt flossen im Zeitraum von 1951 bis 2013 430 Milliarden Euro in die südtitalienischen Regionen. Damit wurden 16.000 km Straßen gebaut, 23.000 km Wasserleitungen, 40.000 km Stromleitungen, 1.600 Schulen und 160 Krankenhäuser. Immerhin ein Versuch, den sonnigen Süden in blühende Landschaften zu verwandeln. Gelungen ist das keineswegs. Die Tageszeitung „Il Giornale“ bilanziert: Ein Desaster. 20 Prozent Arbeitslosigkeit, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 56 Prozent, zwischen 1958 und 1963 wanderten mehr als eine Million Süditaliener nordwärts, auch nach Deutschland und Belgien. Die massive Förderung versagte trotzdem. Mit der „Cassa del Mezzogiorno“ wurden „Kathedralen“ in der Wüste errichtet, die Stahlwerke Italsider in Taranto und Bagnoli, die Autowerke Alfasud in Pomigliano und Fiat in Termini Imerese, ein Chemiewerk in Gela. Industrien, die abgewickelt werden. Genauso wenig erfolgreich war die Cassa-Nachfolgerin, die Entwicklungs-Agentur Süd, sie vergab Klein-Kredite, mit denen die Regierung Unternehmen unterstützte und Berufskurse finanzierte, mit zweifelhaftem Erfolg. Auch deshalb wurde die Lega in Norditalien zu stärksten Kraft. Die Norditaliener wollen den Süden nicht mehr finanzieren. Im Süden beträgt der negative residuo fiscale 30 Milliarden, der Norden alimentiert mit seinen Steuern das Leben der Süditaliener. Von den 100 Milliarden Euro aus dem Norden kassiert der Staat 70 Milliarden, der Rest geht in den Süden. Die süditalienischen Städte erhalten pro Bürger vom Staat und von den Regionen 714 Euro. Seit 33 Jahren finanziert der Staat die Forstbeamten der Region Kalabrien mit 3,5 Milliarden Euro. Die Liste die Absurditäten ist ellenlang. Der Süden, das sagte vor zehn Jahren Wirtschaftsprofessor Nicola Rossi, ist der kranke Mann Europas, trotz der Geldflut. Ob ein Ministerium für Süditalien diesem kranken Mann helfen kann? Gar mit Geldern, erwirtschaftet von den mittelständischen Unternehmern in Norditalien? Die Partei dieser fleißigen Leute, die Lega, ist darüber wenig begeistert. Genauso wenig über den Plan der Cinque Stelle, mit einer Art Grundeinkommen besonders den Süditalienern eine Perspektive zu verschaffen. Finanziert vom reichen italienischen Norden? Was empfahl Kommissionschef Juncker den Italienern? Der Staat muss sich um die armen Regionen kümmern, das bedeutet mehr Arbeit und weniger Korruption. Juncker legte seinen Finger in die offene Wunde Italiens.
Wolfgang Mayr
Reicher Norden, armer Süden. Obwohl Milliarden in den Mezzogiorno gepumpt wurden, bleibt die Region bedürftig, kommt die süditalienische Wirtschaft nicht in die Gänge. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 20 Prozent, jeder zweite Jugendliche findet keinen Job, nur die Auswanderung läuft auf hohen Touren. Aber jetzt soll alles besser werden. Es gibt ein Ministerium für Süditalien.
article
12.06.2018 12:00
https://www.achgut.com//artikel/sueditalien_arm_korrupt_aber_sonnig
FES: Wir meinen es doch gut mit den Juden. Schon immer
Wie Sie bestimmt mitbekommen haben, wurde unser Kollege Chaim Noll von der Friedrich Ebert Stiftung zu einer Lesung nach Leipzig eingeladen und kurzfristig wieder ausgeladen. In einer nachgeschobenen Erklärung des Leiters der FES-Niederlassung in Leipzig hieß es, Noll urteile pauschal und ideologisch, er verachte die deutsche Politik insgesamt, sieht sie als Verräterin - mit Ausnahme der AfD und veröffentliche solche Texte bevorzugt bei der „Achse des Guten“, einem Forum, das man mindestens rechtspopulistisch nennen kann.  Schließlich übte der Leiter der Leipziger FES-Filiale Selbstkritik, als müsste er sich bereits vor einem Parteigericht verantworten: „Ich muss mir den Vorwurf machen lassen, mich nicht rechtzeitig genug informiert zu haben. Dann wäre diese missliche Situation nicht entstanden. Das bedauere ich.“ Nicht die Ausladung war "misslich", sondern die irrtümlich erfolgte Einladung. Und nachdem die Jerusalem Post die Sache aufgegriffen hatte, trat wieder eine missliche Situation ein. Der Büroleiter der FES in Leipzig sah sich genötgt, ein Statement in Reaktion auf die mediale Debatte um die Haltung der FES zu Chaim Noll abzugeben, in dem er die unsachliche Debatte bedauerte und die Unterstellung anti-israelischer Aktivitäten weitschweifig von sich wies. Das sei ein Vorwurf, der jeder Grundlage entbehrt und uns auch betroffen macht. "Das Problem ist", hat Dieter Bohlen mal gesagt, "mach einem Bekloppten klar, dass er bekloppt ist". Ähnlich schwierig dürfte es sein, einem Sozialdemokraten klar zu machen, dass sein SPD-Parteibuch ihn nicht davor bewahrt, antisemitischen Unsinn von sich zu geben, ganz im Sinne von August Bebel, der den Antisemitismus den "Sozialismus der dummen Kerls" genannt hat.  Eine Anfrage beim Leipziger Vorsteher der FES, warum die Achse mindestens rechtspopulistisch sei, blieb unbeantwortet.  Siehe auch diese Beiträge zum Thema:  Chaim Noll spricht über die Geschichte seiner Ausladung Friedrich-Ebert-Stiftung: Die Logik des Anklägers Warum ich von der Friedrich-Ebert-Stiftung ausgeladen wurde
Henryk M. Broder
Wie Sie bestimmt mitbekommen haben, wurde unser Kollege Chaim Noll von der Friedrich Ebert Stiftung zu einer Lesung nach Leipzig eingeladen und kurzfristig wieder ausgeladen. Eine jetzt nachgeschobene Erklärung des Leiters der FES-Niederlassung in Leipzig ist bezeichnend. Hier meint ein Sozialdemokrat, sein SPD-Parteibuch bewahre ihn davor, antisemitischen Unsinn von sich zu geben.
article
04.05.2019 06:23
https://www.achgut.com//artikel/fes_wir_meinen_es_doch_gut_mit_den_juden._schon_immer
Mehr Kohle für Kretschmanns Blume
The Länd. Hier regelt man alles mit Geld. Jetzt soll der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte mit noch mehr Mitteln ausgestattet werden, um den Judenhass zu bekämpfen, der in seiner Amtszeit erheblich zugenommen hat. Pünktlich zum 85. Jahrestag der „Kristallnacht“ gab der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, bekannt, er werde „den Antisemitismusbeauftragten der Landesregierung, Michael Blume, besser ausstatten“, womit er natürlich „mehr Geld" meinte, entsprechend der in Deutschland vorherrschenden Meinung, jedes Problem ließe sich mit Geld aus der Welt schaffen. „Wir wollen dafür sorgen, dass der Antisemitismusbeauftragte seine Arbeit in Zukunft noch weiter intensivieren kann.“ – Was sich irgendwie komisch anhört, wenn man weiß, dass sogar der Antisemitismusbeauftragte von BW in seinem aktuellen Tätigkeitsbericht vom Sommer dieses Jahres zugeben musste, die Zahl „antisemitisch motivierter Straftaten“ habe im Vergleich zu seinem ersten Tätigkeitsbericht aus dem Jahre 2019 um 84% zugenommen!  Wenn eine solche Zunahme das Ergebnis einer „intensiven“ Tätigkeit des Beauftragten ist, dann dürfte man ihm auf keinen Fall mehr Geld zur Verfügung stellen, damit er seine Arbeit in Zukunft noch weiter intensivieren kann. Wir sehen ja, wohin das führt. Egal, ob wir es hier mit einer harmlosen Korrelation oder einer anspruchsvollen Kausalität zu tun haben, jeder Euro, den Blume bekommt, ist ein Euro zu viel. Man sollte es besser andersrum versuchen: sein Budget radikal zusammenstreichen und schauen, ob das zu einem Rückgang „antisemitisch motivierter Straftaten“ führt. Manchmal wäre „weniger“ tatsächlich „mehr“. Man muss es nur wollen.
Henryk M. Broder
The Länd. Hier regelt man alles mit Geld. Jetzt soll der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte mit noch mehr Mitteln ausgestattet werden, um den Judenhass zu bekämpfen, der in seiner Amtszeit erheblich zugenommen hat.
article
10.11.2023 13:00
https://www.achgut.com//artikel/mehr_kohle_fuer_kretschmanns_blume
Meine Corona-Odyssee: Dieses Land hat gar nichts im Griff
Ist Corona wirklich so gefährlich, oder tun wir nur so? Die Meinungen gehen an diesem Punkt weit auseinander. Die einen haben Dosenfutter, Wasserflaschen und Klopapier schon gebunkert, als man sie dafür noch als Aluhutträger belächelt hat; andere sind überzeugt, dass ihnen die Viren absolut nichts anhaben können, weil sie seit 1978 jeden Winter nackt in einen See springen. Anfangs habe ich die Situation als vergleichsweise harmlos betrachtet und meine Kommilitoninnen belächelt, die absolut ausgeflippt sind. Sie fingen an, sich die Hände wund zu waschen und stritten sich darüber, wer sie sich denn nun am meisten rot geschrubbt hat und wer mehr Wert auf Hygiene legt. Ich habe eigentlich keine große Angst vor der Krankheit an sich, vor allem weil ich noch jung bin. Aber als Corona zum ersten Mal in meiner Umgebung aufgetaucht ist, hat sich meine Sichtweise auf die Situation schlagartig verändert. Vorher hatte ich das Ganze als eine Art künstlich aufgebauschte Grippewelle abgetan. Doch als ich da im Flur dieser Praxis stand – um mich herum teils bekannte, teils unbekannte Gesichter, die alle so blass und besorgt aussahen – hatte ich irgendwie das Bedürfnis, es meinen Kommilitonen gleich zu tun, ins Badezimmer zu rennen und mir die Hände wund zu waschen. Gerade nachdem ich zuvor noch völlig unbedacht die Tür hinter mir zugezogen hatte.  Wir hatten uns alle aus einem Grund in dieser winzigen, unscheinbaren Praxis versammelt, nämlich um uns testen zu lassen. Das Ganze hatte eine so unwirkliche, bedrückende Stimmung, und wir vermieden es größtenteils uns anzusehen. Ich betrachtete die Arzthelferin, die sich andauernd ihren Mundschutz zurecht rückte. Ganz anders als die langweiligen, hässlichen Amazon-Modelle, die die Leute jetzt so durch die Straßen tragen, war ihrer in einem wirklich schönen zart rosa Ton. Wenn ich auch so einen bekommen kann, könnte ich mich sogar mit dem Gedanken an ein positives Testergebnis anfreunden, dachte ich so bei mir. Ich überlegte gerade, ob sie mir einen abgeben würde, wenn ich sie ganz lieb danach frage, als sie plötzlich mich aufrief. Als erstes bekam ich meine Krankenkassenkarte zurück, die ich schnell wegsteckte, nicht zuletzt, weil sie mich immer daran erinnert, wie unglaublich unfotogen ich sein kann. Ich hatte nicht viel Zeit, die rosa Plastikverpackung ebenfalls zu bewundern, die mir in die Hände gedrückt wurde, denn der Inhalt war im Moment viel wichtiger und überhaupt der Grund, warum ich so früh morgens in die Arztpraxis gestiefelt war. Ich fischte also in die Hülle hinein, und zum Vorschein kamen zwei Röhrchen, mit Wattestäbchen bestückt, die 20 Zentimeter lang erschienen. Bei dem Anblick waren alle optimistischen Coronagedanken weg. Unmöglich, dass ich diese Riesenteile auch nur in meine Nähe lasse, geschweige denn, sie mir in den Rachen und die Nase ramme, lieber liege ich wochenlang mit Corona im Bett. Dann fiel mir ein, wie stolz meine Mutti früher immer auf mich gewesen war, wenn ich als Kind beim Arzt ganz tapfer alle möglichen Spritzen und Prozeduren über mich hatte ergehen lassen. Wenn mein achtjähriges Ich sich Blut abnehmen lassen kann, werd‘ ich doch wegen so'n bisschen Watte kein Drama machen. Trotzdem war die Atmosphäre irgendwie skurril, wie wir da standen in dieser trostlosen Praxis, uns Wattestäbchen in die Nase schoben und sie dann fein säuberlich in rosa Tütchen verpackten.  Um das Weitere abzukürzen: Die Tests waren allesamt negativ. Viel Zeit zum Aufatmen blieb mir aber nicht, denn kurz darauf ging mein Coronaabenteuer in die zweite Runde. Dieses Mal aber nicht für mich persönlich, sondern für meine Eltern. Das machte es aber offensichtlich nicht besser, im Gegenteil. Denn anders als bei mir, die lediglich mal neben jemandem gestanden hat, der mal neben jemandem gestanden hat, der wiederum jemanden kennt, der neben jemand gestanden hat, rief meine Mutter mich eines Morgens an und berichtete von Fieber, Halsschmerzen und aggressivem Husten, der sie die ganze Nacht wach gehalten hatte. Sie klang geschwächt und hustete unentwegt, was mir dann doch Sorgen bereitete. Sie erzählte mir, dass sie beim Arzt gewesen war und der sie nur gefragt hatte, ob sie in letzter Zeit in China oder Italien gewesen war oder jemanden kennt, der dort gewesen ist. Da sie beides verneinen musste, wurde sie einfach für ein paar Tage krank geschrieben und nach Hause geschickt. Sie lag ein paar Tage flach, bis es ihr besser ging, und wir dachten, es sei doch alles gut. Falsch gedacht, denn plötzlich war auch Vater krank. Bei ihm war der Husten noch nicht ganz so stark, dafür hatte er vierzig Grad Fieber – nicht unbedingt besser. Er rief bei seiner Arbeitsstelle an (er arbeitet in einer Klinik), und seine Chefin verlangte einen Coronatest. Er rief also beim Hausarzt an, doch er wurde abgewimmelt, denn sie weigern sich, Corona-Verdachtsfälle zu behandeln, und er solle sich doch bitte ans Gesundheitsamt wenden, wie alle Anderen auch. Ich habe keine Ahnung, wie die anderen das geschafft haben wollen, denn beim Amt war stundenlang niemand telefonisch erreichbar, das Gleiche galt für den Ärztebereitschaftsdienst.  Er wandte sich also wieder an seine Klinik – wenn man in einem Krankenhaus arbeitet, also quasi direkt an der Wattestäbchenquelle, könnte man doch meinen, dass man bei einem Verdachtsfall irgendwie an einen gottverdammten Test rankommen kann, vor allem, wenn man einen systemrelevanten Beruf ausführt und der Arbeitgeber es sogar verlangt. Tja, das muss eine abwegige Annahme sein, denn scheinbar ist es nicht möglich.  Am Ende des Tages wurde mein Papi nach einem langen Kampf um diesen blöden Test in die Notaufnahme geschickt, wo er – Überraschung – nicht getestet wurde. Stattdessen soll er doch bitte morgen früh nochmal vorbei kommen, von 7 bis 7:30 Uhr werden da die Mitarbeiter getestet. Statt sich am nächsten Tag also auszuschlafen und zu entspannen, steht er mit hohem Fieber früher auf als zu einem normalen Arbeitstag und schleppt sich wieder zur Notaufnahme. Denn scheinbar wirken die Wattestäbchen nur, wenn man sie genau dann benutzt, wenn der Hahn zum dritten Mal kräht und die Sonne exakt so weit aufgegangen ist, dass sie die Wolken im Farbton #ffa8b7 färbt. Im Wartezimmer war er der Einzige mit Symptomen, inzwischen konnte er auch nichts mehr riechen oder schmecken, womit er die gesamte Palette an Coronasymptomen abgedeckt hatte. Doch als er sich anmelden wollte, wurde auch er gefragt, ob er denn in Italien oder China gewesen sei, oder jemanden kenne, der dort war. Die Antwort ist immer noch nein, und so wurde ihm unterstellt, er würde sich einen Test erschleichen wollen.  Dass er von der Klinik aus einen Test machen muss, sei eine Fehlinformation. Mein Papi schleppte sich also wieder nach Hause und verfrachtete sich ins Bett zurück, um wohlverdienten Schlaf nachzuholen. Als ich von dieser Wendung hörte, war ich so auf 180, dass ich am liebsten den Chef der Klinik angerufen und zusammengebrüllt hätte. Meine Mutter, die ähnlich wütend war, rief entrüstet wieder seine Chefin an. Die rief einige Stunden später zurück, nachdem sie mit ihrem Vorsitzenden gesprochen hatte – und erklärte, dass es tatsächlich eine Fehlinformation gewesen sei. Mein Vater müsse sich nicht testen lassen und solle zu Hause bleiben und fiebersenkende Mittel einnehmen. Meine Eltern hatten danach verständlicherweise erst mal die Nase voll. Entweder man wird von alleine wieder gesund, und wenn nicht, will man ja nicht unbedingt wissen, woran man stirbt. Ich war allerdings immer noch wütend genug auf den Chef der Klinik oder den Bürgermeister oder sonst jemanden und beschloss, noch nicht aufzugeben. Meine Eltern haben schon recht, wirklich geholfen wird einem so oder so nicht. Es gibt kein Mittel gegen die Grippe, wie es kein Mittel gegen Corona gibt – es ist im Grunde egal, was man hat. Aber mir ging es inzwischen ums Prinzip. Mein Vater arbeitet in einem Krankenhaus, jeden Tag hat er es mit zig Menschen aus der Risikogruppe zu tun –  krank, alt oder beides. Da sollte es doch im Interesse aller sein, dass man prüft, was er hat, bevor man ihn zur Arbeit schickt. Hätte er Corona, könnte er Kollegen angesteckt haben, die auch auf zig Kranke losgelassen werden, bevor sie überhaupt Symptome haben. Der Schaden, den ein unentdeckter Infizierter in einem Krankenhaus anrichten kann, ist einfach zu groß, um an Wattestäbchen zu sparen. Und er mag ja nicht in Italien oder China gewesen sein, aber wenn das das einzige Ausschlusskriterium ist, dann weiß ich nicht, warum alle in Deutschland so ein Theater machen. Dann soll man alle, die aus China und Italien kommen, isolieren und den normalen Alltag weiter laufen lassen. Ich sehe keinen Grund, sicherheitshalber zu Hause zu bleiben, wenn ich sowieso immun bin. Und das bin ich ja scheinbar, schließlich habe ich nicht meinen Urlaub damit verbracht, Reisnudeln oder Spaghetti zu essen. Die Chefin meines Vaters war in der Situation die einzige Vernünftige in dem Laden, als sie den Test verlangte. Und das Krankenhaus hätte hinter dieser Entscheidung stehen sollen. Eigentlich müsste man Krankenhauspersonal jeden gottverdammten Tag testen, einfach nur, damit ich als Patient weiß, dass die, die mir angeblich das Leben retten wollen, sich auch tatsächlich für meine Gesundheit interessieren.  Aber da man sich auf die Obrigkeit scheinbar nicht verlassen kann, muss man sich wohl selbst was einfallen lassen. Ich überlegte, ob ich nicht über fünf Ecken Ärzte außerhalb dieses blöden Krankenhauses kenne, und rief alle Ärztekinder an, die ich noch aus der Schulzeit kannte. Das brachte nur wenig Erfolg, also versuchte ich es wieder unter 116117 beim Ärztebereitschaftsdienst – die gingen auch nicht ran, die nette Roboterstimme erklärte mir, ich solle 112 anrufen, wenn es schlimm wird, und legte auf.   Verzweifelt rief ich bei meinem ehemaligen Kinderarzt an, der mich kennt, seit ich auf der Welt bin. Es ging tatsächlich jemand ran und ich fragte die Sprechstundenhilfe, ob sie mir helfen könnte. Ich hörte im Hintergrund schreiende und brüllende Frauenstimmen und hätte sie fast nicht verstanden, als sie mich abwimmelte. Ich erklärte ihr, dass es meinem Papi wirklich schlecht geht, er sehr hohes Fieber hat und alle sich bisher geweigert haben, ihm zu helfen. Aber sie meinte, das wäre egal, wenn er nicht in China oder Italien war, könne sie ihm nicht helfen. Sonst würde sich ja jeder Zweite mit Symptomen testen lassen, und wo kämen wir denn dann hin. Und ich denke auch – wenn jeder, der die gleichen Symptome wie Coronapatienten aufweist, gleich sicherstellen will, dass er das nicht hat … Das wäre ja wirklich völliger Wahnsinn. Nur weil das Virus gerade unsere halbe Wirtschaft lahmlegt, muss man doch nicht gleich auf die Barrikaden gehen, wenn man mal vor Husten kaum noch Luft kriegt oder ohne jeglichen Schnupfen plötzlich den Geruchs- und Geschmackssinn verliert. Luxusprobleme, nichts weiter – euch ist doch bloß langweilig.  Wir sind hier nicht im Spa-Salon, das hier ist eine ernst zu nehmende Praxis, und wir haben die Situation komplett unter Kontrolle. Alle zig tausend registrierten Infizierten in Deutschland waren natürlich in China oder Italien, anders geht‘s gar nicht, das weiß doch jedes Kind. Und geht den Profis mit eurer Rotznase aus dem Weg, wir haben Leben zu retten.  Man merkt es schon, meine Strategie, von Berlin aus halb Lübeck abzutelefonieren, war erfolglos. Auch ich musste mich geschlagen geben und konnte nur am Telefon zuhören, wie meine Mutti mir mit heiserer Stimme erzählte, was unser Hund so treibt, während sie nach gefühlt jedem zweiten Wort durch Husten unterbrochen wurde. In den Momenten habe ich mich hilflos gefühlt. Niemand wollte ihnen helfen, und ich konnte nicht helfen oder sie wenigstens in den Arm nehmen. Am nächsten Tag änderte sich die Lage allerdings erheblich. Nachdem sie sich drei Tage nur auf diesen blöden Test konzentrieren mussten, hatte mein Papi nicht daran gedacht, sich krank schreiben zu lassen. Er rief also wieder bei seinem Hausarzt an, aber da ging niemand ran. Die Zeit wurde langsam knapp, denn am Mittwoch machen Arztpraxen ja schon früh zu. Außerdem darf mein Vater nur drei Tage ohne Krankenschein bei der Arbeit fehlen, und da die ja eh auf dem Stand sind, dass er nur 'ne Erkältung hat und so schnell wie möglich wiederkommen soll, wollte er es nicht drauf ankommen lassen. Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg eben zum Propheten. Mein Papi beschloss, nicht die eine Stunde, die die Praxis noch auf hatte, am Telefon zu hocken – und machte sich auf den Weg zur Praxis. Ganz schlimme Entscheidung, denn als er dort ankam, beschimpfte man ihn als unverantwortlich und asozial. Wie könne er es wagen, krank zum Arzt zu kommen? Er könnte doch noch jemanden anstecken. Nachdem ihn niemand behandeln wollte, weil er ja eh nur übertreibt und sich einen Test erschleichen wolle, wollte ihn jetzt niemand behandeln, weil er die Allgemeinheit gefährde. Er wurde aus der Praxis geschmissen und musste auf der Straße warten, bis ein Arzt ihn wieder reinrief. Der erklärte ihm nochmal, wie unglaublich asozial er doch sei und dass die Praxis jetzt einen Mundschutz an ihn verschwendet hätte. Nur um dann dazu überzugehen, ihm zu erklären, dass die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich Corona zu haben, bei 0,00 irgendwas Prozent liegt und es unnötig sei, ihn zu testen. Trotzdem hat er einen Test gemacht – endlich. Das Testergebnis hat dann nur leider vier Tage gebraucht, weil das Labor überlastet war. Ein eh schon ungenauer Test, bei dem die Probe nicht länger als 24 Stunden rumliegen darf … Der Test war negativ und hat alle Italien- und Chinafetischisten in ihrer überheblichen Annahme bestätigt, dass er weder die Wattestäbchen noch den Mundschutz wert gewesen wäre. Noch kann man sich über die Klopapierengpässe lustig machen, aber langsam machen die Planwirtschaftsverhältnisse keinen Spaß mehr. Man darf nicht raus, die Regale sind leer – willkommen in der DDR. Wo Kontakte mehr wert sind als Geld. Denn wie damals muss man jemanden kennen, wenn man etwas haben will. Nicht unbedingt die Wohlhabenden hatten die schönsten Sachen an, es waren die mit Westkontakten. Oder die, die eine Verkäuferin kannten, die die Sachen zurücklegen konnte, wenn mal wieder Ware reinkam. So ungefähr ist es heute auch. Wer jemanden kennt, der bei Penny arbeitet und eine Packung Klopapier unter der Hand zurückhalten kann, dem geht es gut. Der muss nicht suchend durch die halbe Stadt fahren oder auf Amazon 20 Euro für zwei Rollen einlagiges Ökopapier hinblättern. Wer jemanden an der Quelle kennt, der bereit ist, den Coronatest inoffiziell ohne richtiges Reiseprofil zu machen, der kann abends mit Gewissheit einschlafen. Alle anderen müssen sich tagelang mit der deutschen Bürokratie rumschlagen und werden als asozial beschimpft, wenn sie mal was brauchen.  Jeden Tag werden Zahlen und Statistiken veröffentlicht, aber in Wirklichkeit hat doch niemand einen Überblick. Die Zahlen können sich die Medien wirklich sparen, denn bei dem Aufwand, den jemand in einem systemrelevanten Beruf betreiben muss, um getestet zu werden, könnte tatsächlich jeder Zweite infiziert sein, und in der Zeitung würden sie immer noch Jens Spahns glorreiches Krisenmanagement loben. Wenn der Virus dann doch gefährlich ist und irgendwelche Nachwirkungen mit sich zieht, die bis jetzt noch niemand entdeckt hat, haben wir jedenfalls ein Problem. Es scheint gar nicht mal die Krankheit selbst zu sein, die es zu fürchten gilt, sondern wie kopflos unsere Regierung ist. Die Grenzen aufzulassen, die Menschen in ihren Häusern einzusperren und die Kranken im Stich zu lassen, ist keine Strategie, das ist Selbstmord. Da sind die Prioritäten an der völlig falschen Stelle gesetzt. Bevor man jeden augenscheinlich Gesunden unter Generalverdacht stellt, sollte man sich vielleicht überlegen, was man mit denen macht, die schon krank sind oder wie man sie überhaupt findet. Ich habe mein Vertrauen in unser Gesundheitssystem verloren, und wenn wir diese Krise überstehen, dann nicht über den bürokratischen Weg. Auf den Staat brauchen wir uns nicht verlassen, wir sind auf uns gestellt und kriegen das nur gemeistert, wenn wir uns gegenseitig helfen – wie damals in der DDR.   Elisa David, Jahrgang 2000, ist Studentin aus Lübeck. Dieser Beitrag erschien auch auf dem Jugend- und Schülerblog Apollo-News. 
Elisa David
Wer jemanden an der Quelle kennt, der bereit ist, den Coronatest inoffiziell ohne Reiseprofil mit Italien oder China zu machen, der kann abends mit Gewissheit einschlafen. Die anderen müssen sich tagelang mit der deutschen Bürokratie rumschlagen und werden, wenn sie Pech haben, auch noch beschimpft.
article
27.03.2020 11:00
https://www.achgut.com//artikel/meine_corona_odyssee_dieses_land_hat_gar_nichts_im_griff#leserpost_start
Deutschland schämt sich in Blut und Boden
Dass die Palästinenser Israel, die Juden und alles drumherum nicht mögen, ist nicht klug aber verständlich. Sie sehen in Israel die Ursache aller ihrer Leiden, wären die Zionisten nicht in Palästina eingefallen, hätten sie längst einen eigenen Staat vom Jordan bis zum Mittelmeer und müßten nicht immerzu auf Demos gehen, um dort “Intifada bis zum Sieg!” zu rufen. Verständlich ist auch, dass sie umso wütender werden, je länger sie einer Fata Morgana nachjagen: einem Palästina, das nur in ihrer blühenden Phantasie existiert. Sie denken, dass man die Zeit zurückdrehen kannn, und niemand traut sich, ihnen zu sagen, dass die Zeitmaschine noch nicht erfunden wurde. Aber sie ahnen es, und deswegen benehmen sie sich wie Kinder im Sandkasten: Weil sie keine eigene Sandburg bauen können, wollen sie die Sandburg der Nachbarkinder zerdeppern. Was aber ist es, das ganz normale Deutsche antreibt, in den antisemitischen Furor zu flüchten? Nicht jeder hat einen Opa bei der Waffen-SS gehabt, dessen unvollendetes Werk er bzw. sie fortsetzen muss. Dabei lieben sie tote Juden über alles. Nur mit den lebenden tun sie sich schwer. Nachdem Angela Merkel erklärt hatte, für die Situation in Gaza sei allein die Hamas verantwortlich, bekam sie Briefe von aufrechten Deutschen, die sich vor Empörung nicht mehr einkriegen konnten - als wäre die Kilometerpauschale wieder abgeschafft worden. Wir dokumentieren Auszüge aus einigen der schönsten Zuschriften. =So wie die Kampfgruppen der Juden im Warschauer Ghetto, die 1943 in militärisch völlig aussichtsloser Lage, ihre Extermination als Volk vor Augen, mit dem Angriff auf deutsche SS- und Wehrmachtseinheiten den ersten Warschauer Aufstand, den Aufstand des jüdischen Ghettos, begannen, so haben -  nach den israelischen Vernichtungsangriffen schon während des angeblichen Waffenstillstandes - die arabisch-palästinensischen Widerstandsgruppen ihren vezweifelten, militärisch zwecklosen Beschuss der israelischen Siedlungen in der Nähe des Gazastreifens - übrigens nach dem Teilungsbechluss der UNO samt und sonders arabische Gebiete - wieder aufgenommen. Daraus eine Alleinschuld der arabischen Widerstandskämpfer abzuleiten, ist genau so, wie den Juden Warschaus die “Schuld” am Widerstand gegen die verbrecherische deutsche Wehrmacht zu geben. Das letztere wagen Sie natürlich nicht, Frau Bundeskanzlerin - jedoch haben Sie die unglaubliche Kühn- bzw. Frechhheit, “im Namen Deutschlands” die Attacken der israelischen Militärmaschinerie als gerechtfertigt, die Hamas- bzw. Dschihad-Kämpfer aber als Kriegsauslöser, ja -verbrecher und Terroristen hinzustellen.  Ich stelle fest: Sie haben einfach nichts verstanden - alles vergessen - und nichts hinzugelernt.= =Seit der Staat Israel existiert, hat er sich gegenüber seinen Nachbarn feindlich verhalten. Er wirkt wie ein PFAHL in seiner Umwelt, aggressiv, kriegsführend, unfriedlich. Etwas mehr Kenntnis von seiner Geschichte wäre Ihnen zuzutrauen. So aber verteidigen Sie eine verbrecherische Politik und diesen Staat. In der DDR geboren hatten Sie das Glück, ohne Krieg aufzuwachsen. Ich wünsche Ihnen diese Erfahrung nicht. Wir haben sie. Im übrigen bedanke ich mich für die Kriegsweihnacht 2008.= =Wir wissen, der Holocaust war etwas sehr grausiges und etwas sehr schlimmes. Viele unschuldige Menschen sind umgekommen und wurden gequält! Doch was machen die Zionisten heute mit den Palästinensern?= =ich schäme mich, zu einem Volk zu gehören, dessen Regierung nichts aus den Verbrechen der Geschichte gelernt hat und ein anderes Volk unterstützt, das ebenfalls nichts aus seiner eigenen schmerzlichen Vergangenheit gelernt hat.= =Gerade wir Deutsche sollten auf Grund der Geschichte und der besonderen Beziehung die wir dadurch zu dem jüdischen Volk haben uns der Verantwortung diesbezüglich mehr als vertraut sein und eine Vorreiterrolle einnehmen wenn es darum geht das Unrecht zu bekämpfen.= =Kann ein Staat im Laufe von 60 Jahren ein Land bis auf geringe Überreste von der Landkarte tilgen und damit einer Bevölkerung den weit überwiegenden Teil ihres Landes nehmen, ohne sein Existenzrecht zu verlieren? Kann ein Staat jahrzehntelang ein illegales militärisches Atomprogramm betreiben, ohne sein Existenzrecht zu verlieren? Kann ein Staat, in dem Menschen unterschiedlicher Religion und Herkunft zusammenleben könnten, Millionen Menschen vertreiben, ohne sein Existenzrecht zu verlieren? Kann ein Staat Millionen Menschen gefangen halten und seiner Lebensgrundlagen berauben, ohne sein Existenzrecht zu verlieren? Kann ein Staat mit seiner gewaltigen militärischen Übermacht einen Landstrich mit einer fast wehrlosen Bevölkerung bombardieren, ohne sein Existenzrecht zu verlieren? Kann ein Staat Menschen in großem Umfang physisch vernichten, ohne sein Existenzrecht zu verlieren? Wie umfangreich und gräßlich müssen Verbrechen werden, daß ein Staat, der sie begeht, sein Existenzrecht verliert? Hatte das nationalsozialistische Deutschland Hitlers ein Existenzrecht oder hätte in Ihren Augen der Nazi-Staat infolge seiner Verbrechen sein Existenzrecht verwirkt?= =Mit der Terroreskalation der israelischen Zio-Faschisten in Gaza muß Schluß gemacht werden! Als Student hatte ich Blut für Israel gespendet. Inzwischen hat mich der tägliche Terror gegen Palästinenser gelehrt, dass es im Nahen Osten keinen Frieden geben kann, solange der Apartheid-Staat Israel nicht aus den Annalen der Geschichte verschwunden ist. Mit Ihren Erklärungen unterstützen Sie die zionistischen Kindesmörder, deren von Expansion getriebener, politischer Fanatismus keine Grenzen kennt. Ich kann nur hoffen, dass auch Sie früher oder später zur Verantwortung gezogen und vor Gericht gestellt werden. Da öffnet die Krise hoffentlich neue Möglichkeiten gesellschaftlicher Entwicklungen.= (Diesen Brief hat Rainer Rupp geschrieben, der als “Topas” mit den Möglichkeiten gesellschaftlicher Entwicklungen bereits Erfahrungen gesammelt hat. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Rainer_Rupp) =...ich befinde mich zur Zeit in Israel, und ich schäme mich für unsere Kanzlerin. Schon im 6 Tage Krieg 1967 war ich als junger Reporter für den SPIEGEL hier und habe schreckliches erlebt. Nun gerate ich wieder in einen Krieg und zwischen die Fronten. Sogar alte Freundschaften in Israel, die ich seitdem gepflegt habe, sind nun auf dem Prüfstand. Die Situation ist unerträglich. Henryk Broder hat letztens in einer Talkshow gesagt, daß es sich als Täter besser lebt als als Opfer. Zynisch und leider im Moment wahr. Aus eigener tragischer Geschichte nichts gelernt und die falschen Schlüsse gezogen. Ich hoffe, daß die Weltöffentlichkeit Druck macht, um Israel zum Einlenken zu bewegen.= (Das hat mein alter Freund Günter Zint geschrieben, Erfinder und Gründer der St. Pauli Nachrichten, dem diese Jugendsünde aber nicht zum Vorwurf gemacht wird, weil er inzwischen bei den Guten mitmischt.)
Henryk M. Broder
article
03.01.2009 14:48
https://www.achgut.com//artikel/deutschland_schaemt_sich
Bernard Lewis: Hat Eurabien noch eine Chance?
The expression in Arab countries of any opinions favorable to Israel is unpopular, even dangerous, and sometimes fatal. The extent to which such opinions are held is therefore problematic, to say the least. But there are clear indications that they exist, and some have been willing to risk their lives in order to express them. If they increase and lead to acceptance and cooperation between the two sides, the Middle East might once again resume its place, which it enjoyed in both ancient and medieval times, as a major center of civilization… The possibility remains that there will be no peace—in which case the most likely outcome for the region as a whole is a descent into chaos and mutual destruction, perhaps by that time involving an Islamized Europe, and leaving the future of the world to be shared or contested between Asia and America.
Benny Peiser
article
06.01.2009 08:55
https://www.achgut.com//artikel/bernard_lewis_hat_eurabien_noch_eine_chance
Genug entschuldigt!
Früher wurden die Juden immer aufgefordert, sich dafür zu entschuldigen, dass die Israeliten Jesus ans Kreuz genagelt hatten - obwohl dies die Geburtsstunde des Christentums war -, jetzt sollen sich die Juden dafür entschuldigen, was Israel den Palästinensern antut oder dass es überhaupt noch existiert. Es gibt Juden, die das sehr gerne machen, einige haben daraus sogar einen full-time-job gemacht. Sie entschuldigen sich von morgens bis abends für Israels Taten und Untaten. Einer hat jetzt die Nase voll und sagt: “I’m Done Apologizing For Israel!”
Fundstück
article
25.11.2014 14:32
https://www.achgut.com//artikel/genug_entschuldigt
New consumers & price-cutting
There’s little ideology motivating these rioters compared to their predecessors, no wider agenda beyond greed and an anarchic spirit. These kids are paid-up capitalist consumers – they’re just engaging in a particularly aggressive form of price-cutting. Good luck getting them to the polls.
Benny Peiser
article
10.08.2011 17:02
https://www.achgut.com//artikel/new_consumers_price_cutting
Stellen Sie sich einmal Folgendes vor…
In allen größeren deutschen Städten würden Tausende aufmarschieren. Rasend vor Zorn, bebend vor Vernichtungswillen, die dünne Schicht zivilisatorischen Verhaltens abwerfend. Man würde Plakate hochhalten, auf denen zu lesen wäre: ‚Ihr Türken seid Bestien‘, oder aber ‚Türkei – Kindermörder‘. Die aufgehetzte Menge würde skandieren: ‚Türken ins Gas, Türken ins Gas‘ oder aber ‚Türke, Türke, feiges Schwein, komm‘ heraus und kämpf‘ allein‘. Die hasserfüllten Horden würden versuchen, ihren Marsch in Richtung einer Moschee zu lenken, in der Absicht, diese durch den aufgehetzten Mob attackieren zu lassen. Grüppchen von Gegendemonstranten mit Schildern, auf denen zu lesen wäre ‚Die Türkei will Frieden‘, würden vom brüllenden Mob mit Flaschen und Steinen beworfen und als ‚Nazis‘ beschimpft werden. Die Polizei würde die anti-türkischen Proteste begleiten, den anti-türkischen Hetzern das Megaphon ihrer Streifenwagen überlassen, so dass diese ihre rassistischen Parolen verständlicher unters Volk bringen können. Diese Vorgehensweise würde Deeskalation genannt werden. Die Politik würde die Vorkommnisse schlicht ignorieren. Niemand würde den Vorschlag unterbreiten, die faschistischen Aufmärsche zu verbieten. Delegierte der türkischen Gemeinde Deutschlands würden sich alarmiert zu Wort melden und vermelden, dass Bürger türkischer Abstammung Angst vor Übergriffen hätten. Niemanden würde dies aber interessieren. Der durch eine Demokratieabgabe finanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk würde nun einer Reihe Türkei-kritischer Türkeiexperten eine Plattform bieten, damit diese erklären könnten, dass die Türken selber Schuld an dieser Situation seien. Immerhin gäbe es ja den türkisch-kurdischen Konflikt. Besorgte Nachrichtensprecher würden subtil raunend erklären, dass die Türkei ein rechtsgerichteter Staat sei, den jeder anständige Mensch abzulehnen habe. Derweilen würden Maybritt Illner, Anne Will, Günter Jauch und Frank Plasberg die seit mehreren Monaten ungebrochene Talkshow-Reihe mit Titel ‚NSA, USA, Spionageäffäre‘ ohne jede Irritation fortführen, um den Fernsehzuschauer unermüdlich aufzuklären, aus welcher Richtung die einzig vorstellbare Gefährdung der Demokratie käme. Unvorstellbar.
