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2008-01-05 18:38:37
2025-06-12 11:57:15
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Claas Relotius ist ein mutiger und werteorientierter Journalist
Claas Relotius war fest angestellter Redakteur beim Spiegel. Mehrfach wurde er schon ausgezeichnet. Er bekam unter anderem den Peter-Scholl-Latour-Preis, mehrfach den Reporterpreis, den Katholischen Medienpreises und den Konrad-Duden-Journalistenpreis. Er schrieb freiberuflich unter anderem für den Cicero, die NZZ am Sonntag, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, die Financial Times Deutschland, die taz, die Welt, das SZ-Magazin und die Weltwoche. Am 19. Dezember 2018 gab der Spiegel bekannt, dass Claas Relotius „in großem Umfang eigene Geschichten manipuliert“ habe. Der Peter-Scholl-Latour-Preis wurde ihm im Zuge des Skandals aberkannt. Die anderen Preise hat er zurückgegeben. Relotius’ Arbeiten reichen von der Erfindung von Figuren, Szenen und Zitaten bis hin zu komplett erfundenen Geschichten. Am 18. Februar 2017 erschien im Spiegel sein Artikel „Löwenjungen“, für den er lange Gespräche mit einem Jungen in einem kurdischen Hochsicherheitsgefängnis erfand. Für seinen Artikel „In einer kleinen Stadt“ erfand er im März 2017 ein Schild am Ortseingang der amerikanische Kleinstadt Fergus Falls, auf der gestanden haben soll: „Mexicans Keep Out“. Er erfand zudem die Geschichte, Schulkinder würden Donald Trump als Vorbild malen. In der Geschichte „Die letzte Zeugin“ erzählte er von einer Frau auf der Reise als Zeugin zu einer Hinrichtung. Mit ein wenig Glück wird der Name Claas Relotius bald in einem Atemzug mit Karl May genannt. Die Titel „Löwenjungen“, „In einer kleinen Stadt“ und „Die letzte Zeugin“ klingen jedenfalls schon so wie grandiose Romantitel. Wir könnten bei all den Geschichten nun von Lügen sprechen, aber Georg Restle hat mir gezeigt, dass man es auch besser formulieren kann. Ich schlage daher folgende Sprachregelung vor: „Claas Relotius hat sich dem Neutralitätswahn im Journalismus verweigert. Er hat mutig aufgehört, nur abzubilden, was ist. Er hat stattdessen einen werteorientierten Journalismus gepflegt.“ Das ist eine Formulierung der Causa Relotius, mit der ich bei den öffentlich-rechtlichen Wertepflegern bestimmt sehr weit kommen würde. Diese Worte sind nämlich nur eine geringfügige Änderung einer Aussage, die Georg Restle so tatsächlich lange vor dem Bekanntwerden der Erfindungen durch Claas Relotius auf Twitter geschrieben hat. Ist es verwunderlich, dass Claas Relotius gehandelt hat, wie er gehandelt hat? In einer Gesellschaft, in der „werteorientierter Journalismus“ von öffentlich-rechtlicher Hand gefördert und gefordert wird, wo sogar Berichte über Judenhass verheimlicht und durch Mitarbeiter des WDR öffentlich diffamiert werden, wenn sie den eigenen Werten nicht entsprechen, (siehe: „Ein beispielloser Skandal“), können uns solche Phänomene wie Claas Relotius nicht verwundern. Er hat lediglich eine Nachfrage bedient. Viele Journalistinnen und Journalisten stehen unter einem immensen Druck, korrekt orientierten Wertejournalismus zu produzieren, wenn sie im Haifischbecken jenseits der Neutralität überleben wollen. Dieser Druck hat seinen Preis und die Wahrheit stirbt bekanntlich zuerst. In der Laudatio von Patricia Riekel, ehemalige Chefredakteurin der Bunte, für Claas Relotius anlässlich der Verleihung des Katholischen Medienpreises 2017 durch die Deutsche Bischofskonferenz am 16. Oktober 2017 in Bonn heißt es: „Manchmal wird man ja gefragt, was man als Erstes tun würde, wenn man Deutschland für einen Tag regieren würde. Ich würde ein Gesetz erlassen, dass die Reportage „Königskinder“ zur Pflichtlektüre für alle Politiker wird. Vielleicht hat sich dann das in meinen Augen beschämende Gerangel um die Obergrenze erledigt.“ Darum geht es. Der Journalismus von heute soll Debatten erledigen, nicht fördern. Claas Relotius wilderte in diesem Umfeld und er ist gewiss nicht der einzige Jäger mit wildem Jägerlatein. Dieser Beitrag ist zuerst bei Tapfer im Nirgendwo erschienen. 
Sofia Taxidis
Der Journalismus von heute soll Debatten erledigen, nicht fördern. Claas Relotius wilderte in diesem Umfeld und er ist gewiss nicht der einzige Jäger mit wildem Jägerlatein.
meinungen
2018-12-28T14:18:14+00:00
2018-12-28T14:37:52+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/claas-relotius-ist-ein-mutiger-und-werteorientierter-journalist/
Wie erwartet: Markus Söder will es doch mit den Grünen können
Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder ist überaus wandlungsfähig. Das bewies er bis 2019 alljährlich mit immer neuen Kostümierungen beim Veitshöchheimer Fasching: mal als Herr der Ringe, Punk, Marilyn Monroe, dann als Shrek, Eisbär, Gandhi, Prinzregent. Seit er als bayerischer Ministerpräsident regiert und bei „seinen“ Wahlen in Bund und Freistaat nicht gerade üppige Ernte einfuhr (Bundestagswahl 2021: 31,7 Prozent; Landtagswahlen 2018 und 2023: 37,7 bzw. 37,0 Prozent), ist er im Outfit gesetzter geworden. Da geht nichts mehr ohne Anzug auch beim Fasching. Neuestens geht obendrein nichts mehr ohne Bart – Modell „Henriquatre“. Und das immerhin konstant schon seit Sommer 2024. Für Söder ist das eine lange Zeit. Weniger gesetzt, dafür sehr wandlungsfähig ist Söder allerdings in seiner politischen Orientierung geblieben. Wenn jemals sein Vorgänger Horst Seehofer den Spitznamen „Drehhofer“ zu Recht oder zu Unrecht bekam, dann hat Seehofer diese Charakterisierung längst an seinen von ihm nicht sonderlich geliebten Nachfolger Söder weitergegeben. Wandlungsfähig ist Söder vor allem – hin und her changierend zwischen Nähe bzw. Distanz – gegenüber den „Grünen“. Beim Politischen Aschermittwoch am 14. Februar 2024 in Passau erteilte der CSU-Vorsitzende Söder einer Regierungsbeteiligung der Grünen nach der nächsten Bundestagswahl eine klare Absage. Wörtlich: „Wir als CSU wollen keine Grünen in der nächsten Bundesregierung, kein Schwarz-Grün.“ Die Grünen seien nicht regierungsfähig. Noch im September 2024 bezeichnete Söder ein schwarz-grünes Bündnis als „absolutes No-Go“ und erklärte, die CSU werde dies verhindern. Söder warnt die Union vor einer Festlegung auf die Grünen: „Wenn die Union sich auf die Grünen einlässt, wird sie bei der Bundestagswahl ein deutlich schlechteres Ergebnis erzielen.“ Viele bürgerliche Wähler würden die Grünen grundsätzlich ablehnen. Beim CSU-Parteitag am 12. Oktober 2024 in Augsburg (wo kommunal übrigens schwarz-grün regiert) bezeichnete Söder Habeck als den schlechtesten Wirtschaftsminister aller Zeiten und warf den Grünen vor, das Land herunterzuwirtschaften. Eine Koalition mit den Grünen auf Bundesebene sei daher unmöglich. www.radio-augsburg.de/soeder-wettert-auf-csu-parteitag-gegen-habeck-und-die-gruenen-54536/ Bald darauf ließ sich Söder immerhin ein Hintertürchen offen: „Der Satz von Friedrich Merz ist eindeutig: Mit diesen Grünen geht es nicht“, sagte der CSU-Mann dem „Stern“. Betonung auf „diesen“! Entscheidend, so Söder, sei der Kurs der „Grünen. Zum Beispiel seien die Grünen in der Migrationspolitik auf einem Irrweg. www.br.de/nachrichten/bayern/soeders-nein-zu-schwarz-gruen-klingt-nun-etwas-anders,UTXgJoh Dann aber wieder: Schwarz-Grün sei keine Option, meinte Söder im ARD-Fernsehen am 18. November 2024 nach dem Parteitag der „Grünen“. Vielmehr brauche es bei der Bundestagswahl einen echten Richtungswechsel. Der Grünen-Parteitag habe diesbezüglich keine echten Lösungsansätze geboten. Also, was denn nun? Die Ungewissheit dauert nicht lange. Man konnte jedenfalls darauf wetten, dass Söders radikale Absage an eine Koalition mit den Grünen nur eine sehr kurze Halbwertszeit hat. Jetzt heißt es: Grüne sind für Söder kein absolutes No-Go mehr. www.n-tv.de/politik/Gruene-sind-fuer-Soeder-kein-absolutes-No-Go-mehr-article25386743.html Allerdings sieht Söder insbesondere den Grünen-Spitzenkandidaten Robert Habeck als Problem. „Robert Habeck ist das Gesicht der Wirtschaftskrise“, sagte Söder. „Dass Robert Habeck jetzt sogar Kanzler werden will, ist so, als würde man mit Hertha BSC absteigen und dann Trainer von Real Madrid werden wollen.“ Seine Beziehung zu dem Grünen-Politiker benannte er mit einem Wort: „Abgeschlossen.“ CDU-Chef Friedrich Merz ist da schon viel weiter: Bei CDU-Parteitag hatte er im Mai 2024 zwar gesagt, Habeck sei „Kinderbuchautor“ und habe deswegen von Technologie „keine Ahnung“. Nun nannte Merz Robert Habeck einen studierten Philosophen und promovierten Literaturwissenschafter, der Bücher geschrieben habe. Als Merz gefragt wurde, ob er nach der Neuwahl mit ihm zusammenarbeiten könnte, bezeichnete er Habeck als „angenehmen Gesprächspartner.“ https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/schwarz-gruen-merz-zieht-kritik-an-habeck-zurueck-und-lobt-ihn/ Söder ist auf einem anderen Gebiet weiter, er sprach sich für eine Reform der Schuldenregeln aus. „Wir wollen die Schuldenbremse grundsätzlich behalten. Allerdings sollten Bund und Länder dieselben Schuldenregeln haben. „Allerdings!“ Momentan dürften sich Bundesländer überhaupt nicht verschulden, der Bund aber schon, kritisierte Söder. „Das ist zweierlei Maß und darüber sollte man diskutieren können.“ Söder schiebt hinterher: „Wer mit der CSU über die Schuldenbremse reden will, wird mit uns zuerst über eine Lösung beim Länderfinanzausgleich sprechen müssen.“ Bayern zahlte dort allein im vergangenen Jahr rund neun Milliarden Euro ein. Für die Länder gilt bisher ein Verbot der Neuverschuldung, während die Bundesregierung Schulden von bis zu 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufnehmen darf. Zuletzt hatte auch Kanzlerkandidat Friedrich Merz einen solchen Schritt nicht mehr ausgeschlossen. Ja, das kann lustig werden. Der Wähler wird sich allmählich fragen: Warum wählen wir am 23. Februar 2025 überhaupt?“ Die etwas älteren Wähler (40 aufwärts) werden sich erinnern an eine urplötzliche Namensänderung für den Schokoriegel „Raider“. Die Firma „Mars“ dichtete 1991 dazu: „Raider hießt jetzt Twix. Geändert hat sich nix!“
Josef Kraus
Markus Söder zeigt sich einmal mehr als politischer Wendehals: Noch vor Kurzem hatte er eine Zusammenarbeit mit den Grünen kategorisch ausgeschlossen, doch inzwischen lässt er diese Option wieder offen. Seine Kehrtwenden verdeutlichen, dass auf seine politischen Aussagen keinerlei Verlass ist – sie scheinen oft nur so lange zu gelten, wie es ihm taktisch nützlich erscheint.
meinungen
2024-11-26T15:57:43+00:00
2024-11-26T16:40:50+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/markus-soeder-gruene/
Trump-Dossier - Hillary Clinton: schmutzige Tricks oder Liebesgrüße aus Moskau
Als Trump sagte „Ich kandidiere“, nahmen das die Republikaner zunächst so ernst wie die Deutschen den gleichnamigen Film von „Horst Schlämmer“. Nachdem Trump die republikanischen Gegenkandidaten einen nach dem anderen wegputzte, brauchten die „NeverTrump“-Parteifreunde mehr als Argumente. Dabei war den Reps aufgefallen, dass sie eigentlich nichts über den Kandidaten wussten, außer dem, was die Forbes-Liste und die Trump‘sche Selbstdarstellung hergab. Also beauftragten sie die Recherche- und strategische Beratungsfirma „Fusion GPS“ mit der Beschaffung von kompromittierendem Material. Ein Glenn Simpson und andere ehemalige Wall-Street-Journal-Redakteure hatten die Firma in Washington D.C. gegründet und dienten sich Rechtsanwaltskanzleien, Konzernen und Investoren bei der Materialbeschaffung über Mitbewerber oder bei Firmenübernahmen an, sowie für „Nachforschungen bei politischen Opponenten“. Während die Welt staunend Zeuge wurde, wie der Baulöwe und Außenseiter seine republikanischen Mitbewerber – vom angeblich Tiefreligiösen bis zum smarten Selbstdarsteller – scheinbar mühelos abservierte, verloren die Auftraggeber ihr Interesse an der Arbeit von „Fusion GPS“ und beendeten die Zusammenarbeit. Doch damit geht unsere Geschichte erst richtig los. Denn das nächste Trump-Opfer dürfte nach dem Gesetz der Serie Hillary Clinton, Spitzenkandidatin der Demokraten und Liebling der linksliberalen Presse, heißen. Und auch die Demokraten hatten keinerlei taugliche Anti-Trump-Munition auf Lager. „Fusion GPS“ konnte im Vorwahlkampf wahrscheinlich wenig für seine Auftraggeber beisteuern, aber die Rechercheure hatten sich an einem neuen Thema festgebissen: Trump und Russland. Hierzu muss man sich in Erinnerung rufen, dass die Obama- Administration auf einen neuen kalten Krieg zusteuerte (das obskure Maidan-Massaker, die Krim-Annexion, Syrien). Trump hingegen hatte Putin wiederholt als „netten Kerl“ bezeichnet, weil der ihn auch einen „netten Kerl“ genannt hatte. Wer also würde von einem Russen-freundlichen US-Präsidenten profitieren? Russland. Für FGPS war Steele der ideale Partner, der sich rühmte, in Russland Gott und die Welt zu kennen (Gott Putin nicht, der hatte ihn eher auf seiner Abschussliste). Für zwischen 12.000 und 15.000 $ im Monat, plus Spesen, schreibt Vanity Fair, machte sich Steele ans Werk. Das erscheint uns fast ein wenig unterbezahlt, aber zu den Zahlen kommen wir noch. Regelmäßig schickte Steele Berichte seiner russischen Konfidenten an FGPS. Darin stand, der Kreml habe Donald Trump nicht nur „seit Jahren gepflegt, unterstützt und assistiert“, sondern ebenso „kompromittierendes Material gesammelt, um ihn jederzeit erpressen zu können“. Dann das: „Das russische Regime steckt hinter den E-Mail-Leaks über die WikiLeaks-Plattform.“ Oder dieses: „Im Gegenzug erklärte sich das Trump-Team bereit, bei Russlands Intervention in der Ukraine an der Außenlinie zu bleiben.“ Unser James Bond aus Surrey wusste natürlich, was seine amerikanischen Auftraggeber wünschten, und ob auch nur ein Wort davon wahr ist, lässt sich schwer beweisen, denn es war immer nur von Quelle A oder Quelle B die Rede. Die wiederum nur einer kannte, James Bond Steele. Nun hatte das Clinton-Lager jede Menge Schmutz angekauft, es half trotzdem nicht. Denn die Medienmeute hetzte von einem Trump-Tweet zum nächsten, und konnte kaum an Hillarys zigtausend Emails auf ihrem Privataccount vorbeigehen. Dazu steuerte Demokrat Weiner mit seinen Unten-Ohne-Fotos und der windige Clinton-Wahlkampfmanager Podesta selbstbelastenden Schmutz genug bei. Zudem lieferte Trump den linksliberalen Medien mehr Empörungs- und Erregungsstoff (Mauerbau, Einreisestopps, etc.), als in die jeweiligen Ausgaben passte. Nur die linke Zeitschrift „Mother Jones“ war sich nicht zu schade, das FGPS-Material zu drucken. Aber niemand sprang auf den Zug auf, zu substanzlos schienen die Vorwürfe, auch inhaltliche Fehler, falsche Namen und Orte ließen andere Redaktionen während des Wahlkampfs von der Geschichte Abstand nehmen. Nun waren die Spürhunde von FGPS aber in erster Linie auch Trump-Hater und nicht bereit, abzulassen. Sie ließen Steele das Material an alte Bekannte vom FBI-Büro in Rom weiterleiten, und über einen emeritierten britischen Botschafter an den Republikaner und Anti-Trumper John McCain. McCain wiederum gab das Material an den FBI-Chef Comey. Ist es überraschend, dass Hillary Clinton des schmutzigen Wahlkampfs überführt wurde? Dass sie Millionen zahlte, um Gegner zu diskreditieren? Kaum. Wobei sie de jure natürlich fein raus ist. Deshalb wurde der Rechtsanwalt Elias zwischengeschaltet, der sich auf seine anwaltliche Schweigepflicht berufen kann. Eine Sprecherin des DNC sagte der Washington Post, eigentlich wisse sie von nichts: „Der Chairman und die neue Führung des DNC waren an keiner Entscheidung bezüglich Fusion GPS beteiligt, noch wussten sie, dass Perkins Coie mit dieser Organisation zusammengearbeitet hat.“ Der Geheimdienstausschuss des US-Kongresses hat Fusion GPS nun juristisch aufgefordert, seine Einnahmen offen zu legen.
Sofia Taxidis
Ist es überraschend, dass Hillary Clinton des schmutzigen Wahlkampfs überführt wurde? Dass sie Millionen zahlte, um Gegner zu diskreditieren?
kolumnen
2017-10-26T07:51:14+00:00
2017-10-26T07:59:27+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/trump-dossier-hillary-clinton-schmutzige-tricks-oder-liebesgruesse-aus-moskau/
„Internationaler Pandemievertrag“: Wie die USA die Durchgriffsrechte der WHO stärken wollen
Karl Lauterbach ist natürlich in der ersten Reihe mit dabei, wenn es um die Vorbereitung auf künftige Pandemien geht. Und die wird es, wie er zu wissen meint, künftig eigentlich immer geben: „Wir werden jetzt immer im Ausnahmezustand sein. Der Klimawandel wird zwangsläufig mehr Pandemien bringen“, sagte er im März zur Vorstellung seines Buches. Und was das konkret bedeutet, sagte er etwas später, am 28. April in einer Sitzung des Gesundheitsausschusses des Bundestages, deren Protokoll ein Welt-Redakteur öffentlich machte: „Pandemic Preparedness sei ein sehr wichtiges Thema. Er arbeite seit Monaten im Rahmen der G7-Vorbereitungen mit einer Gruppe von etwa 30 internationalen Wissenschaftlern, großen Stiftungen und Universitäten an einem globalen Pakt für Pandemic Preparedness. Die Arbeiten seien weit fortgeschritten und zielten darauf ab, ein weltumspannendes System zu entwickeln, durch das sehr früh neue Pathogene erkannt werden könnten und in das Spezialisten eingebunden seien, die sich viel schneller als bisher informieren könnten. Mit Modellierungsmethoden und Methoden der genetischen Interpretation könnten so schneller neue Impfstoffe entwickelt und beschafft werden. Das Projekt leite er zusammen mit einem Spezialisten aus Großbritannien. Am 14. oder 15. Mai 2022 werde es einen entsprechenden Vortrag geben, an dem auch der amerikanische Präsident und der Bundeskanzler teilnehmen würden. Am 19. Mai folge eine entsprechende G7-Initiative. Das sei derzeit das wichtigste Projekt des BMG.“ — Tim Röhn (@Tim_Roehn) May 11, 2022
Ferdinand Knauß
Karl Lauterbach ist natürlich in der ersten Reihe mit dabei, wenn es um die Vorbereitung auf künftige Pandemien geht. Und die wird es, wie er zu wissen meint, künftig eigentlich immer geben: „Wir werden jetzt immer im Ausnahmezustand sein. Der Klimawandel wird zwangsläufig mehr Pandemien bringen“, sagte er im März zur Vorstellung seines Buches. Und
kolumnen
2022-05-13T12:00:19+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/knauss-kontert/internationaler-pandemievertrag-wie-die-usa-die-durchgriffsrechte-der-who-staerken-wollen/
Die Finanzindustrie und die Frisur von Olaf Scholz
„Er ist schlau, kompetent, engagiert, hartnäckig und ehrlich.“ So spricht Jamie Dimon über Olaf Scholz. Kein Scherz. Scholz ist deutscher Bundeskanzler, Dimon ist Chef von JP Morgan. Das ist (nach dem Wert der von ihr betreuten Fusionen und Firmenübernahmen) zwar nur die zweitgrößte, dafür aber die anerkannt skrupelloseste Investmentbank der Welt. Auch kein Scherz. Im Prinzip reicht das schon als Pointe. Bei minimalistischer Betrachtungsweise könnte dieser Text hier also enden. Aber natürlich geht es noch weiter. Tatsächlich gibt es zu dem eben beschriebenen Vorgang sowieso noch ein paar interessante Kleinigkeiten zu sagen. Cum-Ex? Da war doch auch was mit Olaf Scholz, oder? Richtig: Die Warburg Bank Hamburg war in den Skandal verwickelt. Doch die Finanzbehörde der Hansestadt verzichtete überraschend auf Rückforderungen gegen die Bank in Höhe von 47 Millionen Euro. Erster Bürgermeister von Hamburg damals: Olaf Scholz. Der SPD-Mann hatte sich sogar im Rathaus mit Vertretern der Bank getroffen. Unbelehrbare Verschwörungstheoretiker vermuten ja bis heute, dass – horribile dictu – politischer Druck hinter dem sachlich ansonsten nicht nachvollziehbaren Verzicht des Landesfinanzamts auf die Rückforderungen steckte. Mehrmals hat ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Scholz zu der Sache befragt. Doch so ein Volksvertreter hat viel zu tun, da kann man Kleinigkeiten schon mal vergessen: Der heutige Bundeskanzler kann sich an die Gespräche nach eigener Aussage partout nicht mehr erinnern. Leider blöd für den Rechtsstaat, aber natürlich gut für ihn. Der 66-jährige Jurist ist seit 27 Jahren Berufspolitiker – darunter sieben Jahre als Erster Bürgermeister der Kaufmannsstadt Hamburg, drei Jahre als Bundesfinanzminister und mittlerweile ebenfalls drei Jahre als Bundeskanzler der immer noch größten Volkswirtschaft Europas. Das hat sich gelohnt – also, jetzt nicht für Hamburg oder für Deutschland, aber für ihn. Man lernt da schon den einen oder anderen Spitzen-Banker kennen. Manchmal kann man was für die tun – und bei Bedarf können die auch mal was für einen selbst tun. Im Moment läuft es für Olaf Scholz politisch ja nur eher so mittelgut. Da kommt ein Lob von einem der wichtigsten Männer der internationalen Finanzwelt gerade recht. Allerdings treffen Banker bekanntlich nicht unbedingt immer den richtigen Ton. Man kann es eben auch übertreiben. Scholz als „schlau, kompetent, engagiert, hartnäckig und ehrlich“ zu bezeichnen, ist halt dann doch eine Spur zu dick aufgetragen. Wenn etwas so offensichtlich so weit weg von der Realität ist, wirkt es unfreiwillig komisch. Genauso gut hätte Bank-Chef Jamie Dimon den Bundeskanzler Olaf Scholz als „hochaufgeschossenen Mann mit Wuschelfrisur, stilsichererem Modegeschmack und notorisch gutem Gedächtnis“ beschreiben können. Durch Cum-Ex-Geschäfte sind insgesamt etwa zehn Milliarden Steuerschäden entstanden. In einem Interview schildert Brorhilker den Komplex jetzt noch einmal sehr nüchtern, aber sehr anschaulich: „Sozialhilfebetrug produziert nicht mal eine halbe Milliarde an Schaden. Und wie die Strafgerichte auch schon festgestellt haben, hatten die Geschäfte nahezu industriellen Charakter. (…) Daran haben über Jahrzehnte eine Vielzahl von Bankinstituten teilgenommen und haben die deutschen Steuerkassen und die anderer europäischer Länder systematisch ausgeplündert.“ Irgendwie ist das gar nicht komisch.
Fritz Goergen
Ein führender US-Banken-Hai lobt den Bundeskanzler über den grünen Klee. Das allein ist schon komisch, die Wortwahl ist es dann erst recht. Das Ganze zeigt, wie im Geflecht von Politik und Geld eine Krähe der anderen die Hände wäscht. Oder so ähnlich.
meinungen
2024-07-18T13:14:44+00:00
2024-07-18T13:14:45+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/jamie-dimon-olaf-scholz/
EuGH: Kein Kalifat mehr im Betrieb
Unternehmen können in ihrem Betrieb neuerdings ein Kopftuchverbot erlassen und müssen auch auf andere islamische Forderungen nicht mehr eingehen: Gebetspausen, Freistellung für das Freitagsgebet und Minderleistung während des Ramadan. Muslime haben nach europäischen Recht ihre Privilegien verloren, die ihnen das deutsche Recht bislang einräumt. Bislang galt ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das 2002 in einem Grundsatzurteil feststellte, dass religiöse Symbole am Arbeitsplatz nicht verboten werden dürfen. Der EuGH urteilte nun einem neuen „Kopftuch-Urteil“ über die grundsätzliche Freiheit des privatwirtschaftlichen Unternehmers. Die bisher sakrosankte Religionsfreiheit kann jetzt auf Weisung des Unternehmers beschränkt werden. Sowohl die Bundesregierung als auch der politische Islam poltern gegen das EuGH-Urteil. Trotzdem hat es Bestand. Angekommen ist es allerdings in Deutschland noch nicht – im Gegenteil. Noch werden islamische Privilegien gefeiert und gefordert. So titelten die Wirtschaftsblätter Handelsblatt und WiWo: „Mit scharfer Kritik haben islamische Verbände in Deutschland auf das Kopftuch-Verbot am Arbeitsplatz reagiert. Die Richter hätten das Tor für eine weitere Diskriminierung muslimischer Frauen in Europa geöffnet“. Auch anderen Medien berichteten nur kurz in diesem Duktus über das Urteil. Die Chefin der Antidiskriminierungsstelle äußerte Bedenken, da das Urteil als „Diskriminierung von Muslimen“ zu bewerten sei. Dabei wurde in keiner Mitteilung ausführlich und sachlich über die nun mögliche Form der Ausübung der unternehmerischen Freiheit informiert. Die europäischen Richter allerdings folgten dem Schlussantrag der EU-Generalanwältin vom Mai 2016: „Letztlich stehen die Rechtsprobleme rund um das islamische Kopftuch stellvertretend für die grundlegendere Frage, wie viel Anderssein und Vielfalt eine offene und pluralistische europäische Gesellschaft in ihrer Mitte dulden muss und wie viel Anpassung sie umgekehrt von bestimmten Minderheiten verlangen darf.“ Es ist bemerkenswert: Der EuGH fordert von Minderheiten, sich anzupassen. Und kein deutsches Medium traute sich, die Richter in Luxemburg als „islamophob, rechtspopulistisch oder menschenverachtend“ zu titulieren. Die Richter befanden es für rechtens, dass ein belgisches Unternehmen festgelegt hatte: „Es ist den Arbeitnehmern verboten, am Arbeitsplatz sichtbare Zeichen ihrer politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen zu tragen und/oder jeglichen Ritus, der sich daraus ergibt, zum Ausdruck zu bringen.“ Sie verschafften am 14. März 2017 dieser Neutralitätsregel Geltung in über 22 Millionen Unternehmen aller EU-Länder – auch in Deutschland. Doch bislang wurde diese höchstrichterliche Entscheidung im EU-Land Deutschland weder von den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft, noch vom Wirtschaftsministerium, den Handwerkskammern, oder den IHK kommuniziert. So glauben die Unternehmer weiterhin treuherzig an das Recht auf Ausübung der Religionsfreiheit am Arbeitsplatz und finanzieren augenblicklich zähneknirschend die Minderleistung ihrer muslimischen Mitarbeiter im Ramadan. Sorgenvoll und sehr persönlich schrieb die Leiterin der Antidiskriminierungstelle, Frau Lüders, auf ihrer Webseite über das Urteil: „Ich kann nur hoffen, dass die Arbeitgeber begreifen, dass sich hinter dem Gedanken der „weltanschaulichen Neutralität“ im Klartext der Ausschluss einer ganzen Gruppe verbirgt.“ Das Urteil soll also in Deutschland gewissermaßen auf freiwilliger Basis nicht befolgt werden. Damit dem Arbeitgeber dieses Begreifen erleichtert wird, verkürzte die Dienststelle dann in der eilends geschaffenen Broschüre „Religiöse Vielfalt am Arbeitsplatz“ vom 09.05.2017 das Urteil auf die Zeichen und unterschlug den Teil unter der knappen Überschrift „Riten“. Damit gibt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes den wesentlichen Teil eines EuGH-Urteils bewusst falsch wieder, weil es nicht in die Politik der Bundesregierung passt. Aber es geht nicht nur um ein Kopftuch. Das sind die religiösen Riten, die in Deutschland – als einzigem EU-Land – dem Unternehmer viel Geld kosten. In Deutschland – als einzigem EU-Land – musste der Arbeitgeber bisher das Gebet am Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit gestatten, ebenso die Minderleistung während des Ramadan hinnehmen. Das summierte sich bei religiösen Muslimen auf bis zu 8 Wochen im Jahr. Nach dem Wortlaut der vom EuGH akzeptieren Regel umfasst sie aber nicht nur das plakative Kopftuch, sondern alle religiösen Gebräuche und Riten. Wenn also ein Arbeitgeber eine Kippa oder ein Kreuz genauso wenig toleriert wie das Kopftuch, liegt laut Urteil keine Diskriminierung vor, wenn einer muslimischen Frau das Tragen des Kopftuchs untersagt wird. Sie kann gekündigt werden, sollte sie sich weigern, das Kopftuch am Arbeitsplatz abzunehmen. Darin steckt die eigentliche Brisanz des Urteils: Muslimische Arbeitnehmer verlieren ihre Privilegien und werden christlichen und generell nicht-muslimischen Arbeitnehmern gleichweder Religionszugehörigkeit gleichgestellt. Während deutsche Medien und Politiker dazu schweigen – die Vertreter des politischen Islams schweigen nicht. Am 7. Mai 2017 veröffentlichte die Plattform des politischen Islams www.kalifat.com in deutscher Sprache eine Stellungnahme zum EuGH „Kopftuch-Urteil“ unter dem richtigen Titel „Ein Urteil mit weitreichenden Folgen.“ „Kalifat“ ist die offizielle Homepage des Medienbüros von Hizb-ut-Tahrir. Das Arabische nennt „Kalif“ den Vertreter des Gesandten Gottes, und unter Kalifat versteht man in der islamischen Welt seinen territiorialen Herrschaftsbereich. „Untersucht man das Urteil des EuGHs etwas genauer, so stellt man fest, dass das Gericht im Grunde grob fahrlässig gehandelt hat. Denn anstatt den verpflichtenden Charakter des Kopftuchs aus Perspektive der Muslime zu berücksichtigen, hat es sich vom öffentlichen Diskurs leiten lassen und das Kopftuch gemeinsam mit religiöser Symbolik im Allgemeinen subsumiert“. Das Kalifat erkannte, anders als die deutschen Medien, die Brisanz, die rechtlich zutreffend beschrieben wird: “Neu ist aber die Dimension des Urteils des Europäischen Gerichtshofs, das den Arbeitgebern europaweit eine Anleitung an die Hand gibt, wie sie ein Kopftuchverbot durchsetzen können, ohne dass auf juristischem Weg eine Chance besteht, ein solches Verbot mit dem Argument der Religionsfreiheit oder aber der Diskriminierung am Arbeitsplatz abzuwenden.“ Denn das Gericht lege fest, dass ein Arbeitgeber lediglich einen Neutralitätsanspruch geltend machen muss, um alle religiösen Riten und Besonderheiten in seinem Bereich zu stoppen. „Es öffnet den Arbeitgebern Tür und Tor und bestärkt sie darin, zunehmend von muslimischen Frauen unter Androhung ihrer Entlassung zu verlangen, das Kopftuch am Arbeitsplatz abzunehmen. Hierbei geht es nicht mehr nur um muslimische Frauen im Öffentlichen Dienst, sondern um die berufstätige Muslima im Allgemeinen.“ Das Kalifat vermutet dahinter ein gezielte Diskriminierung: „Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs stützt somit die ohnehin schon vorhandene Islamfeindlichkeit und Diskriminierung der muslimischen Frau in der Gesellschaft“. Denn nach Ansicht des Kalifen gibt es eine unbedingte islamische Kopftuchpflicht. EuGH oder Arbeitgeber hin oder her, Muslimas müssten immer ein Kopftuch tragen. Diese Gebot sei auch durch das Arbeitsrecht nicht aufhebbar, würde das Abnehmen des Kopftuchs am Arbeitsplatz nicht rechtfertigen. Und dann mit drohendem Unterton: „Auch muss bewusst sein, dass der Lebensunterhalt einer muslimischen Frau nicht gekürzt wird, wenn sie sich der Aufforderung, ihr Kopftuch abzunehmen, widersetzt und sie ihre Arbeitsstelle verliert. Denn der Lebensunterhalt ( rizq ) liegt allein in Allahs Hand.“ Christen haben es nach Ansicht des Kalifen leichter: „Die Forderung nach weltanschaulicher Neutralität am Arbeitsplatz trifft weder den christlichen Arbeitnehmer, der keinem religiösen Gebot unterliegt, etwa ein Kreuz zu tragen, das er zudem noch unter der Kleidung verstecken kann.“ Mehr dazu im Buch: „Das „Kopftuch-Urteil“ des EuGH und seine Auswirkungen auf die Integration von 6 Mio. Muslimen in Deutschland / Basiswissen für Arbeitgeber“ Eine digitale Leseprobe (pdf) mit 24 Seiten plus einigen Anlagen können Sie unter [email protected] kostenlos anfordern.
Sofia Taxidis
EuGH oder Arbeitgeber hin oder her, Muslimas müssten immer ein Kopftuch tragen. Sagen das Kalifat und seine Verbände.
meinungen
2017-07-13T15:23:21+00:00
2017-07-13T18:15:18+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/kein-kalifat-mehr-im-betrieb/
CDU/CSU: Mehr Jobs ist die beste Sozialpolitik
Viele Wochen lang gab sich die CDU/CSU empört: „Der Schulz sagt nicht, was er will.“ Inzwischen hat die SPD geliefert: Rentenkonzept, Steuerkonzept, Wahlprogramm. Deshalb konnte Schulz lästern: „Die CDU/CSU sagt nicht, was sie will.“ Das ist jetzt alles vorbei. Die CDU/CSU hat nicht nur ein (gemeinsames) Wahlprogramm, sie hat sogar zwei: Zu dem CDU/CSU-Papier kommt in drei Wochen noch der „Bayernplan“ der CSU hinzu. Dort steht das eine Wort drin, das Angela Merkel partout nicht aussprechen möchte: Obergrenze. Eines ist sicher: Für Spekulationen, wie CDU und CSU diesen Konflikt bei eventuellen Koalitionsverhandlungen nach der Wahl lösen wollen, gibt es definitiv keine Obergrenze. +++ Die Union bleibt dabei: Die Rente ist sicher – bis 2030. Darüber hinaus will sie nicht denken. Besser: Sie will die Wähler mit der unausweichlichen, stufenweisen Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 68, 69, 70 Jahre nicht erschrecken. Die SPD dagegen verspricht ein Rentenwunder: Höhere Renten bei kaum ansteigenden Beiträgen. Die Differenz zahlt der Steuerzahler, der von einem Jahreseinkommen von 76.000 Euro an schon als Spitzenverdiener gilt und deshalb zum Spitzenzahler befördert wird. +++ Bei den Steuern bietet die CDU/CSU ein echtes Kontrastprogramm: alle sollen entlastet werden, nicht nur die „Armen“. Wer mehr Wachstum und weniger Arbeitslosigkeit will, tut gut daran, nicht jene 10 Prozent der Steuerpflichtigen mit 81.000 Euro und mehr noch stärker zu belasten. Diese 10 (!) Prozent steuern schon jetzt 55 (!) Prozent zum Einkommensteuer-Aufkommen bei. Zu diesen „Reichen“ zählen auch die vielen Selbständigen, Handwerker und Inhaber von Personengesellschaften, bei denen der Gewinn nicht noch höher besteuert werden darf, wenn die Investitionsfähigkeit nicht leiden soll. +++ Die CDU/CSU will die Arbeitslosigkeit bis 2025 unter die 3-Prozent-Marke drücken. Ein ehrgeiziges Ziel – aber ein vernünftiges. Denn: Die beste Sozialpolitik ist die Schaffung von Arbeitsplätzen. +++ Vor vier Jahren bestand das Wahlprogramm von CDU/CSU bei Licht besehen aus drei Punkten; 1. Merkel, 2. Merkel, 3. Merkel. 2017 lauten die drei Punkte: 1. Merkel, 2. Sicherheit, 3. Wirtschaft. Und im Stillen dürften die Unions-Kämpen beten, dass es vor dem 24. September zu keinem größeren Zustrom an Flüchtlingen und keinem terroristischen Anschlag kommt. +++ In den Umfragen liegt die SPD wie festgezurrt bei 24 – 25 Prozent, sozusagen etwas über Gabriel-Niveau. Das hält Martin Schulz nicht davon ab, sich bereits im Kanzleramt zu wähnen. Auf die Frage der Welt am Sonntag, ob er sich vorstellen könne, in ein Kabinett Merkel einzutreten, antwortete der „Gottkanzler“ so: „Der nächste Bundeskanzler heißt Martin Schulz. Damit erledigt sich die Frage.“ +++ Wahlkampfweisheit zum Tage (frei nach Matthäus 23,12): Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt – wenn nicht von Gott, dann vom Wähler. +++ Hugo Müller-Voggs Countdown zur Wahl erscheint immer dann, wenn sich an der Wahlkampffront Interessantes tut.
Sofia Taxidis
Zum CDU/CSU-Papier kommt in drei Wochen noch der „Bayernplan“ der CSU. Dort steht das Wort, das Angela Merkel partout nicht aussprechen möchte: Obergrenze.
daili-es-sentials
2017-07-03T13:00:10+00:00
2017-07-03T13:00:11+00:00
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Der Brexit ist schon gescheitert
Können Sie sich noch an die Einführung der Blu-ray Disc erinnern? Bevor sie richtig verbreitet war, gab es eine längere Zeit mit zwei Systemen. Das zweite System hieß HD-DVD und obwohl sich heute kaum noch jemand daran erinnert, war es einmal etwa gleich weit verbreitet wie Blu-ray. Während dieser Zeit war das Rennen weitgehend offen und die meisten Kunden hielten sich mit dem Kauf beider Systeme zurück, weil niemand aus Versehen auf den Verlierer setzen wollte. Dann kündigte ein großes Studio an, seine Filme nur noch auf Blu-ray anzubieten, und ab da ging alles sehr schnell. Die Kunden machten mehr oder weniger über Nacht das, wozu sie sich über Monate hinweg nicht durchringen konnten: Sie sprangen in Scharen auf Blu-ray und verließen die HD-DVD. Denn jeder war sich jetzt sicher, wer den Formatkrieg gewinnen würde – und genau dadurch wurde derjenige auch zum Sieger. Dahinter steht ein allgemeineres Prinzip. Es gibt viele Situationen, in denen mehrere weitgehend gleichberechtigte Gleichgewichte existieren. Den Beteiligten ist es dabei ziemlich egal, was sie im Detail tun, solange sie bei der Mehrheit dabei sind. Wenn die Mehrheiten unklar sind, dann halten sich alle zurück; wenn die Mehrheit klar ist, dann machen alle mit und stützen damit genau diese Mehrheit. Natürlich sind Menschen nicht nur auf die Gegenwart bezogen, sondern sie denken auch nach, was in Zukunft sein wird. Es zählen also nicht nur die gegenwärtigen Mehrheiten, sondern auch die erwarteten Mehrheiten der Zukunft. Deshalb muss es einen Ruck geben, der alle aufweckt und mitreißt. Erwarten Viele, dass sich eine politische Richtung durchsetzt, dann wollen alle so schnell wie möglich auf den Zug aufspringen, um ganz vorn mit dabei zu sein. Das ist so, wie wenn man Aktien der oben beschriebenen Speicherhersteller kauft: Wenn das Medium erst einmal verbreitet ist, dann sind die großen Gewinne schon vorbei. Nur wenn man vorher dabei ist, macht man den großen Gewinn. Springt man aber auf das falsche System auf, dann macht man einen riesigen Verlust. Deshalb ist es in Umbruchphasen alles entscheidend, was die Menschen erwarten. Normalerweise ist die Erwartung, dass das bestehende System auch in Zukunft bestehen bleibt. Es ist also normalerweise die erfolgversprechendste Strategie, auf den bisherigen Sieger zu setzen, denn solange dies alle tun, bleibt es der Sieger. Will man das ändern, dann muss man die Erwartungen steuern. Gelingt es, eine Mehrheit erwarten zu lassen, dass sich die Angreifer durchsetzen, dann schwenken viele um, stärken den Angreifer, ändern die Erwartungen vieler Anderer, die dann ebenfalls umschwenken usw. Deshalb wechseln Mehrheiten meist nicht langsam, sondern „erdrutschartig“. Der Begriff passt genau, denn ein Erdrutsch ist wie eine Lawine, bei der herabstürzende Massen immer mehr Massen mit sich reißen, dadurch immer größer werden und genau dadurch noch mehr mitreißen. Aber die Umkehrung gilt auch: Ist der Schwung erst einmal weg, kommt das ganze zum Erliegen. Womit wir beim Brexit wären. Damit eine solch radikale Loslösung vom Status Quo möglich wird, braucht man Schwung, der immer mehr Massen mit sich reisst, weil keiner den Anschluss verlieren will. Wenn die Bewegung ein Erfolg werden soll, dann müssten wir jetzt eine riesige landesweite Aufbruchstimmung sehen. Nach Bekanntwerden des  Wahlergebnisses im Morgengrauen des 24. Juni hätte  man Autokorsos wie nach einem gewonnenen Fußballspiel sehen müssen. Es hätte ein Ruck durchs Land gehen müssen, der zeigt, dass die Menschen aufatmen, und wir hätten eine Vielzahl von Aktivitäten sehen müssen, die zu sofort sichtbaren Änderungen führen. Auf dem Kontinent hätten die Menschen neidisch werden müssen und darüber nachdenken, wie sie noch schnell nach England umziehen können, um früh dabei zu sein. Dynamik ist in einer solchen Situation alles. Stattdessen sehen wir vom ersten Tag an Katerstimmung und Unglaube. Der Anführer der Revolte verkriecht sich (oder wurde von Parteifreunden ausgeschaltet), und es gibt kein Feuerwerk an Ideen, was mit der neu entstandenen Freiheit gemacht werden könnte. Kein Schwung. Und damit gewinnt der Status Quo, weil jeder erwartet, dass er aufs falsche Pferd setzt, wenn er auf den Wandel setzt. Da nun niemand setzt, bleibt der Erdrutsch dort liegen, wo er gerade ist. Ich halte es für das wahrscheinlichste Szenario, dass das Austrittsgesuch nie abgegeben wird, denn wer will schon derjenige sein, der an der Spitze eines erstarrenden Erdhaufens steht? Die Brexiter haben einen gewaltigen Fehler gemacht: Sie haben mit großer Emotionalität den Wahlkampf geführt – und nie an den eigenen Erfolg geglaubt. Sie hätten ihn haben können, wenn sie den Schwung der Überraschung für den wirklichen Erdrutsch genutzt hätten. Dann hätten auch die anderen Wähler daran glauben können, dass es einen Erfolg außerhalb der EU wirklich gibt. Dann hätten sie die Kreativität der vielen Menschen in Richtung Aufbruch kanalisiert und damit die Bewegung zu einem echten Erfolg bringen können, der die verkrustete EU das Fürchten lehrt. Aber sie waren nur gegen etwas, nicht für etwas. Die Tatenlosigkeit jetzt ist ein deutlicher Indikator, dass sie den Zustand auch ganz bequem fanden, nicht wirklich selber entscheiden zu müssen, aber immer einen Sündenbock zu haben. Der Jugend war das Ganze augenscheinlich egal, denn diese Gruppe ist zu zwei Dritteln gar nicht erst zur Wahl gegangen. Vermutlich hatten sie den richtigen Riecher: Die Bürokratieveranstaltung EU ist wahrlich keine Vision, die das Herz anspricht; aber ein Club visionsloser und behäbiger Neinsager eben auch nicht. Die Jungen sind aber diejenigen, die einen Aufbruch letztlich umsetzen müssen. Jetzt ist es zu spät. Wenn das Austrittsgesuch tatsächlich noch abgegeben werden sollte, dann mit Zittern, Zähneklappern und der Erwartung, dass die neue Freiheit sowieso kein Erfolg wird. Und genau dadurch wird sie dann auch keiner.
Wird das Austrittsgesuch tatsächlich abgegeben, dann mit der Erwartung, dass der Brexit sowieso kein Erfolg wird. Genau dadurch wird er dann auch keiner.
kolumnen
2016-07-04T08:58:06+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/rieck-strategie/der-brexit-ist-schon-gescheitert/
Wenig bekannte Fakten aus der Automobilindustrie
Die Autoindustrie ist nicht erst seit der Corona-Krise, sondern seit Mitte 2018 schon im Abschwung. Anders als in der und von der Öffentlichkeit wahrgenommen befindet sich die deutsche Autoindustrie bereits seit Mitte 2018 im Abschwung, erst zaghaft, dann sehr deutlich. Bedingt durch hohe Auftragsbestände und eine sehr dezente Öffentlichkeitsarbeit des VDA wurde dieses Phänomen bis Anfang 2020 weitgehend verdrängt, auch von den Herstellern selbst. Abkopplung vom Produktionsstandort Deutschland Seit 1990 hat die deutsche Autoindustrie die Globalisierung energisch vorangetrieben. In 2019 wurden weltweit 16 Millionen Pkw mit deutschem Markenzeichen produziert, im Inland mit rd. 4,5 Millionen nur noch weniger als ein Drittel. Wobei es bei der Auslandsproduktion lediglich um reine Produktionsstätten handelt, während die soft-skills wie Forschung und Entwicklung bislang weitgehend im Inland verblieben. China wird für alle deutschen Hersteller zum wichtigsten Produktions- und Absatzmarkt Während bei BMW und Daimler das Inland mit rd. 40 Prozent der wichtigste Produktionsstandort geblieben sind, gefolgt von China und den USA, ist der Volkswagen-Konzern inzwischen nur mit 20 Prozent der Fertigung im Inland vertreten. 2019 wurde etwa die Hälfte aller Pkw mit einem Markenzeihen des VW-Konzerns in China gefertigt und auch dort verkauft, nicht exportiert. Das bedeutet eine extreme wirtschaftliche, weniger beschäftigungspolitische Abhängigkeit des VW-Konzerns von den dortigen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen. Demgegenüber ist VW kaum, BMW und Daimler relativ stark vom amerikanischen Markt abhängig. BMW ist zwischenzeitlich sogar zum Hauptexporteuer der amerikanischen Automobilindustrie aufgestiegen – nicht GM oder Ford.  Großbritannien bedeutendster EU Exportmarkt Während der Absatz deutscher Pkw in die großen Festlandmärkte in Europa seit der Finanzkrise 2009 im Trend eher rückläufig war, hat der nach Großbritannien kräftig zugenommen, vor allem bei VW.  Diese Entwicklung wurde durch das Brexit-Referendum erst gestoppt, dann ins Gegenteil verkehrt. Der Corona Ausbruch, der in UK besonders heftig ausfiel, hat den Export inzwischen auf das niedrige Niveau von Anfang der 90iger Jahre zurückgedrängt. Sollte der Brexit ohne Handelsabkommen folgen, stehen der deutschen Autoindustrie harte Strukturanpassungen bevor.