Katharina Szabo
article
19.07.2014 23:55
https://www.achgut.com//artikel/stellen_sie_sich_einmal_folgendes_vor#section_leserpost
Aus der Sicht eines Seemannes: Retter, Schlepper und Rassisten
Von wegen „Seenotrettung“: Ein ehemaliger Seemann geht im Buch „Bordgeschichten“ hart mit den Menschenschleusern ins Gericht, deren Ideologie buchstäblich über Leichen geht. Zeit, das alles andere als edle Handeln dieser Leute zu hinterfragen. Unter dem Titel „Bordgeschichten“ erscheinen seit vielen Jahren Erinnerungen von Funkern, Kapitänen, Köchen, Maschinisten, Matrosen, Nautischen und Technischen Offizieren, Stewardessen und anderen, deren Tätigkeit einst mit der Hochseefischerei oder der Handelsschifffahrt der DDR verbunden war. An Beiträgen, in denen ehemalige Seeleute Leben und Tod auf See oder Landgänge in fernen Ländern beschreiben, mangelt es der Redaktion bis heute nicht. Denn zum Beispiel vereinte die Flotte der Deutschen Seereederei Rostock (DSR) zeitweilig mehr als zweihundert Handelsschiffe sowie Fähren und Kreuzfahrtschiffe mit insgesamt mehreren tausend Besatzungsmitgliedern. Handelsschiffe der DSR befuhren das umfassendste Liniennetz aller westeuropäischen Reedereien. Sieht man ab von Australien, so verbanden Liniendienste der Schiffe mit der blau-rot-blauen Schornsteinmarke alle bewohnbaren Erdteile. Als Mitglied von Reedereiverbänden oder als freie Konkurrenten erschienen sie in allen bedeutenden Häfen der Welt, beförderten Industriegüter aus Westeuropa oder aus Japan, Kaffee aus Brasilien oder Ostafrika, Rindfleisch aus Argentinien oder Irland, Rohöl aus der Sowjetunion oder dem Nahen Osten, Südfrüchte aus Mittelamerika oder Afrika, Maschinen, technische Geräte und Textilien aus China, Getreide aus Kanada oder Rohrzucker aus Kuba, Erz aus Schweden oder Venezuela, Baumwolle aus der Türkei oder aus Brasilien, tropische Hölzer aus Indonesien oder Westafrika und vieles andere mehr, zum Teil im RoRo, Container- und Semicontainerdienst. Das fand 1990 ein Ende, als die Treuhandanstalt die DSR in eine GmbH umwandelte und die Schiffe an frühere Konkurrenten verkauft oder verschrottet wurden. Einer der Beiträge im 2022 erschienenen 20. Band jener „Bordgeschichten“ berichtet über mehr als 60 Seenotrettungsaktionen in aller Welt, an denen Schiffsbesatzungen der DSR oder des Fischkombinats Rostock teilnahmen. In solchem Zusammenhang wendet sich die Redaktion sogenannten Seenotrettern im Mittelmeer aus seemännischer Sicht zu: „Was sind das für Seelenverkäufer, die immer wieder wegen Missachtung internationaler Compliances festgesetzt werden müssen, aber so viel Knowhow besitzen, binnen 48 Stunden in der libyschen SAR-Zone hunderte Geschleuste einzusammeln, selbst aus Bangladesh herbeigeschleppt? ( ...) Das Wort Seenotrettung wird konterkariert, wenn Bootsinsassen in prekärer Lage von ostwärts gehenden Handelsschiffen Hilfe angeboten bekommen und diese dankend ablehnen, weil sie nicht im nächsten sicheren Hafen Port Said an Land gehen möchten, sondern lieber unter dem feuerspeienden Ätna. Fragen über Fragen. Die Statistik belegt, dass weniger Menschen im Mittelmeer ertranken, je weniger ,Retter' sich unterwegs befanden. Diese haben somit hunderte Menschenleben auf dem Gewissen, Opfer eines Weltbildes, das sich nicht an unumstößlichen Tatsachen und guten Argumenten orientiert, sondern darauf abzielt, Verhältnisse zu ändern.“ In einer Zeit, in der Experten aller Art wie Pilze nach dem Regen erscheinen, muss ich versichern, dass da Leute zu Wort kommen, die hervorragend informiert sind und noch wissen, wovon sie reden – mit einem von ihnen habe ich an der Seefahrtschule Wustrow studiert. Dort lernten wir unter anderem, die Pflicht zur Rettung von Menschen in Seenot sei Bestandteil der Jahrhunderte alten Tradition der Seefahrt und gelte als Ausdruck der Menschlichkeit, als ungeschriebenes Völkergewohnheitsrecht. International festgeschrieben wurde diese Pflicht erstmals 1910 im Brüsseler Abkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über Hilfeleistung und Bergung in Seenot, das drei Jahre darauf als Reichsgesetz veröffentlicht wurde. Die Umstände und der Geltungsbereich solcher Regeln sind seither zeitgemäßen Verhältnissen angepasst worden. Von der wissentlichen Herbeiführung eines Notfalls oder von seiner Begünstigung und von maritimer Schlepperei im Sinne einer Beihilfe zur illegalen Migration ist da freilich nirgendwo die Rede. Kurz gesagt, unterliegen alle Schiffsführer privater oder staatlicher Schiffe der Pflicht zur Hilfeleistung in Seenotfällen, wobei es ihnen überlassen bleibt, ob sie die Betroffenen an Bord nehmen oder mit anderen Maßnahmen aus der Notlage befreien. Um kostspielige Umwege für Handelsschiffe zu vermeiden, gibt es keine Verpflichtung, sie dann in den nächstliegenden sicheren Hafen zu bringen, es sollte jedoch innerhalb einer „angemessenen Zeit“ geschehen. Ebenso wird Küstenstaaten keine Pflicht zur Aufnahme (Ausschiffung) von Geretteten auferlegt, sofern es nicht ein außerordentliches Ereignis an Bord des Schiffes gibt, das die Rettung ausführte – also zum Beispiel Lebensgefahren für Beteiligte.  Die im Zitat erwähnten Retter – nur widerstrebend werden hier keine Anführungsstriche oder zu modischen Hohlheiten verkommene Wörter wie selbsternannt oder umstritten gebraucht – benutzen dieses Sonderrecht zur Ausschiffung oft, um das Einlaufen in einen Hafen zu erzwingen. Angeblich befinden sich dann Kranke, Verletzte oder Verzweifelte an Bord, die damit drohen, sich das Leben zu nehmen. So geschehen zum Beispiel im Juni 2019, als die Kapitänin Carola Rackete mit der Sea-Watch 3 nach fadenscheinigen Vorwänden die weit entfernte italienische Insel Lampedusa anlief. Die Seeroute zwischen dem Ort der vorgeblichen Rettung nahe der libyschen Küste und Lampedusa misst rund 300 Kilometer. Zur Küste Tunesiens hingegen, wo allerdings weder großzügige finanzielle Zuwendungen noch Sach- und Dienstleistungen erwartet werden dürfen, wäre es nur ein Katzensprung gewesen. Rackete erreichte vor Lampedusa die Ausschiffung mehrerer Afrikaner, drang aber schließlich – gegen den Widerspruch der Hafenbehörden – gewaltsam mit ihrem Schiff in den Hafen ein. Dabei wurde ein Boot der Finanzaufsicht gerammt, Menschen wurden gefährdet. Im Gegensatz zu anderen Führern sogenannter Rettungsschiffe, die gewöhnlich nur über eine Ausbildung zu Sport- und Freizeitschiffsführern verfügen, hat Carola Rackete an der Jade-Universität Elsfleth Nautik studiert und wusste zweifellos, dass sie ein Verbrechen beging. Aber wie immer in solchen Fällen, wenn überkommenes, bewährtes Recht – man denke nur an das völlig zerstörte Asylrecht – für „eine gute Sache“ gebrochen wird, durfte auch sie der Zuneigung linksgerichteter Medien, Politiker und Juristen sicher sein. Die vom italienischen Staat gegen sie erhobenen Anklagen hatten keinen Bestand und wurden zwei Jahre später aufgehoben, wenngleich bedeutende Völkerrechtsjuristen ihr Handeln als eindeutigen Verstoß gegen internationales Recht werteten. Das war zu erwarten. Obwohl ihre Anwesenheit ständig Seenotfälle herausfordert, genießen die Besatzungen sogenannter Rettungsschiffe im Mittelmeer hohes Ansehen. Sie werden von Menschen auf der Suche nach Lebenssinn und Gemeinschaft ebenso finanziert wie von verklemmten Ideologen, moralisierenden Politikern und von Kirchenoberen, die den Hahnenschrei immer noch nicht hören wollen. Hinzu kommen Zeitgenossen jeglichen Alters, die sich fortwährend irgendeine Schuld einreden lassen und denen ein dreister oder verhohlener Ablasshandel aufgedrängt wird. Zum Beispiel beschloss die Ampel-Koalition im vergangenen November, das Geschehen im Mittelmeer erstmals direkt mit Steuergeldern zu unterstützen. Zuvor flossen Mittel staatlich geförderter NGOs nämlich nur mittelbar in diese Richtung. Von 2023 bis 2026 wird der Dachverein United4Rescue nun acht Millionen Euro erhalten, der damit „organisationsübergreifend Rettungsmissionen der zivilen Seenotrettung auf dem Mittelmeer unterstützen“ soll.  Wenn man das Erscheinungsbild nahezu verabredeter Rettung aus Seenot, ihr Zusammenwirken mit libyschen und tunesischen Schleppern und das eindeutige Vorhaben, Menschen möglichst zahlreich in den Wirkungsbereich europäischer Sozialhilfe zu bringen, kritisch vorträgt, dann wird einem nicht selten erwidert: „Sollen sie denn ertrinken?“ Natürlich nicht. Man kann es armen Menschen nicht verdenken, wenn sie den Verlockungen offener Grenzen und freigebiger Sozialleistungen erliegen. Es wäre jedoch Aufgabe der Politik, einen gefahrlosen Weg wirklich Bedürftiger zur Hilfeleistung zu organisieren, am besten natürlich im Zusammenwirken mit Politikern der jeweiligen Staaten: So wäre es zum Beispiel denkbar, dass Migrationswillige bereits in ihrem Heimatland einen Asylantrag stellen können und dort über Annahme oder Verweigerung sowie über die Folgen illegaler Einwanderung belehrt werden. Nebenher: Welches Maß an Verantwortungsbewusstsein, Entscheidungswillen und Sachkundigkeit würde dergleichen von den beteiligten Politikern erfordern, und wie verbreitet sind solche Fähigkeiten? Ohnehin herrscht zumeist Unkenntnis darüber, wie die Betreffenden überhaupt auf das Meer geraten. Politische Flüchtlinge wird man unter ihnen kaum finden, gewöhnlich und weitaus überwiegend sind es junge Wirtschaftsmigranten. Zum Beispiel legt irgendwo in Nigeria – es könnte sich auch in Afghanistan, in Bangladesch oder Eritrea, im Irak, Jemen, Senegal, in Somalia, im Sudan, in Syrien, im Tschad oder irgendwo sonst ereignen – ein Familienverband seine Dollars zusammen, damit ein ausgewählter junger Mann die Fahrt durch die Wüste, Bestechungsgelder für Uniformträger aller Art sowie eine erhebliche Summe für die Schlepper an der libyschen Küste bestreiten kann. Letztere fahren ihn und seine Leidensgenossen dann häufig mit einem Fischerboot auf das Meer hinaus und lassen sie in ein Schlauchboot ohne Außenbordmotor, ohne Wasser- und Proviantvorrat umsteigen. Dies ist nur eine Spielart eines vielfältigen Geschehens, bei dem Tausende auf überladenen Schlauchbooten, brüchigen Gummiflößen oder morschen Fischerbooten umkommen. Wenn jedoch der besagte junge Mann Glück und die Schlepper entsprechend bezahlt hat, dann wird sein Schlauchboot schon bald auf wundersame – wohl oft verabredete – Weise aufgespürt. Es gibt dafür mehrere technische Möglichkeiten, und wenn die Retter zuvor ihren Transponder abschalten, dann ist ihr Weg kaum zu verfolgen. Sie können später behaupten, die Aktion habe in auswegloser Situation auf hoher See stattgefunden. Von dem jungen Mann wird daheim erwartet, dass er nach der Ankunft in Europa Asyl beantragt oder sich um Arbeit bemüht, damit er den Verwandten einen Teil seiner Einkünfte überweist. Er ist somit in einer bedrängten Lage und bekommt fordernde Telefonanrufe. Wenn er nun nicht bald über die Alpen und damit an die großzügigsten sozialen Hilfeleistungen gelangt, so kann es geschehen, dass er auf eine sizilianische Tomatenplantage oder in die Ndrangheta gerät – eine kalabrische Mafiaorganisation, die ihn meist zum Rauschgifthandel, als Händler mit gefälschten Markenartikeln oder als Taschendieb auf die Straße schickt. Ich habe während mehrerer Reisen nach Neapel, Kalabrien und Sizilien ein wenig davon erfahren und mit einigen Migranten gesprochen, sofern sie aus Nigeria kamen. Dabei war niemals zu hören, dass die vorgeblich mitfühlenden Retter oder ihre Fürsprecher sich für das weitere Schicksal ihrer Schützlinge interessieren würden. Was diese Leute wirklich treibt, lassen einige von ihnen erkennen, indem sie T-Shirts mit der Aufschrift „Team Umvolkung“ oder „Schlepperkapitän“ tragen oder die Antifa-Flagge führen. Andere sind vorsichtiger und behaupten wie die zuvor erwähnte Carola Rackete: „Ich habe eine weiße Hautfarbe, ich bin in ein reiches Land geboren worden, ich habe den richtigen Reisepass, ich durfte drei Universitäten besuchen und hatte mit 23 Jahren meinen Abschluss. Ich spüre eine moralische Verpflichtung, denjenigen Menschen zu helfen, die nicht meine Voraussetzungen hatten.“  Hilfe zu einem Leben als verachtetes Objekt der Ausbeutung, zur Verrichtung der niedrigsten Arbeiten oder zum ausweglosen Dasein als Sozialhilfeempfänger? Weiß diese Moralpredigerin, wissen ihre Komplizen, was zum Beispiel mit vielen der mit ihrer Hilfe nach Europa gelangten Afrikanerinnen geschieht? Für nicht wenige, vielleicht die meisten von ihnen, führt der auf Lampedusa, in Palermo, dem Drehkreuz des Handels mit Sexsklavinnen, oder in einem anderen Hafen beginnende Weg geradewegs in die Prostitution. Das ist ein Spezialgebiet der Ndrangheta, und von zwei Zuhältern wurde bei einem Prozess in Palermo bekannt, dass auch sie mit der Sea-Watch 3 nach Italien gekommen waren. Hat die in deutschen Medien schwärmerisch beschriebene Kapitänin jemals einen der Orte besucht, an denen viele der angeblich vor bedauernswerten Lebensumständen bewahrten Menschen nach ihrer fragwürdigen Rettung leben? Das zur Hälfte von Afrikanern bewohnte Castel Volturno etwa, früher gepflegter Badeort der Neapolitaner, inzwischen geprägt von fast zehntausend aufgegebenen, verdreckten, verrottenden Häusern an einem Strand und einem Meer voller Müll, beherrscht von den aus Nigeria oder Ghana stammenden Ndrangheta-Bossen, deren Brutalität selbst die Camorra fürchtet? Der Scheinheiligkeiten nicht genug – ihre Äußerungen verraten bis auf ein Rechtsbewusstsein mancherlei – versuchte Rackete später, sich mit Hinweisen auf eine aus der Kolonialzeit erwachsende Verantwortung sowie auf die sogenannte Klimakrise zu rechtfertigen. Sie ist nämlich Anhängerin von Extinction Rebellion. Ein guter Seemann jedoch, sagt ein altes Sprichwort, prüft den Grund, bevor er ankert. Lernen sie das heute in Elsfleth nicht mehr? Ein noch entlarvenderes Beispiel gibt Axel Steier, Mitbegründer, Vorsitzender und Sprecher von Mission Lifeline e.V., der überdies offenherzig wird, wenn es um die „Umvolkung“ geht, die bisher als Verschwörungstheorie von Rechtsextremisten galt. Als ein Twitter-User, der sein Tun bewunderte, dennoch zu fragen wagte, weshalb die Geretteten unbedingt nach Europa gebracht werden müssen, antwortete dieser Veteran behaupteter Seenotrettung: „Weil wir das so wollen. Bald ist Schluss mit dem lustigen Leben als ,Weißbrot'“. Er verhöhnt nämlich die Deutschen gern und nennt sie Weißbrote, weil seine Landsleute gemeinhin Rassisten seien. Steier hofft deshalb „auf ein Ende von Rassismus und Abschottungspolitik. Ich fürchte, dass das nicht kommt, solange Deutschland existiert.“ Für jene, die immer noch nicht begriffen haben, worum es ihm geht, twitterte er im Dezember 2022: „Nein, es wird irgendwann keine Weißbrote mehr geben, weil ihre Nachkommen in 50-100 Jahren sich (...) für ein*n Partner*in (sic!) entscheidet, der nicht weiß ist. Die Enthomogenisierung der Gesellschaft schreitet voran. Ich unterstütze das mit meiner Arbeit.“ Carola Rackete und Axel Steier – zwei Galionsfiguren einer fragwürdigen, nunmehr auch staatlich finanzierten privaten Seenotrettung im Mittelmeer. „Bordgeschichten. Aus Tagebüchern ehemaliger Seeleute“, herausgegeben vom DSR-Seeleute e.V. Freiberg, 13,- Euro   P. Werner Lange, ursprünglich Seemann, ist Autor von Biografien, Reisebeschreibungen, erzählenden Sachbüchern und Hörspielen.
P. Werner Lange
​​​​​​​Von wegen „Seenotrettung“: Ein ehemaliger Seemann geht im Buch „Bordgeschichten“ hart mit den Menschenschleusern ins Gericht, deren Ideologie buchstäblich über Leichen geht. Hier eine Lagebeschreibung aus seemännischer Sicht.
article
18.03.2023 12:00
https://www.achgut.com/artikel/retter_schlepper_und_rassisten_aus_der_sicht_eines_seemannes/P7#comment_entries
Die berühmten literarischen Judenhasser
Vom Gruppendenken einiger Literaten und ihrem Ressentiment gegen Israel. Die Tatsache, dass die Lügen, an die sie glauben, in der Schickeria und der Möchtegern-Schickeria Anklang gefunden haben, ist bezeichnend. Am 28.10. wurde der berühmt-berüchtigte Brief „Verweigerung der Komplizenschaft mit Israels literarischen Institutionen“ mit 400 Unterzeichnern nach großem Trara veröffentlicht. Diese führenden Köpfe der Literaturszene kündigten ihren ganz eigenen Boykott gegen ihre israelischen Kollegen an. Der Brief wurde ins Arabische, Koreanische, Spanische, Italienische, Deutsche und Französische übersetzt – aber offenbar nicht ins Hebräische. Ein solcher Brief ist nicht überraschend – obwohl er abstoßend, beschämend und – offen gesagt – sowohl langweilig als auch zu herzzerreißend ist. Meiner Meinung nach ist es nur ein weiterer tugendhafter, „woker“ Brief. Wie die Hamas, die Hisbollah und die Houthi-Raketen des Iran geht auch dieser ununterbrochene kulturelle Beschuss des einzigen jüdischen und demokratischen Landes in der Region weiter und weiter. Ein Autor und ein Künstler können talentiert und prominent sein – sie können sogar den Booker Prize gewonnen haben (Arundhati Roy), Nobelpreisträgerin sein (Annie Ernaux) oder den Pulitzer-Preis erhalten haben (Jhumpa Lahiri) – und dennoch die gleichen vulgären und irrationalen Vorurteile hegen wie alle anderen. Jüdische Autoren (Judith Butler, Marilyn Hacker, Naomi Klein, Jacqueline Rose, Sarah Schulman), die für ihre antizionistische Politik reichlich belohnt wurden, haben sich ebenfalls angeschlossen. Sie sollten sich schämen, dass sie auf die gefährliche und völlig unbegründete Propaganda hereinfallen. Diese Unterzeichner erklären, dass Israel das Land eines anderen Volkes „besetzt“, diese Menschen „vertrieben“ und „ethnisch gesäubert“ habe und damit ein „Apartheid“-Staat sei. Ihrer Ansicht nach hat Israel, nicht der Iran oder die Hamas, „Gaza unbewohnbar“ gemacht. Sie zitieren die Zahlen, die ihnen die Hamas in Bezug auf die Zahl der seit Oktober 2023 getöteten Palästinenser vorsetzt und bestehen darauf, dass „die Kultur eine wesentliche Rolle bei der Normalisierung dieser Ungerechtigkeiten gespielt" habe. Ihre Schlussfolgerung? Sie können und wollen nicht mit „israelischen Kultureinrichtungen, einschließlich Verlagen, Festivals, Literaturagenturen und Publikationen“ zusammenarbeiten. Und so glauben sie, mit einem einzigen Federstrich den imaginären Riesen erschlagen zu haben. Was, wenn überhaupt, haben diese Unterzeichner miteinander gemeinsam? Ich bin mir nicht sicher, aber ich stelle fest, dass viele der Unterzeichner sich selbst als Sozialisten, Kommunisten, Einwanderer und Gegner von Rassismus, Kolonialismus und Imperialismus bezeichnen – allerdings nur in der Form, wie sie von westlichen Ländern praktiziert wurden. Einige von ihnen leben im Vereinigten Königreich, viele weitere tragen arabische und muslimische Namen und sind im globalen Süden geboren. Sie sind alle „woke“ Linke, Konformisten, Feiglinge, ohne Wissen über die Themen, mit denen sie sich angeblich auseinandersetzen. Zurzeit werden sie von westlichen Verlegern, Rezensenten, Festivalveranstaltern und Preisverleihern vielleicht aus keinem anderen Grund akzeptiert. Wie wir sehen konnen, haben Verleger in Amerika, Europa und Kanada zunehmend Angst, Autoren zu veröffentlichen, deren Ansichten über Israel, den Islam und Palästina nicht politisch korrekt genug sind. Eine Kampagne, bei der Andere einen Brief unterschreiben, ist kein gut durchdachtes Argument. Es ist Banden-, Horden- und Stammesdenken. Aber die Tatsache, dass die Lügen, an die sie glauben, in der Schickeria und der Möchtegern-Schickeria Anklang gefunden haben, ist bezeichnend. Im Jahr 2003 schrieb ich einen Artikel über einen bekannten schwedischen Filmemacher, der einen einzigartig kraftvollen Film gedreht hatte, der den Sexhandel aufdeckte und bekämpfte. Lukas Moodysson ließ den Film mit dem Titel „Lilya 4-ever“ in der ganzen Welt zeigen (überall dort, wo Bordelle und Zuhälter florierten), weigerte sich aber, einer Gruppe zur Bekämpfung des Menschenhandels in Israel, Machon Toda'a, einem Awareness Center, zu gestatten, ihn auch nur einmal auf ihrer Konferenz zu zeigen. Moodyson verhängte seinen eigenen persönlichen Boykott gegen alle Israelis, selbst gegen diejenigen, deren Ansichten er teilte. Wir haben ihn dazu gebracht, seine Meinung zu ändern. Sowohl meine Kolumne als auch die eines schwedischen Journalisten erregten seine Aufmerksamkeit. Er erlaubte die Vorführung des Films, aber nur einmal und nur unter der Bedingung, dass der Filmemacher bekannt gibt, dass er gegen die israelische Politik ist. Der gefeierte portugiesische Literaturnobelpreisträger Jose Saramago sagte über die Juden Folgendes: „Geistig berauscht von dem messianischen Traum eines Groß-Israel, das endlich die expansionistischen Träume des radikalsten Zionismus verwirklichen wird, verseucht von der monströsen und tief verwurzelten 'Gewissheit', dass es in dieser katastrophalen und absurden Welt ein von Gott auserwähltes Volk gibt.... dass jegliches Leid, das allen anderen, insbesondere den Palästinensern, zugefügt wurde, wird oder werden wird, immer geringer sein wird als das, das sie selbst im Holocaust erlitten haben, die Juden kratzen endlos an ihrer eigenen Wunde, um sie bluten zu lassen, um sie unheilbar zu machen, und sie zeigen sie der Welt, als wäre sie ein Banner“. Er hat das Judentum als Glauben und das Judentum als Kultur, als Ethnie und als politische Einheit verurteilt. Juden ekeln ihn an und machen ihn wütend. Saramago ist ein Antisemit. Aber das sind T.S. Eliot und Ezra Pound auch, deren großer literarischer Ruf unversehrt ist. Was macht es schon, dass Eliot „Gerontion“ geschrieben hat, das diese Zeilen enthält: „Mein Haus ist ein verfallenes Haus, und auf der Fensterbank hockt der Jude, der Besitzer.“ Pound, ein großartiger Dichter, hat auch anti-Alliierte und antisemitische Sendungen ausgestrahlt, in denen er Dinge wie diese sagte: „Ihr müsst ein wenig, zumindest ein wenig, über die Geschichte eurer Verbündeten lernen. Über das von Juden zerstörte England. Über die Trümmer von Frankreich, das unter jüdischer Kontrolle zerstört wurde. Es ist widerlich mit diesen kikes.“ Als Pound in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen wurde, schob er die Schuld auf die „kikes“. Die Frage, ob der Rassismus oder Sexismus eines Autors bedeutet, dass sein Werk verboten werden sollte, ist nicht meine Idee. Ich denke Folgendes: Diese berühmt-berüchtigten literarischen Unterzeichner bewegen sich im Kielwasser des Judenhasses von Eliot und Pound. Dieser Beitrag erschien zuerst bei Israel National News.   Phyllis Chesler ist emeritierte Professorin für Psychologie und Frauenstudien an der City University of New York (CUNY) und Autorin von 20 Büchern.
Phyllis Chesler
Vom Gruppendenken einiger Literaten und ihrem Ressentiment gegen Israel. Die Tatsache, dass die Lügen, an die sie glauben, in der Schickeria und der Möchtegern-Schickeria Anklang gefunden haben, ist bezeichnend.
article
01.11.2024 14:00
https://www.achgut.com/artikel/die_beruehmten_literarischen_judenhasser
Pastrami für alle!
Über 50 Jahre lang, von 1954 bis 2006, war das Second Avenue Deli ein “landmark” in New York. Es überlebte “Wolf’s Delicatessen” in der 57. St., zwischen der 5. und der 6. Avenue, und das “Ratner’s” in der Delancey St. Im März 1996 wurde der Gründer und Besitzer Abe Lebewohl bei einem Raubüberfall ermordet. Sein jüngerer Bruder Jack Lebewohl übernahm das Geschäft und führte es zehn Jahre weiter - bis er die Miete für das Lokal nicht mehr bezahlen konnte. http://www.nytimes.com/2007/10/21/magazine/21deli-t.html?_r=1&oref=slogin fast Im Dezember 2007 machte Jeremy Lebewohl, der Neffe des ersten Besitzers, das SAD wieder auf - unter dem alten Namen an einem neuen Ort: 162 East 33rd Street unweit der 3. Avenue. Es hat jeden Tag rund um die Uhr geöffnet, das Essen ist koscher und trotzdem gut. Die NYT hat es getestet: http://events.nytimes.com/2008/02/13/dining/reviews/13rest.html?em&ex=1203051600&en=a6f326820b3dc887&ei=5087%0A
Henryk M. Broder
article
13.02.2008 22:25
https://www.achgut.com/artikel/pastrami
Corona-Protest: Im Club der toten Lichter
In Hamburg tobt eine Auseinandersetzung, wieviel Protest gegen die Coronapolitik als noch akzeptabel gilt. Die Klubs Große Freiheit 36 und Docks haben unter anderem durch Aushänge, die die Maßnahmen und die gängigen Annahmen kritisieren, für Entrüstung gesorgt. Einige Konzertveranstalter drohten an, die Örtlichkeiten künftig boykottieren zu wollen, aus Mainstreammedien weht Gegenwind, der SPD-Kultursenator unterstellt den Clubs, dass sie „Verschwörungsmythen“ propagieren. Das Clubkombinat als örtlicher Dachverband hat schon im Sommer die Docks-Geschäftsführerin als seine Vorsitzende für abgesetzt erklärt. „Sind jetzt plötzlich alle Regierungskritiker rechts?“, fragte dazu das Magazin Oxmox und stellte die Vermutung in den Raum, man bange möglicherweise um „finanzielle Mittel durch die Kulturbehörde“, wenn man sich von unbequemen Kollegen nicht genügend distanziere. Die Große Freiheit 36 auf St. Pauli knüpft seit 35 Jahren an die großen Traditionen der Musikclubs aus der Beatles-Ära an. Künstler wie R.E.M., Prince, Bon Jovi, Iggy Pop, Herbert Grönemeyer und Nena sind dort, in der Nähe der Reeperbahn, schon aufgetreten. Preisgekrönt wie die Location selbst ist auch der Gründer, der mit dem Ehrenpreis des Club Awards ausgezeichnet wurde: Karl-Hermann Günther (71), „einer der umtriebigsten Kluberfinder Norddeutschlands“, der in Schleswig-Holstein und Hamburg seit vielen Jahrzehnten erfolgreich Gastronomie, Events und vielfältige weitere Angebote verbindet. Neben der Großen Freiheit 36, dem Docks (und den jeweils angeschlossenen Gaststätten) verbindet sich mit seinem Namen insbesondere das „multikulturelle Veranstaltungszentrum“ Traum GmbH in Kiel. Auch dort hat man Akzente in Sachen Corona-Protest gesetzt, nicht ohne eine Kontroverse zu erzeugen. Denn Karl-Hermann Günther ist nicht nur kulturgastronomischer Pionier und Geschäftsmann, sondern tritt seit Jahr und Tag immer wieder als politischer Aktivist hervor. Von der Zeit der Studentenbewegung der 68er geprägt, war er lange bei den Grünen tätig, hat sich zum Beispiel für Drogenlegalisierung und an vielen Stellen gegen Raucherdiskriminierung eingesetzt, womit er sich nicht nur Freunde gemacht hat. Christoph Lövenich: Herr Günther, wie haben Sie als Kulturgastronom und als engagierter Bürger die bisherige Coronakrise beziehungsweise -politik erlebt? Karl-Hermann Günther: Ich erlebe das alles als große Krise, die sogar demokratiegefährdend ist. Symbol hierfür sind auch die Leitmedien, die über die vergangenen Jahrzehnte immer mehr von ihrer eigentlichen Aufgabe, die vierte Gewalt im Staate und damit ein Kontrollorgan der Regierenden zu sein, abgekommen sind. Guter kritischer Journalismus, der ohne diffamierende Begriffe auskommt, ist selten geworden. Die Maßnahmen selbst sind vollkommen überzogen. Nicht nur leiden unzählige Menschen sehr stark unter den Maßnahmen, darunter Familien mit ihren Kindern und auch alte Menschen, Künstler, Event- und Gastrobetriebe, Einzelhändler und viele mehr. Freundschaften zerbrechen, Familien driften auseinander, Denunzianten gehen um. Die Polizei muss in unglaublichen Situationen Menschen verfolgen, kontrollieren, festnehmen. Die Selbstmordrate steigt, psychische Probleme, wo man auch hinschaut. Zugleich verstärkt sich die Umverteilung von unten nach oben, national wie international. Und auch der Hunger auf der Welt nimmt drastisch zu. Dabei gab es in Deutschland nachgewiesenermaßen gar keine signifikante Übersterblichkeit, wenn man die wachsende Zahl alter Menschen und mögliche nicht-virale Todesursachen mit einbezieht – ein Umstand, der auch nicht auf die Regierungsmaßnahmen zurückgeführt werden kann, wie zum Beispiel auch Welt-Herausgeber Aust in einer umfassenden Analyse schlussfolgerte. Und gerade als jemand, dem es seit jeher mit seinen Clubs auch darum ging, Menschen zusammenzubringen und Glück in sie hineinzuzaubern, ist es sehr schmerzlich, mit ansehen zu müssen, dass alles, was mit Liebe geben und Liebe nehmen zu tun hat, durch die Lockdown-Politik verboten ist: Anfassen, Geselligkeit, Singen, Tanzen, Reisen; selbst Beten in der Kirchengemeinschaft ist verboten. Als Christ würde ich sagen, dass irgendwie der Teufel unter die Menschen gekommen ist, und ich hege die Hoffnung, die Kirche möge es merken und ihm die Maske herunterreißen, um unser aller Seelen zu retten. Und wie sind Sie geschäftlich betroffen? Was die wirtschaftliche Situation meiner Clubs angeht, so waren wir zu Beginn der Krise finanziell gut aufgestellt. Inzwischen sind unsere Rücklagen jedoch zusammengeschmolzen, sodass wir alle möglichen finanziellen Hilfeleistungen von Bund und Stadt beantragt haben und zum Teil bekommen. Einige Zahlungen stehen noch aus. Abgelehnt wurde bis dato noch kein Hilfegesuch. Eine Dauerlösung sind diese Hilfen ohnehin nicht. Unsere Situation ist wirtschaftlich auf jeden Fall angespannt, aber wir werden noch weiter durchhalten. Unter unseren Mitarbeitern macht sich allerdings Depression und Hoffnungslosigkeit breit. Es ist wirklich entsetzlich. Was mir Mut macht, sind die vielen Menschen um mich herum, die, wie ich, weiter für eine gerechte Welt kämpfen, in der Meinungsfreiheit herrscht und in der für eine Diffamierungskultur kein Platz ist. Was hat Sie bewogen, kritischen Sichtweisen auf das vorherrschende Corona-Narrativ ein Podium zu geben, sei es durch Aushänge oder durch Veranstaltungen in Ihren Räumlichkeiten? Ich bin der Gründer von Großer Freiheit 36, Docks und Traum GmbH Kiel. Ich bin geprägt durch die 68er-Bewegung, habe am Zaun von Brokdorf demonstriert, habe die parlamentarische Installation der grünen Bewegung aktiv begleitet, war im ersten Landesvorstand der Grünen Liste Schleswig-Holstein und habe den ersten Wahlkampf organisiert. Mit derselben Liebe und demselben Engagement habe ich meine drei Clubs aufgebaut und bin von ganzem Herzen Gastronom, Partymacher, Musik- und Kulturveranstalter – immer getragen von der Idee, Menschen zusammenzubringen und glückliche Momente zu zaubern. Ich bin allerdings inzwischen über 70 und habe durch eine schwere Krankheit meine Sprachfähigkeit weitgehend verloren. Ich hatte aber Zeit, im vergangenen Jahr so viel zu lesen, wie ich in meinem gesamten Studium nicht gelesen habe. So kam es, dass ich sehr viel zu sagen hatte, aber dies eben nicht mehr konnte – und deswegen kam mir die Idee mit der Wandzeitung. Entspricht dies auch der Haltung Ihrer Angestellten? Nein, ich habe meine Mitarbeiter nicht um Erlaubnis gefragt. Die Mannschaft in den Clubs ist so gespalten wie die Gesellschaft. Meine Mitarbeiter waren ja auch plötzlich schlecht zu erreichen und in Kurzarbeit… Ich habe allerdings mit den Geschäftsführern Einigkeit erzielt, dass es vertretbar ist, die Leuchtturm-Clubs als Medium für die Anregung der öffentlichen Diskussion zu benutzen. Ich wollte nicht sprachlos sein, wenn ich doch ganz klar sehe, dass unsere Demokratie in Gefahr ist. Alle Clubs mussten mehrere Wellen von Shitstorms über sich ergehen lassen, wodurch unglaubliche Belastungen entstanden sind für die Chefs der Clubs und für viele Mitarbeiter. Das bedauere ich zum Teil sehr. Aber unterm Strich haben die von mir ausgedachte Präsentation und Provokation dazu geführt, dass mir immer klarer wurde, dass wir uns in einer großen Krise der Demokratie befinden und dass wir sachlich und faktisch vorgetragene Kritik mehr brauchen denn je. Corona ist hierfür nur der Sichtbarmacher. Der Vorstand des Clubkombinats schreibt in einem Offenen Brief, dass „Pandemie-Leugner:innen, Verschwörungstheoretiker:innen, antisemitische, sowie rechtsnationale Strömungen miteinander verwoben“ seien und stellt Sie damit in eine bestimmte Ecke. Trifft Sie das? Ich bin entsetzt darüber, dass sich das Clubkombinat und andere dazu herablassen, mit reinen Diffamierungsbegriffen, die haltloser und abstruser nicht sein könnten, eine regelrechte Entrüstungsorgie in der Öffentlichkeit auszulösen. Wir haben mit unserer Wandzeitung einer anderen Meinung Gehör verschaffen wollen. Wir haben Aussagen von Wissenschaftlern und alternativen Medien präsentiert. Alles in sachlicher und faktischer Form. Ich bin Corona- und Maßnahmen-Skeptiker – und zwar deswegen, weil ich die Materie tief durchdrungen und mir die Faktenlage genauestens angeschaut habe. Es lohnt auch, sich noch mal zu vergegenwärtigen, was die verwendeten diffamierenden Begriffe an Bedeutungen in sich tragen, um zu realisieren, wie deplatziert sie sind. „Corona-Leugner“ und „Pandemie-Leugner“ sind allein schon deshalb untragbar, weil mit ihnen der Begriff „Holocaust-Leugner“ mitschwingt. Zudem suggerieren sie, dass es auf der einen Seite eine absolute Wahrheit gibt und auf der anderen Seite diejenigen, die, weil sie offenkundig „ein fettes Brett“ vor dem Kopf haben, diese unumstößliche Wahrheit partout nicht akzeptieren wollen und damit „leugnen“. Doch dieser Blick auf die Dinge könnte unwissenschaftlicher nicht sein; absolute Wahrheiten werden nur in Religionen behauptet, seriöse Wissenschaft genau wie seriöser Journalismus hingegen können nur ein „offenes Feld“ sein, in dem ein ständiges Ringen um die Fakten stattfindet und in dem folglich natürlich auch niemand etwas „leugnen“ kann; dies muss freilich auch für das Thema Corona gelten! „Verschwörungstheoretiker“ ist ein reiner Kampfbegriff, mit dem lediglich eine Herabsetzung des Kritikers erreicht werden soll, nicht aber ein sachlicher Diskurs. Die CIA hat diesen Begriff Ende der 1960er Jahre salonfähig gemacht mit dem Ziel, politisch unliebsame Gegner mundtot zu machen. Ich rede im Übrigen auch keiner „Verschwörung“ das Wort. Nicht von ungefähr berichtete sogar die F.A.Z., dass nach Einschätzung des Bundesverfassungsschutzes Rechtsextreme keinen prägenden Einfluss auf die erste Demonstration gegen die Lockdown-Politik in Berlin gehabt hätten. Ich selbst kann das nur bestätigen, war ich doch persönlich bei den Protesten anwesend. Tatsächlich bestand die große Menge aus Bürgern aller Altersgruppen, die eindeutig demokratisch, ja geradezu liebevoll auftraten. Und wie ungerechtfertigt es ist, diejenigen, die die Lockdown-Politik kritisieren, in die rechte Ecke zu rücken, zeigt auch das Beispiel der Holocaust-Überlebenden Vera Sharav, Gründerin und Präsidentin der „Alliance for Human Research Protection“, die in dem, was die Politik in Sachen Corona umsetzt, ein „riesiges Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ sieht. Nun überschlagen sich seit einem Jahr nicht nur Freiheitsbeschränkungen im Namen des „Infektionsschutzes“, auch die sogenannte Cancel Culture hat sich zuletzt erheblich verschärft. Der angekündigte Veranstalterboykott gegen die Große Freiheit 36 und das Docks – mit potenziell erheblichen wirtschaftlichen Folgen – gehört dazu. Im Gegensatz zu vielen von der Cancel Culture Betroffenen gehen Sie aber nicht in Sack und Asche und haben sich nicht ängstlich entschuldigt oder distanziert, sondern sprechen sich in einer Erklärung für Meinungsvielfalt aus. Was erhoffen Sie sich? Zunächst kommt mir die Drohung der Konzertagenturen fast wie ein schlechter Witz vor. Denn in einer Zeit, in der es den Anschein hat, dass wir noch mindestens bis Jahresende keine Konzerte werden veranstalten können, geht diese Drohung doch ins Leere. Im Übrigen wäre Solidarität angesagt in der Branche und nicht hektisches aufeinander Eindreschen! Ich setze darauf, dass auch die Konzertveranstalter im Laufe des Jahres begreifen, dass sie lieber in eine sachliche Diskussion einsteigen sollten, als uns vorschnell und ausschließlich mit Empörung zu verdammen. Was den Diskurs über die Corona-Politik angeht, so geht es ja am Ende nur um Fakten – und genau die sind nach meinen intensiven Recherchen auf der Seite der Kritiker der Lockdown-Politik. Wer dies anders sieht, soll nichts anderes tun – das kann nicht oft genug betont werden –, als in den direkten und sachlichen Diskurs einzusteigen. Wir haben das Clubkombinat, FKP Scorpio und den Hamburger Kultursenator auch noch mal direkt kontaktiert und ihnen einen persönlichen und rein sachlichen Dialog vorgeschlagen. Im Übrigen habe ich, als ich 1985 die Große Freiheit 36 eröffnet habe, keine Konzertagenturen gebraucht. Wir hatten einen Booker und der hat Auserlesenes aus Musik und Kultur auf unsere Bühne geholt. Nicht nur unsere Musikgruppen, sondern auch unsere Partys der vergangenen Jahre sind zum Teil legendär. Diese Kreativität und Energie wird sich auch dann, wenn wir wieder dürfen, entfalten. Die Clubs werden nicht untergehen. Im Porträt der Großen Freiheit 36 auf der Website des Clubkombinats heißt es: „Club in einem Satz: Freiheit für alle!“ Was müssen wir jetzt tun, um diese zu erreichen, beim Feiern und überhaupt in unserer Gesellschaft? Ich bin überzeugt, dass viele Menschen, wenn wir die aktuelle gesellschaftliche Spaltung überwinden wollen, wieder werden lernen müssen, anstatt mit Diffamierungsbegriffen Diskussionen abzuwürgen, sich Zeit zu nehmen und sich umfassender zu informieren. Ansonsten ist unsere Demokratie wirklich in Gefahr. Wie sagte doch Jürgen Windeler, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), in der Zeit: „Nicht jede Frage und jeder Zweifel sind Verharmlosung oder Verschwörungswahn. Dieses ‚Verharmlosen‘-Etikett erlaubt es jedem, das Zuhören einzustellen. Dabei würde sich die Auseinandersetzung mit den Argumenten [der Kritiker der Corona-Politik] lohnen.“ Und im Freitag, einer anderen Wochenzeitung, hieß es kürzlich: „Die Diskussionen in dieser Pandemie sind vergiftet. Tauschen wir uns endlich ruhig und angstfrei aus.“ Das Interview führte Christoph Lövenich. Dieser Beitrag erschien zuerst bei Novo-Argumente.