Redaktion Tichys Einblick
Anders als in der und von der Öffentlichkeit wahrgenommen befindet sich die deutsche Autoindustrie bereits seit Mitte 2018 im Abschwung, erst zaghaft, dann sehr deutlich.
wirtschaft
2020-06-29T06:23:32+00:00
2020-06-29T06:29:41+00:00
https://www.tichyseinblick.de/wirtschaft/wenig-bekannte-fakten-aus-der-automobilindustrie/
In Aachen Orden für Kontrolle, in Budapest Applaus für Freiheit
Während sich im Westen, im Zentrum der alten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Karlspreis an die Brust heften ließ, formulierte einer im Osten, in der neuen EU, fundamentale Kritik: „Der europäische Traum wurde uns gestohlen“, erklärte Orbán. Die ursprüngliche Vision eines friedlichen, wohlhabenden und selbstbestimmten Europas sei einer zentralistischen Agenda geopfert worden, die nationale Interessen untergrabe und Bürger entrechte. „Statt des europäischen Traums haben wir einen Albtraum“, so Orbán weiter. Das früher liberale Projekt gründe nicht mehr auf kultureller Identität oder demokratischer Vielfalt, sondern auf „neuer Identität, zentralisierter Wirtschaftsführung und permanenter Verschuldung“. Ursula von der Leyen erhalte den Preis „für ihre Verdienste um die Einheit der Mitgliedstaaten, die Eindämmung der Pandemie, die Geschlossenheit des Verteidigungswillens gegen Russland und die Impulse zum Green Deal einerseits sowie zur Ermutigung gegenüber den anstehenden Aufgaben.“ Im Osten dagegen wird Alice Weidel gefeiert. „Die AfD-Chefin wurde auf der CPAC-Konferenz in Budapest gefeiert wie ein Rockstar. Sie ist endlich angekommen im internationalen konservativen Mainstream,“ formuliert Boris Kálnoky. Nun kann man fragen: Alice Who? Wer ist schon die Co-Parteivorsitzende einer Partei ohne Regierungsbeteiligung; sogar die vollwertige Ausübung parlamentarischer Rechte wird ihrer Partei durch eine 80-Prozent-Mehrheit im Deutschen Bundestag verweigert. Während Ursula von der Leyen über dreistellige Milliaden-Budgets verfügt und  im Alleingang, ohne Kontrolle und willkürlich per SMS weitere Milliarden allein für gefahrvolle Medikamente verschieben kann findet „Alice Who?“ nur mühsam eine Halle für die Abhaltung der vorgeschriebenen Parteitage. Und bejubelt wird sie auf Einladung von Victor Orbán, der seinerseits in der EU geächtet wird wie einst ein Mensch ohne Maske in einem Lokal von Corona-Angsthabern. Die Macht ist ungleich verteilt. Ganz so einfach ist es nicht. Noch vor zwei Jahren bedauerte Orbán, dass er mit Weidel und der AfD nicht sprechen könnte mit Rücksicht auf CSU und CDU. Diesmal wurde Weidel kurzfristig eingeladen; eine Art politischer Überraschungsgast. Es ist ein Kampf zwischen Alt und Neu. Ursula von der Leyen vertritt die alte EU; selbstgefällig, sich ihrer Macht unerschütterlich bewusst, mit einer Armee von Beamten umgeben und in der Lage, auch noch das kleinste Detail im Leben der Bürger zu bestimmen. In Deutschland gehen gerade die Autofabriken und Zulieferer über die Wupper, weil Leyens starker Arm es will. Und weil man bei diesen großen Dingen die Kleinen trotzdem nicht übersehen darf, schlürft man jetzt im Reich der vereinten 500 Millionen seinen Cocktail aus einem Metallröhrchen oder einem buchstäblichen Bio-Strohlhalm, der für diesen Zweck in Plastik eingehüllt daher kommt. Ziemlich viel Bürokratie und Gewese für einen simplen Trinkhalm. So ist eben die EU geworden. Groß im Zerstören, kleinlich bei Vorschriften. Unbestritten riesig ist die EU im Ausnutzen von Krisen. Mit Corona erfuhr die Vertiefung Schubkraft und jedes Döschen Impfstoff ging über Röschens Tisch, möglicherweise auch über ihr Konto. Ihr Vater nannte sie so. Röschen. Diesen schändlichen Korruptionsverdacht zu äußern, wird nicht mehr lange möglich sein. Die Kontrolle der öffentlichen Meinung soll verschärft werden, möglichst nach deutschem Vorbild. Kriminalpolizei, Staatsanwälte und staatlich finanzierte Hilfsdenunzianten diverser „Meldestellen“ sollen Ursula vor Kritik schützen und ihr Reich mit einem engen Netz der Überwachung zusammenhalten. Nach den jüngsten Plänen sollen alle Social-Media-Plattformen, Chat-Dienste und Websites überwacht werden, aber auch Messenger-Apps wie Threema, Signal oder WhatsApp. Egal wie hoch die Reichweite ist – die EU will mithören, mitlesen, mitschauen. Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer von der Piratenpartei kommentiert: „Wir stehen am Rande eines so extremen Überwachungsregimes, wie es nirgendwo sonst in der freien Welt existiert. Nicht einmal Russland und China haben es geschafft, Wanzen in unsere Smartphones einbauen zu lassen, wie es die EU beabsichtigt.“ Während der Aachener Jubeltage verkündete von der Leyen, dass weitere Milliarden für den Aufbau von Wahrheitskontrolleuren ausgegeben werden, die im Sinne der EU richtige von falschen Informationen zu trennen haben  – aktive Zensur also. Und so geht es immer weiter. Teil der kompletten Bürgerüberwachung ist die schrittweise Zurückdrängen des Bargeldes und die Einführung eines digitalen Euros – seine Nutzer können jederzeit verfolgt werden: wo sie kaufen, was sie kaufen, wieviel sie kaufen – und das abschaltbar per Fernbedienung einer neuen Superbehörde mit Sitz in Frankfurt, die ab Juni schon mal übungsweise sämtliche Transaktionen ab 10.000 Euro kontrolliert – und schon bei Verdacht einfrieren kann. Man spielt sich die Bälle zu, grenzüberschreitend. Während Ursula von der Leyen für ihre Politik gefeiert wird, erklärt die neue deutsche „Gesellschaftsministerin“ Karin Prien, dass man um die Kontrolle der digitalen Kommunikation nicht mehr herumkommen werde, um den liberalen Staat zu schützen, und zwar mit möglichst illiberalen Methoden. Logik ist zwecklos. Sprache verräterisch, die auf innere Widersprüche glaubt, keine Rücksicht mehr nehmen zu müssen. Wer die Macht hat, setzt sie ein. Am Rande des von ihr souverän beherrschten Kontinents löcken einige gegen den Stachel. Ursprünglich waren es nur eine Handvoll Osteuropäer, die ihre Freiheit erkämpft hatten, die EU bejubelten – und sich dort plötzlich wieder der Unfreiheit ausgesetzt sahen. Sie kennen den Wert der Freiheit, weil sie lange in Unfreiheit leben mussten. In der vom Westen dominierten EU geht es jetzt auch um die Auflösung des bisherigen Zwangs in der EU zur Einstimmigkeit, mit der sich vor allem kleinere Staaten gegen die Übermacht der Achse Berlin-Brüssel-Paris wehren können. Der sozialdemokratische Ministerpräsident der Slowakei, Robert Fico wagt es, Friedrich Merz zu widersprechen, der kürzlich der Slowakei und Ungarn mit „Konfrontation” gedroht hatte, weil diese Länder nicht das Recht haben sollten, EU-Entscheidungen zu blockieren. Eine Abschaffung des Veto-Rechts, sagte Fico, bedeutete „das Ende der Europäischen Union”. Auch in Tschechien wachsen die Zweifel an den zentralen Beglückungen aus Brüssel. In Rumänien sowieso, wo nur durch massive Eingriffe mit Brüsseler Segen verhindert werden konnte, dass EU-Kritiker zum Präsidenten gewählt wurden. Unklar ist die Lage in Polen. Zwar regiert dort der aus Brüssel entsandte frühere EU-Kommissar Donald Tusk mit Rückendeckung aus dem Westen. Aber sicher kann er sich seines Sessels noch nicht sein im Warschauer Regierungssitz – seine Koalition aus der Bürgerplattform (Civic Coalition), Polska 2050, der Polnischen Volkspartei (PSL) und der Neuen Linken (Lewica) ist ein wild zusammengewürfelter Haufen, in dem auch radikale Kleinst-Parteien ihr Spiel treiben. Österreich ist ein Wackelkandidat an der west-östlichen Naht. Dort hält eine ähnlich wilde Koalitionsregierung nur zusammen aus Furcht vor der FPÖ, die man üblicherweise in Deutschland nicht ohne den halbamtlichen Zusatz „rechtspopulistisch“ zitiert. In den Niederlanden hat Geert Wilders eine Regierungskrise ausgelöst, weil er einen sofortigen Stopp der Migration fordert und zwar wirklich komplett, ganz ohne Merz-Wackler von Ja zu Nein. In Frankreich wurde die europakritische Marine LePen buchstäblich an die Kette einer Fußfessel gelegt für den Einsatz von Parlamentsmitarbeitern für die Partei; eine Methode, die beispielsweise bei deutschen Grünen an der Tagesordnung war, wie TE den Missstand aufgedeckt hat. In Dänemark nennt Ministerpräsidentin Mette Frederiksen „Migration als die größte Bedrohung“ und entzieht damit der bisher auf Massenmigration erpichten EU-Politik den Boden. In Italien regiert die konservative Meloni, die zwar bisher den offenen Konflikt mit Ursula von der Leyen sorgfältig in schwesterlicher Umarmung vermieden hat. Aber Italien wächst, während Deutschland schrumpft, wie die Zinsdifferenz zwischen deutschen und Italienischen Staatsanleihen. Italien gewinnt an Dynamik und Stabilität, in Deutschland wachsen nur die Staatsschulden. Geld und Wirtschaftsmacht aber verschiebt die Gewichte in der EU hin zum Lager der konservativen Reformer. Ungarn, Slowakei, Rumänien, Polen, Frankreich – die Frage ist, wie lange die EU den Widerspruch zu ihrer zentralistischen Politik durchstehen kann. Plötzlich wirkt die Aachener Preisverleihung wie aus der Zeit gefallen. Kann man den Ungeist noch einmal bannen, der diese Politik herausfordert? Die Frage geht an Deutschland.  „Elon Musk hat Dich auf die Weltbühne gehoben, (US-Vizepräsident) J.D. Vance hat Dich empfangen und unterstützt – niemand wird es wagen, Euch zu verbieten” – bejubelte ein FPÖ-Vertreter Alice Weidel. Während Brüssel und Berlin an den Zensurgittern für Nutzer sozialer Medien schmieden, droht Donald Trump den damit befassten Beamten und Politikern mit einem schmerzhaften Einreiseverbot, wenn sie sich an den aus den USA stammenden Plattformen wegen ihrer Meinungsfreiheit vergreifen sollten. Die EU ist längst kein dynamischer Staatenbund mehr, sondern ein Club der Gestrigen. Aber das muss ja nicht so bleiben. „Nichts dokumentiert den Verfall der europäischen Idee besser“ als die Aachener Preisverleihung, schreibt Frank Lübberding. Und Alice Weidel ist im Mainstream der EU-Reformer und Herausforderer angekommen, so Boris Kalnoky aus Budapest.
Roland Tichy
Die Europäische Union nennt sich Friedensprojekt und meint sich damit gegen jede Kritik immun. Doch innerhalb des Clubs nehmen Spannungen zu. Es tobt ein erbitterter Kampf um die künftige Form der EU. 
tichys-einblick
2025-06-01T07:47:23+00:00
https://www.tichyseinblick.de/tichys-einblick/europa-aachen-leyen-budapest-orban-freiheit/
Kurt Westergaard, Zeichner der Mohammed-Karikaturen ist tot
Mit Kurt Westergaard ist ein mutiger Kämpfer für die Meinungsfreiheit gegangen. 2005 zeichnete er Mohammeds Turban als Bombe mit Zündschnur. Seitdem stand er unter Polizeischutz. Doch für einige Medien scheint er der »umstrittene« Anheizer islamistischer Ausschreitungen gewesen zu sein, oder gar der religionsfeindliche Inspirator von Terroranschlägen. Allein, dieser Spin hat kaum jemanden überzeugt, wie zahllose Twitter-Kommentare zeigen. Es ist leider interessant, wie einige westliche Medien und Mediennutzer auf Menschen reagieren, die sich in Europa kritisch mit dem Islam auseinandersetzen. Jüngst beschrieb ich für TE den Fall der jungen Französin Mila, die wegen ihrer Islamkritik nur noch unter Polizeischutz leben kann. Doch der Frankreich-Korrespondent Kurt Krohn, der das Thema noch keines Artikels für würdig befunden hat, fiel dazu nur ein, dass es »kompliziert« ist. — Knut Krohn (@knut_krohn) July 15, 2021
Matthias Nikolaidis
Mit Kurt Westergaard ist ein mutiger Kämpfer für die Meinungsfreiheit gegangen. 2005 zeichnete er Mohammeds Turban als Bombe mit Zündschnur. Seitdem stand er unter Polizeischutz. Doch für einige Medien scheint er der »umstrittene« Anheizer islamistischer Ausschreitungen gewesen zu sein, oder gar der religionsfeindliche Inspirator von Terroranschlägen. Allein, dieser Spin hat kaum jemanden überzeugt, wie zahllose
daili-es-sentials
2021-07-19T17:11:36+00:00
2021-07-19T17:17:14+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/kurt-westergaard-zeichner-der-mohammed-karikaturen-ist-tot/
Wir Duckmäuser
So ganz anders als Norwegens Ministerpräsident verhält sich die deutsche Politik: Sofort wurde wieder die Verschärfung der Sicherheitsgesetze und Datenspeicherung gefordert. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter will einen Knopf an jedem Computer einrichten, mit dem vermeintlich rechtsgerichtete Bürger per Mausklick bei der nächsten Polizeidienststelle denunziert werden können – die Perfektion des Schnüffelstaats. SPD-Chef Sigmar Gabriel hat auch gleich Thilo Sarrazin in die Nähe des Massenmörders von der Insel Utøya gerückt: Hätte die SPD Mut, würde sie ein weiteres Parteiausschlussverfahren anstrengen, diesmal nicht das Sarrazins, sondern des eigenen Vorsitzenden. Während also das zutiefst getroffene Norwegen sich um zivilgesellschaftliche Tugenden bemüht, fällt deutschen Populisten aller Parteien nur eine reflexhafte Reaktion ein mit dem Ziel, bürgerliche Freiheiten weiter einzuschränken. Leider ist das kein Einzelfall. In seinem aktuellen Buch „Wir haben die Wahl“ beschreibt Kurt Biedenkopf eindringlich, wie den Deutschen von Ludwig Erhard die Tür zur wirtschaftlichen Freiheit aufgestoßen wurde – und wie diese Tür seither langsam zufällt, statt der Freiheit Raum zur Ent‧faltung zu geben. Dem Schutz der Frei-heit hat sich kaum einer verschrieben – aber keine Gelegenheit wird ausgelassen, um sie einzuschränken: Während die Nachkriegsgeneration geprägt war durch die Erfahrung der elementaren Unfreiheit und dem Freiheitserlebnis, das Demo‧kratie, das Ende der Zwangswirtschaft und Einführung der D-Mark mit sich brachte, verwandelt sich dies für die heutigen Generationen in Abhängigkeit von staatlicher Bevormundung. Es ist doch ‧erstaunlich, dass wir ständig wohlhabender werden, aber die Sozialleistungen doppelt so schnell wachsen wie die er‧arbeiteten Einkommen – und dann trotzdem die Mittel der gigantischen Umver‧teilungsmaschine nicht mehr reichen, um Rentner, Langzeitarbeitslose, alleinerziehende Mütter oder Väter oder auch Schwerstkranke großzügig zu unter‧stützen. Wir nehmen hin, dass der Staat bereits unsere Nachkommen enteignet, um mit gestohlener Zukunft heute seinen Konsum und Sozialleistungen zu finan‧zieren. In einer brisanten Mischung aus immer neuen Abgaben, Steuern und Beitragspflichten einerseits und immer neuen Sozialleistungen, Subventionen und Lenkungseingriffen für Betroffenenlobbys, Unternehmen und Branchen andererseits werden die Deutschen der ‧Freiheit entwöhnt und ans Parieren gewöhnt. Selbst die Abgeordneten des ‧Deutschen Bundestags sehen achselzuckend zu, wie ihr Königsrecht – das ‧Budgetrecht – in der Euro-Krise von der Regierung mit immer neuen Erpressungen ausgehebelt wird. Die WirtschaftsWoche stellt sich diesem Thema mit der Serie „Liberalismus“, deren aktuellen Teil Sie auf Seite 100 finden und deren frühere im Internet nachzulesen sind. Wir wollen auch zeigen, dass die liberale Debatte in Deutschland einseitig auf Wohlstand und Einkommen reduziert wurde. Dabei ist unsere Art, zu leben und zu wirtschaften, global nicht verallgemeinerungsfähig. Die häufig vorgeführte Gier und Maßlosigkeit in Sachen Geld ist eher ein Ausdruck von Charaktermangel und Wurzellosigkeit, denn längst geht es um die Entdeckung der Bescheidenheit: Erstaunlich, dass die harten Aufbaujahre nicht durch Burn-out und unaushaltbaren Stress geprägt waren. Ein neuer Liberalismus muss an Subsidiarität und personaler Solidarität anknüpfen, weil die Instrumente des fürsorgenden, alles regelnden Staates nicht nur längst wirkungslos geworden sind, sondern auch die wirtschaftliche und freiheitliche Basis der Gesellschaft zerstören. Aber darauf sind Deutschlands Duckmäuser nicht vorbereitet. Freiheit wird nicht als Chance, sondern als Bedrohung wahrgenommen, die wegreguliert, besteuert und begrenzt werden muss. Wir lieben die heroischen Akte der nationalen Aktion – und übersehen die täglichen Schritte auf dem Weg in die Unfreiheit. (Erschienen auf Wiwo.de am 30.07.2011)
Roland Tichy
So ganz anders als Norwegens Ministerpräsident verhält sich die deutsche Politik: Sofort wurde wieder die Verschärfung der Sicherheitsgesetze und Datenspeicherung gefordert. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter will einen Knopf an jedem Computer einrichten, mit dem vermeintlich rechtsgerichtete Bürger per Mausklick bei der nächsten Polizeidienststelle denunziert werden können – die Perfektion des Schnüffelstaats. SPD-Chef Sigmar Gabriel hat
tichys-einblick
2011-07-30T09:38:02+00:00
2014-07-26T09:45:31+00:00
https://www.tichyseinblick.de/tichys-einblick/wir-duckmaeuser/
Beruhigungspille Gewöhnung
„Es wird nicht lange dauern, bis Teile unserer Partei Martin Schulz unter Druck setzen werden“, ztiert Daniel Friedrich Sturm, den die WeLT AM SONNTAG zu einem Reality-Check ausgeschickt hat, einen „SPD-Politiker vom konservativen Flügel“ in seinem Stück „Richtungsstreit nach dem RAUSCH“. Noch gelte Schonfrist, weil die Umfragewerte stimmten. Viele in der Partei dächten erstmal an sich selbst: „Bis vor kurzem musste noch jeder Dritte der 193 SPD-Abgeordenten damit rechnen, nach der Wahl … sein Büro am Reichstag räumen zu müssen. Auf der Basis der letzen 30-Prozent-Umfrage … kann die SPD nun mit einem Plus von 27 Sitzen rechnen … Mit einem Wahlsieg locken gar zusätzliche Mandate und Posten: für Minister, Staatssekretäre, Büroleiter Referenten. Es geht um Jobs in Regierung, Fraktion, Partei. Das stimmt auch die schärfsten Schulz-Gegner milde. Vorerst.“ Früher mal machten Parteien ein Wahlprogramm, dann wählten sie in innerparteilicher Demokratie den passenden Kandidaten: „Die Verabschiedung des SPD-Wahlprogramms hat er (Schulz) von Ende Mai auf Juni verlegt.“ Das macht doch Lust zu fragen: in welchem Jahr? Wolfgang Büscher hat die WamS zu Schulz-Auftritten geschickt. Bei Nackensteak vom Grill klärt Schulz Büscher auf: „Er sei im Lande unterwegs …, um sein Wahlprogramm zu erarbeiten.“ Ein echter Volkstribun? Jedenfalls sagt Schulz: „Erst zu den Leuten gehen, gucken, was los ist, dann das Programm schreiben. So mach ich’s.“ Wie war das bei Luther? Auf’s Maul schauen, aber nicht nach dem Mund reden. Ob Schulz das andersrum versuchen will? Es sei nicht verschwiegen, dass die WamS Annegret Kramp-Karrenbauer auf fast einer ganzen Seite interviewt hat. Das Revolutionärste darin zur Frage, ob das Asylrecht angepasst werden müsste: „Dass zum Beispiel jemand in Deutschland Asyl beantragt und als Erstes auf Familienbesuch in das Land zurückreist, in dem er verfolgt wurde, das geht nicht.“ Titel des Interviews ist „Der SPD fehlt eine HALTUNG“ – nur der SPD? Nein die Titel-Story „Träum WEITER!“ handelt nicht von Politikern, sondern von den Lösungen für „Eltern mit den Nerven am Ende“, weil das Baby nachts ständig aufwacht, von Ratgebern, „Schreiambulanzen und Schlafcoaches“: ein nachdenklich machender Beitrag. Die Frankfurter Allgemeine SONNTAGSZEITUNG erleidet an diesem Wochenende das Schicksal, das im Journalismus so oft vorkommt: Keine Spannung im Blatt, keine Hitze. Das geschieht in den aufgeregtesten Zeiten – irgendwie kriegt man sie nicht in Buchstaben gefasst. Die Hotelkette Maritim vergibt Betten und Säle nur noch nach Gesinnungsprüfung; die FAS vermutet, dass möglicherweise nicht mit prekären Antifas Geld verdient wird, sondern mit Menschen, die trennen zwischen Geschäft und Gesinnung. So kommt zum Boykott der Gegenboykott. Mal schauen, wer mehr boykottieren kann. Doch halt. Nichts ist so langweilig, dass es nicht ein kleines Twitter-Stürmchen auslösen könnte. Hier die bösen Sätze über den in der Türkei festgesetzten Welt-Korrespondenten Deniz Yücel. Der FAS-Athen-Korrepondent Michael Martens schreibt, die Vorwürfe gegen Yücel „sind absurd. Man kann nur hoffen, dass es gelingt, ihn bald aus der Haft und der Türkei zu befreien. Aber vielleicht sollte man auch darauf hoffen, dass deutsche Verlage ihre Entsendungspolitik überdenken und neu überlegen, welche Korrespondenten sie in welches Land schicken. Denn gerade im Fall der Türkei beugen sich manche Häuser indirekt dem Nationalismus des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan: einmal Türke, immer Türke … Aber Migrantenkinder, die nur über Migration schreiben? Gähn! Solange der Eindruck vorherrscht, dass ein ‚Türke‘ nur Türkei ‚kann‘, müssen sich die Leser auf den Arm genommen fühlen. Die Verlage schulden den Lesern Journalisten, nicht Türken vom Dienst, eingezwängt in das Prokrustesbett ihrer Biographien.“ „Infam“, nennt Spiegel-Chef Klaus Brinkbäumer den Text. Da prallen zwei Welten aufeinander: Yücel muss freikommen, keine Frage. Die Türkei duldet keine kritischen Journalisten; und sie verfolgt einen nationalistischen Ansatz: Sie entlässt ihre Bürger nicht aus ihren Fängen; einmal Türke, immer Türke ist infam, aber Politik Erdogans, des großen Merkel-Freundes. Einmal Türke, immer Türke, das ließ sich auch auf der Oberhausener Erdogan-Sause beobachten, wo sein Ministerpräsident vor tausenden türkischer Fahnen die Diktatur hochleben und die Integration der hier lebenden Türken in Deutschland erneut zu bremsen versuchte, und zwar mit Erfolg: Einmal Türke, immer Türke, Doppelpass hin- oder her. Die deutsche Vorstellung von Multikulti wird halt von Erdogan und seinen Schergen nicht geteilt. Erdogan pickt sich jene Seite aus dem Doppelpass heraus, die ihm gerade gefällt, in diesem Fall die türkische. Das Privileg wird zur Falle, so wie in Oberhausen der türkische Nationalismus zur Waffe wird. Längst wird eben nicht nur bedroht, wer in der Türkei gegen Erdogan schreibt, sondern auch wer in Deutschland zu kritisch ist; schließlich sind die türkischen Imame der DITIB im Auftrag des türkischen Religionsministeriums ja Spitzel zur Überwachung der Türken in Deutschland. Da hat die FAS eher zufällig nun doch ein spannendes Thema angerissen; allerdings eher unfreiwillig. Denn eine Lehre daraus könnte ja sein: Ein eindeutiges Bekenntnis zu Deutschland ist eines zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die geht in der Türkei schon länger den Bach runter, auch wenn das in Berlin gern beschönigt wird, weil Erdogan die Drecksarbeit in Merkels Migrationspolitik machen soll. Und das „schöne Völkersterben“, das Yücsel erfreut, wenn endlich die Deutschen verschwinden, wird vielleicht noch etwas aufgeschoben, bis Yücsel befreit ist.  Dann haben wir doch noch was Gutes geleistet in der Geschichte.
Nach dem Blick in Sonntagszeitungen könnte man meinen, die Lage beruhigt sich, aber in Wahrheit wirkt wohl nur die große Beruhigungspille Gewöhnung.
kolumnen
2017-02-19T15:04:57+00:00
2017-02-19T20:42:42+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/der-sonntagsleser/beruhigungspille-gewoehnung/
Schilder statt Schutz: Dorstens Placebo-Konzept gegen importierte Gewalt
Auch in der NRW-Stadt Dorsten mit ihren 75.000 Einwohnern, gelegen rund 30 Kilometer nördlich von Essen, ist die Nachricht angekommen, dass öffentliche Feste immer häufiger Ziele von Mordanschlägen wurden. Die Stadt hat deshalb eine „Konzeption für eine realistisch leistbare Absicherung von Veranstaltungen“ entwickelt, nach der künftig bei Open-Air-Veranstaltungen „Gefahrenräume“ kenntlich gemacht werden. „Besucher_innen“ (!) sollen dann mit ihrem Aufenthaltsort zugleich das individuelle Maß an Sicherheit selbst bestimmen. Und: „Besucher_innen tragen dabei auch Eigenverantwortung.“ Aha, der Staat, verantwortlich für innere Sicherheit, zieht sich aus der Affäre. Bürger, Ihr seid selbst schuld, wenn Ihr … Die Dorstener Open-Air-Konzeption sieht drei Kategorien von „Gefahrenräumen“ vor: In Kategorie 3 („orange“) besteht das geringste Schutzniveau, in Kategorie 1 („grün“) das höchste. Ausgeschildert werden die Gefahrenräume mit „Gefahren-Dreiecken“. Gäste eines Events müssen dann nach persönlicher Risikobewertung entscheiden, ob sie die Veranstaltung besuchen oder nicht besuchen. „Eigenverantwortung“ – das heißt mit anderen Worten: Wenn Euch ein Amokfahrer bei einem Ostermarkt oder ein „psychisch Auffälliger“ mit einem Messer ins Jenseits befördert, dann habt Ihr wohl nicht auf unsere Schilder geachtet. Sorry! Zugleich wird mit einem „grünen“ Schild Sicherheit suggeriert, die es auch hier (siehe Magdeburg, Mannheim, Solingen, München usw.) nicht gibt. Mit oder ohne Lego-Betonklötzen. Veranstalter, die nur ein rotes Schild bekommen, sollten ihre Pläne wohl gleich aufgeben und potenziellen Besuchern empfehlen: Hockt Euch vor die Glotze und lasst Euch „öffentlich-rechtlich“ brainstormen. Das mit den drei verschiedenen Schildern läuft dann so ab: Die Ordnungsbehörde führt eine Gefährdungsanalyse durch. In einem Gremium werden die Gefahrenräume der drei Kategorien und die notwendigen Maßnahmen festgelegt. Diesem Gremium gehören Ordnungsamt, Verkehrsabteilung, Feuerwehr und Polizei immer an, weitere Fachleute sowohl aus dem Rathaus wie auch externe können nach Bedarf eingebunden werden. An kleinräumigen Orten wie Festzelten soll durch Zugangskontrollen, einen ständigen Ordnungsdienst oder auch Kontrolle mitgeführter Gegenstände der höchstmögliche Schutz auch gegen Angriffe mit Handwaffen gewährleistet werden. Dass das Konzept noch schnell vor Ostern hingefetzt wurde, erkennt man übrigens allein an unvollständigen amtlichen Sätzen wie diesem aus dem Munde von Nina Laubenthal, der Ordnungsdezernentin: „Die Planungen für die Rosenmontagszüge waren ein schwieriger Spagat gibt zwischen der maximalen Sicherheitserwartung und der realistischen Leistungsfähigkeit von Vereinen.“ (Stand: 5. April) So richtig schlau wird der potentielle Festbesucher daraus nicht. Auf dem „Eventkalender“ der Stadt ist nicht ersichtlich, welches Schild er jeweils bei der Veranstaltung vorfinden wird. Dazu muss er wohl erst einmal dorthin fahren oder gehen, um dann zu entscheiden: Mitmachen oder Umkehren! Das ganze Bemühen der Stadt Dorsten ist aktivistisch maskierte Hilflosigkeit, ist ein Placebo, ist ein resignierender Kotau vor der zunehmenden (zumeist importierten) Gewalt im öffentlichen Raum. Darüber können auch gedrechselte Worte des Dorstener Bürgermeisters Tobias Stockhoff (CDU, 44) nicht hinwegtäuschen: „Ich bin den Kolleginnen und Kollegen im Ordnungs- und Rechtsamt außerordentlich dankbar, dass wir die erhöhten Sicherheitserwartungen und -bemühungen bei unserem Rosenmontagszug einmal exemplarisch in der Maximal-Variante gemäß des Orientierungsrahmens der Polizei durchexerziert und parallel dazu dieses Konzept entwickelt haben … Nachdem das Thema zuletzt auch kontrovers diskutiert wurde, ist diese Dorstener Konzeption nach meiner Meinung eine gute Lösung, um eine gemeinsame Linie für alle Beteiligte zu finden, die beispielgebend sein kann für Veranstaltungs- und Versammlungsformate im ganzen Land, auch bei Demonstrationen … Die Stadt Dorsten hat damit einmal mehr bewiesen, dass sie konstruktiv-kritisch mit solchen Herausforderungen umgeht.“ Der Mann kann so reden, immerhin ist er zuletzt, bei der Kommunalwahl 2020, mit 76,9 Prozent Stimmen gewählt worden. Ein Gewaltproblem hat die Stadt Dorsten trotzdem. Im Jahr 2024 gab es dort fünf Tötungsdelikte, davon zwei mit Messern. Weitere schwere, mit Messer herbeigeführte Verletzungen kamen hinzu. Bei seinem Besuch in Dorsten im Juli 2024 sagte übrigens NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU): „Wir haben offensichtlich eine Zunahme der Gewalt in unserer Gesellschaft. Die Frage ist, wie kommt es dazu, dass Tabus gebrochen werden. Schulhofschubsereien gab es immer. Heute tritt man gegen den Kopf. Heute holt man das Messer raus. Da hat sich wahnsinnig viel verändert.“ Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen ergänzte: „Für manche ist das Messer leider so selbstverständlich wie der Schlüssel oder das Handy in der Hosentasche.“ Übrigens: Der Anteil der als „Messerangriff“ erfassten Taten ist 2024 (29.014 davon) laut Kriminalstatistik im Vergleich zum Vorjahr 2023 um 10,8 Prozent angestiegen. Hoffen und beten wir mit den Dorstenern dennoch, dass es nicht wieder zu einem Dreifach-Mord wie am 23. August 2024 beim „Festival der Vielfalt“ in Solingen kommt. Mutmaßlicher Täter: der Syrer und Asylbewerber Issa Al H. (26). Tatwaffe: ein 15 Zentimeter langes Messer. Würden die drei Mordopfer (56, 56, 67) noch leben, hätte es dort Warnschilder gegeben? Warnschilder hin oder her: Das Kernproblem ist ein anderes. Man kann „im besten Deutschland, das es jemals gegeben hat“ (Steinmeier am 3.Oktober 2020) und in dem „Land, in dem wir gut und gerne leben“ (CDU-Merkel-Propaganda zur Bundestagswahl 2017) zumindest im öffentlichen Raum nicht mehr so leben, wie es schöne Tradition war. Dieses dysfunktionale, aus dem Ruder gelaufene Deutschland ist international eh schon zum Gespött der Menschen geworden:
Josef Kraus
Statt öffentliche Sicherheit zu garantieren, klebt der Staat nun Warnschilder an Stadtfeste – und erklärt die Bürger zu Risikopatienten in Eigenverantwortung. In Dorsten heißt das neue Sicherheitskonzept sinngemäß: Wer sich beim Ostermarkt niedermessern lässt, war halt zu nah am roten Schild.
meinungen
2025-04-05T11:26:34+00:00
2025-04-07T18:06:40+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/schilder-statt-schutz-dorsten-nrw/
Auf der UN-Klimakonferenz COP werden zentrale Fragen ignoriert
Die 27. jährliche UN-Klimakonferenz, offizieller Name „Conference of the Parties“ (COP 27) der UN-Klimarahmenkonvention, geht in die Verlängerung. Denn konkrete Ergebnisse gibt es bisher kaum. Strittig ist vor allem der Ausgleich für klimabedingte Schäden („Loss and Damage“). Kurz: die westlichen Industriestaaten sollen an die Staaten des globalen Südens zahlen. Nur ist unklar, wann der dafür angedachte Fonds geschaffen werden und wie viel Geld von wem einfließen soll – und vor allem die Rolle jener offiziell nicht zu den industrialisierten Staaten zählenden Länder wie China oder Saudi-Arabien, die davon profitieren wollen, auch wenn sie tatsächlich nicht nur gar nicht unbedingt weniger wohlhabend sind als manche westliche Staaten, sondern auch für einen bedeutenden Anteil am CO2-Ausstoß verantwortlich sind. Über diese Fragen und die Antworten der UN-Staaten wurde und wird sicher auch am Wochenende noch ausführlich berichtet. Weniger wird dagegen in den Medien eine andere, eigentlich naheliegende Frage thematisiert. Sie scheint tabu zu sein, nämlich: Warum kommen mehr als 40.000 Teilnehmer nach Sharm El Sheik? In den Medien wird in der Regel der Eindruck erweckt, 40.000 Diplomaten träfen sich im ägyptischen Badeort am Roten Meer, um über die Klimaerwärmung zu diskutieren. Aber ein großer Teil der Teilnehmer sind NGO-Vertreter ohne jedes politische Mandat – und außerdem weiß jeder, der es wissen will: Die meisten der dort vertretenen Regierungen gönnen auch den Familien und Freunden der Regierenden eine Reise zur großen Party am Badeort Sharm El Sheik. Pünktlich zu Konferenzbeginn sind Preise für Hotelzimmer rasant gestiegen, die ägyptische Tourismus-Branche macht einen großen Reibach. Wenn ein Hotelzimmer laut jammernden NGO-Vertretern rund 500 Dollar pro Nacht kostet und die Hoteliers auch mal „plötzlich zusätzlich bis zu 600 Euro mehr“ verlangen, kann man das Ausmaß der Gesamtkosten einigermaßen erahnen. Für die vergangene COP 26 in Glasgow war von Gesamtkosten von mehreren Hundert Millionen Euro die Rede. Aber das möchte kaum ein Journalist thematisieren, um nicht den ganzen Mega-Event im Polizeistaat Ägypten zu delegitimieren. Dass sich in Ägypten vor Ort Klimaextremisten auf Straßen festgeklebt hätten, ist bislang nicht bekannt geworden. Der für seine Repressionsmethoden notorische Staat Ägypten hat schon im Vorhinein durch entsprechende Behandlung von Demonstranten deutlich gemacht, dass Klebe-Aktionen wie in Deutschlands Hauptstadt nicht toleriert werden. Der EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton ist offensichtlich im Gegensatz zum polit-medialen Milieu in Deutschland der Realität verpflichtet. In einem Interview mit Politico thematisiert er die Probleme und Nachteile, von deutschen Medien jenseits der Fachpresse nicht zur Kenntnis genommen.  Beim Umstieg vom Verbrenner auf Elektroautos würden rund „600.000 Arbeitsplätze vernichtet“, sagte Breton. „Wir sprechen nicht nur von den großen Autoherstellern – die werden das sicher schaffen –, sondern wir sprechen vom gesamten Ökosystem und der Stromerzeugung.“ Ein weiterer Problempunkt ist die Infrastruktur. Breton: „Bis 2030 wollen wir 30 Millionen Elektrofahrzeuge auf Europas Straßen. Das heißt, wir brauchen rund sieben Millionen Ladestationen. Aber heute haben wir nur 350.000, davon 70 Prozent in nur drei Ländern – Frankreich, Deutschland und den Niederlanden.“ Elektrofahrzeuge sind wegen der Batterien etwa 40 Prozent schwerer als herkömmliche Autos, sagte Breton. Deshalb würden sie deutlich mehr Partikel von Bremsen und Reifen ausstoßen als Autos mit Verbrennungsmotoren. Der berüchtigte Feinstaub steigt also durch den „klimafreundlichen“ Umstieg auf Elektrofahrzeuge. Bis 2050 braucht Europa sogar doppelt so viel Strom. Auch bei massivem Ausbau der erneuerbaren Energien müssen wir die Atomkraft ausbauen, um zuverlässige Energieversorgung für Industrie und Haushalte zu garantieren. Wir müssen 60 Milliarden Euro jährlich für erneuerbare Energien investieren, dazu 45 Milliarden für den Stromtransport und 20 Milliarden für Atomkraft. Ohne Atomkraft ist eine Null-Emission nicht zu erreichen.  Breton äußerte sich auch zur Problematik eines europäischen Alleingangs: Auch wenn 450 Millionen Menschen in der EU komplett auf Elektroautos umsteigen, würde „der Rest der Welt, also sieben Milliarden Menschen“ noch „viele Jahrzehnte Fahrzeuge mit Verbrenner fahren“. Breton verwies insbesondere auf Afrika, wo viele Länder kaum stabile Stromnetze haben und weit davon entfernt seien, genug Strom zu produzieren, um umsteigen zu können. Die EU dürfe diese Märkte nicht aufgeben, nur weil sie den Ausstieg aus Verbrennungsmotoren im Inland beschlossen habe, forderte Breton. EU-Verbrennungsmotoren würden in vielen Fällen sauberer sein als Motoren von anderen Herstellern. Daher sollten Autohersteller ihre Verbrenner weiterhin in die ganze Welt exportieren: „Ich ermutige EU-Unternehmen, die das wünschen, weiterhin Verbrennungsmotoren zu produzieren.“ Das gilt insbesondere für Asien und für Afrika mit seiner stark wachsenden Bevölkerung. Ein weiteres Tabu auf der COP und vor allem im allgegenwärtigen Klima-Medien-Hype: Für die Klimaerwärmung und den CO2-Ausstoß der Zukunft wird ganz wesentlich die Bevölkerungsexplosion in der Dritten Welt, besonders in Afrika verantwortlich sein. Rund 1,4 Milliarden Menschen leben nach Angaben der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung derzeit in Afrika. Bis 2050 wird die Bevölkerungszahl dort demnach auf rund 2,5 Milliarden steigen. Bis Ende des Jahrhunderts werden etwa dreimal so viele Menschen in Afrika leben wie heute, knapp 4,3 Milliarden – etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung. Dort wird sich die Bevölkerungszahl bis 2050 verdoppeln. Dann leben allein in Nigeria 450 Millionen Menschen, etwa so viel wie in der gesamten EU heute. Die Menschen dort werden Fleisch essen wollen, sie werden Verbrenner-Autos und Mopeds fahren, sie brauchen Strom und Kleidung. Das wird zu einem gigantischen CO2-Ausstoß führen. Welchen Plan haben die Klimaretter dafür? Offenbar nur den, dieses wesentliche Problem der Zukunft totzuschweigen. Trotz des unbestreitbaren Klimawandels sterben prozentual immer weniger Menschen bei Naturkatastrophen. Die Zahl der Todesopfer weltweit hat sich, so eine Studie von 2016, seit einem Jahrhundert kaum verändert, obwohl sich die Weltbevölkerung seitdem mehr als vervierfacht hat. „Das Risiko für einen einzelnen Menschen, wegen eines Wetterextrems zu sterben, betrug in den 1920er-Jahren laut UN-Daten 1:1000, heute liegt es bei 1:400.000. Das Risiko hat sich um 99,75 Prozent reduziert, trotz globaler Erwärmung“, schreibt die Welt. Mit besseren Warnsystemen und moderner Infrastruktur gelang es, mit den Wetterunbillen umzugehen. In Bangladesch kamen in starken Stürmen regelmäßig Zehntausende ums Leben, in einem Sturm 1970 gar eine halbe Million. Dem Zyklon „Amphan“ fielen 2020 nur noch 128 Menschen zum Opfer. Und: In den vergangenen Jahrzehnten stiegen die Welt-Ernteerträge pro Person stark an. Die Entwicklung der Landwirtschaft hängt aber vor allem an der technologischen Ausrüstung und den Anbaumethoden, der Klimawandel spiele eine untergeordnete Rolle, heißt es bei der Welternährungsorganisation. Führt die Energiewende also dazu, die Entwicklung der Weltwirtschaft zu bremsen, könnte dies für Hunger und menschliche Katastrophen sorgen, die womöglich die negativen Folgen der Klimaerwärmung überwiegen. Die Globalisierung und die Digitalisierung hat viele Menschen in der Dritten Welt aus Hunger und Armut befreit. Doch auch diese Erkenntnis, die danach ruft, eine vernünftige Bilanz zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Klimaschutz zu suchen, wird auf der COP ebenso wie die große Frage der voranschreitenden Überbevölkerung marginalisiert.
Ferdinand Knauß
Die Weltklimakonferenz 2022 in Sharm El Sheik geht in die Verlängerung – und die Medien geben ihr und der Klimaerwärmung tagtäglich Raum. Doch allzu oft werden wichtige Aspekte verschwiegen. Vor allem eine zentrale Frage.
daili-es-sentials
2022-11-18T12:18:24+00:00
2022-11-18T15:12:57+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/cop-27-sharm-el-sheik-tabus/
Ein EU-Toleranzgesetz?
Seit Ende 2013 kann man – von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – im Internet einen Gesetzesvorschlag unter der Überschrift „Europäische Rahmenrichtlinie Länderstatut zur Förderung der Toleranz“ (A EUROPEAN FRAMEWORK NATIONAL STATUTE FOR THE PROMOTION OF TOLERANCE) abrufen. Ausgearbeitet wurde die Vorlage von der Nichtregierungsorganisation „Europäischer Rat für Toleranz und Versöhnung“( THE EUROPEAN COUNCIL ON TOLERANCE AND RECONCILIATION = ECTR), einer beratenden Instanz des EU-Parlaments. Zu ihren Gründern und Mitgliedern gehören so illustre Persönlichkeiten wie der Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses Wjatscheslaw Mosche Kantor, der ehemalige Premierminister von Spanien José Maria Aznar, Erhard Busek, vormals Vizekanzler von Österreich, sowie weitere frühere Kanzler, Premierminister und Minister verschiedener europäischer Länder, unter ihnen die ehemalige Familienministerin und spätere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth. Förderung von Toleranz. Klingt doch gut, möchte man meinen. Der Begriff schwirrt ja in letzter Zeit auffällig oft durch unsere Medien. Ende 2014 widmete die ARD dem Thema  eine ganze Woche. Ich bin neugierig darauf, was  im Einzelnen an Forderungen und Maßnahmen hinter den neun Abschnitten der Gesetzesvorlage mit dem Motto „Keine Toleranz den Intoleranten!“ stecken mag. In der Einleitung wird die Akzeptanz und Tolerierung menschlicher Vielfalt und  jeder Form von unterschiedlicher Lebensführung als Vorbedingung für ein erfolgreiches Zusammenleben von diversen religiös, ethnisch, kulturell, sexuell oder anderweitig  definierten Gruppen innerhalb einer Nation ausgeführt.  Auf diese Weise soll Gleichstellung gesichert und Diskriminierung jeder Art ausgeschlossen werden. Nachdem in den ersten fünf Abschnitten die Grundlagen für die oben genannten Forderungen beschrieben sind, beschäftigt sich Abschnitt sechs mit der Verwirklichung der Vorstellungen des ECTR-Papiers in der Realität. Ich stutze ein wenig bei Abschnitt 6 (a), wo gleich zu Anfang betont wird, dass „der besondere Schutz, den Mitglieder gefährdeter und benachteiligter Gruppen genießen, eine besondere Behandlung beinhalten kann. Genau genommen geht diese bevorzugte Behandlung über den bloßen Respekt und die Akzeptanz, die der Toleranz zugrunde liegen, hinaus.“ Verwirrend. Plötzlich soll die „Gleichbehandlung“ ausgesetzt werden? Es würde mich interessieren, welche Gruppen hiermit genau gemeint sind. Im Text heißt es, dies sei von Land zu Land verschieden. Auch nicht erhellender. Zum  Zweck der Implementierung soll jeder der 28 EU-Mitgliedsstaaten eine eigene Dienststelle einrichten, die die Einhaltung der Richtlinien im Kampf gegen Vorurteile, Rassismus, ethnische Diskriminierung, religiöse Intoleranz, totalitäre Ideologien, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antifeminismus, Islamophobie und Homophobie  überwacht. Die Behörde  soll vorzugsweise innerhalb des Justizministeriums, ggf. auch des Innenministeriums operieren. Eine unabhängige Kommission aus bedeutenden Persönlichkeiten, die nicht im Dienst des Staates stehen, soll die Umsetzung der Richtlinie überwachen. In Abschnitt 7 – „Strafmaßnahmen“ – werden u.a. folgende Handlungen als schwere Straftaten aufgeführt: Diffamierende Äußerungen gegenüber einer Gruppe und ihrer Mitglieder, die zu Verleumdung und Gewalt anstiften, die Mitglieder dieser Gruppe der Lächerlichkeit preisgeben oder falschen Anschuldigungen aussetzen. Als „Falsche Beschuldigungen“ gelten beispielweise „Zigeuner sind Diebe“ oder „Moslems sind Terroristen“. Jugendliche, die eines solcher Vergehen für schuldig befunden werden, sollen ein Rehabilitationsprogramm durchlaufen, in dem ihnen eine „Kultur der Toleranz“ anerzogen werden soll. Zudem hat  jede Regierung sicherzustellen, dass Schulen, von der Primarstufe aufwärts, Kurse einrichten, die die Schüler ermutigen sollen, Vielfalt zu akzeptieren und ein Klima der Toleranz gegenüber den Eigenarten und Kulturen anderer herzustellen. Absatz 8 (a). Ähnliche Schulungen sollen auch in die Ausbildung von Militärs, Strafverfolgungsbehörden und anderen „professional groups“ eingebunden werden. 8 (b)(c).Entsprechendes Lehrmaterial wird vom Bildungsministerium bereitgestellt. (d) Ein Klima der Toleranz soll hinfort auch die Welt der Bücher, Theaterstücke, Zeitungsreportagen, Magazine, Dokumentationen, Spielfilme und Fernsehprogramme durchdringen. Öffentlich-rechtliche und private Massenmedien sollen einen vorgeschriebenen Prozentsatz ihrer Programme der Verbreitung eines solchen Klimas widmen. Ähnliches soll für das Internet gelten. In den „Erklärungen“ wird zwar angemerkt, dass dies eine heikle Angelegenheit – „a delicate matter“ – sei, weil man ja doch Medien auf keinen Fall zensieren wolle. Eine aus unabhängigen Mitgliedern bestehende „media complaints commission“ gewährleiste jedoch deren Unabhängigkeit. Ende des Gesetzesentwurfs, den es bis jetzt anscheinend nur auf Englisch gibt. Mein Kopf raucht und ich bleibe mit dem irritierenden Gefühl  zurück, dass mir vieles unklar geblieben ist. Eins ist aber nicht zu übersehen: Das Gesetz erscheint wie gemacht für die Situation, die wir derzeit mit den Flüchtlingen, Migranten, oder wie sie auch immer genannt werden, haben. Beim Durchlesen kommen mir unweigerlich die Bilder unserer sich stetig verändernden Einwanderungsgesellschaft in den Kopf, deren zunehmende Problematik mit diesem Gesetz „gelöst“ werden soll. Wie die Umsetzung von Schulung zur Toleranz in den Bildungsinstitutionen, in Justizbehörden, beim Militär und in den Massenmedien im Einzelnen aussehen soll, wird nicht ausgeführt. Der Mensch scheint in der Vorstellung der Autoren des Gesetzes wie eine Maschine zu funktionieren, die man zur Produktion von „Toleranz“ ein- und ausschalten kann, und die, wenn sie einmal nicht ordnungsgemäß arbeitet – in diesem Fall keine „Toleranz“ produziert – repariert oder zur Not aussortiert werden muss. Wie jedes Gesetz mit ideologischem Hintergrund lässt auch dieses die komplexe Natur des Menschen völlig außer Acht. Es fragt gar nicht erst nach seiner Entwicklungsgeschichte, bezieht nicht die diesbezügliche mannigfaltige Forschung mit ein. Besonders die Hirnforschung hat in letzter Zeit einiges Neue zu den „Großen Fragen“ der Menschheit beigetragen: Wie wir denken, wie Bewusstsein entsteht, wo Gefühle herkommen, ob es so etwas wie den „freien Willen“ gibt. Welcher Stellenwert „Toleranz“ in diesem Zusammenhang zukommt. Entgegen früherer Erkenntnisse wird in den Neurowissenschaften heute die Macht der Gefühle betont, denen – gerade bei wichtigen Entscheidungen – Vernunft, Verstand und Logik oft weichen müssen. Der Neurophysiologe Wolf Singer schreibt in seinem lesenswerten FAZ-Artikel „Keiner kann anders als er ist“: „Kleine Kinder erwerben Wissen über die Welt, haben aber keine bewusste Erinnerung an den Lernvorgang. Wir sprechen von frühkindlicher Amnesie. Und so kommt es, dass nicht nur angeborenes Wissen, sondern auch ein wesentlicher Anteil des durch Erziehung tradierten Kulturwissens den Charakter absoluter, unhinterfragbarer Vorgaben erhält, von Wahrheiten und unumstößlichen Überzeugungen, die keiner Relativierung unterworfen werden können. Zu diesem impliziten Wissensgut zählen angeborene und anerzogene Denkmuster und Verhaltensstrategien ebenso wie Wertesysteme und religiöse Überzeugungen.“ Singer folgert daraus, dass, da unsere jeweiligen Wertesysteme tief und „unhinterfragbar“ in uns verankert sind, Toleranz für andere Wertvorstellungen für uns ein unendlich mühsamer, langwieriger und nicht immer gelingender Prozess ist, der nicht so ohne Weiteres mal eben abgerufen und bei Nichtgelingen sanktioniert werden kann. Wir Menschen tendieren überdies seit jeher zu Gruppenbildungen mit Abgrenzungen: Preußen-Bayern; Oldenburger-Ostfriesen; meine Familie – deine Familie; mein Fußballverein – dein Fußballverein. Man kann das endlos fortsetzen. Damit drückt sich ein starkes Bedürfnis des Menschen aus, „dazu zu gehören“, sich abzugrenzen und sich damit gleichzeitig  einer anderen Gruppe  überlegen zu fühlen. Der Soziologe Max Weber spricht von einem „subjektiven Gemeinsamkeitsglauben“, indem Menschen sich zusammenschließen und dabei das Gefühl einer objektiven Gegebenheit haben, auch wenn dies einer objektiven Prüfung nicht standhält. Was uns wiederum auf die Theorie von Wolf Singer und auf das subjektive Gefühl von „unhinterfragbaren“, weil unbewusst aufgenommenen Wertesystemen zurückführt. Schon Albert Einstein wusste: „Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom.“ Solcherlei zutiefst in unserem Menschsein gründende Überlegungen scheinen in dem Gesetz keinen Platz zu haben. Die entscheidende Frage,  wie man es überhaupt fertig bringen will, auf staatlicher Ebene den Menschen „Toleranz“ abzuverlangen und sie bei Missachtung der entsprechenden Gesetze angemessen zu bestrafen, wird nicht beantwortet. So übt denn auch die in Brüssel ansässige gemeinnützige Nichtregierungs-Organisation  „European Dignity Watch“ heftige Kritik an der Gesetzesvorlage, indem sie befürchtet, dass die vage Definition von zentralen Begriffen wie z.B. „Gleichbehandlung“ und „Diskriminierung“ zu einer juristischen Zwangsjacke auf Kosten der Meinungsfreiheit werden kann. Es fordere zu einer Überwachung einer – vorausgesetzten – intoleranten Haltung von Bürgern und Bürgerinnen und von Gruppen durch staatliche Behörden auf. Zitat: „Konfessionelle Gruppen und Schulen, Angehörige einer bestimmten Religion oder auch nur einfach Eltern, die ihren Kindern bestimmte Werte vermitteln wollen, werden so unter den Generalverdacht gestellt, intolerant zu sein. “ Etwas später heißt es:„Die erschreckende Folge davon wäre ein dramatisches Abnehmen (und das mögliche Verschwinden) des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung. Individuen und Gruppen würden sich selbst einer Zensur unterwerfen aus Angst, bestraft zu werden, wenn sie ihre persönlichen Wertevorstellungen äußern.“   Wohin haben wir uns da inzwischen verirrt, fragt man sich. Rumänien hat das Gesetz als erstes EU-Land bereits eingeführt. Wie lange wird es dauern, bis es bei uns ratifiziert wird? Welche Auswirkungen wird das haben? Unter religiöse Intoleranz fallen auch „Islamophobie“ und die Wortschöpfung „anti-Christianity“, Abschnitt 2. Werden wir uns in Zukunft jeglicher Kritik an fundamentalistischen Christen, an Sekten, am politischen Islam, an der Scharia usw. enthalten müssen? Wird jede ironische Distanzierung, jede Satire und Karikatur strafbar sein? Werden wir uns in langwierige juristische Spitzfindigkeiten verwickeln? Werden wir unter dem Deckmantel unrealistischer Toleranzvorstellungen von Harmonie-Beschwörern vom Kindergarten an unter Beobachtung stehen? Das wäre nicht nur ein signifikanter Rückschritt, so „European Dignity Watch“, sondern „die länderübergreifende Überwachung, die hier nahegelegt wird, würde sicherlich einen schwarzen Tag für die Demokratie in Europa bedeuten.“ Eine kleine Fußnote: Während man in Deutschland 2013 damit beschäftigt war, sich über die Ausspionierung der EU und seiner Bürger durch den US-Geheimdienst NSA zu empören, wurde im EU-Parlament über ein Papier beraten, das die Überwachung seiner Bürger in den Mittelpunkt stellt. Ingrid Ansari, Mutter eines Sohnes, führte ihr Weg vom Abitur in Oldenburg über die Ausbildung zur Fremdsprachen-Korrespondentin an der Berlitz-School, Bremen, dem Studienabschluss Diplom-Übersetzerin (Englisch und Französisch) am Auslands- und Dolmetscherinstitut der Universität Mainz in Germersheim zur Dozentin am Goethe-Institut bis zur Verrentung 2002.