Christoph Lövenich
Der Kulturgastronom Karl-Hermann Günther ist wegen seiner Proteste gegen die Corona-Politik in Ungnade gefallen, Konzertagenturen wollen ihn boykottieren. Als Protest-geschulter Alt-68er wundert er sich, wie schnell er plötzlich zum Corona-Leugner abgestempelt wird. Interview mit einem, der auszog, das Ding mit der Demokratie wörtlich zu nehmen.
article
15.04.2021 06:05
https://www.achgut.com/artikel/corona_protest_im_club_der_toten_lichter/P56#comment_entries
Eine merkwürdige Allianz: Die Feinde Europas
Von Bassam Tibi. Diesen Artikel schreibe ich als ehemaliger Linker der 68er-Zeit und als heutiger liberaler muslimischer Migrant aus Damaskus, der ein Wahleuropäer geworden ist. Ich vertrete in diesem Artikel zwei Ansichten, die ich zur Debatte stelle: 1. Europa ist eine Zivilisation und es hat eine empirisch feststellbare werte­bezogene zivilisatorische Identität. 2. Die Hauptfeinde dieser Identität kommen heute sowohl von links als auch von rechts. Es sind die kulturrelativistischen und nihilistischen Linksgrünen und die Diaspora-Islamisten, die zwar Zuflucht in Europa suchen und finden, zugleich aber den Kontinent islamisieren wollen. Die Linken sind Kulturnihilisten und ihre unausgesprochenen Verbündeten, die Islamisten, sind religiöse Absolutisten. Wie passt dies zusammen? Das Programm der Euroculture Studies der Universität Göttingen hat die Studie «Europe – Space for Transcultural Existence» veröffentlicht. In dieser Studie diskutiere ich den Anspruch, Brücken zwischen den Zivilisationen zu bauen, aber ohne Selbstaufgabe. Der Hintergrund ist der zunehmende Anteil von Migranten aus Afrika, Asien und dem Nahen Osten an der Gesamtbevölkerung Europas. Es wird zwar nicht gerne gehört und gilt als politisch nicht korrekt, und doch ist es wahr, dass die Neuankömmlinge eher Ansprüche stellen und weniger geneigt sind, wertemässig Europäer zu werden; sie verstärken eher den Trend, die europäische Identität infrage zu stellen. Unter der Maske beziehungsweise dem Vorwand, eine humanitäre Politik gegenüber den Flüchtlingen zu betreiben, unterstützen die Linksgrünen diesen Trend. Als ein Mensch nichteuropäischer Herkunft sehe ich europäische Identität deshalb positiv, weil sie einen inklusiven Rahmen bietet, der eine Verbindung zwischen den ethnischen Einheimischen und den Neuankömmlingen in einer Wertegemeinschaft ermöglicht. Ich nenne diesen Rahmen Europäische Leitkultur; eine Option, die nicht nur Islamisten, sondern auch Linksgrüne vehement ablehnen. Die kritische Situation einer infrage gestellten Idee von Europa möchte ich am Beispiel der 44. Römerberggespräche in Frankfurt am Main veranschaulichen, wo im Dezember 2016 ein Frank­furter Professor die Leitkulturidee als "Hirngespinst" verunglimpft hatte. Das ist deshalb bösartig, weil zum Bestand der europäischen Identität eine kultur­übergreifende Leitkultur gehört, auf der säkulare Demokratie, Laizität und Citoyenneté als wesentliche Säulen des Gemeinwesens ruhen. Wenn man diese Idee von Europa abweist, bleibt nichts übrig. So sind beispielsweise die Grundrechte in Europa individuell und nicht solche der Kollektive. Die Linksgrünen missbrauchen die Flüchtlinge als Minderheiten, um mit ihnen Politik als Ersatzproletariat zu machen. Der linksgrüne Anschlag auf die europäische Identität kann nur angemessen in einem grösseren Rahmen verstanden werden, um zu zeigen, warum die Idee von Europa heute angefochten wird. Aber weshalb feinden die Linksgrünen die europäische Identität so verbittert an? Ich sehe den Hauptgrund darin, dass die Linksgrünen die europäische Zivilisation mit dem Kapitalismus gleichsetzen, woraus folgt, dass ein Antikapitalismus unbedingt antieuropäisch sein muss. Was ist eine Zivilisation? Es gehört zum Abc der Geschichtswissenschaften, dass sich verwandte Kulturen zu einer Zivilisation gruppieren. Es gibt zwei prominente Beispiele hierfür: Europa und den Islam. Zahlreiche europäische Lokalkulturen gruppieren sich zu einer europäischen Zivilisation, wie gleichzeitig Tausende von islamischen Kulturen eine islamische Zivilisation bilden. Überregionale Zivilisationen beruhen auf einer Identität, deren Substanz eine geteilte Werteorientierung ist. Der islamische Philosoph Ibn Khaldun nannte dies Assabiyya (Esprit de Corps). Wenn die Assabiyya eine zivilisatorische Schwäche zeigt, dann ist die Zivilisation selbst schwach. Wie steht es um Europa? Europa als Zivilisation weist zwei grosse jahrhundertelange Epochen in seiner Geschichte auf. Die erste begann mit der Gründung Europas als christliches Abendland unter Karl dem Gros­sen und dauerte bis zur Renaissance an. Die zweite ist die Renaissance mit der Entdeckung des Humanismus der Antike, in der christliche Werte durch säkulare ersetzt werden. In diesem zweiten Abschnitt entwickelte sich also das christliche Abendland zum säkularen Westen. Das christliche Europa trägt die Last der Kreuzzüge und die säkulare europäische Zivilisation ist durch den Kolonialismus belastet. Aber haben die Muslime nicht auch Ähnliches getan? War der islamische Jihad nicht der Vorgänger der Kreuzzüge? Und haben die Muslime nicht auch die Welt erobert und kolonisiert? Die Linksgrünen sind auf einem Auge blind; sie sehen nur die Lasten der eigenen Zivilisation. Die heutige linksgrüne Ablehnung Europas ist nicht neu; die Abweisung der westlichen Zivilisation als ein Herrschaftszentrum mit all den Übeln von Kolonialismus und Faschismus reicht weit zurück. Als ein alter Linker weiss ich, dass die Linken der 1960er-Jahre anders waren. Max Horkheimer hat uns trotz aller Übel, die von Europa ausgingen, klar die positiven Seiten der europäisch-westlichen Werte aufgezeigt, die universell galten und von den alten Linken vertreten wurden, zu denen auch ich gehörte. Heutige Linksgrüne sind hingegen auch wertemässig antieuropäisch und antiwestlich eingestellt. Der belgische Historiker David Engels veröffentlichte im November einen Essay im Magazin Cicero, er hiess: «Der letzte Ritt. Das Ende des Westens, wie wir ihn kannten». Darin beschreibt Engels einen gefährlichen Wandel in Europa: An die Stelle «positiver Identität» sei «offene Selbstzerstörung» getreten, die den Westen von innen aushöhlen würden. Engels beklagt den Werteverlust in Europa, der zu «Orientierungslosigkeit, Defätismus und sogar offenem Selbsthass» führe. Der belgische Historiker macht folgende richtige Beobachtung: "Der Westen hat den Glauben an sich und seine Zukunft verloren." Und weiter: "Dem Westen ist die Affirmation der eigenen Identität […] fast vollständig abhan­dengekommen." Westliche Werte werden synonym mit weisser Hautfarbe gleichgesetzt, sodass deren Verteidigung als "Rassismus" gilt. Engels zeigt schliesslich, wie unter den Bedingungen islamischer Zuwanderung "unversöhnliche Parallelgesellschaften" entstehen. Für die Linken ist dies ein Segen des Multikulturalismus. David Engels aber schreibt: "Multikulturalismus ist die missverstandene orientalische Gesellschaftsform." Für die Linksgrünen ist das einzig Positive an Europa die Brüsseler Demokratie der Europäischen Union. Wer gegen diese Bürokratie eintritt, wird vom linksgrünen Narrativ als antieuropäisch und populistisch an den Pranger gestellt. Nach dem linksgrünen Narrativ ist der Kampf gegen Rassismus ein Kampf gegen europäische Identität. Der Herausgeber der Zeit, Giovanni di Lorenzo, hatte voriges Jahr einen Artikel veröffentlicht, worin er zeigt, wie sehr das linksgrüne Narrativ die öffentliche Meinung in Europa bestimmt, ja dominiert. Wer nicht mitmacht, wird in die rechtspopulistische Schmuddelecke gestellt. Als muslimischer Migrant fällt es mir schwer, diesen europäischen Selbsthass nachzuvollziehen. Um dies zu verstehen, erlaube ich mir, einen persönlich gefärbten Rückblick zu bieten. Ich kam im Jahr 1962 als konservativ sozialisierter Muslim aus Damaskus nach Frankfurt und geriet schnell unter den Einfluss der Frankfurter Schule und der linken Studentenbewegung. Damals war die Linke wertemässig europäisch eingestellt. Ich erinnere mich noch genau daran, wie wir mit europäischem Geist Marx, Hegel und Kant lasen und den autoritären Lenin sowie sein Denken als asiatische Despotie ablehnten. Für die meisten Linken meiner Generation war Kants Idee des vernunftbegabten Individuums ein Leitbild. In diesem Geist forderte uns Horkheimer damals auf, die westlich-europäische freie Welt als "Insel der Freiheit in einem Ozean der Gewaltherrschaft" zu verteidigen, und zwar nicht nur gegen den Faschismus Hitler’scher Prägung, sondern auch gegen den linken Totalitarismus Stalin’scher und Lenin’scher Provenienz. Hierzu sind die heutigen Linken nicht mehr bereit, sie tun genau das Gegenteil. Ich bin dem Vermächtnis Max Horkheimers treu geblieben. Zu den Feinden Europas, Faschismus und linker Totalitarismus, die Horkheimer nannte, kommt heute aber noch ein dritter Feind hinzu: der Islamismus. Wer, wie ich, aber vor dem totalitären Islamismus warnt, wird von Linksgrünen mit den Vorwürfen «Rassismus» und «Islamophobie» eingedeckt. Die vorangegangenen Ausführungen bilden die Basis für die Feststellung, dass die Linksgrünen heute einen Anschlag auf die zivilisatorische Identität Europas verüben; sie zerlegen Europa durch einen kulturrelativistischen Nihilismus, der alle Grundlagen der europäischen Identität bestreitet. Im Folgenden will ich fünf zentrale Themen, die das Fortbestehen der europäischen Identität betreffen, anführen, die die Linksgrünen bei ihrem Anschlag im Visier haben. Erstens, Migration und Flüchtlinge als Minderheiten: Die beste Vorstellung des philosophischen Diskurses der europäischen Moderne findet man bei Jürgen Habermas, in seinem Buch "Der philosophische Diskurs der Moderne". Darin wird die individuelle Bestimmung des Menschen als zentrale Leistung Europas dargelegt. Diese Vorstellung gibt es im Islam nicht. Im Islam ist der Mensch ein Bestandteil des Umma-Kollektivs, das heisst der Weltgemeinde des Islam. Die Linksgrünen arbeiten mit Islamisten zusammen in einem Kampf, bei dem die Minderheiten Anerkennung als solche, also nicht als Individuum anstreben. Dies geschieht gegen die Bestimmung des Menschen als ein Individuum. Bei der Anfeindung der europäischen Identität verschwindet der Unterschied zwischen den europäischen Linken und den orientalischen Islamisten. Zweitens, Denkfreiheit ohne innere Zensurinstanz: Die Linken erzwingen durch ihre mediale Herrschaft eine Zensur der Political Correctness, die die «unbequemen Gedanken» (Adorno) aus dem öffentlichen Leben verbannt; sie werden durch eine Tyrannei des vorherrschenden Narrativs verboten. Damit verstossen Linksgrüne gegen alle Tugenden und Regeln der Demokratie, so wie sie John Stuart Mill in seiner Bibel der Demokratie, «On liberty», formuliert hat. Drittens, Laizität in einer säkularen Zivilgesellschaft: Dies ist eine der grössten Leistungen Europas. Die Französische Revolution hat aus dieser Idee eine gesellschaftliche Realität gemacht, gegen die die Linksgrünen im unausgesprochenen Bündnis mit dem Islamismus und im Namen der Religionsfreiheit eintreten. Unter dem Mantel der Religionsfreiheit für den Islam verschwindet die europäische Leistung, die Max Weber «Entzauberung der Welt» nannte. Viertens: Abschaffung der Objektivität durch die linke Ideologie des Kulturrelativismus und Postmodernismus: Es gibt keine Fakten mehr, sondern nur Postfaktisches, also der ideologische Schwachsinn der Linksgrünen. Und schliesslich, fünftens, verstricken sich die Linksgrünen, die einen Relativismus ideologisch vertreten, in einen Widerspruch, wenn sie den religiösen Absolutismus der muslimischen Migranten befürworten. Faktisch entsteht in der öffentlichen Sphäre parallel ein linksgrüner Absolutismus, der jeden genuinen Pluralismus vernichtet. Der Pluralismus der "open society" (Karl Popper) ist das Herz der europäischen Identität. Kann Europa die linksgrüne Selbstverleugnung als herrschendes Narrativ überleben? Ich habe keine Antwort auf diese Frage, aber die Hoffnung, dass ich die Islamisierung Europas nicht mehr erlebe. Bassam Tibi, 72, ist emeritierter Professor für Internationale Beziehungen. Er ist Autor des Buches "Europa ohne Identität? Europäisierung oder Islamisierung", das 2016 im ibidem-Verlag erschienen ist.
Bassam Tibi
Von Bassam Tibi. Europa hat eine empirisch feststellbare werte­bezogene zivilisatorische Identität. Die Hauptfeinde dieser Identität kommen sowohl von links als auch von rechts. Es sind die kulturrelativistischen und nihilistischen Linksgrünen und die Diaspora-Islamisten, die zwar Zuflucht in Europa suchen, zugleich aber den Kontinent islamisieren wollen. Wie passt dies zusammen?
article
23.02.2017 06:23
https://www.achgut.com//artikel/paarlauf_von_links_und_rechts_die_feinde_europas#leserpost_start
Einsicht und Konsequenz
Wir Deutsche halten es für ein Naturgesetz, dass man aus gewonnener Einsicht, unbedingt auch die naheliegende, logische Konsequenz ziehen müsse. Deshalb haben wir in unserer Geschichte auch schon mehrfach aus falschen Einsichten konsequent verheerend falsche Schlüsse gezogen und führen in harmloseren Fällen das völlig sinnlose Dosenpfand ein oder versuchen unsere Volkswirtschaft ruinös für einen Klimawandel herunterzudimmen, den wir noch längst nicht verstanden haben. Andere Europäer sehen das viel entspannter. Schließlich kann man auch mit einem eiernden Fahrrad losfahren, wenn man keine Lust zum Reparieren hat. http://ralfschuler.wordpress.com/2012/05/23/einsicht-und-konsequenz/
Ralf Schuler
article
25.05.2012 07:42
https://www.achgut.com//artikel/einsicht_und_konsequenz#section_leserpost
Antisemitismus-Beauftragte am laufenden Band
Nicht nur der Antisemitismus hat derzeit in Deutschand Konjunktur, der Anti-Anti-Semitismus auch. Was im Prinzip nicht schecht ist, vor allem, wenn sich Deutsche ohne jüdischen Herkunftshintergrund des Themas annehmen. Allerdings, wie alles, was in Deutschland verwaltet wird, hat auch der AAS seine komischen Seiten. Im Bund gibt es schon seit über einem Jahr einen Antisemitismusbeauftragten, er ist vor kurzem unter friendly fire geraten, als er Juden den Rat gab, in gewissen Vierteln auf das Tragen einer Kippa zu verzichten.  Daneben und darüber hinaus hat Berlin drei AAS-Beauftragte, einen für das Land, eine bei der Generalstaatsanwaltschaft und einen bei der Jüdischen Gemeinde. Bald könnte auch jeder der 12 Stadtbezirke einen eigenen AAS-Beauftragaten haben, denn der Antisemitismus in Charlottenburg-Wilmersdorf muss ganz anders angegangen werden als der in Treptow-Köpenick. Jeder Bezirk hat auch einen eigenen "Europa"-Beaufragten, die sich zu einer „Landesarbeitsgemeinschaft der EU-Beauftragten der Berliner Bezirke" zusammengeschlossen haben. Wenn das mal kein Vorbild ist! Jetzt ziehen die Länder nach. Bayern hat einen AAS-Beauftragten, ebenso Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Wobei die letzte Personalie ein wenig aus dem Rahmen fällt, nicht nur weil BLS von München aus die Zustände in NRW im Auge behalten soll, sondern weil die ehemalige Justizministerin  ein ganz anderes Amt angestrebt hat, das mit viel mehr Glamour verbunden ist. Nun ja, lieber ein Huhn im Kochtopf als einen Flamingo im Teich. Hinzu kommen private Initiativen, die es gut meinen und sich viel Mühe geben, wie z.B. „eine Gruppe" unter dem Dach der ZEIT-Stftung "mit interreligiöser und transkultureller Kompetenz und langjähriger Erfahrung im Erkennen, Erforschen und Bekämpfen von Antisemitismus". Wer solche Sätze schreibt, der ist nicht nur omnipotent, der wird auch mit dem Antisemitismus im Handumdrehen fertig wie Vitali Klitschko mit Odlanier Solis. Diese Gruppe von Pädagoginnen und Pädagogen, Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, Multiplikatoren, Psychologinnen und Psychologen, zivilgesellschaftichen Akteuren u.a. Fachkräften will uns allen helfen, „Antisemitismus im Alltag" zu erkennen.  Und solange es für Antisemitismus keinen verlässlichen Urintest gibt, möchte ich eine Definition vorschlagen, die sich bewährt hat. Ein Antisemit ist einer, der die Juden noch weniger leiden kann, als es an sich natürlich ist. Ohne jede interreligiöse und transkulturelle Kompetenz.
Henryk M. Broder
Nicht nur der Antisemitismus hat derzeit in Deutschand Konjunktur, der Anti-Anti-Semitismus auch. Allein Berlin hat drei Antisemitismus-Beauftragte, in mindestens fünf weiteren Bundesländern amtiert einer. Weitere Ernennungen stehen bevor. So wird der Antisemitismus-Beauftragte zu einer echten Alternative für den Eventmanager.
article
13.06.2019 06:00
https://www.achgut.com//artikel/antisemitismusbeauftragte_am_laufenden_band
Alle Wege führen in die Anstalt
Der Dreh- und Angelpunkt zur Veränderung in Deutschland ist die mediale Wirklichkeit. Und hier besonders das öffentlich-rechtliche Medienimperium. Es soll gar nicht so selten sein, dass infolge einer Fehldiagnose mal ein Patient an einer Krankheit behandelt wird, die er nicht hat. Für den Patienten ist das – je nach Schwere der wirklichen Erkrankung und je nach Nebenwirkung der Therapie – gefährlich, vielleicht tödlich. Aber darum soll es hier nicht gehen. Es geht um den Arzt. Zunächst glaubt er an seine Diagnose. Da aber die Medikamente nicht anschlagen, erhöht er die Dosis, wechselt die Wirkstoffe. Ohne Erfolg. Erkennt er schließlich, dass er mit seiner Diagnose falsch gelegen hat und nimmt er seinen hippokratischen Eid ernst, dann wird er dem Patienten seinen Fehler mitteilen, die Folgen für seinen Ruf als Arzt auf sich nehmen, den angerichteten Schaden, soweit möglich, begrenzen und für irreparable Folgen geradestehen. Nun aber ist der Arzt vielleicht doch auch ein Mensch mit Schwächen und Fehlern. Er fürchtet um seinen Ruf, vielleicht sogar um seine Approbation. Und da der Patient, der kein Mediziner ist, keinerlei Verdacht schöpft und sich vertrauensvoll und voll Respekt vor dem weißen Kittel des Arztes klaglos in sein Befinden fügt, trägt der Arzt immer neue wirkungslose Salben auf, wohl wissend, dass der Patient keinen Fußpilz, sondern einen bösartigen Hautkrebs hat, und hofft insgeheim auf dessen baldiges Ableben. Ich will die deutsche Politik nicht pauschal mit einem solchen verantwortungslosen Arzt vergleichen. Dennoch nehme ich weder meiner Partei noch den anderen regierungstragenden Parteien der letzten 25 Jahre ab, dass sie bis heute nicht das Fehlerhafte in wesentlichen Teilen ihrer politischen Diagnosen dieses letzten Vierteljahrhunderts entdeckt hätten. Womit keinesfalls gesagt werden soll, dass ihre Entscheidungen überall und in jeder politischen Disziplin Fehlentscheidungen waren. Die Arbeitsmarktreform von Gerhard Schröder war vernünftig, zukunftsweisend und zur wirtschaftlichen Stabilisierung unausweichlich. Seine Weigerung, am Irakkrieg teilzunehmen, war auch richtig. Die Fehlleistungen der letzten 25 Jahre füllen aber mittlerweile schon halbe Bibliotheken, die Autoren heißen (unter vielen anderen!) Hans-Werner Sinn, Fritz Vahrenholt, Frank Hennig, Bernd Raffelhüschen, Josef Kraus, Klaus-Peter Willsch, Thilo Sarrazin, Thomas Mayer, Horst-Joachim Lüdecke, Gunter Frank, Axelle Kabou, Volker Seitz –  alles Autoren und eine Autorin, die sich zwar gegenseitig gewiss nicht alle mögen und sich verbitten könnten, in einem Atemzug miteinander genannt zu werden, deren Beiträge ich aber in ihren jeweiligen Fachgebieten für signifikant und relevant halte und von denen ich sicher bin, dass ihre Arbeiten die korrumpierte Panegyrik der medial hoffähigen Sachbuchliteratur überdauern werden und auch noch in fünfzig Jahren als die Standardliteratur zur politischen Analyse des ersten Viertels nach der Jahrtausendwende in Deutschland herangezogen werden. Nicht zu vergessen übrigens Boris Reitschusters Arbeiten zu Russland und die FAZ-Autoren Reinhard Bingener und Markus Wehner, die die an Hochverrat grenzende Anbiederung, die Raffgier und – meines Erachtens – Korruption im großen Stil maßgeblicher SPD-Kreise in der Beziehung zu dem Massenmörder Putin offenlegen. Da das also alles schon in weit besserer Qualität schriftlich niedergelegt ist, als ich es könnte und einige Autoren schon angesichts der angerichteten Dilemmata in Sarkasmus, Satire und den bitteren Humor geflüchtet sind (Henryk M. Broder, Dirk Maxeiner), muss ich nicht – wie eine gesprungene Schallplatte – zum zehnten oder tausendsten Male ausführlich begründen, warum die eklatanten Fehlleistungen der deutschen Politik eben eklatante Fehlleistungen sind. Es genügt, einige aufzuzählen: Eine Energiepolitik, die dabei ist, unserer Industrie das Rückgrat zu brechen und unsere Umwelt bedroht. Eine Geldpolitik der EZB, die die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Südländer zementiert und die Spareinlagen der Nordländer wegfrisst. Eine Europapolitik, die in wichtigen Fragen (gemeinsame Außenpolitik, Asyl, Zuwanderung) versagt, sich ersatzweise auf Nebenkriegsschauplätzen (Datenschutzgrundverordnung) festbeißt, Europa durch Bevormundung spaltet und dezimiert (Brexit) und die Attraktivität des Europäischen Projekts beschädigt. Eine Entwicklungspolitik, die extrem teuer ist, nirgends durchschlagende Erfolge zeitigt, zu einer Spielwiese für Aussteiger wurde und deren Aufwendungen in den Zielländern als „stupid german money“ verspottet werden. Eine Verteidigungspolitik, die mutwillig die Bundeswehr zerstörte und ihrer Reserve beraubte. Eine Forschungspolitik, die ideologisch fixiert ihre Technologieoffenheit aufgab. Eine Schulpolitik, die die Qualität des Abiturs verwässerte und darauf hinwirkt, künftiges akademisches Prekariat heranzuziehen, damit den Facharbeiterpool austrocknet und die Lehrer in die Flucht jagt und die Dysfunktionalität der gesamten Gesellschaft vorprogrammiert. Eine Hochschulpolitik, die die Universitäten zu Wachtürmen eines linken McCarthyismus degeneriert, in denen Wissen und Leistung zweitrangig werden. Eine Zuwanderungspolitik, die durch die faktische Gleichsetzung von Asyl und Zuwanderung die öffentliche Akzeptanz sowohl von Asyl wie von Zuwanderung untergräbt. Eine Gesundheitspolitik, die durch Übergriffigkeit, Hysterie, Unterdrückung von Fakten (Intensivbettenunterauslastung, Impfschäden) und der wissenschaftlichen Debatte einen irreparablen Ansehensverlust in der Coronakrise erlitt. Eine Sozialpolitik, die seit Jahrzehnten in ursprünglich als selbsttragend konzipierten Systemen (Rente, Krankenkassen) die Defizite durch immer steigende Steuerzuschüsse verschleiert und sich der demographischen Wahrheit verweigert. Eine Innenpolitik, die hilflos das Umsichgreifen rechtsfreier Räume in den Großstädten durch die Flucht der Polizei aus den Kriminalitätsbrennpunkten geschehen lässt, großen Eifer bei Geschwindigkeitskontrollen zeigt (bei tatenlosem Herumstehen der Polizei bei systematischer und vorsätzlicher Verkehrsgefährdung durch Autokorsos bei türkischen Hochzeiten), die das immer unverfrorenere Sichaufschwingen des Verfassungsschutzes duldet zu einer Art richterlicher Instanz, zu einer Knute, die über der freien Meinungsäußerung schwebt, mit einer angemaßten Definitionsmacht, als stünde sie über der Verfassung und hätte Urteile auszusprechen über Sein und Nichtsein wie einst die Stasi und ungestraft rechtssystematisch komplett widersinnige Begriffe wie „Delegitimierung der verfassungsmäßigen Ordnung“ zu Verfolgungszwecken etabliert, die Denunziationsportale einrichtet bei gleichzeitiger Unfähigkeit zur Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. Eine Justiz, die mit zweierlei Maß misst: Einerseits free Lina in Dresden für erwiesene Verstrickung in widerlichste Gewalttaten, andererseits Fußfesseln und sofortige Inhaftierung eines Arztes, der seinen hippokratischen Eid ernster genommen hat als ein Bundesgesetz und damit vielleicht Leben gerettet hat. Einerseits: Tatenlose Staatsanwaltschaft nach Aufdeckung (durch Apollo-News) der Planung von Straftaten durch sogenannte Klimaaktivisten. Andererseits eine martialische Staatsaktion mit mehreren tausend Polizisten gegen einen verwirrten alten Mann, der angeblich mit ein paar Gleichgesinnten und Prepperware den Umsturz der Republik geplant haben soll.  Dies alles geht einher mit einem Klima in der Gesellschaft, das diese Dinge bewusst ignoriert und die Debatte darüber unterbindet, ein Klima der Einschüchterung, ein Klima der Feindseligkeit gegenüber dem eigenen Nachwuchs (Initiative „Kinderfrei“ einer Frau Brunschweiger, Sterilisierungen auf eigenen Wunsch von jungen Frauen aus der Klimaszene), gegenüber dem herkömmlichen Familienmodell, gegenüber Heterosexualität im Allgemeinen (Schimpfwort: „cis-Menschen“). Offener Rassismus gegen Weiße (die „Weißbrot“-Hetze des staatlich geförderten Aktivisten Steier). Ein Klima der Dekonstruktion elementarster Gegebenheiten bis hin zu biologischen Grundsachverhalten. Randthemen wie die zweifellos ernst zu nehmenden aber nur sehr wenige Menschen betreffenden Probleme von sexuellen Minderheiten werden dabei zu endlosen politischen Debatten aufgeblasen und avancieren zu Hauptthemen, und Hauptthemen wie die katastrophale demografische Situation und die schon erwähnte, aus schlichtem Fachkräftemangel zu erwartende, schleichend um sich greifende Dysfunktionalität nach und nach aller wirtschaftlichen und sozialen Prozesse sowie all die oben genannten Missstände infolge langanhaltender permanenter und sich noch heute fortsetzender politischer Fehlleistungen degenerieren zu Randthemen. Das ist alles natürlich nicht neu. Der Evangelist Matthäus, der vor fast 2.000 Jahren (ungefähr im Jahre 80) schrieb, lässt Jesus in dessen Predigt gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer (Matth. 23,24) sagen: „Ihr blinden Führer, die ihr Mücken aussiebt, aber Kamele verschluckt!“ Auch damals also wurden schon kleine Risiken (Mücken) zu gewaltiger Größe aufgeblasen und große Risiken (Kamele) ignoriert. Ein völlig deformiertes Risikobewusstsein prägt die Politik also schon seit frühester Zeit. Es ist somit kein Wunder, dass es auch das politische Bewusstsein von heute – und wohl nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland – prägt. Zuerst wurde ich darauf aufmerksam im Jahr 1987. Wir hatten Besuch aus dem Westen, ein junges Ehepaar, ungefähr so alt wie wir. Nach einem langen Gespräch über die DDR, in dem ich immer ein Unbehagen unserer Gäste spürte, als verdächtigte man mich, ich wolle die DDR schlechter reden, als sie ist, fragte ich, was denn jetzt in der Bundesrepublik das Thema sei, das die beiden am meisten bewegt. Und ich traute meinen Ohren nicht: Es sei die bevorstehende Volkszählung! Eine absolute Ungeheuerlichkeit sei das! Aber wirklich! Hitler habe auf solch einem Weg die Wohnungen der Juden ausfindig gemacht, und nun finge die Bonner Republik auch so an! Man müsse alle Kräfte mobilisieren, um das zu verhindern. Meine Antwort – das sei doch normal, dass der Staat ein paar grundlegende statistische Informationen benötige, um öffentliche Leistungen korrekt planen zu können, und sowas gäbe es doch bei uns auch und kein Mensch rege sich darüber auf – wurde empört zurückgewiesen, und hätte ich nicht sofort begütigend eingelenkt und meine Einwände relativiert – die harmonische Stimmung wäre dahin gewesen. Als wir zu Bett gingen, fragte ich meine Frau, was sie von den beiden hielte. Wir hatten sie ja eben erst kennengelernt. Sie seien, so meine Frau, ganz ok. Aber nach einer Weile fügte sie hinzu: Aber, wenn Du mir’s nicht übelnimmst: Eine klitzekleine Unwucht haben sie. Ich darauf: Die haben wir alle. Sie: Aber anders. Ich hatte schon während der gesamten achtziger Jahre immer mehr Äußerungen aus dem Westen über die deutsche Frage als Schläge in die Magengrube empfunden. Tonangebende Kreise taten alles, um jeden Gedanken an eine mögliche Wiedervereinigung zu ersticken. Ich merkte es am Umgang mit Reiner Kunze, den ich über alle Maßen verehrte, und der plötzlich aus dem West-Schriftstellerverband austrat. Die Art, auf die alle kritischen Stimmen über die DDR im Fernsehen und im Deutschlandfunk, den ich täglich hörte, marginalisiert und in die hintersten Sendeecken verbannt wurden, widerte mich an. Es hatte sich ein Ton der Anbiederung an die SED eingebürgert, der mir klar machte: Diese Leute im Westen sind nicht auf meiner Seite. Einen jungen Mann aus Westberlin, der die Politik von Wandel durch Annäherung über den grünen Klee lobte, fragte ich, welches Ziel diese Politik seiner Meinung nach verfolgte. Er: Na, mehr Freiheiten. Dass man bei Euch die politischen Gefangenen freilässt, niemanden mehr benachteiligt, der in die Kirche geht und dass das Reisen leichter wird. Und dass es besseres Zeug zu kaufen gibt bei Euch. Ich: Du meinst: Offene Grenzen? Er: Zum Beispiel. Ich: Und du weißt, dass dann in einer Woche die Hälfte der Leute weg ist? Er: Glaub ich nicht. Ich: Und wie ist das mit Parteien, freien Wahlen und so? Ist das auch das Ziel von Wandel durch Annäherung? Er: Das gibt es nie und nimmer. Ich: Also Wandel durch Annäherung heißt für uns, dass alles ein bisschen erträglicher wird, aber im Großen und Ganzen alles bleibt, wie es ist, Stasi, SED, keine Wahlen, arbeiten für Geld, für das es nichts gibt. Wir sollen also niemals die Freiheiten wie Ihr haben, ja? Er: Ja, damit müsst ihr Euch wohl abfinden. Auch im Osten glaubte niemand so recht an eine Wiedervereinigung zu Lebzeiten. Wenn man aber fragte, ob man sich im Osten vorstellen könne, dass dieses Eingesperrtsein, die Abschottung von aller Welt nun auf alle Zeiten alle Generationen betreffen würde, so konnte sich dies allerdings niemand vorstellen. Der Glaube oder Unglaube an eine Wiedervereinigung war also streng zu unterscheiden von der Frage, ob man die Wiedervereinigung für ein legitimes politisches Ziel hielt. Und diese Frage war es, die der medial tonangebende, sich progressiv wähnende Westen mit seinen vielen von Moskau gepamperten Kadern verneinte. Dagegen standen Persönlichkeiten wie zum Beispiel Franz Josef Strauß, Helmut Kohl, Axel Springer, Gerhard Löwenthal und Reiner Kunze. Aber auch in der CDU war man in den achtziger Jahren schon dabei, auf DDR-Linie umzuschwenken. Heiner Geißler versuchte noch 1989, das Wiedervereinigungsziel aus dem Grundsatzprogramm zu streichen. Aber die Linken dominierten die CDU damals noch nicht, weshalb die CDU gerade noch die Kurve kriegte und Geißlers Aktion scheiterte. Ein Jahr später war genau jene Wiedervereinigung, die die tonangebenden Meinungsmacher im Westen als reaktionäre Träumerei denunziert hatten, plötzlich da. Der mediale Olymp der Bundesrepublik war einem gewaltigen kollektiven Irrtum erlegen. Es wäre nun zu erwarten gewesen – siehe das Bild des rechtschaffenen Arztes – dass sich die Einschärfer dieser Fehlorientierung (Zeit, Spiegel, Stern, Süddeutsche, Frankfurter Rundschau, aber auch ARD und ZDF) für ihr antizipatorisches Totalversagen entschuldigen, die Gründe dafür suchen und erklären, wie sie nach diesen Fehlleistungen öffentliches Vertrauen zurückgewinnen wollen. Es geschah nichts dergleichen. Aber ihre Reputation litt nicht! Die bundesdeutsche Öffentlichkeit weigerte sich, überhaupt zu bemerken, in welchem Maße sie von ihrer medialen Oberschicht getäuscht und an der Nase herumgeführt worden war. Die Medienprominenz hielt Hof im Osten, als sei nichts geschehen. Am säuerlichen Lächeln diverser Journalisten – ich erinnere zum Beispiel die Herren Bednarz (WDR) und Böhme (Spiegel) – war zu erkennen, dass unsere neu gewonnene Freiheit in ihnen als die größte vorstellbare politische Niederlage ihres Lebens fraß. Es war bei ihnen nicht so, dass sie die Wiedervereinigung aus den Augen verloren hatten, weil sie diese zwar wünschten, aber als unerreichbar ansahen wie wir Ostdeutschen. Sie wollten keine Wiedervereinigung, die hassten sie. Sie hassten sie nicht deshalb, weil sie uns nicht mochten. Sie hassten sie, weil sie ihr politisches Koordinatensystem zerstörte und weil sie obendrein unleugbar auch auf das Konto des von ihnen verlachten und als intellektuell unterbemittelt angesehenen, sie aber an Klugheit weit überragenden Bundeskanzlers Helmut Kohl ging. Es waren wohl