Eine Richtlinie will Verstöße gegen das EU-Toleranzgesetz von Jugendlichen strafrechtlich ahnden und in Rehabilitationsprogrammen heilen. 
gastbeitrag
2016-02-17T14:54:36+00:00
2016-08-05T11:09:20+00:00
https://www.tichyseinblick.de/gastbeitrag/ein-eu-toleranzgesetz/
Lauterbach behauptet, er mache "den Ungeimpften keine Vorwürfe"
Bei seiner ersten Rede im Bundesrat hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bewiesen, dass niemand ihm so gut widersprechen kann, wie er sich selbst. Zunächst zeigte sich Lauterbach vor den Ministerpräsidenten in seiner in unzähligen Talkshow-Auftritten perfektionierten Rolle als Deutschlands erster Corona-Dozent und Meister der Gegenüberstellung von Hoffnung („Wir haben die Mittel, die Pandemie in Deutschland weitestgehend zu beenden“) und Warnungen („Man darf nicht den Fehler machen, Omikron zu unterschätzen“, „Die Sterblichkeit ist für Deutschland noch nicht ausgemacht“, „Wir werden möglicherweise in eine Wand hineingeraten“). Lauterbach verspricht das Ende der Pandemie – wenn alle machen, was er will – und zugleich eine nicht endende Pandemie. Zunächst folgt noch der an sich wenig schockierende Befund, dass 99 Prozent der Wissenschafter davon ausgehen, dass Omikron nicht „die letzte große Variante“ sein werde. Die Frage, wie gefährlich, künftige Varianten sein werden, scheint Lauterbach dabei nicht zu interessieren, er erwähnt sie jedenfalls nicht. Aber als Lauterbach sagt „Und wenn es weitergeht, müssen wir auch weitermachen“, hat er offenbar vergessen, dass er wenige Minuten zuvor noch davon sprach, die Pandemie zu beenden. Vielleicht interessiert ihn aber auch dieser Widerspruch nicht. Es stört ihn auch wenig, dass er einerseits die Immunisierungswirkung durch Genesung klein redet („… das wird die Pandemie nicht beenden, auch nicht für die Ungeimpften, weil die Infektion mit Omikron vor weiteren Varianten nicht viel schützt) und andererseits die Immunisierungswirkung von Impfungen für bislang noch gar nicht existierende Virusvarianten als entscheidend darstellt: Mit einer „Grundimmunisierung“ der Vulnerablen durch die Impfpflicht und Medikamenten wie Paxlovid und Molnupiravir zur Hand „wären wir ja durch“. Und dann kommt als krönender Höhepunkt Lauterbachschen Denkens dieser Satz: „Ich bin jemand, der den Ungeimpften keine Vorwürfe macht“, behauptet Lauterbach. Und er ergänzt: „Ich bin auch der Meinung, dass Ungeimpfte genauso behandelt werden müssten wie Geimpfte. Das ist ein Gebot unseres Humanismus.“ Wobei nicht klar ist: Meint er Behandlung generell in der Gesellschaft und durch die Politik? Oder die Behandlung im Krankenhaus? Ersteres wäre angesichts der 2G-Regeln in höchstem Maße zynisch, letzteres wäre eine Selbstverständlichkeit. Man könnte ihm nun unzählige seiner Vorwürfe gegen Ungeimpfte aus seinen unzähligen Talkshow-Auftritten vorhalten. Aber das ist gar nicht notwendig, denn Lauterbach sagt gleich darauf selbst, was er wirklich von Ungeimpften hält: „Wenn wir alle für uns in Anspruch nähmen, dass wir es nicht nötig haben oder besser wissen oder nicht mitmachen wollen oder ein anderes Staatsverständnis haben und so, dann würden wir im Chaos enden.“
Ferdinand Knauß
Bei seiner ersten Rede im Bundesrat hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bewiesen, dass niemand ihm so gut widersprechen kann, wie er sich selbst. Zunächst zeigte sich Lauterbach vor den Ministerpräsidenten in seiner in unzähligen Talkshow-Auftritten perfektionierten Rolle als Deutschlands erster Corona-Dozent und Meister der Gegenüberstellung von Hoffnung („Wir haben die Mittel, die Pandemie in Deutschland weitestgehend zu
kolumnen
2022-01-14T16:40:05+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/knauss-kontert/lauterbach-behauptet-er-mache-den-ungeimpften-keine-vorwuerfe/
Unterwegs in La-La-Land
Zunächst einmal vermeldet das Manager-Magazin ganz aufgeregt: Tausende Millionäre verlassen Deutschland. Fürchtet man hier etwa um seine Abonnenten? Keine Sorge, so eine gut betuchte deutschsprachige Community im Ausland wird sich das Magazin sicher nachsenden lassen, ein Millionärs-Magazin – neue Geschäftsidee? – gibt es ja noch nicht. Vielleicht ist ja auch alles nur ein Fake-News. Denn herausgefunden haben will das ausgerechnet eine Beratungsgesellschaft am anderen Ende der Welt, die südafrikanische New World Wealth. Und die hatte doch bereits Mitte 2016 ermittelt, dass Deutschland mit 1,2 Millionen Millionäre eines von vier Ländern mit den weltweit meisten Millionäre sei. Da allerdings wäre dann so eine Abwanderung von ein paar Tausenden nur ein Promille-Exodus. Tschüss also, ihr paar deutschen Donalde. Millionäre nennt man übrigens auf dem internationalen Parkett „High Net Worth Individual“ (HNWI) und die deutschen Vertreter können doch aktuell alles andere als den Worst Case fürchten, glaubt man der Partei Die Linke. Die ist nämlich immer noch felsenfest davon überzeugt – schnipp, schnapp – dass im Millionärsclub so viel zu holen ist, das es für alle reicht. Selbst noch für die Millionäre! Die Zahlen sind übrigens Teil einer weiteren Studie von New World Wealth. Dabei geht es über die Migrationsbewegungen von Menschen weltweit, die über ein Vermögen von jeweils mehr als einer Million Dollar verfügen. Ob das nun alles so stimmt, wissen wir nicht, was wir sicher sagen können, es kommen nicht nur Millionen aus dem Ausland zu uns, die ja alle das Potenzial in sich tragen: Vom Tellerwäscher zum Millionär. Es kommen, glaubt man den Fundstücken bei Google, sogar echte Millionäre! Einer, der jüngst aus Brüssel eingewandert ist, möchte sogar Kanzler der Bundesrepublik werden. Na, wenn das keine Entenhausener Perspektiven im Heimatland sind! Ist Angela Merkel auch schon Millionärin? Das behauptet zumindest ein Blog, der sich mit dem Lotterleben der Reichen und Schönen und nun auch mit dem der Kanzlerin beschäftigt. Spiegel Online diskutiert mit einem EU-bezahlten Kulturhistoriker, „Wieso plötzlich so viele Menschen den größten Irrsein glauben“. Der Herr Professor meint, dass es „vielleicht denkbar“ wäre, aber „sehr, sehr unwahrscheinlich“, das Deutschland von „reptilienartigen Außerirdischen in menschlicher Gestalt regiert werde“. Reptil oder Raute, nun wollen wir mal nicht so kleinlich sein. Für unsere Angela ist das Volk doch sowieso „jeder, der in diesem Land lebt.“ „Die Zeit der deutschen Einheit, die Zeit, als der Eiserne Vorhang fiel, die Zeit, als Europa zusammen gewachsen ist, war eine wunderbare Zeit. Und deshalb gibt es auch keinerlei Rechtfertigung, dass sich kleine Gruppen aus unserer Gesellschaft anmaßen zu definieren, wer das Volk ist. Das Volk ist jeder, der in diesem Lande lebt.“ Angela Merkel am Samstag bei einer CDU-Veranstaltung in Stralsund. Kollege Bosbach unterscheidet da immerhin noch ein bisschen hölzerner zwischen „Bevölkerung“ und Volk, „dem viel zitierten „Souverän“. Wer und was Volk ist, steht nun allerdings unveränderbar – selbst nicht revidierbar mit einer parlamentarischen Zweidrittelmehrheit – im Grundgesetz, Art. 116 GG: „Deutscher ist, wer die deutsche Staatbürgerschaft besitzt.“ Und ein Staatsvolk, das sind nun mal Menschen mit gemeinsamer Staatsbürgerschaft. Also Frau Merkel, wir wissen, ja, Sie denken in größeren Dimensionen. Um Ihr Großdenken zu verteidigen und Ihnen zur Seite zu springen, retweetete die Grüne Renate Künast sogar einen Tweet von Beatrix von Storch: Renate Künast hat Beatrix von Storch retweetet wie der Volksbegriff der #NPD RT @andreaspetzold Absurdistan! #AfD Nutzt aber alles nichts, wenn der Rektor der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, Joachim Wieland klarstellt: „Das deutsche Volk umfasst im Sinne des Grundgesetzes nur deutsche Staatsangehörige.“ Allerdings fährt der Rektor mit angezogener Handbremse, wenn er ergänzt: „Die Aussage der Kanzlerin ist aber deutungsoffen. Gemeint sein kann auch damit die Bevölkerung.“ Damit ist dann alles gesagt. Besser kann man die Politik der Frau Bundeskanzlerin kaum umschreiben. Sie ist „deutungsoffen“ angelegt. Man könnte auch sagen: „deutschoffen“ und hätte sogar einen neuen Begriff kreiert. Was war noch? Ach ja, Warren Beatty machte bei den Oscar-Verleihungen ein bisschen auf Toni Erdmann, der gewann dann zwar nicht den Oscar für den besten ausländischen Film, aber Beatty bekam den falschen Umschlag, so wie Amerika den falschen Präsidenten, dachte sich wahrscheinlich ganz Hollywood. Offene Frage am Ende: Steckt wieder Putin dahinter? Aber wie hat er das hinbekommen mit den vertauschten Umschlägen? Zum Schluss noch ein besonders schlauer Fall von „Mansplaining“ , Sie wissen schon, das ist dieses Monologisieren von Männern gegenüber Frauen, die alles schon wissen und es nun ein zweites Mal nur eben von einem oberschlauen Kerl erzählt bekommen: Der Mansplaininger ist aber dieses Mal kein alter böser weißer Mann, sondern ein junger lieber weißer Bursche namens Sebastian Dalkowski. Und der fordert in der ZEIT, wohl in Ermanglung eigener Schlagkraft, dass ihm mal einer „auf die Finger haut“, wenn er beispielsweise wieder zu faul ist, sich seinen Salat selbst zu schnippeln und dafür „in Plastik verpackte Fertigsalate“ mit nach Hause nimmt. Der deutsche Staatsbürger Sebastian (*1983, dafür viel jünger aussehend) hat eine dringende Bitte an unsere Bundeskanzlerin: „Liebe Angela Merkel, lieber Staat, liebe EU, liebe Weltregierung, ich fordere euch hiermit auf: Verbietet mir, was ich gerne haben möchte, aber besser nicht haben sollte.“ Der Autor des Buches „111 Gründe, Borussia Mönchengladbach zu lieben“ möchte nun endlich die „Fehlbarkeit des Menschen“ verstanden wissen. Aber warum sollte man nur die umweltfeindlichen Plastikgabeln verbieten? Zunächst einmal nimmt man Dir Deinen fadenscheinigen Borussen-Schal weg und hängt Dir einen zünftigen der Bayern um. Versprochen, das macht gleich ein ganz anderes Lebensgefühl. Positiver. Zukunftszugewandter. Erfolgreicher! Für Autor Dalkowski werden wir die „Folgen unseres Konsums (…) dann bemerken, wenn irgendwann der Ozean vor der Tür steht. Bloß ist es dann eben zu spät.“ Verschwendung sei nämlich kein Kavaliersdelikt, erklärt er uns. „Es ist nicht in Ordnung, alles an sich zu raffen, nur weil es greifbar ist. Niemand hat das Recht, sich mehr zu nehmen, als er braucht.“ Haben nun aber diese eingangs erwähnten Edel-Flüchtlinge statt dem Manager-Magazin den Dalkowski gelesen und sind deshalb an den südafrikanischen Ozean geflüchtet um dort den Strand mit Plastikkavierlöffeln zuzumüllen und ihre pfandfreien Champagnerflaschen im Korallenriff zu versenken? „Ich weiß nicht, wann es mich das letzte Mal mehr als ein paar Augenblicke lang glücklich gemacht hat, etwas gekauft zu haben.“, teilt der ZEIT-Autor den Lesern mit. Und wenn er nun schon darum bittet, dann, in Gottes Namen, geben wir ihm zum Abschluss gerne den heißersehnten Faust: „Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! Du bist so schön! Dann magst du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zugrunde gehn!“
Warren Beatty kriegte La-La-Land, was falsch war. Angela Merkel sagte etwas, was ganz nach La-La-Land klingt.
daili-es-sentials
2017-02-28T15:32:03+00:00
2017-02-28T15:46:25+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/unterwegs-in-la-la-land/
Anklage gegen Ex-US-Präsidenten – Donald Trump: „Wahlbeeinflussung auf höchstem Niveau“
Der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten Donald Trump soll in New York angeklagt werden. Dies berichtete unter anderem die New York Times. Die genauen Vorwürfe wurden zunächst nicht bekannt. Die Anklageschrift soll in den kommenden Tagen veröffentlicht werden. Konkret soll es 30 Anklagepunkte im Zusammenhang mit Geschäftsbetrug geben. Trump wird voraussichtlich am Dienstag für seine Anklage vor Gericht erscheinen, berichteten US-Medien. Ihm wird vorgeworfen, während seines Wahlkampfs 2016 Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar veranlasst zu haben. Sein Verteidiger sagte, natürlich seien sie enttäuscht, aber sie würden diese Anschuldigungen schnell und aggressiv bekämpfen und Gerechtigkeit anstreben. Der Ex-Präsident veröffentlichte laut dts eine Erklärung, in der er von „politischer Verfolgung und Wahlbeeinflussung auf höchstem Niveau“ sprach. Trump bereitet derzeit seinen dritten Wahlkampf um einen erneuten Einzug als Präsident der Vereinigten Staaten in das Weiße Haus vor. Er hat jegliches Fehlverhalten abgestritten und alle drei Ermittlungen als parteipolitische Hexenjagd durch linksradikale Demokraten abgetan. Nach seiner Aussage, er sei das Opfer einer Verfolgung durch den »tiefen Staat«, hat er an Unterstützung gewonnen. In einem Beitrag auf seiner Plattform Truth Social bezeichnete er die Ermittlungen in Manhattan als »politische Hexenjagd, die darauf abzielt, den mit Abstand führenden Kandidaten der Republikanischen Partei zu stürzen«. Weder eine strafrechtliche Anklage noch eine Verurteilung würden ihn von der Kandidatur oder dem Amt des Präsidenten disqualifizieren. Er will bei der nächsten Präsidentschaftswahl eigentlich wieder kandidieren.
Natalie Furjan
Mit Donald Trump muss erstmals ein früherer US-Präsident vor Gericht. Vorgeworfen wird ihm Verschleierung von Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar. Trump hat jegliches Fehlverhalten bestritten und will wieder kandidieren.
daili-es-sentials
2023-03-31T05:52:51+00:00
2023-03-31T05:55:37+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/ehemaliger-us-praesident-donald-trump-wurde-angeklagt/
Das Versagen des Wissenschaftsjournalismus
Es gibt keine „Klimakrise”. In Wahrheit verbessern sich die Lebensumstände der Menschen auf diesem Planeten mit jedem Tag. Ob Einkommen oder Produktivität, ob Bildung oder Gesundheit, ob Kindersterblichkeit oder Lebenserwartung, in jedem dieser Parameter zeigt sich eine positive Entwicklung seit Jahrzehnten, völlig unabhängig von klimatischen Veränderungen. Und das gilt mit ungebremster Dynamik in allen Weltregionen. Die Probleme, die lokal auftretende Wetterextreme mit sich bringen, sind heute nicht größer als vor hundert oder mehr Jahren. Vielmehr sinken die Risiken durch Naturkatastrophen nachweisbar. Mit technischen Fortschritten und steigendem Wohlstand gehen nun einmal robustere Infrastrukturen, resilientere Versorgungsprozesse und leistungsfähigere Notfallsysteme einher. Gleiches ließe sich über alle anderen behaupteten ökologischen Desaster ausführen. Niemand spürt die Auswirkungen des vermuteten Rückgangs der Artenvielfalt oder des Plastikmülls in den Weltmeeren. Die oft beschworene Verknappung der Ressourcen gibt es auch nicht. Kohle, Erdöl und Erdgas, Metalle und Mineralien gehen uns einfach nicht aus, egal, wie viel wir fördern. Selbst die Coronapandemie fällt in diese Rubrik der rein fiktiven Apokalypsen. Neue Krankheitserreger bereiten heute nicht mehr Schwierigkeiten als in der Vergangenheit. Sondern deutlich weniger angesichts moderner Gesundheitssysteme und der gewachsenen Fähigkeiten, gefährliche Keime zu identifizieren, zu analysieren und Gegenmittel in Form von Impfstoffen, Medikamenten und Therapien zu entwickeln. Ein selbsternannter Messias, der die Ankunft wütender Beteigeuze-Amöben prophezeit, die unsere Smartphones rauben, so wir diesen nicht abschwören, fände wohl nur wenige Anhänger und sähe sich dem Spott aller anderen ausgesetzt. Im Grunde ähnlich lächerliche Sekten wie „Fridays for Future“ oder „Greenpeace“ werden hingegen wohlwollend betrachtet und von den Mächtigen hofiert. Es stellt sich die Frage, was den einen Mumpitz attraktiver macht als den anderen. Soziale Medien als Plattformen für eine ungefilterte und direkte Kommunikation, in denen Algorithmen die Verbreitung des Dramatischen unabhängig von dessen Wahrheitsgehalt befördern, stehen schließlich beiden zur Verfügung. Der wohl wesentliche Unterschied zwischen den Beteigeuze-Amöben und der „Klimakatastrophe” besteht in der Option, letztere als durch die Forschung bewiesen zu verkaufen. Eine Täuschung, die zu durchschauen die Kompetenz erfordert, naturwissenschaftliche Erkenntnisse korrekt einzuordnen. Der diesbezüglich zu konstatierende Mangel weist auf ein Versagen des etablierten Wissenschaftsjournalismus hin. Entkleidet man die aktuelle Berichterstattung über die Naturwissenschaften von dem missionarischen Sendungseifer und der selbstdarstellerischen Attitüde vieler Präsentatoren, verbleibt deren Fokussierung auf die Erläuterung von Vorstellungswelten unter Ausnutzung moderner tricktechnischer Optionen. Da fliegen dann viele bunte Kugeln durchs Bild, stoßen aneinander, verschmelzen oder trennen sich und vermitteln ein Bild des Kosmos als chaotisches Murmelspiel. Auf die notwendige Einordnung wird zugunsten der Unterhaltsamkeit verzichtet. In Wahrheit hat kein Forscher auf diesem Planeten auch nur irgendeine Ahnung davon, ob Elektronen, Photonen, Quarks und all die anderen als Grundbausteine des Kosmos angesehenen Partikel wirklich existieren und falls ja, was sie denn nun genau sind. Schon das Standardmodell der Teilchenphysik ist eben, wie sein Name schon sagt, nur ein Modell. Und wo man im alltäglichen Sprachgebrauch unter einem „Modell“ in der Regel ein möglichst exaktes und detailgetreues Abbild der Wirklichkeit versteht, stellen naturwissenschaftliche Modelle das genaue Gegenteil dar. Nämlich abstrahierende Reduzierungen von Strukturen und Vorgängen auf ihre wesentlichen Aspekte ohne Verzierungen und irrelevantes Beiwerk. Ganz so, wie man aus noppenbesetzten Plastikklemmbausteinen ein Haus bauen kann, das wesentliche Charakteristika eines realen Gebäudes wiederspiegelt, diesem aber trotzdem in nahezu allen Eigenschaften nicht entspricht, gestatten sechs Quarks, sechs Leptonen und fünf Bosonen die Konstruktion eines fiktiven Universums, das wichtige Aspekte der Realität lediglich illustriert, ohne ihr gleichzukommen. Alles bislang erworbene Wissen über unsere Welt ist letztendlich in derartigen, mitunter atemberaubend komplizierten Modellvorstellungen kodifiziert. Eine Berichterstattung, die über den Versuch einer allgemeinverständlichen Beschreibung jener nicht hinausgeht, ist mindestens sinnlos, wenn nicht gar irreführend. Man kann noch so ausgereifte tricktechnische Animationen einsetzen, Informationen über Schwarze Löcher oder Higgs-Bosonen versanden mangels Alltagsrelevanz im besten Fall ohne jeden Effekt. Mitunter verfestigen sie aber auch völlig falsche Auffassungen. Überzeugungen der Form, Elementarteilchen seien kleine massive Kugeln oder Klimamodelle könnten und würden eine Katastrophe prognostizieren, sind jedenfalls erschreckend weit verbreitet. Eine besonders fatale Wirkung übt zudem das durch viele Wissenschaftsjournalisten mindestens implizit und häufig sogar offen vermittelte Bild der empirischen Disziplinen als normative Wissenschaften aus, die Richtlinien für und Aufforderungen zu bestimmten Handlungsweisen formulieren. In einem Slogan wie „Follow the Science“ kulminiert diese Fehldeutung. Juristen, Theologen und manch ein Sozialforscher mögen dieses Motto begeistert aufgreifen, da es dem Selbstverständnis ihrer Fachgebiete entspricht. Die Naturwissenschaften jedoch liefern schlicht keine Dogmen, denen man folgen könnte. Physik, Chemie und Biologie eint vielmehr die Suche nach Modellen, die erläutern, wie etwas abläuft. Das ist äußerst nützlich hinsichtlich der Konstruktion technischer Systeme oder auch der Entwicklung wirkungsvoller Medikamente. Keine Auskunft hingegen geben sie über das „was ist“ und vor allem schweigen sie eisern über das „warum“. Genau deswegen bieten sie keine Bewertungsmaßstäbe oder Entscheidungskriterien. An dem Versuch, den Naturwissenschaften dennoch solche Angaben abzupressen, beteiligen sich Journalisten nicht erst in jüngster Zeit. Seit jeher finden sie für dieses Anliegen Unterstützung von einzelnen Forschern, denen öffentliche Sichtbarkeit und die Unterstützung einer ihnen genehmen politischen Agenda wichtiger sind als Redlichkeit. Allerdings hat man sich, wann immer man dachte, nun endlich dem „was“ und dem „warum“ auf der Spur zu sein, fundamental geirrt. Und manchmal dabei auch furchtbaren Schaden angerichtet. Man denke allein an die sich auf die Evolutionstheorie berufende Eugenik. Doch so wenig, wie die Kernphysik ein Urteil über Kernkraftwerke oder die Molekularbiologie eines über die Gentechnik gestattet, vermag die Astrophysik die Gefährdung durch Beteigeuze-Amöben einzuschätzen. Die teils fanatisch vertretenen Überzeugungen, die Virologie könne Pandemiemaßnahmen determinieren und die Klimaforschung die Klimapolitik, sind daher ihrem Wesen nach wissenschaftsfern. Tatsächlich haben sich die Naturwissenschaften als Verfahren entwickelt, die Wissen schaffen, indem sie das Unwissen abstecken. Sie belegen dabei selbst regelmäßig die Unzulänglichkeit aller ihrer Modelle und Theorien. Etwa weil diese sich gegenseitig bei der Beschreibung von Phänomenen widersprechen, die in der Schnittmenge ihrer jeweiligen Geltungsbereiche liegen. Oder auch, weil gerade die Anwendung der von ihnen aufgezeigten Optionen immer neue Beobachtungen ermöglicht, die eigentlich als gesichert angesehene Weltbilder umstürzen. In einem Universum, das zu 95 Prozent aus den so bezeichneten Komponenten „dunkle Materie“ und „dunkle Energie“ besteht, sind halt weder die Relativitäts- noch die Quantentheorie, die beide beides nicht kennen, letztgültige Einsichten. Physiker verwenden Zuweisungen wie „dunkel“ oder „schwarz“ übrigens sehr gerne als Allegorien für „keinen blassen Schimmer“. Es ist genau das den Naturwissenschaften innewohnende Instrument der produktiven Skepsis, das solche Irrtümer zu vermeiden und Scharlatane zu entlarven hilft. Würde man es denn der Öffentlichkeit vermitteln. Jedoch versagt der Wissenschaftsjournalismus auf breiter Front in genau diesem Punkt. Mit Hinweisen der Form, Indizien seien keine Beweise und Korrelationen keine Kausalitäten ist es nämlich nicht getan. Wobei selbst diese trivialen Leitlinien in einer Berichterstattung unberücksichtigt bleiben, die jeden Sturm, jedes Hochwasser und jeden regenarmen Sommer als Menetekel einer grausigen Zukunft verkauft. Die eigentliche Unterlassungssünde besteht in der Ignoranz gegenüber einer viel relevanteren Richtschnur, die den Naturwissenschaften eigen ist und ihren Blick auf die Dinge von allen anderen Disziplinen unterscheidet. Denn ganz gleich, wie tragfähig die Argumente und wie belastbar und umfangreich die Belege für eine bestimmte Theorie auch erscheinen mögen, gibt es immer mindestens ein weiteres, auf abweichenden Postulaten beruhendes und andere Schlussfolgerungen nahelegendes Modell, das ebenso gut zu den bekannten Fakten passt. Ob es bereits formuliert wurde, ist dabei unerheblich. Allein die Schwächen der etablierten Ansichten zwingen angesichts einer völlig unabhängig von unseren Interpretationen agierenden Natur dazu, von seiner Existenz auszugehen. An dieser entlang eines hindernisreichen Weges von Galilei über Newton bis Einstein, Heisenberg und Schrödinger erkannten und gegen die Autoritäten der jeweiligen Epoche erkämpften Maxime zerschellt die verbreitete Sehnsucht nach durch Physik, Chemie und Biologie formulierten, objektiv als notwendig anzuerkennenden Direktiven für politisches Handeln. In ihr manifestiert sich die Freiheit der Forschung als Notwendigkeit, mit Unsicherheiten zu leben. Unabhängig davon, ob diese nun die zehnte Nachkommastelle einer Naturkonstanten oder die zukünftige Entwicklung des Klimas betreffen. Das Prinzip nötigt dazu, immer auch Alternativen zu denken und zu berücksichtigen. Seine Übertragung auf gesellschaftliche Fragestellungen ist mit der Chance verbunden, die Hegemonie der Emotion durch eine der Vernunft abzulösen. So ist eine Welt, in der weitere Kohlendioxid-Emissionen zu Klimaveränderungen führen, die unsere Zivilisation überhaupt nicht betreffen, keinesfalls auszuschließen. Schon in den vergangenen hundertfünfzig Jahren hat sich die Erwärmung der bodennahen Luftschichten um etwa ein Grad im globalen Mittel angesichts technischer, ökonomischer und sozialer Umwälzungen als unerheblich erwiesen. Was durchaus auch in der Zukunft gelten könnte, da sich die Menschheit in der Gestaltung und Kontrolle ihrer Lebensgrundlagen immer weiter von der Wildnis emanzipiert. Wer dennoch auf einer ausschließlichen Orientierung an Katastrophenszenarien beharrt, folgt nicht der Wissenschaft, sondern nur seinen Ängsten. Da haben die Beteigeuze-Amöben schlechte Karten, lässt sich die Mahnung vor diesen doch allzu leicht als unbegründeter, lediglich furchtgetriebener Stuss entlarven. Bei Gesundheits-, Umwelt- und Klimathemen aber verhilft ein ideologisierter Wissenschaftsjournalismus so manchem Firlefanz zu einer wirkungsvollen Tarnung. Dies abzustellen bedarf einer der Aufklärung verpflichteten Berichterstattung, die Lesern, Hörern und Zuschauern nicht länger vorbetet, was sie meinen müssen. Sondern ihnen vermittelt, wie sie denken können. Und gerade in dieser Hinsicht bieten die Naturwissenschaften einen besonders reichhaltigen Fundus an Konzepten. Weil sie im Kern eine Methode zur kritischen Analyse sind und mitnichten ein Lieferant für Krisen auf Bestellung.
Sofia Taxidis
Wer sich in der Klimakrise wähnt, ist einem Wissenschaftsjournalismus aufgesessen, der diese Bezeichnung nicht verdient.
kolumnen
2021-06-17T16:26:55+00:00
2021-06-17T16:26:56+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/neue-wege/das-versagen-des-wissenschaftsjournalismus/
Das EuGH-Urteil ist ein Schlag in das Gesicht jeglicher Wissenschaft
Gregor Mendel ist schon tot, aber wahrscheinlich rotiert er angesichts der aktuellen Entscheidung des EuGH gerade in seinem Grab. Bei den Versuchen, die er zur späteren Vererbungslehre durchführte, führte er eine künstliche Befruchtung durch, die so Hybriden entstehen ließ. Spätestens die Worte „künstlich“ und „Hybriden“ lassen heute jedem Artenschützer die Nackenhaare hochstehen. Hätte er damals einen Forschungsantrag gestellt, hätte er wohl unter dem medialen Aufschrei von NGO und Medien nach kurzer Zeit entnervt aufgegeben. „Dem (der Versuchsanlage) lag die neue Hypothese zugrunde, dass ein Organismus als ein Mosaik von Merkmalen aufzufassen sei, die sich unabhängig voneinander vererben und neu kombinieren.“ Das ist die Grundlage jeder Züchtung, die seit Gregor Mendel immer bestrebt war, Pflanzen und Tiere zu schaffen, die den Bedürfnissen des Menschen besser entsprachen als ihre Vorgänger. Manche Pflanzen oder Tiere würde es ohne Züchtung nicht geben. Triticale ist so ein Beispiel, die Bulldogge, der Zwergpinscher, Broccoli oder die Hunderten von Zierpflanzen, die heute unsere Gärten schmücken. Alles künstlich. Und im Falle der Hunde-, Katzen- oder Zierfisch-Züchtung nur zum Vergnügen des Menschen. Also sinnlos. De facto läuft es bei CRISPR/Cas auf ein Verbot hinaus, auch wenn das Urteil es nicht so formuliert. Durch die Unterwerfung unter die gleichen Bestimmungen und Auflagen wie gentechnische Veränderungen über Artgrenzen hinweg (Bt-Mais u.a.) und in Erinnerung rufend, was mit Versuchsfeldern hierbei geschehen ist, ist die Forschung, Anwendung und Prüfung durch die neue – übrigens in Europa mit entwickelte Methode und als nobelpreisverdächtig gehandelte Forschung – praktisch unmöglich gemacht. Es kommt einem Nutzungsverbot in Europa gleich, wird aber rund um die Welt schon breitest eingesetzt. Importverbote für so erzeugte Produkte werden allerdings nicht diskutiert. Konsequent ist das nicht. Der EuGH hat bei seinem Urteil zu Crispr CAS ausdrücklich die Mutationszüchtung durch Bestrahlung (!) und Chemikalien (!) ausgenommen. Dies ist in höchstem Maße inkonsequent und fahrlässig und sollte daher vom obersten europäischen Gericht jetzt dringend nachträglich überprüft werden. Wie auch bei anderen Entscheidungen sollte hier auch das von Frau Hendricks (Umweltministerin a.D.) und jetzt auch von Felix zu Löwenstein zitierte Vorsorgeprinzip gelten. „Eingriffe in das Erbgut von Lebewesen (mittels Genschere) sind Gentechnik und müssen reguliert werden“. So sind auch die Züchtungsrichtlinien von Demeter, einem Bio-Anbau-Verband sehr konsequent: Jegliche Hybridzüchtung ist ebenso untersagt wie z.B. Polyploidisierung und andere Verfahren. So ist in den Richtlinien des Verbandes zur Züchtung zu lesen (S. 3): „Die Pflanze ist ein Lebewesen, das Himmel und Erde in seinem Dasein verbindet. Irdische Stoffe werden im Pflanzenwachstum durch kosmische Kräfte – modifiziert vom irdischen Umkreis – gestaltet und verwandelt. Die Pflanze richtet sich vom Erdmittelpunkt aus auf und nimmt Bezug zur Umwelt, aus der sie ihr Leben aufbaut. Sie bildet die Grundlage für das höhere Leben auf der Erde.“ Ob mein Artikel zynisch ist? Ja, das ist er, ohne jede Frage. Weil mich (und nicht nur mich) diese Entscheidung ratlos zurücklässt. Ich verstehe schlichtweg nicht, was den EuGH zu diesem folgenschweren Urteil bewogen hat. Dies umso mehr, als es einer der wenigen Fälle ist, wo das Richtergremium der Empfehlung des Generalanwaltes nicht nachgekommen ist. Es ist ein Schlag in das Gesicht jeglicher Wissenschaft. Ein Rückschritt, der nicht ohne Folgen bleiben wird. Dass ich das nicht alleine so sehe, sondern auch die „Süddeutsche“, gleich zweimal der „Spiegel“, die „FAZ“, die „Neue Zürcher“, das Max-Planck-Institut oder „Science“, tröstet mich nicht. Diese Entscheidung spielt den Großkonzernen in die Hände. Die Gen-Schere wäre eine Möglichkeit auch für kleine und mittelständische Züchter gewesen, die sich andere und teurere Züchtungsmethoden nicht leisten und die eben nicht ihre Züchtungsarbeit mal so eben ins Ausland verlegen können. Wäre gewesen … Gegen das Urteil des EuGH kann übrigens keine Revision eingelegt werden. Es ist endgültig. Der Betrag von Dr. Willi Kremer-Schillings (Bauer Willi) ist zuerst hier erschienen.
Sofia Taxidis
Gregor Mendel ist schon tot, aber wahrscheinlich rotiert er angesichts der aktuellen Entscheidung des EuGH gerade in seinem Grab.
gastbeitrag
2018-08-23T10:04:16+00:00
2018-08-23T10:04:17+00:00
https://www.tichyseinblick.de/gastbeitrag/das-eugh-urteil-ist-ein-schlag-in-das-gesicht-jeglicher-wissenschaft/
Eichhörnchen Peanut: Massive Empörung in den USA über Beschlagnahmung und Tötung
Ein Vorfall um das Eichhörnchen Peanut und den Waschbären Fred sorgt in den USA derzeit für weitreichende Empörung und heftige Kritik an staatlichen Behörden. Mark Longo, der sich um Peanut und Fred kümmerte, nachdem er beide als Jungtiere in Not gefunden hatte, musste zusehen, wie Beamte der New Yorker Umweltbehörde (Department of Environmental Conservation, DEC) seine Haustiere beschlagnahmten. Die staatlichen Einsatzkräfte führten eine Razzia in Longos Haus durch, nachdem anonyme Beschwerden über die Haltung von Peanut bei den Behörden eingegangen waren. Sechs Beamte durchsuchten Longos Anwesen in Pine City nahe der Grenze zu Pennsylvania. Für Longo, der die Tiere über viele Jahre hinweg gepflegt und in seinen Alltag stark mit einbezogen hatte, war das Vorgehen beispiellos: „Ich wurde behandelt, als wäre ich ein Drogendealer und als würden sie nach Drogen und Waffen suchen.“
Sofia Taxidis
Der Fall um das von New Yorker Behörden beschlagnahmte und getötete Eichhörnchen Peanut und den Waschbären Fred sorgt in den USA für massivste Empörung: Beide Tiere wurden ihrer Familie entzogen und eingeschläfert. Die behördliche Übergriffigkeit bringt für viele ein ohnehin schon volles Fass zum Überlaufen. In seinem Umfang hat dieser Fall das Potential die US-Wahl zu beeinflussen.
kolumnen
2024-11-03T15:47:49+00:00
2024-11-03T16:14:45+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/usa-peanut-eichhoernchen/
Der Journalismus des neuen Typs und seine Freunde in Faeserland
Um den Journalismus der Zukunft zu besichtigen, muss niemand die Gegenwart verlassen. Es gibt Plattformen, die schon jetzt alles verkörpern, was den schrumpfenden Medienbereich aller Voraussicht nach in wenigen Jahren als Ganzes auszeichnen wird. Die Avantgarde befindet sich per Definition immer schon dort, wohin andere erst nachlaufen müssen. Innerhalb dieser Fortschrittsspitze im Bereich Überzeugungsproduktion wiederum steht Correctiv derzeit so weit vorn wie keine andere Organisation der Branche. Bekanntlich berichtete das Medienunternehmen über eine Zusammenkunft von 25 Personen im Hotel „Landhaus Adlon“, die am 25. November 2023 stattfand – übrigens bei laufendem Hotelbetrieb – und bezeichnete die Veranstaltung als „Geheimtreffen“; im Einzelnen schrieb die Plattform von einem dort erörterten „Geheimplan“ zur massenhaften Vertreibung von Migranten mit deutscher Staatsbürgerschaft, belegte die Behauptung allerdings nicht mit konkreten Zitaten. Der „Geheimplan“ stellte sich als Vorstellung des seit Monaten bekannten Buchs „Regime change von rechts“ heraus. Zum Zweck der Skandalisierung fügte Correctiv ohne sachlichen Zusammenhang eine Passage über die Pläne der Nationalsozialisten ein, deutsche Juden nach Madagaskar zu deportieren, und stellte außerdem fest, dass acht Kilometer Luftlinie nördlich des Potsdamer Hotels die Gedenkstätte für die Wannseekonferenz liegt, auf der Funktionäre des NS-Staates im Januar 1942 über die effizientere Organisation des damals schon begonnenen Holocausts berieten. Keine drei Wochen nach der Veröffentlichung behauptete die stellvertretende Correctiv-Chefredakteurin Anette Dowideit im ARD-Presseclub, in dem Artikel sei das Wort „Deportation“ gar nicht gefallen. Unmittelbar danach putzte das Medienunternehmen über Nacht seinen Internetauftritt durch; irgendjemandem im Unternehmen war offenbar aufgefallen, dass Correctiv den angeblich gar nicht verwendeten Begriff „Deportation“ in Bezug auf das Potsdamer Treffen bis dahin sogar zur Werbung für sein Buch „Der AfD-Komplex“ benutzte. Insgesamt gab es sogar zwei Schnellsäuberungsdurchgänge, bis der Text wieder passte. Bei ihrem Presseclub-Auftritt erklärte Dowideit außerdem: „Wir werden nicht von der Regierung bezahlt.“ Was insofern stimmt, als das öffentliche Geld für Correctiv von den Steuerzahlern stammt, allerdings weitergeleitet von der Bundesregierung und ihren Institutionen. Im Jahr 2023 erhielt Correctiv insgesamt 431.059,85 Euro aus der Bundeskasse, außerdem 145.338 Euro von der Landeshauptkasse Nordrhein-Westfalen. Hinter den Sammelüberweisungen verbergen sich verschiedene Töpfe des Bundes und des Landes, die Correctiv nicht einzeln ausweist. Aus dem Etat der Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth flossen 2022 insgesamt 198.500 Euro an Correctiv; seit seiner Gründung im Jahr 2014 kassierte die Plattform insgesamt gut 2,5 Millionen Euro aus öffentlichen Quellen. Die Zahlen lassen sich ohne größere Mühe zusammensuchen. Trotzdem gibt es im deutschsprachigen Raum nur eine sehr begrenzte Anzahl von Medien, die das auch tun, um das Ergebnis dann ohne Polemik aufzulisten, beispielsweise hier. Mangels Handhabe ging niemand rechtlich gegen die Veröffentlichung vor. Allerdings bemühte sich am 28. Januar 2024 ein Anonymus über Google erfolgreich um die Entfernung des Beitrags aus den Suchergebnissen (mittlerweile wieder in den Suchergebnissen zu finden). Apropos Suchergebnisse: Correctiv, eine Plattform, die nach eigener Auskunft „Recherchen für die Gesellschaft“ unter dem Motto „wir fremdeln mit der Macht“ betreibt, kann auf eine beeindruckende Serie von Faktenchecks und Narrativbestätigungen zurückblicken. Die rechtsradikale Unterwanderung der Bauernproteste gegen die Ampel etwa belegte die Medienplattform kürzlich mit anonymen Wortmeldungen in Telegram-Gruppen, aus denen hervorgeht, dass Nachrichtenschreiber mit den Traktordemonstrationen sympathisieren. Außerdem wies Correctiv darauf hin, dass zwei eigens ausgesuchte akademische Stichwortgeber dem Geraune wenigstens nicht widersprechen: „Fragt man die Soziologin Peuker und den Protestforscher Anderl, ob sie glauben, die Bauernproteste seien unterwandert oder würden instrumentalisiert, dann sagt keiner von beiden ‚Nein‘.“ Vor der Bundestagswahl 2021 veröffentlichte das Medium eine im Faktencheck-Stil aufgebaute Entscheidungshilfe, in der es beispielsweise über Atomkraft hieß: „Die Unfälle von Tschernobyl und Fukushima haben gezeigt, wie schwer ein Kernkraftwerk zu kontrollieren ist. Außerdem ist Atomstrom zwar klimaneutral, aber keinesfalls billig: Fairerweise müsste man nämlich die Entsorgungskosten in den Preis einrechnen.“ In Wirklichkeit geriet weder beim Unfall von Tschernobyl noch dem von Fukushima der Normalbetrieb außer Kontrolle; in Tschernobyl lief ein riskantes Experiment aus dem Ruder, in Japan traf bekanntlich ein Tsunami die Anlage (wobei es keine Todesopfer gab). Und fairerweise müsste man natürlich auch die Entsorgungs- und vor allem die Systemkosten der Wind- und Solarenergie einrechnen, um zu einem einigermaßen seriösen Vergleich zu kommen. Ebenfalls im Bundestagswahlkampf 2021 stellten die Faktenprüfer aus Essen zur Vita der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock fest: „Zwar wurden mehrfach Änderungen an Baerbocks Lebenslauf vorgenommen, doch als ‚schummeln‘ lässt sich das nicht bezeichnen.“ Dabei wären noch ganz andere Bezeichnungen als „schummeln“ angebracht: Auf der Seite der Heinrich-Böll-Stiftung hieß es damals, sie hätte in Hamburg einen Bachelor in Politikwissenschaften erworben. Tatsächlich verließ Baerbock die Universität ohne Abschluss. Ursprünglich behauptete sie außerdem, ihre Promotion würde „ruhen“. Zu diesem Zeitpunkt war ihr Promotionsversuch bei der Böll-Stiftung schon offiziell beendet. Ob sie bis dahin überhaupt etwas abgeliefert hatte, lässt sich nicht rekonstruieren, da die parteinahe Stiftung alle Unterlagen dazu entsorgte. Im gleichen Jahr behauptete Correctiv, unerwünschte Spätfolgen der Corona-Impfung seien „unwahrscheinlich“. Über mögliche Spätfolgen konnte damals, als die Impfkampagne begann, objektiv noch niemand Bescheid wissen. Heute gilt das sogenannte Post-Vac-Syndrom als anerkannte Langzeitfolge, inzwischen steht auch fest, dass einige Impfstoffchargen Verunreinigungen mit bakterieller Plasmid-DNA enthielten und möglicherweise immer noch enthalten. Wissenschaftler, die sich dem Thema Langzeitfolgen widmen, betonen immer wieder die Notwendigkeit weiterer Forschungen. Die Correctiv-Mitarbeiter machten also zu einem Zeitpunkt, da sich die Regierung, um ihren Vizekanzler zu zitieren, von der Realität umzingelt sah, aus einer kleinen Runde einflussloser rechtsstehender Privatleute eine neue Wannseekonferenz, aber eben nicht nur das. Egal, welches Thema sie abhakten: Bauenrproteste (rechte Umtriebe), Atomkraft (zu gefährlich und teuer), Baerbocks Außendarstellung (nicht ganz fehlerfrei, aber seriös), Corona-Vakzin (unbedenklich); in jedem Fall ergaben ihre Recherchen für die Gesellschaft genau das, was jeweils der Regierungslinie beziehungsweise den Wünschen der wahlkämpfenden Grünen entsprach. Von Zeiten der Merkel-Regierung bis zur Gegenwart trafen sich Correctiv-Vertreter gut ein Dutzend Mal mit Regierungsvertretern, darunter mit Claudia Roths Staatssekretär Andreas Görgen, Regierungssprecher Steffen Hebestreit und Bundeskanzler Scholz, allerdings nicht, um Görgen zu dessen Unterstützung für die israelfeindliche Boykottbewegung BDS und Scholz zu möglichen Dienstleistungen für die Warburg-Bank zu befragen, sondern, um intern etwas zu besprechen. Im Umfeld dieser Geheimtreffen baute niemand heimlich Kameras und Mikrofone auf. Zu diesem Mosaik mit bekannten und weniger bekannten Teilen gehört auch die Zweckbestimmung, mit der die Luminate-Stiftung des Milliardärs Pierre Omidyar – neben dem Staat der zweite große Correctiv-Gönner – allein 2022 eine halbe Million Dollar gab: „To investigate Gemany’s injustices and abuses of power“. Kritisch würde Correctiv wahrscheinlich irgendeiner Macht erst dann auf die Hände schauen, wenn sich darin kein Überweisungsbeleg befindet. Wer noch Uraltvorstellungen von der Vierten Gewalt nachhängt, einen kurzen Blick auf die Correctiv-Historie wirft und obendrein registriert, wie eine führende Vertreterin dieser Plattform öffentlich behauptet, sie bekämen überhaupt kein Regierungsgeld, während die letzten paar hunderttausend Steuereuros noch in der Kollekte nachklingeln, wer also das ganze Bild in ausreichender Tiefenschärfe wahrnimmt, der könnte das Gebilde vermutlich als PR-Agentur, Regierungsaußenstelle, Hilfsorganisation für Progressisten in Not oder Narrativmühle bezeichnen, als älterer Ostdeutscher vielleicht auch sagen: So etwas hatten wir damals auch, es hieß aber nicht Correctiv – unter keinen Umständen aber würde jemand mit intakten Koordinaten dieses Etwas ‚Medium‘ im herkömmlichen Sinn nennen. Es gibt aber – und darin liegt eine gesellschaftsverändernde Kraft – eine ganze Reihe von Blättern und Magazinen, die in einer Arbeit nach Correctiv-Methoden kein Problem sehen, sondern ein Vorbild. In erster Linie deshalb, weil die Kollegen über eine solidere Finanzierung verfügen als der eigene Laden, der sich damit abmüht, sein Geld noch ganz traditionell von den Empfängern der Botschaft zu bekommen. Der Gründer einer anderen Plattform, die in der Avantgardespitze gleich hinter Correctiv folgt, fordert in einem von der taz veröffentlichten Manifest alle Journalisten guten Willens auf, sich konsequenterweise endlich ganz und gar von der Faktenebene zu lösen, die er für den Urgrund der Branchenprobleme hält. In dieser Grundsatzerklärung stellt Thomas Laschyk, Betreiber der Seite „Volksverpetzer“, unter anderem fest: „Es kann so nicht weitergehen.“ Womit er recht hat, es bricht wirklich eine neue Ära an. „Entgegen der versessenen Kritik von rechts, dass unser Journalismus nicht ‚neutral“‘ nicht ‚kritisch‘ oder nicht ‚ausgewogen‘ genug sei, zu ‚aktivistisch‘, zu ‚meinungslastig‘, kommt ein nüchterner und wissenschaftsbasierter Blick zum gegenteiligen Ergebnis“, schreibt der Zukunftsjournalist: „Wir wollen nicht übertreiben, wir wollen seriös und sachlich sein. Und darum verlieren wir gerade gegen sie. […] Wir diskutieren mit, was wahr ist und was nicht. Das lähmt den Prozess der demokratischen Meinungsfindung.“ Für das Anliegen, die Lähmungen und Hemmungen bei der Meinungserzeugung durch Restbestände von Wirklichkeitsbezug und Regeln endlich ein für alle Mal zu überwinden, setzt sich auch eine ehemalige Mitarbeiterin des WDR ein. Sie twittert dankenswerterweise heraus, was andere nur denken und tun. Screenprint via X (Twitter) Über diese Medienschaffenden hinaus existiert ein gar nicht so kleines Milieu von Leuten, die sich schon jetzt von den Fakten- und Logiklöchern in der Wannsee-2.0-Geschichte weder lähmen noch irritieren lassen, die überhaupt keinen Anstoß an der Staatsfinanzierung von Correctiv nehmen, und die es in ihrer Haltung auch kein bisschen erschüttern würde, falls sich auch die wenigen faktischen Behauptungen in der Geschichte über das Potsdam-Treffen vor Gericht als reine Erfindungen herausstellen sollten. Für diesen Typus trifft die Diagnose ‚kognitive Dissonanz‘ nicht zu. Sie erkennen sehr wohl, dass bei Correctiv keine unabhängigen Journalisten an Recherchen für die Gesellschaft arbeiten, so wie sie auch wissen, dass es sich bei den ‚Gegen- rechts‘-Massenkundgebungen draußen auf den Plätzen um keine spontane Artikulation der gesellschaftlichen Mitte handelt. Es kümmert sie nicht. Ihrer Ansicht nach sollten alle Medien mit Ausnahme der paar Unverbesserlichen so arbeiten wie Correctiv. Gesellschaftspolitik sollte in ihren Augen grundsätzlich mit Großdemonstrationen betrieben werden, die sich nicht gegen die Inhaber von Regierungsmacht richten, sondern gegen Bürger mit falschem Bewusstsein. Demokratie verwirklicht sich nach ihrem Verständnis in einem extrabreiten Unterhakbündnis, ihre Sternstunde schlägt, wenn sich auf der größten Freifläche der Stadt unter regem Zuspruch von staatsnahen Medien und Regierungspolitikern illuminierte Menschenblöcke formieren. Wer so denkt, dem fällt noch nicht einmal die totalitäre Ästhetik dieser Demokratierettung auf. Zumindest nicht negativ. Er bejaht sie. Es entwickelt sich gerade ein neuer Typus zur gesellschaftlichen Leitfigur, der die Entkernung herkömmlicher Begriffe, Manipulationen, Verdrehungen, Lügen und Drohungen gegen Abweichler nicht als störend empfindet, sondern als Fortschritt hin zu einer höheren Entwicklungsstufe. Ohne diese Unterstützungsfront wäre es gar nicht möglich, dass sich die oben beschriebenen und im Bild festgehaltenen Marschblöcke von Leuten bilden, die vielleicht nicht selbst glauben, aber es anderen erklären, sie würden den schon halb herrschenden Faschismus niederkämpfen, während zur gleichen Zeit ganz ähnlich missionsdurchglühte Gruppen an der Humboldt-Universität eine Veranstaltung sprengen, weil dort auf dem Podium eine oberste Richterin aus Israel saß oder die im Kunstmuseum Hamburger Bahnhof eine Lesung aus Hannah Arendts „Elemente und Ursprünge des Totalitarismus“ niederbrüllen, ohne damit große Protestdemonstrationen oder überhaupt nur ein Echo im Milieu der Sophie-Scholl-Avatare auszulösen. Zur gleichen Zeit, in der die Innenministerin, Vertreter von Staatsgeldempfängerorganisationen und Journalisten der Zukunft umfangreiche staatliche Maßnahmen gegen alle fordern, die sich ihnen nicht anschließen wollen, kann der Präsident der FU Berlin Günter Ziegler erklären, nachdem ein jüdischer Student seiner Hochschule von einem antisemitischen Kommilitonen krankenhausreif geprügelt wurde, es sei nicht möglich, den Täter zu exmatrikulieren, und überhaupt könnte man diese Art Judenfeindlichkeit nicht „primär mit Sanktionen“ verhindern. Stattdessen plädiert er dafür, den „von Antisemitismus Betroffenen“ künftig einen Betreuer an die Seite zu stellen. Diese Gleichzeitigkeit der Ereignisse schafft gerade eine neue Art der Öffentlichkeit. Im gleichen Moment, in dem eine öffentlich-rechtliche Sendeanstalt Tausende in ihrem eigentlich therapiebedürftigen Ich-bin-Sophie-Scholl-Gefühl bestärkt, kann der Juso-Chef Philipp Türmer fordern, „reichen Schmarotzern“ endlich an den Kragen zu gehen, also eine wirklich lupenreine NS-Wendung benutzen, ohne damit irgendwelche negativen Reaktionen hervorzurufen. Jemand, der eben noch twittert, dass es sich bei AfD-Wählern um ein „Krebsgeschwür im deutschen Volk“ handelt, erlebt in dieser neuen Öffentlichkeit abends zusammen mit vielen anderen beim Handyschwingen gegen den Faschismus seinen gar nicht mehr so ganz inneren Reichsparteitag. Das alles ist möglich, weil Journalisten der Zukunft Hand in Hand mit Politikern des neuen Typs den Weg freimachen, auf dem ihnen zwar keine Mehrheit folgt, aber immerhin ein Teil der Gesellschaft. Unter vorgestrigen Umständen wäre das Treffen von 25 Unprominenten in Potsdam eine Fußnote, der Amoklauf von Lisa Paus und Nancy Faeser gegen den Rechtsstaat würde dagegen zu Rücktrittsforderungen gegen die Ministerinnen quer durch die altmodischen Medien führen, vielleicht auch zu Protest auf der Straße. Um Bertolt Brecht zu zitieren: „Aber die Verhältnisse, sie sind nicht so“. Diese Verhältnisse entstanden nicht spontan. Zwei berühmte Sätze von Hannah Arendt, die sich heute noch unter der Lisa-Paus-Strafbarkeitsgrenze bewegen, aber vielleicht schon für die Aufnahme in ein Meldeportal reichen würden, lauten: „Die größte Gefahr in der Moderne geht nicht von der Anziehungskraft nationalistischer und rassistischer Ideologien aus, sondern von dem Verlust der Wirklichkeit. Wenn der Widerstand der Realität fehlt, dann wird prinzipiell alles möglich.“ Der Realitätswiderstand verschwindet natürlich nicht objektiv. Aber, und darauf läuft die Bemerkung Arendts hinaus, eine größere Gruppe in der Gesellschaft spürt ihn nicht mehr, weil ihr dafür das nötige Sensorium fehlt. Dieser Realitätsverlust, diese totale Entwirklichung der öffentlichen Sphäre gab es vor einigen Jahrzehnten schon einmal auf deutschem Boden. In der herrschenden Partei der Arbeiterklasse gab es dort so gut wie keine Arbeiter, bei dem, was sich Gewerkschaft nannte, handelte es sich um keine Gewerkschaft, bei den Zeitungen nicht um Medien. Nach der Teilung der Stadt 1948 standen an der damals noch offenen Grenze Schilder mit der Aufschrift: „Sie verlassen den demokratischen Sektor“. Damit meinte die SED den von ihr beherrschten Stadtteil, im Gegensatz zu der düsteren Diktatur auf der anderen Seite. Das wachturmbestückte Bauwerk, das die eigene Bevölkerung einsperrte, hieß bekanntlich ‚Antifaschistischer Schutzwall‘ (die Selbstschussanlagen SM-70 an der Mauer gingen übrigens auf eine Entwicklung aus dem Reichssicherheitshauptamt, Referat II D 4, zurück, die damals zur besseren Absicherung von Konzentrationslagern gegen Häftlingsflucht gedacht war). Kein offizieller Begriff in diesem Land besaß noch seinen eigentlichen Sinn, ihre Kommunikationsexperten schafften es, jede Bedeutung zu verbiegen. Die Verantwortlichen hielten das Lügenkombinat nur dadurch zusammen, dass sie jedem mit schweren Konsequenzen drohten, der auf die offensichtliche Tiefenverlogenheit hinwies. Als diese Drohung im Herbst 1989 nicht mehr genügend Bürger abschreckte, fiel es innerhalb weniger Wochen auseinander. Diese Art der Entwirklichung entsteht nicht erst in totalitären Staaten. Arendt diagnostizierte den Wirklichkeitsverlust, ja die Realitätsaversion schon für die späte Weimarer Republik. Die Teilnehmer der Wir-sind-Weiße-Rose-Festspiele weisen immer wieder auf die angeblichen Parallelen zu 1933 und den Jahren davor hin. Wären sie halbwegs geschichtskundig, würden ihnen zwar keine Parallelen, aber Ähnlichkeiten auffallen, nur eben ganz andere, als sie meinen. Die Nationalsozialisten konnten zur stärksten Partei aufsteigen, weil erstens eine tiefe Wirtschaftskrise herrschte, der die Reichsregierungen kaum etwas entgegensetzten, zweitens, weil diese Regierungen schon ab 1930 nur noch mit Notverordnungen wirtschafteten und politische Debatten sich mehr und mehr vom Parlament auf die Straßen verlagerten, drittens, weil die radikalen Linken der KPD und ihre Anhänger nicht, wie sie vorgaben, ‚gegen den Faschismus‘ kämpften, sondern gegen die Institutionen der auch bei ihnen verhassten Republik. Und schließlich, weil viele Konservative es für eine gute Idee hielten, die Extremisten der NSDAP für den Kampf gegen die Extremisten der KPD einzuspannen. Geschehen konnte das alles in einer Atmosphäre der Entwirklichung, in der ein großer Teil der Gesellschaft Zwecklügen, Begriffsverdrehungen und Drohungen nicht nur für notwendige Übel hielt, sondern für den Ausdruck eines höheren Bewusstseins. In der Gegenwart erleben wir keine Wiederholung, aber ein Echo. Eine Regierung, die den Wirtschaftsniedergang noch beschleunigt, den Ersatz von Politik durch öffentliche Aufmärsche, Kabinettsmitglieder, die glauben, das Land durch den Abbau von Grundrechten zu stabilisieren, und alles in allem Politiker, die in einer Sorte von Extremisten brauchbare Verbündete zur Durchsetzung der eigenen Ziele sehen. Heute würde es schon genügen, wenn eine Mehrheit offen ausspricht, dass die größte Bedrohung für die Demokratie von vorgeblichen Demokratieschützern wie Lisa Paus, Nancy Faeser, Thomas Haldenwang und anderen ausgeht. Wenn sie es sagt, auch wenn sie davon in den meisten Medien nichts liest; in Medien, die diesen Satz auch nie schreiben würden, weil sie sich längst an der Avantgarde orientieren. Es gibt einen anderen, noch berühmteren Satz von Hannah Arendt: „Verstehen heißt immer verstehen, was auf dem Spiel steht.“
Sofia Taxidis
Es ist keine Mehrheit – aber bestimmte Milieus haben offenbar beschlossen, autoritär zu bestimmen, was Realität ist. Ein Blick in die Geschichte ist dringend nötig: Was wir erleben, ist zwar keine Wiederholung der Vergangenheit. Aber ihr Echo.