zwei Entschlüsse, die in diesen Tagen zustande kamen: Einen kenne ich, er ist mein eigener: Ich entschloss mich, diese Leute, denen ich keinerlei Leid zugefügt hatte, für die aber die Freiheit der Menschen in der DDR, also auch meine Freiheit, ein Ärgernis und eine narzisstische Kränkung war, als meine Feinde auf Lebenszeit anzuerkennen. Und die eben Genannten dürften sich damals entschlossen haben, die von mir ersehnte und mir schließlich geschenkte Wiedervereinigung, egal, ob sie glückt oder scheitert, mit all ihrer Macht, mit ihrer investigativen Energie, ihren vielköpfigen Redaktionen und der gesamten logistischen Kraft ihrer Verlage zu einem Desaster niederzuschreiben, sie mit Worten zu zerbomben wie eine Armee, die ihre bevorstehende Kapitulation durch verbrannte Erde vorbereitet. Die Geschichte wird die Revolution von 1989 als ein herausragendes Ereignis einordnen, das sowohl bezüglich der gewaltlosen politischen Kultur, in der es ablief, als auch in der Reichweite seiner Wirkung von Berlin bis Wladiwostok und schließlich auch in Bezug auf die erreichten Ziele in der Zeit des nachrömischen Europa einzigartig und in seiner Wirkung durchgehend positiv zu beurteilen ist. Die Geschichte wird feststellen, dass die Einzigen, die dieses Ereignis mit ihrer narzisstischen Gekränktheit besudelten, die westdeutschen Linken und ihre journalistischen Sprachrohre waren. Und dass ihnen der Neid des verdatterten Zaungastes, der sich eingestehen muss, dazu nichts beigetragen, sondern ausschließlich im Wege gestanden zu haben, den Verstand und die Urteilskraft raubte. Um die heutige Rolle der deutschen Medien zu verstehen, muss man dies beachten. Die Jahre bis 1998 waren großartige, elanvolle und ereignisreiche Jahre. Täglich sah man, wie sich aus dem alten Grau der DDR, den zerbröckelten Straßen, dem Gestank nach Zweitaktgemisch und Braunkohle, eine neue Welt herausschälte: blühende Landschaften. In einer Geschwindigkeit, die wohl niemand für möglich gehalten hat, der die seit zwanzig Jahren vor sich hinsiechende Bausubstanz, die nicht vorhandenen Handwerker, den allgemeinen Mangel und den täglichen Zwang zu immer abenteuerlicheren Improvisationen beobachtet hatte. Und man sah auf dem Bildschirm Oskar Lafontaine, der für alles nur gehässige Bemerkungen und galliges Gelächter übrig hatte. Und mir hielt man gefühlte tausende Male ein Mikrofon vor die Nase und wollte wissen, was alles bei der Wiedervereinigung schiefgegangen sei und wandte sich schnell jemand anderem zu, wenn ich sagte, dass es sehr viel besser nicht hätte verlaufen können. Mit Angelas Kanzlerschaft verband ich große Hoffnungen. Es war beeindruckend, wie sie Schröder rhetorisch die Stirn bot. Ich hatte sie als Umweltministerin in Gorleben erlebt und war schlichtweg beeindruckt, weil ich wusste, was es bedeutet, einer vor Aggressivität kochenden Menge gegenüber Contenance zu bewahren und Rückgrat zu zeigen. Auf dem Leipziger Parteitag 2003 wurden die Vorschläge der Herzog-Kommission zur Gesundheitsreform angenommen. Die Rede von Friedrich Merz wurde mit Ovationen aufgenommen. Was wir nicht ahnten: Der Leipziger Parteitag sollte einer der letzten großen ordnungspolitischen Lebenszeichen der CDU gewesen sein. Zuerst unmerklich, aber mit der Zeit immer zwingender, bauten sich nun die eingangs beschriebenen Missstände auf. An all diesen Entwicklungen war die CDU maßgeblich beteiligt. Ich begriff erst nach und nach, was die Unaufhaltsamkeit dieses fatalen Prozesses ausmachte. Ein durchgehendes Kennzeichen der Ära Kohl war gewesen, dass Helmut Kohl von Beginn bis zum Ende seiner Amtszeit gegen die tonangebenden Medien regiert hat. Kohl revanchierte sich gegen deren herablassende Aggressivität seiner Person und seiner Partei gegenüber, indem er diese Medien ignorierte. Kohl war deshalb zu keinem Augenblick mediengesteuert (was natürlich nicht hieß, dass er sich nicht wohlkalkuliert in der medialen Öffentlichkeit zu bewegen verstand). Angela Merkel regierte vom ersten bis zum letzten Tag ihrer Kanzlerschaft nicht gegen, sondern im Bunde mit diesen eben beschriebenen Medien. In dem Maße, wie sie die CDU eigentlich nicht mehr brauchte, da es in einer großen Koalition auf dreißig Stimmen gegen sie im Regierungshandeln nicht ankam, verstärkte sich dieser Trend. Sie tat, was die Medien – und hier besonders die öffentlich-rechtlichen – von ihr erwarteten, pflegte zu den Damen Springer und Mohn ein enges Verhältnis, sammelte eine ihr ergebene Entourage um sich und war von nun an unantastbar. Sie verwandelte medienkonform die CDU in eine linke und grüne Partei. Zwar verblieb in ihr eine starke konservative Basis, die aber gegen die mittlere und obere Funktionärsschicht ohne Machtperspektive blieb und obendrein in dem Maße an Stärke abnahm, in dem die Austritte (Begründung: wegen Merkel) und die Eintritte (Begründung: wegen Merkel) zunahmen und das Mitgliederspektrum grundlegend nach links und grün verschoben, sodass Friedrich Merz heute mit seinem bürgerlich-liberalen Profil gezwungen ist, auf den Merkel-Flügel Rücksicht zu nehmen, der obendrein in der Fraktion die Mehrheit stellt. Zudem hat Angela Merkel durch das so entstandene Identifikationsloch mittelbar die AfD geschaffen. Diese Partei ist komplett desavouiert, wozu sie auf dem Weg von Lucke nach Höcke reichlich selber Anlass gegeben hat. Sie fungiert heute gemeinsam mit Sahra Wagenknecht, Michael Kretschmer und diversen SPD-Funktionären aus dem Dunstkreis von Gerhard Schröder faktisch als Lautsprecher der strategischen Interessen des Kreml. Dies macht sie unwählbar. Sie ist ohne Machtperspektive, zieht jedoch zwanzig Prozent der Wähler auf sich. Diesen Wählern ist es in der Regel egal, ob die Ukraine fortexistiert oder ausgelöscht wird, sie sehen sich von den eingangs erwähnten Missständen bedroht, erwarten von den Parteien, die diese Missstände verursacht haben, keine Abhilfe und halten die Dämonisierung der AfD für übertrieben und deuten sie als Ausdruck der Existenzangst der anderen Parteien. Wollte die CDU einen entschlossenen Kurswechsel vollziehen, so müsste sie zunächst selbst zugeben, in der Ära Merkel all diese Probleme geschaffen zu haben, die sie zu beseitigen nun anheben wolle. Sie müsste zu Grundüberzeugungen zurückfinden, die sie bis in die Nullerjahre hinein einmal prägten und die sie unter Merkel aufgegeben hat. Sie müsste auch dann zu diesen Positionen zurückfinden, wenn dies heute Positionen der AfD sind. Wir sind deshalb wieder bei dem eingangs erwähnten Arzt, dem zugemutet wird, seine Irrtümer einzugestehen und seine Therapie zu ändern. Dies wird in der Politik nicht geschehen und zwar deshalb, weil es völlig ausgeschlossen ist, dies einerseits zu tun und andererseits politisch am Leben zu bleiben – und zwar nicht, weil die Wähler einen solchen Kurswechsel nicht goutierten, sondern weil die strikt links und grün gepolten Medien im Lande alle Magazine auf jeden und jede leerschössen, der die von diesen Medien aufgestellten Wegweiser in die politische und wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit Deutschlands, die zahllosen linksgrünen Geßlerhüte, einsammelt, anstatt sie täglich zu grüßen. Deshalb ist der archimedische Punkt zur Veränderung in Deutschland die mediale Wirklichkeit. Und hier besonders die Abschaffung der Lordsiegelbewahrer der Geßlerhüte, des öffentlich-rechtlichen Medienimperiums aus neun Landesmedienanstalten, der Deutschen Welle, dem ZDF und dem Deutschlandfunk. Diese Anstalten mit einem inzwischen bis ins Irrsinnige aufgeblähten rotgrünen Propagandaprogramm werden Jahr für Jahr mit fast neun Milliarden Euro aus Zwangsbeiträgen gemästet. Sie sind das letzte feudale und de facto hermetisch vor jeder Veränderung geschützte Machtzentrum, das mit redaktionellem Segen nur dann Wortbeiträge aussendet, die etwaigen Kernüberzeugungen der Grünen und Roten in Deutschland zuwiderlaufen, wenn gewährleistet ist, dass in der gleichen Sendung mit Übermacht von Masse oder Moderation sofort Einspruch erhoben wird und dieser Einspruch das letzte Wort hat. Die sicher eintreffenden Zahlungen an das Imperium, der sich die Bürger nur dann entziehen können, wenn sie obdachlos sind, erlauben den Sendern, beliebig an ihrem Publikum vorbeizusenden. Sie erlauben ihnen, ihre Beitragszahler – wozu auch die Wähler der AfD zählen – nach Herzenslust zu beschimpfen, herabzusetzen und zu demütigen. Sie dürfen den für sie als politisch am brauchbarsten empfundenen Teil der brauchbaren Wahrheit auswählen und zur Belehrung und Erziehung ihres Publikums nach Belieben einsetzen. Ihre Intendanten und Chefredakteure müssen sich nie einer allgemeinen geheimen und gleichen Wahl stellen wie die Abgeordneten der Parlamente – sie werden von einem übersichtlichen Gremium bestimmt, bei dem meist gewährleitet ist, dass es darin eine satte rotgrüne Mehrheit gibt. Sollte einer mit der falschen Grundüberzeugung für solch einen Posten kandidieren, dann ist augenblicklich der Teufel los. So geschehen, als der als konservativ eingeschätzte Journalist Bernd Hilder sich dazu beim Mitteldeutschen Rundfunk im Jahr 2011 anschickte. Er wurde gemobbt, als stünde mit ihm als Intendant der Weltuntergang bevor. Erst als eine gewisse Frau Professor Dr. Carola Wille für 12 Jahre in das Intendantenbüro einziehen durfte, war der Friede mit dem linken Mob wieder hergestellt. Sie hatte als geschiedene Frau eines DDR-Militärstaatsanwalts einen passenden familiären Hintergrund. Sie war studierte DDR-Juristin – eine Laufbahn, die bekanntlich eine gewisse Linientreue und einen zuverlässigen Stammbaum vorausgesetzt hatte – und ihre Qualifikation bestand unter anderem in einer Dissertation zum Thema „Der Rechtsverkehr in Strafsachen zwischen der DDR und anderen sozialistischen Staaten unter besonderer Berücksichtigung der Übernahme der Strafverfolgung“ (Jena, Diss. 1986 doi:10.22032/dbt.46784). Solange der öffentlich-rechtliche Moloch in seiner jetzigen Form existiert, die Grenzen des Sagbaren absteckt und die Unversehrtheit der Tabus überwacht, wird unser Land immer tiefer in das Dickicht seiner Fehlentwicklungen hineinrennen, weil jeder, der daran etwas ändern will, von diesem Moloch filetiert wird. Denn da unsere Politiker Mehrheiten benötigen, um mit Mandaten ausgestattet zu werden, können sie nur selten wagen, sich in das Sperrfeuer der Medien zu begeben, da sie deren logistischer Kraft immer unterlegen sind und mit verlorenen Wahlen nichts mehr bewegen können. Und die Medien sind gewohnt, sich die Politiker zurechtzulegen, wie ein Fußballer sich den Ball auf den Elfmeterpunkt zurechtlegt. Nach meiner Überzeugung gibt es nur zwei realistische Wege aus unseren Fehlentwicklungen heraus. Den ersten und leider wahrscheinlichsten gilt es zu vermeiden. Es ist der Weg der Erziehung der Gesellschaft zur Katastrophe. Eine solche ist schon eingetreten: Es ist der Ukrainekrieg. Der zweite Weg besteht darin, die öffentlich-rechtlichen Medien zu veranlassen, ihren eigentlichen Sendeauftrag wieder zu erfüllen: Information statt Erziehung, Debatte statt Indoktrination, Freiheit der Sprache und des Denkens statt Dressur und Inquisition. Hier bieten sich zunächst die rundfunkvertraglich festgelegten Einspruchsmöglichkeiten an. Dies versuchte ich mehrfach. Ein Beispiel: Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise am 3.12.2021 bezeichnete im ZDF die linke Hetzerin Bosetti Andersdenkende als „Blinddarm“ der Gesellschaft. Diese Bezeichnung ist an sich schon mit dem Sendeauftrag des ZDF unvereinbar, weil sie suggeriert, gewisse Menschen seien ebenso überflüssig wie ein Blinddarm und können demzufolge aus dem Gesamtorganismus problem- und schadlos entfernt werden. Der Vergleich entspringt also einer Vernichtungsphantasie. An Brisanz gewann er noch dadurch, dass ein Journalist auf genau diesen Blinddarmvergleich als Zitat des Nazi-Arztes Fritz Klein stieß, der „den Juden“ als den „eiternden Blinddarm der Menschheit“ bezeichnete, den es aus dem „Körper der Menschheit“ zu entfernen gälte. Ich meinte, nun müsse auch der Dümmste begreifen, dass diese Hetzerei etwas zu weit geht und reichte Programmbeschwerde ein. Die Vorsitzende des ZDF-Fernsehrates antwortete: „Es wurde kein Verstoß gegen die für das ZDF geltenden Rechtsvorschriften festgestellt.“ Aufsichtsinstanz und zu beaufsichtigende Körperschaft waren ein und dasselbe. Die Wagenburg des ZDF um ihre linken Schützlinge hatte sich geschlossen. Leider ist also der Widerstand gegen das Gebaren der Medien im Rahmen der Einspruchsrechte wie Programmbeschwerden, Klagen wegen Nichterfüllung der Staatsverträge und Ähnliches komplett wirkungslos. Die Aufsichtsgremien über die Sender sind meist mehrheitlich ebenfalls so strikt links-grün orientiert wie die Redaktion und in ihrer gesamten Denkweise den Argumentationsgewohnheiten des jeweiligen journalistischen Personals weitgehend angeglichen. Es gibt somit keine Aufsicht. So wie dieser Programmbeschwerde geht es fast allen Beschwerden, und selbst wenn sie erfolgreich sind, ändert sich nichts Wesentliches. Da die Nutzung der zur Verfügung stehenden Appellationswege sinn- und wirkungslos ist, bleibt nur noch ein realistischer Weg: die Alimentation der Sender zu kappen. Dies ist nur auf dem Weg über die Gesetzgeber in den Ländern und mit Duldung des Bundesverfassungsgerichts zu erreichen. Dieser Weg wird dann realistisch, wenn die Verweigerungshaltung der Beitragspflichtigen zu einem politischen Problem wird, das mehrheitsrelevant bei Landtagswahlen wird und eine Dimension erreicht, die auch das Bundesverfassungsgericht um des inneren Friedens willen nicht länger ignorieren kann. Ich halte eine solche Entwicklung bei der zu erwartenden zunehmenden Verdichtung der Problemlagen und einer immer platteren Apologetik der Sender für nicht ausgeschlossen. Beim Ausfall der Beiträge könnten die bisher durch faktische Steuer alimentierten Sender ihre Programme zum Beispiel verschlüsseln, so, wie das verschiedene Private schon immer tun. Wer dann will, kann öffentlich-rechtliche Programme abonnieren, wer nicht, der lässt es sein. Die Sender werden dann merken, dass sie schnurstracks auf die Pleite zumarschieren, wenn sie sich weiter an ihre Rolle als Oberlehrer und Anstandswauwau der Gesellschaft klammern. Von Stund an bleibt den Sendern nichts anderes mehr übrig, als bei der Auswahl des journalistischen Personals, der Themen und des Senderprofils sich des legendären Markwortschen „ceterum censeo“ zu erinnern: „Und immer an die Leser denken!“ Dann tut sich die Tür zur Freiheit auf, die Denkverbote verdampfen in den Debatten, die Scheinprobleme lösen sich in Luft auf, und die wirklichen Probleme treten in ihrer tatsächlichen Dimension ins Blickfeld. Die korrekten Diagnosen lassen sich nicht mehr von ideologisch gewollten Fehldiagnosen verdrängen, und die Debatte um die richtige Therapie der Missstände kann beginnen. Als Einwand höre ich an diese Stelle immer: Na, dann schau dir doch mal die Seichtheit diverser privater Programme an! Willst du von solchem Schwachsinn noch mehr? Nun: Wer dies einwendet, ist sich vermutlich seines paternalistisch-vormundschaftlichen Misstrauens gegen die Demokratie nicht im Klaren, denn dahinter steckt die Auffassung, zu einer Elite zu gehören, die darauf zu achten hätte, dass die große Mehrheit, die aus an primitiven Späßen sich ergötzenden Plebejern bestehe, zu ihrem Besten gezwungen werden müsste, für kluge Lehren zu bezahlen, die sie vor ihren Dummheiten schützen. Ich denke entschieden nicht so. Ich vertraue der Demokratie, weil ich 1989 selbst erlebt habe, wie unwiderstehlich sie sich Bahn bricht und die Spreu vom Weizen zu trennen vermag. Ich bin der festen Überzeugung, dass es einen mächtigen und strengen Markt für anspruchsvollen, die Kontroverse und den intellektuellen Schlagabtausch pflegenden Qualitätsjournalismus gibt, der seine Konsumenten in den Bann zu ziehen vermag, deren Zahlungsbereitschaft herausfordert und den Sendern, die ihn anbieten, eine Existenz sichert. Und ich vertraue darauf, dass unsere Gesellschaft, bevor sie an dem klebrigen Einheitsbrei der gegenwärtigen öffentlich-rechtlichen Medien erstickt, sich von diesen Medien befreien wird. Dies ist der Beginn einer Folge von Grundsatzbeiträgen der Achgut-Autoren Arnold Vaatz, Annette Heinisch und Gunter Weißgerber zum Zustand der Republik. Arnold Vaatz ist ehemaliger Bundestagsabgeordneter und ehemaliger DDR-Bürgerrechtler. Er war von 2002 bis 2021 einer der stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Es folgen weitere Beiträge von Annette Heinisch und Gunter Weißgerber.
Arnold Vaatz
Der Dreh- und Angelpunkt zur Veränderung in Deutschland ist die mediale Wirklichkeit. Und hier besonders das öffentlich-rechtliche Medienimperium.
article
28.05.2024 06:05
https://www.achgut.com/artikel/alle_wege_fuehren_in_die_anstalt/P21#comment_entries
11. Gebot: „Du sollst Deinen Kirchentag selbst bezahlen!“
Christliche Groß-Events wie „Kirchentage“ werden aus Steuergeldern mit Millionen großzügig subventioniert. Warum eigentlich? Gibt es nicht das Verfassungsgebot der Trennung von Staat und Kirche?   Alle Jahre wieder findet hierzulande ein Kirchentag statt, immer im Wechsel, mal ein katholischer, mal ein evangelischer – und immer in einer anderen Stadt. Das Ganze hat Event-Charakter, es gibt Musik, Tanz, gemeinsames Gebet und jede Menge Vorträge über Gott und die Welt. Ein straff organisiertes Himmels-Festival mit Zeltlager-Flair. Diesmal trifft sich das Gottes-Volk  in Nürnberg, zum 38. Evangelischen Kirchentag. Der Freistaat Bayern unterstützt mit 5,5 Millionen Euro die Kirchen-Veranstaltung großzügig. Bei der symbolischen Scheckübergabe im Heimatministerium in Nürnberg sagte Ministerpräsident Söder, es sei eine Freude, dass der Kirchentag zum zweiten Mal nach 1979 in Nürnberg stattfinde. „Evangelisch is coming home, sozusagen…”, so der CSU-Mann im Marketing-Jargon. Weitere drei Millionen Euro gibt es aus dem städtischen Haushalt der Franken-Metropole, die darüber hinaus den Kirchentag auch mit Sachleistungen,wie dem Bereitstellen von Veranstaltungsorten in Höhe von etwa einer Million Euro unterstützt. Dass die Stadt Nürnberg mit einem Schuldenstand von 1,9 Milliarden Euro aktuelle Schuldenkönigin in Bayern ist, darf hier kurz angemerkt werden. Die Veranstalter, an der Spitze Ex-CDU-Innenminister Thomas de Maizière, der diesmal als Präsident des Kirchentags fungiert, sind hoch erfreut. Der Mann, einst zuständig für Sicherheit und Ordnung, jetzt für Glaube und Hoffnung, bedankte sich für den staatlichen und städtischen Geldsegen ­– denn dies, so de Maizière, sei nicht selbstverständlich in Zeiten, in denen die Bedeutung der Kirche abnehme.   Wie recht er hat! Die Kirchen leiden in Deutschland zwar unter Mitgliederschwund, ihnen laufen die Schäfchen davon. Allein 2021 waren es 640.000 Menschen. 280.000 evangelische und 360.000 katholische. Seit Frühjahr 2022 befindet sich in Deutschland erstmals seit Jahrhunderten keine Mehrheit der Menschen mehr im Schoß der beiden großen Kirchen. Doch mit satten staatlichen Geldzahlungen und Subventionen darf die Kirchen-Lobby weiterhin rechnen, trotz dramatischer Haushalts-Defizite und klammer kommunaler Kassen. In Nürnberg hat sich der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern in einem Schreiben an die Fraktionen im Nürnberger Stadtrat gewandt, um gegen die finanzielle Unterstützung des Evangelischen Kirchentags zu protestieren. Nach Auffassung des bfg handelt es sich beim kommenden Nürnberger Kirchentag um eine innerkirchliche Veranstaltung, die vom Verein „38. Deutscher Evangelischer Kirchentag Nürnberg 2023 e. V.“ organisiert und durchführt wird. Aber „es ist nicht die Aufgabe der öffentlichen Hand beziehungsweise der Steuerzahler*innen, eine religiöse Großveranstaltung zu finanzieren", so ein Sprecher.   Auch wenn der Bedeutungsverlust unübersehbar ist, eine gesellschaftliche Debatte, ob Kirchentage weiterhin aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden sollen – also auch von Kirchenfernen, Andersgläubigen und Ungläubigen – findet nicht statt. Die Politik verteilt weiterhin großzügig Blankochecks. Dabei widerspricht die Kirchentagsförderung dem Grundgesetz: Laut Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes darf „niemand wegen seines Glaubens oder seiner religiösen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“. Die Millionengaben verletzen den rechtsstaatlichen Grundsatz der Trennung von Staat und Religion.  Dabei besitzen die Kirchen Milliardenvermögen. Allein die Kirchensteuereinnahmen der Evangelischen Kirche betrugen 2021 rund 5,994 Milliarden Euro.  Da bleibt die Frage: warum finanziert die Kirchen ihre PR-Veranstaltungen eigentlich nicht selbst?  Die Kirche – auch so gehts – tritt nicht als Veranstalter auf. Die Organisation wird vom „Verein Förderung des Deutschen Evangelischen Kirchentags“ oder dem „Zentralrat der deutschen Katholiken“ übernommen. Dazu wird für jeden Kirchentag jeweils ein weiterer eigener Verein gegründet, der die öffentlichen Gelder erhält und verwaltet – und später wieder aufgelöst wird. Das hat viele Vorteile. Ein Vorteil: Kirchentage brauchen keine Abrechnung vorzulegen. Religionsgemeinschaften sind in Deutschlands nicht rechenschaftspflichtig. Landesrechnungshöfe dürfen sie nicht überprüfen. So bleibt intransparent, wofür das staatliche Geld eigentlich eingesetzt wird. Transparenz sieht anders aus.  Nicht zum ersten Mal gibt es Diskussionen über die Finanzierung von Kirchentagen. In Düsseldorf hat sich die „Initiative Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA)“ vorgenommen, mit einem Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des dortigen Stadtrates vom Juni 2022 vorzugehen.  Der Rat der Stadt hatte beschlossen, das Christentreffen mit mindestens 5,8 Millionen Euro zu unterstützen. Die Initiative, die für eine aufgeklärte und humanistisch orientierte Gesellschaft eintritt, will nicht den Kirchentag als solchen verhindern. Sie wendet sich aber gegen die Finanzierung aus öffentlichen Mitteln. „Von mir aus können die Kirchen ständig ihre Kirchentage abhalten, sie sollen sie nur selbst bezahlen“, meint DA-Vorstand Ricarda Hinz. In einem ersten Schritt braucht 15.000 Unterschriften von Bürgern, die auch bei der Kommunalwahl wahlberechtigt wären. Wird dieses Quorum erreicht, besteht die Möglichkeit, den Beschluss mit einem so genannten Bürgerentscheid zu stoppen. Die kirchlichen Veranstalter kontern: „Kirchentage sind gesellschaftlich relevante und nachhaltig wirksame Großveranstaltungen“. Gefördert würden sie, weil sie mit ihren Zielen in Bezug auf gesellschaftliche Dialogräume, interkulturellen Austausch und Partizipation einem breiten öffentlichen Interesse dienten. Und sie weisen immer wieder darauf hin, dass sie nicht nur ihre Kirchenmitglieder ansprechen, sondern einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs über ethische und politische aktuelle Fragen ermöglichen wollen. Das Event sei somit ein Katalysator für bürgerschaftliches Engagement. Wenn man allerdings, wie zuletzt beim Katholikentag in Stuttgart, nur noch 27.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreicht, von denen viele ehren- oder hauptamtliche Helfer waren, wird der Rechtfertigungsdruck nicht geringer. Und das in einer Zeit, in der die Kirchen sich ohnehin in einer Krise befinden und sowohl die Kirchensteuer als auch die immer noch gezahlten Staatsleistungen von aktuell rund einer halben Milliarde Euro pro Jahr. Über 10 Millionen Euro hatte das Stuttgarter Kirchen-Event gekostet, 4,35 Millionen Euro davon – und damit etwa 40 Prozent der Gesamtkosten – kamen aus öffentlichen Geldern. Mit 241 Euro pro Besucher erhielt der Stuttgarter Katholikentag eine absurd hohe Förderung.  Von der Kirchenlobby war den öffentlichen Geldgebern die Finanzierung mit den üblichen Argumenten schmackhaft gemacht worden: der vermeintlichen gesamtgesellschaftlichen Relevanz… Nein, wir wollen das gesellschaftliche Engagement vieler religiöser Kirchentags-Besucher nicht infrage stellen, Allerdings engagieren sich – darauf weisen die Düsseldorfer Aufklärungs-Aktivisten hin – ebenso auch religionsfreie, andersgläubige und ungläubige Menschen in unserem Land. Sie erhalten keine auch nur annähernd vergleichbare finanzielle Unterstützung. Politikerinnen und Politiker in Deutschland sollten endlich umdenken: Die absurd hohen Fördersummen sind mit einem weltanschaulich neutralen Staat nicht zu vereinbaren! In unserer Verfassung steht: „Es besteht keine Staatskirche“.  Es ist das gute Recht gläubiger Menschen, Kirchentage und sonstige klerikale Spektakel durchzuführen. Wir leben in einer Demokratie. Aber der Staat sollte nirgendwo als Finanzier auftreten, allenfalls als Gast. Polit-Prominenz lässt sich – „als Christenmensch“– parteiübergreifend gerne auf Kirchentagen sehen, kaum ein Podium oder ein Diskussions-Forum findet ohne sie statt. Auch für die temporäre Präsidentschaft stehen ehemalige und amtierende Politikerinnen und Politiker gerne „ehrenamtlich“ zur Verfügung. Die grüne Politikerin Katrin Göring-Eckardt, heute Bundestags-Vizepräsidentin, war von 2009 bis 2013 Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Parallel auch Präsidentin des Deutschen Evangelischen Kirchentags 2011. Als Privatperson mag sie in der Kirche „Trost und Heimat“ finden – als Parlaments-Repräsentantin aber steht ihr Doppelengagement exemplarisch für eine kritikwürdige Komplizenschaft von Kirche und Staat.  Das Motto des Nürnberger Kirchentages lautet „Jetzt ist die Zeit“. Ja, Zeit für die Beendigung von Millionen-Subventionen für Kirchentage und sonstige Gottes-Events, möchte man kontern.  Kommende Kirchentage sind bereits terminiert: 2024: Erfurt, 2025: Hannover, 2026: Würzburg, 2027: Düsseldorf. Ob katholisch oder evangelisch: Vielleicht sollte ein Motto allen vorangestellt werden. Das 11. Gebot: „Du sollst Deinen Kirchentag selbst bezahlen“.
Helmut Ortner
​​​​​​​Christliche Groß-Events wie „Kirchentage“ werden aus Steuergeldern mit Millionen großzügig subventioniert. Warum eigentlich? Gibt es nicht das Verfassungsgebot der Trennung von Staat und Kirche?  
article
02.04.2023 16:00
https://www.achgut.com/artikel/11._gebotdu_sollst_deinen_kirchentag_selbst_bezahlen/P42#comment_entries
Helikoptergeld – Herr wirf Geld (und Hirn) vom Himmel 
Zehn Jahre ist es her, dass sich die Welt in einer ernsthaften Wirtschaftskrise befand. Gelernt haben wir aus dieser Krise offensichtlich äußert wenig. Mittlerweile ist es aber einem jeden klar, dass man sich eben doch nicht mit ultraviel billigem Geld aus der Krise drucken kann.  Die Probleme der letzten Finanzkrise wurden keinesfalls gelöst, sondern lediglich in die Zukunft gedruckt. Jetzt sind die Probleme wieder da. Die Anzeichen in der Eurozone stehen auf Rezession. Jedoch nicht nur in Südeuropa, das sich seit 2008 nicht mehr richtig erholt hat, sondern eben auch beim Exportweltmeister Deutschland. Nach einem historisch einmaligen, künstlichen Boom, ausgelöst durch niedrige Zinsen und billiges Geld, geht der Zyklus dem Ende entgegen, und stürmische Zeiten sind zu erwarten.  Die Konjunktur verschlechtert sich zusehends. Jetzt stellt sich die Frage, was die Geldmagier der Europäischen Zentralbank rund um EZB-Boss Draghi nun aushecken werden, um das System noch länger am Laufen zu halten. Im Gegensatz zur FED konnte man durch das Zwangskorsett des Euros die Zinsen nicht erhöhen, um sich einen Puffer aufzubauen für die nächste Krise. Die Ausgangslage für eine erneute Krise ist denkbar schlecht. Die Auswirkungen der Finanz-und Eurokrise sind immer noch spürbar, und die Medikamente haben lediglich die Symptome bekämpft, aber der Patient ist nicht stabil. Mit einer zweiten Krise a la 2008 droht das Ende der Eurozone. Aus diesem Grund werden die Maßnahmen und Ideen immer skurriler und verzweifelter. Die Zinsen in der Eurozone sind bereits auf null Prozent gesenkt, das Aufkaufprogramm hat die Bilanz der EZB um 2,5 Billionen Euro aufgebläht und die Wirksamkeit lässt zu wünschen übrig. Die Target2-Salden unterstreichen zudem, dass das ganze Eurosystem dysfunktional ist. Deutschland hat momentan 868 Milliarden Euro zinsfrei an die Partner verliehen. Im Übrigen darf man nicht vergessen, dass wir Bürger für diese gigantischen Summen im Notfall haften! Italiens Wirtschaft darbt und steckt schon in der Rezession, in Frankreich gehen die Bürger auf die Straße, und der Brexit wird vermutlich auch unkoordiniert über die europäische Bühne gehen – mit heftigen Auswirkungen dies- und jenseits des Kanals. Griechenland, welches im August 2018 noch von der EZB und der EU als geheilt betitelt wurde, hat bald wieder genau so viele Schulden wie vor der Rettungsorgie, und die Finanzbranche in Italien und Spanien ist immer noch extrem belastet mit not-leidenden Krediten und ist de facto teilweise marode und bankrott. Also alles gut, oder?  Mit der nächsten Krise könnte die EZB zweifellos die Zinsen noch weiter senken, also Negativzinsen installieren, wovon wir ausgehen. Dann müsste man jedoch ran ans Bargeld, und dann wäre das Jammern groß. Denn die Bürger würden dann die Banken stürmen und ihre Konten leeren, da es immer noch günstiger wäre, das Geld im Schließfach zu horten als auf dem dann teuren Sparbuch. Ein Verbot ist aber bei den bargeldverliebten Deutschen nicht möglich. Auch die Abhängigkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs von Strom wäre ein gefährliches Klumpenrisiko. Also muss man sich andere Ideen überlegen, wie schon geschehen von IWF und EZB.  Nichtsdestotrotz werden die Banken bald wieder jede Menge frisches Geld benötigen. Doch woher soll eben dieses kommen? Das Zauberwort heißt TLTRO (Targeted Longer-Term Refinancing Operations). Darunter versteht man ein milliardenschweres Kreditprogramm für die Banken. Wegen fehlenden Alternativen werden wir bald von eben diesem Programm hören. Wir gehen davon aus, dass die EZB-Kredite dieses Mal die bereits im Juni 2014 und im März 2016 vergebenen Kredite weit in den Schatten stellen werden. Dies bedeutet, dass fleißig weiter Geld gedruckt wird. Die Banken werden sich bestimmt über die Aktion der Notenbank freuen und das ein oder andere Fläschchen hochpreisigen Schaumweins aufmachen. Doch auch dieses Programm wird nicht ausreichen. Als nächstes kommt dann eine Neuauflage der Langfristkredite für die Geschäftsbanken.  Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen – wovon wir ausgehen – dann muss eben noch mehr Geld her, viel mehr Geld verteilen, noch besser über den Menschen ausschütten – die nächste Insolvenzverschleppung hat den Namen: Helikoptergeld –, um die Inflation anzuheben und die chronische Nachfrageschwäche auszumerzen. Da die Staaten bereits bis zur Halskrause verschuldet sind, muss das Geld woanders her kommen. Also soll die Zentralbank das Geld einfach drucken oder, besser gesagt, elektronisch per Knopfdruck erschaffen. Unter Helikoptergeld versteht man, dass die Zentralbank (direkt oder indirekt) sehr große Mengen an Geld unters Volk bringt und damit der Konsum angeregt wird. Jedoch wird auch mit dieser irrsinnigen Aktion das Problem einer Welt, die bis zum Kinn verschuldet ist, keinesfalls gelöst, sondern es wird lediglich abermals nur eines gewonnen – Zeit. Das wäre die letzte Bastion der Idiotie, um ein komplett gescheitertes System künstlich am Leben zu erhalten. Merken Sie was? Es geht nur noch um Zeitgewinn. Keiner spricht mehr von nachhaltigen Lösungen. Die Finanzwelt ist süchtig nach der Droge billiges Geld. Sie benötigt immer mehr in immer kürzeren Abständen. Auf Dauer kann und wird dies jedoch nicht gut gehen. Unserer Ansicht nach ist „Helikoptergeld“ das letzte sinnfreie und desperate Aufbäumen vor dem endgültigen Zusammenbruch eines gescheiterten Systems. Wer bitte wird denn noch an unser Geldsystem glauben, wenn Geld quasi verschenkt wird? All diese Maßnahmen zeigen überdeutlich wie desperat die Notenbanken. Eine Lösung gibt es nicht. Nur eine Verzögerung des Unweigerlichen. Bereiten Sie sich lieber heute als morgen darauf vor.
Matthias Weik und Marc Friedrich
Zehn Jahre ist es her, dass sich die Welt in einer ernsthaften Wirtschaftskrise befand. Gelernt haben wir aus dieser Krise offensichtlich äußert wenig. Mittlerweile ist es aber einem jeden klar, dass man sich eben doch nicht mit ultraviel billigem Geld aus der Krise drucken kann. 
article
21.02.2019 16:39
https://www.achgut.com//artikel/helikoptergeld_herr_wirf_geld_und_hirn_vom_himmel
Wut auf Bremens Alternative zur AfD
In Bremen hat die konservative Wählervereinigung „Bürger in Wut“ gute Chancen, in Fraktionsstärke in die nächste Bremische Bürgerschaft einzuziehen. Aktuelle Wahlumfragen von ARD und ZDF sehen sie jeweils bei 9 Prozent. Klar, dass das nicht jedem Bremer Linken schmeckt. Am 14. Mai 2023 finden im Land Bremen Wahlen zum dortigen Parlament, der Bremischen Bürgerschaft, statt. Für konservative Bremerinnen und Bremer eine schwierige Wahlentscheidung, suchen sie die Bremer AfD doch vergeblich auf dem Stimmzettel. Das Warum wirft ein Schlaglicht auf Bremens selbsternannte Alternative: Schafften es nämlich zwei sich über ihre Legitimität streitende Landesvorstände allen Ernstes, zwei konkurrierende Kandidatenlisten beim Wahlleiter einzureichen. Logisch, dass dies nicht wahlrechtskonform ist und so auch inzwischen der letzte AfD-Eilantrag zur nachträglichen Zulassung zur Wahl vor Gericht zwangsläufig scheitern musste. Da sich die Bremer AfD also selbst ein Bein gestellt hat, stehen Bremens Konservative nun vor der Frage, wen sie jetzt eigentlich wählen sollen. Eine Option könnte die Wählervereinigung „Bürger in Wut“ sein, die seit 2007 zunächst erfolgreich Politik in der zum Land Bremen gehörenden Exklave Bremerhaven machte und mittlerweile im ganzen Bundesland als konservative Kraft wirkt. So ihr langjährige Einzelabgeordnete Jan Timke, der dafür schon bis vor den Bremer Staatsgerichtshof zog und im Kampf um eine Stärkung der Rechte der Bürgerschaftsabgeordneten einen Sieg gegen den damaligen rot-grünen Senat errang. Der Polizeivollzugsbeamte Timke, der bereits viermal über den Wahlbereich Bremerhaven in die Bürgerschaft gewählt worden ist, präsentiert sich heute wieder als Spitzenkandidat in der selbsterklärten Seestadt. Als Frontmann für die Stadt Bremen konnte die Wählervereinigung den ehemaligen AfD-Bundesschatzmeister Piet Leidreiter gewinnen, der dereinst den für die AfD lukrativen Gold-Shop erfand, und schon von 2015 bis 2019 in der Bürgerschaft saß. Zunächst für Luckes AfD und dessen Nachfolgepartei ALFA/LKR, später als Teil einer dreiköpfigen BIW-Gruppe. Verstärkt wird das Kandidatenteam zudem prominent vom Bremer BILD-Reporter Holger Fricke, was sodann die Springer-kritischen Übermedien in Aufruhr versetzen sollte. Im Wahlkampf plakatiert die Wählervereinigung Themen, die Konservativen in der Heimat der vier tierischen Stadtmusikanten unter den Nägeln brennen. Sei es die rot-grün-dunkelrote Politik gegen das Auto, bei der sich der Senat im Jahr 2030 gar in einer autofreien Innenstadt wähnt. Sei es die grassierende Jugendkriminalität, bei der Raubüberfälle, sogenannte Antanzdelikte oder auch Einbrüche im Wesentlichen auf das Konto mehrerer Gruppen von minderjährigen Ausländern gehen. Oder seien es die Sprachverbote, die sich immer wieder im Canceln von Veranstaltungen manifestieren. Achgut.com-Autorin Birgit Kelle kann hiervon ein Lied singen, wurde doch im August 2022 ihr Vortrag in der Hansestadt abgesagt, nachdem ein Bremer Blog sie zuvor denunziert hatte. Nicht nur personell und inhaltlich schöpft die Wählervereinigung aus dem Vollen. Das unlängst neuentstandene „Bündnis Deutschland“, eine Kleinpartei, gegründet von ehemaligen AfD- und CDU-Politikern sowie verschiedenen konservativen Gruppen, will künftig mit den „Bürger in Wut“ kooperieren und unterstützt deren Wahlkampf mit 300.000 Euro. Was mit dem Budget der Bremer Grünen vergleichbar ist, so der Weser-Kurier. Mit diesem finanziellen Background hat die bislang überwiegend in Bremerhaven reüssierende Wählervereinigung nun sogar im Bremer Stadtgebiet eine reelle Chance, die 5-Prozent-Hürde zu überspringen und damit in Fraktionsstärke in die Bremische Bürgerschaft einzuziehen. Aktuelle Wahlumfragen von ARD und ZDF sehen sie bremenweit jeweils bei 9 Prozent. Von solchen Werten konnte die Bremer AfD bis dato nur träumen. Lag ihr bestes Umfrageergebnis vor dem Wahlausschluss doch bei 7 Prozent. Und was noch ein Indikator für einen Wahlerfolg von Timkes und Leidreiters Wählervereinigung ist: Selbst Bremens Linke haben nahezu vollständig ihr Interesse an der AfD verloren und machen mittlerweile keine Stimmung mehr gegen diese, sondern konzentrieren sich nunmehr auf die „Bürger in Wut“. Die linke Szene hat einen guten Riecher, wer im konservativen Milieu eine reale Gefahr für ihre Bestrebungen darstellt. Die Bremer AfD ist es definitiv nicht. Ohne Konsequenzen ist dieser linke Wechsel des politischen Antagonisten jedoch ebenso wenig. Denn aktuell wird der Wahlkampf der Wählervereinigung immer wieder aktiv sabotiert. Beispielsweise am 1. April 2023, als eines ihrer Plakatier-Teams in Bremen angegriffen worden sei. Dokumentierten die „Bürger in Wut“ doch bei Facebook eine Reihe von Bildern, die zeigen, dass die Frontscheibe eines Auto eines Mitglieds des Wahlkampfteams, an dessen Fahrzeug BIW-Wahlplakate sichtbar angelehnt waren, durch einen großen Stein beschädigt wurde. Neuerdings wird nicht einmal davor zurückgeschreckt, im Kampf gegen die „Bürger in Wut“ Hitler-Vergleiche zu bemühen. Wurden nämlich etliche Wahlplakate in Bremerhaven, die Spitzenmann Jan Timke abbilden, mit Zeichnungen und Texten versehen, die Timke als Adolf Hitler darstellen. So zum Beispiel mit dem Hitlerbart und den Slogans „Er kämpft für Rechts“ beziehungsweise „Er ist wieder da“ − ein Verweis auf den Roman gleichen Namens, in dem Hitler wiederaufersteht. Pikant für Bremens Linkspartei: Einen ebenfalls angebrachten Aufkleber ziert das Logo ihrer eigenen Jugendorganisation „Linksjugend solid“. Welche absurden Züge der „Kampf gegen Rechts“ im Bremerhavener Stammland der „Bürger in Wut“ annehmen kann, zeigt eine Provinzposse vom 21. April 2023. Ausgangspunkt war ein gemeinsames Selfie dreier lokaler Wahlkämpfer von BIW, CDU und Grünen, die sich seit Kindheitstagen kennen sollen. Das Foto wurde dann in sozialen Medien hochgeladen, mit dem Text: „Parteiübergreifender Wahlkampf in Wulsdorf. Wer fehlt? Die Arroganten von der SPD, die ruhen sich auf den Umfrageergebnissen aus“. Dass die Bremerhavener SPD hierüber not amused war, versteht sich von selbst, weshalb sie angesichts des aktuellen Wahlkampfs dann mit deutlichen Worten reagierte. Oder besser: reagieren musste. „Die Bremerhavener Grünen und die CDU müssen eine Seite wählen – entweder man kämpft gemeinsam mit der Zivilgesellschaft, den Gewerkschaften gegen rechtsradikale und rechtspopulistische Parteien und ihre menschenfeindliche Hetze, oder man macht sie hoffähig, wie es hier geschieht“, erklärte ihr Vorsitzender und ehemaliger Bremer Justizsenator Martin Günthner. Übliches Wahlkampfgeplänkel eben: Wer einstecken muss, darf auch austeilen. So weit, so unspektakulär also. Doch den Vogel schossen die Bremerhavener Grünen ab. Sie veröffentlichten nach publik werden des Selfies ein Statement, in dem sich der grüne Wahlkämpfer (und Bürgerschaftskandidat!) von diesem gemeinsamen Foto „ausdrücklich distanzier[t]e“ und für den Eindruck, er „würde mit Rechtspopulist*innen gemeinsame Sache machen“, sogar explizit „entschuldig[t]e“. Die Sprecherin des Kreisvorstandes ergänzte dann noch, dass man „keinerlei Werte und Inhalte mit Rechten und Demokratiefeinden [teile]. Niemals werden wir uns mit einer Partei zusammenschließen, die von rechten Strukturen, Hass und Hetze geprägt ist und so unsere Demokratie immer wieder schädigt.“ All dies, und hier wird es endgültig brisant für die Bremerhavener Grünen, garniert mit einem Banner, in dem es heißt „Weltoffenheit. Toleranz. Vielfalt. Kein Platz für Nazis.“ Von einem gemeinsamen Spaß-Selfie dreier Lokalpolitiker eine Linie zum Nationalsozialismus zu ziehen, muss man auch erst einmal schaffen. Dr. Dr. Marcus Ermler ist Mathematiker sowie Informatiker und beschäftigt sich in seiner Forschung mit Logik, Graph Rewriting und Topologie. Darüber hinaus publiziert er über Antisemitismus und Antiamerikanismus jeder politischen Färbung.
Marcus Ermler
In Bremen hat die konservative Wählervereinigung „Bürger in Wut“ gute Chancen, in Fraktionsstärke in die nächste Bremische Bürgerschaft einzuziehen. Aktuelle Wahlumfragen von ARD und ZDF sehen sie jeweils bei 9 Prozent. Klar, dass das nicht jedem Bremer Linken schmeckt.
article
09.05.2023 06:00
https://www.achgut.com//artikel/wut_auf_bremens_alternative_zur_afd
Grüne-Gentechnik: Eine verwirrte Ministerin produziert Balsam für den Zeitgeist
...“Die Haltung der Bundesregierung zur grünen Gentechnik ist schizophren: Gentechnisch veränderte Futtermittel werden seit vielen Jahren importiert. Rund 80 Prozent aller Lebensmittel in Deutschland kommen mit der Gentechnik in Berührung, bevor sie gekauft und verzehrt werden. Gentechnisch veränderte Nutzpflanzen dürfen hier trotzdem nicht angebaut werden. Die Opt-Out-Strategie ist Balsam für den Zeitgeist; sie ist kein wirksames Rezept für eine wissensbasierte Wirtschafts- und Umweltpolitik…” Mehr hier.
Fundstück
article
19.01.2015 10:06
https://www.achgut.com//artikel/gruene_gentechnik_eine_verwirrte_ministerin_produziert_balsam_fuer_den_zeit
AfD-Erfolg: Die 10 dümmsten Reaktionen
In Thüringen hat eine Landratswahl stattgefunden und erstmals hat sich ein Kandidat der AfD durchgesetzt – gegen die „Einheitsfront der antifaschistisch-demokratischen Parteien“ gewissermaßen. Hier die Top Ten der peinlichsten Reaktionen aus den Reihen der Unterlegenen. (Hinweis: Die Zitate wurden im Original belassen, ist einfach authentischer. Wir beginnen mit dem Ranking von hinten, das Dümmste kommt zum Schluss.) „Aus gegebenem Anlass aus der ThüKoWO: [gemeint: ThürKWO = Thüringer Kommunalwahlordnung, Anm. CC] „Zum Landrat kann außerdem nicht gewählt werden, wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt.“ (hier) „Zudem aus der ThüKoWO: "Darüber hinaus ist zum Landrat nicht wählbar, wer im Übrigen die persönliche Eignung für eine Berufung in ein Beamtenverhältnis nach den für Beamte des Landes geltenden Bestimmungen nicht besitzt.“ (hier) Des Weiteren führt der freie Journalist (MDR) aus, jemand müsste Beschwerde einlegen, damit die Gerichte den neugewählten Herrn Sesselmann wieder aus seinem Sessel entfernen. Mit anderen Worten: Er findet, dass dieser Vorgang vom Sonntag unverzeihlich ist und deshalb auch das Ergebnis wieder rückgängig gemacht werden muss. Das ist Demokratie, jedenfalls für den Journo. Mehr als Platz 10 ist aber nicht drin, weil er Merkel plagiiert hat. „Immer sind andere Schuld. Damit beruhigen AfD-Wähler:innen ihr Gewissen. Nein. Für die eigene Wahlentscheidung ist jede:r selbst verantwortlich. Wer Faschisten wählt, will Faschisten wählen. Niemand wird gezwungen, das zu tun.“ (hier) Vor 23 Jahren war der Mann tatsächlich mal Generalsekretär der CDU. Bei Twitter haut Ruprecht die grünsten aller Tweets raus, gendert auch brav, aber inkonsequent: „AfD-Wähler:innen“, aber „Faschisten“ statt „Faschist:innen“. Als gäbe es nur männliche Faschos! Das gibt nolens polenz Abzüge in der B-Note. Und mal so nebenbei die Hälfte aller Wähler im Kreis Sonneberg zu Faschisten zu erklären, dürfte diese nicht eben für die CDU oder eine andere grüne Partei zurückgewinnen. Deren Gründe, ihre Stimme dem Kandidaten der einzigen Partei zu geben, die sich gegen die Einheitspolitik aller anderen stemmt, interessieren Polenz nicht. Schon gar nicht, ob es vielleicht die miese Politik sein könnte, gegen die sich die Bürger an der Wahlurne wehren. Um es wie er zu formulieren: „Immer sind andere schuld. Damit beruhigen Politiker:innen ihr Gewissen.“ „Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, dass Verfassungsfeinde nicht gewählt werden. Und zeigen wir Solidarität und Unterstützung mit all denen in #Sonneberg, die nach diesem Wahlergebnis mit Angst und Sorgen ins Bett gehen.“ (hier) Die Grinsekatz der bayerischen Grünen hat im Gegensatz zum designierten AfD-Landrat Robert Sesselmann kein Jura-Studium absolviert, weiß aber offenbar, wer Verfassungsfeind ist und wer nicht. Und wenn Menschen mit Angst und Sorge ins Bett gehen, dann doch wohl eher wegen Inflation, Deindustrialisierung, Rekordsteuern, steigender Krankenversicherungsbeiträge, ungebremster Einwanderung in die Sozialsysteme, angepeilter Verbote aller Art, Wärme-, Verkehrs- und Ernährungswende und und und – doch wohl kaum, wenn ein Landrat, kontrolliert vom Kreistag und der Kommunalaufsicht des Thüringischen Landesverwaltungsamt, sich mit Aufgaben wie Schulträgerschaft und Schulentwicklungsplanung, Rettungsdienst, Öffentlichem Personennahverkehr, Abfallwirtschaft/Abfallentsorgung, Tourismus, Kreisstraßen und überörtlichem Brandschutz beschäftigt. Die Kirche im Dorf lassen, Katha! „Auch die NSDAP wurde in demokratischen Wahlen gewählt. Geschichte wiederholt sich offenbar doch #Sonneberg“ (hier) Hier schickt sich ein grüner Stadtrat in Leipzig, Jurist, Umweltschützer und Blogger an, das Dritte Reich zu verharmlosen. Die Machtergreifung der brutalen Nationalsozialisten, die damals über 400.000 SA-Männer unter Waffen hatten, mit der Wahl eines leitenden Kommunalbeamten in einem 56.000-Einwohner-Kreis zu vergleichen, ist schon ziemlich geschichtsvergessen. Übrigens: Auch Merkel wurde in demokratischen Wahlen gewählt. Sie machte dann später unter anderem Wahlen rückgängig und schredderte in der Corona-Krise die Grundrechte, und ihre Partei hält bis heute eine nicht gewählte Minderheitsregierung unter Führung eines Kommunisten im Amt, drängt auch nicht auf die zugesagten Neuwahlen. Könnte sein, dass die Leute im Kreis Sonneberg das nicht so prall fanden, zumal dieses antidemokratische Theater in, genau: Thüringen stattfindet, aber so ein Nazi-Vergleich, platter als eine Scholle, bietet sich für schlichte Gemüter ja immer ganz zuerst an. Ist allerdings auch laaaangweilig.  „Heute ist ein schwarzer Tag für unsere Demokratie. Doch diese ist stark. „Wehret den Anfängen“ bedeutet spätestens jetzt, dass die demokratischen Kräfte unseres Landes den Schulterschluss suchen müssen, um diese Feinde Deutschlands zu bekämpfen.“ (hier) Endlich hören wir mal etwas vom Ko-Vorsitzenden der Grünen, der sonst hinter Ricarda Lang zu verschwinden pflegt. Aber was hören wir da? Es ist ein schwarzer Tag für die Demokratie, wenn die Wähler einen Wechsel wollten? Oder nur, weil die Falschen gewonnen haben? Auch die Forderung nach einer „Einheitsfront der antifaschistisch-demokratischen Parteien" verstört, hat diese doch mutmaßlich nicht unerheblich zum Erfolg des AfD-Kandidaten beigetragen. In der Ex-DDR hat man die Einheitsfront noch recht gut in Erinnerung. Und wer ist zu den „Feinden Deutschlands“ zu zählen? Auf jeden Fall die Grüne Jugend, die sich schon mal die Auflösung Deutschlands wünscht oder Fußballfans auffordert, die „Fahnen runter“ zu nehmen. Oder ein Minister, der mit Deutschland bis heute nichts anzufangen weiß. „Erster Vertreter der Nazi-Partei #AfD wird Landrat. #Thüringen Kreis #Sonneberg Gewählt haben ihn Nazis, die auf anderen herumtrampeln wollen, um sich groß zu fühlen. Die es hassen, wenn es allen besser geht. Medien, die von "Protestwahlen" reden trifft meine volle Verachtung.“ (hier)  Nur so eine Vermutung: In Sonneberg haben Bürger die Gelegenheit genutzt, ihrem Unmut über die aktuelle Politik in Berlin Ausdruck zu verleihen, indem sie dem Einheitsparteienblock eins auswischten. Gründe fallen uns da viele ein, aber Jutta Gerta Armgard von Ditfurth von der Ökologischen Linken, Aktivistin für Feminismus, Ökosozialismus und Antirassismus, hat eine recht unterkomplexe Sicht auf die Dinge: alles Nazis außer Mutti! Die hassen es, „wenn es allen besser geht“. Geht uns doch allen immer besser, oder? „Erster AfD Landrat! Das ist ein Tiefpunkt unserer Politik seit dem dem Fall der Mauer. Die Bevölkerung muss besser mitgenommen werden auf dem Weg zu Klimaschutz und mehr Gerechtigkeit. Die AfD schürt Angst und Hass, hat aber Lösungen für Nichts“ (hier) Die Reichsbürger um den Cordhosen-Prinzen wollten nur ihn mitnehmen, Lauterbach gleich die ganze Bevölkerung. Da sollte man sich rechtzeitig einen Tür-Panzerriegel zulegen, der Mann meint, was er sagt. Wenn er uns nicht einsperrt, wegen eines Schnupfenvirus oder sommerlicher Hitze, nimmt er uns mit. Oder holt uns ab. Interessant auch, dass der Karlatan die Landratswahl einen „Tiefpunkt seit dem dem Fall der Mauer“ nennt. Zum einen, weil die Tiefpunkte insbesondere seit 2015 kaum noch zu zählen sind, und zum anderen, weil der Mauerfall nur ein Tiefpunkt für die Anhänger des real existierenden Sozialismus war. Wollen wohl immer noch frei sein, diese Ossis?! Unerhört! „Mit Rechtsradikalen gemeinsame Sache machen? Für Demokraten niemals, nirgendwo und aus keinem Grund! Demokratiefeinde, Rassisten, Antisemiten, Nationalisten von der AfD wählt man nicht, wenn man einen Funken Anstand und Verstand hat!“ (hier) „Pöbel-Ralle“ hat wieder mal sein Eau de Tourette aufgelegt, nichts Ungewöhnliches. Entscheidend ist hier: Was man wählt oder nicht, darf nicht dem Bürger überlassen bleiben, das entscheidet der Mann aus Bordesholm, der die politische Konkurrenz unterschiedslos ebenso beschimpft wie den Souverän, wenn der nicht spurt. Natürlich immer anständig und mit Verstand. Exakt so ein Auftreten ist es, das die Regierungspartei SPD derzeit so beliebt macht, dass sie bei der Sonntagsfrage bundesweit hinter die „Demokratiefeinde, Rassisten, Antisemiten, Nationalisten von der AfD“ zurückgefallen ist. „Wenn Brot an einer Stelle schimmelt ist es super wichtig, das ganze Brot zu entsorgen weil die Schimmelsporen unsichtbar das ganze Laib durchziehen können.“ (hier) Ohne uns länger damit aufzuhalten, dass es „den Laib“ heißen muss, worauf der Journalist (taz-Kolumnist) Amjahid aber ebenso pfeift wie auf korrekte Interpunktion, offenbart sich hier eine bedenkliche Einstellung, die an ein Statement der ZDF-Komikerin Sarah Bosetti in der Corona-Zeit erinnert: „Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essentiell für das Überleben des Gesamtkomplexes.“ Um es mal rundheraus zu sagen: Hier wird Entmenschlichung unliebsamer Gruppen betrieben. Der Blinddarm muss entfernt werden, das verschimmelte Brot „entsorgt“. Und solche Leute, die sich der Diktion aus gewissen unseligen Zeiten bedienen, beschweren sich, andere würden „die Grenzen des Sagbaren“ ausweiten. Genau unser Humor!    „Hätte es genug Zuzug aus dem Ausland gegeben (z.B. indem man die Visa-Pflicht für Afghan*innen und andere Verfolgte abschafft), und hätte man diesen Menschen sofort das Wahlrecht eingeräumt, wäre #Sonneberg heute kein Thema. Deshalb: Grenzen auf!“ (hier) Der „Seenotretter“ vulgo Schlepper Steier, vor einem halben Jahr einer breiteren Öffentlichkeit aufgefallen, als er twitterte, „irgendwann“ werde es „keine Weißbrote mehr geben“, worauf er sich gewiss schon freut, stellt erneut unter Beweis, dass er mit seinen Landsleuten nichts anfangen kann, um es einmal sehr höflich auszudrücken. Man könnte glatt von „Hass und Hetze“ sprechen, wenn einem dieses Wortpaar nicht schon zum Halse heraushängen würde. Steier schafft es doch glatt, die von rechten Kreisen gepflegte These vom „Bevölkerungsaustausch“ zu bestätigen. Wasser auf die Mühlen der rechtsextremen Demokratiefeinde! Und wie schrieb Brecht noch? „Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“ Steier hat da eine ganz einfache Lösung: Deutsche raus aus Deutschland, Afghanen rein und alles wird gut! Damit hat sich der Axel des Blöden Platz 1 verdient. Es würde auch nicht überraschen, wenn die Identitäre Bewegung ihn zum Mitarbeiter des Monats kürt.    Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.
Claudio Casula
In Thüringen hat eine Landratswahl stattgefunden und erstmals hat sich ein Kandidat der AfD durchgesetzt – gegen die „Einheitsfront der antifaschistisch-demokratischen Parteien“ gewissermaßen. Hier die Top Ten der peinlichsten Reaktionen aus den Reihen der Unterlegenen.
article
27.06.2023 06:00
https://www.achgut.com/artikel/afd_erfolg_die_10_duemmsten_reaktionen/P98#comment_entries
indubio Folge 50 – Kleine Zahl, große Wirkung
In der 50. Jubiläumsausgabe von INDUBIO diskutieren Henryk M. Broder, Cora Stephan und Markus Vahlefeld mit Burkhard Müller-Ullrich darüber, wie wichtig genaue Zahlen (sowohl von Demonstranten als auch von Kranken) sind. Außerdem geht es um die Rationalität der Araber, den Moralismus der Europäer und den Versuch von Gartenzwergen, den Koloss von Rhodos zu spielen. 
indubio
In der 50. Jubiläumsausgabe von INDUBIO diskutieren Henryk M. Broder, Cora Stephan und Markus Vahlefeld mit Burkhard Müller-Ullrich darüber, wie wichtig genaue Zahlen (sowohl von Demonstranten als auch von Kranken) sind. Außerdem geht es um die Rationalität der Araber, den Moralismus der Europäer und den Versuch von Gartenzwergen, den Koloss von Rhodos zu spielen. 
article
16.08.2020 12:00
https://www.achgut.com/artikel/indubio_folge_50_kleine_zahl_grosse_wirkung#comment_entries
YouTube löscht #allesaufdentisch – Auch „Die Achse des Guten“ betroffen
YouTube will die Aktion #allesaufdentisch offenbar komplett löschen! – Auch „Die Achse des Guten“ ist erneut betroffen. Trotz gerichtlicher Verbote werden weiter Videos zensiert. Wir bitten um Ihre Unterstützung. Die Initiatoren von „AllesaufdenTisch“, der Nachfolgeaktion von #allesdichtmachen, Volker Bruch („Tatort“, “Berlin Babylon”) und Jeana Paraschiva, sind alarmiert: „Wir versuchen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Das ist Demokratie. Unsere Stimmen auszulöschen, ist das traurige Gegenteil davon.“ Ich habe mich gegenüber „Bild” zufolge bereits zum Vorgehen Youtubes geäußert und spreche von einer neuen „Dimension des Rechtsbruchs durch Youtube. Legitime Stimmen“ werden eiskalt zum Schweigen gebracht“. „Meinungsfreiheit im Netz“ sorgt für die Rechtsverteidigung der Aktion „#allesaufdentisch”, wehrt sich gegen die rechtswidrigen Löschungen von Videos und gegen die drohende Kanallöschung. Und bittet hier um Ihre Unterstützung. Ziel der Initiative #allesaufdentisch ist es, „einen breitgefächerten, faktenbasierten, offenen und sachlichen Diskurs und auch eine ebensolche Auseinandersetzung mit den Videos” anzustoßen. Denn: Viele Experten und Expertinnen „wurden bisher in der öffentlichen Corona-Debatte nicht gehört.” Die von YouTube in der ersten Runde wegen angeblicher „medizinischer Fehlinformationen” gelöschten Videos, die keine medizinischen Fehlinformationen enthalten und auch sonst nicht zu beanstanden sind, sind „Angst #allesaufdentisch” und „Inzidenz #allesaufdentisch“. Einer der weltweit renommiertesten Wissenschaftler überhaupt, Professor John Ioannidis aus Stanford, kritisierte erst im September, dass Big Tech, also Facebook, Google, YouTube usw. wegen der Pandemie enorme Wertzuwächse an den Börsen erzielten und gleichzeitig eine mächtige Zensurmaschinerie entwickelten, um die der Öffentlichkeit zugänglichen Informationen zu manipulieren. Hier sehen wir ein Beispiel dafür, eine neue Dimension des Rechtsbruchs durch YouTube. Nur vier Stunden nach Einreichung der Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erließ die Pressekammer des Landgerichts Köln am 11.10.2021 antragsgemäß die von uns beantragten einstweiligen Verfügungen gegen YouTube, LG Köln 28 O 350/21 und 28 O 351/21. Hier ein Interview in “Bild”-TV zu dieser Sache. Aber: YouTube macht einfach weiter. Der „Spiegel“ berichtet am 13.10.2021: „Die Videoplattform YouTube scheint bisher keine klare Linie im Umgang mit der umstrittenen Aktion #allesaufdentisch gefunden zu haben. Ein YouTube-Sprecher bestätigte der Nachrichtenagentur dpa am Mittwochabend, dass zwei weitere Videos von #allesaufdentisch gelöscht wurden.“ Das ist zutreffend. Wie erratisch YouTube reagiert, mag man daran ablesen, dass das Unternehmen das Video „Angst“ bei #allesaufdentisch wiederherstellte, es zwei Tage später aber auf dem eigenen Kanal von Dr. Hüther erneut löschte und dessen Beschwerde zurückwies. Dr. Hüther ist Gesprächspartner in dem Video „Angst“. Auch gegen diese neuerlichen Löschungen geht die Initiative gerichtlich vor. YouTube verteidigt sich jetzt mit umfangreichen Schriftsätzen. Geht es nach dem IT-Riesen, sollen u.a. Videos verboten werden, die in einem 30-minütigen Interview in einem Satz Medikamente erwähnen, die das – staatliche – RKI nicht billigt. Die aber in Deutschland zugelassen sind und mit denen weltweit derzeit 81 wissenschaftliche Studien in Zusammenhang mit Covid-19 laufen! Geht es nach YouTube, sähen wir das Ende jeder wissenschaftlichen Debatte. Die Meinungsfreiheit dient auch und vor allem der Machtkritik. Sie muss angst- und sanktionsfrei ausgeübt werden können. YouTube gibt hier in seinen Richtlinien vor, nur zu sagen, was der Staat erlaubt. Bitte unterstützen Sie die Initiative in dieser Sache. Hier geht es um weit mehr als die Löschung einzelner Inhalte. Hier geht es um die Frage, ob demokratisch nicht legitimierte Monopolisten die Meinungsfreiheit und Grundprinzipien der Wissenschaft aushebeln dürfen, wenn diese staatlichen und behördlichen Vorgaben zuwiderlaufen. Über die Initiative: Die „Meinungsfreiheit im Netz“ soll mit Hilfe der Gerichte gegen die Zensur-, Sperr- und Einschüchterungsversuche der sozialen Medien verteidigt werden. Einen Überblick über die geführten Verfahren und die zahlreichen, richtungweisenden Erfolge finden Sie hier. PS: Soeben löschte YouTube – rechtswidrig – Videos auf dem Kanal der „Achse des Guten“ und den ebenfalls dort erscheinenden Podcast „Indubio“ von dem Kanal seines Moderators Burkhard Müller-Ulrich (BMU). Für BMU werden wir dann – erstmals – auch in der Schweiz vorgehen müssen und auch dort hoffentlich weitere richtungsweisende Entscheidungen herbeiführen. Henryk M.Broder, der die Initiative mitträgt, sagt: "Diese Leute müssen dringend in die Schranken gewiesen werden". Dank und mit Ihrer Hilfe.  
Joachim Nikolaus Steinhöfel
YouTube will die Aktion #allesaufdentisch offenbar komplett löschen! – Auch „Die Achse des Guten“ ist erneut betroffen. Trotz gerichtlicher Verbote werden weiter Videos zensiert.
article
26.10.2021 12:00
https://www.achgut.com/artikel/youtube_loescht_allesaufdentisch_auch_die_achse_des_guten_betroffen/P14#comment_entries
Rainer Bonhorst: Drei Antisemismen
Da viel Gutes schon gesagt ist, hier nur drei Bemerkungen zum Antisemitismus von heute: http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Nachrichten/Politik/Artikel,-Kommentar-zu-70-Jahre-Reichspogromnacht-_arid,1382843_regid,2_puid,2_pageid,4290.html (R.B. ist Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen Zeitung)
Gastautor
article
11.11.2008 09:39
https://www.achgut.com/artikel/rainer_bonhorst_drei_antisemismen
Afrika-ABC in Zitaten: Naturschutz als Geschäft / Polygamie
Der kenianische Ökologe Mordecai Ogada bezeichnet in einem Interview mit GEO am 15. Juli 2020 „Naturschutz ist der neue Kolonialismus“ den Umweltschutz in Afrika als ein verlogenes Machtinstrument. „Die große Organisationen versuchen, eine permanente Krise herbeizureden, um ihre Arbeit zu rechtfertigen. Naturschutz ist das einzige Gebiet, auf dem wir Versagen belohnen. Wir verehren die, die sagen: Seit 40 Jahren kämpfe ich für diese Tierart. Wenn Sie als Ingenieurin 40 Jahre lang an einem Problem arbeiten, ohne es zu lösen, dann verlieren Sie Ihren Job. Aber Naturschützer bewundern wir für ihre Ausdauer. Dabei haben sie 40 Jahre lang nichts gemacht oder das Falsche." Beispiel Elefanten: „Es gibt Organisationen, die behaupten, dass alle 15 Minuten ein Elefant in Afrika getötet wird. Und dass es bis 2025 keine Elefanten mehr in Freiheit geben wird. Das ist eine Lüge. Rein rechnerisch ist das gar nicht möglich... Stellen Sie sich 100.000 tote Elefanten vor. Die kann man nicht verstecken. Wo sind die Kadaver? Paul Allen, einer der Microsoft-Gründer, hat Millionen für diese Studie [Great Elephant Census] ausgegeben. Und die Wissenschaftler haben ihm geliefert, was er hören wollte. Es sind Prostituierte. Es gibt keine Retter, keine Heilsbringer.“ Binyavanga Wainnaina schreibt in seiner „Gebrauchsanweisung: Wie man über Afrika schreiben soll“, Südwind 04/2010, auch über weiße Umweltschützer: „Gleich nach Promi-AktivistenInnen und MitarbeiternInnen von Hilfsorganisationen sind UmweltschützerInnen die wichtigsten Menschen in Afrika. Suchen Sie keinen Streit mit ihnen, Sie wollen doch auf ihre 12.000-Hektar-Wildtier-Ranch (genannt: „Naturschutzgebiet") eingeladen werden. Denn das ist der einzige Weg, um ein Interview mit dem Promi zu bekommen. Das heldenhafte Antlitz eines Naturschützers auf dem Buchumschlag kann für den Verkauf wahre Wunder wirken. Alle sonnengebräunten Weißen im Khaki-Dress, die mal eine zahme Antilope oder einen Bauernhof hatten, sind NaturschützerInnen. Jemand, der Afrikas reiches Erbe bewahrt. Wenn Sie ihn oder sie interviewen, fragen Sie nicht, von welchem Geld sie leben. Fragen Sie auch nicht, wie viel Geld die Ranch einbringt. Und fragen Sie niemals, was sie oder er den Angestellten bezahlt.“ Die Zeitschrift GEO veröffentlichte am 13. November 2019 unter dem Titel „Ein Leben als Rivalin“ einen Artikel über die Polygamie. Die senegalesische Schauspielerin Khalima Gadji sieht die Polygamie als Eheform, die ihr Unabhängigkeit ermöglicht – und als gute Wahl für eine moderne Frau. Sie könne nun mal nicht alle Bedürfnisse eines Mannes erfüllen: „Ich bin keine Hausfrau. Ich arbeite und reise, ich verdiene mein eigenes Geld, meine Kunst ist mir wichtig. Mein Körper ist nicht dafür gemacht, fünf oder sechs Kinder zu haben“, zitiert die GEO-Reporterin Angela Köckritz die Schauspielerin. Gadji spielt die Hauptrolle in der sehr erfolgreichen senegalesischen TV-Serie „Maitresse d’un homme marié“. Die Serie zeigt indes das Leid der Polygamie in epischer Breite. „Frauen leiden in polygamen Ehen häufig unter permanenten Angstzuständen. Viele verharren in einer in einem Zustand der Unsicherheit über ihre Beziehung. Sie leben in ständiger Angst, von ihren Rivalinnen verhext zu werden“, sagt der Psychologe Pape Ladické Diouf, der die Macher des TV-Dramas beraten hat. Polygamie ist heute noch in Teilen der islamischen Welt, besonders in Afrika, weit verbreitet. Interessant finde ich vor allem die Polygamie im westlichen Afrika, weil es auch einen Zusammenhang mit dem höheren Bevölkerungswachstum in diesen Ländern geben könnte. (In Tunesien ist die Vielehe seit 1957 verboten. Der damalige Präsident Habib Bourgiba berief sich auf die universellen Menschenrechte. Mehrfachehe würde unweigerlich zu Ungerechtigkeit führen und müsse daher verboten werden.) Afrikanische Könige hatten bis zu 800 Frauen. Nach Leo Frobenius, dem Begründer der deutschen Afrikawissenschaft, betrachtete der König von Dahomey sämtliche Frauen seines Volkes als persönliches Eigentum.  Senegal ist das Land mit einer der höchsten Polygamie-Raten in Afrika. Ein Drittel aller Verheirateten im Senegal leben laut der Nationalen Agentur für Statistik und Demokratie (ANSD) in polygamer Ehe: 23,1 Prozent der verheirateten Männer und 44 Prozent der verheirateten Frauen. 1972 waren es noch knapp 52 Prozent der Frauen. Viele Frauen erben nach dem Tod ihres polygam lebenden Ehemannes wenig oder nichts. Seit 1974 ist im Senegal ein neues Ehegesetz in Kraft, das den Mann zwingt, sich auf dem Standesamt bei der ersten Heirat zwischen Monogamie und Polygamie zu entscheiden. David Signer in der NZZ vom 17.6.2015: „Aber auch wenn er nun „Monogamie“ ankreuzt, hat er immer noch die Möglichkeit, die zweite Frau nur religiös zu heiraten. Oder gar nicht. Das „deuxième bureau“ ist in Westafrika legendär. Der Ausdruck spielt darauf an, dass der Mann gerne behauptet, er müsse noch Überstunden im Büro machen, wenn er zu seiner Geliebten geht. (Das Pendant für den Liebhaber der Frau ist der „pneu de réserve“.) Ein Muslim kann bis zu vier Frauen offiziell heiraten, so er sie versorgen kann. Häufig sind es ältere Männer, die junge Frauen heiraten. Oft haben diese keine Wahl. Im Vergleich zur Ehelosigkeit ist Mitehefrau das kleinere Übel. Geschiedene und verwitwete Frauen gehen oft aus finanzieller Notwendigkeit eine Vielehe ein. Noch einmal David Signer: „Gerade für gebildete Frauen ist es ab einem gewissen Alter gar nicht so einfach, einen geeigneten Mann zu finden. Viele sagen sich dann: Lieber Zweitfrau eines interessanten, wohlhabenden, älteren Mannes als Erstfrau eines jungen, netten, aber armen Schluckers."  In Ländern wie Kenia können Männer eine weitere Frau nehmen, ohne Zustimmung der bisherigen Ehefrau. Der kenianische Abgeordnete Junet Mohammed sagte dem Radiosender Capital FM: „Wenn man eine afrikanische Frau heiratet, muss sie wissen, dass eine zweite und dritte folgen wird.“ In ländlichen Regionen Afrikas ist das noch ein weit verbreitetes Familienmodell. Alle Ehefrauen leben auf demselben Hof. Sie arbeiten auf dem Feld und sind billige Arbeitskräfte. In der Stadt wohnen die wenigsten Mitfrauen unter demselben Dach. Die meisten Frauen in den Städten bestehen auf einer eigenen Wohnung, wenn sie die Vielehe eingehen. Der Mann besucht seine Gattinnen nach einem festgelegten Wochenplan. Für die Erziehung der Kinder ist die Mutter verantwortlich. In der Theorie darf ein polygamer Ehemann seine Frauen nicht vernachlässigen, soll ihnen reihum Zuneigung schenken und Kleider sowie Geschenke kaufen. In der Regel warten die Frauen, bis sie an die Reihe kommen. Polygamie ist Statussymbol und die legalisierte Abwechslung für den Hausherrn. Die Senegalesin Mariama Ba (1929–1981) schreibt in ihrer klassisch gewordenen Erzählung „Ein so langer Brief“ (deutsch, 1998, Ullstein Taschenbuch), wie sie als moderne Afrikanerin zu einem Opfer der überlieferten islamischen Polygamie wurde. In den Szenen einer afrikanisch-islamischen Ehe hat Mariama Ba offenbar viel Autobiografisches verarbeitet. Das Buch wurde in zwölf Sprachen übersetzt. Nach 30 Jahren Ehe und zwölf geborenen Kindern wird Ramatoulaye von ihrem Mann für das Schulmädchen Binetou verlassen. Die Lehrerin, gerade Witwe geworden, schreibt ihrer Freundin Aissatou: „Ich ermesse mit Entsetzen die Tragweite von Moudous Verrat. Das Verlassen seiner ersten Familie (meiner Kinder und mir) war gleichbedeutend mit der Wahl eines neuen Lebens. Er wollte nichts mehr von uns wissen. Er plante seine Zukunft ohne Rücksicht auf unsere Existenz… Dieses Haus [das Haus für die neue Frau und deren Familie] und sein elegantes Mobiliar wurden erworben dank einem Bankdarlehen, das auf eine Hypothek der ‚Villa Falène‘, in der ich wohne, gewährt wurde. Diese Villa aber, deren Besitzurkunde seinen Namen trägt, ist eine gemeinsame Anschaffung aus unser beider Ersparnissen... Vier Millionen, die er dank seiner bevorzugten Position ohne Schwierigkeiten ausleihen konnte, hatten Frau Schwiegermutter und ihrem Mann erlaubt, nach Mekka zu reisen und dort den Titel ‚Hadja‘ und ‚El Hadji‘ zu erwerben; sie hatten außerdem ermöglicht, dass Binetou bei jeder kleinsten Beule einen neuen Alfa Romeo bekam.... Und dann, nachdem er Binetou aus dem Schulbetrieb herausgeholt hatte, zahlte er ihr monatlich fünfzigtausend Francs, wie ein ihr zustehendes Gehalt.“  Der Schriftsteller und Forschungsreisende Rolf Italiaander schreibt in seinem Nachwort zu „Ein so langer Brief“: „Manch einem genügt es nicht, dass er legal mehrere Frauen haben darf, sondern er glaubt, berechtigt zu sein, außerdem noch Freundinnen zu unterhalten. Die meisten Familien haben mehrere Kinder, oft zu viele – sechs, acht oder sogar zehn –, welche die Eltern aufgrund ihrer beschränkten Einkommensverhältnisse nur mühsam ernähren und kleiden können. Wiederholt habe ich Freunde und Bekannte nach der Anzahl ihrer Kinder befragt. Ihrer Antwort fügten fast alle hinzu: „Außerdem habe ich mehrere Kinder von Freundinnen. Ich weiß nicht, wie viele es sind und was aus ihnen geworden ist.“  In ihrem nächsten Roman „Der scharlachrote Gesang“, Fischer TB, 1994, schreibt Mariama Ba: „Durch die vertraulichen Mitteilungen seines Beschneidungsbruders hatte Ousman präzise Einzelheiten über das polygame Leben erfahren: Jeder Ehefrau wurde das Haushaltsgeld für den gesamten Haushalt jeweils für zwei Tage zugewiesen. Die Frau hatte sodann die erdrückende Verantwortung, diesen Betrag in mehrere Mahlzeiten umzusetzen. Sie bettelte oft, um den Gaumenfreuden des ‚Borom Keur‘ [Hausherr] zu schmeicheln, und sorgte für ihren guten Ruf, indem sie von allem das Beste in die Schüsseln der Erwachsenen tat. Bei dieser Aufteilung des Topfinhaltes hatten die Kinder das Nachsehen, und ihre Finger stießen nur auf Knochen im Couscous oder im Reis.“ Auch ihr Landsmann Sembène Ousmane (1923–2007), einer der wichtigsten afrikanischen Autoren, schreibt in seinen Erzählungen gegen die Polygamie und die patriarchalische Unterdrückung der Frauen mit Hilfe der islamischen Religion. Im Zweiten Weltkrieg Soldat in der französischen Armee, später Arbeiter bei Citroen und im Hafen von Marseille, veröffentlichte er 1956 seinen ersten Roman „Der schwarze Hafenarbeiter“. Bis zum 40. Lebensjahr lebte er danach in seiner Heimat Senegal als Schriftsteller. Da er aber auch die ungebildeten Schichten erreichen wollte, begann er nach einem Studium in Moskau, Filme zu drehen, in denen er Traditionen, die den Aufbau einer gerechten Gesellschaft behindern, teils satirisch, teils in Gleichnisform kritisiert. Interessant ist, dass die Filme Sembènes immer wieder größte Schwierigkeiten durch die Zensur des Dichter-Präsidenten Senghor und seiner Nachfolger bekamen. Der Autodidakt war den politischen Führern zu militant, wenn er mit seinen ganz konkreten Erfahrungen die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Widersprüche des täglichen Lebens im Senegal beschrieb. Obwohl seine Filme auch heute noch aktuell sind, wird man sie in keinem Fernsehprogramm in West- oder Zentralafrika finden. In „Weiße Genesis“, Oberbaum Verlag, 1983, schreibt er: „Wie alle Frauen spielte auch Ngoné War Thiandum in dieser von Sprüchen, weisen Ratschlägen und Empfehlungen zum widerstandslosen Gehorsam lebenden Gesellschaft nur eine Statistenrolle: Die Frau soll dies, die Frau soll das... Treue, grenzenlose Ergebenheit, Unterwürfigkeit mit Leib und Seele, damit ihr Herr und Gemahl nach Allah ihr Fürsprecher im Paradies sein kann. So war die Frau nichts als Zuhörerin. Niemals – außer bei der Hausarbeit – hatte sie Gelegenheit, ihre Meinung zu äußern. Sie musste zuhören und ausführen, was ihr Mann sagte.“ In „Meines Volkes schöne Heimat“, Oberbaum Verlag, 1997, beschreibt er ein heute noch aktuelles Problem in afrikanischen Ländern: „In einem Land, in dem Unfruchtbarkeit gleichbedeutend war mit Schuld, konnte eine Frau ohne Nachkommen nicht unter Rivalinnen leben. In vielen Fällen wurde die Scheidung verlangt und die Mitgift zurückgegeben. Für die Familie war dies eine entsetzliche Schande. […] Solange ihr aber die Frauen nicht als menschliches Wesen betrachtet und nur als einen Gegenstand eurer ungehemmten Leidenschaften, werdet ihr nicht weiterkommen. Die Frauen machen den größten Teil des Volkes aus. Für den Fortschritt gibt es kein größeres Hindernis als Polygamie.“  In seinem Roman „Xala“ (Hammer Verlag, 1997) beschließt El Hadji Abdou Kader Bèye, eine dritte Frau zu nehmen, die das Alter seiner Tochter hat: „Die beiden Mitfrauen begaben sich zur Freitreppe. Von dort oben beobachten sie die ganze Zeremonie. Zu ihrer Zeit und zu Beginn ihres ehelichen Lebens hatten sie diesen Augenblick selbst erlebt, das Herz voller Glück und voller Versprechen. Nun wurden sie Zeuginnen des Glücks einer anderen, einer Rivalin, und die Erinnerung an ihre eigenen Flitterwochen gab dem Ganzen einen gallebitteren Beigeschmack. Sie verspürten grausame Stiche der Bitterkeit. Eingehüllt in ihre gemeinsame Verlassenheit, vereinsamt, standen sie schweigend beieinander.“  Der Nigerianer Chinua Achebe (1930–2013) gilt als einer der Väter der modernen afrikanischen Literatur. Er schreibt in „Einer von uns“, deutsch, Fischer Klassik, 2016: „Das Problem bei meinem Vater war seine unersättliche Gier nach Frauen und Kindern. Oder sollte ich lieber sagen, Kindern und Frauen. Gegenwärtig hat er fünf Frauen – die jüngste selbst noch ein halbes Kind, das er sich letztes Jahr genommen hat. Dabei ist er mindestens achtundsechzig, wenn nicht siebzig. Er erhält eine kleine Rente, die vollkommen ausreichend wäre, wenn er eine kleine Familie und nicht fünfunddreißig Kinder hätte. Allerdings tut er inzwischen nicht einmal mehr so, als sorge er für die Familie. Die jeweiligen Frauen müssen selbst sehen, wie sie sich durchschlagen. Für die älteren wie Mama, deren erwachsene Kinder zum Unterhalt beitragen, ist es nicht so schlimm, aber die jüngeren müssen das Schulgeld für ihre Kinder mit dem Anbau von Feldfrüchten und ihrem bisschen Handel bestreiten.“  In dem Bestseller „Die geheimen Leben der Frauen des Baba Segi“, Edition Büchergilde, 2014, der Nigerianerin Lola Shoneyin wird beschrieben, wie die vierte jüngere, hübschere und gebildetere Ehefrau die vorherigen verdrängt. Die Schriftstellerin schildert, welche Folgen und Demütigungen die in Nigeria noch weit verbreitete Polygamie (nach einer Volkszählung leben ein Drittel der nigerianischen Frauen in einer polygamen Familie) mit sich bringt. Sie sagt: „Einige werden [zu Polygamie] gezwungen, weil ihnen die Gesellschaft, Kultur oder die Religion das so vorgibt.“ Man sollte meinen, dass sich das Verhältnis der Geschlechter in muslimischen afrikanischen Staaten seit 1983 wesentlich verbessert habe. Die Bücher von Ayaan Hirsi Ali belehren allerdings, dass Frauen, die ohne Bildung aufwachsen, auch heute noch in jahrhundertealten Traditionen gefangen sind. In Dakar, der Hauptstadt des Senegals, haben auch knapp ein Viertel (26,4 Prozent) der Frauen mit höherem Bildungsniveau die Vielehe gewählt. Es gibt keinen ernsthaften Versuch, die Polygamie dort abzuschaffen, obwohl dank eines Paritätsgesetzes 42 Prozent der Abgeordneten der Nationalversammlung weiblich sind.