daili-es-sentials
2024-02-15T08:48:11+00:00
2024-02-15T10:33:49+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/der-journalismus-neuen-typs/
Die "Taz" fordert Baerbocks Rücktritt: "Es ist vorbei, Annalena!"
Der Taz-Artikel von Silke Mertins wird eingeleitet mit den Worten: „Baerbock ist an ihrem Ehrgeiz gescheitert und kann die Wahlen nicht mehr gewinnen. Wenn sie das Klima retten will, sollte sie an Habeck abgeben“ Dann geht die Autorin ungewöhnlich hart mit der Kanzlerkandidatin der Grünen ins Gericht. Der Unterschied zwischen Baerbocks und Habecks Büchern sei wie der zwischen „einer Pommesbude und einem französischen Restaurant“. Baerbock habe teilweise im Copy-Paste-Verfahren gearbeitet, wenn es so weiter gehe, würden die Grünen wie 2017 bei neun Prozent landen.  Bisher hatte Baerbock großes Glück, dass die Opfer ihrer Plagiate nicht juristisch gegen sie vorgehen wollen, obwohl sie allen Grund dazu hätten – alle sind schließlich selbst Teil der Szene und wollen sich nicht gegen ihren politischen Arm stellen, können es sich wohl auch nicht leisten, da dann Ihre Unterstützerschaft Sturm laufen würde. Das altbekannte Muster schien intakt: Jede Kritik von außen wird abgeschmettert. Nachdem gestern aber bereits Baerbocks treuester Freund beim ZDF, Justizredakteur Felix W. Zimmermann in einer Neubewertung von Urheberrechtsverletzungen sprach (TE berichtete), bricht die Verteidigungsfront jetzt endgültig ein. Nicht mehr nur Grünen-Kritiker, sondern auch wesentliche Kräfte aus dem eigenen Lager stehen nun gegen die einstige Überfliegerin. Der Versuch von Baerbocks Team, einfach alles abzustreiten, eine „Schmutzkampagne“ von Rechten zu behaupten und auf die Solidarität des eigenen Lagers zu vertrauen, funktioniert nicht.  Jetzt scheint alles offen – im Taz-Artikel wird gar ihr Rücktritt gefordert. Und zwar in so klaren Worten: „Wenn Baerbock also etwas am Klima und der Zukunft der kommenden Generationen liegt, dann sollte sie ihre Kandidatur so schnell wie möglich an Habeck abgeben. Sieht sie es nicht ein, dann liegt es jetzt bei den einflussreichen Parteigranden ihr klarzumachen: Es ist vorbei, Annalena!“ heißt es. In den sozialen Netzwerken machte der Artikel schnell die Runde. Viele Nutzer fragten sich, ob die Grünen nun auch der Meinung seien, dass die Taz eine bösartige Kampagne gegen Baerbock fahre. Übrigens: Robert Habeck schweigt seit Beginn der neuen Vorwürfe verdächtig. Realpolitisch scheint ein Rücktritt Baerbocks so kurz vor der Wahl und nach wahrscheinlich bereits fertig ausgearbeiteter Kampagne ausgeschlossen. Es ist dennoch die stille aber süße Rache des Robert Habeck – es geht wohl längst nicht mehr um die Kanzlerschaft, sondern darum, wer von den beiden nach der Wahl das prestigeträchtigste Ministeramt zugesprochen bekommt.
Max Mannhart
Annalena Baerbocks Strategie alles abzustreiten und sich auf die Loyalität des eigenen Lagers zu verlassen fällt endgültig in sich zusammen. Nach dem ZDF geht nun auch die taz deutlich auf Distanz zur einstigen Überfliegerin. Ist das der politische Todesstoß?
daili-es-sentials
2021-07-04T17:06:53+00:00
2021-07-13T10:06:34+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/taz-baerbock-ruecktritt/
„Nebeneinkünfte” „vergessen” – Baerbock, Özdemir und nun Lauterbach: Wer demnächst?
Die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat dem Bundestag Nebeneinkünfte der Jahre 2018 bis 2020 „nachgemeldet” – 54.500 Euro habe sie „versehentlich“ nicht angegeben. Cem Özdemir hat „Weihnachtsgeld” für 2014 bis 2017 von zusammen 20.580 Euro „nachgemeldet”. Und nun hat Karl Lauterbach „nachgemeldet”, 17.850 Euro Vortragshonorare aus 2018 und 2019. Der normale Staatsbürger hat bei solchen „Verspätungen” vom Finanzamt hohe Strafzahlungen zu erwarten. Es wird sich nicht verheimlichen lassen, wie in diesen Fällen verfahren wird. Baerbock, Özdemir und Lauterbach sind zwar in zwei verschiedenen Parteien, aber alle drei Angehörige des Stammes Nimm oder sachlicher des Parteienstaats. Denn dieser ist systemisch ein Selbstbedienungsladen, wie jeder weiß, der in ihm tätig ist, und vor allem jeder, der exakt aus diesem Grund die Karriere des Berufspolitikers eingeschlagen hat. Dass Baerbocks „Nachmeldung” die von Özdemir und Lauterbach ausgelöst hat, ist naheliegend. Dass es bei dieser Zahl von „Nachmeldungen” bleibt, ist unwahrscheinlich.
Fritz Goergen
Baerbock hat dem Bundestag 54.500 Euro Nebeneinkünfte der Jahre 2018 bis 2020 „nachgemeldet” weil „versehentlich“ nicht angegeben. Özdemir hat „Weihnachtsgeld” für 2014 bis 2017 von 20.580 Euro „nachgemeldet”. Und nun hat Lauterbach „nachgemeldet”, 17.850 Euro aus 2018 und 2019.
daili-es-sentials
2021-05-24T09:08:11+00:00
2021-05-25T14:48:01+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/nebeneinkuenfte-vergessen-baerbock-oezdemir-und-nun-lauterbach-wer-demnaechst/
DER SPIEGEL Nr. 33: ALPENTRAUM - Wie sich das bedrohte Paradies wandelt
Der SPIEGEL überrascht in dieser Woche mit einer Titelgeschichte über die Alpen. Die Stoßrichtung ist so indifferent wie die Unterzeile auf dem Cover. In welchem Verhältnis stehen Bedrohung, Paradies und Wandel zueinander? Als einem Kind des Ruhrgebiets, für das der Urlaub darin bestand, mit der Katholischen Kirche eine Tagesfahrt zu einem kindgerechten Ausflugsziel zu erleben, mag man es mir verzeihen, dass ich die Faszination der Alpen nicht wahrnehme, wie Millionen Urlauber sie Jahr für Jahr ganz subjektiv erleben und die Mehrzahl der dort Heimischen. Ich verspüre auch keinen Verlust, den zum Beispiel Autor Hilmar Schmundt in „Heidi ade“ beklagt, wenn er die Urlaubserinnerungen seiner Kindertage mit der Gegenwart vergleicht. Für mich waren die Alpen nie mehr als eine Barriere auf dem Weg nach Süden, durch Passautobahnen, Tunnel und ausgebaute Wander- und Radwegenetze heute besser zu bewältigen als vor 2.235 Jahren für Hannibal. Alpen- und Naturliebhaber, Urlauber und Einheimische dürfen sich vom zehnseitigen Spagat zwischen Massentourismus, Umweltzerstörung, Naturwunder und Wohlstand angesprochen fühlen. Dennoch scheint mir sicher, dass es ein Kratzen an der Oberfläche bleibt angesichts einer 200.000 Quadratkilometer großen Region, verteilt auf sieben Staaten. Interessanter als die Sommer-Urlaubs-Titelgeschichte war für mich „Kalter Blick“. Konstantin von Hammerstein seziert das zerrüttete Verhältnis von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit der Truppe und macht sich Gedanken über eine zukünftige Verwendung der Niedersächsin in einem neuen Kabinett. Der Hausbesuch von Hubert Gude – „Zurück zum Zollamt“ – bei der von den Grünen zur CDU übergetretenen niedersächsischen Landtagsabgeordneten Elke Twesten zeigt eine glaubwürdige, engagierte Lokal- und Umweltpolitikerin, die sich nach einem länger dauernden Entfremdungsprozess wohlüberlegt zum Parteiwechsel entschied. Das Aufheulen bei den Grünen ist so weltfremd, wie deren eigenes Verhalten zuvor sehr offenbar berechnend war. Würde sich ein vergleichbarer Vorgang in der Unternehmenswelt abspielen, wäre man nicht im Geringsten erstaunt, wenn der ausgebootete Mitarbeiter zur Konkurrenz überläuft. Achtsamkeit und Wertschätzung ist leicht politisch einzufordern, aber hohle Floskeln, wenn die Tugenden nicht gelebt werden. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sollte also weniger auf eine einzelne Person oder gar auf den politischen Gegner CDU schauen, als sich fragen, welche „Unternehmenskultur“ bei seinem bisherigen Koalitionspartner gepflegt wird. Michael Fröhlingsdorf und Hubert Gude haben den SPD-Mann interviewt. Zwei große Themen in einer Woche, das lohnt sich. Umso erstaunlicher ist der naive Umgang der SPIEGEL-Redakteure mit Weil, vor allem was die Autorisierung einiger Redepassagen durch VW betrifft. Natürlich muss er als Mitglied des Aufsichtsrats sicher sein, dass er keine vertraulichen Informationen weitergibt. Ähnliche Probleme haben andere Aufsichtsräte von börsennotierten Gesellschaften auch. Üblicherweise werden solche Textpassagen vor ihrer Veröffentlichung von Anwälten daraufhin überprüft, ob ihre Äußerungen ad-hoc-pflichtig sind. Das Team um Katrin Göring-Eckardt ist neidisch geworden – auf Sahra Wagenknecht und deren SPIEGEL-Radtour. Jetzt segelte die Grünen-Top-Frau für den Wahlkampf mit der SPIEGEL-Redaktion. Und die Leser dürfen lesend mitsegeln. Ist das nicht toll? Was nutzen die besten Gesetze, wenn sie nicht durchgesetzt werden? Das SPIEGEL-Gespräch „Ich verzweifele am Rechtssystem“ mit Jens Gnisia, dem Vorsitzenden des Deutschen Richterbundes öffnet die Augen und findet hoffentlich breite Aufmerksamkeit.
Sofia Taxidis
Erstaunlich der naive Umgang der SPIEGEL-Redakteure mit Weil, vor allem was die Autorisierung einiger Redepassagen durch VW betrifft.
kolumnen
2017-08-13T14:57:49+00:00
2017-08-13T14:57:51+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/der-sonntagsleser/der-spiegel-nr-33-alpentraum-wie-sich-das-bedrohte-paradies-wandelt/
Bald ein EU-Kommissar für Wohnungsbau?
Wie so vieles fand auch diese Nachricht aufgrund des Sommerlochs (un)willentlich nur wenig Widerhall: Ursula von der Leyen kündigte im unverwechselbar schwammigen, geradezu schon merkelianischen EU-Sprech an, einen EU-Kommissar für den Wohnungsbau einsetzen zu wollen: „Die Menschen haben Mühe, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Aus diesem Grund werde ich zum ersten Mal einen Kommissar oder eine Kommissarin mit direkter Verantwortung für das Wohnungswesen ernennen. Manche mögen sagen, wir sollten uns nicht einmischen. Aber ich möchte, dass diese Kommission die Menschen dort unterstützt, wo es am dringendsten ist. Wenn es für die Europäer wichtig ist, ist es auch für Europa wichtig.“ Und selbst wenn sich am Ende herausstellen sollte, daß man diese neue Aufgabe auf einer anderen bürokratischen Ebene verankern wird als auf der eines eigenen Kommissariats, bleibt doch die Tatsache, daß – „Europa ist die Antwort!“ – die EU sich wieder einmal einen neuen Kompetenzbereich aneignen will, der zudem überaus bedenkliche Fragen aufwirft. Nun ließe sich viel darüber philosophieren, inwieweit Wohnungsbau und die Sicherung bezahlbaren Wohnraums wirklich auf die EU-Ebene gehört oder nicht vielmehr ausschließlich nationale, ja vielleicht sogar regionale Kompetenz bleiben sollte. Denn auf der einen Seite ist es ja in der Tat etwas widersinnig, die demographisch-urbanistische Situation der mittlerweile menschenleeren Départements des französischen „Centre“ mit den zersiedelten Flächen des Ruhrgebiets oder der hauptstädtischen Metropolregion Athen unter eine einzige Verwaltung zu bringen. Auf der anderen Seite ist es aber tatsächlich so, daß ganz Europa trotz einiger Ausnahmen sowohl unter dem Phänomen massiver urbaner Verdichtung als auch ländlicher Verödung zu leiden hat. Impulse aus Brüssel wären also – im Prinzip – durchaus willkommen, wenn sie denn nur die echten Probleme angreifen würden und zum Beispiel dem flachen Land durch gezielte infrastrukturelle Investitionen, eine nachhaltige Natalitätspolitik und systematische industrielle Dezentralisierung und Diversifizierung einen Teil ihrer Attraktivität zurückgeben würde: Viele junge Familien, allen voran im tertiären Sektor mit seinem großen Home-office-Potenzial, wären durchaus bereit, aus den Großstädten auf das Land zurückzukehren, falls nur die entsprechenden Rahmenbedingungen gegeben wären: Schulen, medizinische Versorgung, öffentliche Transporte, etc. Doch die gegenwärtige, real existierende EU mit einer solchen zentralen Kompetenz zu betrauen, hieße sprichwörtlich, den Bock zum Gärtner zu machen, und das gleich aus mehreren Gründen. Denn ein wesentlicher Teil der angeblichen „Knappheit“ von Wohnraum (in einer Zeit, wo vielerorten ganze Kleinstädte leerstehen) ist ja gerade durch die EU selbst und ihre Helfeshelfer in den Nationalstaaten verursacht worden: Die immer surrealeren Vorgaben zum Wohnungsbau und Klimaschutz, durch von der Leyens ominösen „Green Deal“ noch verschärft und gerade in der deutschen Echokammer bis ins Unerträgliche gesteigert, machen es für den bürgerlichen Mittelstand (oder was davon noch übrig ist) quasi unmöglich, das klassische Eigenheim oder die lang angesparte Mietwohnung vorschriftsgemäß zu sanieren, und wer nicht zum Verkauf gezwungen wird, muß die Kosten halt auf die Mieter umlagern. Die beklagen sich ihrerseits über Wucher und stimmen für jene Parteien, die sich für verschiedenste Mietdeckel stark machen – ein Teufelskreis. Dazu kommen dann noch die explodierenden Energiekosten, die ebenfalls hausgemacht sind. Bis vor einigen Jahren sicherte Kernenergie dem ganzen Kontinent eine stabile Versorgung mit Strom, und die jüngsten Fortschritte in der Sicherung und Verkleinerung der Nuklearzentralen sowie der Nutzung der Rückstände versprachen eine weitere Senkung der Kosten. Doch seitdem nicht nur in Deutschland unter Angela Merkel immer mächtigere politische Strömungen für eine Abkehr von der Kernenergie gesorgt und extreme Ressourcen weitgehend sinnlos in angeblich „erneuerbare“ Energien umgeleitet haben, sind nicht nur die Preise extrem gestiegen: Auch gewaltige Materialmengen an Stahl und Beton, die dem Wohnungsbau hätten zugutekommen können, wurden in den Aufbau gigantomanischer Windparks gesteckt, und die fehlende Energie kurzerhand einfach aus Rußland importiert – bis der Krieg jene Milchmädchenrechnung zunichte machte. Die Zeche soll nun wieder einmal der Mittelstand zahlen, indem er jetzt nicht nur doppelt dämmen muß, sondern wie vor einigen Tagen von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) auch schon Überlegungen angestellt wurden, durch staatliche Zuteilungsschlüssel die in Kaltperioden für den Privatbedarf zur Verfügung stehenden Energiemengen zu rationieren. Dazu kommen noch Probleme der demographischen Umschichtung unserer Bevölkerung. Da die Boomer in ganz Europa lieber auf Selbstverwirklichung als auf klassisches Familienleben gesetzt haben, überaltert der Kontinent mittlerweile in atemberaubender Geschwindigkeit, und die selbstmörderische Antwort der Politik, die ausfallenden Jahrgänge durch Neubürger aus afrikanischen und nahöstlichen Krisengebieten aufzufüllen, verschlimmert die Situation nicht nur in den altbekannten Feldern von Kriminalität, Terrorismus, sinkender Qualifikation, Lohn-Dumping und explodierenden Sozialkosten – von der kulturellen Überfremdung ganz zu schweigen –, sondern eben auch im Bereich des Wohnraums. Denn während die Rentner im Regelfall über viele Jahrzehnte hin das viel zu groß gewordene Eigenheim blockieren, müssen nicht nur die eigenen Nachkommen, sondern eben auch die Neuankömmlinge neue Unterkünfte suchen, was angesichts der ländlichen Verödung und der Konzentration der europäischen Demographie auf einige wenige Großstädte noch größeren Druck erzeugt. Kein Wunder, daß seit einigen Jahren vor allem deutsche Politiker gerne voranpreschen, um ältere Menschen mit zwangsstaatlichen Projekten gezielter Steuererhöhungen oder gar Requirierung zugunsten von Migranten aus der eigenen Wohnung zu vertreiben – auch hier Überlegungen, die bestenfalls an Symptomen herumpfuschen, deren eigentliche Gründe aber hausgemacht sind und durch die moderne, politisch korrekte Familienfeindlichkeit noch verschärft werden – Stichwort Abtreibung, Gender, LGBTQ und Migration. Das politische Establishment – ob auf nationaler oder EU-Ebene spielt keine Rolle, da es sich um exakt dieselben Personen, Parteien und Netzwerke handelt – hat also durch eine dysfunktionale Gesetzgebung eben jene Wohnungsnot geschaffen, die sie jetzt mit zwangsstaatlichen Maßnahmen kurieren will. Spätestens jetzt sollte sich die Frage stellen: cui bono? Die erste Antwort darauf ist natürlich der Willen zur Macht. Jahrhundertelang galt das eigene Heim als der intimste Rückzugsort des Bürgers und genoß auch juristisch quasi sakrosankten Status: „My home is my Castle.“ Daß gerade diese gleichzeitig un- und urpolitischste Sphäre unserer Zivilisation nun zunehmend zum Objekt politischen Machtwillens wird, erinnert in vielerlei Hinsicht an die schlimmsten Zeiten des Sozialismus, und es ist kein Wunder, daß die immer schriller vorgebrachten Argumente und Polemiken gegen „Wucherer“, „Miethaie“, „Reiche“ und „Alte“ in etwa dieselben Ressentiments bedienen wie damals und zumindest, was die „Ist-Situation“, nicht aber die eigentlichen Gründe betrifft, für viele Menschen in Not ja durchaus nachvollziehbar ist. Die zweite Antwort verweist auf das Wesen des Milliardärssozialismus, der eigentlichen Staatsform unserer Epoche. Denn die bewußt unfinanzierbar gemachten Wohnungen werden ja (noch) nicht vom Staat requiriert, sondern auf den Markt geschleudert, und dort werden sie eben nicht von anderen Menschen des Mittelstands aufgekauft, sondern von großen, nur scheinbar anonymen Gesellschaften – die einzigen, die es sich leisten können, aufgrund des schieren Mengeneffekts jene gesetzlichen Vorgaben zu unterlaufen oder zu eigenen Gunsten umzudrehen. Und schaut man sich, wie Tichys Einblick es in den letzten Monaten immer wieder getan hat, einmal genauer an, wer hinter diesen Gesellschaften steckt, versteht man auch das Doppelspiel der Politik. Von der Leyens CDU steckt via Parteichef Merz und vielen anderen ebenso tief im Netzwerk von „Blackrock“, einem der größten Player auch auf dem deutschen Immobilienmarkt, um nur ein Beispiel zu nennen, und Analoges ließe sich von Habecks Grünen und ihre schier unentwirrbare Verflechtung mit diversen Klima-NGOS sagen, die von denselben großen Investitionsgruppen finanziert werden. Im Klartext: Wie so vieles in Deutschland und der EU findet also auch auf dem Wohnungsmarkt eine systematische und offensichtlich bewußt gewollte Verlagerung von Besitz vom Mittelstand auf einige große Gesellschaften statt, die sich ihrerseits mit großem Geschick der Politik bedienen, um diese Entwicklung zu beschleunigen und zu verstärken, und zwar ironischerweise über den Umweg einer Rhetorik, die keineswegs liberal, sondern wesentlich linksgrün argumentiert – Milliardärssozialismus pur. Die von Blackrock, JPMorgan, State Street und anderen Gesellschaften durch ihre machtbesessenen politischen Hintermänner im Namen von Klima- und Mietpreisgerechtigkeit forcierte Zerstörung des europäischen Wohnungs- und Energiemarkts ist im großen Maßstab nichts anderes als der sprichwörtliche Verkauf von T-Shirts mit Che Guevara-Bildchen bei Amazon – ein zynisches Spiel, bei dem sich die Ausgebeuteten bei ihren Ausbeutern auch noch für ihr Engagement im Kampf um soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz bedanken.
Marco Gallina
Ursula von der Leyen will einen EU-Kommissar für den Wohnungsbau. Das erinnert an die dunkelsten Zeiten des Sozialismus, kaschiert aber, daß von jener angeblichen sozialen Gerechtigkeit zynischerweise letztlich nur einige große Investitionsgesellschaften profitieren werden – Milliardärssozialismus vom Feinsten.
kolumnen
2024-08-23T16:25:08+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/bald-ein-eu-kommissar-fuer-wohnungsbau/
Ein Grüner im Kanzleramt ist möglich
Die einzige Partei, die inmitten radikal schwindenden Vertrauens in die Politik zulegen kann, sind die Grünen. Nahezu Kopf an Kopf mit der SPD strampeln sie knapp unter der 20-Prozent-Marke. Da Union und SPD die Parteien sind, denen die Bürger die Verantwortung für das Total-Versagen in der Corona-Politik anlasten, wird sich deren Stimmenanteil zumindest in den Umfragen weiter verschlechtern. Träte im September nach den Bundestagswahlen, das ein, von dem viele Beobachter heute schon ausgehen, säße ab Herbst Frau Baerbock oder Herr Habeck im Amt des Bundeskanzlers an der Spitze einer grün-rot-gelben-, oder grün-rot-dunkelroten Koalition. Dann wäre Grüne Politik über Nacht Staatspolitik! Tatsächlich lesen sich die 136 Seiten grüner Lyrik ohne große Anstrengung flott durch. Wer hat schon etwas gegen den Klimaschutz, eine ausgeprägte Willkommenskultur für Jedermann*frau, staatlichen Schutz vor allen Zumutungen des Lebens und das alles in kollektiver Gemeinsamkeit. Schon weniger, oder besser gar nichts, erfährt man über den steinigen Weg hin zum Paradies. An erster Stelle wird hier der Umbau der kapitalistischen Marktwirtschaft in eine „Sozialökologische Wirtschaftsordnung“ genannt und mit dem Aufbau von Rahmenbedingungen für ein klimafreundliches Wirtschaften beschrieben. Schon bis zum Jahr 2030 sollen die Treibhausgas-Emissionen im Verhältnis zu 1990 um 70 %, gegenüber den bisher angestrebten 55 % reduziert werden. Ebenfalls 2030 soll der beschlossene Ausstieg aus dem fossilen Energieträger Kohle, statt wie bisher geplant 2038, vollzogen sein. Von der Kernenergie wird das endgültige Aus schon Ende nächsten Jahres verkündet. Wind und Sonne werden, und hier sind sich selbst die grünsten der Grünen einig, den Ausfall in der Elektrizitätsversorgung nicht ausgleichen können. Übrigens, das asoziale Wohnen von nur wenigen Personen – gemeint ist hier die spießige Kleinfamilie alten Denkens – im schlimmsten Falle im großzügigen Eigenheim oder Häuschen muß schleunigst beendet werden. Hier ist dann viel Platz für Wohnungssuchende und Neuankömmlinge vorhanden! In Folge bundesweiter Mietendeckel und beginnender Enteignungen sorgen die von grünen Kommunalpolitikern durchgeführten Maßnahmen zur Organisation gemeinschaftlichen Lebens dafür, dass gemischte Frauen- und Männerbrigaden in Großküchen die Versorgung der in der ökologischen Kreislaufwirtschaft körperlich schwer arbeitenden Massen garantieren. Welche Mengen an Energie da eingespart werden könnten! An die Stelle von Einzelwohnungen treten große Schlafsäle, in denen Frauen und Männer, sowie Kinder, getrennt untergebracht werden. Kein Wunder, daß sich alle auf die zugeteilten „Räume der Volksfreude“ als „Stätte intimer Begegnungen“ am Wochenende freuen. Aber nur, wer genügend soziale Pluspunkte hat, kommt in den Genuss dieser Freuden, alle anderen dösen in der Freizeit vor sich hin und genießen diese besonders verschärfte Form des Lockdowns, Kanzlerin Merkel nennt es die „Zeit der Ruhe“, im Gefühl immerwährenden Dankes an die grünen Erzieher, Anteil am Aufbau der schönen neuen Welt nehmen zu können. Die Produktion umfaßt nur noch das Notwendigste. Manchmal erzählen in der Nacht alte weiße Männer von einer Zeit, in der unser Land noch Exportweltmeister war. Freilich schütteln sie dabei vor Abscheu den ganzen Körper, im Gedanken an die vielen Autos und Unmengen Waren, die die Knechtschaft des Konsumterrors begründeten. In der Nacht startet die Klimapolizei umfangreiche Such-Aktionen nach von Ewiggestrigen versteckten Gütern oder der Steuerfahndung vorenthaltenen Geldern. Denn obwohl die Vermögenssteuer schon bei 98 % und die Einkommensteuer bei 80 % liegen, gibt es immer noch unbelehrbare Elemente aus der vor-grünen Zeit, die sich auch durch höchste Strafen nicht abschrecken lassen, die Gemeinschaft zu betrügen. Dies ist nur als kleiner Einblick in die Welt von Morgen gedacht. Hoffentlich bedenkt jeder, der sich mit der Absicht trägt, diese Welterlöser-Partei zu wählen, was er damit heraufbeschwört. Aber alle seien getröstet, auch jede andere denkbare Konstellation wird, angesichts fehlender Persönlichkeiten überall, nicht den notwendigen Kraftakt an Frische und Optimismus hin zum Wecken individueller und kreativer freiheitlicher Kräfte zustandebringen.
Sofia Taxidis
Nach des Tages Mühe und Last geht es dann wieder zurück in die Gemeinschaftsunterkünfte, in denen diverse Abendveranstaltungen wie „Das Geheimnis, noch mehr für die Neue Welt leisten zu können“ warten.
daili-es-sentials
2021-03-24T15:32:55+00:00
2021-03-24T15:32:56+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/ein-gruener-im-kanzleramt-ist-moeglich/
Wie Wahlen manipuliert werden können – erschreckende Einsichten in Karlsruhe
In welchem Umfang muss die Bundestagswahl vom 26. September 2021 in Berlin wiederholt werden? Über diese nun schon fast zwei Jahre zurückliegende und gründlich vermurkste Wahl verhandelte das Bundesverfassungsgericht in der mündlichen Verhandlung am Dienstag dieser Woche. Schon von Anfang an war klar: Das Bundesverfassungsgericht findet eine komplette Wiederholung nicht nötig. Ein Interesse an einem vertrauenswürdigen Wahlvorgang hat auch sonst niemand, der in Karlsruhe vorgeladen worden war – weder die CDU, deren Beschwerde ausgewählt wurde, noch die Vertreter der Ampel-Mehrheit im Deutschen Bundestag, die eine Wahlwiederholung scheuen wie der Teufel das Weihwasser, oder grüne und linke Abgeordnete, die um ihr Mandat fürchten müssen. In allen Parteien geht die Angst um, die Wähler könnten anders wählen als damals. Auch die Klage der AfD-Bundestagsfraktion  auf die Wiederholung in ganz Berlin wird nicht verhandelt. Das Bundesverfassungsgericht stellt sich damit auf die Seite der Mandats-Inhaber. Kennen Sie übrigens diese Bundestagsabgeordneten? Ansgar Heveling Patrick Schnieder Johannes Fechner Till Steffen Philipp Hartewig Vermutlich nicht. Sie sind Vertreter der B-Liga der deutschen Politik und standen  an diesem Dienstag vor dem Bundesverfassungsgericht – und gegen die Bundestagsmehrheit der Ampel. Die Personenauswahl zeigt, wie ernst die Parteien dieses Verfahren nehmen. Das Heiligste der Demokratie, die ordnungsgemäße und faire Wahl, überlässt man Hinterbänklern. Das Gericht hat also als Exemplar-Beschwerde eine Beschwerde ausgesucht, die weit unter der Maximalforderung bleibt und schon damit eine erste Einschätzung ermöglicht, wie das Verfahren entschieden werden wird. Sicher: Die Richter könnten dennoch eine Wahlwiederholung in ganz Berlin anordnen – aber sehr wahrscheinlich ist das nicht. Dieses Vorgehen ähnelt der Verfahrensweise des Bundesverfassungsgerichtes zur Einführung der Rundfunkgebühr: Beschwerden, dass die Gebühr zu hoch war, wurden angehört, stellvertretend für Beschwerden, dass die Form und Funktion der ÖRR-Abgabe nicht mehr verfassungsgemäß sei. Letzteren wurden so umgangen, ohne sich mit der Kritik am System-ÖRR befassen zu müssen. In der Verhandlung am Dienstag war vor allem ein Wort wichtig: „Bestandsschutz“. Damit meinten die Vertreter des Bundestags, also der Ampel, dass ein rechtmäßig gewähltes Parlament nun einmal gewählt ist und deswegen unantastbar ist – und deswegen müsse die Wahl nur so begrenzt wie möglich wiederholt werden. Es ist eine feige, pragmatische Entscheidung der Bundestagsmehrheit, aber auch der CDU: Man versucht, die  Wahlwiederholung  in allen Wahlkreisen  zu verhindern. Denn ändern soll sich bitte nichts an den Wahlergebnissen, deswegen versucht man sich mit einem verwegenen Kompromiss. Die Union fordert, entgegen der Ampel, dass ausschließlich die Zweitstimme wiederholt werden soll. Die Erststimme soll bitte unangetastet bleiben. „Ein absurdes Theater“, nennt das der Jurist Ulrich Vosgerau, der auch die Beschwerde der TE-Leser vor Gericht vertritt. Ein paar Listen-Abgeordnete würden dann vielleicht neu geordnet, aber die Partei DIE LINKE wäre weiterhin sicher im Bundestag vertreten. Denn es besteht die Gefahr, dass bei einer kompletten Neuwahl der Erststimmen DIE LINKE eines ihrer drei Direktmandate verliert. Und damit den Fraktionsstatus und sämtliche 36 Listen-Abgeordnete: Bekanntlich hat DIE LINKE die 5-Prozent-Hürde nicht geschafft und zog in Fraktionsstärke nur ein, weil sie 3 Direktmandate errungen hat – zwei davon in Berlin. Wird nur die Wahl mit der Zweitstimme wiederholt, bleibt alles, wie es ist, nur ein paar Hinterbänkler haben vielleicht eine andere Farbe. Es zeigt sich: Keine der Parteien übernimmt Verantwortungsbewusstsein für die Demokratie als Ganzes. Für Parteitaktik wird das Vertrauen der Bürger geopfert. „Eine Krähe hackt der anderen keine Auge aus“, sagt der Volksmund oder in diesem Fall: Mandatsinhaber vertreten die Interessen von Mandatsinhabern, nicht die der Wähler. Sicher, die Entscheidung, die das Bundesverfassungsgericht am Ende treffen wird, wird legalistisch irgendwie sauber sein; wozu hat man Juristen, die solche Paragraphen zurechtbiegen. Auch sind die Argumente der Ampel wie der Union rechtlich alle korrekt, selbstverständlich sind alle Krähen schwarz. Die Ampel hat recht, wenn sie anführt, dass bei der Berlinwahl nur 14,8 Prozent der Wahlbezirke „erwiesene“ Fehler im Sinne des Bundestags ausweisen. Das liegt allerdings daran, dass die Wahlprotokolle ihren Zweck des Protokollierens kaum erfüllen – denn nur wenige weisen auf Wahlfehler hin. Dafür sind auf manchen von ihnen zum Beispiel mittelhochdeutsche Gedichte vermerkt, statt ordentliche Protokolle des Wahlgeschehens, wie Richter Peter Müller während der Verhandlung anmerkt. Dieser Logik zufolge wäre es besser, wenn Wahlprotokolle niemals ausgefüllt werden, dann können sie nämlich keine Hinweise auf Wahlfehler liefern – und nach der Logik der Ampel ist dann alles mit rechten Dingen zugegangen, ist die Schlussfolgerung. Eine logische Konsequenz, die nicht der Autor dieser Zeilen, sondern der Richter Müller formuliert hat. Damit wird ein bemerkenswerter Anreiz geliefert: falsch auszählen, die Protokelle mit Kritzeleien statt nachprüfbarer Zahlen füllen – und die Wahl kann nicht mehr überprüft werden. So werden Wahlfälschungen überprüfungssicher und das Misstrauen der Wähler steigt berechtigterweise. So zerstört man das Vertrauen der Wähler mit einem Urteil des höchsten Gerichts bei zugekniffenen Augen der Mehrheit des Deutschen Bundestags, die sich so künftig Konkurrenten leichter vom Hals halten kann. Dabei sind die Mängel des Wahlvorgangs eklatant: Wahllokale, die weit über die zulässige Zeit geöffnet waren; Wähler, die Stunden anstehen mussten und dann nach Hause geschickt wurden; vertauschte Wahllisten; Parteilisten, die im jeweiligen Bezirk gar nicht zur Wahl standen, und zuletzt ein Innensenator mit dem Rotstift: Wie schief muss eine Wahl sein, dass sie „erwiesene“ Fehler aufweist? Wie viel Manipulation ist erlaubt, bis eine Kontrolle erfolgt? Vor dem Gericht wurde gestritten, welche Fehler nur bei der Landeswahl und welche bei der Bundestagswahl passiert seien – angeblich wurden Stimmzettel für die Landeswahlen Berlins fotokopiert, die für die Bundestagswahl aber nicht. Angeblich wurde die Wahl für das Land unterbrochen, aber nicht für die Bundestagswahl. Angeblich, laut den Protokollen. Überhaupt hat der Wahlprüfungsausschuss wenig geprüft. Aus der Befragung durch das hohe Gericht geht hervor: Der Wahlprüfungsausschuss hat keine aktive Aufklärung der Vorkommnisse in Berlin betrieben. Man hat ausschließlich auf Wahleinsprüche der Bürger reagiert, 1.713 an der Zahl. 90 Prozent dieser Einsprüche kamen aus Berlin. Bei Bundestagswahlen wurden bisher immer 200 bis 300 Einsprüche erhoben. Auch die Wahlprotokolle der einzelnen Wahllokale wurden vom Ausschuss nicht geprüft. Dafür fehlte die Zeit, so die Ampelvertreter, deren Prozessbevollmächtigter der Rechtsanwalt Prof. Heiko Sauer ist. Man habe nur zwei wissenschaftliche Mitarbeiter im Ausschuss gehabt und diese hätten die 40.000 Dokumente niemals zeitgerecht durcharbeiten können, so das Argument. Das ist peinlich, höchst peinlich. Tichys Einblick konnte dieselben Dokumente mittels einer Gruppe von einem Dutzend Jungjournalisten und Studenten in einer Woche digitalisieren und das Verfassungsgericht konnte die Dokumente durch einen (!) wissenschaftlichen Mitarbeiter innerhalb weniger Wochen prüfen lassen. Der Bundestag hat übrigens 4.500 Beschäftigte, davon 1.700 wissenschaftliche Mitarbeiter. Schlauerweise hätten sie auch auf die elektronischen Dateien zurückgreifen können, die TE zur Verfügung gestellt hat. Dann hätten sie nicht einmal ihre weichen Sessel verlassen müssen. Aber so verfestigt sich der Verdacht: Wer nicht prüft, findet auch nichts. Vor allem wurde in der Verhandlung eines klar: Für die Ampel hat eine Wahlprüfungsbeschwerde nur dann Erfolg, wenn in ihr „bewiesen“ werden kann, dass ein mandatsrelevanter Fehler vorlag. Ein noch so massives Versagen in der Organisation einer Wahl sei – angeblich – nicht ausschlaggebend. Folgt das Gericht dieser Idee, so gibt es in Deutschland eigentlich keine Möglichkeit mehr, gegen eine Wahl erfolgreich Einspruch einzulegen. Denn wie soll durch den Normalbürger „bewiesen“ werden, dass es auch jedenfalls „mandatsrelevante“ Fehler gab? Dies können nur staatliche Gerichte klären, die tätig werden müssen, sofern hinlängliche Indizien für möglicherweise gravierende Wahlfehler bestehen; und so sieht es § 26 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes ja auch vor. Zumal in einem Umfeld wie dem der Berlinwahl, wo der zuständige Innensenator Andreas Geisel und seine Mitarbeiter aktiv versuchten, das Versagen der Bezirke und des Senats in der Organisation zu vertuschen – und nicht passende Ergebnisse nachträglich mit dem Rotstift korrigiert haben. Die Entscheidung, inwieweit die Bundestagswahl wiederholt werden muss, liegt nun beim Bundesverfassungsgericht. Und damit auch die Entscheidung, inwieweit das Wahlsystem Deutschlands verlässlich ist. Eine Tendenz der Entscheidung mag man in der Auswahl ausgerechnet der Wahlprüfungsbeschwerde der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erblicken. Doch sicher ist das Ergebnis nicht. Wann das Gericht die Entscheidung verkündet, ist noch nicht terminiert. Nach der Verkündung muss die Wiederholung innerhalb von 60 Tagen stattfinden – der Landeswahlleiter Berlins, Dr. Stephan Bröchler, bat das Gericht daher darum, dass diese 60 Tage nicht in die Advents-, Weihnachts- oder Neujahrszeit fallen sollte. Eine Wiederholung sei dann nicht machbar, da Gemeinderäume nicht als Wahllokal zur Verfügung stünden und Wahlhelfer kaum zu finden seien. TE wollte von Bröchler wissen, welches Modell einer Wahlwiederholung er als Landeswahlleiter für richtig hielte. Aus Rücksicht auf seine politische Neutralitätspflicht wollte er sich allerdings nicht äußern. Die Entscheidung des Gerichts wird aber für den Herbst erwartet. Unterstützen Sie bitte die Öffentlichkeitsarbeit dieses Vorhabens: Für Spenden haben wir bei der Commerzbank Köln das Konto mit der IBAN DE14 3704 0044 0543 2000 02 eingerichtet (Empfänger: TE Sonderkonto Rechtsstreitigkeiten). TE dankt allen Lesern, die es mit ihrer Unterstützung ermöglichen, dass wir Recherchen wie die zur Wahlmanipulation und die Klage vor dem BVerfG durchführen konnten und können. 
Maximilian Tichy
Nach vielen Beschwerden liegt die verkorkste Berlinwahl nun beim Bundesverfassungsgericht. Doch die Richter treffen schon im Verfahren eine Vorauswahl, die das Ergebnis vorwegnehmen könnte. Künftige Wahlmanipulationen sollen erleichtert werden, fordern die Ampel-Vertreter. Die Demokratie wird ramponiert.
daili-es-sentials
2023-07-19T10:57:32+00:00
2023-08-09T08:57:46+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/das-bundesverfassungsgericht-ueberprueft-die-wahl/
Merkelianer unterliegen im Streit über Form der Laschet-Nachfolge
Armin Laschets Gesicht sprach ebenso wie das seines Noch-CDU Generalsekretärs Paul Ziemiak Bände, als sie vor die Presse traten. Kein Parteitag wird also über den neuen Parteivorsitzenden entscheiden, sondern die über 400.000 Mitglieder der CDU. Einflussnahmen auf Delegierte, Vorab-Kungeleien und persönliche Karrierehoffnungen der – von Parteigremien/Funktionären entsandten – Parteitagsdelegierten werden keine Rolle spielen. Also Basisdemokratie pur? Wenn es bei den letzten Abstimmungen über die Spitze der Partei dieses Verfahren schon gegeben hätte, wäre die CDU mit Friedrich Merz in die Bundestagswahlen gegangen. Doch das war gestern, und heute ist bekanntlich der letzte Tag vor dem Morgen. Die CDU müsste sich nach 16 Jahren des „Systems Merkel“ komplett erneuern. Wie ein bleiernes Tuch hat sich die Hand der Königin im Kanzleramt über die einst recht rege Partei Adenauers und Kohls gelegt. Kritik an den Beschlüssen da oben war unerwünscht und wurde postwendend abgestraft. Derartiges Verhalten erzeugt in der Folge immer Anpassungsdruck und vorrauseilenden Gehorsam. Was gern als innerparteiliche Harmonie gepriesen wurde, war letztlich die „Stille der Friedhofsruhe“. Viele in der Union trugen im Herzen Merkels Verschiebung der Statik der Partei nach links nur mit geballten Fäusten mit. Ebenso verstand es Merkel mit einer akribisch ausgewählten Entourage, auch nach jedem immer schlechter werdenden Wahlergebnis, die Frage nach den Ursachen zu unterdrücken. Ein besonderes Machtmittel bot der Kanzlerin ihre Medien-gemachte Beliebtheit bei den Leuten in Deutschland, weit über das CDU-Klientel hinaus. Mit ihrer Unterkühltheit und der ihr eigenen Distanz verschaffte sie sich eine Form von Akzeptanz, die man sonst nur aus Monarchien kennt. So kam es, dass sich auch eigentlich linke Stimmen, nicht zuletzt von Frauen, bei der Frau aus der Uckermark wiederfanden. Die CDU hat eine harte Wegstrecke vor sich. Sie müsste sich neu erfinden und vom ersten Tag an eine schlagkräftige Opposition sein. Dazu gehören klare Positionen ebenso wie eine starke Führungspersönlichkeit. Besonders aus den öffentlich-rechtlichen Medien tönen jetzt Ratschläge vermeintlicher Freunde für die Union. So empfahl eine Phoenix-Redakteurin, die neue Nummer eins der CDU wäre gut beraten, wenn eine Generalsekretärin unterschiedlicher politischer Tendenz berufen würde. Ein wahrlich tödlicher Wunsch! Gleichgültig in welcher Partei, zwischen den Vorsitzenden und dem Generalsekretär darf kein Blatt Papier passen. Auch der so „gut gemeinte“ Hinweis, ein Team solle anstelle einer Person das Schiff der CDU steuern, ist kein Rat von Freunden. Dauernde interne Kämpfe und ein Wirrwarr von Stimmen wäre die Folge. All das kann die CDU sich in absehbarer Zeit nicht leisten. Ändert sie ihre Programmatik nicht und wird wieder eine klar erkennbare konservative politische Kraft, wird auch eine Frauenquote sie nicht vor dem Untergang bewahren. Allein die wahrscheinliche Rückkehr zur Kernenergie oder der Streit über die Zukunft der Bundesrepublik in der Nato können zu Zerreißproben für unser Land werden. Egal für wen sich die Basis der CDU auch entscheidet, auf die oder den Neuen an der Spitzen der Union wartet eine Mammutaufgabe.
Fritz Goergen
Kein Parteitag wird über den neuen Parteivorsitzenden entscheiden, sondern die über 400.000 Mitglieder der CDU. Einflussnahmen auf Delegierte, Vorab-Kungeleien und persönliche Karrierehoffnungen der - von Parteigremien/Funktionären entsandten - Parteitagsdelegierten spielen keine Rolle. Also Basisdemokratie pur?
meinungen
2021-11-02T17:37:37+00:00
2021-11-02T17:37:38+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/cdu-mitgliederentscheid-statt-funktionaersgekungel/
TE-Interview mit Annekatrin Mücke: „Der ÖRR säbelt sich selbst das Bein ab“
Tichys Einblick: Wieso haben Sie das Manifest unterschrieben? [TE dokumentiert das Manifest „Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ hier] Annekatrin Mücke: Weil ich den ÖRR – genau wie alle anderen, die an dem Text gearbeitet haben – wichtig finde. Wir wollen ihn erhalten – aber nicht so, wie er jetzt ist. Denn er kommt schon lange seinen gesetzlich festgeschriebenen Aufgaben nicht mehr nach: für alle Bevölkerungsgruppen ein breites Programm von Nachrichten, über Kultur, Wissenschaft und Sport bis zu Bildung und Unterhaltung jenseits von Quoten anzubieten. Und Meinungsvielfalt nicht nur zuzulassen, sondern auch zu initiieren. Inwieweit haben Sie an dem Manifest mitgeschrieben? Während der Corona-Zeit habe ich einen eigenen kleinen Medienstammtisch gegründet: Weil wir uns absolut gefangen sahen in der Berichterstattung und nicht fassen konnten, was da auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk abging – ähnlich wie Ole Skambrak (SWR-Mitarbeiter, der Kritik an der Corona-Berichterstattung seines Senders übte und dafür entlassen wurde – Red.). Um irgendwie unseren inneren journalistischen Kompass wiederzufinden, haben wir uns getroffen – das ist dann immer größer geworden. Irgendwann kam eine Kollegin vom RBB dazu und hat mich wiederum zu einem Treffen der Gruppe eingeladen, die schon seit einiger Zeit an dem Manifest geschrieben hat. Vor drei, vier Monaten bin ich dazugestoßen. Da war das Manifest schon lange am Köcheln, und ich fand gut, was drin stand. Deshalb habe ich dann auch gleich gesagt: Also, es ist mir jetzt egal, ich unterschreibe mit meinem Klarnamen. Viele tun das nicht … Ja, leider. Nur wenige Journalisten aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind dazu bereit – obwohl ich aus zahllosen Gesprächen im Kollegenkreis weiß, dass sehr, sehr viele das teilen, was im Manifest steht. Auch, dass Qualitätsjournalismus eine solide Basis braucht: also gut ausgebildete Journalisten, die für ihre Arbeit – das Programm-Machen – entsprechend bezahlt werden. Ich arbeite vorwiegend für den RBB, und da passiert jetzt genau das, was von vornherein klar war: Die vielen Millionen, die eingespart werden sollen, werden natürlich ganz unten eingespart. Dort, wo man sinnvollerweise gar nichts mehr einsparen kann – weil die Journalisten, die das eigentliche Programm machen, sowieso schon weit überwiegend in prekären Verhältnissen arbeiten. Die Grünen können sich inhaltlich über den ÖRR sicher nicht beklagen. In einem neuen Positionspapier kritisiert die Partei jetzt aber ungewohnt deutlich das wirtschaftliche Gebaren der Anstalten. Wie sehr hat Sie das überrascht? Ich war sehr erstaunt darüber. In dem Papier steht wörtlich: „Qualität kann es nur geben, wenn Arbeitsbedingungen und Gehälter fair sind. Es darf nicht sein, dass diejenigen, die mit viel Einsatz die wertvollen Inhalte der Sender gestalten, unter prekären Umständen arbeiten.“ Dann müssen die also wissen, dass viele von uns in prekären Verhältnissen arbeiten. Und das hat Folgen: Denn wenn vor allem die Freien und die sogenannten „festen Freien“, die unter prekären Bedingungen arbeiten, ihre Meinung äußern, dann müssen sie halt Angst haben, ihre Jobs zu verlieren. Denn sie haben nur sehr eingeschränkte Rechte, weil sie eben überwiegend keine regulären Arbeitnehmer sind. Wenn ich das bisher so gesagt habe, dann wurde ich immer zurechtgewiesen – vor allem von Festangestellten. Und jetzt schreiben das die Grünen in ein offizielles Positionspapier. Der Normalbürger hört aber dauernd von wahnwitzigen Honorarsätzen für Intendanten und Moderatoren …? Die Wahrheit ist: Es gibt sehr viele prekäre Arbeitsverhältnisse – gerade für die, die das Programm tatsächlich machen. Das führt unter anderem dazu, dass häufig nur noch bestimmte Menschen aus bestimmten Schichten sich den Beruf leisten können – denn davon leben kann man immer weniger. Man braucht Eltern, Ehepartner, wen auch immer, die täglich die Brötchen nach Hause bringen. Das ist auch in meinem ganz persönlichen Fall so: Vom Journalismus kann ich nicht wirklich leben, davon kann ich kein Kind ernähren. Viele stocken deshalb auf. Und der öffentlich-rechtliche Rundfunk lässt sich seit vielen, vielen Jahren diese prekären Arbeitsverhältnisse vom Staat querfinanzieren: zum Beispiel über das Arbeitslosengeld. Die „Fest-Freien“ mussten eine Zeit lang nach vier oder fünf Jahren immer für ein halbes Jahr eine Art Pause bei dem Sender machen, für den sie arbeiteten, damit sie keine Festanstellung einklagen konnten. Und die meisten sind dann in die Arbeitslosigkeit gegangen, weil sie ja wieder zu „ihrem“ Sender zurück wollten und für sechs Monate keine Beschäftigung bei einem anderen Sender bekommen haben. Jetzt darf man als „Fest-Freier“ nur maximal zehn Tage im Monat arbeiten, damit man sich nicht einklagen kann. Das funktioniert für viele, die eben keine vermögenden Eltern oder gutverdienenden Partner haben, nur, indem sie sich das querfinanzieren lassen – also zum Beispiel mit Bürgergeld aufstocken. Und das kann ja nicht sein, dass zu den Rundfunkgebühren dann auch noch Steuergelder kommen, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk so wenig Geld wie möglich bei den programmmachenden Mitarbeitern ausgibt. Was liegt beim ÖRR aus Ihrer Sicht noch im Argen? Dieses Gebilde ist einerseits derart aufgebläht und andererseits derart zersplittert in einzelne Anstalten – und in den Anstalten dann nochmal in einzelne Abteilungen –, dass ein effektives, gutes Arbeiten nicht möglich ist. Es braucht keine neun Landesrundfunkanstalten, um eine Meinungs- und Programmvielfalt zu garantieren. Neun Landesrundfunkanstalten mit neun Intendanten, neun Chefredakteuren, was weiß ich wie vielen Abteilungsleitern und neun eigenen Verwaltungen: Das ist vor allem ein riesiger finanzieller Aufwand. Und dazu kommen ja noch das Erste Programm der ARD, das ZDF, Deutschlandradio und zig Zusatzprogramme wie Phönix, alpha, oder one. Das sind insgesamt 26 eigenständige öffentlich-rechtliche Programme. Und wenn jemand sagt: Das ist aber jetzt so, da kommen wir nicht raus – dann müssen wir auch nicht weiter darüber reden, dass die Strukturen effizienter gestaltet werden sollen. Denn die können nur effizienter werden, wenn der gesamte öffentlich-rechtliche Rundfunk schlanker wird. Dann hat man beispielsweise bei der ARD eben nur noch einen analogen 24-Stunden-Fernsehsender mit vielen regionalen und lokalen Fenstern – und nicht zehn. Bekanntlich braucht der ÖRR sehr viel Geld für Pensionsrückstellungen. Was sagen Sie dazu? Das muss runterreguliert werden. Es will ja keiner, dass niemand mehr irgendeinen Anspruch hat. Aber es kann auch nicht sein, dass irgendjemand einen Anspruch darauf hat, im Monat 30.000 Euro Ruhegeld aus dem Betriebsfonds zu bekommen. Entschuldigung, das geht nicht. Das geht einfach nicht. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk aus dem aktuellen Etat allein für die Ruhegeldansprüche der ehemaligen Intendantin des MDR vier Millionen zurückhalten muss und die nicht ins heutige Programm stecken darf. Das ist doch irre. Aber es ist doch trotzdem mehr als genug Geld im System …? Es ist genug Geld im System. Aber es versickert, oder es wird verschleudert. Sie kennen doch das berühmte Herbstfieber, das gibt es immer noch: Wenn jemand bis zum Jahresende seinen Etat-Topf nicht leer macht, bekommt er im nächsten Jahr weniger. Er wird nicht belohnt, er wird bestraft. Na, was ist das oberste Credo? Töpfe leer machen – koste es, was es wolle. Ab September werden die Töpfe leer gemacht. Und weil Milliarden im Spiel sind, fällt es in so einem aufgeblähten System auch nicht auf, wenn mal hier eine halbe Million und da auch mal eine ganze Million fehlt – wie über Jahre beim KiKa oder beim ehemaligen Institut für Rundfunktechnik. Dann wird einfach von woanders was genommen und damit das Loch gestopft. Es ist ein systemisches Problem, dass Geld versickert und unrechtmäßig rausgezogen wird. Und andererseits wird immer weiter da gespart, wo das Geld eigentlich hinfließen müsste: nämlich beim Programm. Fließt wirklich so wenig Geld ins Programm? Eine Kollegin bei einem ARD-Sender hat mir jüngst ausführlich dargelegt, wie sie zusammen mit anderen an digitalen Projekten und Formaten arbeitet: Die werden alle abgesäbelt – mit dem Argument, sie seien zu teuer. Dafür sei kein Geld da. Das Digitale, das weiß inzwischen nun wirklich jeder, muss das Hauptstandbein des ÖRR werden. Und ausgerechnet dafür soll kein Geld da sein? Das ist doch Irrsinn. So säbelt sich der ÖRR selbst das Bein ab. Noch mehr als wegen der Zwangsgebühren wird der ÖRR wegen seiner inhaltlichen Einseitigkeit kritisiert. Mit den Worten „Wir sind uns zu ähnlich“ fordert sogar WDR-Chefredakteur Stefan Brandenburg mehr Meinungsvielfalt. Was sagen Sie dazu? In der Corona-Zeit ist überdeutlich geworden, dass viele Programmmacher es eben einfach nicht gewagt haben, Diskussionen anzuschieben, gegenteilige Haltungen und Meinungen einzunehmen oder zu widersprechen. Wer nicht fest angestellt und dadurch ein bisschen abgesichert war, hat den Mund sowieso nicht aufgemacht. Schauen Sie, es war ja für sehr viele nicht möglich, einfach nur ihrer Arbeit nachzugehen, wenn man keinen Impfausweis vorgelegt hat. Vor dem RBB-Eingang stand ein Häuschen, da musste man seinen Impfnachweis zeigen. Ich kenne ein paar, die sich nicht haben impfen lassen – die waren arbeitslos, die konnten kein Geld mehr verdienen. Klar saß die Angst dann tief. Aber auch von den Festangestellten, die meist sehr gut abgesichert sind, hat kaum einer Kritik an der sehr einseitigen Berichterstattung geübt. Stefan Brandenburg beschreibt das in einem Artikel für „Die Zeit“ so: „Der Schlüssel ist die Debattenkultur. Nicht den schnellen Konsens suchen, sondern den Widerspruch.“
 Aber statt zu diskutieren, haben die meisten versucht, ganz vorne dabei zu sein – damit ja keiner mitkriegt, dass er vielleicht doch Zweifel an dem Ganzen hat. Kritiker konstatieren eine nahezu flächendeckende geistige Vereinheitlichung im deutschen Journalismus. Woher nehmen Sie die Hoffnung oder die Erwartung, dass man da etwas reformieren könnte? Der ÖRR wird sich nicht allein von innen reformieren. Es gibt immer ein paar Leute, die sich die Champagnerflaschen öffnen, und die werden das System nicht ändern. Die Verwaltung und die Chefetagen, die das machen müssten, werden das natürlich nicht tun. Also muss eine breite gesellschaftliche Diskussion her – nicht nur von Berufspolitikern, bei denen immer Parteiinteressen eine Rolle spielen. Und dann muss damit die Grundlage für eine neue Gesetzgebung geschaffen werden. Nicht genauso, aber vielleicht ähnlich wie 1991 bei der Abwicklung des DDR-Rundfunks müsste man diesen Riesentanker jetzt erstmal abwracken, um dann daraus sozusagen einen schnellen, wendigen Segelschoner zu bauen, der diesen Zeiten der Digitalisierung und starken Veränderungen in der Medienlandschaft auch gewachsen ist. Nur so können wir wieder zu einem unabhängigen, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zurückkommen. Und das genau wollen wir.
Natalie Furjan
Die Frau, die sich was traut: Annekatrin Mücke hat das Manifest zur Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio unterschrieben. Im Interview mit TE spricht die 56-jährige freie Journalistin über Gebührenreichtum und Programmarmut, über inhaltlichen Gleichschritt – und über Angst im Job.
interviews
2024-04-03T11:12:24+00:00
2024-04-03T11:12:26+00:00
https://www.tichyseinblick.de/interviews/annekatrin-muecke-oerr-manifest/
Nach Manchester: Es ist Zeit für Wut
Nach dem Terror kommen die hohlen Phrasen. Und die Hashtags. Und die Nachtwachen im Kerzenschein. Und immer wieder die gleiche Botschaft: „Haltet zusammen. Fühlt Liebe. Gebt euch nicht dem Hass hin.“ Inhaltsleere Banalitäten und die seichte Fetischisierung von „Zusammenhalt“ ohne eine Erwähnung dessen, für was wir zusammenstehen sollten – oder auch wogegen. Genauso kam es auch nach der Barbarei von Manchester. Als Antwort auf die mehr als 20 Todesopfer bei einem Ariana-Grande-Konzert, als Antwort auf das Blutbad an Kindern, die Popmusik genießen wollten, sagen die Menschen tatsächlich: „Alles, was wir brauchen, ist Liebe.“ Das Missverhältnis zwischen dem Horror und unserer Antwort darauf – zwischen dem was passiert ist und dem, was wir sagen – ist enorm. Und das muss sich ändern. Das von oben verordnete Werben für einen oberflächlichen „Zusammenhalt“ als Antwort auf den Terrorismus fördert nur Passivität. Starke Gefühle sollen aus der Öffentlichkeit verbannt werden. Es geht darum, uns auf eine Masse Trauernder zu reduzieren, deren einzige Aufgabe darin besteht, unsere Mitbürger zu beweinen – nicht aber zu fragen, warum sie starben, oder gar wegen ihres Todes wütend zu sein. Die große Angst von Bürokraten und Medien ist, dass sich die sprunghafte Massen als Reaktion auf den Terror vom Hass treiben lassen und unkontrollierbar werden. Aus diesem Grund folgt jedem Anschlag die Warnung vor einer „islamophoben Gegenreaktion“ und die gesteigerte Überwachung von Twitter-Nachrichten und öffentlichen Zusammenkünften – denn am meisten befürchtet man den öffentlichen Ausdruck von leidenschaftlichen Gefühlen, von unseren Leidenschaften. Man will, dass wir passiv sind; empathisch und bestürzt, aber nicht wütend, aktiv und hinterfragend. Man sieht uns am liebsten als einsame Masse von pflichtbewussten, zusammenhanglosen Trauernden, nicht als echte Gemeinschaft von Bürgern, gar als Gemeinschaft, die wissen will, warum Mitbürger sterben mussten und wie das in Zukunft verhindert werden kann. Im Rahmen dieser gängigen Nachterrorerzählung werden unsere Emotionen genauestens kontrolliert. Einige Gefühle werden gefeiert, andere verteufelt. Empathie – gut. Kummer – gut. Trauer online zu teilen – großartig. Aber Hass? Wut? Zorn? Diese Gefühle sind schlecht. Sie sind minderwertige Formen von Gefühlen, die es zu verhindern gilt. Wenn wir diese Wut gegenüber dem Terrorismus zulassen, werden die Menschen Pogrome gegen Muslime starten, heißt es, oder Sikhs angreifen oder den nächsten Laden eines Hindus überfallen. So dumm und hasserfüllt sind wir anscheinend. Zurzeit gibt es aber eine überzeugende Rechtfertigung für Hass. Sicherlich für Wut – in der Tat sogar für rasenden Zorn. Unsere Mitbürger wurden bei einem Popkonzert umgebracht. Ich hasse diesen Umstand, ich hasse die Person, die das getan hat, ich hasse diejenigen, die die Tat rechtfertigen werden. Und ich hasse die Ideologie, die diese Barbarei rechtfertigt. Ich will diese Ideologie zerstören. Ich bin nicht traurig. Ich bin rasend vor Wut. Anderen wird es ähnlich gehen, aber wenn sie dieses verbotene, post-terroristische Gefühl zeigen, riskieren sie, als Architekten des Hasses gebrandmarkt zu werden, als Wegbereiter zukünftiger Terrorakte, Rassisten und so weiter. Ihr Zorn wird zum Schweigen gebracht. „Trauere einfach. Das ist deine Rolle.“ Die Kultivierung von Passivität als Reaktion auf den Terror ist Ausdruck für eine tiefgreifende Krise der – und Angst vor – aktiven Bürgern. Unsere Rolle als Bürger wird beschädigt, wenn die einzige Reaktion, die uns auf ernsthafte Gewaltakte gegen unsere Gesellschaft zugestanden wird, das Versenden von Hashtags oder das Aufstellen von Kerzen sein soll. So werden das schonungslose Nachdenken und die tiefgreifenden Gefühle, mit denen sich die Bürger nach solchen Anschlägen auseinandersetzen sollten, unterdrückt. Dies weist  – wenn auch unbeabsichtigt – Ähnlichkeiten mit dem Terrorismus selbst auf. Der Terrorismus führt einen Zermürbungskrieg gegen unser soziales Gefüge; ihm geht es darum, unser Selbstvertrauen, unsere Offenheit und den Sinn für unser Selbst, als freie Bürger, Stück für Stück zu zerreißen. Als Reaktion greifen Bürokratie und Medien unsere Individualität und unsere soziale Rolle an, indem uns vorgeschrieben wird, was wir über solche Abscheulichkeiten zu fühlen, zu denken und zu sagen haben – ebenso wollen sie uns entmutigen, diese Schreckenstaten und die ihr zu Grunde liegende ideologische und gewalttätige Fäulnis ins Auge zu fassen. Die Terroristen versuchen unsere Entschlossenheit zu schwächen. Die hiesigen Machthaber wollen unsere Emotionen betäuben, unseren Zorn ruhigstellen und uns zu Darstellern mit feuchten Augen im post-terroristischen Trauerspiel degradieren. Es ist ein doppelter Angriff: Einmal auf das Individuum und einmal auf die Gesellschaft. Bei diesem Post-Terror-Narrativ geht es im Wesentlichen um die Zügelung unsere Gefühle. Alle Fragen von Substanz werden von der Politik ganz bewusst an den Rand gedrängt. Wir werden aktiv davor gewarnt, schwierige Fragen über die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts zu stellen und warum sie diese Gewalt, diesen Nihilismus, hervorbringt. Hinterfragt man die Lehrsätze des Multikulturalismus – keine Kultur ist einer anderen überlegen, jeder soll in seiner Kulturblase glücklich werden – ist man ein Rassist. Fragst man sich, ob der obsessive Kampf gegen die „Islamophobie“ auch mit dazu beigetragen haben könnte, dass insbesondere junge Muslime bei ihrer eigenen Religion keinerlei Spaß mehr verstehen – und schon ist man „islamophob“. Und Immigration: Das ist das große, unaussprechliche Thema; man bist bereits ein Faschist, wenn man überhaupt nur darüber nachdenkt. Die Nachterrorerzählung fordert: „Du musst empathisch sein!“. Indirekt und manchmal auch ausdrücklich schwingt hier mit: „Du sollst nicht denken! Du darfst bestimmte Fragen nicht stellen oder überhaupt irgend etwas sagen.“ Und so errichtet sie, in ihrer Antwort auf den Terrorismus, ein intellektuelles Kraftfeld um einige Probleme, die vielleicht, nur vielleicht, zu diesem Terrorismus mit beitragen. Wir brauchen Einigkeit, heißt es. Einigkeit ist das Modewort. Aber das ist genauso substanzlos. Einigkeit über was? Einigkeit gegen was? Was sind unsere Werte? Wer ist der Feind dieser Werte? Frag nicht. Denk nicht. Scheinbar ist es falsch, in einer Gesellschaft, die auf ‚Vielfalt‘ beruht, Grundwerte zu haben. Und wir dürfen niemals auch nur andeuten, dass irgendeine bestimmte Ideologie eine Gefahr für diese Werte darstellt, denn so könnten sich ja Menschen unterdrückt oder an den Rand gedrängt fühlen. Wir bleiben mit einem oberflächlichen Gefühl zurück, einer Einheit von hochgradig vereinzelten Trauernden und nicht einer echten Einheit, die sich um Ideale, Werte und Visionen sammelt. Der Schrei nach Einigkeit ist eine Lüge. Fakt ist, dass es in unserer Gesellschaft Menschen gibt, die gewillt sind, uns anzugreifen, andere, die solche Attacken für gerechtfertigt halten, und wieder andere, die sie als Produkt von „Islamophobie“ oder westlichen Interventionen im Nahen Osten entschuldigen. Wir sind weit entfernt davon, geeint zu sein. Wir sind zutiefst gespalten. Aber das kann man nicht sagen. „Weine, aber denke nicht.“ Man halte nur einmal inne und denke darüber nach wie befremdlich, wie pervers das ist, dass mehr als 20 unserer Mitmenschen abgeschlachtet wurden und wir im Grunde genommen sagen: „Beruhigt euch alle. Liebe ist die Antwort.“ Wo ist die Wut? Wenn das Blutbad an Kindern und deren Eltern an einem netten Abend einen nicht wütend macht, macht einen nichts mehr wütend. Dann hat der Terrorist dich besiegt. Du bist bereits tot. Dieser Beitrag von Brendan O’Neill ist zuerst bei Novo Argumente erschienen.
Wenn das Blutbad an Kindern und Eltern in Manchester keine Wut macht, macht nichts mehr wütend. Dann hat der Terrorist dich besiegt. Du bist bereits tot.
meinungen
2017-05-29T12:08:18+00:00
2017-05-29T12:20:56+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/nach-manchester-es-ist-zeit-fuer-wut/
Die Entwertung des Holocaust
Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Truppen die Häftlinge des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Achtzig Jahre später wissen Millionen junger Menschen im Westen nichts über das Vernichtungslager, geschweige denn über den Holocaust. Sie wissen nichts über das größte Verbrechen des 20. Jahrhunderts. Nach einer aktuellen Umfrage hat jeder neunte junge deutsche Jugendliche noch nie etwas vom Holocaust gehört. Ein Viertel kann kein einziges Konzentrationslager, Todeslager oder Ghetto nennen. Die Umfrage ergab auch, dass „fast die Hälfte der erwachsenen Amerikaner nicht in der Lage ist, irgendeine Vernichtungsstätte des Holocaust zu benennen“. Nicht weniger beunruhigend war eine Umfrage von The Economist und YouGov aus dem Jahr 2023. Sie ergab, dass mehr als ein Fünftel der jungen Amerikaner zwischen 18 und 29 Jahren der Aussage „Der Holocaust ist ein Mythos“ zustimmten, während weitere 30 Prozent weder zustimmten noch widersprachen. Das bedeutet, dass weniger als die Hälfte der jungen Amerikaner fest davon überzeugt ist, dass der Holocaust tatsächlich stattgefunden hat. Diese zunehmende historische Amnesie sollte an sich schon beunruhigend genug sein. Noch beunruhigender ist jedoch die Art und Weise, wie die Bedeutung des Holocaust von unseren kulturellen und politischen Eliten verzerrt und auf den Kopf gestellt und von israelfeindlichen Eiferern als Waffe missbraucht wird. Tatsächlich wird Auschwitz – ein Vernichtungslager, das für den Völkermord an den Juden konzipiert wurde – rasch in etwas anderes verwandelt: in ein universelles Symbol menschlicher Grausamkeit. Es wird zu einem grausigen ‚Themenpark‘ für diejenigen, die auf der Suche nach einer einfachen moralischen Botschaft sind. „Auschwitz als allgemeines Symbol der Grausamkeit zu behandeln, wie es die Unesco tut, banalisiert das Gedenken.“ Ein Beispiel dafür ist die Unesco, die wohl mächtigste internationale Kulturinstitution der Welt. In ihrer offiziellen Bewertung des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau, einer Weltkulturerbestätte, spricht sie von seinem „außergewöhnlichen universellen Wert“. Das Lager sei ein Symbol für „die Grausamkeit der Menschheit gegenüber ihren Mitmenschen im 20. Jahrhundert“. Auschwitz als allgemeines Symbol der Grausamkeit zu behandeln, wie es die Unesco tut, banalisiert das Gedenken. Die Geschichte bietet unzählige Beispiele für schreckliche Gräueltaten der Menschheit, aber es gibt nur einen Holocaust. Seine einzigartige historische Bedeutung ergibt sich aus der Tatsache, dass es sich um einen industrialisierten Vernichtungsfeldzug handelte, der sich ausschließlich gegen das jüdische Volk richtete. Und genau diese Bedeutung droht uns heute völlig verloren zu gehen. So hat sich der Holocaust in den letzten Jahrzehnten immer mehr von der Erfahrung jüdischen Leidens gelöst. Er ist zu einer Allzweckmarke für Aktivisten geworden, die damit ihren Anliegen moralisches Gewicht verleihen wollen: Tierschützer sprechen von einem „Holocaust auf dem Teller“, Abtreibungsgegner in den USA prangern einen Holocaust an Föten an. Es ist ein Begriff geworden, der flexibel auf alle Fälle menschlicher Aggression und blutiger Konflikte angewandt werden kann. Es gibt angeblich einen afroamerikanischen Holocaust, einen bosnischen Holocaust, einen ruandischen Holocaust. Und natürlich gibt es jetzt den Gaza-Holocaust. Es scheint, dass jeder offensichtliche Akt von Krieg, Aggression oder Schikane dazu einlädt, als Holocaust bezeichnet zu werden. „Der Holocaust wurde aus seinem historischen Kontext gerissen.“ Der Holocaust wurde aus seinem historischen Kontext gerissen. Das geht so weit, dass seine historische Bedeutung heute von verschiedenen Anti-Israel-Aktivisten völlig auf den Kopf gestellt wird. Nach dem Hamas-Pogrom vom 7. Oktober 2023 bezeichneten „pro-palästinensische“ Demonstranten Israels Selbstverteidigung kurzerhand als Nazi-Aggression. Bei ihren Aufmärschen zeigten sie Plakate mit einem Davidstern in einem Hakenkreuz. Sie vergleichen die israelische Belagerung des Gazastreifens mit den Konzentrationslagern der Nazis. Sie stellen israelische Soldaten, die für die Verteidigung ihres Landes kämpfen, als Sturmtruppen der Nazis dar. In der groteskesten Umkehrung stellen sie die Hamas-Terroristen, die für die Gräueltaten vom 7. Oktober verantwortlich sind, in die Rolle der jüdischen Opfer des Holocaust. Selbst der Gazastreifen scheint von manchen mit Auschwitz gleichgesetzt zu werden. Im Mai 2024 gingen pro-palästinensische Demonstranten so weit, einen Auschwitz-Gedenkmarsch mit einem „Stoppt den Völkermord“-Protest zu stören. Laut Maung Zarni, einem burmesischen Menschenrechtsaktivisten und angeblichen Genozid-Experten, ist Israels Krieg gegen die Hamas in Gaza eine „Wiederholung von Auschwitz“ und ein „kollektiver Völkermord des weißen männlichen Imperialismus“. Diese bewusste Verdrehung der Geschichte ist atemberaubend. Wenn Gaza das neue Auschwitz ist, wo sind dann die überfüllten Züge, die ihre „Passagiere“ in den Tod transportieren? Wo sind die mörderischen Gaskammern? Wo sind die routinemäßigen Schändungen der Körper der Toten? Die antiisraelischen Eiferer berauben den Holocaust nicht nur seiner schrecklichen Realität, sondern auch seiner moralischen Bedeutung. „80 Jahre nach der Befreiung muss die Erinnerung an Auschwitz von den mächtigen Kräften befreit werden, die versuchen, seine Bedeutung zu entstellen.“ Die Umkehrung des Holocaust ist unter Israelgegnern weit verbreitet. Wie die Juristin und Mitherausgeberin des „Journal for the Study of Antisemitism“, Lesley Klaff, erklärt, handelt es sich dabei sowohl um eine „Umkehrung der Realität“, bei der die Israelis als „neue“ Nazis und die Palästinenser als „neue“ Juden dargestellt werden, als auch um eine „Umkehrung der Moral“, bei der „der Holocaust als moralische Lektion für ‚die Juden‘ oder sogar als moralische Anklage gegen sie dargestellt wird“. Die antiisraelische Propaganda ist durchsetzt von der Umkehrung des Holocaust. Die in Großbritannien ansässige Islamische Menschenrechtskommission (IHRC) rief sogar zum Boykott des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar auf, weil es „moralisch inakzeptabel“ sei, dass Gaza nicht als Völkermord wie der Holocaust betrachtet werde. Sie schrieb 460 Rathäuser und Bildungszentren an und forderte sie auf, die Veranstaltung zu boykottieren. Die Worte „Nie wieder“ sind durch und durch korrumpiert. Entkontextualisiert und disneyfiziert ist der Holocaust zu einer Waffe geworden, die gegen diejenigen eingesetzt wird, die seine historischen Opfer waren. Die Leichtigkeit, mit der die Hamas und ihre westlichen Unterstützer die Erinnerung an den Holocaust gegen seine historischen Opfer wenden, ist ein Armutszeugnis für die westliche Kultur. Wir müssen anfangen, dem kompromisslosen Bekenntnis zum „Nie wieder“ wieder Geltung zu verschaffen. 80 Jahre nach der Befreiung muss die Erinnerung an Auschwitz von den mächtigen Kräften befreit werden, die versuchen, seine Bedeutung zu entstellen. Dieser Text ist zuerst im britischen bei Spiked erschienen. Frank Furedi ist geschäftsführender Direktor des Think-Tanks MCC-Brussels, Autor zahlreicher Bücher und politischer Kommentator der Gegenwart. Mehr von Frank Furedi lesen Sie in den Büchern „Die sortierte Gesellschaft – Zur Kritik der Identitätspolitik“, „Schwarzes Leben, weiße Privilegien? Zur Kritik an Black Lives Matter“ und in seinem neuen Buch: „The war against the past – Why the west must fight for its history”.
Sofia Taxidis
Auschwitz wurde seiner historischen und moralischen Bedeutung beraubt. Heute missbrauchen unterschiedliche Kräfte das Symbol des NS-Judenmordes für ihre Zwecke, einige wenden es sogar gegen Israel. Von Frank Furedi
gastbeitrag
2025-02-15T10:45:12+00:00
2025-02-15T10:49:31+00:00
https://www.tichyseinblick.de/gastbeitrag/die-entwertung-des-holocaust/
Ausgewogenheit bei Maischberger: Wenn ein Roter mit einem Grünen diskutiert
Das Neue Deutschland war vor 1989 eine durchaus interessante Zeitung. Man musste sie nur lesen können. Den ganzen Quatsch mit „Der Vorsitzende des Staatsrates … den Plan übererfüllt … optimistisch in die Zukunft …“ – den Quatsch musste man ignorieren und sich auf das Wesentliche konzentrieren: Nämlich auf das achten, was nicht im Neuen Deutschland steht. Welche Themen spart es aus, die dem Politbüro folglich unangenehm sind? Welcher Genosse wird oft erwähnt? Und welcher gar nicht mehr? Zeit ist bei Maischberger also für die bahnbrechende Erkenntnis, dass es im Winter in Deutschland an Strom mangeln könnte. Zeit ist bei Maischberger für die in der ARD so selten vertretene Meinung, dass die erneuerbaren Energien ausgebaut werden müssen. Maischberger zu schauen ist, wie das alte Neue Deutschland zu lesen. Spannend ist, was sie weglässt: hier die Notwendigkeit, die Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Wen setzt die Maischberger-Redaktion Fratzscher gegenüber? Hermann-Josef Tenhagen: Der Wirtschaftsjournalist hat Politikwissenschaften studiert. In den 90er Jahren arbeitete er für die Taz und gründete dort das Ressort „Wirtschaft und Umwelt“, war 1995 Sprecher des „Klimaforums ’95“ und ist seit 2014 Chefredakteur und Geschäftsführer von Finanztip, einem Ratgeberportal. Greenpeace Deutschland weist Tenhagen als Mitglied des Aufsichtsrates auf. Kurzum: Da sitzt bei Maischberger ein Grüner und diskutiert mit einem Roten. Ausgewogenheit nach Art der ARD. Maischberger verweigert ihren Zuschauern diese Informationen. Spannend ist, was bei ihr nicht gesagt wird. Fratzscher hat sich vor gut einem Jahr mit einer Prognose bis auf die Knochen blamiert: Die Inflation werde 2022 unter zwei Prozent sinken. Nun ist sie zweistellig, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Auch als Fratzscher die Prognose abgab, war sie bei knapp fünf Prozent. Es war politisch, nicht wissenschaftlich, begründet, warum er die später peinliche Prognose abgab. Wenn die SPD „die Wissenschaft“ braucht, um ihre Politik zu rechtfertigen, verkörpert Fratzscher „die Wissenschaft“. Der Mindestlohn werde helfen, die Inflation aufzufangen, sagt Fratzscher. Der Staat müsse „jetzt massiv“ in erneuerbare Energien und die Transformation der Wirtschaft investieren, sagt Fratzscher. Treibt das nicht die Inflation weiter an? Dazu sagt Fratzscher nichts. Das will Maischberger von der Wissenschaft nicht so genau wissen. Beide haben ihre Botschaften gesetzt. Und für die Zuschauer ist interessanter, was nicht in der Sendung vorkommt. Tenhagen gibt ein „Best of“ der 100 Tipps gegen explodierende Strompreise. Was sollen die Verbraucher tun, wenn der Brief mit den höheren Abschlägen für Gas kommt? „Die sollen mal abwarten, bis der Gas-Anbieter einen neuen Brief schickt.“ Wie dann der „Doppel-Wumms“ dafür sorgen wird, dass die Kosten sinken, können die Experten letztlich auch nicht genau sagen. Das wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) – Stand jetzt – nicht vor Ende Oktober bekannt geben. Sicher ist einzig nur, dass es Fratzscher gut finden wird.
Sofia Taxidis
Die Talkshow Maischberger ist wie das Neue Deutschland in der DDR: Spannend ist, was nicht vorkommt. Das Bild, wie schlecht es wirtschaftlich um Deutschland bestellt ist, wird dabei immer klarer.
feuilleton
2022-10-05T05:27:54+00:00
2022-10-05T06:03:55+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/medien/maischberger-energiepreise/
Kommunalpolitik und Windgeschäft
Nachdem der, von der Bundesregierung verabschiedete, Atomausstieg und damit die Energiewende am 6. August 2011 in Kraft trat, wurde vom Landkreis Osnabrück das Regionale Raumordnungsprogramm 2014 – Energie aufgestellt. Die Ziele des verstärkten Windenergieausbaues wurden, auf Drängen einiger CDU-Kreistagsabgeordneter um den Landrat Dr. Lübbersmann wie folgt festgelegt: Der Landkreis Osnabrück hatte bereits die, nach den Plänen der Rot-Grünen Landesregierung geforderten, acht Prozent der Flächen, die für Windkraft infrage kommen, dafür reserviert. Damit hatte er das Ziel von 1.000 Hektar bereits übererfüllt. Trotzdem sollte der Ausbau massiv forciert werden. Um dieses zu erreichen, müssen die Abstände zu Wohngebäuden auf 500 Meter verringert wer- den. Um am Ausbau der Windenergie mitzuverdienen, gründete der Landkreis Osnabrück innerhalb der BEVOS (Beteiligungs- und Vermögensgesellschaft mbH) des Landkreises Osnabrück die Energos (Energiewirtschaft Landkreis Osnabrück GmbH). Die Energos gründete wiederum, zusammen mit den Energieversorgern (z.B. Stadtwerke Osnabrück) und den Städten und Gemeinden, die Wehlos (Windenergie Holding). Dazu hieß es am 8.8.2012 in der NOZ: „Der Landkreis Osnabrück macht ernst mit der Energiewende in der Region. Landrat Michael Lübbersmann hat am Mittwoch den Startschuss für die Gründung einer Energie-Holding gegeben, um die Zahl der Windräder von derzeit rund 100 zügig zu verdoppeln. Das Investitionskapital von unterm Strich 500 Millionen Euro soll ganz überwiegend aus der Region kommen, damit auch die späteren Gewinne vor Ort bleiben. „Regionale Energie für regionale Wertschöpfung“ lautet die Devise des Kreises, der sich bis 2030 vor allem im Strombereich komplett mit erneuerbaren Energien versorgen will. Grundlage dafür ist das vom Kreistag bereits im vergangenen Jahr verabschiedete integrierte Klimaschutzkonzept. Vorgesehen sind auch finanzielle Entschädigungen für Menschen, die vergleichsweise nahe an neuen Windrädern leben.“ Die Energos hat die Aufgabe, im Auftrag des Landkreises Osnabrück Windparks selbst zu errichten, oder sich zumindest an allen, vom Landkreis Osnabrück ausgewiesenen 26 Windvorranggebieten zu beteiligen. Sie ist bereits mit 80% an den Windrädern in Gehrde, mit 20% am Windpark Bühnerbach (Neuenkirchen Br.) und an den Windparks in Glandorf und Glandorf-Averferden beteiligt. Die Renditeerwartung für den Landkreis Osnabrück prognostizierte der Chef der Landkreis Energiegesellschaft Christian Niehaves mit bis zu 12 Prozent. Am 24.6.2013 beschloss der Landkreis Osnabrück, eine eigene Energiegesellschaft zu gründen. Das beschloss der Kreistag einstimmig bei Enthaltung der Grünen. Die Firma soll „Energos“ heißen. Lediglich die Grünen sahen in der Gründung und der minimalen Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger und der gewählten Abgeordneten eine problematische Entwicklung. Dazu schrieb die NOZ am 24.6.2013: „In einer nach der Abstimmung verbreiteten schriftlichen Erklärung machte Annette Niermann ihrer Empörung über diese Beschlussfassung noch deutlicher Luft als in ihrem Redebeitrag vor dem Kreistag: „Wir Grünen sind fassungslos über das Desinteresse der politischen Mehrheit an der Beteiligung der politischen Gremien im Rahmen der Ausgestaltung der gerade gegründeten Gesellschaft Energos.“ Nicht nur die gewählten Abgeordneten hätten minimale Beteiligungsmöglichkeiten, auch werde der Diskussionsprozess mit den Bürgern bewusst ignoriert. Es sei fraglich, ob die Energiewende so gelingen könne, da die Bürger schließlich maßgeblich vom Ausbau der Energie betroffen seien. Vor der Abstimmung hatte CDU-Kreistagsmitglied Jürgen Kiesekamp die Vorteile einer eigenen Energiegesellschaft hervorgehoben. Seit rund 100 Jahren habe der Landkreis das Handeln auf dem Energiesektor anderen überlassen. Das sei aus heutiger Sicht nun nicht mehr der richtige Weg. Denn für den Landkreis sei dadurch finanziell wenig abgefallen. Durch die neue Gesellschaft würde den Städten und Gemeinden mehr als bisher von der Wertschöpfung durch die Energieproduktion zu- wachsen.“ Die CDU-Mittelstandvereinigung (MIT) warnt hingegen den Landkreis Osnabrück als Genehmigungsbehörde vor unternehmerischen Aktivitäten bei Errichtung und Betrieb neuer Windkraftanlagen. In der NOZ vom 13.8.2014 heißt es: “Es ist nicht Aufgabe der Kreisverwaltung, sich als Unternehmer zu betätigen, so der Vorsitzende des MIT-Kreisverbandes Osnabrück-Land, Dietrich Keck“. Die Gründung der Windenergieholding Wehlos stieß auf großem Widerstand. Dazu heißt es am 27.4.2015 in der NOZ: „Der Chef der Landkreis-Energiegesellschaft Energos, Christian Niehaves, hat Probleme bei der Umsetzung der Windenergieholding des Landkreises Osnabrück (Wehlos). Er musste den geplanten Start mehrere Male verschieben. Klagen verzögern das Projekt und könnten es sogar zum Scheitern bringen. Niehaves will Wehlos nun zumindest noch vor 2017 realisieren.“ Weiter heißt es „Diese Verzögerungen ergeben sich an vielen Orten im gesamten Landkreis, also nicht nur da, wo die Energos am Ball ist. Aber dem Ziel, die bilanzielle Stromversorgung bis 2030 mit Erneuerbaren Energien aus dem Landkreis zu versorgen, kommen wir immer näher.“ Die finanzielle Beteiligung der Landkreise an Windenergieprojekten ist nur dann zulässig, wenn er den erzeugten Strom selbst vermarktet. Außerdem ist der Landkreis Osnabrück durch die Energos und der Wehlos der Vorhabenträger der Windparks und gleichzeitig Genehmigungsbehörde. Er beantragt die Baugenehmigung für die Windkraftanlagen über eine Investitionsgesellschaft bei sich selbst, bearbeitet die Einwendungen der Anlieger, führt die Abwägung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz durch, genehmigt sich die Anlagen, überwacht den Betrieb und die Einhaltung der Emissionswerte. Durch eine direkte Beteiligung der Städte und Gemeinden an der Wehlos sind die Kommunen Durchführungsbehörde der Bauleitplanung (Flächennutzungsplan und Bebauungspläne) und gleich- zeitig Betreiber der Windenergieanlagen. Diese Verflechtung des Landkreises Osnabrück und der Städte und Gemeinden mit den Vorhabenträgern der Windparks behindert eine Objektive Bearbei- tung von Einsprüchen und Bedenken der Anlieger und Bürger im Genehmigungs- und Bauleitver- fahren. Einige Kreistagsabgeordnete sind gleichzeitig Grundstückeigentümer im Windvorranggebiet, Investor, Gesellschafter, Ortsrat und Stadtrat in einer Person. Bei diesen Zusammenhängen kommt der Verdacht auf, dass es sich hier um einen „Selbstbedienungsladen“ handelt. Auf eine finanzielle Entschädigungen für Menschen, die vergleichsweise nahe an neuen Windrädern leben, warten die Anlieger noch heute. Diese Verquickung einiger Landkreise, Kommunen, Windkraftbetreiber und Umweltschutzorganisationen ist in weiten Teilen Deutschlands, wie auch im Landkreis Aurich oder in der Samtgemeinde Esens üblich. Dieses wird auch in einem Filmbericht von Panorama 3 deutlich. Von Ewald Wichmann und Wilfried Bergmann aus Bramsche.
Nachdem der, von der Bundesregierung verabschiedete, Atomausstieg und damit die Energiewende am 6. August 2011 in Kraft trat, wurde vom Landkreis Osnabrück das Regionale Raumordnungsprogramm 2014 – Energie aufgestellt. Die Ziele des verstärkten Windenergieausbaues wurden, auf Drängen einiger CDU-Kreistagsabgeordneter um den Landrat Dr. Lübbersmann wie folgt festgelegt: Ein massive Ausbau der Windenergie im Landkreis Osnabrück.
gastbeitrag
2016-06-22T06:00:41+00:00
2016-06-22T06:13:50+00:00
https://www.tichyseinblick.de/gastbeitrag/kommunalpolitik-und-windgeschaeft/
Das Agieren von Baerbock und Habeck gegen Israel
„Am Sonntag berichtete das israelische Investigativmagazin Schomrim nach einer gemeinsamen Recherche mit dem österreichischen Nachrichtenmagazin Profil, dass die Bundesregierung seit März diesen Jahres keine einzige Genehmigung mehr für den Export von „Kriegswaffen“ Richtung Israel erteilt hat. Zugleich sind auch die Ausfuhrgenehmigungen für „sonstige Rüstungsgüter“ stark rückläufig.“ beginnt der Artikel des TE-Kollegen Sandro Serafin vom 17.09.2024, also vor gut einem Monat. Seit dem vergangenen Wochenende überschlagen sich nun die Berichte darüber, ausgehend von einem Bericht der Bild-Zeitung darüber und bestätigen, wonach die Bundesregierung unter Olaf Scholz mit deutscher Staatsräson gebrochen, der sich bisher alle deutschen Regierungen unabhängig davon, welche Partei sie stellten, seit Konrad Adenauer verpflichtet fühlten. Demnach ist diese Regierung nicht nur eine Regierung des Niederganges und der Deindustrialisierung, sondern auch eine Regierung der Geschichtsvergessenheit. Am 2. November 2023 zog sich Robert Habeck einen schwarzen Anzug an, band sich eine schwarze Krawatte um oder ließ sich sie umbinden und sagte: „Der Satz „Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson“ war nie eine Leerformel und darf auch keine werden. Er sagt, dass die Sicherheit Israels für uns als Staat notwendig ist. Dieses besondere Verhältnis zu Israel rührt aus unserer historischen Verantwortung … Die Gründung Israels war danach, nach dem Holocaust, das Schutzversprechen an die Jüdinnen und Juden – und Deutschland ist verpflichtet, zu helfen, dass dieses Versprechen erfüllt werden kann. Das ist ein historisches Fundament unserer Republik.“ Demnach hat Robert Habeck praktisch seine Worte dementiert, stimmen Reden und Handeln bei Habeck ein weiteres Mal nicht überein, haben Robert Habeck und Annalena Baerbock das „historische Fundament unserer Republik“ untergraben. Dann haben sie das Versprechen, von dem Robert Habeck am 2. November 2023 so pompös gesprochen hat, gebrochen. Dann haben sie sich der „historischen Verantwortung“ entzogen und den Satz „Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson“ nicht nur zur Leerformel gemacht, sondern ihn auch noch verhöhnt. Welcher Vorwurf steht also im Raum? Die Bundesregierung hat seit März „keine Genehmigungen für Kriegswaffenexporte nach Israel erteilt“. Baerbocks und Habecks Veto im Bundessicherheitsrat hätte dazu geführt, dass Israel monatelang keine deutschen Kriegswaffen erhalten hat. Im Bundessicherheitsrat, dem neben Kanzler Scholz Verteidigungsminister Pistorius, Vizekanzler Habeck, Außenministerin Baerbock, Finanzminister Lindner, Innenministerin Faeser, Kanzleramtschef Schmidt, Justizminister Buschmann und Entwicklungshilfeministerin Schulze u.a. angehören, in dem auch über Waffenlieferungen entschieden wird, „sperrten sich (….) die Grünen-Minister vor neuen Lieferungen: Wirtschaftsminister Robert Habeck (55) und Außenministerin Annalena Baerbock (43).“  Dies wurde „aus Regierungs- und Verteidigungskreisen aller Ampel-Parteien bestätigt“. Demnach hätte Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Verantwortung vor dem deutschen Volk und vor der „historischen Verantwortung“ Deutschlands, vor dem Grundkonsens bisher aller deutschen Regierungen beide grünen Minister entlassen müssen – auch mit der Konsequenz des Bruchs der Koalition, denn es steht in dieser Frage mehr auf dem Spiel als das Wohlergehen von ein paar Ministern einer Regierung. Haben nicht gerade Tausende in Hamburg für die Einführung des Kalifats in Deutschland demonstriert? Wie viel Prozent von denen, die die Islamisierung Deutschlands anstreben, finanzieren wir durch Bürger- und Kindergeld? Und verdanken wir diese Zustände, die antisemitische Demonstrationen, sehr ernstgemeinte Aufmärsche zur Einführung des Kalifats in Deutschland an Stelle unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung, den Terror in Solingen, die fast täglichen Messer- und Machetenangriffe, den Amoklauf genannten Terror, nicht auch einer Regierung, die über die Steuerung und Begrenzung der Migration nur redet, um stattdessen immer mehr dieser Leute ins Land zu holen, nicht auch öffentlich-rechtlichen Medien, die verharmlosen und framen, weil sie sich nicht mehr im Informations-, sondern im Propagandamodus befinden? Bis heute verschweigen die öffentlich-rechtlichen Sender aus Kumpanei mit den Grünen die Berichterstattung über Baerbocks Visa-Affäre. Indem Annalena Baerbock die Lösung der Migrationsproblematik mit allen Mitteln verhindert, übernimmt auch sie persönlich die Verantwortung für die teils blutigen Resultate ihrer Migrationspolitik. In seiner Ansprache am 2. November 2023 sprach Robert Habeck auch darüber, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland sicher leben können müssen. Sie können es nicht, dank Baerbocks Migrationspolitik, wie die totgeschwiegene Visa-Affäre zeigt. Sie können es nicht mehr Dank der Politik der Grünen und der Gefolgschaft der SPD und der FDP in dieser Regierung. In dem Land, gegen das zu hetzen, es in Deutschland wohlfeil ist und inzwischen Bekenntniswert der obrigkeitstreuen Gesinnung besitzt, in Ungarn leben die Jüdinnen und Juden im krassen Gegensatz zu Deutschland sicher. Habeck und Baerbock haben ihr Veto damit begründet, dass Israel als Bedingung für die Lieferung „der deutschen Regierung schriftlich versichern“ müsse, „die Rüstungsexporte aus Deutschland nicht für einen Völkermord einzusetzen.“ Der Iran, den Frank-Walter Steinmeier als Merkels Außenminister geholfen hat, zu erstarken, führt einen mehr oder weniger verdeckten Krieg gegen Israel. Dafür rüstet er die Hamas und die Hisbollah auf. Sein erklärtes Ziel ist die Vernichtung Israels. Und Habeck und Baerbock unterstellen Israel, das sich gegen die Völkermordsabsichten des Irans wehrt, Völkermord zu begehen? Welchen Sinn sollte diese beleidigende und demütigende Forderungen der beiden grünen Minister, deren einer Deutschland als Wirtschaftsstandort zerstört, deren anderer Deutschland in aller Welt lächerlich mach, sonst haben? Hat Annalena Baerbock die gleiche Zusicherung von der Ukraine verlangt? Oder besteht Baerbocks Furcht darin, dass die Waffen sonst für die Ukraine nicht ausreichen könnten? Denn für Baerbock scheint Deutschlands einzige Existenzberechtigung darin zu bestehen, alles zu liefern und zu geben, was Selenskyj will. Im Grunde ist es völlig uninteressant, was Habeck und Baerbock noch sagen, ob sie schweigen oder dementieren. Man hat ihnen lange genug zugehört. Es ist nun die Aufgabe des Bundeskanzlers ohne Kautelen, ohne Wenn und Aber zu erklären: Die Vorwürfe, die sich aus dem Bericht von Bild ergeben, sind äußerst schwerwiegend, sie sind so schwerwiegend, dass sich der Bundeskanzler nicht nur äußern, sondern auch handeln muss. Es geht nicht nur um die Glaubwürdigkeit der Regierung, es geht darum, ob diese Regierung mit dem Selbstverständnis und der Räson des Staates gebrochen hat.