Volker Seitz
Als Diplomat habe ich mich vor jeder Versetzung mit der zeitgenössischen Literatur eines für mich neuen Landes auseinandergesetzt. Das möchte ich auch jedem Reisenden, Entwicklungshelfer oder Journalisten empfehlen. Eine bessere Vorbereitung auf ein Land gibt es nicht. Dieses Zitate-ABC mag dabei helfen, den so widersprüchlichen Kontinent Afrika besser zu verstehen.
article
01.02.2021 15:00
https://www.achgut.com/artikel/afrika_abc_in_zitaten_naturschutz_als_geschaeft_polygamie#comment_entries
Was Kapitalismus mit Sex zu tun hat
Karstadt ist pleite. Eine schmerzliche Tatsache, die sich allerdings schon früh abzeichnete. Ein Konzern, der vor zwei Jahren allen Ernstes „Outdoor-Regenschirme“ verkaufen wollte, musste große Probleme haben. Viele sind der Meinung, die Regierung solle das Unternehmen retten und Karstadt in eine Art Staatskaufhaus verwandeln. Weht also bald durch die Filialen in Wuppertal und Offenbach kubanisches Flair? Leere Regale untermalt mit der Musik von Buena Vista Social Club? Das Subtile am Kapitalismus ist ja, das er ein gnadenloses Entmachtungsinstrument ist. Er trennt die Effektiven von den Ineffektiven. Wenn Bill Gates ab morgen keinen klugen Gedanken mehr hat, kann er in fünf Jahren seinen Laden dichtmachen. Fidel Castro hatte in seinem ganzen Leben noch keinen einzigen klugen Gedanken, aber ist trotzdem noch am Ruder. Denn mit der Marktwirtschaft ist es wie mit der Schwerkraft. Wenn man sich ihr entziehen will, muss man diese Welt verlassen. Eine Auffassung, die freilich nicht von allen Ökonomen geteilt wird. Vor etwa 80 Jahren lehrte der Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes, dass Regierungen bei Konjuktureinbrüchen mit Staatsausgaben gegensteuern sollen. Wenn der Osten nicht in Schwung kommt, kloppt man eben ein Musical-Theater in die Uckermark und – schuppdiwupp – entstehen blühende Landschaften. Das Geniale an Keynes war, dass er staatlichen Unfug auf eine wissenschaftliche Basis gestellt hat. Keynianer mögen jetzt einwenden: Ja, aber freie Marktwirtschaft ist doch sooo ungerecht! Natürlich wäre es erheblich fairer, wenn beim Fussball alle 22 Spieler auf derselben Seite spielen und wir diese dämlichen Tore abschaffen würden. In der Tat gibt wenige Beispiele, in denen staatliche Lenkung besser funktioniert als die Gesetze der Marktwirtschaft. Die Sozialisten in Moskau haben zum Beispiel Straßen nicht unter dem Gesichtspunkt angelegt, jemand könnte irgendwohin wollen. Sondern: Wie kann man die eindrucksvollsten Miltär-Paraden abhalten? Die Ampelschaltung wurde nicht etwa darauf ausgelegt, dass der Verkehrsfluß garantiert war, sondern, damit drei Luftwaffenbatallione und 100 Raketenwerfer innerhalb einer Grünphase die Kreuzung passieren konnten. Natürlich wird der freie Markt nie perfekt funktionieren, aber er funktioniert immer noch besser als die meisten Formen staatlicher Regulierung. Das Private ist dem Öffentlichen vorzuziehen. Was ist sicherer? Ihr Garten oder der Stadtpark? Wem vertrauen sie mehr? Ebay oder unserem Rentensystem? Was ist sauberer? Öffentliche Toiletten oder ihr Badezimmer? Sollten sie ein Jungeselle unter 30 sein, vergessen sie die letzte Frage. Kapitalismus ist so ähnlich wie Sex. Selbst wenn er schlecht ist, ist er immer noch besser als überhaupt keinen zu haben. Deswegen ist die Insolvenz von Karstadt auch kein Anzeichen von Marktversagen, sondern das genaue Gegenteil. Firmenpleiten sind eindeutige Indikatoren dafür, dass der Markt funktioniert. Wirtschaftliche Probleme oder Missmanagement dem ungerechten Markt anzulasten, ist so, als würde man seine Badezimmerwaage beschimpfen, weil man zehn Kilo zugenommen hat. Wirtschaftshistoriker haben seit 1870 etwa 150 Krisen identifiziert, in denen ein Land mindestens zehn Prozent Rückgang des Bruttoinlandproduktes erlebte. Ihre Anayse führte zu drei Schussfolgerungen. Erstens: Finanzkrisen wird es immer geben. Zweitens: Fast immer kamen Volkswirtschaften gestärkt aus den Krisen heraus. Drittens: Das Unklügste, was man machen kann, ist, die Verlierer einer Krise künstlich am Leben zu erhalten. Trotzdem sucht halb Europa derzeit sein Heil in einer konsequenten Rückverstaatlichung. Offenbar haben viele Menschen lieber die Sicherheit, wenig zu haben, als die Unsicherheit sich mit Angebot und Nachfrage auseinandersetzen zu müssen. Doch wer Angst vor dem Markt hat, hat in Wirklichkeit Angst vor dem Leben. Man kann die Gravitation nicht dafür verantwortlich machen, dass sich die Menschen in Dummheiten stürzen.
Vince Ebert
article
28.07.2009 19:53
https://www.achgut.com/artikel/was_kapitalismus_mit_sex_zu_tun_hat
Birgit Kelle: „Herztier“
Es ist fast eine Schande, dass ich mit „Herztier“ zum ersten Mal ein Buch von Herta Müller gelesen habe. Ihre Sprache trotzt bis heute dem Versuch, sie zum Schweigen zu bringen. Vielleicht ist sie deswegen so erbarmungslos deutlich. Und vielleicht muss es auch genau so sein. Es ist fast eine Schande, dass ich vorher noch nie ein Buch von Herta Müller gelesen habe. Nicht nur, weil sie den Literaturnobelpreis erhalten hat und tatsächlich den Mädchennamen meiner Großmutter trägt. Sondern auch, weil wir dieselben staubigen Straßen unsere Heimat nennen (Rumänien, Anm. d. Red.). Und dann lag es als Geschenk in meinem Briefkasten, und nun stehe ich berührt und auch verstört vor einem Buch in einer Sprache, die ich so noch nirgendwo gelesen habe. Ich war zu jung für Politik, als wir das Land damals 1984 verließen. Als ich geboren wurde, hatte sie schon viele Verhöre hinter sich. Heute erst erfahre ich Geschichten auch aus meiner Familie, wie der Onkel, der geholfen hat, Samisdat-Literatur aus dem Land zu schmuggeln. Ich höre gerne diese Geschichten, weil sie von jenen erzählen, die sich nicht unterkriegen ließen, und auch von ihnen und ihrem Scheitern erzählt Herta Müller. Sie beschreibt die Gefährtenschaft einer Handvoll Freude, die das alltägliche Grauen dokumentieren und dem System trotzen. Die sich einrichten in der Schikane und sie doch nie einfach hinnehmen. Beklemmend und hoffnungslos, monoton und trist, menschlich abgründig und mechanisch, manchmal erzeugen die Worte fast Ekel in ihrer Deutlichkeit. Zuletzt hatte ich dies beklemmende Gefühl, dieses direkte Unwohlsein das sich vom Sinn der Worte direkt in den Körper überträgt, als ich den „Archipel Gulag“ von Solschenizyn las. Das Buch habe ich nicht fertig bekommen und abgebrochen. Die Systematik der Unmenschlichkeit die dort dokumentiert steht, war schwer zu ertragen. Und jetzt Herta Müller. Es ist anders, weil es auch die Hoffnung nicht verliert, fast zärtlich auch jene beschreibt, die es nicht verdient haben. Jene, die ihr Herztier noch nicht verloren haben, denen es noch nicht entlaufen ist. Den Schrecken dieser unmenschlichen Systeme verstehen können nur jene, die die Angst kennen, die Barrieren des Misstrauens und die Widerwärtigkeit von Menschen, die mitten in der Ohnmacht ihre eigene Niederung an Macht auskosten. Umso wichtiger, diese Bücher zu lesen und weiter zu tragen gegen die Romantik jener, die heute noch leichtfertig kommunistischen Träumen nachlaufen, ohne zu ahnen, welchen Spalt zur Hölle auf Erden sie damit auftun. Ich werde jetzt auch Solschenizyn fertig lesen. Weil er es verdient hat. Weil er soviel riskiert hat, um der Welt zu zeigen, was hinter dem Eisernen Vorhang wirklich passierte. Herta Müller tat es auch. Ihre Sprache trotzt bis heute dem Versuch, sie zum Schweigen zu bringen. Vielleicht ist sie deswegen so erbarmungslos deutlich. Und vielleicht muss es auch genau so sein. Dieser Beitrag erschien zuerst auf Birgit Kelles Blog.
Birgit Kelle
Es ist fast eine Schande, dass ich mit „Herztier“ zum ersten Mal ein Buch von Herta Müller gelesen habe. Ihre Sprache trotzt bis heute dem Versuch, sie zum Schweigen zu bringen. Vielleicht ist sie deswegen so erbarmungslos deutlich. Und vielleicht muss es auch genau so sein.
article
25.07.2021 14:00
https://www.achgut.com/artikel/birgit_kelle_herztier
Unstatistik des Monats: Klimapaket und Flugticket-Preise
Die Unstatistik des Monats Oktober ist die Prognose, dass Inlandsflüge durch das Klimapaket der Bundesregierung deutlich verteuert würden. Mehrere Medien dramatisieren die angekündigte Erhöhung der Luftverkehrssteuer. Beispielsweise schreibt die Berliner Morgenpost, Flüge würden wohl „spürbar teurer“, die BILD-Zeitung titelt: „Steuer um 76 Prozent rauf – GroKo macht Flugtickets noch mal teurer!“ und auch ein Nachrichtenbeitrag auf dem Netzwerk LinkedIn prognostiziert: „Inlandsflüge werden wohl deutlich teurer“.  In allen genannten Beiträgen wird argumentiert, dass die Erhöhung der Steuer auf Inlandsflüge von derzeit 7,50 Euro auf 13,03 Euro einer Steigerung um 76 Prozent entspricht. Bei Auslandsflügen sei immerhin eine Steigerung von 41 Prozent (von 42,18 Euro auf 59,43 Euro) vorgesehen. Dabei fällt unter den Tisch, dass sich die absoluten Erhöhungen auf gerade einmal 5,53 Euro beziehungsweise 17,25 Euro belaufen – und sich am Ende in Form weitaus geringerer relativer Erhöhungen auf die Ticketpreise auswirken werden. Besonders irreführend ist deshalb die Schlussfolgerung der Berliner Morgenpost, die in unmittelbarer Nähe zu den Prozentangaben zu finden ist: „Da die Fluggesellschaften die Abgaben in der Regel komplett an die Kunden weiterreichen, dürften die Steuererhöhungen ab dem Frühjahr 1:1 auf die Ticketpreise durchschlagen.“ Eine kurze illustrative Recherche soll dies an drei innerdeutschen Flugzielen demonstrieren: dem Flughafen Berlin-Tegel, der von einer Billigfluglinie angeflogen wird, dem großen und hoch frequentierten Flughafen Hamburg und dem kleineren Flughafen Saarbrücken mit einem Oligopol weniger Fluglinien. Für jeden Flughafen haben wir einen morgendlichen Hinflug von München und einen Rückflug am selben Abend recherchiert – einmal kurzfristig mit einem Tag Vorlauf, einmal langfristig für den kommenden Monat. Nach Berlin kosten die billigsten Tickets für den kurzfristig anberaumten Hin- und Rückflug rund 135 Euro, für den langfristig anberaumten Flug rund 65 Euro. Diese Flüge würden sich um rund 4,1 Prozent bis rund 8,5 Prozent verteuern. Für einen Flug nach Hamburg müsste man kurzfristig 390 Euro auf den Tisch legen, mit etwas Vorlauf noch 160 Euro. Die Verteuerung durch die Steuer beträgt rechnerisch 1,4 Prozent bis 3,5 Prozent. Nach Saarbrücken zu fliegen, kostet bei einem Flug am übernächsten Tag satte 830 Euro, in einem Monat immerhin noch 570 Euro. Hier schlägt die Steuererhöhung mit gerade einmal 0,7 Prozent bis knapp 1 Prozent durch. „Spürbar“, aber kaum „deutlich“ wäre die Erhöhung wohl nur im ersten Fall, beim Billigflug nach Berlin. Allerdings sehen es Pläne des Verkehrs- und Wirtschaftsministeriums zudem vor, den Billigfluganbietern per Verordnung zu untersagen, ihre Tickets unter den Kosten von Steuern, Entgelten und Zuschlägen anzubieten. Schon deshalb wird sich der Effekt der Steuererhöhung weiter reduzieren, weil der Ausgangspreis von 66 Euro unter diesen Vorgaben kaum zu halten sein dürfte. Auch wenn die Berechnung der prozentualen Steuererhöhungen mathematisch nicht zu kritisieren ist, so ist es doch die implizite, dramatisierende Botschaft an den Leser, die aus einer Mücke einen Elefanten macht. Umso erfreulicher sind Positiv-Beispiele wie der Artikel auf ZEIT online, der auf die Angabe prozentualer Veränderungen verzichtet und die Steuererhöhung als das bezeichnet, was sie ist – relativ klein.   Mit der „Unstatistik des Monats“ hinterfragen der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, der Dortmunder Statistiker Walter Krämer, RWI-Vizepräsident Thomas K. Bauer sowie Katharina Schüller, Chefin der statistischen Beratungsfirma Stat-Up in München, jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen. Alle „Unstatistiken“ finden Sie im Internet unter www.unstatistik.de
Walter Krämer
Auch wenn die Berechnung der prozentualen Steuererhöhungen in Sachen Klimapaket und Flugpreise mathematisch nicht zu kritisieren ist, so ist es doch die implizite, dramatisierende Botschaft an den Leser, die aus einer Mücke einen Elefanten macht.
article
31.10.2019 10:00
https://www.achgut.com//artikel/unstatistik_des_monats_klimapaket_und_flugticketpreise
Amerika, ein Kampf der Eliten
Seinem Land droht der Verlust der eigenen Identität, befürchtet der Konservative V. D. Hanson im Gespräch mit Leon de Winter.
Fundstück
article
17.03.2012 11:27
https://www.achgut.com/artikel/amerika_ein_kampf_der_eliten
New Yorker Schulbehörde hält „Individualismus“ für diskriminierend
Die kommunale Schulbehörde von New York City (NYCDOE) möchte eine „Kultur der weißen Vorherrschaft“ („white supremacy“) in ihren eigenen Reihen bekämpfen und warnt zu diesem Zweck vor angeblich diskriminierenden Konzepten wie „Individualismus“, „Objektivität“ und „Perfektionismus“. Das berichtet die „New York Post“ mit Bezug auf Fotos, die der Zeitung zugespielt worden seien. Die Fotos seien bei einem Seminar entstanden, an dem kürzlich Schulleiter und leitende Angestellte der Schulverwaltung teilgenommen hätten. Sie zeigen PowerPoint Folien, auf denen stichpunktartig „weiße“ Konzepte aufgezählt werden, die nicht-weiße Mitarbeiter benachteiligten und deshalb aus der Arbeit der Schulverwaltung verschwinden müssten. Neben den oben genannten Beispielen gehören unter anderem auch „Abwehrhaltung“, „Handlungsdruck“ und „Verehrung des geschriebenen Wortes“ zu den angeblich problematischen Konzepten. Die Folien weisen das Buch „Dismantling Racism“ („Rassismus demontieren“) von Kenneth Jones und Tema Okun als Quelle der Liste aus. Laut „New York Post“ war die NYCDOE bislang nicht bereit, sich zu den Seminarinhalten zu äußern. Matt Gonzales, der die Schulbehörde als freier Mitarbeiter beim Thema „Vielfalt“ berät, habe die Seminare jedoch verteidigt: „Die Tatsache, dass die Offenheit des Programms bei manchen Menschen Unbehagen auslöst, zeigt, dass es funktioniert.“ Nach Angaben der „New York Post“ führt die NYCDOE auch Antidiskriminierungsseminare für ganz normale Lehrer durch. Auch diese seien umstritten. „Ich habe immer gesagt: Das sind meine Schüler, egal ob sie grün, lila, orange oder schwarz sind“, zitiert die Zeitung eine anonyme Lehrkraft. „Jetzt wird uns beigebracht, die Schüler als afroamerikanisch, haitisch, puerto-ricanisch, dominikanisch und so weiter zu betrachten. Ich komme mir vor wie in einem dystopischen Roman, in dem Weißsein plötzlich etwas Schlechtes ist. Plötzlich bin ich der Feind.“
News-Redaktion
Die kommunale Schulbehörde von New York City möchte eine „Kultur der weißen Vorherrschaft“ („white supremacy“) in ihren eigenen Reihen bekämpfen. In Seminaren sollen Mitarbeiter lernen, dass Konzepte wie „Individualismus“, „Objektivität“ und „Perfektionismus“ diskriminierend sind.
article
24.05.2019 11:30
https://www.achgut.com/artikel/new_yorker_schulbehoerde_haelt_individualismus_fuer_diskriminierend
Hier bleibt Ihnen das Lachen…
... im Hals stecken.  http://cdn4.spiegel.de/images/image-652323-panoV9free-wkaf.jpg Zuvor veröffentlicht unter: http://www.spiegel.de/spam/spam-fotowitz-gauck-fordert-mehr-selbstbewusstsein-a-950721.html#sp.sendarticle=1
Fundstück
article
04.02.2014 01:13
https://www.achgut.com//artikel/hier_bleibt_ihnen_das_lachen
Artists & Antisemites
Benjamin Weinthal Surrend also received an endorsement from Wolfgang Benz, the controversial head of the publicly funded Berlin Centre for Antisemitism Research, who, commenting on the poster on German television, argued: “Antisemitism is different from anti-Zionism…but it’s so practical to denounce anything one doesn’t like as antisemitism.” But Benz has other troubles, currently finding himself under attack for praising his Nazi academic mentor, Karl Bosl. http://www.thejc.com/comment-and-debate/comment/32829/how-political-artists-do-away-nations
Gastautor
article
10.06.2010 14:52
https://www.achgut.com/artikel/artists_antisemites
Jasperletheater um die Mörder
Der islamistische Angriff auf Islamkritiker, bei dem ein Polizist getötet wurde, treibt in manchen Redaktionen seltsame Blüten. Ein Beispiel ist Jasper van Altenbockum in der FAZ. Auf FAZ.net kommentiert Jasper van Altenbockum die Morde an dem hessischen CDU-Politker Walter Lübcke und an dem Mannheimer Polizisten Rouven L.: Als hätte der Zufall eine zynische Regie geführt, wird der fünfte Jahrestag dieses politischen Mordes vom Tod eines Polizisten überschattet, der in Mannheim eine politische Veranstaltung schützen sollte. (...) Gewalt ist ständiger Begleiter einer von Extremisten bevölkerten politischen Landschaft. In vielen solcher Fälle sind es auf den ersten Blick Einzeltäter. Doch es ist wahr, was Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Gedenken an Lübcke sagte, dass die vermeintlichen Einzeltäter meist im Dunstkreis einer organisierten oder informellen Bewegung agieren. Ob Rechts- oder Linksradikalismus, ob Islamismus oder Querdenkertum: Sie sind die Spitzen eines Eisbergs. Nach jeder dieser Taten wird dieselbe Frage gestellt: Was tun? Da Motive unterschiedlich sind, gibt es keine Patentlösungen. Fraglich ist, ob einer gerne bemühten „Zivilgesellschaft“ die Aufgabe zukommt, „wachsam“ zu sein und Strafvereitelung zu betreiben. Selbst notorische Kritiker der Sicherheitsbehörden und Geheimdienste werden zugeben müssen: Polizei und Verfassungsschutz sind dafür besser geeignet. (...) Selbst die beste Politik treibt verirrte Geister in den politischen Wahn einer großen Blase. Es gibt keine Gegenmittel, die überzeugender wären als die Mittel der Justiz. Schon eine kurze Textanalyse legt Abgründe frei: Da wird also der politische Mord an einen Politiker "überschattet" vom Tod eines Polizisten. Das sei ein "Zufall", wenn auch durch "zynische Regie". Wenn es eine Regie gibt, dann gibt es auch einen Regisseur. Diesen mit "Zufall" zu benennen, greift nicht nur zu kurz, sondern selbst Jasper von Altenbockum ist dazu letztlich nicht bereit. Denn was hat er dazu festzustellen? Dass der Bundespräsident nicht nur im Recht ist mit seinen Analysen, sondern dass es legitim ist, auch von seiner, Altenbockums, Seite, das "Querdenkertum" mit in den Topf der Gewalttäter zu werfen. Altenbockum will sich nicht erinnern, von wessen Seite die Gewalt gegen friedlich demonstrierende "Querdenker" zu Covid-Zeiten ausging, und wer damals öffentlich gegen sie agitierte: Es waren der Staat, flankiert von den Leitmedien, und sein verlängerter Arm, die Polizei! Altenbockums Argumentation ist angesichts der damaligen Einschränkungen der Grundrechte nicht nur verquer, sie ist unredlich.  Von Altenbockums Kulissenschieberei mitsamt seinem unsauberen Argumentationstheater stellt einen weiteren intellektuellen Tiefpunkt der einst ruhmreichen, analytisch scharfen FAZ dar: Was nur meint Altenbockum mit "beste Politik"? Dass ein hilflos-übergriffiger Staat sowohl in Sachen unkontrollierter Migration als auch in Sachen überkontrollierender Corona-"Maßnahmen" durch seine eklatanten Fehlentscheidungen jenen Extremismus, den er heute beklagen und bekämpfen muss, selbst auf den Plan rief und schürte, und dass ein solcher Staat sich nun unfähig zeigt, auch nur eine dieser Fehlentscheidungen zu bereuen oder auch nur zuzugeben, dass ein solcher Staat darüber hinaus meint, sich lieber im Kampf gegen Argumente von rechts mit der linksextremen "Antifa" verbünden zu müssen, all das unterschlägt der Kommentator! Altenbockum bedient seine Leser lieber mit seinem alle Ursachen verschleiernden zweiten Blick auf die "Einzeltäter" – um sogleich nach Sicherheitsbehörden, Geheimdiensten und Justiz zu rufen, nach noch mehr von diesem failed state. Immerhin, da könnte von Altenbockum recht behalten: Ein toter Polizist ist ein Fanal für jene Sicherheitsbehörden, nach denen er ruft: Sie sollen also weiter ihr Leben hinhalten für politische und staatliche Fehlentscheidungen! Geheimdienste und Justiz sollen mit ihnen gemeinsam das lösen, was die Zivilgesellschaft nicht lösen kann. Und der Staat? Die Politik? Sie müssen offenbar überhaupt nichts tun, nicht das Geringste ändern. Gewiss, die Zivilgesellschaft kann es nicht ändern, aber die Organe jenes Staates, der versagt hat und wieder versagt, und von dessen Sicherheitsbeauftragten gerade einer brutal und hinterhältig getötet worden ist, die sollen es richten. Wenn die FAZ mit Jasper von Altenbockums theatralischem Kommentar ihren geistigen Bankrott erklären wollte, à la bonne heure: Es ist ihr gelungen.   Dr. med. Jesko Matthes war Alumnus der Studienstiftung des Deutschen Volkes, immunologische Promotion über Tumornekrosefaktor- und Lymphotoxin-Messung, auch in virustransfizierten Zelllinien maligner Lymphome. Notarzt mit LNA-Qualifikation. Er ist Arzt und lebt in Deutsch-Evern.
Jesko Matthes
Der islamistische Angriff auf Islamkritiker, bei dem ein Polizist getötet wurde, treibt in manchen Redaktionen seltsame Blüten. Ein Beispiel ist Jasper van Altenbockum in der FAZ.
article
03.06.2024 10:00
https://www.achgut.com/artikel/jasperletheater_um_die_moerder/P49#comment_entries
Strom aus Hühnchen – Leser fragen, Achgut antwortet
Das Achgut-Stück zu den neuartigen Hühnchen-Akkus erschütterte vergangene Woche die Republik. Beatrix von Storch twitterte, Hans-Georg Maaßen zog sich einen Shitstorm zu, die Grünen vergeigten eine Landtagswahl und Leser hatten Fragen. Hier die Antworten im Rahmen unserer beliebten Reihe „Achse im Dialog“. Oliver Groh: Kann der Strom beim Einfrieren auch Gefrierbrand bekommen? Frage für einen grünen Freund. Nein. Solange Sie den Strom nicht einzeln, sondern vorschriftsmäßig im Hühnchen einfrieren, kann ihm nichts passieren. PS, Grüße an Ihren grünen Freund. Ich habe auch einen. Vielleicht ist es derselbe? Margit Broetz: Da bekommt der Begriff „Legebatterie” eine ganz neue Bedeutung! Genau! Das könnte glatt zum „geflügelten“ Wort werden. Bruhaha! Tina Tobel: Welcher Supermarkt würde seine Tiefkühlhühnchen überflüssigerweise bei -22°C aufbewahren, wenn -20°C ausreichen? Unternehmen in einer Marktwirtschaft arbeiten ständig daran, unnötige Kosten zu vermeiden. Na toll, Frau Tobel. Jetzt haben Sie’s den Supermärkten verraten. Damit ist die ganze Energiewende kaputt. Facepalm! Dieter Biermann: Sollte sich am Wahlsonntag abzeichnen, dass A.C.A.B., die Blitzgescheite, wirklich Kanzlerin wird, bin ich am Montag im Baumarkt und kauf mir ein Notstromaggregat. Sie meinen einen Hühnerstall, richtig? „Urban Farming“ ist bekanntlich der neue Megatrend, die Stars machen es vor. Tipp: Bevor Sie sich festlegen, sollten Sie die moderne Energieversorgung testen. Dafür bietet sich ein Miethuhn an. Dr. Isa Grimm: Was ihr nur wollt? Die (unterschwellig) frohe Botschaft lautet: Wir werden auch in Zukunft Brathähnchen essen dürfen! Im Gegenteil, Doc Grimm. Jetzt, wo TK-Geflügel als Energiespeicher entdeckt ist, wird der Aufdruck „Zum Verzehr nicht geeignet“ Pflicht. Eigentlich logisch. Oder haben Sie schon einmal am Akku Ihres Laptops geknabbert? Dieter Rose: Wenn wir jetzt alle die Türen und Klappen unserer Tiefkühltruhen und -schränke sowie der Ķühlschränke offen stehen lassen würden, hülfe das nicht gegen die drohende Klimaerwärmung? Nur so ins Unreine gefragt. Erstens, Respekt für „hülfe“. Zweitens, aus dem Unreinen geantwortet: sehr guter Gedanke. Ihre Erfindung existiert allerdings schon, sogar ohne die lästigen Klappen und Türen. Schauen Sie mal hier. Bereits am Namen erkennen Sie, welchem Zweck diese Geräte dienen: Klimaschutz! Peter Groepper: Die Kritik an Frau Baerbock ist unerträglich. Ich bin von Eignung und bestem Willen des Spitzenpersonals der Grünen und auch aller anderen potentiellen Regierungsparteien beeindruckt und überzeugt. Und nach der Wahl will ich auch mein Bankkonto behalten dürfen. Da kann ich Sie beruhigen. Ihr Konto werden Sie sogar behalten müssen. Was glauben Sie denn, wer die Weltrettung bezahlt? Kleiner Tipp: Die Chinesen sind es nicht. Auch nicht die Russen, Inder oder Amis. Und jetzt denken Sie ganz scharf nach, wer übrig bleibt. Wirsam, Dietmar: Die liebe Annalena hilft durch ihre genialen Ideen der bösen AfD maximal. Wer hätte das gedacht? Sieht so aus. Beatrix von Storch hat das Achgut-Stück zu Annalenas Wortsalat sogar weiterverbreitet. Und Hans-Georg Maaßen griff die A.C.A.B.-Abkürzung auf, versuchte sich per Tweet an Ironie und löste einen gewaltigen Shitstorm aus. Schönen Dank auch. Dafür wird uns wegen Verstoßes gegen § 666 Strafgesetzbuch („Beifall von der falschen Seite“) mindestens zwei Wochen der Strom abgeklemmt. Gut, dass wir noch einen Wiesenhof-Akku im Tiefkühlfach haben. Wolfgang Reihnert: Ich bin immer wieder erstaunt, wie man hier teilweise diese vielleicht bald mächtige Frau, z.B. als Außenministerin, abtut. […] Deshalb muss ihr und ihrer obskuren Partei der Weg an die Macht mit Wahlzetteln verbaut werden. Sorry, Herr Reihnert, aber eine Außenministerin Baerbock wäre nun wirklich kein Problem. Deutsche Außenpolitik besteht aus drei Komponenten: 1. Wir müssen miteinander im Gespräch bleiben. 2. Wir protestieren aufs Schärfste. 3. Okay, wir bezahlen. Das dürfte sogar Annalena Baerbock hinkriegen. Und zwar mindestens so überzeugend wie der sprechende Kleiderbügel von der SPD. Gertraude Wenz: Dass Deutschland untergehen wird, damit habe ich mich abgefunden. Aber mit Annalena als Kanzlerinnende wird’s wenigstens lustig. Liebe Frau Wenz, ich mag Ihre Einstellung. Hauptsache, positiv. Wie schon ein altes deutsches Sprichwort sagt: Der Akku ist halb voll, nicht halb leer! Frances Johnson: Den Leuten muss klargemacht werden, wie ein Blackout aussieht. Am besten zeigt man Yogeshwars (ja, ich weiß) Film über einen Ausbruch der Phlegräischen Felder. Dear Mrs. Johnson, wozu? Wir wissen doch, wer an einem Blackout schuld sein wird: die AfD, Viktor Orbán oder russische Hacker. Wahlweise chinesische. Oder alle zusammen. Auf jeden Fall nicht die großartige Energiewende. Andreas Mertens: Hoffen wir einfach auf den langanhaltenden (4–6 Monate) und flächendeckenden Blackout. Einen sechsmonatigen Blackout wird es nicht geben. Nach einem halben Jahr ohne Strom sieht es hierzulande aus wie bei „The Walking Dead“. Und Fachleute, die Kraftwerke betreiben und Stromnetze hochfahren könnten, kompostieren im Straßengraben vor sich hin. Kurz, nach sechs Monaten gilt: Der Blackout ist gekommen, um zu bleiben. Außer natürlich, wenn uns die Amis wieder mal aus der Patsche helfen. Fred Burig: Wer unbedingt extrem wählen will, sollte die Baerböckige wählen – denn dümmer geht’s nimmer. Hm. Kennen Sie Susanne Hennig-Wellsow? Blumenkind, AfD-Opfer und seit Kurzem Co-Chefin der Linken? Kennen Sie nicht? Dann schauen Sie sich diesen legendären Auftritt an (ab Min. 51:40). Die Marx-Verehrerin geriet so schwer schnaufend ins Schwimmen, dass man fast schon Mitleid bekommen konnte. Wenn diese Dame im Zuge einer grün-rot-roten Machtübernahme ein Ministeramt abstaubt, wird’s in Deutschland so zappenduster wie in ihrem Oberstübchen. Klaus-Peter Jünemann: Vielleicht wird Annalena auch bitter Unrecht getan. Wenn sich ihre jetzt noch utopisch anmutenden Ideen in fünf Jahren plötzlich als realistisch erweisen und sie als Erfinderin des Wiesenhof-Reaktors gefeiert wird, stehen viele ihrer Kritiker ziemlich dumm da. Möglich ist alles. Über Annalenas Visionen haben ja bereits vor drei Jahren alle gelacht. Bis die E.ON SolarCloud kam. Thomas Kache: Ist eigentlich schon mal jemandem aufgefallen, was alleine dieser Terminus ,erneuerbare Energie’ für ein himmelschreiender Blödsinn ist? Hallo? Energie ist sehr wohl erneuerbar. Die Grünen erfinden sie schließlich täglich neu, und zwar mit einer Technologie namens „neues Denken“. Lutz Jordan: Achgut sollte eine ständige Kolumne einrichten mit dem Titel „Der Baerbock der Woche“. Da hätte man dann etwas zum Staunen. Prima Idee. Andererseits, wollen Sie wirklich jede Woche weinen? Andreas Giovanni Brunner: Als Nichtdeutscher ist es mir nach all dem vollkommenen Unsinn, den dieses Fräulein von sich gibt, unbegreiflich, dass so jemand ernsthaft als Kanzlerkandidatin in Erwägung gezogen wird. […] Seid ihr Deutschen geistig behindert oder wo dagegengerannt? Bitte? Geht’s noch? Wo wir Deutschen sind, ist vorne. Moralisch, technisch, historisch. Logisch. Außerdem sagt man nicht mehr „behindert“, sondern spricht von „besonderen Bedürfnissen“, Sie Südtiroler, Sie! Zdenek Wagner: Ähm ... muss Strom, bevor er „im Netz gespeichert“ werden kann, nicht erst einmal erzeugt werden? Ach Gottchen, Sie haben vielleicht Probleme. Um diese Kleinigkeit können wir uns wirklich später kümmern, oder? Frank Mertes: Das Tragische ist, wenn die gute Annalena Ihre Ausführungen liest, wird sie denken: Endlich jemand, der mich versteht, genau so kann es funktionieren mit der Energiespeicherung und den Hühnchen im Supermarkt und den Rechenzentren. Interessanter Gedanke. Dann würde sie mich zum Energieminister ernennen, ich könnte heimlich die AKW wieder anknipsen, und meine Kanzlerin wäre begeistert, wie flutschig ihre Geflügel-Akkus arbeiten. Win-win. Peer Doerrer: Einfach Klasse, die bösen Atomkraftwerke kommen weg, und Hühnchen liefern Strom. Den Text drucke ich mir aus als „Wahlhilfe” für grüne Kollegen. Fun Fact am Rande für Ihre grünen Kollegen: Jan Fleischhauer erzählte letztens im ARD-„Presseclub“, warum die AKW sterben müssen (hier ab Min. 25:07). Kurz nach Merkels Kill-Order habe man in kleiner Runde beisammengesessen. Auf die Frage, warum sie denn die Kernkraft abschalten lasse, obwohl sie als Physikerin selbst nicht an die angebliche Gefahr glaube, antwortete Merkel: wegen der Umfragen. Nach Fukushima sei die Angst groß. Sogar 60 Prozent der CDU-Mitglieder seien jetzt für Sofortabschaltung. Merkel bekannte also ganz offen: Nicht wegen der Sicherheit, sondern wegen einer aktuellen Stimmungslage im Frühjahr 2011 dürfen wir uns jetzt mit Annie and The Energy Chicks herumschlagen. Bargel, Heiner: Ich wollt, ich wär ein Huhn, / ich hätt nicht viel zu tun, / ich tau mich auf, dann geb ich Strom, / was braucht es da Atom? / Das sichert Grundlast oder so. / Wer’s glaubt, ist dämlich, aber froh! Absolut hitverdächtig. Amanda-Gorman-Preis 2021 by Achgut ist hiermit verliehen. Udo Kemmerling: Bei dem Satz „Dabei verbraucht die Kühlung bekanntermaßen eine Menge Energie, die anschließend in den tiefgefrorenen Hühnchen gespeichert ist“ habe ich die Kontrolle über Darm und Blase verloren. Lieber Herr Kemmerling, schön, mal wieder von Ihnen zu hören. Allerdings muss ich Sie darauf hinweisen, dass Sie gegen das TMI-Gesetz verstoßen haben – too much information. Ferdinant Katz: Mann Gottes! […] Ich prophezeie stürmische Zeiten für Grüne und ihre Partei, vielleicht erleben wir noch, wie Grüne aus ihrem schmucken Eigenheim hinausenteignet werden … oder bei minus elf Grad auf den Scheiterhaufen kommen, zwecks kollektiver Erwärmung. Ad eins: Danke. Ad zwei: Das glauben Sie doch selbst nicht. Wenn, dann werden die „Rechten“ entsorgt – aber nicht per Verbrennung, sondern per Tiefkühlung. Jeder von uns kann so später in einem grünen Einfamilienhaus als Energiespeicher seine Sünden abbüßen. Frank Müller: Ich bin Schichtleiter in einem sehr großen Braunkohlekraftwerk. […] Ich habe gerade von 05:00 bis 17:00 am Wochenende (ja, Kraftwerke laufen auch am Sonntag, wer hätte das gedacht) an unserer Energieversorgung gearbeitet. Und ich bin ein alter weißer Mann. O Gott, wie ich mich schäme. Sie haben allen Grund, sich zu schämen. Mit Ihren Fake News verunsichern Sie „die Menschen da draußen“ und tragen zur Spaltung der Gesellschaft bei. Welchen Verschwörungsmythos wollen Sie als nächstes verbreiten? Dass Strom aus ihrem Kraftwerk kommt und nicht aus der Steckdose? Silas Loy: Strom durch Verzicht! Das ist doch genial. – Peter Hager: Ist nichts anderes als eine Lastverschiebung beim Strombezug und keine „Stromspeicherung“. – Frank Lucas: Strom wird zukünftig zugeteilt. Das ist die Kernaussage, seit Jahren schon. – Ernst Dinkel: In alten Zeiten nannte man das Rationierung. – Jan-Hendrik Schmidt: Im Prinzip hat sie gesagt, dass partiell der Strom abgestellt wird, um die Grundlast zu stabilisieren. Ist in Regionen der Dritten Welt gängige Praxis. – Alex Müller: Zappelverbrauch für Zappelstrom sozusagen – nur, dass es sich nicht um Energiespeicherung, sondern Lastregelung handelt. Ob Frau Baerbock wohl den Unterschied kennt? Meine Herren, ich bitte Sie! Ihre Korinthenkackerei macht uns alte, weiße Männer nicht sympathischer. Stromspeicherung oder Lastabwurf – das ist doch nur eine semantische Debatte. So was braucht erstens kein Mensch, und zweitens kennt Frau Baerbock selbstverständlich den Unterschied. Nur, den Wählern einfach so sagen, dass es in Zukunft eng wird mit dem Strom, das können Sie nicht ernsthaft erwarten. Was wäre das denn für eine Politik! Lola Melber: Was läuft da für ein Film? Ich bin überfragt. Die beste kleine Frau von allen sagt, sie komme sich vor wie in der „Truman Show“. Lutz Herrmann: Hat man eigentlich mal den Einflüsterer von Annalena Charlotte Alma Baerbock ausfindig machen können? Auf die Sache mit dem Hühnchen ist die doch nicht selbst gekommen. Herr Herrmann, schauen Sie hier bei Herrn Kief: Dieter Kief: Die Top-Idee mit dem „intelligenten Netz“ ist nicht auf Annalena Baerbocks Mist gewachsen, das hat man der, so gut es eben ging, eingetrichtert. Die grüne Top-Checker-Riege, die dieses Konzept ersann, wird angeführt von Professor Claudia Kemfert, die als Expertin für Grünen Strom deutschlandweit geradezu angebetet wird. […] Richtig. Die Mitglieder der Kemfert-Sekte hängen dem Glauben an, man könne die Akkus einer Fantastilliarde Elektroautos zur flexiblen Zwischenlagerung von deutschem Wind- und Sonnenstrom nutzen. Im Prinzip ein tolles Konzept, ähnlich wie Gott und Globuli. Damit es funktioniert, müssen die E-Scientologen nur noch die E-Automobilisten davon überzeugen, ihre Teslas Tag und Nacht am Stromnetz zu lassen und sich gesellschaftsschädliches Verhalten wie „fahren“ abzugewöhnen. Peter Neumüller: Da fällt mir zum Schluss noch ein kleiner Kalauer ein: Was für eine Staubsaugermarke hat Annalena Baerbock? Natürlich einen VORWERK KOBOLD, haha … Haha. Ihnen wird das Lachen noch vergehen, Herr Neumüller. Bereits 2019 verwies Achgut im Zusammenhang mit Baerbock-Aussagen auf die „wirkmächtige Kombination von Kobold und Strom“ – mit Link zu Vorwerk-Saugern. Vorsicht also. Bei Kalauer-Klau verstehen wir keinen Spaß. R. Liebold: Schon zu DDR-Zeiten gab es einen Witz, der mit den Worten endete: Der Letzte macht das Licht aus. So wird es wohl kommen, wenn die Grünen drankommen. Ich sag’s mal so: Es war nicht alles schlecht. In der DDR gab es zum Ende hin wenigstens noch Licht, das man ausmachen konnte. Das ist bei den Grünen nicht so sicher.
Robert von Loewenstern
Das Achgut-Stück zu den neuartigen Hühnchen-Akkus erschütterte vergangene Woche die Republik. Beatrix von Storch twitterte, Hans-Georg Maaßen zog sich einen Shitstorm zu, die Grünen vergeigten eine Landtagswahl und Leser hatten Fragen. Hier die Antworten.
article
08.06.2021 06:15
https://www.achgut.com/artikel/strom_aus_huehnchen_leser_fragen_achgut_antwortet/P42#comment_entries
German Gays Unhappy With Guido
By Benjamin Weinthal A prominent gay member of Germany’s parliament, Volker Beck, and the Lesbian and Gay Federation in Germany (LSVD) have launched an escalating assault on the policies of the country’s first openly gay foreign minister, Guido Westerwelle, accusing him of ignoring the persecution of the LGBT community in the Muslim world. http://www.gaycitynews.com/articles/2010/01/21/gay_city_news/news/doc4b589f83ec9c6364222756.txt
Gastautor
article
22.01.2010 21:46
https://www.achgut.com//artikel/german_gays_unhappy_with_guido
Bericht zur Coronalage 31.03.2020
Am 26. März wurde folgendes Editorial im berühmtesten medizinischen Journal veröffentlicht, dem New England Journal of Medicine, auch "der heilige Gral der Medizin" genannt. Die Inhalte eines Editorials in diesem Journal sind stets gut begründet und gelten als führende Meinung in der Medizin. Diese Meinung muss trotzdem nicht immer stimmen, aber was in einem solchen Editorial steht, gilt als offiziell. Wer es anders sieht, muss extrem gute Gegenargumente haben. Die Autoren schreiben nach ihrer Analyse der Situation folgendes:  This suggests that the overall clinical consequences of Covid-19 may ultimately be more akin to those of a severe seasonal influenza (which has a case fatality rate of approximately 0.1%) or a pandemic influenza (similar to those in 1957 and 1968) rather than a disease similar to SARS or MERS, which have had case fatality rates of 9 to 10% and 36%, respectively Nach Meinung der Autoren besitzt die Erkrankung mit Namen Coronavirus Disease 2019 (Covid-19) aller Wahrscheinlichkeit nach eine Sterblichkeit von 0,1%. Das entspricht einer schwereren Grippeepidemie. An anderer Stelle schreiben sie auch, dass die Toten allermeistens höheren Alters sind mit schweren Vorerkrankungen. Wie bei einer Influenza, dürfte damit Covid-19 am gefährlichsten für im Sterbeprozess befindliche, schwerkranke Menschen sein. Das bedeutet ganz und gar nicht, dass das Covid-19 Virus ungefährlich ist. Es löst schneller als die Influenza eine schwere virale Lungenentzündung aus, gegen die kein Antibiotikum hilft, die aber auch bei den meisten schnell wieder abheilt. Leider manchmal auch nicht, ich komme gleich dazu. Jedoch bezogen auf die Gesamtgesellschaft bestätigt sich die bisherige plausible Vermutung, dass Covid-19 kein Killervirus ist, wie es beispielsweise das Ebola Virus sein könnte, würde es sich bei uns epidemisch verbreiten. Auch in absoluten Zahlen ist Covid-19 hochwahrscheinlich nicht schlimmer (aber schlimm genug) als eine schwere Grippewelle. In den meisten Medienberichten wird immer noch von einer Sterblichkeit von 0,5 bis 1 Prozent ausgegangen. Noch irreführender ist es, diese Prozentzahlen auf die Gesamtbevölkerung umzurechnen, was zu den oft berichteten Horrorzahlen von hunderttausenden Coronatoten allein in Deutschland führte. Völlig missachtend die Tatsache, dass eine exponentiell steigende Epidemie immer auch genauso schnell abflacht, wenn aufgrund der Durchseuchung ein Infizierter weniger als eine weitere Person ansteckt, um nur einen Grund für das rasche Sinken einer anfänglich exponentiell ansteigende Infektionsrate zu nennen.  In Deutschland sterben bei 80 Millionen Einwohnern jedes Jahr etwa 900.000 Menschen, täglich etwa 2.500 Menschen. Inwieweit die Covid-19 Toten im Monats- und Jahresvergleich über die absolute Zahl an Grippetoten (2017/18 in Deutschland 25.000) hinausgeht, ist derzeit unklar, aber erste Hinweise ergeben, dass auch bezüglich der absoluten Zahl an Toten (immer in Bezug auf die Gesamtbevölkerung) Covid-19 nicht über eine schwere Grippeepidemie hinausreicht. Sehen Sie hier eine Statistik auf dieser Website. Es handelt sich dabei um ein Projekt mehrerer Epidemiologen, die sich explizit der Gefährlichkeit von Infektionen widmen. Wenn Sie etwas nach unten scrollen, sehen Sie den Ländervergleich, beginnend 2016, KW04 bis 2020, KW12, also letzte Woche. Die einzigen Länder, in denen 2020 ein Anstieg der Gestorbenen zu sehen ist, sind Italien und die Schweiz. Die Schweiz zählt bei KW13 derzeit 300 Tote, infiziert mit Covid-19, bei einer allgemeinen, täglichen Sterberate von ca. 190 Menschen. Für Italien gelten fast 11.000 Menschen als an Covid-19 gestorben, bei einer allgemeinen, täglichen Sterberate von ca. 1.800 Menschen. Der allgemeine Anstieg in Italien scheint sich bereits abzuflachen. In allen anderen Ländern ist kein auffallender Anstieg zu sehen, oft ein Abfall. Meist ist die Zahl der Gestorbenen in 2020 unter der Baseline. Und vor allem ist die Zahl in allen Ländern, auch in der Schweiz und Italien, deutlich unter denen der zwei Grippeepidemien in den Wintern 2016 und 2017.  Menschen, die keine Chance auf eine angemessene Einordnung von auf den ersten Blick erschreckender Zahlen haben, reagieren panisch. So kommt es, dass Patienten, ohne diese Panik mit ihren milden Atemwegs-Symptomen eher zu Hause geblieben wären, anstatt unnötig Praxen und Krankenhäuser zu füllen. Oder sie hätten nicht für ihre Angehörigen den Notarzt gerufen, die sich womöglich aufgrund ganz anderer Krankheiten am Beginn eines Sterbeprozesses befanden. Im Zuge der Covid-19 Krise starben wahrscheinlich viele statt zu Hause alleine in einem überfüllten Krankenhaus.  Krankenhäuser sind generell einem wachsenden Problem ausgesetzt: multiresistente Keime. Das European Centre for Disease Prevention and Control veröffentlichte 2015 Schätzungen, wie viele Menschen daran in Krankenhäusern sterben, wenn sie beispielsweise wegen eines Unfalls stationär aufgenommen werden und dann dort wegen eines solchen Keims z.B. an bakteriellen Lungenentzündung sterben – hier im Original.  Für Deutschland werden 2.500 Tote angenommen, für Frankreich ca. 5.000, und für Italien ca. 11.000. Vielleicht ein weiterer Baustein, um die Eskalation in Italien zu verstehen. Andere Länder, wie die Niederlande, scheinen dieses Problem besser im Griff zu haben.   Doch nun zu den Patienten, die einen schweren Verlauf erleiden und bei denen sich eine durch Influenza – die gibt es nach wie vor – oder immer häufiger durch Covid-19 ausgelöste Viruspneumonie entwickelt. Der von Lungenärzten erhobene Warnhinweis, viele Covid-19 Patienten könnten an einer zu schnellen Intubation und Narkose sterben, scheint sich zu bestätigen. Lesen Sie dazu im Anschluss an diesen Beitrag den Erfahrungsbericht von Dr. med. Thomas Voshaar, dem Präsidenten des Verbandes pneumologischer Kliniken (VPK). Es gibt sehr viele Beobachtungen seiner Kollegen, dass bei an Viruspneumonien Erkrankte eine Narkose und künstliche Beatmung mittels einer Intubation schnell zu einem Tod durch Lungenversagen führt. Während ein Abwarten bei kontrollierter Sauerstoffzufuhr die Chance auf eine Genesung deutlich erhöht. Dazu müssen Patienten auch nicht auf die Intensivstation, wenn eine spezielle Atemmaske und regelmäßige Überwachung gewährleistet ist. Die Lungenärzte des VPK weisen schon seit Jahren darauf hin und empfehlen vergeblich schon lange, ein Pandemiedepot in Krankenhäusern anzulegen mit genau diesen Masken. Aufgrund der aktuell erhöhten Anflutung von Viruspneumonien versuchen sie, sich derzeit besonders nachdrücklich Gehör in der Fachwelt sowie in den etablierten Medien zu verschaffen. Bisher ohne den angemessenen Erfolg. Doch wieso wird diese überaus wichtige Warnung nicht breit diskutiert und berücksichtigt? Das Problem kenne ich aus meiner Krankenhauszeit. Verschiedene Fachdisziplinen oder auch Abteilungen neigen zu einem Revierverhalten und gehen oft reflexhaft in Abwehrhaltung über, anstatt vorbehaltlos voneinander zu lernen. Dieses typisch menschliche Verhalten mussten schon viele Patienten mit ihrem Leben bezahlen, ich nannte bereits in einem vorausgehenden Beitrag das Beispiel Semmelweis. Intensivabteilungen werden meist von Anästhesisten geleitet. Sucht die Presse ein Statement eines Intensivmediziners, landet sie deshalb meist nicht bei einem Lungenarzt. Doch Anästhesisten sind es gewohnt, bei Operationen oder Unfällen Patienten schnell zu narkotisieren und dann über die Intubation künstlich zu beatmen. Dabei kommen Medikamente zum Einsatz, die den Organismus entspannen, hoch sinnvoll in diesen Situationen. Doch bei Infekten, in denen der Körper sich unter Stress setzt, um maximale Abwehr aufzubauen, ist eine zu schnelle Narkose und Intubation wahrscheinlich kontraproduktiv, weil sie den Körper entspannt und somit die Abwehr schwächt. Das ist Theorie, aber in der Praxis deuten Erfahrungsberichte inzwischen deutlich darauf hin, dass gestorbene und zuvor intubierte Covid-19 Patienten noch leben könnten, wenn man stattdessen abgewartet und kontrolliert Sauerstoff zugeführt hätte. Ein an Covid-19 erkrankter Leiter einer Universitätsklinik teilte mir mit, dass er trotz schweren Verlaufes zu Hause blieb, weil er sich nicht diesem Risiko aussetzen wollte. Erfahrungsberichte aus dem Elsass berichten ebenfalls von schnellen Intubationen, schon im Notarztwagen. Vieles spricht derzeit dafür, dass diese Praxis für einen Teil der Covid-19 Opfer verantwortlich ist. Und zum Schluss noch einen Gedanke: Eine Bundeskanzlerin oder ein Ministerpräsident einer Demokratie sind keine Kaiser oder Fürsten. Sie sind dem Souverän, also uns Bürgern, rechenschaftspflichtig. Wenn sie Maßnahmen beschließen, die die wirtschaftliche Funktionsfähigkeit massiv gefährden, verantworten sie enorme Schäden, nicht zuletzt auch für das Gesundheitssystem. Wenn sie an diesen Maßnahmen festhalten, obwohl vernünftige Analysen dagegen sprechen, haben sie ganz besonders die Pflicht, ihre Handlungen genau zu begründen und ihre Quellen offenzulegen. Genau dies passiert derzeit nicht. Man kann nur hoffen, dass bei späterer Analyse des Schadens die Verantwortlichen daran gemessen werden. Deshalb sollte alle Konzentration auf den Schutz der Risikogruppen und das Beenden der gesellschaftlichen Blockade gelegt werden, spätestens ab Ostern.  Hier Auszüge aus dem Erfahrungsbericht von Dr. med. Thomas Voshaar, der sich an seine lungenärztlichen Kollegen richtet. Ich erlaube mir, weil es so wichtig ist, Auszüge daraus weiterzuleiten. Die Erklärung der Fachbegriffe habe ich in Doppelklammern hinzugefügt. Er schildert die Situation der schweren Verläufe und seine Rückschlüsse: … Jetzt das Wichtigste: Die Intubation ist bestimmt für die meisten der Beginn des Sterbens. Die Intubation rettet nur in dem Moment, wo ich sie vornehme. Es gibt absolut gar keine Daten zum Outcome ((Nutzen)) für frühe Intubation! Es wird über mittlere Beatmungsdauern von 20 Tagen berichtet, ohne das mitgeteilt wird, was dann kommt: Tod, ECMO ((maschinelle künstliche Beatmung)), Langes Weaning ((Entwöhnung von der künstlichen Beatmung))? Früh intubiert wird aus Hilflosigkeit, aus dem Bedürfnis nach Sicherheit, aus Mangel an NIV-Geräten ((nicht invasive Beatmung)), aus Mangel an NIV-Erfahrung..... immer in China, in Italien, in Frankreich aus dem Chaos heraus! Definitiv. Die appelative Aufforderung zur frühen Intubation, also bei Sat<93% ((Sauerstoffsättigung)) und AF um 30/ Min ((Atemfrequenz)) ist durch nichts gerechtfertigt, schon gar nicht durch Outcome – Daten.… Bei einer Erkrankung, die wir nicht behandeln können, sollten wir den Körper so wenig bei der Selbstheilung stören wie möglich, keine zusätzlichen Schäden an der Lunge durch invasive Beatmung setzen und den Patienten nur in der Krisis unterstützen, durch Sauerstoff oder NIV. Übersteht er das 5–7 Tage, so wird es plötzlich besser. Das ist unsere Beobachtung. Wenn Sie dieser Beitrag überzeugt, leiten Sie ihn bitte weiter, insbesondere an Ärzte und Journalisten.   Nachtrag/Korrektur vom 06.04.2020: Ein Leser wies mich auf einen Datumsfehler hin. Im folgenden PDF steht als Veröffentlichungsdatum der 26.März. Auf der Homepage des Journals steht jedoch unterhalb des Editorials als Erstveröffentlichung der 28.Februar. Auch wies mich ein Leser richtigerweise darauf hin, dass der Autor der derzeitig einflussreichste Präsidentenberater Dr. Anthony Fauci ist, der die Meinung vertritt, durch die Blockierung des öffentlichen Lebens die Totenzahl von 50.000 auf 25.000 beschränken zu können. Allerdings fand ich bei einer kurzen Internetrecherche dazu nur Presseberichte und keine wissenschaftliche Veröffentlichung, in der er seine Beweggründe im Falle der USA genau erklärt. 
Gunter Frank
Ein Editorial im berühmtesten medizinischen Journal, dem "New England Journal of Medicine", gilt gleichsam als führende Meinung der Medizin. Und die steht aktuell nicht im Einklang mit der Corona-Panik, die gegenwärtig das Handeln der Politik in den meisten betroffenen Staaten leitet. Was wir für den Umgang mit der Corona-Krise daraus lernen können.
article
31.03.2020 09:00
https://www.achgut.com/artikel/bericht_zur_coronalage_31.03.2020/P112#comment_entries
Beugt Trump das Recht gegen unliebsame Ausländer?
Präsident Donald Trump versucht Schnellabschiebungen mit einem Gesetz aus einem „Sicherheitspaket“ von 1798. Das für die Abschiebungen passende Gesetz wurde aber schon 1800 gestrichen. Hat er solche Mittel nötig? Am 4. März 1801 geschah in Washington, D.C. etwas in der Welt fast Unerhörtes: Ein friedlicher, planvoller und geordneter Regierungswechsel in einem großen Staat aufgrund einer Wahl durch das Volk. Der zweite Präsident der Vereinigten Staaten John Adams wurde von seinem Nachfolger Thomas Jefferson abgelöst, nicht nur ein Personen-, sondern ein Richtungswechsel, der gelegentlich als „Revolution von 1800“ benannt wird. Der gerade zu seiner zweiten Amtszeit angetretene Präsident Donald Trump überrascht nun damit, sich in Wort und Tat an ein bestimmendes und immer noch aktuelles Thema des damaligen Wahlkampfs anzulehnen, das sich als absolutes Verliererthema herausgestellt hat und wesentlich zu diesem friedlichen Machtwechsel beitrug: den extrakonstitutionellen Umgang mit wirklich oder angeblich aufrührerischen Ausländern und wirklich oder angeblich aufrührerischer Rede, welche damals Gegenstand der „Ausländer- und Aufruhrgesetze“, der „alien and sedition acts“, waren. Die erhielten vom Wähler eine bis heute nachwirkende Klatsche. Diese Klatsche provoziert nun auch Präsident Trump, indem er sich nicht nur an die Intention dieser damaligen Gesetze anlehnt, sondern gar noch eines dieser Gesetze von 1798 aus der Schublade zieht. Schlimmer noch, er zieht das falsche Gesetz aus der Schublade, denn das Gesetz, das er bräuchte, hat man schon im Jahre 1800 als Resultat ebendieser Klatsche auslaufen lassen. Um die Bedeutung der damaligen Vorgänge und ihre mögliche Auswirkung auf die heutige Politik zu verstehen, möchte ich den deutschen Leser zu einem einführenden Gedankenexperiment einladen. Stellen Sie sich vor, in der Spiegel-Affäre 1962 wären die Deutschen eifersüchtiger in der Verteidigung ihrer gerade wiederhergestellten Pressefreiheit gewesen und hätten bei den nächsten Bundestagswahlen 1965 den Unionsparteien dafür nicht nur die Abwahl verpasst, sondern ihr politisches Ende. Die meisten Unionspolitiker wären zu FDP und SPD gewechselt, die sich dann als zwei neue Blöcke gegenübergestanden hätten, vielleicht die einen nationalliberal-säkular-protestantisch, die anderen sozialdemokratisch-katholisch. Das wäre eine Richtungsentscheidung gewesen, die bis heute nachwirken würde, und vermutlich wäre auch eine Nancy Faeser in dieser alternativen Geschichte nicht auf die Idee gekommen, im Jahre 2024 eine unliebsame Zeitschrift einfach einmal schnell verbieten und durchsuchen zu wollen. Die Deutschen haben 1962 diese Richtungsentscheidung bezüglich Angriffen auf ihre Grundfreiheiten nicht getroffen. Die Amerikaner im Jahre 1800 schon. Die politische Landschaft Amerikas teilte sich damals in die Föderalistische Partei und die Demokratisch-Republikanische Partei. Man kann diese Parteien nicht direkt mit den erst im Gefolge der Französischen Revolution wirklich entstandenen modernen Kategorien von progressiv und konservativ identifizieren. Die Föderalisten wollten (der Name war eine List aus der Zeit der Verfassungsdebatten – „Zentralisten“ oder „Nationalisten“ wäre im Vergleich zur Konkurrenz ehrlicher gewesen) einen strafferen, stärkeren und ökonomisch mit einer Industriepolitik aktiven Nationalstaat schaffen. Die Demokraten-Republikaner standen dagegen jedenfalls in diesen Anfangsjahren ihrer Parteigeschichte für lokale Souveränität, Begrenzung der Zentralgewalt auf ihre Kernaufgaben, agrarische Gesellschaftsstruktur und Wirtschaft und ökonomische Zurückhaltung des Staates. Die Föderalisten waren hauptsächlich in Neuengland stark, die Demokraten-Republikaner im Süden und an der westlichen Zivilisationsgrenze. Unter dem Eindruck der Französischen Revolution und der eigentlich vom Thema her ihr völlig entgegengesetzten steuerwiderständigen und prinzipiell konservativen Whiskey-Rebellion im westlichen Pennsylvanien sauste den Föderalisten die Muffe wegen revolutionärer Umtriebe. Die Amerikaner hatten 1793 die Zahlung ihrer Kriegskredite an Frankreich eingestellt und sich politisch den Briten angenähert, mit denen nun das revolutionäre Frankreich im Krieg war. Französische Freibeuter und dann auch die offizielle Kriegsmarine überfielen in einiger Zahl amerikanische Handelsschiffe, worauf die Amerikaner zunächst keine gute Antwort hatten, denn als Friedensdividende hatten sie die stehende Truppe und insbesondere die Kriegsmarine weitgehend abgeschafft. Französische Diplomaten hatten, was unter einem Chef Talleyrand wohl zu ihren Dienstpflichten gehörte, Bestechungsgelder gefordert, um überhaupt miteinander zu reden. Das goutierten die Amerikaner nicht. So entstanden schnell eine neue Flotte und der heute als Quasi-Krieg bekannte begrenzte Seekonflikt zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten. In dieser aufgeheizten Stimmung aus Furcht vor innerem Aufruhr, importierter Revolution und ausländischer Einflussnahme beschloss der von den Föderalisten dominierte Kongress 1798 die bis heute bekannten und berüchtigten Ausländer- und Aufruhrgesetze, ein „Sicherheitspaket“ sozusagen, bestehend aus vier Einzelgesetzen. Ein neues Einbürgerungsgesetz verlängerte Warte- und damit Wohlverhaltensfristen bis zur Einbürgerung. Ein neues Ausländergesetz erlaubte es dem Präsidenten, Ausländer wegen des Verdachts, eine Gefahr für Frieden und Sicherheit zu sein, auszuweisen und abzuschieben. Ein Gesetz über Ausländer aus Feindstaaten erlaubte die Inhaftierung und Abschiebung von Bürgern von Staaten, mit denen die Vereinigten Staaten im Krieg waren. Schließlich, der eigentliche Hammer bei der Sache, gab es noch ein Aufruhrgesetz, das in sehr weitgefasster Sprache politische Opposition unter Strafe stellte und insbesondere für „falsche, skandalöse oder böswillige Schrift[en] gegen die Regierung der Vereinigten Staaten oder eines der Häuser ihres Kongresses oder den Präsidenten der Vereinigten Staaten“ bis zu zwei Jahre Gefängnis vorsah. Der Ehrenschutz erstreckte sich nicht auf den Vizepräsidenten, und zwar absichtlich, denn der hieß Thomas Jefferson und gehörte der anderen Partei an. Vor Gericht konnte man das damals noch nicht ausfechten, denn die Idee, dass die Gerichte niederrangiges einfaches Recht gegen höherrangiges Verfassungsrecht prüfen dürfen und müssen, steht so nicht in der geschriebenen Verfassung der Vereinigten Staaten, sondern wurde erst 1803 vom Obersten Gerichtshof entwickelt. Politisch konnte man sich allerdings wehren, auch publizistisch und in den Legislativorganen der Einzelstaaten. Diejenigen von Virginia und Kentucky nahmen die berühmten Resolutionen von Virginia und Kentucky an, geschrieben von den Gründervätern Jefferson und James Madison. Die waren deutlich: Der Kongress und die Bundesregierung hätten sich Zuständigkeiten angemaßt, im Fall des Aufruhrgesetzes sogar noch spezifisch im Widerspruch zu einem diesbezüglichen Verfassungszusatz, und damit sowohl die Verfassung wie die Gewaltenteilung durchbrochen. Die Einzelstaaten seien immer noch souverän und dürften die Zulässigkeit solcher Gesetze beurteilen und sie „nullifizieren“, sie als null und nichtig verwerfen – ein Argument, das noch große Bedeutung in der amerikanischen Verfassungsgeschichte gewinnen sollte. Wer sich nicht gegen solche Gesetze zur Wehr setze zeige „kriminelle Verkommenheit“. Das war schon abgeschwächt von Entwürfen, in denen vom Fluss von Blut die Rede war. Zum Blutvergießen kam es nicht, und die Sache wurde über den demokratischen Prozess entschieden. Die Föderalisten verloren die Wahlen eindeutig und waren damit auch als Partei erledigt, erlangten nie wieder eine Mehrheit im Bund und lösten sich über die folgenden Jahre auf. Das war ein erstaunlich schneller Niedergang für die Partei, die sich beim Verfassungsentwurf durchgesetzt hatte, effektiv auch die Partei des nahezu religiös verehrten George Washington. Das Einwanderungsgesetz, das Ausländergesetz, unter dem kein einziger tatsächlich abgeschoben wurde, und das Aufruhrgesetz wurden auslaufen gelassen beziehungsweise kassiert, die wenigen Verurteilten begnadigt und Strafen zurückgezahlt. Das Gesetz bezüglich Ausländern aus Feindstaaten blieb allerdings bestehen. Es ist nun erstaunlich, wenn ein Präsident es für weise hält, sich auf ein zwei Jahrhunderte altes Gesetz aus einem Gesetzespaket zu beziehen, das allgemein als Katastrophe und als Ursache des dauerhaften Niedergangs der bis dahin unangefochten herrschenden Partei gilt. Schlimmer noch, wenn das eigentlich passende Gesetz aus gutem Grund seit mehr als zwei Jahrhunderten nicht mehr in Kraft ist und der Präsident deswegen ein unpassendes Gesetz wählt, das das einzige noch in Geltung befindliche Überbleibsel dieses Gesetzespaketes ist. Der Untergang der ganzen Partei und ein dauerhafter Machtwechsel damals könnten eigentlich als Zeichen verstanden werden, dass ein bestimmter Politikansatz nicht sehr vielversprechend ist. Genau das tat aber Donald Trump in seiner Inauguralansprache vom 20. Januar, in der er ankündigte: „Und durch die Nutzung des Gesetzes über Ausländer aus Feindstaaten aus dem Jahre 1798 werde ich unsere Regierung anweisen, die volle und immense Macht der Polizeibehörden des Bundes und der Staaten zu nutzen, um die Anwesenheit aller ausländischen Banden und kriminellen Netzwerke zu eliminieren, die zerstörerische Kriminalität auf amerikanischen Boden bringen.“  Nun hat Trump natürlich ein politisches Mandat für eine Durchsetzung des Ausländerrechts, insbesondere in Bezug auf kriminelle Ausländer, aber eben eines innerhalb der Gesetze und der Verfassung. Natürlich sind jahrelange Wartezeiten, bevor man einen unerlaubt anwesenden Ausländer überhaupt vor einen Richter bringen kann, ein Unding und bedürfen dringend der Korrektur. Aber der Versuch, das mit Schnellschüssen zu lösen, insbesondere mit einem schon vor zweihundert Jahren eindeutig verworfenen Ansatz, wird ziemlich sicher nach hinten losgehen. Die Ausländerbehörde des Bundes hat am 9. März einen Mahmoud Khalil festgenommen, der eine Art Sprecher der Hamas-Solidaritätscamps auf der Columbia-Universität in New York war (Achgut berichtete). Trump übernahm am darauffolgenden Montag die politische Verantwortung hierfür und kündigte mehr davon an: „Das ist die erste Festnahme von vielen weiteren. Wir wissen, dass es mehr Studenten auf Columbia und an anderen Universitäten im Land gibt, die sich mit proterroristischer, antisemitischer und antiamerikanischer Aktivität befasst haben. Viele sind keine Studenten, sie sind bezahlte Agitatoren. Wir werden diese Terroristensympathisanten finden, festnehmen, und aus unserem Land ausschaffen – ohne Wiederkehr.“ Das Vorgehen wirkt aktivistisch und schlecht vorbereitet. Schon bei der Festnahme soll es Fragen geben haben, ob Khalil auf einem Studentenvisum ist oder ein Daueraufenthaltsrecht (also die Green Card) hat. Man soll ihm zuerst gesagt haben, sein Studentenvisum sei gestrichen worden, auf seinen Hinweis mit dem Daueraufenthaltsrecht hin, dann sei eben das gestrichen. Tatsächlich kann weder das eine noch das andere ohne geordnetes Verfahren gestrichen werden. Khalil ist offenbar mit einer Amerikanerin verheiratet, wird dann vermutlich auf diesem Weg das Daueraufenthaltsrecht erhalten haben. Die Hürden für die Rücknahme eines Daueraufenthaltsrechts liegen allerdings wesentlich höher als für ein Studentenvisum, bei dem man jedenfalls die Verlängerung noch relativ einfach verweigern kann. Dann hat man Khalil erst einmal ohne ersichtlichen Grund nach Louisiana verlegt, was schikanös wirkt. Am ersten Arbeitstag nach seiner Festnahme hatte Khalil aber bereits eine gerichtliche Verfügung erwirkt, dass er vorläufig nicht abgeschoben werden dürfe. Offenbar ist der Rechtsgrund, aus dem Khalil abgeschoben werden soll, nicht der Vorwurf irgendwelcher Straftaten mit oder ohne Zusammenhang mit dem Hamas-Sympathisantencamp. Vielmehr soll es offenbar ein nur sehr selten bis nie angewandtes Gesetz sein, bei dem schon die Bezeichnung sperrig ist: 8 USC 1227 Abschnitt 237(a)(4)(C)(i). Eine kürzere Bezeichnung existiert mangels praktischer Relevanz nicht. Diese Vorschrift erlaubt die Abschiebung eines Ausländers, wenn „von dessen Anwesenheit oder Aktivität in den Vereinigten Staaten der Außenminister vernünftigen Grund zur Annahme hat, dass sie möglicherweise ernste nachteilige außenpolitische Folgen für die Vereinigten Staaten haben werden“. Das wiederum wird aber eingeschränkt durch einen Verweis auf eine andere Rechtsvorschrift, nach der dies nicht gilt, wenn der Grund in „den vorherigen, gegenwärtigen oder erwarteten Überzeugungen, Aussagen oder dem Umgang des Ausländers“ liegt, „wenn solche Überzeugungen, Aussagen oder der Umgang in den Vereinigten Staaten gesetzlich wären“. Davon gibt es aber auch wieder eine Ausnahme, nämlich „wenn der Außenminister persönlich entscheidet, dass die [Anwesenheit] des Ausländers ein gebietendes außenpolitisches Interesse der Vereinigten Staaten beschädigen würde“. In diesem Fall hat der Außenminister die Vorsitzenden der Komitees für Justiz und Äußeres des Senats und des Repräsentantenhauses über die außenpolitischen Gründe der Abschiebung zu informieren. Es ist also schon in der Struktur als Ausnahme von der Ausnahme und in dem geforderten persönlichen Mitwirken höchster Amtsträger in Regierung und Legislative angelegt, dass diese Vorschrift nicht als beschleunigtes Verfahren zur Abschiebung allgemein unerwünschter Personen gedacht ist. Der vorgesehene Anwendungsbereich ist offenbar eher, dass ein Sohn eines auswärtigen Diktators von Amerika aus Politik in seinem Heimatland macht, die mit amerikanischen außenpolitischen Interessen unvereinbar ist, und dergleichen. Es gibt deswegen praktisch keine Präzedenzfälle, die den damit befassten Gerichten den Weg weisen würden. Die amerikanischen Einwanderungsgerichte, die den Fall entscheiden werden müssen, haben derzeit einen Rückstau von 3,6 Millionen Fällen. Unter zwei Jahren Wartezeit kommen da kaum Trivialfälle an die Reihe. Es erscheint unwahrscheinlich, selbst im Fall eines juristisch günstigen Ausgangs für die Regierung, dass eine endgültige Entscheidung und Abschiebung Khalils noch während Trumps Amtszeit kommen würden. Khalil wird ja – das wäre ein anderer und unstrittiger Grund, ihn abzuschieben – gerade keine Straftat vorgeworfen. Unstrittig haben Ausländer, insbesondere solche mit Daueraufenthaltsberechtigung, zunächst einmal das gleiche verfassungsmäßige Recht auf Redefreiheit wie Amerikaner. Diese Redefreiheit umfasst Holocaustleugnung oder Schändung der Flagge genauso wie diffuse Aufrufe zu politischer Gewalt, jedenfalls solange sie diffus bleiben und nicht vorhersehbar zu einer konkreten verbotenen Handlung führen werden. Judenhass und Sympathisantentum mit ausländischen Terroristen fallen ebenso darunter. Materielle Unterstützung einer Terrorgruppe würde nicht darunterfallen, aber reines Sympathisanten- und Apologetentum ist keine materielle Unterstützung. Weiterhin müssen Gesetze, auch ausländerrechtliche, hinreichend konkret sein, um dem Adressaten zu signalisieren, für welche Verhaltensweisen er mit Sanktionen zu rechnen hat. Es scheint zu der Vorschrift, unter der Khalil abgeschoben werden soll, nur eine einzige Entscheidung eines Bundesgerichts zu geben, aus dem Jahre 1996, und diese Entscheidung hat das Gesetz als „atemberaubende Abweichung“ von rechtstaatlichen Normen als verfassungswidrig kassiert – das ganze Gesetz, nicht nur die leichter vor Gericht anzufechtende Anwendung im Einzelfall. „Dieses Gesetz“, so das Gericht, „verleiht durch seine ausdrückliche Wortwahl einer einzigen Person, dem Außenminister, die unbeschränkte und keiner Überprüfung zugängliche Entscheidungsfreiheit, einen rechtmäßig in den Vereinigten Staaten befindlichen Ausländer abzuschieben, nicht aus Gründen seines Verhaltens in den Vereinigten Staaten oder anderswo, sondern weil die reine Anwesenheit dieser Person in einer nicht erklärten Weise die außenpolitischen Interessen der Vereinigten Staaten beeinträchtigen würde.“ Das führe zur Verfassungswidrigkeit wegen Vagheit, wegen der Verweigerung rechtlichen Gehörs und wegen der unzulässigen Auslagerung gesetzgeberischer Entscheidungen auf die Exekutive. Das Urteil ist nicht nur die Ungültigerklärung eines Gesetzes wegen Verfassungswidrigkeit, es ist ein Verriss. Dieses Urteil wurde dann nicht weiter überprüft, weil es seinerseits aus verfahrenstechnischen Gründen kassiert wurde, wobei das Revisionsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit der in Frage stehenden Rechtsnorm ausdrücklich nicht berührte, sondern diese Frage lediglich noch nicht entscheidungsreif fand.   Drei Jahre später waren die Mühlen der Justiz immer noch mit derselben versuchten Abschiebung beschäftigt, kamen dabei zum Ergebnis, dass die Einwanderungsgerichte die Gründe des Außenministers, eine bestimmte Person abschieben zu lassen, als außenpolitische Frage nicht näher überprüfen können, solange der Außenminister nur eine „augenscheinlich vernünftige und gutgläubige Basis der Entscheidung“ vorlege. Das entspricht dem amerikanischen Grundsatz, dass politische und insbesondere außenpolitische Entscheidungen der Exekutive der Gewaltenteilung wegen keiner gerichtlichen Überprüfung zugänglich sind. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsnorm, ob solche Gründe überhaupt ein Abschiebungsgrund sein können, war damit allerdings nicht entschieden. Die von der Regierung betriebene Abschiebung kam übrigens nie zustande. Die auszuweisende Person, Mario Ruiz Massieu, Spross einer politisch und wohl auch im Bereich der Kriminalität sehr einflussreichen mexikanischen Familie und vormals stellvertretender Generalstaatsanwalt in Mexiko, wurde im März 1995 inhaftiert, während der Bemühungen um seine Abschiebung unter Hausarrest gestellt. Dem setzte er im September 1999, also mehr als vier Jahre später und immer noch nicht abgeschoben, augenscheinlich durch Suizid mittels einer Überdosis ein Ende, kurz vor einem ebenfalls anstehenden Geldwäscheprozess. Damit hatte sich der Streit um die Rechtmäßigkeit der seiner betriebenen Abschiebung zugrundeliegenden Rechtsnorm erledigt und wurde so bis heute nicht entschieden. Ich erlaube mir die Prognose, dass es mit der Abschiebung Mahmoud Khalils nicht besser gehen wird als mit der Massieus. Bei Massieu lag den Bemühungen um seine Abschiebung immerhin unzweifelhaft und unstrittig ein direkt mit seiner Person verbundener außenpolitischer Bezug zugrunde. Es handelte sich auch nicht um die Ausnahme von der Ausnahme, dass jemand wegen unstrittig ansonsten nicht verbotener Äußerungen abgeschoben werden sollte. Bei Khalil ist schon dieser außenpolitische Bezug schwierig zu sehen. Da wird es viel zu prozessieren geben, von der grundsätzlichen Verfassungsmäßigkeit der Rechtsvorschrift zu ihrer Anwendung im konkreten Fall. Die Regierung stellt die Unüberprüfbarkeit politischer Entscheidungen in Frage und fordert die Gerichte heraus, wenn mindestens naheliegt, dass eben nicht außenpolitische Gründe, sondern innenpolitische, die sich nicht mit der Redefreiheit vereinbaren lassen, ausschlaggebend waren. Dabei redet sich die Regierung sogar selbst um Kopf und Kragen. Vizepräsident Vance erklärte:  „Es handelt sich im Grundsatz nicht um Redefreiheit, und für mich, ja, handelt es sich um die nationale Sicherheit, aber wichtiger noch, es handelt sich darum, von wem wir als amerikanische Öffentlichkeit entscheiden, dass er unserer nationalen Gemeinschaft beitreten darf? […] Und wenn der Außenminister und der Präsident entscheiden, dass diese Person nicht in Amerika sein sollte, und sie kein Recht hat hierzubleiben, dann ist das so einfach.