Klaus-Rüdiger Mai
„Am Sonntag berichtete das israelische Investigativmagazin Schomrim nach einer gemeinsamen Recherche mit dem österreichischen Nachrichtenmagazin Profil, dass die Bundesregierung seit März diesen Jahres keine einzige Genehmigung mehr für den Export von „Kriegswaffen“ Richtung Israel erteilt hat. Zugleich sind auch die Ausfuhrgenehmigungen für „sonstige Rüstungsgüter“ stark rückläufig.“ beginnt der Artikel des TE-Kollegen Sandro Serafin vom 17.09.2024,
meinungen
2024-10-14T10:00:37+00:00
2024-10-14T10:41:02+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/baerbock-habeck-israel/
Das Tempolimit und die Grenzwertfalle
Durch ein Tempolimit würden deutsche Autobahnen nicht sicher. Natürlich könnte eine vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von beispielsweise 130 Stundenkilometern die Zahl der tödlichen Unfälle senken. Nur gäbe es bei 120 wahrscheinlich noch weniger Opfer zu beklagen. Da jeder Tote einer zu viel ist: Wie wäre es mit 100? Oder gar 80? Eigentlich müssen wir runter auf null. Nur wenn alle Autos stehen, wird niemand mehr dem Verkehr zum Opfer fallen. Das Tempolimit ist ein Paradebeispiel für die Grenzwertfalle. Alle Argumente, die einen Grenzwert begründen, sprechen auch dafür, ihn immer weiter zu verschärfen. In ihrer offensichtlichen Willkür sind Grenzwerte daher nur Ausdruck zynischer Apathie. Wird doch der Tod bei 130 als hinnehmbarer Schicksalsschlag akzeptiert, der bei 150 aber nicht. Den Anspruch, gar keine Unfalltoten auf den Autobahnen mehr erleben zu müssen, geben die Befürworter eines Tempolimits stillschweigend auf. Weil ihre Forderung den Weg zu diesem Ziel versperrt. Es gibt nämlich durchaus Umstände, unter denen eine Geschwindigkeitsbegrenzung nicht zu einem Sicherheitsgewinn führt. Und diese zeigen auf, welche Ansätze wirklich taugen. Die Infrastruktur setzt kein Limit. Es gibt keinen Gegen- und keinen kreuzenden Verkehr. Gruppen wie Fußgänger und Radfahrer sind ebenso ausgeschlossen, wie Kraftfahrzeuge, die nicht mindestens sechzig Stundenkilometer schnell sein können. Breite Fahrspuren, sanfte Kurvenradien, lange Auf- und Abfahrten: Im Prinzip kann man auf der Autobahn so schnell fahren, wie man will. Beziehungsweise so schnell, wie es das eigene Fahrzeug hergibt. Von den über 46 Millionen derzeit in Deutschland zugelassenen PKW sind 32 Millionen nicht leistungsstark genug, um überhaupt 200 Stundenkilometer zu erreichen. Was so ungefähr 150 PS oder 110 kW erfordert. Mehr als 250 Sachen bringen nur die gut 330.000 Autos (0,7% des Gesamtbestandes) auf die Straße, die mindestens 270 PS oder 200 kW unter der Haube haben. Und das ist der Bereich, in dem man sein Geld statt in einen hochgezüchteten Sportwagen lieber in ein Kleinflugzeug investieren sollte. Schließlich ist letzteres bei gleicher Geschwindigkeit deutlich effizienter. Es existiert also ein effektiv wirksames Tempolimit, das nicht im Gesetzblatt steht. Denn ab 250 km/h macht die Physik, machen Luftwiderstand und notwendige Bodenhaftung Anschaffung und Betrieb geeigneter Fahrzeuge richtig teuer. Am anderen Ende des Spektrums sind nur knapp eine halbe Million Autos nicht ausreichend motorisiert, um mindestens auf die in Rede stehenden 130 Stundenkilometer beschleunigen zu können. Alle übrigen würden ein solches Limit auf freien, trockenen Strecken bei bester Sicht völlig zu Recht als unnötige Schikane empfinden. Denn wie sicher man unter diesen Bedingungen unterwegs ist, entscheiden nicht Infrastruktur oder andere Verkehrsteilnehmer, sondern die Ausstattung des eigenen Automobils. Das neben dem Antriebsstrang natürlich auch in anderen Komponenten entsprechend ausgelegt sein muss, zu nennen sind unter anderem Reifen, Bremsen und Stoßdämpfer. Könnte die Fahrzeugtechnik nicht auch der wesentliche Sicherheitsfaktor bei hohen Verkehrsdichten und schlechtem Wetter sein? Sie ist es tatsächlich, wie ein Blick in die Verkehrsunfallstatistik sofort verdeutlicht. Die Zahl der Unfalltoten auf den Autobahnen geht trotz steigender Verkehrsleistung seit Jahrzehnten zurück. Auch im internationalen Vergleich stehen die hiesigen Fernstraßen gut da. Das haben unter anderem Knautschzone, Seitenaufprallschutz, Kopfstütze, Airbag, Gurtstraffer, ABS und ESP ganz ohne Tempolimit bewirkt. Diese positive Entwicklung wird mit fortgeschrittenen Fahrerassistenzsystemen für die Längs- und Querregelung weitergehen. Ein genereller Grenzwert für die Autobahn ist also kein effektiver Ansatz für mehr Sicherheit, er täuscht sie nur vor. Klüger wäre eine flächendeckende Flexibilisierung der Geschwindigkeitsregelung. Die eben freie Fahrt ermöglicht, wenn die Situation es gestattet. Und ansonsten eine an der Verkehrsdichte und an den äußeren Bedingungen orientierte Vorgabe ausspricht, deren Einhaltung für einen optimalen Verkehrsfluss sorgt. Bald wird ein solches System nicht einmal mehr Schilderbrücken benötigen. Die Empfehlung „mit hundert kommen Sie hier sicher und stressfrei durch“ kann man dann dem Fahrer direkt in das Cockpit einblenden. Das würde vielleicht sogar bei rabiaten, verantwortungslosen Rasern ein Umdenken bewirken. Allgemeinen Lebensrisiken mit absolut gesetzten Grenzwerten zu begegnen, ist hingegen niemals sinnvoll. Das gilt nicht nur für das Tempolimit. Da sie nur Symptome lindern statt Ursachen zu beheben, manifestiert sich in Grenzwerten lediglich eine lethargische Akzeptanz des scheinbar Unvermeidlichen. Ihre Aushandlung befördert die politische Instrumentalisierung der Wissenschaften. Außerdem schnappt die Grenzwertfalle in jedem Zusammenhang zu. Denn allzu verlockend sind die Optionen für ideologisch motivierte Verhaltensregulierer, mittels immer weitergehender Einschränkungen individuelle Freiheiten zu beschneiden. Wo eine Sturmflut droht, sollte man aber Deiche bauen. Völlig unabhängig vom Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre. Gegen Krankheiten sollte man Therapien und Immunisierungen entwickeln. Völlig unabhängig von Luftschadstoffen oder dem Zuckergehalt in Nahrungsmitteln. Und gegen tödliche Unfälle auf der Autobahn helfen bessere Fahrzeuge und Infrastrukturen. Bei jeder Geschwindigkeit.
Sofia Taxidis
Gegen tödliche Unfälle auf der Autobahn helfen bessere Fahrzeuge und Infrastrukturen. Bei jeder Geschwindigkeit.
wirtschaft
2019-02-12T17:14:34+00:00
https://www.tichyseinblick.de/wirtschaft/mobilitaet/das-tempolimit-und-die-grenzwertfalle/
Russell Berman: »Ich glaube eher an wütende Biden-Unterstützer als an Unruhen für Trump«
Tichys Einblick: Professor Berman, am Ende des zweiten Teils unseres Gesprächs haben Sie eine tiefe Kluft zwischen den beiden politischen Lagern in den USA festgestellt. 1994 haben Sie einen Artikel über die „Kultur in der konservativen Revolution“ veröffentlicht. Sie schrieben damals, dass „einst randständige oder sogar extreme Positionen“ der Mitte näher gerückt waren. Durch ideologische Argumente hätte die alte „Normalität“ Washingtons begonnen sich aufzulösen. Ist die Politik in den Vereinigten Staaten seitdem noch ideologischer geworden? Russell Berman: Traditionell waren die beiden großen Parteien in den USA weniger ideologisch. Jede der beiden war eine Koalition verschiedener Gruppen. Und in jeder der beiden Parteien gab es eine Spannbreite von Positionen: es gab konservative und liberale Demokraten, ebenso liberale und konservative Republikaner. Es gab eine beachtliche Überlappung der Liberalen in beiden Parteien, bis in die 1980er Jahre hinein. Seitdem haben wir eine zunehmende Polarisierung des Landes erlebt, und so wurden auch die beiden Parteien ideologischer. Es gibt immer noch eine Bandbreite von Anschauungen in beiden Parteien, aber es gibt praktisch keine Überlappungen mehr. Sie stehen sich inzwischen wie zwei Schenkel eines rechten Winkels gegenüber. Bei den Republikanern gibt es heute – schematisch gesagt – Wertkonservative und Freier-Markt-Konservative, die in der Reagan-Ära zusammengeschweißt wurden. Auf der demokratischen Seite gibt es noch einige arbeiter- und gewerkschaftsorientierte Demokraten, aber daneben dominieren heute die „Haltungsdemokraten“, für die der Umweltgedanke und die Identitätspolitik wichtiger sind als soziale Fragen. Daneben gibt es auch den Wandel der öffentlichen Sphäre. Das Gatekeeping der öffentlichen Meinung, dass also einzelne Akteure bestimmen können, was gesagt werden kann und was eine mögliche oder akzeptable Position ist, diese Rolle kam einst nur der New York Times und der Washington Post zu. Aber heute haben wir das Internet. Inzwischen gibt es allerdings auch Hinweise, dass sich die Menschen je nach bevorzugter Partei in verschiedenen Landkreisen ansiedeln. Es gibt heute blaue und rote Landkreise. Die Menschen leben gerne mit Menschen zusammen, die ähnlich denken wie sie selbst. Das wäre also sozusagen die Polarisierung des Landes auf der Kreisebene. Aber noch etwas anderes: Ist nicht auch die von Ihnen angesprochene „woke culture“ Ausdruck einer gewissen Radikalisierung? Nehmen Sie Kamala Harris, sie war früher eine harte Staatsanwältin, die für hohe Strafen eintrat, und heute predigt sie die Identitätspolitik. Das wird ja auch von ihr instrumentalisiert, wie mir scheint. Ja, und ich denke, die Menschen merken, dass man ihr im Grunde nichts glauben kann. Ich denke sehr viel über Wokeness nach. Einiges daran ist sicher moderne Pathologie, aber anderes hat tiefere Wurzeln. Es ist eine Art von religiösem Fanatismus darin, der an die Hexenprozesse des 17. Jahrhunderts erinnert. Das ist auch Teil der amerikanischen Geschichte. Wir haben Mobs gesehen, die durch die Straßen ziehen und Statuen stürzen. Das waren Lynchmobs, und ich frage mich nur, wann sie beginnen werden, Jagd auf lebendige Menschen zu machen, nicht mehr nur auf Statuen. Es ist etwas sehr Irrationales und Ignorantes in diesem Bildersturm – übrigens ein weiterer religiöser Aspekt. Dass die Leute der BLM-Bewegung die Statuen von Generälen der konföderierten Armee niederreißen, könnte man ja noch verstehen. Aber in den Vereinigten Staaten waren es nicht nur die Helden der Konföderierten, die fallen mussten. In San Francisco, im Golden Gate Park, hat ein Mob die Statue von Ulysses Grant gestürzt, der im Bürgerkrieg gegen die Sklaverei kämpfte. Nicht viel besser erging es der Gedenkstätte für Robert Shaw und das 54th Massachusetts Regiment in Boston, wo ich aufgewachsen bin. Das war das erste schwarze Regiment, das im Bürgerkrieg auf der Seite des Nordens gekämpft hat, und es wurde mit Graffiti besprüht. An anderen Orten wurden sogar die Statuen berühmter Abolitionisten gestürzt. Übrigens hat Emmanuel Macron gesagt, er wolle nicht, dass auch nur eine Statue gestürzt wird, nicht einmal die eines französischen Monarchen. Die gesamte Nationalgeschichte muss erhalten bleiben, nicht nur die der französischen Republik. Ich bewundere diese Position, auch wenn ich nicht unbedingt ein Macron-Fan bin. Was mir auffällt, ist ein radikaler Antihistorismus, die Zurückweisung jeder Repräsentation der nationalen Geschichte im öffentlichen Raum und die Ablehnung der Rechtsstaatlichkeit. Wenn nun ein Stadtrat entscheiden würde, wir wollen diese Statue nicht mehr haben, lasst uns darüber diskutieren und abstimmen, dann könnte er das natürlich tun. Aber diese Entscheidung dem Mob zu überlassen, ist schrecklich. Inzwischen werden leider noch andere Dinge dem Mob überlassen, im Grunde der gesamte öffentliche Raum. Wenn beispielsweise eine Menschenmenge von den Kunden eines Washingtoner Restaurants verlangt, ihre Fäuste in Solidarität zu heben – egal ob sie wollen oder nicht. Ja, das ist furchtbar. Das ist eine mit moralischer Empörung getränkte, letztlich totalitäre Handlungsweise, einschließlich der Bereitschaft zur Gewalt gegen den politischen Gegner. Können Sie etwas zu den philosophischen Ursprüngen dieser Bewegung sagen? Gibt es da irgendeine Substanz? Man kann sicher Grundlagen dieser Bewegung bei Michel Foucault und in der jüngeren kritischen Rassentheorie finden. Aber ich würde die intellektuellen Ursprünge einer Bewegung, die vor allem eine Pathologie der Ignoranz ist, nicht überbewerten. Habermas hat bekanntlich einige Aspekte der Studentenbewegung der Sechziger- und Siebzigerjahre als „Linksfaschismus“ bezeichnet, und ich denke, das ist eine angemessene Beschreibung gewisser Aspekte der aktuellen Bewegung in den Vereinigten Staaten. Was würde passieren, wenn Trump die Wahl verliert? Was, wenn Biden verliert? Eines von beidem muss passieren. Erwarten uns Unruhen? Sie haben mir vor diesem Gespräch verraten, dass sie auf Trumps Wiederwahl hoffen. Aus welchen Gründen? Wenn Trump sein Programm umsetzt, könnten wir ein höheres Wirtschaftswachstum erzielen. Das bedeutet höhere Beschäftigungsraten, vor allem auch die Reduktion der Arbeitslosigkeit an den Rand gedrängter Bevölkerungsteile. Daneben tritt Trump – wie ich meine, zu Recht – für eine gerechtere Welthandelspolitik ein, die wiederum die amerikanische Wirtschaft positiv beeinflussen könnte. Ich habe schon von der kulturellen Agenda gesprochen, also der Stärkung eines positiven Nationalbewusstseins, wie Trump es vertritt. Ich denke, das sind die wichtigsten Schauplätze, auf denen er etwas bewirken könnte, wenn er über einen kooperativen Kongress verfügt. Auf der anderen Seite befürchte ich, dass ein Sieg Bidens zu einer langfristigen Stärkung der woken Radikalen führen würde. Könnte Biden das Amt überhaupt ausüben? Ich habe mir heute morgen Gedanken darüber gemacht, wie man das am besten beschreiben kann. Einen Präsidenten Biden könnte man sich vorstellen wie den Reichspräsidenten Hindenburg, aber ohne militärische Verdienste: alt und weit weg von der Wirklichkeit. Tatsächlich kann Biden ja kaum einen vernünftigen Satz vollenden. Die Frage wäre also: Wer hat wirklich die Macht, wenn er ins Weiße Haus käme? Ich kenne die Antwort nicht. Könnte er für vier Jahre amtieren? Vielleicht nicht, und dann hätten wir Präsidentin Harris. Ich habe im übrigen keine großen Hoffnungen, dass die EU irgendwann Russland oder China die Stirn bieten könnte, gerade auch in der Frage der Menschenrechte. Das würde ich mir zwar wünschen, aber ich glaube nicht, dass es passieren wird. Wenn Angela Merkel sagt, sie wünsche sich eine europäische Antwort auf Nawalny, bedeutet das im Grunde, dass es keine Antwort geben wird, weil die EU niemals zu einer Entscheidung kommen kann. Deshalb sind es heute die Vereinigten Staaten, die an der Seite Hongkongs, der russischen Opposition und der Osteuropäer stehen. Noch einmal: Die Wahl am 3. November wird sich nicht auf dem Feld der Außenpolitik entscheiden. Aber ich glaube, dass die Befreiung Mittel- und Osteuropas – von Estland bis Bulgarien – eine der großen Errungenschaften des späten 20. Jahrhunderts war. Und ich bin nicht überzeugt, dass eine demokratische Regierung an der Seite dieser Länder stehen würde. Als der Gesetzentwurf für Obamacare zur Abstimmung anstand, sagte Nancy Pelosi die später berühmt gewordenen Worte: „Wir müssen für den Gesetzentwurf stimmen, bevor wir wissen, was in ihm steht.“ Das ist die Außenpolitik von Joe Biden: Lasst ihn uns wählen, danach sehen wir, was er tun wird. Aber das ist eine massive, welthistorische Verantwortungslosigkeit. Übrigens gibt es nicht weit von dem gestürzten Ulysses-Grant-Standbild in San Francisco noch immer den „Nancy Pelosi Drive“, eine nach der Frau benannte Autostraße.
Fritz Goergen
Im dritten und letzten Teil des Interviews spricht Russell Berman, Stanford-Professor für German Studies und ehemaliger Berater im US-Außenministerium, über die Polarisierung der politischen Lager in den USA, die »woke culture« und das, was nach den Wahlen passieren könnte.
kolumnen
2020-10-10T16:40:03+00:00
2020-10-10T16:40:04+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/russell-berman-eher-wuetende-biden-unterstuetzer-als-unruhen-fuer-trump/
Union und SPD starten Sondierung – TE-Wecker am 28. Februar 2025
Unsere Themen unter anderem: Das – und noch viel mehr: jetzt.
Sofia Taxidis
Der TE-Wecker erscheint montags bis freitags – und bietet Ihnen einen gut informierten Start in den Tag. Ideal für den Frühstückstisch – wir freuen uns, wenn Sie regelmäßig einschalten.
podcast
2025-02-28T02:00:16+00:00
2025-02-28T05:57:11+00:00
https://www.tichyseinblick.de/podcast/te-wecker-am-28-februar-2025/
Internationale Presse zu Bayernwahl: "Eine Ohrfeige für Merkel"
Die „Post“ aus Mailand geht eingangs darauf ein, dass die „historischen Alliierten von Merkel einen Sack voll Stimmen verloren“ hätten …, dann aber ist es der Zeitung wichtig, die bayerische Grünen-Chefin zu beschreiben, die „besonders die Aufmerksamkeit der Medien auf sich gezogen hätte: „… jung, charismatisch, und bereit, unterhaltsame Dinge zu tun, um auf sich aufmerksam zu machen (im vergangenen Februar hätte sie sich im Karneval als Daenerys Targaryen aus der Serie „Game of Thrones“ unter dem Hinweis verkleidet, dass sie im Oktober die bayerische Politik erobert und der Mehrheit der CSU ein Ende gesetzt haben werde).“ Und sie habe einen sehr lebhaften und ausdrücklich „antifaschistischen” Wahlkampf geführt, bei dem sie oft „nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“ wiederholt und dazu erklärt habe, dass  „Antifaschistin zu sein, nicht bedeute, Linksextremistin zu sein“. In Italien verbinde man die Grünen automatisch mit der extremen Linken, aber in Europa sei das nicht so: „generell könne man bestätigen, dass sie eher eine europäische, liberale und öffnende Vision bei den Zuwanderungsthemen beförderten, (in einem Interview der Stampa habe Schulze davon gesprochen, dass man die Integration nicht verwalten, sondern konstruieren müsse … und die CSU habe die Vergabe von Arbeitserlaubnissen immer schwieriger gemacht und so die Zahl derer vergrößert, die hier seien und nun arbeitslos seien.“ La Stampa zitiert den früheren stv. Ministerpräsidenten Francesco  Rutelli, der als Rezept für Wahlen in Deutschland empfiehlt: „Die pro-Europäische Front solle diesen Erfolg zur Kenntnis nehmen und die grüne Ökonomie verteidigen“. „Im Vordergrund stünden die Umweltthemen, neue, glaubhafte und weibliche Führungsqualitäten.“ Er habe damit die bayerischen Wahlergebnisse, den Erfolg der Grünen und der Freien Wähler sowie den ausgebliebenen Boom der extremen Rechten erklärt. Weiblicher Führung sage hingegen der Innenminister bereits „Arrivederci“, berichtet TG 24. In Europa gebe es bereits Einen, »…der aus dem Wahldebakel in Bayern Punkte für einen Angriff auf die Kanzlerin sammle: „historische Niederlage für Christdemokraten und Sozialisten“ habe Matteo Salvini kommentiert und Merkel bereits „arrivederci“ zugerufen.« In der Tat stehe „die Kanzlerin nun vor einer Bewährungsprobe für die Regierung, … bei der die Zukunft (…) Horst Seehofers als Minister auf dem Spiel stehe … wobei es leicht vorherzusehen sei, dass die Sozialdemokraten nun dessen Abtritt fordern würden. (…) aber die Frage für die Gesamtregierung sei auch, wer denn, wenn einmal dieser „große alte Mann“ weg sei, die CSU führen werde. Ein Name auf den sich alle würden einigen können, sei der von Manfred Weber, der aber derzeit noch für die Partei in der EU-Kommission beschäftigt sei (…), die CSU werde aber auch nach dem Wahlabend weiter eine entscheidende Rolle für die gegenwärtige Regierung spielen.“ Il Giornale interpretiert die Bayernwahl als Ohrfeige für Merkel und zitiert zunächst die Grünen-Kandidatin, den »wahren aufsteigenden Stern der deutschen Politik, die ein Ergebnis eingefahren hätte, das niemand erwartet habe. „Das sei ein historisches Ergebnis – wer der Rechten nachlaufe, verliere“  – und wer „im Gegensatz dazu die Freiheit, die Gleichheit und den Rechtsstaat unterstütze, der gewinne«   habe die Bundesvorsitzende Baerbock hinzugefügt. „In Bayern habe der Wechsel gesiegt und die Europäische Union verloren, das alte Brüsseler System der Missregierung. Historische Niederlage für die Christdemokraten und Sozialisten, währenddessen aber in großer Zahl die Freunde der AfD, zum ersten Male, ins Landesparlament einträten.“ Auf Wiedersehen Merkel, Schulz und Juncker“  mit diesen Worten habe der Innenminister Matteo Salvini die Wahlergebnisse in Bayern kommentiert.“ CNN bezeichnet die Landtagswahl als “niederschmetternde Niederlage für Angela Merkels Alliierte”. Der Politische Analyst Leopold Traugott von der Londoner Denkfabrik Open Europe habe dem Sender gesagt, dass „(…) nun Rufe nach einem Führungswechsel bei allen drei Koalitionsparteien lauter würden (…) die Stimmung  in Merkels Großer Koalition sei schon monatelang schrecklich gewesen, und werde nun nach dieser Wahl noch schlechter (…) allen an dieser aktuellen Zusammenstellung beteiligten Parteien werde es nun immer klarer, dass diese ihnen nicht weiterhelfe. Merkel, nun in ihrer vierten Amtszeit, könne sich auf dem Jahresparteitag der CDU im Dezember in einem Kampf um ihren Vorsitz wiederfinden. Um eine Meuterei in der Koalition abzuwenden könne sie zu einer Kabinettsumbildung vor dem Parteitag gezwungen sein.“ Der Guardian erklärt den Aderlass an Stimmen damit, „…dass die CSU-Führung unter Söder und Seehofer versucht hätten, das wachsende Gefühl der Instabilität in Bayern Merkels Flüchtlingspolitik anzulasten.“ Bemüht, den Druck von muslimischen Flüchtlingen zu nehmen, habe man „ein neues Gesetz verabschiedet, welches in Schulklassen und öffentlichen Gebäuden die Pflicht zum Aufhängen von Kreuzen eingeführt und die muslimische Vollverschleierung verboten habe.“ „Ohne durchgreifende Ideen oder Mut, diese umzusetzen, werde Deutschlands regierende Koalition vor allem von der Angst vor der Alternative zusammengehalten.  Unglücklicherweise für Deutschland und Europa werde das Bayerische Wahlergebnis nichts dazu beitragen, dies zu ändern.“ Und der Guardian weiter: Wie Der SPIEGEL es ausgedrückt habe: „es sei, als wenn die immer siegreiche und erfolgreichste deutsche Fussballmannschaft, der FC Bayern München, schmählich abgestiegen wäre, nur mit noch weitreichenderen Konsequenzen.“ “In einer immer fragmentierteren politischen Landschaft (…) seien die Gewinner nicht nur unter den Lieblingen der Medien zu finden gewesen: die extrem-rechte Alternative für Deutschland (AfD). Die die EU liebenden, Flüchtlinge willkommen heißenden Grünen seien jedoch noch besser gewesen …“. „Die CSU habe einen desaströsen Wahlkampf geführt, der bei (…) zentralen Zielen versagt habe: (…) zum Einen, sich (in der Asylfrage, Anm.) sauber von der CDU der Kanzlerin abzusetzen (…), was sie so aggressiv betrieben hätten, dass der Vorsitzende Seehofer im Sommer während eines erbittert und mit hohen Einsätzen geführten politischen Pokerspiels um die Flüchtlingspolitik fast die Regierung zu Fall gebracht hätte. Ein Spiel, dass er dann nur habe verlieren können. Wenigstens eines der schwergewichtigen CSU-Tiere – die sich oft während des Wahlkampfs gegenseitig für dessen Schwächen Vorwürfe gemacht hätten – werde nun den Preis dafür bezahlen müssen (…) und viele Beobachter würden vorhersagen, dass das der ältere Seehofer werde übernehmen müssen.“ „Merkels schwache und ineffektive Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD.“ “Die schwache Vorstellung möge paradoxerweise jedoch am Ende der umkämpften Kanzlerin die Hand stärken. Diese Wahl habe sich, weit entfernt davon eine Abstimmung über Merkel und die CDU gewesen zu sein,  vor allem – und zwar durch deren eigene Wahl – um die politischen Präferenzen der bayerischen Partei gedreht – sowohl was die Kanzlerin als auch was die extreme Rechte angehe“. Am Sonntag hätten die Wähler des Bundeslandes nun ihr Urteil abgeliefert – und als Ergebnis könne Merkel, deren Autorität noch nie offener als nach den letzten Wahlen in Frage gestellt gewesen sei, evtl. davon profitieren, dass ihre beiden gewichtigsten konservativen Herausforderer sich nun als zu leichtgewichtig herausgestellt hätten.“ Der Indian Express bringt die Bloomberg-Meldung: “(…) es sei klar, dass die Dinge nun für Merkel nicht einfacher würden, habe Carsten Nickel, ein Analyst bei Teneo Intelligence in London gesagt. Sie werde sich also weiter durchwursteln müssen, abhängig von zwei schlimm verprügelten Koalitionspartnern”. Ein Rückschlag würde Merkels Autorität vor dem Parteitag in Hamburg im Dezember weiter untergraben. Sie habe bereits einen Schlag wegstecken müssen, als letzten Monat einer ihrer Anhänger in einer unerwarteten Abgeordnetenrevolte den Posten des Fraktionsvorsitzes der CDU-CSU verloren habe.“ Der New Zealand Herald übernimmt eine Meldung der Washington Post: „Bayerische Wähler strafen Merkel in Landtagswahl ab: die Wähler im südlichen Kernland Deutschlands, Bayern, hätten Kanzlerin Angela Merkels konservativen Alliierten einen schmerzhaften Schlag versetzt.“ Für die Financial Times war die Kampagne wieder von dem die Meinungen spaltenden Thema der Zuwanderung beherrscht, „(…) was zeige, wie sehr die Schockwellen der schicksalhaften Entscheidung von Frau Merkel, zwischen 2015 und 2016 mehr als 1 Million Flüchtlinge hereinzulassen, sich immer noch in der deutschen Politik ausbreite und die Parteienlandschaft verändere. Die CSU habe versucht, die AfD mit großspurigen Tönen und Scharmützeln mit Frau Merkel zur Asylpolitik zu überholen, diese Strategie sei aber wohl ein spektakulärer Rohrkrepierer gewesen, indem sie zehntausende moderate CSU-Wähler abgestoßen und in die Arme der Grünen getrieben habe.“ Und dem Daily Star schwant bereits der Anfang vom Ende der Ära Angela Merkel: Michael Weigl, Politikwissenschaftler an der Universität  Passau, sehe in den  “persönlichen Angriffen Seehofers auf Merkel und seine Anti-Asyl-Haltung die Ursache für das schwache Abschneiden der CSU.“ Le Monde sieht die Merkel-Groko schwer angeschlagen: Das sei “eine beispiellose Schwächung“ der CSU, die Madame Merkel nicht helfe. Sicher: sie sei wohl nicht unglücklich über die Abfuhr, die der Parteivorsitzende Seehofer abbekommen habe und mit dem sie, besonders nach dem er im März als Innenministerium in ihre Regierung eingetreten sei, ganz abscheuliche Beziehungen unterhalte …“ Die Zeitung fragt: „Werde denn Herr Seehofer, nun so zerlegt, ein braverer Partner? Nichts wäre unsicherer. Sonntagabend habe er zwar „einen Teil der Verantwortung am schlechten Resultat seiner Partei zugegeben“, so habe der Vorsitzende der CSU aber schnell hinzugefügt, dass „(…) sich die Ursachen dieses Rückschlags auch in Berlin fänden (…) was er wohl habe sagen wollen: im Bundeskanzleramt.“ Der Novel Observateur sieht die Ökologisten im Auf- und die Allierten Merkels im Abwind. „Der grosse Verlierer der Affaire sei die CSU, bayerische Alliierte der CDU. Sie habe einen Wahlkampf auf identitären Ideen geführt: Fehlschlag. Nun sei es eine antirassistische pro-Zuwanderungspartei, die die große Gewinnerin dieses Urnengangs zu sein scheint.“ Also, schließt der Nouvel Observateur: „1. Eine klassische konservative Partei  könne sich in einem Wahlkampf mit Zuwanderung, Sicherheit und anderen bereits von der extremen Rechten durchgekauten Themen nicht gegen einen großen Unfall bei den Wahlen wappnen. 2. Gegenüber der Klimabedrohung gebe es in Europa eine Forderung der Bürger nach einer ökologischen Kraftanstrengung: Nicolas Hulot, Benoit Hamon und einige Andere täten gut daran, sich genau zu überlegen wie sie diese legitime Hoffnung  ins Politische umsetzen.“ Für RFI ist diese Wahl eine Botschaft, aus der Merkel Lehren ziehen solle. Euronews meint, kalten Schweiß im Lager Merkel zu erkennen. Und “Ouest-France” entgeht wohl die unbeabsichtigte Ironie der literarischen Anleihe bei Brecht, wenn sie über das Foto der lächelnden Katharina Schulze vom „Unaufhaltsamen Aufstieg der deutschen Umweltschützer“ schreibt. Schulze habe sich in der bayerischen Hauptstadt München als ein Bollwerk gegen Markus Söder etablieren können, der seine Signale an die Rechte zuletzt vervielfacht habe, um dem Aufstieg der AfD zu begegnen, und dessen „Wählen Sie für ein stabiles Bayern“ sich eher wie ein Flehen angehört habe.“ (…) “Katharina Schulze, 33, mache es augenscheinlich Freude, auf die Ängste der Menschen einzugehen, die durch den letzten Bericht des Klimarates (hier ein Bericht aus der Zeit) zur Erderwärmung hervorgerufen worden seien. Und sie verteile ihr Wahrzeichen, eine Sonnenblume“. Die SPD, wie in Bayern so auch auf Bundesebene, befände sich in kompletter Auflösung begriffen, Kollateralschaden eines generellen „Wir haben es satt“ der Deutschen gegenüber der nun 4. Koalition von Angela Merkel.“ Die Vanguardia aus Barcelona schreibt zum „Absturz der konservativen Partner der Merkel“. Und die Auflösung der Sozialdemokraten zeige ebenfalls den Niedergang der sogenannten Volksparteien.“: Der aggressive Zuwanderungsstreit, den der christsoziale Innenminister Horst Seehofer gegen Kanzlerin Merkel provoziert habe, sei Teil der Gründe, wegen der die CSU so viele Stimmen verloren habe.“ Und El Pais: Die “Freie Wähler“ genannte konservative Plattform, die lokale Interessen verteidige und möglicher Partner in einer Regierung sein könne, habe 11,6 % der Stimmen erhalten. Sie seien pragmatisch, naturverbunden und hätten wenig für die hohe Politik übrig.“ „Die Zuwanderung habe dazu beigetragen, eine Gesellschaft zu polarisieren, die sich in vielen sozialen und politischen Bereichen für eine offene Gesellschaft einsetze. Hier wurzele zum Teil der Erfolg der Grünen mit deren klar pro-europäischem und gegen Angst und die Instrumentalisation der Flüchtlinge gerichteten Kurs. Kathrin Schulze, die Co-Vorsitzende der Grünen sei die andere Seite der politischen Medaille Bayerns. Ihr ständiges Lächeln und positive Botschaft stünden im starken Gegensatz zu dem Bild zorniger, streitender Männer, welches man aus der Spitze der CSU empfange. Die Grünen hätten es einmal mehr verstanden, eine alternative Version des bayerischen Patriotismus anzubieten, der als Bremse gegen die als außer Kontrolle befindlich empfundene Verstädterung und als Respekt vor dem idyllischen, von seinen Bewohnern so verehrten Landes habe verstanden werden können“.
Sofia Taxidis
Für die ausländische Presse rauscht ein grüner „Schulze-Express“ durch Bayern.
feuilleton
2018-10-15T14:16:54+00:00
2018-10-15T14:16:55+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/medien/internationale-presse-zu-bayernwahl-eine-ohrfeige-fuer-merkel/
Facebook: Mist und ausmisten
Früher hatte jedes Dorf den Brunnen der Waschweiber als Nachrichtenzentrale. Die Männer trafen sich zu ihrem Geschwätz am Stammtisch. Heute trinken alle ihr Bier zu Hause, weil die Viel-Redner und Langsam-Trinker am Stammtisch den von der Pacht gedrängten Wirten zu wenig Umsatz bringen, beklagt der Satiriker Gerhard Polt. Dafür haben heute alle Facebook: die gleichberechtigte und globale Schwatzstelle. So weit so gut. Niemand muss teilnehmen. Ursprünglich bin ich nur zu Facebook gegangen, weil der Austausch von Fotos und Grüßen mit dem ferne lebenden Sohn und seiner Familie einfach und bequem ist. Mit der Zeit gesellten sich tatsächliche Freunde hinzu und Bekannte mit ähnlichen Interessen für alles Mögliche im öffentlichen Geschehen. Immer wieder finde ich so Informationen, Hintergründe, Argumente und Einsichten, auf die ich sonst wohl nicht gestoßen wäre. Nicht zuletzt die Wechselwirkungen zwischen den alten Medien und der Online-Welt könnte ich anders nicht selbst so wirklichkeitsnah beobachten. Eine gute Sache. Was auf Facebook entsetzlich, aber eben auch entsetzlich real stattfindet, ist der Gruppendruck bis hin zum Meinungsterror. Das gab es schon immer. Doch „Social Media“ sind eine neue Qualität in Geschwindigkeit und Reichweite. Eines ist auf Facebook bei einer erschreckend großen Mehrheit nicht gefragt: eigenständiges und vorurteilsloses Abwägen von Informationen und Argumenten. Der Druck ist unübersehbar riesig, zu denen für etwas oder gegen etwas zu gehören. Den Putin-Feinden sind Putin-„Versteher“ lieber als Zeitgenossen, die nach Erklärungen für das Wiederaufleben des Ost-West-Konflikts suchen. Mit Pegida ist es nicht anders: Wer nicht gegen diese diffuse Erscheinung ist, ist für Pegida. Was hinter diesem Aufmarsch steckt, wie viel er über die weiter wachsende Kluft zwischen Eliten und Volk sagt, wer da auch wen wofür benutzt, und viele weitere Fragen interessieren nur wenige. Wie so oft wollen die Meisten nur Schwarz oder Weiß. Grautöne unerwünscht. Die nächste Stufe ist wohl schon angelaufen: Wer seinen Facebook-Freundeskreis nicht mit einem Ausmist-Programm wie von STERN oder FOCUS „säubert“, kommt selbst auf die Säuberungs-Liste. Pegida ist nur der Anfang. „Saubere“ Freundeskreise – für beide Seiten – werden Pflicht. Ein Eldorado für Denunzianten. Empfehle weitere Ausmist-Programme etwa für Kernkraft-Freunde, für die Benutzer verbotener Wörter („Zigeunerschnitzel“, „Weihnachtsmarkt“, Professor statt Professorin,) für Rassistien, Frauenwitzerzähler (Frauenfeind), Gegner des Gender-Mainsstreaming, die daran festhalten, dass Männer irgendwie anders sind als Frauen und zwar nicht nur beim Einparken. Möglicherweise haben Sie dann keine Freunde mehr, aber wenigstens sind die dann PC. Und die Freunde die bleiben, sind dann hundertprozentig Ihrer Ansicht. Beruhigend, aber langweilig. Natürlich könnte ich mich bei Facebook einfach abmelden. Und jene, die mir wichtig sind, mit mehr Zeiteinsatz kontaktieren. Aber dann bekäme ich nicht mit, wie sich diese globale Schwatzstelle weiter entwickelt. Was sich da abspielt und zeigt, ändert sich ja nicht, weil ich und andere nicht mehr hinschauen. Also noch mehr auf die konzentrieren, die ihre eigene Meinung bilden. Die in keinem Haufen laufen. Ihre Argumente akzeptieren, wenn sie einleuchten. Unabhängig davon, wie ich das bisher selbst sah.
Fritz Goergen
Die nächste Stufe ist wohl schon angelaufen: Wer seinen Facebook-Freundeskreis nicht mit einem Ausmist-Programm wie von STERN oder FOCUS „säubert“, kommt selbst auf die Säuberungs-Liste.
daili-es-sentials
2014-12-22T10:38:32+00:00
2014-12-22T15:05:54+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/facebook-mist-und-ausmisten/
Das ABC von Energiewende- und Grünsprech 88: Klimasommer
Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge. K wie Dieses schöne Wort wurde uns von Annalena Baerbock geschenkt. Im Gegensatz zu vielen anderen Sprachen ist es im Deutschen problemlos möglich, Substantive zu kombinieren. Das ist oft sinnvoll, erspart es doch längere Formulierungen oder Umschreibungen. Es kann aber auch zu Irrtümern führen, denn ein Kreiskrankenhaus ist nicht rund, ein Kronzeuge trägt keine Krone und ein Zitronenfalter faltet keine Zitronen. Was ist nun ein „Klimasommer“? Tauchen wir also tief in den Kübel politischer Sprachpanscherei ein und greifen zunächst den Sommer: Aha, eine Jahreszeit. Die wärmste, wo die Sonne am höchsten steht und die Tage am wärmsten sind. Sie dauert genau drei Monate und ist global verschieden. Wenn wir Sommer haben, ist in Australien Winter. Klingt seltsam, ist aber so. Beim zweiten Griff halten wir das Klima in der Hand. Es entsteht aus der Kette Wetter → Witterung → Klima und ist eine Statistik von Temperatur, Niederschlag, Luftfeuchte, Sonnenscheindauer und Windaufkommen, ermittelt über mindestens 30 Jahre. Weiter kann man unterscheiden in Mikro-, Meso- und Makroklima, je nach räumlicher Dimension der Betrachtung. Nun haben wir in jeder Hand ein Wort – „Klima“ und „Sommer“ und pappen das einfach zusammen, wie es Frau Baerbock getan hat. Fügt man die Begriffe aber anders zusammen als sie es tat, erhält es einen Sinn: Sommerklima. Da erinnert sich jeder, wie das Wetter in seiner Region so im Durchschnitt in den letzten Jahrzehnten war. Der Grönländer stöhnt bei fünf Grad plus über die Hitze, während der Nordafrikaner in seinem Winterklima bei zehn Grad plus die Mütze aufsetzt und die dicken Stiefel anzieht. Also, alles relativ mit dem jahreszeitlichen Klima. Aber was ist nun ein Klimasommer? Hat das Klima, also eine Wetterstatistik über eine längere Zeit, jetzt auch Jahreszeiten? Das könnte man so sehen, wenn man an die Warm- und Kaltzeiten der Erdgeschichte denkt und die heutige Zeit als Warmzeit interpretiert. Ein weiterer Wortsinn ergibt sich nicht. Vermutlich meinte Frau Baerbock auch etwas anderes, als sie sich anmaßte, das Auftreten der Kanzlerin, immerhin der faktisch ersten Person im Staat, völlig taktlos einer laienmedizinischen Diagnose zu unterziehen und dies gleichzeitig politisch zu instrumentalisieren. Da hat Annalena wieder einen Baerbock geschossen, der ihrer Kanzlerinnenkanditatinneneignung (um wiederum ein zusammengesetztes Substantiv zu benutzen) schaden dürfte. Sie hat mit dem rhetorisch atemlos im Stil einer Singer-Nähmaschine ratternden Stakkato in gewohnt hoher Platitüdenfrequenz schlicht überzogen. Um meinerseits eine laienmedizinische Diagnose abzugeben, vermute ich bei ihr eine cerebrale kognitive Insuffizienz, hervorgerufen durch lokale Hyperthermie in der Cortex cerebri als Ursache. Als Politiker*_In der ersten Reihe hätte ihr das nicht passieren dürfen. Eine nachgeschobene Entschuldigung ist kosmetischer Natur, spontane Sprache legt das Denken offen. Wechselweises Gift sprühen und Kreide fressen gehört allerdings zum Instrumentarium der Politiker und auch der Grünen. Was wollte Frau Baerbock mit dem Begriff „Klimasommer“ nun transportieren? Sie meinte mit einiger Wahrscheinlichkeit einen Sommer, der infolge eines Klimawandels wärmer ist als vorherige und der entsprechende Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen hat. Warum sagt sie das nicht? Weil Politikersprech sich zunehmend verschlagwortet und in Phrasen ergötzt. Unklare Sprache zeigt unklares Denken. Dies zeugt wiederum vom Elend unserer Eliten, dem Bildungselend. Es gibt eine Vielzahl weiterer in dieser Weise unzulässig erfundener Begriffe, die zunehmend auch menschenfeindliche Assoziationen wecken. „Klimasünder“ und „Klimaleugner“ sind Menschenfeinde, „Klimaschädlinge“ sind offenbar nicht mal mehr Menschen. Am Klima kann man sich nicht „versündigen“, auch wenn manche pro Kopf mehr CO2 ausstoßen als andere. Niemand leugnet den Klimawandel, es gibt nur verschiedene Ansichten zu den Ursachen. Und einen „Klimamanager“ kann es auch nicht geben, denn Management des Klimas würde gezielte Beeinflussung des Wetters bedeuten. Wenn Herr Rahmsdorf vom PIK nun meint, wir hätten die Kontrolle über das Klima verloren, bitte ich um die Angabe, wann und wie der Mensch diese Kontrolle schon jemals hatte. Die Grünen in ihrer moralinsauren Abgehobenheit, die erntereife Felder zertrampeln oder dies gutheißen, scheinen von hohen Temperaturen deutlich beeinflusst, auch wenn sie derzeit wohl eher angesichts hoher Umfragewerte erregt zittern. Sie werden ihre ungedeckten Schecks auf die Zukunft noch einlösen müssen, wenn nach mehr als 14 Jahren Merkel die Scherben zusammengefegt werden. Egal, bei welcher Temperatur.