“ Wie eine wirklich außenpolitische Begründung klingt das nicht, sondern wie ein Rechtsmissbrauch. Khalil ist unbestritten Inhaber einer Aufenthaltsberechtigung, hat also zunächst einmal ein Recht, in Amerika zu bleiben und sich so ekelhaft und antisemitisch zu äußern, wie es ihm beliebt. Die von Vance und auch von Trump und Außenminister Rubio geäußerte Vorstellung, dass der Präsident entscheiden dürfe, dass jemand aus diffusen Gründen nicht in die nationale Gemeinschaft passe oder ein Sicherheitsrisiko darstelle und deswegen entfernt werden dürfe, war im oben angesprochenen Ausländergesetz von 1798 verankert. Das aber wurde 1800 auslaufen gelassen, nach einer desaströsen Wahlniederlage seiner Autoren. Außenminister Rubio geht bei der Sache sogar noch ein besonderes Risiko ein. Die von ihm in der Sache Khalil bemühte Rechtsvorschrift ersetzt ja gerade – vielleicht nicht verfassungskonform, aber das ist doch die Intention – gerichtlich überprüfbare Sachverhaltsfeststellungen und Beurteilungen durch das Urteil des Außenministers. Deswegen muss der Außenminister persönlich die Feststellung des „gebietenden außenpolitischen Interesses“ treffen, deswegen muss er davon vier Komitees des Kongresses Mitteilung machen. Der Mechanismus, mit dem der Gesetzgeber Rechtsmissbrauch dieser beliebig dehnbaren Vorschrift verhindern wollte, ist also die persönliche und politische Glaubwürdigkeit des Außenministers.  Im Grunde scheint es mir aus dieser Sache für die Regierung Trump nur zwei Auswege zu geben. Die Regierung könnte einen anderen, plausibleren Grund für eine Abschiebung Khalils finden und auf den umschwenken, beispielsweise wenn man ihm eine Straftat oder eine Lüge in Einwanderungsdokumenten nachweisen könnte. Oder aber sie kann die Sache im Sande verlaufen lassen bis die Öffentlichkeit das Interesse daran verloren hat, vielleicht bis zur Amtsübergabe an die nächste Regierung. Seit der Festnahme Khalils wurde auch ein Postdoc namens Badar Khan Suri unter der gleichen Rechtstheorie festgenommen, bei dem man sich auch Sympathien für gewisse Gruppen denken kann, der aber im Gegensatz zu Khalil anscheinend kein Gesicht entsprechender Bewegungen und Ausschreitungen wurde. Der Versuch von Khalils Abschiebung erfolgt immerhin nicht direkt unter den Ausländer- und Aufruhrgesetzen von 1798, sondern unter einer moderneren, wenn auch obskuren, Rechtsnorm. Am vorvergangenen Wochenende versuchte die amerikanische Regierung dann aber den direkten Rückgriff auf 1798, ohne den Ausgang 1800 zu bedenken. Präsident Trump erließ am vorvergangenen Samstag eine Proklamation zur Entfernung von Mitgliedern der Bande Tren de Aragua unter dem Gesetz von 1798 bezüglich Ausländern aus Feindstaaten. Diese Proklamation stellt fest, dass die Bande („TdA“) eine Invasion der Vereinigten Staaten betreibe und eng mit der Regierung Maduro in Venezuela verwoben sei. Deswegen seien alle ausländischen Mitglieder dieser Bande über dem Alter von vierzehn Jahren zu stellen und abzuschieben, wobei Trump interessanterweise Inhaber einer Daueraufenthaltserlaubnis ausnahm. Die amerikanische Regierung hat eine Vereinbarung mit der Regierung von El Salvador getroffen, entsprechende Bandenmitglieder gegen eine Gebühr in ein dortiges Hochsicherheitsgefängnis aufzunehmen. Der dortige Präsident Nayib Bukele, der auf X mit der Berufsbezeichnung „Philosophenkönig“ auftritt, sich aber auch schon einmal als „coolsten Diktator der Welt“ bezeichnet, erklärte seine Motivation ganz offen auf X:  „Die Vereinigten Staaten werden eine für sie sehr geringe Gebühr bezahlen, die für uns aber hoch ist. Mit der Zeit wird [das] zusammen mit der Produktion, die bereits von 40.000 Gefangenen in verschiedenen Werkstätten und unter dem Keine-Faulheit-Programm erzeugt wird, helfen, unser Gefängnissystem selbstfinanzierend zu machen. Heute kostet es 200 Millionen im Jahr.“  (Das sind Dollar, denn El Salvador hat in Erkenntnis seiner Unfähigkeit, eine werthaltige Währung zu betreiben, auf Valuta, eben den Dollar, umgestellt.) Brachialknast als Exportindustrie. Unter welchem Rechtstitel, wenn überhaupt, mit welchen Möglichkeiten richterlicher Prüfung, wenn überhaupt, und wie lange die Betreffenden in diesem Gefängnis festgehalten werden und da arbeiten sollen, scheint unbeantwortet. Diese Proklamation wurde dann auch sofort in die Tat umgesetzt mit der Abschiebung von 238 Bandenmitgliedern, oder jedenfalls Männern, denen vorgeworfen wird, das zu sein. Die sollten zu einer richterlichen Überprüfung keine Gelegenheit bekommen. Das ist der Reiz des Feindausländergesetzes für die Trump-Regierung. Die Sache wurde allerdings, weil sich das in dieser Größenordnung einfach nicht geheimhalten lässt, im Voraus ruchbar, und so haben einige der Betroffenen, repräsentiert von einer Bürgerrechtsorganisation, am vorvergangenen Samstag um 2 Uhr morgens eine einstweilige Verfügung gegen ihre Abschiebung beantragt, um 11:30 Uhr vorläufigen Rechtsschutz bekommen, und um 17 Uhr begann eine Anhörung dazu. Während einer kurzen Pause in dieser Anhörung hoben dann zwei Abschiebeflüge aus Texas ab. Um 18:46 Uhr erließ der zuständige Richter eine neue einstweilige Verfügung, welche die Abschiebungen unter dem Feindausländergesetz vorläufig verbot, und er erklärte auch, dass möglicherweise in der Luft befindliche Flugzeuge zurückzurufen seien. Das wurde dann aber von der Regierung nicht umgesetzt und so kamen etwas nach Mitternacht Washingtoner Zeit die beiden Flugzeuge in El Salvador an und die Abgeschobenen wurden den dortigen Behörden übergeben. Nayib Bukele, immerhin nach eigener Aussage finanzieller Nutznießer der Sache, kommentierte das mit einem „Uups… zu spät“ und einem vor Lachen weinenden Emoji. Das Ganze hat gerade sein gerichtliches Nachspiel, zunächst einmal damit, dass der betreffende Bundesrichter natürlicherweise erzürnt darüber ist, das seine Anordnung nicht befolgt wurde. Die Anwälte des Bundes sind dabei in keiner beneidenswerten Position, müssen auf Ausflüchte verfallen, wie dass die Umkehr der Flugzeuge nur mündlich angeordnet wurde, aus angeblichen Gründen der nationalen Sicherheit Auskünfte verweigern, und können zu den anstehenden Rechtsfragen wenig sagen. Auf spezifische Nachfrage erklärte der leitende Anwalt des Bundes, dass es die Rechtsauffassung der Regierung sei, dass der Präsident beispielsweise eine Invasion durch chinesische Fischerboote feststellen und daraufhin alle chinesischen Fischer ohne die Möglichkeit vorheriger gerichtlicher Überprüfung abschieben lassen könne. Auch auf die besonders unangenehme Frage, was eigentlich jemand machen solle, der als angebliches ausländisches Mitglied von TdF abgeschoben werden soll, aber tatsächlich gar kein Mitglied dieser Bande und vielleicht sogar amerikanischer Staatsbürger ist, wusste der Bund keine Antwort. Wenn wir nun auf das Sicherheitspaket von 1798, die Ausländer- und Aufruhrgesetze zurückkommen, dann ist das Hauptproblem bei dieser Sache offensichtlich. Dieses Gesetzespaket enthielt, wir erinnern uns, zwei Gesetze zur Abschiebung von Ausländern. Das eine bezog sich auf unerwünschte Ausländer im Allgemeinen. Dieses Gesetz würde einigermaßen zu den Abschiebungen der Regierung Trump passen, aber es wurde bereits im Jahre 1800 auslaufen gelassen, mit Schimpf und Schande und dem Ende der Partei, die es beschlossen hatte. Das noch bestehende Gesetz zur Abschiebung von Ausländern aus Feindstaaten bezieht sich eindeutig und ausschließlich auf die Abschiebung von Bürgern von Staaten, die mit den Vereinigten Staaten in einem erklärten Krieg sind oder die eine staatlich organisierte Invasion als Kriegshandlung gegen die Vereinigten Staaten betreiben. Wörtlich verlangt es „einen erklärten Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und einer auswärtigen Nation oder Regierung oder eine Invasion oder einen Beutezug […] durch eine auswärtige Nation oder Regierung“.  Die Möglichkeiten von Invasion und Beutezug wird man im Lichte von Artikel I, Abschnitt 10, Satz 3 der Bundesverfassung sehen müssen, der den Bundesstaaten das Recht einräumt, im Falle einer Invasion Krieg zu führen, ohne auf den Kongress zu warten, der damals nur saisonal zusammentrat, also als Kriegshandlungen. Selbst die staatlich organisierte Piraterie des Quasi-Kriegs mit Frankreich fiel nach Rechtsauffassung der Autoren dieses Gesetzes offenbar noch nicht unter den Begriff des Kriegs, der dieses Gesetz aktivieren würde. Es müssen also zwei Dinge zusammenkommen, um dieses Gesetz anwenden zu können. Einerseits muss ein vom Kongress erklärter Krieg oder ein kriegerischer Angriff vorliegen, und andererseits muss die Gegenseite dieses Krieges ein Staat sein. Bandenkriminalität fällt nicht unter diese Vorschrift, jedenfalls solange die Bande nicht mit einem Staat identisch geworden ist und die Vereinigten Staaten deshalb mit diesem Staat im Krieg sind. Für Situationen, in denen kein Krieg vorliegt, hatte der Kongress ja auch eigens ein anderes Gesetz geschaffen. Nun ist die Situation in einem erklärten Krieg, würde man heute Kriege noch erklären, offensichtlich eine ganz andere als bei einem Vorwurf privater Kriminalität oder auch staatlicher Aktionen unterhalb der Schwelle zum Krieg. Im Krieg werden dem Feind feindselige Handlungen nicht als persönlich zurechenbare Straftaten angelastet. Ein Staatsangehöriger ist zur Loyalität gegenüber seinem Staat verpflichtet, und diese Loyalität ist nicht ehrenrührig. Die Internierung oder Abschiebung eines Ausländers aus einem Feindstaat beruht deshalb gerade nicht auf einem persönlichen Vorwurf, sondern auf dem Umstand, dass dieser Ausländer ohne persönliche Schuld zur Feindschaft gegen die Vereinigten Staaten verpflichtet ist. Das ist der Grund, warum das Gesetz zur Abschiebung von Ausländern aus Feindstaaten keine Überprüfung persönlicher Verfehlungen vorsieht, denn um die geht es nicht. Selbst unter diesem Gesetz wird wohl immer noch der Umstand, dass jemand wirklich Bürger des betreffenden Staates ist, richterlicher Überprüfung zugänglich sein, aber das ist in der Praxis selten eine Streitfrage.  Es ist auch falsch, bei dieser Diskussion die Internierung japanischstämmiger Amerikaner im Zweiten Weltkrieg mit der damaligen Internierung japanischer Bürger zu vermischen, wie das die linksgerichtete Presse gerade tut. Japanische Bürger waren ohne Frage tatsächlich zur Loyalität gegenüber Japan verpflichtet, ohne dass ihnen das persönlich angerechnet werden könnte. Der ohne jeden Anhaltspunkt gegenüber japanischstämmigen Amerikanern gemachte Vorwurf der Illoyalität gegenüber Amerika und der Loyalität zu Japan war dagegen nicht nur unverschämt, sondern auch ein persönlicher, nämlich der Bereitschaft zum Hochverrat. Es ist leicht zu sehen, dass niemand, weder die venezolanische Regierung noch die amerikanische, einem Venezolaner Illoyalität gegenüber seinem Land vorwerfen würde, weil er kein Mitglied von TdF ist. Der Export von Kriminalität mag Teil einer Strategie der venezolanischen Regierung sein, aber es handelt sich immer noch um ein Problem von Kriminalität, nicht um eines von Krieg. Die Regierung Trump beruft sich für ihre Schnellabschiebungen ohne Rechtsmittel, jedenfalls ohne Rechtsmittel vor Vollzug, also nicht nur auf ein Gesetzespaket, das allgemein als drückende Tyrannei empfunden wurde, vor 225 Jahren kassiert wurde und vom Wähler mit dem Ende der Partei seiner Verfasser quittiert wurde. Schlimmer noch: Gerade weil das passende Gesetz vor 225 Jahren kassiert wurde, versucht sie es einfach mit einem unpassenden Gesetz. Das muss schiefgehen. Präsident Trump höchstselbst hat nach der einstweiligen Verfügung gegen den Richter James Boasberg, der sie erlassen hat, auf seinem Nachrichtendienst Truth Social ausgekeilt (Großschreibung aus dem Original übernommen): „Dieser radikal linke Verrückte von einem Richter, ein Unruhestifter und Agitator, der traurigerweise von Barack Hussein Obama ernannt wurde, wurde nicht zum Präsidenten gewählt – er hat nicht die STIMMENMEHRHEIT des Volkes GEWONNEN (stark!), er hat nicht ALLE SIEBEN WECHSELWÄHLERSTAATEN GEWONNEN, er hat nicht 2.750 zu 525 Landkreise GEWONNEN, ER HAT GAR NICHTS GEWONNEN! ICH HABE AUS VIELERLEI GRÜNDEN GEWONNEN, MIT EINEM ÜBERWÄLTIGENDEN MANDAT, ABER DIE ILLEGALE EINWANDERUNG ZU BEKÄMPFEN KÖNNTE DER GRUND NUMMER EINS FÜR DIESEN HISTORISCHEN SIEG GEWESEN SEIN. Ich tue nur, was die WÄHLER von mir wollten. Dieser Richter, wie viele der krummen Richter, vor denen zu erscheinen ich gezwungen bin, sollte DES AMTES ENTHOBEN WERDEN!!! WIR WOLLEN KEINE GRAUSAMEN, GEWALTTÄTIGEN UND GEISTESSCHWACHEN KRIMINELLEN, VIELE VON IHNEN GEISTESGESTÖRTE MÖRDER, IN UNSEREM LAND. MACHT AMERIKA WIEDER GROSSARTIG!!!“ Damit behauptet Donald Trump im Grunde die Abschaffung der Gewaltenteilung, jedenfalls in Fällen, für die der Wähler dem Präsidenten ein politisches Mandat erteilt habe. Diese Position steht natürlich im krassesten Widerspruch zu der Gewaltenteilung als einem der Grundprinzipien der amerikanischen Verfassungsordnung wie auch zum Misstrauen der amerikanischen Gründerväter gegen die vox populi. Wohl haben sich Gerichte nicht in den Aufgabenbereich der Exekutive einzumischen, aber ebenso wohl hat sich die Exekutive an die von der Legislative beschlossenen Gesetze, inklusive deren Abschaffung, zu halten, und ebenso hat ein von einem Verwaltungsakt oder auch einem Gesetz Betroffener Anspruch auf rechtliches Gehör und gerichtliche Überprüfung. All dies wirkt umso befremdlicher, weil nicht offensichtlich ist, was einer geordneten Regelung des Problems im Wege steht. Die Republikaner haben die Präsidentschaft und den Kongress und der Oberste Gerichtshof ist konservativ dominiert. Es ließen sich also nötigenfalls durchaus Gesetze beschließen, um Abschiebungen massiv zu beschleunigen und Gerichtsverfahren zu entschlacken. Gleichzeitig hat Präsident Trump auch in seiner Ansprache an den Kongress betont, dass sein Vorgänger Biden Unrecht damit hatte, dass es überhaupt neue Gesetze brauche, um das Einwanderungsproblem in den Griff zu bekommen, es hätte nur eines Präsidenten bedurft, der die Sache auch in die Hand nehme. So oder so erfordert das etwas mehr Arbeit als eine Unterschrift unter eine Abschiebungsverfügung unter einem unpassenden Gesetz, aber dafür hält es auch vor Gericht und führt nicht zu endlosem Ärger. Donald Trump wurde vor seiner Wahl tatsächlich das Opfer einer politisierten Hetzjagd unter den äußeren Formen des Rechts, eine Erfahrung, die offenbar sein Rechtsverständnis leider nicht geschärft, sondern eher verdorben haben mag. Bei Richter Boasberg ist Trumps Kritik jedenfalls unpassend. Nicht nur war seine Entscheidung zwingend, auch der Bezug auf die Ernennung durch Barack Obama passt nicht ganz. Ursprünglich als Bundesrichter wurde Boasberg nämlich von George W. Bush berufen. Vom Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofs John Roberts, der seinerseits ebenfalls von George W. Bush berufen wurde, wurde er an das Sondergericht für die Überwachung der Auslandsgeheimdienste sowie an das noch nie zusammengetretene Sondergericht für Terroristenentfernung berufen. (Letzteres ist eine halbgare Idee aus der Clinton-Zeit für die beschleunigte Entfernung terrorismusverdächtiger Ausländer, wurde aber noch kein einziges Mal vom Bund angerufen.) Der ihm von Trump vorgeworfene, die Rechtsfindung bestimmende Linksdrall scheint bei Boasberg deswegen eher unwahrscheinlich.  Präsident Trump hofft nun auf den Obersten Gerichtshof, der laut seiner Pressesprecherin „diese aktivistischen Richter zügeln“ solle, die versuchten „die Agenda dieser Regierung zu verlangsamen“. Bei allem Respekt für Donald Trumps Tatendrang, bei aller Stärke des Mandats, das er tatsächlich hat, das Ausländerrecht umzusetzen, das wird nichts werden. Die wesentliche Trennline zwischen als konservativ und als progressiv bezeichneten amerikanischen Verfassungsjuristen dreht sich um den (ursprünglich als Schimpfwort) sogenannten Originalismus. Konservative sind der Meinung, dass die amerikanische Verfassung so zu gelten hat, wie sie beschlossen wurde, dass ihre Worte mit der zum Zeitpunkt des Beschlusses von der rechtskundigen Öffentlichkeit verstandenen Bedeutung gelesen werden müssen, und dass wer diese Regeln ändern wolle, eben den vorgesehenen Weg der Verfassungsänderung gehen muss. Bekommt er die Mehrheiten dafür nicht zusammen, dann ist das eben so; er darf ja weiterhin für seine Vorschläge agitieren. Eigentlich bezeichnet dieser „Originalismus“ also nur die Selbstverständlichkeit, dass die Verfassung auch gilt. Progressive Juristen vertreten dagegen die Theorie einer von ihnen sogenannten „lebenden Verfassung“, nach der sich die Interpretation der Verfassung entsprechend wechselnder sozialer Realitäten und Wertvorstellungen auch ohne formelle Änderung ändern solle, und zwar nicht nur bezüglich des ungeschriebenen Verfassungsrechts, sondern auch in der Reinterpretation des geschriebenen. Dieser Gedanke steht natürlich im Widerspruch mit dem einer geschriebenen Verfassung, deren Änderung absichtlich schwer zu erreichenden Supermajoritäten vorbehalten ist, und macht die Richter von Interpreten der Verfassung zu ihren fortlaufenden Autoren entsprechend ihrer Ansichten von sozialen Notwendigkeiten. Konservative würden deshalb sagen, dass die angeblich „lebende Verfassung“ in Wirklichkeit eine mausetote wäre, in der die geschriebene Verfassung durch die Willkür der Mächtigen ersetzt wurde. Präsident Trump hat nun das Problem, dass er mit seinen Vorstellungen weder bei den konservativen noch bei den progressiven Richtern wird punkten können. Die Progressiven lehnen Trump und seine politischen Inhalte ab, auch wenn sie verfassungsdurchbrechende Allmacht des Staates bei als progressiv empfundenen politischen Vorhaben durchgehenlassen mögen. Die konservativen Richter haben eine ganze Juristenkarriere darauf verwendet, dass die Verfassung und die Gesetze auch wirklich gelten. Die werden sich also auch schlecht dafür einspannen lassen, nicht nur ein vor 225 Jahren als Buchstaben und Geist der Verfassung widersprechendes und damals krachend verworfenes Gesetzespaket wiederzubeleben, sondern es sogar wiederzubeleben, ohne das passende Gesetz daraus überhaupt wieder in Kraft zu setzen und einfach ein unpassendes Gesetz zu nehmen. Der Präsident bekommt nun auch Kritik von Seiten, von denen er sie nicht gewohnt ist. Ann Coulter, eine rechte Krawallkolumnistin, die in gewisser Weise den Trumpismus zwanzig Jahre vor Trump selbst erfunden hat, bemerkte zur Sache Mahmoud Khalil, dass es eigentlich kaum jemanden gebe, den sie nicht abschieben wolle, „aber, wenn er keine Straftat begangen hat, ist das keine Verletzung des Ersten Verfassungszusatzes?“ Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs John Roberts, vor dessen Gericht diese Fragen vermutlich zur Entscheidung kommen werden, kann sich natürlich nicht zur Sache äußern, aber er hat sich zu Trumps Angriff auf Richter Boasberg geäußert, was für sich schon extrem ungewöhnlich ist: „Für mehr als zwei Jahrhunderte stand fest, dass Amtsenthebung keine angemessene Antwort auf Uneinigkeit bezüglich einer richterlichen Entscheidung ist. Dafür gibt es den normalen Prozess der Revisionsverfahren.“ Das ist aber so nahe an einer Prognose dran, wie es Roberts nur auszusprechen möglich ist, wie die konservative Mehrheit am Obersten Gerichtshof einen Angriff auf die seit mehr als zweihundert Jahren bestehende Einigkeit, dass der Präsident nicht einfach jemanden ohne Verfahren abschieben kann, beurteilen dürfte. Die New York Post, eine konservative und Trump-freundliche Boulevardzeitung, die sich an Dinge wie Hunter Bidens Laptopaffäre getraut hat, die andere nicht anfassen, veröffentlichte den Kommentar: „Trump, gib nicht dem gefährlichen Drang nach, den Rechtstaat anzugreifen“. Allerdings veröffentlichte sie auch einen Kommentar mit der gegenteiligen Position, dass „ein Kartell abscheulicher, korrupter und hart linker Richter versuch[e]“ Trumps „Wahlversprechen zu verhindern“. Der aber argumentiert, wie auch Trump, im Grunde gar nicht rechtlich und differenziert auch nicht zwischen verschiedenen laufenden Verfahren, die ganz unterschiedliche Gegenstände betreffen. Wenn hart rechte Kolumnistinnen, der konservative oberste Richter des Landes und eine Art Hauspostille der Trump-Bewegung den Präsidenten zum Einhalten aufrufen, dann sollte der sich das zu Herzen nehmen. Ohne die engagiert konservative Bewegung, rein auf den Populismus als energischer Macher gestützt, wird er seine Politik nicht voranbringen können. Die Zustimmung, die Präsident Trump von jenen erfährt, die sich über die Entfernung von (mutmaßlichen, aber die Mutmaßung ist wohl nicht unberechtigt) Antisemiten und Schwerstkriminellen mehr freuen als sie sich über die rechtlichen Feinheiten sorgen, könnte auch wegbrechen, sobald das Thema ausführlicher durchgekaut und bedacht wird. Im Falle Mahmoud Khalil kann ich das Problem anhand eines persönlichen Beispiels darlegen. Mein Bericht 2020 zu Hunter Bidens Laptop-Affäre dürfte einer der ersten und jedenfalls ausführlichsten in deutscher Sprache gewesen sein, der sich die augenscheinliche Korruption in der Familie Biden vornahm und die Sache nicht als angebliche russische Desinformation abtat. Ich hatte damit, wie sich herausstellte, auch recht. Unstrittig war der Regierung Biden die Unterdrückung diesbezüglicher Berichterstattung so wichtig, dass sie später offen zugegeben hat, soziale Medien rechtswidrig zu dieser Unterdrückung gepresst zu haben. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch kein Amerikaner, sondern Inhaber einer Daueraufenthaltserlaubnis. Unzweifelhaft genoss ich als solcher den Schutz der unter der Verfassung verbürgten Rede- und Pressefreiheit. Gleichzeitig wäre die Behauptung einer Störung der amerikanischen Außenpolitik durch Enthüllungen bezüglich der Korruption der Präsidentenfamilie eigentlich plausibler zu begründen als die Behauptung einer solchen Störung durch antisemitische Ausschreitungen an einer Universität. Wollte jetzt wirklich jemand behaupten, es wäre rechtmäßig gewesen, wenn die Regierung Biden mich deswegen einfach kurzerhand hätte nach Deutschland abschieben lassen, oder gar noch in einen Spezialknast in El Salvador? Selbst wenn das irgendwie vor Gericht halten würde, wollte irgendjemand behaupten, dass das entfernt akzeptabel gewesen wäre? Wären damit nicht alle Ausländer in ständiger Furcht vor dem nächsten Regierungswechsel, könnten sich nicht, wie das jedenfalls bei Ausländern mit Einbürgerungsperspektive unzweifelhaft wünschenswert ist, in die politische Diskussion einbringen, sondern müssten die Klappe halten? Eine unamerikanischere Vorstellung ist kaum denkbar, was eben in der Wahl von 1800 eindeutig und bisher dauerhaft entschieden wurde. Bei der Abschiebung von Bandenmitgliedern ohne entsprechenden Prozess wäre natürlich der Super-GAU, dass da aus Versehen jemand im Hochsicherheitsgefängnis von El Salvador bei der Zwangsarbeit landet, der gar kein Bandenmitglied ist und auch kein Ausländer, sondern Amerikaner, der nur Miguel statt Michael heißt und vielleicht Namen und Geburtsdatum mit einem wirklichen Bandenmitglied teilt, vielleicht auch einmal Probleme mit dem Gesetz hatte oder jedenfalls so aussieht. Wenn die Theorie akzeptiert wird, dass die Exekutive aufgrund eines angeblichen oder wirklichen Mandats der Wähler sich langwierige Gerichtsverfahren einfach sparen darf, hat dann der Zweite Verfassungszusatz, der den Amerikanern ihr Recht auf Waffenbesitz als Palladium der Volkssouveränität und Volksrechte garantiert, noch irgendeine Bedeutung? Es versuchen ja andauernd linksgerichtete Politiker und leider auch Richter, den zu untergraben, gerne mit Behauptung eines angeblichen Notstands oder mit absurden pseudojuristischen Sophistereien, in Gegenden mit linksgerichteter Wählerschaft vermutlich sogar bisweilen mit einem Mandat der Mehrheit. Was will man denen noch entgegensetzen, wenn man das Prinzip etabliert, dass die Exekutive sich in ihrer Machtvollkommenheit einfach ohne gerichtliche Überprüfung über Recht hinwegsetzen oder abwegige Rechtsinterpretationen bemühen darf? Präsident Trump hat das Glück, dass die Linke in weiten Teilen selbst mit grundlegenden Prinzipien des Verfassungsrechts fremdelt. Demonstrationen zur Unterstützung Khalils mit Palästinenserflaggen und entsprechendem Geschrei sind eher eine Erinnerung daran, dass die Abreise dieser Person in der Tat ein Gewinn für das Land wäre, und damit eine politische Entlastung Trumps. Zu Demonstrationen mit amerikanischen Flaggen und Skandieren der entsprechenden Verfassungszusätze sind die palästinabewegten Linken nicht in der Lage. Die prinzipienorientierten Rechten demonstrieren eher weniger. Es fällt aber auf, dass es offenbar gar keine irgendwie kohärente rechtliche oder politische Theorie der Regierung Trump gibt, mit der sie ihr Vorgehen rechtfertigen würde und die sie den Gerichten als korrekte Abgrenzung zwischen Zuständigkeiten der Exekutive und der Gerichte vorschlagen könnte. Eine Ausnahme bildet Jurist Adrian Vermeule, immerhin Professor an Harvard, der einen Tweet von Außenminister Rubio kommentierte: „Die Exekutive – und nur sie unter den nationalen Institutionen – hat die Fähigkeit, in der wirklichen Welt zu handeln, außerhalb der Gesetzesbücher, und diese Handlung ändert den status quo der anderen Institutionen. Wo es für diese Institutionen schwieriger ist, den neuen status quo, den die Exekutive geschaffen hat, zurückzusetzen, als es für sie gewesen wäre, die Änderung von Anfang an zu blockieren, wird die Macht einseitiger de facto Handlungen sehr wirksam.“ Das ist ein Selbstzitat Vermeules aus seinem Buch Die entfesselte Exekutive, in dem er die Überwindung der in der amerikanischen Verfassung angelegten Gewaltenteilung und eine stärkere Exekutive, die einfach entsprechend dem Notwendigen neue Tatsachen schafft, als mindestens unumgänglich, wohl auch wünschenswert darstellt. Vermeule als katholischer Konvertit argumentiert dabei aus einer Position des katholischen Integralismus, beruft sich letztlich auf die apostolische Nachfolge als angebliche Rechtsquelle. Er kann wohl auch nicht recht beantworten, wie sichergestellt werden sollte, dass seine entfesselte Exekutive stockkatholisch agieren würde und nicht beispielsweise angebliche Notstände von Klima, Corona, Ungerechtigkeit der Marktwirtschaft und Schlechtrede über progressive Anliegen und Menschen und dergleichen aus ganz anderen politischen Perspektiven bearbeiten würde. Vermeules Zitat wiederum wurde von keinem anderem als dem salvadorianischen Präsidenten Nayib Bukele weiterverbreitet. Der hat im Gegensatz zu Vermeule siebeneinhalb Millionen Abonnenten auf X, mehr als die Bevölkerung El Salvadors, und äußert sich bevorzugt auf Englisch, offenbar an ein amerikanisches Publikum gerichtet. Bukele hat bei der Partei und vormaligen Rebellengruppe FMLN angefangen, die Marx und Befreiungstheologie kombiniert hat. Heute weiß man nicht so recht, ob er rechts oder links ist, er selbst sieht sich als über solchen Unterscheidungen stehend, aber sein einer Glaubenssatz ist dann doch, dass die Exekutive sich zur Lösung sozialer Probleme über traditionelle Rechtsvorstellungen hinwegsetzen dürfe. Wir können es an dieser Stelle dahingestellt sein lassen, wieweit die bisweilen diktaturähnliche Regierung Bukeles für El Salvador besser sein mag als das vollständige Chaos der Bandenherrschaft und -kriege. Er hat offenbar die Mordrate in seinem Land drastisch gesenkt, aber diese Rechtfertigung von Diktatur setzt eine als gescheitert angesehene Staats- und Gesellschaftsordnung voraus, und ihre Perpetuierung setzt voraus, dass eine Gesellschaft so kaputt ist, dass sie über das Scheitern nicht hinauskommen kann. In der ältesten großen Republik der Welt dürften jedenfalls weder der katholische Integralismus Vermeules mit Bezug auf Pius IX., noch der postmarxistisch-unideologische Machtdurchgriff Bukeles besonders anschlussfähig sein. Beide sind unamerikanisch sowohl im dem Sinne, dass sie mit der zivilreligiös verehrten amerikanischen Verfassungsordnung unvereinbar sind, als auch in dem Sinne, dass die Amerikaner mit der Wahl Trumps wohl kaum die Einführung lateinamerikanischer Verhältnisse und Ideologien in Staat und Gesellschaft gewünscht haben werden, sondern vielmehr die Entfernung von Problemen, die zu Zuständen wie in Lateinamerika führen.  Ein langfristig größeres Karriereproblem als Präsident Trump, der nur noch die laufende Amtszeit hat und 78 Jahre alt ist, dürften seine hochrangigen Unterstützer haben. Trump genießt eine gewisse Narrenfreiheit als Populist, der etwas ausprobiert und wenn das scheitert etwas anderes. Sein Vizepräsident J. D. Vance und sein Außenminister Marco Rubio haben dagegen einen Ruf als gebildete Konservative und als Juristen zu verlieren. Die können sich, wenn die Sache krachend scheitert, schlecht darauf berufen, die rechtlichen und prinzipiellen Probleme nicht verstanden oder sich nicht für sie interessiert zu haben.  Rubio hat im Vorwahlkampf 2016 als einziger der Kandidaten es kurzzeitig geschafft, Donald Trump in seiner Meisterdisziplin, der Beleidigung, zu übertrumpfen. Trump witzelte über Rubios geringe Körpergröße, was Rubio mit einem Kommentar über Trumps kleine Hände konterte, und man wisse ja, was das noch bedeute. Trump fühlte sich davon so in die Ecke getrieben, dass er anfing, im Wahlkampf die Größe eines anderen seiner Körperteile zu verteidigen, und Rubio hatte die Lacher auf seiner Seite. Rubio hat sich daraufhin bei Trump entschuldigt.  Der Radau-Stil funktioniert für Rubio nicht, auch wenn er ihn ein einziges Mal besser als Trump selbst abliefern konnte. Er erklärte dazu: „Wenn man nicht der ist, der man ist, dann kommt das nicht gut rüber. Und [Trump] kann das [Beleidigen] machen, denn aus irgendeinem Grunde kann er es. Aber ich könnte das nicht. Es ist nicht, was ich bin. Es ist nicht, was ich mache. Und damit, es zu tun, habe ich mir selbst geschadet.“ Das könnte für Rubios Unterzeichnung der Abschiebungsanordnungen gegen Khalil und andere – laut Gesetz eindeutig Rubios persönliche und nicht nur Amtsverantwortung – und seine Verteidigung und Organisation der Abschiebungen nach Feindausländergesetz auch noch zutreffen, und für Vance analog. Für Trump selbst dürfte ein anderes Problem ausschlaggebender werden. Er definiert sich über das Gewinnen, den Erfolg. Unter den Ausländer- und Aufruhrgesetzen der Föderalisten von 1798 wurde kein einziger unerwünschter Ausländer tatsächlich abgeschoben, es wurden siebzehn Amerikaner wegen Schlechtrede über die Regierung („Delegitimation“ im heutigen deutschen Sprachgebrauch) angeklagt und zehn verurteilt, und diese Verurteilungen wurden später aufgehoben und die Strafen zurückgezahlt. Die Regierung Trump ist dem mit den beiden Abschiebeflügen nach El Salvador voraus, aber das könnten auch gut die letzten Abschiebeflüge unter einer Rechtstheorie gewesen sein, die sich im Gegensatz zu den damaligen Föderalisten noch nicht einmal um den Erlass eines passenden Gesetzes gekümmert hat. Im besten Fall versandet die Sache und Präsident Trump widmet sich anderen, zustimmungsfähigeren und erfolgversprechenderen Ansätzen.   Oliver M. Haynold wuchs im Schwarzwald auf und lebt in Evanston, Illinois. Er studierte Geschichte und Chemie an der University of Pennsylvania und wurde an der Northwestern University mit einer Dissertation über die Verfassungstradition Württembergs promoviert. Er arbeitet seither als Unternehmensberater, in der Finanzbranche und als freier Erfinder. 2023 wurde er zum Kentucky Colonel ernannt.
Oliver M. Haynold
Präsident Donald Trump versucht Schnellabschiebungen mit einem Gesetz aus einem „Sicherheitspaket“ von 1798. Das für die Abschiebungen passende Gesetz dieses Pakets wurde aber schon 1800 gestrichen. Hat er solche Mittel nötig?
article
27.03.2025 12:00
https://www.achgut.com/artikel/beugt_Trump_das_recht_gegen_unliebsame_Auslaender