Sofia Taxidis
Die Grünen werden ihre ungedeckten Schecks auf die Zukunft noch einlösen müssen, wenn nach mehr als 14 Jahren Merkel die Scherben zusammengefegt werden. Egal, bei welcher Temperatur - im Klimasommer oder Klimawinter.
kolumnen
2019-07-05T16:54:56+00:00
2019-07-05T16:57:23+00:00
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Die Figur des Jesus im Koran - Seite 3 von 3
Ausdrücklich unterstreicht der Koran eine gesetzesändernde Funktion des Wirkens Jesu. Su003.050 ist in dieser Hinsicht unmissverständlich. Damit allerdings begibt sich Mohamed in eine problematische Position. Da der Koran andernorts wiederholt verdeutlicht, dass auch die Tora das Werk Allahs ist, wird damit letztlich eingeräumt, dass Allah bei der Verfassung/Verkündung dieses Basiswerks Fehler unterlaufen sind. Wäre dem nicht so, bestünde keine Notwendigkeit, Jahrhunderte später jemanden zu schicken, der Teile der seinerzeit fixierten Gesetzgebung außer Kraft setzt. Mit dem behaupteten Allwissenheitsanspruch Allahs ist dieses schwerlich zu vereinbaren. Gleichzeitig wird hier deutlich, dass Mohamed die dem Jesus zugesprochene Rolle quasi als Vorbild der eigenen Prophetenaufgabe betrachtet: Er begründet damit den eigenen Anspruch, als menschliches Werkzeug eines Gottes gottgegebenes Gesetz ändern zu können. Mit den Darlegungen in Su003.045-051 wird dabei durch Mohamed nicht nur die grundsätzliche Richtigkeit der evangelikalen Inhalte mit Gesetzescharakter festgeschrieben – mögliche, die Tora korrigierende Inhalte werden ebenfalls als göttlicher Wille fixiert. Dieses unterstreicht die Annahme, dass Mohamed aus einem christlichen Umfeld stammte, das sich jedoch von dem der byzantinischen Amtskirche in zahlreichen Positionen deutlich unterscheidet. In Su004.156-157 setzt sich der Koran unmittelbar mit der die frühe christliche Kirche ebenso wie das Verhältnis zwischen Juden und Christen beherrschenden Auseinandersetzung um die Einordnung der Figur Jesu auseinander. Im Zuge der Differenzen zwischen Juden und Nichtjuden in der jungen christlichen Gemeinde entwickelten die jüdischen Rabbiner mit dem babylonischen Talmud nach 200 nc die Auffassung, dass Maria zwar eine Jüdin, gleichwohl aber auch eine Hure gewesen sei, die sich mit einem römischen Soldaten eingelassen habe. Jesus sei das Ergebnis dieser Liaison gewesen. Damit sei Jesus weder vollwertiger Jude, noch könne er – wie in den Evangelien behauptet – in der Nachfolge des David stehen. Gleichzeitig wurde damit die Messias-Funktion Jesu abgestritten – und die Sohn-Gottes-Interpretation grundsätzlich abgelehnt. Es dürfte diese Position der Juden sein, auf die Mohamed in Su004.156 unmittelbaren Bezug nimmt, wenn er von einer „gewaltigen Verleumdung“ der Maria spricht. Die entsprechende Passage, die sich gegen „die Leute der Schrift, die den Bund brachen“, richtet, verurteilt nicht nur die entsprechende Maria-Behauptung, sondern unterstellt ihnen auch Unkenntnis des tatsächlichen Vorgangs des Todes Jesu. Nicht sie, die Juden, hätten den „Messias Jesus Sohn Maria“ getötet. Dieses sei von ihnen lediglich vorgetäuscht worden. Tatsächlich sei Jesus von Allah zu sich empor gehoben worden (Su004.158). Offensichtlich liegt dieser Sure eine entsprechende Auseinandersetzung zwischen Mohamed und Juden zugrunde, in der Mohamed die christliche Auffassung insoweit vertreten haben muss, als dass Jesus sowohl ein Messias als auch ein Sohn der Maria gewesen ist. Seine jüdischen Gesprächspartner wiederum müssen beides vehement in Abrede gestellt haben. Mohamed geht jedoch auch hier nicht den Weg der christlichen Amtskirche, sondern betrachtet den Messias, Sohn Marias, nicht als Sohn Gottes, sondern als dessen Gesandten. Gleichzeitig wird die „Himmelfahrt“ Christi zwar nicht grundsätzlich in Abrede gestellt, jedoch die Wiederauferstehung der christlichen Vorstellung. Wenn Jesus „weder erschlagen noch gekreuzigt“ wurde, sondern es sich dabei lediglich um ein Täuschungsmanöver gehandelt habe, dann impliziert dieses, dass es einen getöteten Jesus, der von den Toten auferstanden ist, nicht gegeben haben kann. Gleichwohl hat Allah ihn zu sich emporgehoben – was im bildlichen Sinne eine ideelle Erhebung beschreiben kann, in der Umsetzung jedoch auch eine „Himmelfahrt“ nicht in Abrede stellt. Die Darstellung im Koran entspricht insofern eher der Darstellung des Tanach zu Elia, der auf unerklärte Weise zu seinem Gott hinaufsteigt. In Su004.171f wendet sich der Koran unmittelbar an die byzantinischen Christen: „O Leute der Schrift, übertreibt nicht in eurem Glauben und sagt von Allah nichts als die Wahrheit. Wahrlich, der Messias, Jesus, Sohn der Maria, ist nur der Gesandte Allahs und Sein Wort, das Er Maria entboten hat, und von Seinem Geist. Darum glaubt an Allah und Seine Gesandten, und sagt nicht: ‚Drei.‘  Lasset ab ist besser für euch. Allah ist nur ein einziger Gott. Es liegt Seiner Herrlichkeit fern, Ihm ein Kind zuzuschreiben. Sein ist, was in den Himmeln und was auf Erden ist; und Allah genügt als Anwalt. Der Messias wird es niemals verschmähen, Diener Allahs zu sein; ebenso nicht die nahestehenden Engel; und wer es verschmäht, Ihn anzubeten, und sich dazu zu erhaben fühlt so wird Er sie alle zu Sich versammeln.“ Es ist unverkennbar, dass Mohamed sich hier definitiv gegen die Position der Amtskirche von Byzanz stellt. Gleichzeitig begründet er damit die islamische Auffassung, wonach das Trinitätsdogma die Westchristen zu ungläubigen Polytheisten stempelt. Wie üblich verbindet der Koran seine Aufforderung, der christlich-amtskirchlichen Auslegung abzuschwören, mit einer hier noch versteckten Drohung: „Ist besser für Euch!“ In der politisch-expansiven Dynamik des jungen Islam erfolgt dadurch eine unverkennbare Unterscheidung zwischen den in Arabien und Mesopotamien lebenden Christen und den Byzantinern: Erstere gelten als lediglich geringfügig fehlgeleitete Muslime, letztere hingegen als Häretiker. Zeitlich wäre diese Koran-Passage damit in die Übergangsphase von der Unterwerfung der nahöstlichen Christengemeinden zur unmittelbaren Konfrontation mit Byzanz anzusetzen. Unmissverständlich deutlich wird die Exkommunizierung der Trinitäts-Christen als potentielle Muslime in Su005.017. Sie dreht die christliche Logik quasi um: „Wahrlich, ungläubig sind diejenigen, die sagen: ‚Allah ist der Messias, der Sohn der Maria.‘ Sprich: ‚Wer vermöchte wohl etwas gegen Allah, wenn Er den Messias, den Sohn der Maria, seine Mutter und jene, die allesamt auf der Erde sind, vernichten will?‘ Allahs ist das Königreich der Himmel und der Erde und dessen, was zwischen beiden ist. Er erschafft, was Er will; und Allah hat Macht über alle Dinge.“ Der Koran vermittelt nunmehr den Eindruck, für die Christen sei nicht Jesus ein Geschöpf Gottes, sondern Gott selbst sei dieser Messias und Sohn der Maria. In dieser Logik wird der Christ zu jemandem, der sich mit Jesus einen eigenen Gott – und damit einen Abgott – geschaffen hat. Die Tatsache, dass selbst die byzantinische Interpretation der Trinität eine solche Behauptung nicht zulässt, wird nunmehr ausgeblendet. Das kann einerseits bedeuten, dass jene Autoren der frühen Koran-Passagen, die über umfängliches Wissen des innerchristlichen Disputs verfügten, mittlerweile nicht mehr zur Verfügung stehen. Oder – wollen wir bei der Annahme bleiben, die Person Mohamed habe den Koran verfasst – Mohamed selbst ist es mittlerweile leid, den Westchristen noch irgendwelche Brücken zum Islam zu bauen. Das wiederum würde bedeuten, dass der Widerstand der byzantinischen Gemeinden gegen die Zwangsislamisierung doch nachhaltiger gewesen ist, als Mohamed dieses erwartet hatte. Die schärfere Gangart gegen die Westchristen mit der irrigen Gottesbehauptung wird in Su005.072 wiederholt und darüber hinaus mit einem angeblichen Jesus-Zitat verschärft: „Wahrlich, ungläubig sind diejenigen, die sagen: ‚Allah ist der Messias, der Sohn der Maria‘, während der Messias doch selbst gesagt hat: ‚O ihr Kinder Israels, betet zu Allah, meinem Herrn und eurem Herrn.‘ Wer Allah Götter zur Seite stellt, dem hat Allah das Paradies verwehrt, und das Feuer wird seine Herberge sein. Und die Frevler sollen keine Helfer finden.“ Mittlerweile ist im mohamedanischen Denken die Verschmelzung von Jahwah, dem christlichen Gott und Allah zu einer einzigen Gottesfigur abgeschlossen und Jesus selbst, der als aramäisch sprechender Jude seinen Gott als „Aloho“ bezeichnet haben mag, wird zu einem jüdischen Mohamed. Verknüpft wird das Jesus-Zitat mit der nunmehr sehr konkreten Drohung gegen jene Christen, die immer noch nicht bereit sind, sich dem arabischen Eroberer zu unterwerfen: Ihre Heimstätten werden verbrannt und sie selbst für vogelfrei erklärt. Am Ende seiner Auseinandersetzung mit den widerstrebenden Christen scheint Mohamed dann selbst den Glauben an die Wirkkraft seiner Jesus-Geschichten verloren zu haben. Su005.075 klingt fast schon nach dem Umgang mit einem bockigen Kind: „Der Messias, der Sohn der Maria, war nur ein Gesandter; gewiß, andere Gesandte sind vor ihm dahingegangen. Und seine Mutter war eine Wahrhaftige; beide pflegten Speise zu sich zu nehmen. Siehe, wie Wir die Zeichen für sie erklären, und siehe, wie sie sich abwenden.“ Will sagen: Euer Jesus war eigentlich nichts Besonderes, nur ein kleiner Prophet unter vielen, der wie seine Mutter Speise und Trank zu sich nehmen musste – eben nur ein Mensch mit einem göttlichen Auftrag. Gehen wir – wie die Islamgelehrten – davon aus, dass ältere, frühere Suren ihren Gebotscharakter verlieren, wenn es Allah zu einem späteren Zeitpunkt  eingefallen sein sollte, seine ursprüngliche Position korrigieren zu müssen, dann ist der Karriereknick des Jesu in der koranischen Narrative nicht zu übersehen. Irgendwann dann hat Mohamed die Geduld mit den Christen abschließend verloren. In Su009.030f werden sie durch Allah verflucht: „… und die Christen sagen, der Messias sei Allahs Sohn. Das ist das Wort aus ihrem Mund. Sie ahmen die Rede derer nach, die vordem ungläubig waren. Allahs Fluch über sie! Wie sind sie irregeleitet! Sie haben sich ihre Schriftgelehrten und Mönche zu Herren genommen außer Allah; und den Messias, den Sohn der Maria. Und doch war ihnen geboten worden, allein den Einzigen Gott anzubeten. Es ist kein Gott außer Ihm. Gepriesen sei Er über das, was sie zur Seite stellen!“ Aus dieser Entwicklung der Betrachtung der Figur Jesu im Koran in Verbindung mit der zunehmend konsequenteren Ablehnung der byzantinisch-amtskirchlichen Trinitätslehre lässt sich für die Christen der Orthodoxie und des Katholizismus am Ende nur eine Feststellung treffen: Wenn überzeugte Muslime diesen Christen erzählen, der Islam wurde sie als Söhne des einen, gemeinsamen Gottes anerkennen, dann ist dieses nichts anderes als eine Unwahrheit. Allah als gemeinsamer Gott war der Rettungsanker für die orientalischen Christen, die Mohameds Glaubensfanatiker zu einem Zeitpunkt unterwerfen wollten, als seine Bewegung noch in den Anfängen stand. Als seine Armee des islamischen Kalifats stark genug war, die Ungläubigen im Kampf zu unterwerfen, wurden alle Anhänger der byzantinischen Glaubensauslegung zu Ungläubigen erklärt. Und für die ist im Islamischen Staat keine Platz – so wie umgekehrt für diese als strenggläubige Christen nach Kapitel 2.22f des ersten Johannes-Buches zu gelten hat, dass der Muslim als jemand, der die Gottessohn-Eigenschaft des Jesu in Abrede stellt, der Antichrist ist: „Wer ist der Lügner, wenn nicht der, der da leugnet, daß Jesus der Christus ist? Dieser ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet. Jeder, der den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht; wer den Sohn bekennt, hat auch den Vater.“ Wenn angesichts dieser Ausgangslage ein oberster Glaubensvertreter der katholischen und einer der evangelischen Kirche gemeinsam auf den Tempelberg gehen und dabei in vorauseilendem Gehorsam ihr Kreuz ablegen, dann kann beiden eigentlich nur unterstellt werden, dass sie weder den Koran noch ihr eigenes Heiliges Buch gelesen haben.
Wenn Mandarine der Kirchen des Jesus auf dem Tempelberg ihr Kreuz ablegen, haben sie weder den Koran noch ihr eigenes Heiliges Buch gelesen.
kolumnen
2016-11-27T13:29:22+00:00
2016-11-27T21:07:02+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/spahns-spitzwege/die-figur-des-jesus-im-koran/3/
Die Ideen des Merz
Es gab mal diese Art von Kinderwitzen nach dem Muster „alle schauen auf das brennende Haus, nur der Klaus, der schaut raus“. So ähnlich geht es gerade in der deutschen Politik zu. Keiner lacht, nur der Friedel hat gedacht, er hätte einen Scherz gemacht. Friedel „Fritze“ Merz, der mit den vielen Spitznamen möchte ins Guinnessbuch der Rekorde aufgenommen werden für den Politiker, der die Deutschen am gründlichsten um die Fichte geführt hat bezüglich der Differenz zwischen Wahlversprechen und Politikverbrechen. Nicht nur, dass er seine Versprechen nicht hält, nein, er macht das Gegenteil und davon aber richtig viel. Wer glaubte, Merkel sei Honeckers U-Boot, der kannte Merz noch nicht. Wer verstehen will, welche katastrophalen Auswirkungen die Merzsche Schuldenorgie auf die privaten Investitionen haben werden, der sollte sich das Verhältnis zwischen der Größe dieser Schulden und der Sparquote in Deutschland vor Augen halten. Die geplanten Schulden von einer Billion Euro entsprechen fast einem Viertel des Bruttoinlandsprodukts, also der Wirtschaftsleistung Deutschlands. 400 Milliarden gehen in die schimmernde Wehr. Man kann nicht mal sagen, dass es das größte Rüstungsprogramm nach dem der Nazis war, das stimmt nämlich nicht. Das Hitler-Regime hat in Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges in absoluter Kaufkraft nur 4 Prozent von dem Geld in die Rüstung gesteckt, wie Friedel der Gernegroße. Eine kleine Tabelle macht sichtbar, dass unser Rüstungsprogramm 25-mal so groß ist wie das Hitler-Deutschlands in den 1930er-Jahren: Die Summe der Rüstungsausgaben 1933 bis 1939 betrug unter 20 Milliarden Euro. Wir machen das jetzt mal 20 bis 25. Was soll dabei schon schiefgehen, wenn die Deutschen wieder machen, was sie am besten können, und das ist nun mal Panzer bauen. Nur beim Anteil am damals kleineren Bruttoinlandsprodukt des Deutschen Reiches liegt der Vorgängerkanzler von damals vorn. Die Sparquote beträgt im langjährigen Mittel etwa 10 Prozent, zuletzt im Jahr 2024 11 Prozent. Das heißt, die Sparleistung des Landes ist weniger als halb so hoch wie die geplante Schuldenaufnahme des Staates. Bisher war die Neuverschuldung durch die Schuldenbremse auf 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzt, so dass 9,7 Prozent, etwa 400 Milliarden Euro, für private Investitionen zur Verfügung standen. Das beinhaltet Investitionen in Unternehmen, Immobilien, Häuslebauer etc. Dieser Schluck aus der Pulle ist also nur finanzierbar, wenn man entweder auf alle privaten Investitionen in Deutschland verzichtet und zugleich 15 Prozent des BIP an Kapitalimport, also Schuldenaufnahme beim Ausland bewerkstelligt, oder, wenn die privaten Investitionen nicht reduziert werden sollten, die gesamten 25 Prozent der neuen Schulden beim Ausland aufnimmt. Die neuen Bonitätskennzahlen Deutschlands werden sich jedoch nach dieser Schuldenorgie auf dem gleichen Niveau befinden wie die Kennzahlen Italiens und Frankreichs. Dementsprechend werden auch die Risikozuschläge ausfallen und damit die Zinsen steigen, was natürlich zu einem entsprechenden Rückgang der privaten Investitionen führen wird. Die EZB wird versuchen, dem mit Käufen deutscher Staatsanleihen entgegenzuwirken, was zu einer entsprechenden Ausdehnung der Geldmenge führen wird. Allein schon die Ankündigung der Fantastilliarden-Programme des Merz haben die Anleihemärkte auf Talfahrt geschickt, wie die Zinssprünge der letzten Woche belegen. Wir dürfen gespannt sein, was da noch kommt, wenn der Staat seine Kreditnachfrage in voller Schönheit entfaltet. Die EZB wird sich aber nicht auf die Billion beschränken, denn das Signal, das Deutschland in die Eurozone sendet, lautet: Alle dürfen an die Schuldentöpfe! Das werden dann auch alle machen und das wird proportional zu Deutschland verlaufen, denn sie werden alle nach Rüstung, Infrastruktur und Klimamaßnahmen schreien, obwohl natürlich der Löwenanteil der Ausgaben wie schon immer nur in korrupte Politikertaschen fließt. Damit muss die EZB wohl nicht nur Anleihen für eine Billion aufkaufen, sondern eher 4 bis 5 Billionen. Die Rechnung wird dann über die Inflation präsentiert, denn es gibt kein Free Lunch in der realen Welt außerhalb der Regenbogeneinhornland-Politikerfantasien. Es ist naiv zu glauben, man könnte die mehreren Billionen Euro auf deutschen Sparkonten für Investitionen „aktivieren“. Wer so einen Müll redet, hat noch nie eine Bankbilanz gelesen, und das gilt offenbar für Herrn Merz und Frau von der Leyen gleichermaßen. Wie Herr Merz Aufsichtsratschef von BlackRock in Europa werden konnte, wenn er keine Bankbilanz lesen kann, wäre wahrscheinlich eine lustige Debatte wert. Da er offenbar fachlich mit einer so einfachen Sache überfordert ist, tippe ich mal auf Lobbyarbeit als einzige Begründung für sein dortiges Millioneneinkommen. Larry Fink weiß schon, wen er sich verpflichten muss, um noch reicher zu werden. Bei den bisherigen Aufkaufprogrammen von Anleihen durch die EZB war übrigens BlackRock ein Hauptprofiteur. BlackRock kauft die Anleihen direkt bei Emission auf, was die EZB wegen des Maastricht-Vertrages nicht tun darf, und verkauft sie dann en bloc und mit Aufschlag an die EZB weiter. Ein vollkommen risikoloses und einträgliches Geschäft zulasten der Bürger der EU. Wenn BlackRock nur 25 Prozent des Volumens der kommenden finalen EU-Schuldendröhnung realisiert (was niedrig gegriffen sein dürfte) und auf das Volumen nur 10 Basispunkte verdient, risikofrei und mühelos, dann macht das einen Reingewinn von mehr als einer Milliarde Euro. Einfach so. Für ein paar Knöpfe drücken. Aber was soll der Geiz? Wie wusste doch schon Alan Greenspan, die FED-Legende? „Eine Milliarde hier, eine Milliarde da, da kann schon was zusammenkommen!“ Dieses angesparte Geld ist also schon investiert, es steht kein zweites Mal zur Verfügung. Dass man so einen simplen Zusammenhang unseren durch die sozialistische Bildungskatastrophe unwissenden Politikern überhaupt erklären muss, ist schon bemerkenswert. Noch bemerkenswerter ist allerdings, dass sie es auch dann nicht verstehen werden (und wollen), wenn wir es ihnen 30-mal wiederkäuen und nochmal erklären. Es gibt natürlich noch ein weiteres Ventil und das ist der Wechselkurs des Euro, der angesichts dieser Politik die Blutgrätsche machen wird, was die Kaufkraft unserer Einkommen wie auch unserer Ersparnisse im Ausland massiv absenken und Preiserhöhungen auf breiter Front (vulgo: Inflation) in Gang bringen dürfte. Aber das passiert erst, nachdem wir durch den deflationären Schock einer kollabierenden Exportnachfrage aufgrund der Haushaltssanierung in den USA gegangen sein werden. Aber das ist eine andere Geschichte.
thomas punzmann
Wer verstehen will, welche katastrophalen Auswirkungen die Merzsche Schuldenorgie auf die privaten Investitionen haben wird, sollte sich das Verhältnis zwischen der geplanten Schuldenhöhe und der Sparquote vor Augen halten. Eine Billion Euro entspricht fast einem Viertel der Wirtschaftsleistung Deutschlands.
wirtschaft
2025-03-15T14:06:52+00:00
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Wenn die Auguren hyperventilieren
Ist es noch soooo weit? Oder schon soweit. Ich lege mich fest: Es ist soweit. Wie auch immer der Gipfel verklärt wird, was auch immer die CSU sich nun aufschwatzen lässt: Merkels Regiment braucht bereits eine immer höhere Dosis Morphium. Seit ich bei TE schreibe, arbeite ich mich an dieser, ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung noch nie gewachsenen Kanzlerin ab. Jetzt ist Schluss. „Merkel muss weg“, ist zur Currywurst verkommen, an jeder Ecke für 2.90 zu haben. Es macht keinen Spaß mehr, nachzukauen, was alle im Munde führen. Sogar der ARD-Kommentator. Sogar der SPIEGEL, der meint, die bleierne Zeit der späten Merkel sei noch bleihaltiger als die Zeit des späten Kohl. Ich bin für´s Leichenfleddern nicht zu haben. „Manchmal gibt es Durststrecken, die anschließend wieder gemocht werden“ (M bei Anne Will). Gegen solch grandiosen Weisheiten kommt nicht einmal das mit Shakespeares Hexen fusionierte Orakel von Delphi an. Wohl auf Donald Trump gemünzt, hört sich der Satz an wie ein Vermächtnis. Eine dreizehnjährige Durststrecke will gemocht werden. Die nachgeweinten Tränen sollen das Wadi Merkel fluten. Der Mainstream lüftet seine Klamotten im Wind. Damit war zu rechnen. Und wie immer fallen die Gefallsüchtigen von einem Extrem ins andere. Sie entdecken die Misere der Merkeljahre. Und schütten das Bad mit dem Kind aus. Nein, M´s Rücktritt ist kein Putsch und schon gar kein Höllensturz. Es ist nur die Rückkehr zu normalen demokratischen Abläufen. Mit dem Wechsel nach 13 Jahren beginnt hoffentlich die Renaturierung der deutschen Politik. Sie ist alles andere als eine Erdbebenkatastrophe. Deshalb ist es auch kompletter Unsinn, wenn überall (auch hier bei TE) CDU und CSU für immer geschieden werden. Entweder ist da der Wunsch Vater des Gedankens – oder der norddeutsche Blickwinkel der Kommentatoren. Der frisch gebackene Journalist Gabriel zum Beispiel hat von Bayern und bayerischen Verhältnissen kaum eine Ahnung. Die CSU verspürt nicht die geringste Neigung, frustrierten CDU-Aktivisten bundesweit zur Verfügung zu stehen. Und das ist gut so. Ich wiederhole meinen Satz vom vergangenen Samstag: Merkel ist der Gordische Knoten. Ihr Rückzug stabilisiert das Gelände. „Wir müssen zusammenhalten“, betonen alle Unionspolitiker, ob sie gefragt werden oder nicht. Ja schon. Aber dazu brauchen sie nicht Merkel. Merkel hat die Partei gespalten. Sie hat Autorität produziert, aber keinen Zusammenhalt. Ein Rücktritt macht gewiss noch keinen Sommer. Kann die CDU, von der totalen Herrschaft dieser Frau befreit, schnell wieder Fuß fassen oder wird sie sich führungslos im Wald verlaufen? Als Merkel dereinst kam, war sie ein Nichts, und niemand störte sich daran. Erst muss das Machtvakuum zu spüren sein, ehe es sich füllen kann. Jetzt ist es soweit. Nach Diadochenkämpfen, präsidial moderiert von jemandem wie Wolfgang Schäuble, der auf beiden Seiten der Merkelfront Respekt genießt, wird sich schnell eine neue Personenkonstellation herausbilden. Niemand wird sich in das Abenteuer rascher Neuwahlen stürzen wollen, schon gar nicht die SPD. Das vor allem spricht für einen Übergangskanzler namens Schäuble. Und wer auch immer der neue Mann, die neue Frau an der Spitze sein wird, er oder sie wird sich an den besten, den frühen Tagen Kohls orientieren. Es war die Zeit, in der Kohl Talente entdeckte und in seine Partei holte. Biedenkopf trieb die Debattenkultur an, Weizsäcker gab der Programmarbeit intellektuellen Schliff. Späth, Süssmuth, Dregger: Das waren Größen, ob man sie mochte oder nicht, die ein breites Spektrum boten. Der CDU fehlen heute die Dreggers, die Späths, der gesamte liberale Wirtschaftsflügel. Sollen die Auguren hyperventilieren, wie sie wollen, Merkels Abgang befreit auch ihre Partei.
Sofia Taxidis
Ein Rücktritt macht gewiss noch keinen Sommer. Kann die CDU, von der totalen Herrschaft dieser Frau befreit, schnell wieder Fuß fassen oder wird sie sich führungslos im Wald verlaufen?
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2018-06-30T05:47:43+00:00
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Populisten der GroKo: Her mit den Anschlägen!
Terroranschlag in Berlin. 12 Tote, 48 Verletzter zum Teil schwer Verletzte auf einem Weihnachtsmarkt. Und schon geht die hoheitliche Instrumentalisierung wieder los. Politiker, die bereits Minuten nach dem islamistischen Anschlag, noch während die Opfer auf den Intensivstationen mit ihrem Leben ringen und Angehörigen die Nachricht des Todes überbracht wird, los twittern, dass irgendwelche bösen Anderen diesen Anschlag für ihre politische Zwecke ausnutzen werden. Um es so zynisch zu sagen, wie es ist: So ein Mordanschlag wie der gestrige auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin „erlaubt“ es einigen Groko-Populisten wie Ralf Stegner und Co. sich endlich mal wieder Luft zu machen. Es ist ja nicht mit ansehen, wie sich die Ralf Stegners der Republik in Zeiten, in denen „nichts“ passiert, mit ihrem Kampf gegen Rechts abquälen und den sie belastenden unmenschlichen Druck permanent aushalten müssen. Und nun ist es jetzt wieder passiert, nach Nizza, Würzburg und München, jetzt in Berlin und prompt können sich die Stegners wieder Luft machen. So ein Anschlag kann eben auch entlastend wirken. Ralf Stegner ist ja nicht der Oberhetzer der Nation, sondern nur ein, wenn auch exemplarischer Mainstreamhetzer aus der Groko. Aber die Masse der Hetze und der Hetzer lässt das Geschehen unscharf werden, deswegen hier konkret herausgegriffen der Fall Stegner. Die Tweets Stegners direkt nach dem Bekanntwerden des Anschlages am Montag Abend in Berlin: Dieser Spruch, kurz nach dem die Nachricht über den Ticker gelaufen war, war schon ziemlich hart gegenüber den Opfern: „Absolute Sicherheit gibt es in einer freiheitlichen Demokratie nicht“. Und eine Stunde nach dem Anschlag „Hetze braucht keiner. Und: „ekelhafte politische Ausweidung durch …“ Die Nummer nach Anschlägen der vorliegenden Art als erstes zu verlautbaren, „kein Wasser“ auf „rechte Mühlen“…, noch bevor sich eine rechte Mühle gedreht hat, die politische Instrumentalisierung des Anschlages durch die zur Schau gestellte Attitüde, der noch gar nicht stattgefunden habenden „Instrumentalisierung“ eines Anschlages durch rechte Kräfte, kennt man spätestens seit Charlie Hebdo und ist doch immer wieder neu erstaunt über die Chuzpe jedes Mal wieder neu die vollkommen postfaktische Verdrehung der Tatsachen so offensichtlich zu zelebrieren: Jeder Terroranschlag führt zu konsequentem Kampf gegen Rechts und sonst gar nichts. Das Böse ist rechts und das wird man ja wohl noch antizipieren dürfen. Entweder finden sich die Stegners selber langweilig oder sie haben kein gutes Gedächtnis und wissen nicht, was sie gerade zuvor noch gesagt haben. Jedenfalls hat sich in jüngster Zeit eine neue Attitüde breitgemacht. Man fügt seinen öffentlichen Verlautbarungen immer noch eine neckische kleine kreative Nummer hinzu. So dozierte Stegner nach dem Berliner Anschlag, dass die meisten DIE-Sätze falsch wären, zum Beispiel DIE Muslime, DIE Presse, DIE Flüchtlinge. Und was ist jetzt mit DIE unehrlichen Väter sollen Unterhalt zahlen, DIE Emanzipation der Frau ist noch nicht erreicht, DIE Genderpolitik ist wichtig, DIE SPD, DIE Sonnenenergie, DIE Gülleverwertung, DIE Trumpwähler … Millionen von Sätzen aus Politikermäulern, die ja vor allen Dingen zum politischen Reden da sind, beginnen jährlich mit den Artikeln der, die das. Stegners hingerotzter Tweet, die meisten DIE-Sätze seien falsch, ist nichts als gequirlter, postfaktischer Unsinn: Im Angesichte der Durchsichtigkeit ist natürlich jedem, der diesen echten Stegner wahrnimmt, klar, was der gute Mann will. Er will selektieren. Und er will scharf richten in Gut und Böse. In dem vorliegenden Tweet gilt seine Fürsorge den Muslimen, den Politikern, den Presseleuten und den Flüchtlingen. Da Stegner nicht die Presse schlechthin und nicht die Politik an und für sich mit Fürsorge verfolgt, sondern nur den Teil der Presse und Politik, der sich sympathisch und seinerseits fürsorglich mit dem Islam, den Muslimen und den Migranten befasst, geht die Stegnersche Selektion tatsächlich ganz reduziert so: Presse und Politik sind ihm per se egal, wie alle anderen politischen DIE’s. Ihm geht es ausschließlich um DIE Muslime und DIE Flüchtlinge. DIE Deutschen sind, wenn man Stegners nimmer endenden Veröffentlichungsfluss betrachtet, sein rotes Tuch. Allerdings selektiert er auch insoweit: Die sich selbst links nennenden Deutschen sind ihm sympathisch, also die kleinere Hälfte des „deutschen Volkes“ (Hassvokabel aus dem GG), alle anderen sind ihm zuwider. Natürlich sind ihm CDU und CSU und deren Wähler zuwider. Als nützliche Idioten in der gemeinsamen Groko nimmt er sie duldend in Kauf. Natürlich handelt es sich bei Stegners DIE-Sätzen nicht um Sätze im Sinne der deutschen Sprache und ergo auch nicht um DIE Sätze, die Stegner als meistens falsch bezeichnet. „DIE Presse, DIE Politiker“, sind einfach irgendwelche Substantive, keine Sätze. Gewiss will Stegner in der Imagination seiner Leser ergänzt wissen, DIE Presse, DIE Politik berichten falsch, reden falsch, sind Schuld o. Ä. Nun kann es keinen vernünftigen Zweifel geben, dass der Exzess der verbalen Hetze die tätige Hetze ist. Der Exzess des verbalen Hasses ist der tätige Hass. Der stumme Mord in Gestalt jetzt des Mordanschlages auf dem Berliner Weihnachtsmarkt mit 12 Toten und ca. 50 Verletzten ist ein Aliud: Zwar enthält der stumme Mord islamistischer Provenienz, an den sich der Westen gewöhnt hat, als untergeordnetes Minus auch Hass und Hetze auf und gegen den Westen und seine Bürger, aber diesem Hass und dieser Hetze gegenüber sind die Stegners stumm und taub. Die Stegners scheinen empfindungslos. Es gibt gar keine Hetze, keinen Hass, es gibt nur einen Mord, peng aus Basta. In der Phantasie des urdeutschen Stegners gibt es nur ihre Vorstellung ausschließlich von deutschem Hass und deutscher Hetze, die die Deutschen, wenn auch die falschen Deutschen produzierten. Natürlich verwenden die „Populisten“ in Gestalt der Stegners ihre DIE-Sätze hemmungslos. Aus ihrer Sicht allerdings vollkommen zu Recht. DIE Populisten, gemeint sind die Populisten mit anderer Meinung, DIE Rechten, DIE AfD usw. In ihrem Kampf gegen Rechts, den sich die Groko auch steuerfinanzieren lässt, heiligt offenbar der Zweck jedes Mittel bis hin zur Finanzierung verfassungsfeindlicher Kräfte des linken Lagers, zum Beispiel der Antifa. Namen sind keineswegs Schall und Rauch. Namen und Sprache gestalten die Gedanken und setzen Normen. Manchmal reicht es einem Faschisten schon, sich Antifaschist zu nennen und sich unter dem Rubrum eben Antifa zur Rotte zusammen zu schließen, um sich selber ins scheinbar rechte Licht zu setzen. Das politische Spiel mit der Sprache ist gefährlich. Die Mainstream-Populisten, die, siehe Groko, auch noch die staatliche Macht innehaben, lenken von ihrem Populismus ab und bekämpfen ihnen missliebig erscheinende Minderheiten, die sie Populisten schelten, ein Widerspruch in sich selbst. Der Populist, um dieses Blödsinnswort zu verwenden, soll ja gerade der sein, der das Volk, die Masse, die Mehrheit hinter sich vereint und zwar in böser Absicht. Eine Groko, die beinahe über eine verfassungsgebende Mehrheit im Parlament verfügt und vor Langeweile nichts Besseres zu tun hat, als Minderheiten zu bekämpfen, anstatt konsistente Politik zu machen, ist kraft Definition eine Populistenveranstaltung. Im Gegensatz dazu können die als „Populisten“ bekämpften oppositionellen Gruppen und Gruppierungen kraft Definition in der konkreten gesellschaftlichen Umwelt kaum Populisten sein. Natürlich können Minderheiten vernünftige oder unvernünftige Meinungen vertreten. Nur Minderheiten als Populisten zu bezeichnen und dies aus der Macht innehabenden Mehrheitsposition heraus, wie es besonders die Stegners, die Maasens und die Schwesige tun, ist sprachlich pervers und moralisch verwerflich und politisch voll daneben. Anschläge, wie jetzt in Berlin politisch zu dem Zwecke zu instrumentalisieren missliebige politische Minderheiten zu verfolgen, ist so ziemlich das Letzte, was einem auf der nach oben offenen Skala des moralischen Unrats einfallen kann. Mitgefühl mit den Opfern und den Angehörigen der Ermordeten zu heucheln und gleichzeitig gegen Minderheiten oder Einzelpersonen zu hetzen, die mit dem Anschlag erkennbar nichts zu tun haben, das ist das allerletzte. Stegners Gezwitscher zwischen Weihnachtsgedöns, Tat- und Täterverharmlosung oder Marginalisierung und politischem Kampf gegen chancenlose Minderheiten, ist entlarvend. Sich nach der Ermordung eines polnischen LKW-Fahres und der Ermordung von 12 Weihnachtsmarktbesuchern und der schweren Verletzungen von nahezu fünfzig Menschen und der Traumatisierung von unzähliger Menschen mehr mit einem einzigen Spruch eines AfD-Politikers namens Pretzell auseinander zu setzen und eine Korrelation herzustellen, ist krank. Dieser Pretzell hatte getweetet: „Wann schlägt der deutsche Rechtsstaat endlich zurück? Wann hört diese verfluchte Heuchelei endlich auf? Es sind Merkels Tote!“ In ihrer Kanzlererklärung heute Mittag, die Merkel 1:1 aus einem Textautomaten (Digitalisierung 4.0) geholt haben könnte, windet sich die Kanzlerin an allen politischen Korrektheitsklippen vorbei. Aber: Sie verspricht den Wählern, die sie 2017 abschöpfen will, dass der Rechtsstaat die Strafverfolgung und Sanktionierung der Tat nun folgen lassen werde. Sie sagt mit anderen Worten dasselbe, was der verhasste AfD-Mann unmittelbar nach der Tat gesagt hat. Die Verzögerung der Kanzlerin erklärt sich aus dem inzwischen üblich gewordenen taktischen Spielchen, die Evidenz zu negieren und erst einmal die Unfallnummer zu spielen oder den Unfall in der Schwebe zu halten. Wegen der Psychologie, die de Maizere, unfreiwillig komisch, noch gestern Nacht dem Publikum erläuterte. Die obergrüne Theologin Katrin Göring-Eckart versteigt sich zu offenem Verfassungsbruch, zu dem sie öffentlich dazu aufruft, nur noch Trauer gelten zu lassen. Sie verordnet dem Volk als einzig politisch korrekte Reaktion auf den Massenmord von Berlin und als Reaktion auf ca. 50 verletzte Menschen, die zum Teil auf den Intensivstationen noch mit dem Leben ringen, Trauer und sonst nichts. “Nichts sonst jetzt“. Einen intensiveren Verfassungsbruch aus dem Munde einer offenbar verwirrten grünen Oberpolitikerin lässt sich nicht denken. Das Strafrecht in seiner Existenz und seiner verfassungskonformen Ausgestaltung ist Teil der Verfassung selbst, wie auch das Essential des Strafrechtes, nämlich das Legalitätsprinzip. Die zuständigen Strafverfolgungsbehörden sind verpflichtet eine dem Staat bekannt gewordene Straftat nach den Regeln der Strafprozessordnung und des materiellen Strafrechts zu verfolgen. Deshalb war auch Merkels Sätzchen, dass der Staat den Täter von Berlin verfolgen wird, ein makabrer Scherz und sonst nichts. Der Selbstgänger, dass das Leben nirgends, auch in der Demokratie nicht, absolut sicher sein kann, ist ein ekelhafter Spruch vorallem in der Permanenz, in den er aus weisen trauernden Gesichtern abgesondert wird. (Merkel, de Maizere, Stegner und alle anderen). Zur Analyse, von der alle reden, gehört auch intellektuelle Offenheit für die Realität. Was sonst? Handelt es sich um ein strukturelles Problem, wie die Medien gern formulieren? Oder sind die vielen Selbstmordanschläge, die es seit Jahrzehnten in unterschiedlicher Form an unterschiedlichen Orten gibt, eine zufällige Verkettung von lauter Zufällen? So ganz mir nichts dir nichts wird ein Mensch weder zum Mörder noch zum Selbstmordattentäter. Es müssen also schon gewaltige Kräfte am Werk sein, um immer wieder Selbstmordattentäter zu generieren. Auch der Täter von Berlin hat offenbar seinen eigenen Tod nicht intendiert, aber diesen Tod in Kauf nehmend seine Tat ausgeführt. Und er wird im Zweifel kein Einzeltäter sein. Jeden Mordanschlag, gern auch Terroranschlag genannt, der den Westen trifft, trägt dank der Fehlreaktion des Westens selber ein Stück weit zur weiteren Zerstörung des Westens bei. Wer sich die Zerstörung des Westens auf die Fahnen schreibt oder, wie die Nomenklatura, die Stegners und Co. es gern formulieren, unsere freie Lebensweise (die allerdings von lauter Selbstzensur immer weiter erstickt wird, die wir uns aber nicht nehmen lassen), zerstören will, verrichtet sein Werk durch das Anschalten von Selbstmordattentätern ganz effizient. Da kann man nicht meckern. Hinter jedem Anschlag steckt Hetze, Propaganda, Hass in überbordendem Ausmaß, der die überwiegende Zahl der Wut-Tweets, die nach Anschlägen kommen, krass in den Schatten stellt. Und die Anschläge verfehlen ja auch in vielen Communitys hierzulande keineswegs ihre Wirkung, allerdings schweigen DIE Stegners und DIE Merkels darüber. DIE Medien dito. Jedenfalls mal wieder so ein Anschlag! Das ist wieder ein Schluck Benzin in den Tank des Kampfgeschützes gegen Rechts. Merkels abgedroschenes und ausgeleiertes Versprechen, dass das Sicherheitskabinett und alle anderen mal wieder nachgucken wollen, was sie im Kampf gegen den Terror verbessern können, wirkt kontraproduktiv. Davon lässt sich niemand, der Ungutes im Schilde fühlt abhalten. Die gesamte Taktik der Stegners geht auf Abwehr von politischen Reaktionen der „falschen Seite“ des von ihnen offenbar unterstellten islamistischen Hintergrundes des Anschlages. Und was wenn in diesem oder in einem anderen Fall kein islamistischer Hintergrund festzustellen ist? Dossier: Beiträge zum Thema >> Dushan Wegner – Ich habe keine Angst mehr >> Anabel Schunke – Mit der Welt ist nichts los >> Alexander Wallasch – Katrin Göring-Eckhardt: „Nichts sonst jetzt“
Jedenfalls mal wieder so ein Anschlag! Das ist wieder ein Schluck Benzin in den Tank des Kampfgeschützes der Populisten gegen Rechts.
daili-es-sentials
2016-12-20T14:22:06+00:00
2016-12-20T16:24:29+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/populisten-der-groko-her-mit-den-anschlaegen/
Für die Rente mit 63 gibt es keine vernünftige Begründung
Es war eines der ersten Reformvorhaben, das die Große Koalition 2014 in die Tat umsetzte: die Rente mit 63. Die Gewerkschaften hatten dies vehement gefordert, die SPD hat dieses Herzensanliegen ihrer wichtigen Wahlhelfer zur Voraussetzung für eine Regierungsbeteiligung gemacht, die CDU/CSU hat mitgemacht – mit der Mütterrente als Gegenleistung. In der Union gibt es viele, die in einer Jamaika-Koalition diese Sonderregelung gerne wieder rückgängig machen wollen. Und das aus guten Gründen. Denn selten wurde so viel Geld – rund 3 Milliarden Euro im Jahr – für so wenig Begünstigte ausgegeben. Selten wurde so unverhohlen Klientelpolitik zugunsten einer kleinen Gruppe betrieben. Bei einem Durchschnittsverdiener, der zu den Begünstigten der Rente mit 63 zählt, bedeutet das insgesamt 30.000 Euro höhere Rentenbezüge als bei einer „Normalverrentung“ mit 65 und mehr Jahren. Wenn die Freien Demokraten durch eine Regierungsbeteiligung wirklich eine Trendwende erreichen wollen, dann könnten sie das hier beweisen. Die geltende Regelung ist auch eine krasse Benachteiligung der Frauen, weil nur ganz wenige Arbeitnehmerinnen im Alter von 63 eine ununterbrochene 45 Jahre lange Erwerbsbiografie vorweisen können. Da schlägt sich nieder, dass für die meisten Frauen der entsprechenden Jahrgänge das Kinderkriegen verbunden war mit beruflichen Auszeiten, wenn sie sich nach der Heirat nicht gleich ganz auf die Familienarbeit konzentriert haben. Auch wenn gerade die Sozialdemokraten so lautstark für die „Gleichstellung der Frauen“ kämpfen – bei der Rente mit 63 waren und sind ihnen die Arbeitnehmerinnen gleichgültig. Die Rente mit 63 ist nicht nur fatal, weil sie viel Geld kostet, zusammen mit der Mütterrente tendenziell die Rentenbeiträge ansteigen lässt, Rentenerhöhungen dämpft und die rückläufige Zahl der jüngeren Beitragszahler über Gebühr belastet. Sie ist auch arbeitsmarktpolitisch kontraproduktiv. In Zeiten eines eklatanten Facharbeitermangels prämiert es die Regierung, wenn erfahrene Mitarbeiter vorzeitig ihre Arbeitsplätze räumen. Seit Einführung der Neuregelung im Jahr 2014 bis September 2017 haben das mehr als 800.000 Beschäftigte getan, überwiegend qualifizierte Mitarbeiter. Ein beeindruckender GroKo-Beitrag zur Vergrößerung des Fachkräftemangels. Nun gibt es tatsächlich Arbeitnehmer, die aus gesundheitlichen Gründen nicht bis 65 oder 67 durchhalten können. Sie stehen sich nach den gelten Vorschriften aber schlechter, denn die Erwerbsminderungsrente fällt deutlich niedriger aus als die Altersversorgung der privilegierten Edelrentner. Die neue Koalition sollte die Milliarden, die sie durch Abschaffung der Rente mit 63 spart, umschichten zugunsten der älteren Arbeitnehmer, die wirklich nicht mehr arbeiten können. Das wäre das Gegenteil der derzeitigen Klientelpolitik, nämlich sozial und gerecht.
Sofia Taxidis
Die Milliarden, die durch Abschaffung der Rente mit 63 gespart werden, gebühren den älteren Arbeitnehmern, die wirklich nicht mehr arbeiten können.
kolumnen
2017-11-08T13:01:22+00:00
2017-11-08T13:04:35+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/mueller-vogg-gegen-den-strom/fuer-die-rente-mit-63-gibt-es-keine-vernuenftige-begruendung/
Bei Hart aber fair: Justizministerin Barley „neutral“ zu Enteignungsfantasien
„Menschenrecht Wohnen – in Deutschland leider unbezahlbar?“, so lautete das Thema gestern bei „hart aber fair“ im Ersten. Die Gäste: Katarina Barley (SPD, Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz), Jürgen Michael Schick (Präsident Immobilienverband IVD); Nicola Beer (FDP, Generalsekretärin), Lucy Redler (Die Linke), Michael Schumacher (Architekt). Redler ist nicht nur im Parteivorstand der LINKEN. Sie ist Trotzkistin, also Anhängerin des russischen Revolutionärs Leo Trotzki. Und so spricht sie auch: „Wir erleben, dass Wohnen immer mehr zur Klassenfrage wird“, sagt Redler. Sie engagiert sich für die Berliner Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. In Berlin hätten mehr als die Hälfte Bewohner Angst, sich in Zukunft ihre Wohnung nicht mehr leisten zu können. Daher sei Enteignung der richtige Weg. Der Sprecher der Initiative forderte übrigens neulich bei Anne Will, die „Entschädigung“ solle nicht mehr als 1 Euro betragen. Auf der Website der von Redler unterstützten Initiative werden bereits kleine Privatvemieter gewarnt, dass es nach den großen Gesellschaft auch ihnen an den Kragen gehen könnte: „Die kleinen Miethaie schauen auf den großen Miethai und nehmen ihn als Vorbild. So wird auch eine Niederlage des großen Miethais für die Kleineren eine Lehre sein.“ Justizministerin Barley war nicht zu einer klaren Stellungnahme für oder gegen Enteignungen privater Wohnungsgesellschaften bereit. Sie verwies vor allem darauf, dass dies rechtlich möglich sei, meinte nur, man müsse halt ausreichend entschädigen. Der Disput zwischen der sozialdemokratischen Justizministerin und der Trotzkistin ging also weniger darum, ob eine Enteignung legitim sei, sondern um die Frage, ob man überhaupt angemessen entschädigen müsse oder nicht. Das empörte Jürgen Michael Schick vom Immobilienverband: „Mit welcher Leichtfertigkeit über Enteignungen diskutiert wird, und wie wenig klar das zurückgewiesen wird, das erstaunt mich schon.“ „Bild“ bezeichnet heute in der Besprechung der Talkshow Ministerin Barley als „Drückebergerin des Abends“: „Keine Meinung ist auch ein Form von Meinungsfreiheit.“ Redlers Partei, konterte Schick, sei für die größte Wohnungsnot der deutschen Nachkriegsgeschichte verantwortlich. Schließlich sei die LINKE die umbenannte SED. Und unter deren Regie in der DDR verkam bekanntlich der Wohnungsbestand und man musste Jahre auf einen Platz in einem Plattenbau warten. Nach der Wiedervereinigung mussten die Westdeutschen mit 84 Milliarden Euro beim Neubau und der Sanierung von Wohnungen in Ostdeutschland helfen. Wer den Bezug zur DDR-Vergangenheit nicht möge, so Schick, könne auch heute nach Berlin schauen: Dort sei Katrin Lompscher von der LINKEN (er nannte sie „Bauverhinderungssenatorin“) verantwortlich für den Wohnungsmangel. Die Zahl der Bebauungspläne habe sich seit dem Amtsantritt von Lompscher halbiert und die Zahl der Baugenehmigungen sei rückläufig, so Schick. Was sind die Gründe für die Wohnungsnot? Da waren sich Schick und Nicola Beer, die Generalsekretärin der FDP, einig: Zu lange Genehmigungszeiten, zu viele Öko-Vorschriften, die das Bauen unnötig verteuern. Beer forderte einen „Mieten-TÜV“: Jedes Gesetz müsse daraufhin geprüft werden, ob es das Bauen verzögere oder verteure. Schick meinte, in Berlin dauere die Aufstellung eines Bebauungsplanes im Durchschnitt acht Jahre. Vom Kauf eines Grundstückes bis zur Fertigstellung einer Wohnung dauere es nicht selten zehn Jahre: Davon würden zwei Jahre gebaut und acht Jahre im Kleinkrieg mit Politik und Behörden vertrödelt. „Wenn die Planungs- und Genehmigungsverfahren Ewigkeiten dauern, dann ist das ein Schicksal für alle, die bauen. Wenn wir das entrümpeln, weg von unsinnigen Öko-Vorschriften, dann schaffen wir es auch, auf günstigen Grundstücken günstig zu bauen – und das wäre doch die Entlastung, die wir brauchen.“ Als Gast wurde eine Polizistin eingeladen, die sich ein Haus gekauft hat, aber nicht in Düsseldorf, wo sie arbeitet, sondern 70 Kilometer entfernt. Sie beschwert sich, dass sie sich kein Haus in Düsseldorf leisten könne und jetzt so lange Fahrwege habe und daher ganz früh aufstehen muss. „Menschenrecht auf Wohnung“ heißt offenbar nach Meinung mancher, dass es ein Menschenrecht ist, sich in einer der teuersten Metropolen Deutschlands ein Einfamilienhaus leisten zu können. Nur: Mehr als 75 Prozent der Düsseldorfer wohnen zur Miete. Hat man sie alle ihres Menschenrechtes beraubt? Der Architekt Michael Schumacher zeigte, dass günstiges Bauen trotz aller Vorschriften möglich sei. Er hat einen Prototyp für eine städtische Wohnungsgesellschaft entworfen. Der sieht allerdings ziemlich hässlich aus und die Treppen verlaufen nicht im Haus, sondern draußen im Freien. Sicher nicht die Schuld des Architekten: Er wollte sich eben an alle Bauvorschriften (in Deutschland gibt es 20.000) halten und auch die Öko-Regeln befolgen. Wenn man trotzdem günstig bauen will, sieht das Haus dann eben so aus. Auch das ist eine Botschaft. Kritisiert wurden von Plasberg die Maklerprovisionen. Barley will jetzt auch hier das sogenannte „Bestellerprinzip“ einführen. Da die meisten Menschen Makler nicht mögen, hatte Schick es hier nicht leicht. Er konterte: Wenn die Politik etwas gegen hohe Erwerbsnebenkosten tun wolle, dann könne sie das ja bei der Grunderwerbsteuer. Das Volumen der Grunderwerbsteuer in Deutschland betrage jährlich 14 Mrd. Euro in Deutschland, das der Maklercourtage nur zwei Milliarden. Und die Grunderwerbsteuer habe sich – beispielsweise in Berlin – in den vergangenen 20 Jahren von zwei auf sechs Prozent verdreifacht, während die Maklercourtage gleich hoch geblieben sei. Beer forderte deshalb einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer für Ersterwerber von selbstgenutzten Wohnungen. Ärgerlich ist heute die Besprechung der Sendung in der „Welt“. Dort heißt es: „Die FDP-Politikerin überlässt das Argumentieren an diesem Abend eher Schick, der zusehends von einer ruhigen und sich ihrer Argumente sehr sicheren Barley an die Wand diskutiert wird, sichtlich um Oberwasser ringend.“ Wie so oft bei der WELT eine Talkshow-Besprechung, die man eher in der taz oder der Frankfurter Rundschau erwartet hätte. Legt man die Besprechungen der beiden Springer-Zeitungen „Bild“ und „Welt“ nebeneinander, dann reibt man sich die Augen und fragt sich, ob beide wirklich die gleiche Sendung gesehen haben.
Sofia Taxidis
Vom Kauf eines Grundstückes bis zur Fertigstellung einer Wohnung dauere es nicht selten zehn Jahre: Davon würden zwei Jahre gebaut und acht Jahre im Kleinkrieg mit Politik und Behörden vertrödelt.
feuilleton
2019-03-12T09:47:11+00:00
2019-03-12T09:47:12+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/medien/bei-hart-aber-fair-justizministerin-barley-neutral-zu-enteignungsfantasien/
Scholz und Tschentscher wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung angezeigt
Gerhard Strate ist als Rechtsanwalt bekannt, seit er im Diesel-Skandal Ex-Volkswagen-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch und in einem anderen Verfahren den umstrittenen Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer vertrat. Jetzt verteidigt er nicht andere, sondern geht selbst zum Angriff über – auf den mächtigsten Mann im Staat, Bundeskanzler Olaf Scholz. In einem schweren Fall von Beihilfe zur Steuerhinterziehung kann eine mehrjährige Haftstrafe erfolgen. Strate wirft dem Kanzler außerdem eine falsche uneidliche Aussage vor. Auch dafür droht eine Haftstrafe zwischen drei Monaten bis fünf Jahren. Kürzlich erst war ein früherer Angestellter der Warburg-Bank wegen der Cum-Ex-Praxis verurteilt worden.
Ferdinand Knauß
Gerhard Strate ist als Rechtsanwalt bekannt, seit er im Diesel-Skandal Ex-Volkswagen-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch und in einem anderen Verfahren den umstrittenen Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer vertrat. Jetzt verteidigt er nicht andere, sondern geht selbst zum Angriff über – auf den mächtigsten Mann im Staat, Bundeskanzler Olaf Scholz. Ihn und den Ersten Bürgermeister Hamburgs, Peter Tschentscher, hat Strate nun, wie
daili-es-sentials
2022-02-17T16:41:27+00:00
2022-02-17T17:06:34+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/scholz-und-tschentscher-wegen-beihilfe-zur-steuerhinterziehung-angezeigt/
Siemens-Chef fordert Maschinensteuer
In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ plädiert der Siemens-Chef für eine drastische Erhöhung des Spitzensteuersatzes. „Gegen 70 Prozent Steuern auf Spekulationsgeschäfte hätte ich nichts einzuwenden“, sagte Kaeser. „Spekulation, Computer- und Hochfrequenzhandel sollten Sklaven der Gesellschaft sein, und nicht umgekehrt. Wir müssen die Art von Geschäften deutlich höher besteuern.“ Kaeser bringt dafür eine grundlegende Reform des Steuersystems ins Spiel. Die Steuern auf den Gewinn sollten sich nach den Vorstellungen des Siemens-Chefs danach richten, wie viel Menschen ein Unternehmen braucht, um diesen zu erwirtschaften. „Der Steuersatz sollte den gesellschaftlichen Nutzen von Unternehmen abbilden“, begründet er seinen Vorstoß. „Bei Siemens arbeiten 372.000 Menschen, um sechs Milliarden Gewinn zu erwirtschaften. Wenn ein Spekulant mit 20 Angestellten auch sechs Milliarden Gewinn macht, dann sollte sein Gewinn höher besteuert werden.“ Faktisch bedeutet dies die Einführung einer Maschinensteuer. Denn bestraft würden hoch produktive Unternehmen, wenn sie neue Technologien einführen, die häufig dazu führen, dass weniger Arbeitskräfte gebraucht werden, um einen höheren Gewinn zu erwirtschaften. Wenn der „gesellschaftliche Nutzen“ des Unternehmens, wie Kaeser ihn definiert, davon abhängig gemacht wird, mit wie vielen Arbeitskräften bestimmte Leistungen erbracht werden, dann würden Produktivitätszuwächse und technischer Fortschritt künftig steuerlich bestraft – eine absurde Folge. Unternehmen, die vor der Wahl stünden, in Deutschland neue Technologien einzuführen oder im Ausland mit vielen gering bezahlten Arbeitern zu produzieren, müssten sich dann aus steuerlichen Gründen für letztere Variante entscheiden und Arbeitsplätze noch stärker in Niedriglohnländer verlagern. Absurd ist, dass solche technikfeindlichen Vorschläge, die faktisch eine Strafsteuer für Maschinen bedeuten, ausgerechnet von dem Chef eines Technologiekonzerns gemacht werden. Die Steuervorschläge von Kaeser sind eine moderne Form der Technikfeindlichkeit, wie sie Anfang des 19. Jahrhunderts verbreitet war. Die Maschinenstürmer wandten sich damals mit der gleichen Begründung wie Kaeser gegen den industriellen Fortschritt, weil die Einführung von Maschinen Arbeitsplätze vernichte. Sie zerstörten Maschinen, um die von Unternehmen beabsichtigte Ersetzung qualifizierter Arbeiter durch Ungelernte zu verhindern. Schwerpunkt der Maschinenstürmer war England, aber auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz kam es zu ähnlichen Protesten. Kaeser will das Gleiche, was die Maschinenstürmer wollten, nämlich Unternehmen bestrafen, die mit weniger Arbeitskräfte eine höhere Produktivität erzielen, nun mit den Mitteln des Steuerrechtes erreichen. Damit fällt der Siemens-Chef sogar hinter Karl Marx und Friedrich Engels zurück, die die Maschinenstürmer wegen ihrer Technikfeindlichkeit scharf kritisierten. Sie hatten verstanden, dass die Erhöhung der Produktivität der gesamten Gesellschaft nutzt.
Sofia Taxidis
Damit fällt der Siemens-Chef hinter Karl Marx und Friedrich Engels zurück, die die Maschinenstürmer wegen ihrer Technikfeindlichkeit scharf kritisierten.
wirtschaft
2018-01-04T11:26:46+00:00
2018-01-04T11:26:49+00:00
https://www.tichyseinblick.de/wirtschaft/siemens-chef-fordert-maschinensteuer/
Blackbox KW 23 – Krämer gegen Krämer
Die deutsche Presse lobt Kanzler Merz überschwänglich, weil der sich im Weißen Haus anständig benommen habe. Merz hatte sich beim US-Präsidenten in fehlerfreiem Englisch für die Einladung und für die standesgemäße Unterbringung bedankt, sowie für den Sieg über Deutschland im Zweiten Weltkrieg, ohne den die Merzens nie Demokratie gelernt hätten. ♦ Merz hätte sich eigentlich noch für die Zerstörung der Nord Stream 2 Pipeline bedanken müssen, aber er wusste wohl nicht, dass Trump die hat sprengen lassen. Deshalb betonte Trump mehrmals „I ended Nord Stream“, aber keine Sorge, „wir haben so viel Gas & Öl, so viel können Sie gar nicht kaufen“. Hm. Spiegel, Süddeutsche und Staatsfunk wollen immer noch weismachen, ein Ukrainer wars, logischer wäre Biden. Was machen unsere Auslandsgeheimdienstler eigentlich beruflich? Und für wen? ♦ Leidet die Union unter Fachkräftemangel? Merzens Begleiter in Washington: Ein SZ-Redakteur als Sprecher, ein ehemaliger persönlicher Referent von SPD-Steinmeier als außenpolitischer Berater, ein ehemaliger Finanzvorstand der maroden Deutschen Bahn und zudem Staatsekretär unter SPD-Scholz als Merz‘ „wirtschaftliches Gehirn“ (Bild) – was soll uns das sagen? Einer wie der andere? ♦ Die versammelte Weltpresse im Weißen Haus nahm so gut wie keine Notiz vom Gast aus Germany, von 40 Minuten auf der Pressekonferenz gehörten Merz gerade mal zwei, von der er eine für die Ukraine verwendete. Dafür ist die Bild umso euphorischer: Merz werde als Bundeskanzler „immer beliebter“, jetzt seien schon „36 Prozent mit seiner Arbeit zufrieden“. Genau unser Humor. ♦ Das Desinteresse der Journos muss man verstehen, ein Telefongespräch von Trump mit Xi bringt mehr Schlagzeilen als die Dankesreden von Friedrich Merz. Ganz zu schweigen vom Streit zwischen Elon Musk und Donald Trump. Ist der eine verrückt, der andere ein Lügner? ♦ Elon gegen Donald: Ein Eheberater hätte sich längst in die Supervision begeben, wo der vermittelnde Psychologe Hilfe eines anderen Psychologen sucht, weil ihn der Fall zu sehr mitnimmt. Denn solche Szenen einer Ehe geraten schnell mal zur Schlammschlacht, und der bibelfeste Christenmensch weiß: Ein König kann furchtbar sein in seinem Zorn, furchtbarer noch sein rachsüchtiges Weib. Wobei der eine in unserer Tragödie kein König ist, und anscheinend beide unbedingt die Rolle des rachsüchtigen Weibes spielen wollen. Natürlich gings ums liebe Geld (Scheidungsursache Numero Uno). Donald Trump will mit dem Big Beautiful Bill die nötigen Billionen freimachen, um all seine Wahlversprechen zu halten, Elon Musk hingegen opponiert: Wenn der Staat pleitegeht, hilft nichts mehr. ♦ Schnell wurde in die untersten Schublade gegriffen: „Der einfachste Weg, Geld im Haushalt zu sparen, wäre Elons Verträge mit der Regierung zu stornieren.“ „Zeit, die wirkliche Bombe zu zünden”, antwortete sodann Elon Musk: „Donald Trump steht in den Epstein-Akten, Das ist der wahre Grund, warum diese noch nicht veröffentlicht wurden.“ Aus Moskau hört man, Elon könne erst mal im Kreml unterkommen. ♦ Keine politische Beziehung wurde je so euphorisch begonnen und bejubelt wie die des Polit-Wunderknaben Trump mit dem Tech-Milliardär Musk. Genug Brains & Balls, um die Lumpereien der Linken zu beenden, zwei Schwerter, um den gordischen Knoten zu durchtrennen, der die westliche Gesellschaft in Fesseln hielt und noch hält. Nun stehen wir enttäuscht und sehen betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen (danke, Bert). Der Aktionär fragt sich: Kaufen die woken Linken wieder Tesla? Hämische Journos denken laut: War es wirklich der kleine X, der seinem Vater Elon das blaue Auge verpasst hat, oder war das die berühmte Kellertreppenausrede? Und wir fragen uns: Finden El und Don je wieder zusammen, oder ist der Traum von der Reconquista bereits ausgeträumt? ♦ Apropos Krieg. Wieder schlug die Stunde der Experten: Sind die Russen am Boden zerstört, nachdem ukrainische Drohnenflotten Stützpunkte ihrer Nuklear-Flugzeuge im hintersten Sibirien attackierten? Spricht es für den ehrlichen Verhandlungswillen der Ukrainer, diesen Angriff kurz vor dem Treffen der Gesprächs-Delegationen in der Türkei durchzuführen? Ist der Einsatz von zivilen Lastwagen tief in Russland als Startrampe der Drohnen mit der Genfer Konvention zu vereinbaren? Wurde der Angriff mit Wissen oder gar mit Hilfe der Nato geplant? Bei Bild jubeln sie, als hätten sie selbst die Trucks gesteuert, der Spiegel spricht von „Putins Pearl Harbour“. Ein sicherlich ungewolltes Menetekel, denn selbst in der Spiegel-Redaktion müssten sie wissen, was auf Pearl Harbour folgte. Trump jedenfalls weiß es. Mit der Aktion habe Selenskyj Putin einen Grund geliefert, „das Land in Grund und Boden zu bombardieren“. ♦ Und wieder eine Umfrage: Fast zwei Drittel der Deutschen (63 Prozent) sind gegen eine Lieferung weitreichender Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine. Aber wofür haben wir die parlamentarische Demokratie … ♦ Wussten Sie, dass sich kriminelle Banden schamlos an deutschen Sozialleistungen bereichern? Dass ausländische Arbeitskräfte mit Billig-Jobs nach Deutschland gelockt und gleichzeitig zum Bürgergeld-Antrag genötigt werden und Hintermänner die staatliche Hilfe kassieren? Bürgergeld-Erfinder und SPD-Sorgenkind Hubertus Heil wusste das wohl nicht. Vielleicht hat man ihn deshalb in den Ruhestand (Parlaments-Hinterbank) geschickt. Seiner Nachfolgerin Bas, SPD, ist die Sauerei jedenfalls schon nach ein paar Wochen im Amt aufgefallen, außerdem hat sie bemerkt, dass der Datenaustausch zwischen Finanzämtern, Jobcentern, Familienkassen und Sicherheitsbehörden sehr zu wünschen übrig lässt. ♦ Apropos. Bulgarien kriegt nun auch den Euro. Das wird vieles leichter machen. Nur die Rumänen mit ihrem Leu müssen noch warten. ♦ Botschafter müssen nicht zwingend in der Welt Bescheid wissen, wie gerade eindrucksvoll Mike Huckabee, der neue US-Botschafter in Israel bewies. Der schlug als Antwort auf Macron-Ideen bezüglich Gazas im Gegenzug einen „Palästinenserstaat an der Côte d’Azur“ vor. Blödsinn. Ist doch bekannt, dass die muslimischen Staaten keine Palästinenser aufnehmen wollen. ♦ Rotgrüne „Leistungsträger“ finden schnell ein warmes Plätzchen als Dankeschön für ihre großen Taten. ACA Baerbock wurde mit nur sieben feministischen Gegenstimmen zur Vorsitzenden der 80. UN-Generalversammlung gewählt, und Energiegenie Habeck darf an einer US-„Elite“-Uni darüber dozieren, wie man Krisen bewältigt (Berkeley-Humor?). Und Kühlkammer-Karl wird WHO-Klimaexperte. Damit es auch weiterhin in Gazetten und Talkshows täglich heißt: Der Klimawandel…tatütata …. Frohe Pfingsten! Nicht genug? Lesen Sie Stephan Paetow täglich auf https://www.spaet-nachrichten.de/
Sofia Taxidis
Rosenkrieg in Washington. Beim Bund der Kaufleute Trump und Musk, der einst im Himmel geschlossen wurde, um die Welt zu retten, fliegen die Fetzen.
kolumnen
2025-06-08T06:10:07+00:00
2025-06-08T06:10:08+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/blackbox/blackbox-kw-23-kraemer-gegen-kraemer/
ARTE und WDR: Ein öffentlich-rechtlicher Skandal
Ich habe jetzt die Dokumentation „Auserwählt und Ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ von Joachim Schroeder und Sophie Hafner gesehen. Eine so umfassende und doch auf neunzig Minuten komprimierte Dokumentation über die Wurzeln des aktuellen Judenhass‘ im Europa des frühen 21. Jahrhundert habe ich noch nie auf einem öffentlich-rechtlichen Sender gesehen. Es ist daher ein Skandal, dass sich arte und der WDR weigern, die Dokumentation zu zeigen, denn sie unterstützen damit den Hass durch aktives Schweigen. „Niemals, ich bin überzeugt, niemals wären die Araber in Frankreich den Juden gegenüber gewalttätig geworden, hätte man sie nicht überzeugt, dass es ihre Pflicht ist, sich mit ihren Glaubensbrüdern in Palästina solidarisch zu zeigen. Sie hätten das sonst nie gemacht. Aber man hat ihnen eingeredet, dass das notwendig ist und da ein Teil derer, die Macht haben, sich so etwas erlaubt haben, hat das für sie die Attacken gerechtfertigt und sie unterstützt.“ Das sind die letzten Worte in der Dokumentation „Auserwählt und Ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ von Joachim Schroeder und Sophie Hafner. Zuvor hat man gesehen, wie in Berlin Demonstrationen folgende Parolen auf offener Straße gerufen wurden: „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein!“ „Juden ins Gas!“ „Adolf Hitler!“ „Tod den Juden!“ Unter anderem werden in der Dokumentation folgende judenfeindliche Anschläge behandelt: Am 21. Januar 2006 wurde Ilan Hamimi in Frankreich von einer Gruppe muslimischer Männer entführt und über einen Zeitraum von drei Wochen zu Tode gefoltert, weil er Jude war. Ihm wurde unter anderem bei lebendigem Leibe der Penis abgeschnitten. Am 19. März 2012 wurden drei Kindern und ein Erwachsener vor einer jüdischen Schule in Toulouse von einem selbsternannten Kämpfer des Islams ermordet, weil sie Juden waren. Am 24. Mai 2014 wurden zwei Israelis und eine Französin im Jüdischen Museum in Brüssel erschossen. Am 3. Dezember 2014 wurde ein jüdisches Paar in Paris brutal überfallen. Die Angreifer stürmten in die Wohnung und brüllten: „Ihr seid Juden, also seid ihr reich!“ Sie raubten Schmuck und Geld und vergewaltigten die Frau vor den Augen ihres Freundes. Wochen zuvor hatten die selben Täter einen siebzigjährigen Juden verprügelt. Am 9. Januar 2015 nahm ein selbsternannter Kämpfer des Islamischen Staats in einem jüdischen Supermarkt mehrere Geiseln und tötete vier Juden. Am 13. November 2015 wurde das Bataclan Theater in Paris Ziel eines Anschlags, bei dem neunzig Menschen ermordet wurden. Das Theater wurde nicht zufällig ausgesucht. Jahrelang hatten die jüdischen Besitzer des Theaters Spendengalas für Israel organisiert. Das Theater wurde seit 2008 massiv bedroht und entging im Jahr 2011 erstmals einem Terroranschlag. Nach dem Schauen wirkt die Begründung des WDR-Social Media-Teams für die Weigerung, die Dokumentation zu zeigen, nur noch lächerlich: „Der Film entspricht nicht dem Auftrag von arte, nämlich den „Antisemitismus in Europa“ zu beleuchten. Das behandelt der Film allerdings nur in Teilen. Der WDR kann die Kritik von arte nachvollziehen, da der Film nicht liefert, was beauftragt war.“ „Antisemitische Presseerzeugnisse gab es in Deutschland durch Jahrhunderte. Es wurde bei mir zum Beispiel ein Buch beschlagnahmt von Dr. Martin Luther. Dr. Martin Luther säße heute sicher an meiner Stelle auf der Anklagebank. In dem Buch „Die Juden und ihre Lügen“ schreibt Dr. Martin Luther, die Juden seien ein Schlangengezücht, man solle ihre Synagogen niederbrennen, man soll sie vernichten.“ Wie sehr der christliche Judenhass des Mittelalters noch immer Europa vergiftet, zeigt die Dokumentation anhand einer Rede von Mahmud Abbas am 23. Juni 2016 im Parlament der Europäischen Union. Als im Mittelalter die Pest wütete und viele Christen daran starben, erhoben sie den Vorwurf der Brunnenvergiftung gegen Juden. Der Vorwurf fiel nicht zufällig auf Juden, denn lange zuvor waren in ganz Europa sogenannte Judenbilder verbreitet worden, die den sozial ausgegrenzten Juden Heimtücke, Schadenzauber und Verschwörungen gegen die Christenheit zugeschrieben hatten. Außerdem wurden Juden aufgrund ihrer religiös verankerten Hygienevorschriften oft weniger von Epidemien getroffen als die übrige Stadtbevölkerung. Statt aber die Schuld bei sich selbst zu suchen und dem Versäumnis, sauberes Wasser zu erschließen, verfolgten Christen Juden. Das war das Mittelalter. Heute ist es nicht viel anders! Diesen Judenhass zeigt die Dokumentation, aber arte und der WDR weigern sich, sie zu zeigen. Die Dokumentation zeigt ebenfalls Demonstrationen der Neuen Rechten, bei denen die übelsten Verschwörungstheorien verbreitet werden. Den Machern der Dokumentation wird dort erklärt, hinter den Vereinigten Staaten von Amerika stünde eine geheime Macht, nämlich die amerikanisch-zionistische Weltverschwörung und überhaupt sei der Zionismus eine Geldmafia, die das Leid der Welt befördert, um daran zu verdienen. Ein Demonstrant sagt sogar: „Alles was in den ‚Protokollen der Weisen von Zion‘ steht, hat sich ja bisher bewahrheitet. Also selbst wenn das eine Fälschung wäre, dann hat sich da jemand ziemlich coole Gedanken gemacht und war ein guter Prophet!“ „Die Protokolle der Weisen von Zion“ ist eine judenfeindliche Hetzschrift, die sich unter den Nazis hoher Beliebtheit erfreute und heute noch in der Gründungscharta der Hamas zitiert wird, in der die Vernichtung des gesamten jüdischen Volkes weltweit in Artikel 7 gefordert wird. Es wundert daher nicht, dass die Macher der Dokumentation bei der Demonstration der Neurechten in Berlin auf den Redner Fuad Afane treffen, der ins Mikrofon brüllt, er sei „bekennender Antizionist“. Die Dokumentation beschäftigt sich daher ebenfalls mit der Verbindungen zwischen der deutschnationalen und der palästinenischnationalen Bewegung und legt erstaunliche Parallelen offen. Es wird berichtet von Mohammed Amin al-Husseini, der als Mufti von Jerusalem von Adolf Hitler ideologisch und finanziell unterstützt wurde. Mohammed Amin al-Husseini baut unter anderem die bosnisch-islamische Einheit der Wehrmacht und Waffen-SS mit auf, sorgte für die Auslieferung mehrerer tausend Juden an das Deutsche Reich und half mit bei Radio Zesen, einem staatlichen Radiosender des Deutschen Reichs auf persisch und arabisch, der die Ideologie des Nationalsozialismus im arabischen Raum verbreitete. Als die Macher sich in den Gazastreifen aufmachen, um zu schauen, ob noch Spuren des von Deutschland propagierten Hasses auf Juden zurückgeblieben sind, machen sie eine fürchterliche Entdeckung: Noch immer wird im Gazastreifen und in der palästinensischen Autonomie der Hass auf Juden durch Gelder aus Deutschland und Europa finanziert. Das ist die wohl erschreckendste Erkenntnis der Dokumentation! Gelder von Brot für die Welt, Misereor und der Europäischen Union werden im 21. Jahrhundert benutzt, um im Nahen Osten Judenhass zu finanzieren. Die Dokumentation zeigt zudem, wie Gelder aus Europa und von den Vereinten Nationen benutzt werden, um arabische Kinder zu missbrauchen, indem sie dazu gezwungen werden, als Schutzschilde zu fungieren. Besonders nachhaltig bleiben dabei die Bilder aus Gaza im Gedächtnis. Solche Bilder aus Gaza wurden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen noch nie gezeigt. Es ist ein Skandal, dass sie den Zuschauerinnen und Zuschauern weiterhin vorenthalten werden, vor allem weil die Dokumentation zeigt, dass der von den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern geliebte Nahostexperte Jürgen Todenhöfer im Falle Gazas mehr als unausgewogen berichtet, ja geradezu eine propagandistische Drama-Queen ist. Die Dokumentation beschäftigt sich ebenfalls mit Palästinensern und Arabern, die von Menschen aus Europa boykottiert und bedroht werden, wenn sie sich weigern, gegen Israel zu wirken. Es ist einer der am schwierigsten zu ertragenden Momente der Dokumentation, einem Palästinenser zuzuhören, der in Frieden mit Juden lebt und davon berichtet, wie ihm von Menschen aus Europa das Leben zur Hölle gemacht wird, weil er sich weigert, Israel zu hassen. Es stimmt daher nicht, wenn Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, die sich weigern, die Dokumentation zu zeigen, zu folgenden Begründungen greifen: „Der Film ist eine Provokation!“ „Der Film schüttet Öl ins Feuer!“ „Der Film kann angesichts der Terrorlage in Frankreich nicht gezeigt werden.“ „Der Film ist antiprotestantisch, antimuslimisch und proisraelisch.“ „Der Film ist nicht ergebnisoffen.“ Nein, der Film ist nicht antiprotestantisch und nicht antimuslimisch. Die Dokumentation ergreift sogar Partei für Muslime und Christen, die in Frieden mit Juden leben wollen. Nein, der Film schüttet nicht Öl ins Feuer, er zeigt lediglich eine Seite, die im öffentlich-rechtlichen Fernsehen bisher konsequent verschwiegen wurde. Es stimmt jedoch, dass der Film nicht ergebnisoffen ist. Ja, die Dokumentation verurteilt Judenhass. Es ist schon sehr befremdlich, dass diese Verurteilung der Dokumentation zum Vorwurf gemacht wird. Die Dokumentation „Auserwählt und Ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ verbindet zeigt in neunzig Minuten den Judenhass Europas, wie er sich in den frühen Zeiten des Christentums verfestigt hat, durch Luther brutalisiert und durch Philosophen, Schriftsteller und Komponisten gerechtfertigt wurde und schließlich von den Nazis zur industriellen Massenvernichtung von Menschen gemacht wurde. Die Dokumentation zeigt, wie dieser Hass in die arabische Welt exportiert wurde und heute nach Europa zurückkehrt und zwar in Form einer brutalen und durch europäische Organisationen finanzierten Kritik an Israel, die vor Verfolgung und Mord nicht mehr zurückschreckt. Nachdem man die Dokumentation gesehen hat, versteht man die Schlussfolgerung, dass die Araber in Europa den Juden niemals gegenüber gewalttätig geworden wären, hätte man sie nicht überzeugt, dass es ihre Pflicht ist, sich mit ihren Glaubensbrüdern in Palästina solidarisch zu zeigen. „Aber man hat ihnen eingeredet, dass das notwendig ist.“ Die Leute, die diesen Menschen das eingeredet haben, sind Menschen aus Europa, Christen von „Brot für die Welt“ und „Misereor“, linke und rechte Aktivisten, Politiker der Europäischen Union, aber auch Journalisten und Redakteure der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Die Dokumentation macht deutlich, dass die bisherige Art, wie die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten über Israel berichtet haben, in einer Form einseitig und unausgewogen war, dass dadurch judenfeindliche Ressentiments geschürt wurden. Die lange Liste der Verfehlung öffentlich-rechtlicher Berichterstattung über Israel hat ebenfalls Tapfer im Nirgendwo in dem Artikel „Ich klage an“ dokumentiert. Hier wird es pikant: Ein öffentlich-rechtlicher Sender gibt eine Dokumentation über Antisemitismus in Europa in Auftrag. In der Dokumentation wird deutlich, dass die Art der Berichterstattung über Israel auch durch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten mitverantwortlich ist an dem explodierenden Judenhass und was macht die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt? Sie erklärt ganz einfach, die Dokumentation hätte nicht geliefert, was sie liefern sollte. Was kann man dazu sagen? Möglich wäre: Tja. Auch angemessen wäre: Schwierig! Ganz sicher aber ist es: Ein Schweigen und Verheimlichen, vermutlich aus Befangenheit. Und das ist nichts weiter als ein öffentlich-rechtlicher Skandal! Nachdem ich die Dokumentation „Auserwählt und Ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ von Joachim Schroeder und Sophie Hafner gesehen habe, kann ich nur sagen, es ist die Pflicht der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, diese Dokumentation zu zeigen, denn die Beitragszahler haben ein Recht darauf, selbst entscheiden zu können, ob es durch die Weigerung, die Dokumentation zu zeigen, zu einer Veruntreuung der Rundfunkgebühren aus Befangenheit der Redakteure gekommen ist! Von Gerd Buurmann – Dieser Beitrag ist zuerst bei tapferimnirgendwo.com erschienen
Fritz Goergen
Es ist die Pflicht der öffentlich-rechtlichen ARTE und WDR, diese Dokumentation zu zeigen, die ein umfassendes Bild des Antisemitismus in Europa zeigt.
feuilleton
2017-06-05T12:41:55+00:00
2017-12-10T14:28:50+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/medien/arte-und-wdr-ein-oeffentlich-rechtlicher-skandal/
Alle gegen Einen: Die nächsten Wahlen
Nicht nur in der Bundesrepublik stehen wichtige Wahlen an. In Deutschland geht es darum, ob man sich ganz und gar oder doch nicht so ganz aus der Realität verabschiedet, ob man das „Narrenschiff Utopia“ (Franz-Josef Strauß) nur ausbessert und an der Küste entlangschippert oder mit ihm in See sticht und zu verrotteten Ufern aufbricht. In Ungarn entscheidet sich hingegen, ob die erfolgreiche Politik von Viktor Orbán fortgesetzt wird oder ob eine unmögliche, im Grunde nicht regierungsfähige Koalition als Exekutor der Brüsseler EU-Administration an die Macht kommt. Die große Besonderheit in Ungarn besteht darin, dass der Wähler sich zwischen zwei Blöcken entscheiden muss, entweder er wählt die FIDESZ und Viktor Orbán, die mit der kleinen christdemokratischen KDNP verbunden ist, oder eine Listenverbindung, in der sich alle Oppositionsparteien Ungarns zusammengeschlossen haben, von den Linken und Linksliberalen, den Sozialdemokraten, den Grünen bis hin zu Jobbik. Auch wenn Vergleiche hinken, würde das auf Deutschland übertragen bedeuten, dass alle Parteien von der Linken über die SPD, Grüne und der AfD sich gegen eine hypothetisch mit Zweidrittelmehrheit regierende Kohl-CDU zusammengeschlossen hätten, um diese CDU-Regierung zu besiegen. Weder Brüssel, das natürlich die Liste unterstützt, noch der moralische Musterschüler in Berlin nehmen an dieser Liste Anstoß, im Gegenteil, sie schweigen darüber, denn um die FIDESZ von der Regierung zu verdrängen, scheint jedes Mittel recht zu sein. In Ungarn treten alle Oppositionsparteien vereint in einer Liste gegen die Regierungskoalition aus FIDESZ und KDNP an, wenn man so will: alle gegen einen. Das einzige inhaltliche Ziel, das alle Parteien, dessen Programme sich zum Teil widersprechen, vereint, ist der Sturz Viktor Orbáns. Sollte die Liste gewinnen, würde deshalb eine unmögliche Koalition von Parteien, die untereinander alles andere als harmonieren, an die Macht kommen. Diejenigen von meinen Gesprächspartnern, die der Politik der FIDESZ und Viktor Orbán distanziert und kritisch gegenüberstehen, die eine mangelhafte Ausstattung des Gesundheitssystem und andere Missstände wie Korruption anführen, werden aus zwei Gründen dennoch Viktor Orbán und die FIDESZ wählen, zum einen, weil sie die Liste für nicht wählbar halten, und zum anderen, weil sie bei aller und trotz aller, auch heftiger Kritik, in Viktor Orbán den talentiertesten und besten Politiker des Landes sehen. Viele Maßnahmen und Initiativen des Ministerpräsidenten finden bis tief ins Lager seiner Gegner Zustimmung, so die Sozialpolitik, die von der Familie aus denkt, so die rationale und realistische Haltung zur Migration, so zuletzt zum Jugendschutzgesetz. So erreicht Viktor Orbáns Migrations- und Familienpolitik eine Zustimmung im Land von 80%. Ein Wahlsieg der Liste würde übrigens für Deutschland bedeuten, dass sich das Jahr 2015 nicht nur wiederholen, sondern, dass die Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme immer neue Rekorde feiern würde. Außerdem würde dann die EU-Kommission ihr Ziel der Geschlossenen Gesellschaft, der ever close union, der Vereinigten Staaten von Europa, wie es auch das Wahlziel der Grünen ist, verwirklichen. Zum erheblichen Nachteil der Demokratie in Europa. Doch wie ist die Situation? Der Block aller Parteien ist natürlich, ernst zu nehmen, weil alle Stimmen gegen FIDESZ sich nicht auf unterschiedliche Parteien verteilen, sondern in einer Liste, einer Quasi-Partei gebündelt werden. Noch einmal eine Zweidrittelmehrheit zu erreichen, scheint auch aus diesem Grund sehr unwahrscheinlich. Einer der Gründe hierfür findet sich im ungarischen Wahlsystem. Der ungarische Wähler besitzt wie der deutsche zwei Stimmen, zum einen für das Direktmandat in den Wahlbezirken, zum anderen für die Listen, die diesmal nur zwei Listen sind, FIDESZ-KDNP und die Liste der Opposition. Das ungarische Parlament besteht aus 199 Sitzen, aus 106 Direktmandaten und 93 Listenmandaten. Der Direktkandidat wird mit relativer Mehrheit gewählt, während die Listenplätze im Verhältnis der Zweitstimmen vergeben werden. Allerdings, und hierin liegt die Besonderheit, gibt es noch eine Gewinnerkompensation und eine Verliererkompensation. Das hängt mit den Direktmandaten zusammen. Alle Stimmen, die ein Direktkandidat zum Wahlsieg nicht benötigt, werden ihm zugeschrieben. Um es an einem Beispiel zu erläutern: Hat der Kandidat der Partei A in seinem Wahlkreis 30.000 Stimmen erreicht, der Kandidat der Partei B 25.000 und der Kandidat der Partei der Partei C 10.000 Stimmen, benötigte der Kandidat der Partei A für den Sieg 4.999 nicht, da 5.001 Stimmen genügen. Diese 4.999 Stimmen werden der Liste seiner Partei gutgeschrieben, während der Liste der Partei B als Verlierkompensation 15.000 und der Liste des Kandidaten der Partei C 10.000 Stimmen zugeschrieben werden. Der Grund für die Kompensationen ist, dass man vermeiden möchte, dass Stimmen verlorengehen, weder die, die man für den Sieg nicht benötigte, noch die, die zwar nicht zum Sieg führten, aber dennoch für den Kandidaten abgegeben wurden. Nach dieser Prognose gewinnt die FIDESZ mit Viktor Orbán die Wahlen. Allerdings ist die Stimmung volatil. 2 Millionen Bürger haben sich für FIDESZ ausgesprochen, 1,2 Millionen für die Liste, aber 1,5 Millionen Wähler sind noch unentschieden. Das wissen natürlich alle interessierten Parteien von Budapest über Berlin bis Brüssel. Bis April ist noch viel Zeit – und man darf davon ausgehen, dass man im demokratisch nicht legitimierten Brüssel alles tun wird, um Orbán zu stürzen, und das übrigens auch mit deutschen Steuergeldern. Angela Merkel hat damals gefeiert, dass die EU die Zahlung von Corona-Hilfen beschlossen hat. Polen und Ungarn haben unter der Bedingung zugestimmt, dass keine politischen Bedingungen an die Auszahlung geknüpft werden. Das wurde zugesichert. Nun bricht die EU ihr Wort, sie knüpft die Auszahlung der Coronahilfen doch an politische Bedingungen und verweigert Polen und Ungarn die Auszahlung der zugesagten Gelder. So jubelte die Süddeutsche über den Wortbruch: „Fast 25 Milliarden Euro Corona-Hilfen hat die EU-Kommission gerade an Italien überwiesen – eine erste Tranche, denn insgesamt werden annähernd 70 Milliarden Euro Zuschüsse in das Land fließen. Zuvor hatten bereits Griechenland, Portugal, Belgien und Luxemburg erste Auszahlungen erhalten.“ Wieso eigentlich die Steueroase Luxemburg? Hat der Corona-Virus auch das lukrative Geschäft mit dem Steuerdumping bedroht? Die Freude der Süddeutschen nimmt jedoch keine Ende und wird zur Häme, denn „Manche Mitgliedstaaten werden sich aber noch etwas gedulden müssen: etwa Polen und Ungarn.“ Klar, Luxemburg, das stets für die Aufnahme von noch mehr Migranten plädiert – natürlich nicht in Luxemburg, sondern in Deutschland, bekommt Geld, Ungarn, das uns vor einer noch größeren Einwanderung bewahrt, nicht. Man darf auf den Ausgang der Wahlen in Ungarn gespannt sein, er hat mehr mit uns zu tun, als man gemeinhin denkt.
Sofia Taxidis
Nicht nur in der Bundesrepublik stehen wichtige Wahlen an. In Deutschland geht es darum, ob man sich ganz und gar oder doch nicht so ganz aus der Realität verabschiedet, ob man das „Narrenschiff Utopia“ (Franz-Josef Strauß) nur ausbessert und an der Küste entlangschippert oder mit ihm in See sticht und zu verrotteten Ufern aufbricht. In
kolumnen
2021-09-19T08:00:36+00:00
2021-09-19T08:00:37+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/alle-gegen-einen-die-naechsten-wahlen/
Die Ministerpräsidenten preschen mit Verschärfungsplänen vor
Bei der letzten Corona-Konferenz im Kanzleramt fuhren die Ministerpräsidenten der Kanzlerin gehörig vor den Karren. Wer glaubte, die Länderchefs würden tatsächlich ein hartes Seuchenregiment verhindern, wird nun eines besseren belehrt, denn Medienberichten zufolge hat Berlins regierender Bürgermeister Michael Müller, der auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, ein Papier ausarbeiten lassen, das es in sich hat. Dabei behalten sich die Regierenden die Verlängerung sämtlicher Maßnahmen vor: Ab dem 20. Dezember sollen die Maßnahmen immer um jeweils 14 Tage verlängert werden können, wenn die Zahl der Neuinfektionen nicht unter einen Wert sinkt: Bundesländer, die maximal 50 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche melden, dürfen die Verlängerung der Maßnahmen verweigern, wenn es ihrem Ministerpräsidenten gefällt. Schlechte Nachrichten also für alle Bayern, die demzufolge wahrscheinlich noch bis Februar im Lockdown sitzen werden. Am Mittwoch treffen die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten erneut zur Konferenz zusammen. Dieses mal dürften die Länder den Ton angeben. Wer sich über das Scheitern von Merkels Wahnsinnsmaßnahmen vor einer Woche freute, tat dies also zu früh. Dass die Ministerpräsidenten damals bremsten, lag also wohl weniger daran, dass sie Merkels Vorschläge für unverhältnismäßig hielten. Es ging wohl um ihr Ego. Das Problem war nicht die Vorlage, sondern nur, wer sie geschrieben hat. Ein recht arg geschrumpfter Föderalismus.
Max Mannhart
Vor einer Woche blockierten die Länder noch Merkels Knallhart-Maßnahmen. Offenbar war das allerdings nur ein kurzer Anflug von Vernunft. Die Beschlussvorlage der Länder sieht Verschärfung und vor allem Verlängerung des Lockdowns vor.
daili-es-sentials
2020-11-23T10:12:08+00:00
2020-11-23T11:12:38+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/die-ministerpraesidenten-preschen-vor-jetzt-soll-doch-verschaerft-werden/
Die fragwürdige Gedächtnisschwäche von Bundeskanzler Olaf Scholz
Die Hansestadt Hamburg ist für Sozialdemokraten ein ganz spezielles Terrain. Sie regieren die Stadt seit vielen Jahrzehnten mit kurzer Unterbrechung und sind bestens vernetzt in die großbürgerliche Kaufmannstradition dieser reichen Metropole. Dass gegen die noble Elbchaussee auf Dauer in Hamburg keine Wahlen zu gewinnen sind, ist eine Erkenntnis, die Olaf Scholz, der Wahl-Hamburger, dem Vernehmen nach selbst einmal formuliert hat. Für zwei Legislaturperioden amtierte er als Erster Bürgermeister im historischen Rathaus und findet sich so in einer Reihe von renommierten und respektablen SPD-Vorgängern wie Hans-Ulrich Klose, Klaus von Dohnanyi oder Henning Voscherau. Doch lange Regierungszeiten einer dominierenden Partei haben immer eine Kehrseite. Verwaltungen werden zunehmend mit Parteifreunden besetzt. Selbst die formal unabhängige Justiz erliegt zunehmend einer Beißhemmung gegenüber politischen Würdenträgern. In Hamburg ist dieser SPD-Filz in der Staatsanwaltschaft unübersehbar, wenn man sich den Skandal um den Steuererlass für die Warburg-Bank vor Augen führt, in dem der heutige Bundeskanzler eine prominente Rolle spielt, auch wenn er sich partout nicht erinnern will. Dabei hatten es diese Gespräche in sich. Denn die Warburg-Bank hatte sich vom Fiskus über Jahre mit fingierten Aktiengeschäften um den Termin der Dividendenausschüttung herum rund 170 Millionen Euro Kapitalertragsteuer erstatten lassen, die aber zuvor überhaupt nicht an die Staatskasse bezahlt worden waren. Betriebsprüfern der Hamburger Steuerbehörde war das aufgefallen. Dieses Cum-Ex-Geschäftsmodell, an dem sich viele Banken für reiche Kunden beteiligten, kostete den Fiskus nicht nur in Deutschland Dutzende Milliarden Euro. Es handelte sich wahrscheinlich um den folgenreichsten systematischen Steuerbetrug, den es je gab. Inzwischen ist dieser Betrug, für dessen gesetzliche Abstellung die deutsche Politik viel zu lange brauchte, auch höchstrichterlich sanktioniert. Ins Auge springt die politische Einflussnahme, die aus den vertraulichen Treffen des Warburg-Chefs mit dem Ersten Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz resultierte. Denn obwohl die Hamburger Steuerbehörde von der Warburg-Bank 47 Millionen Euro zurückgefordert hatte, machte sie binnen kürzester Zeit eine Kehrtwende, verzichtete auf die Rückzahlung, sodass die Ansprüche dann steuerrechtlich verjährten. Beteiligt an der politischen Einflussnahme war übrigens auch der damalige Hamburger Finanzsenator und heutige Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). An ihn verwies Scholz den Warburg-Bank-Chef. Der Finanzsenator leitete dann ein Schreiben der Bank an die Finanzbehörde weiter, in dem sie um die Aufhebung der Steuerrückforderung bat. Acht Tage nach Zuleitung des von Tschentscher mit einer Anmerkung versehenen Warburg-Schreibens verzichtete die Finanzbehörde auf die Rückforderung von 47 Millionen Euro. Verschweigen gilt übrigens vor Gericht als Lügen und ist strafbar. Deshalb kommt Oliver Schröm, ein Investigativ-Journalist, der über viele Jahre maßgeblich an der Aufdeckung des Cum-Ex-Skandals mitgewirkt hat, zu einem harten Urteil: „Wir haben einen Kanzler, der ein Lügner ist.“ Dass Scholz im Gegensatz zu den Bürgerschaftsabgeordneten und der Hamburger Öffentlichkeit vom Verfahren wusste, lässt sich belegen, weil der Anwalt von Scholz kurz vor dessen Einvernahme im Hamburger Untersuchungsausschuss das erste Mal bei der Staatsanwaltschaft interveniert und die Einstellung der Ermittlungen gefordert hatte. Vor der Bundestagswahl drängte der Scholz-Anwalt dann nochmals mehrfach auf die Einstellung der Ermittlungen, was dann auch unmittelbar vor der Bundestagswahl passierte. So schrieb jedenfalls das SPD-loyale Hamburger Abendblatt. Doch kurz nach der Bundestagswahl fanden dann die Razzien bei Frau P. statt. Ihr werden Begünstigung, Strafvereitelung, Geldwäsche und Untreue vorgeworfen. Die Ermittlungen laufen noch. Außerdem gibt es ein zweites Strafverfahren gegen die frühere Chefin des Finanzamts für Großunternehmen in Hamburg. Olaf Scholz ist ein Phänomen. Während der Lacher von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet im Wahlkampf Negativschlagzeilen produzierte und die Menschen erboste, tropfte der Warburg-Skandal am SPD-Kanzlerkandidaten einfach ab, ebenso wie die Veröffentlichung der Stasi-Akten über seine DDR-Kontakte als Juso-Funktionär. Nicht nur viele Medien, die sich nach vier langen Unions-Legislaturperioden förmlich nach einem Regierungswechsel sehnten, ließen Scholz mit unangenehmen Fragen in Ruhe. Der Mann mit dem Pokerface ließ sich nicht aus der Reserve locken, pochte auf seine Erinnerungslücken und konnte sich auch auf den Hamburger SPD-Filz verlassen. Selbst CDU und CSU kaprizierten sich in ihrer Wahlkampagne eher auf die Grüne Konkurrenz, wenn sie einmal nicht – wie CSU-Chef Markus Söder – ins eigene Laschet-Lager schossen. Als vorletzte Woche einige Dutzend Spitzenpolitiker der Union auf Einladung von Generalsekretär Paul Ziemiak eine Analyse der desaströsen Wahlniederlage vornahmen – Tenor: „Kandidat, Kampagne, Kommunikation – alles schlecht!“ –, dämmerte selbst dem für den Wahlkampf organisatorisch verantwortlichen Generalsekretär anschließend: Wir haben uns zu sehr mit den Grünen beschäftigt, als etwa die Verstrickungen von Olaf Scholz in die Cum-Ex-Affäre und den Steuerskandal um die Hamburger Warburg Bank zu thematisieren.
Sofia Taxidis
Als Erster Bürgermeister empfing er mehrfach den Inhaber der Warburg Bank. Kurz darauf verzichtete Hamburg auf hohe Steuerrückforderungen. Doch Kanzler Olaf Scholz erinnert sich nicht.
kolumnen
2022-01-20T12:37:38+00:00
2022-01-20T12:38:34+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/oswald-metzger-zur-ordnung/bundeskanzler-scholz-cum-ex-warburg/
Corona-Gesetze: Auch C&A zahlt keine Miete mehr
Bereits vor dem Bundestagsbeschluß vom 18.3.20 teilte der Konzern C&A Mode den Vermietern des Konzerns mit, dass aufgrund der behördlichen Anordnung der Betriebsschließung keine Miete mehr bezahlt werde und die März Miete anteilig zurückfordert wird – und das europaweit. „Wenn eine lokale Regierung offiziell die Schließung von Geschäften für mehr als einen Tag vorschreibt, wird dies von C&A als Ereignis höherer Gewalt angesehen, das C&A zur vollständigen Aussetzung seiner Verpflichtung zur Zahlung von Mieten berechtigt“, heißt es in einem Schreiben von Deutschlandchef Eric Brenninkmeijer und Finanzchef Hans Pollet. Ein ähnliches Vorgehen war bereits von Adidas für seine Shops bekannt geworden. Die Chancen für die Konzerne stehen gut, sich auf Kosten der Vermieter von Läden und Gewerbeflächen zu entlasten – sie können sich auf die neue  Gesetzgebung stützen, die kleine Mieter schützen will und dabei großen Unternehmen in die Hände spielt. Und C&A will ohnehin in den kommenden Jahren 100 Filialen schließen. Da kommt die neue Gesetzgebung der Bundesregierung gerade recht. Denn in der Begründung des „Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie“ heißt es: „Für die Mieter wird es insbesondere ein Problem sein, die laufende Miete für Wohn- beziehungsweise Gewerbeflächen zu begleichen“. Also werden die Vermieter auf Null gesetzt: Im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch sollen in Art. 240 BGB zeitlich befristet Regelungen eingeführt werden, die ein außerordentliches Leistungsverweigerungsrecht begründet. Schuldner können die Zahlung einstellen, wenn sie aufgrund der Folgen der Covid-19-Pandemie außerstande sind, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, oder der   angemessenen Lebensunterhalt gefährdet wäre. Auch Strom-, Wasser und Telekommunikationsschulden fallen darunter. Eine eidesstaatliche Erklärung an die Telekom. das Wasserwerk oder eben den Vermieter reicht. Besonders das Recht der Vermieter zur Kündigung von  Miet- und Pachtverhältnissen wird empfindlich eingeschränkt. Mietschulden, die in dem Zeitraum 1.4.2020 bis 30.6.2020 pandemiebedingt entstehen, berechtigen den Vermieter oder Verpächter nicht zur Kündigung des Miet- oder Pachtverhältnisses. Jetzt aber machen sich Großkonzerne als erstes diese so sozial angestrichene Gesetz zu nutzen und kündigen die Miete. Auch Unternehmen könnte anders geholfen werden – etwa mit den jetzt aufgelegten Kreditprogrammen. Aber die GroKo hat sich wohl vom linken Weltbild treiben lassen, wonach jeder Mieter arm und schätzenswert, und jeder Vermieter ein Vertreter der Ausbeuteklasse sei. Einer der Betroffenen der C&A-Kündigung schreibt uns dazu: »Da aufgrund notarieller Verpflichtung die Miete zur Bezahlung des Pflegeheimplatzes meiner Mutter verwendet wird, kann ich jetzt nur die Zahlung an das Pflegeheim aussetzen und abwarten, wie und ob es dann weitergeht, da C&A in dem zitierten Schreiben auch ankündigt, nach der Corona-Krise weitere „Zugeständnisse“ vermieterseitig zu erwarten.« Hier zeigt sich die zentrale Schwäche der aktuellen GroKo-Gesetzgebung: Es beginnt sozial mit dem Mieterschutz – aber die Wirkung kann extrem unsozial und schädlich für die gesamt Volkswirtschaft sein. C&A beitreibt in Deutschland 450 Filialen – jetzt beginnt flächendeckend die Mietkürzung. Was sozial klingt, schiebt die Probleme einfach eins weiter: Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten werden auf die Vermieter abgewälzt. Dumm nur, wenn der Mieter nicht ein armer Sozialhilfeempfänger ist, sondern ein Großkonzern und der Vermieter eher der Schwächere ist: Berlin stützt die aggressiven Unternehmen wie C&A oder Adidas. Aber das ist nur der Anfang. Denn auch die Vermieter können letztlich ihre Zahlungen aufschieben. Pauschal heißt es im Entwurf: „Für den Bereich des Zivilrechts soll mit diesem Gesetz ein Moratorium für die Erfüllung vertraglicher Ansprüche eingeführt werden, das Betroffene, die wegen der Covid-19-Pandemie ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbringen können, einen Aufschub gewährt. Dieser gilt für Geldleistungen und andere Leistungen.“ Damit könnte dieses Gesetz einen verhängnisvollen Prozess in Gang setzen: Niemand zahlt mehr an Niemand. Die Wirtschaft kommt dann nicht wegen der Pandemie endgültig zum Stillstand, sondern weil niemand mehr bezahlt. Der Kreislauf der Wirtschaft wird stillgelegt. Waren und Leistungen werden zurückgehalten. Der Kern der Marktwirtschaft wird zerstört, denn sie beruht auf Verträgen, die Leistung und Gegenleistung festlegen und Zahlungen erzwingen. Im Extremfall heißt das: Zukünftig kann, wer halbwegs vernünftig ist, nur noch gegen sofortige Zahlung oder besser noch Vorauskasse liefern – denn jede Rechnung kann mit Verweis auf Corona stillgelegt werden. Merkels Gesetze zerstören diesen Ansatz Ludwig Erhards, indem sie ihn umdrehen: Schlagartig wird möglicherweise der Wirtschaftskreislauf abgestellt, wenn alle dem Beispiel von Adidas und C&A folgen. Rechnungen müssen vorerst nicht mehr bezahlt werden. Die SPD triumphiert. Es ist wie ein später Sieg, den sie gegen die damalige Einführung der Marktwirtschaft erringt – damals hatte sie einen Generalstreik gegen Wohlstand und Wachstum und für Staatswirtschaft mit den Gewerkschaften zusammen organisiert. Nun soll diese Merkel-Regelung nur bis 30. September gelten. Klingt vordergründig vernünftig. Aber auch am 30. September wird kein Gläubiger schlagartig in der Lage sein, seine bis dahin aufgelaufenen Schulden zu bezahlen. Wie auch? Sicherheitshalber kündigt C&A in dem von TE dokumentierten Fall an, man werde auch danach über die Konditionen neu verhandeln. Und vorgesehen ist, dass der Wirtschaftsminister zusammen mit dem Justizminister den generellen Zahlungsaufschub bis 31. Juli 2021 verlängern kann. Das ist zu lange für Handwerker und Dienstleister, die auf ihr Geld warten. Aus der Vertragswirtschaft wird Willkürwirtschaft: Der Dumme ist, wer zahlt. Denn Pandemie hin oder her: Angesichts der Millionen und Abermillionen von Verträgen ist eine gerichtliche Überprüfung, ob hinter der Zahlungseinstellung wirklich die Pandemie steht, einfach nicht möglich. Und letztlich ist doch alles Pandemie, oder? Es gibt noch weitere Dumme: Das sind die, die im Vertrauen auf zukünftige Zahlung noch Leistungen erbringen, Güter verkaufen oder herstellen. Denn die Käufer sind von der Zahlung freigestellt – zunächst bis auf Weiteres, schließlich bis zum Sankt-Nimmerleinstag. Deutschland stellte damit ein, was nach 1949 sein Erfolgsmodell war: die Marktwirtschaft. Und kehrt zu einer Verordnungswirtschaft zurück. Der Staat und seine Bürokratien ziehen sich fein raus. Zwar werden Milliarden über Milliarden zur Verfügung gestellt und dazu Schulden aufgenommen, die zukünftige Generationen schwer belasten, weil die Wirtschaftskraft ja durch diese Regelung eingeschränkt wird. Schon jetzt heißt es aber in der Begründung des Gesetzes: Es sei „nicht mit Sicherheit zu sagen, ob es den … zuständigen Behörden in jedem Fall gelingen wird, den Antrag kurzfristig zu bearbeiten und die Gelder so zeitig auszuzahlen …“. Mit anderen Worten: Die Mühlen der Staatsbürokratie mahlen langsam, die Wirtschaft erstickt. Statt Gelder schnell auszuzahlen, werden also lieber alle Verträge auf Zahlungsverzögerung gestellt. Mehr Hohn und Spott für Bürger und Unternehmen, die arbeiten, hat sich noch keine Regierung erlaubt.
Roland Tichy
Bereits vor dem Bundestagsbeschluß vom 18.3.20 teilte der Konzern C&A Mode den Vermietern des Konzerns mit, dass aufgrund der behördlichen Anordnung der Betriebsschließung keine Miete mehr bezahlt werde und die März Miete anteilig zurückfordert wird - und das europaweit.
tichys-einblick
2020-03-27T13:23:01+00:00
2020-03-27T13:30:02+00:00
https://www.tichyseinblick.de/tichys-einblick/corona-gesetze-auch-ca-zahlt-keine-miete-mehr/
Der Text, der nicht beim Namen genannt werden darf
J.K. Rowling hat die ersten Bücher der Reihe um Harry Potter als Kinderbücher angelegt. Die Welt der Magie ist bunt und zuckersüß, der Einkauf in der Winkelgasse ein großes Abenteuer. Zu den wiederkehrenden Gags gehört es, dass die Zauberer den Namen des Oberschurken nicht nennen: Lord Voldemort. Seinen echten, Tom Riddle, kennen sie gar nicht. In den ersten Jahren der Bucherfolge wurde es zu einem Wortspiel, auch in der echten Welt von „der, dessen Name nicht genannt werden darf“ zu sprechen, oder von „Du weißt schon, wer“. Die Autorin JK Rowling selbst ist durch raue Zeiten gegangen. Wirtschaftlich war die dreifache Mutter ein Sozialfall. Privat musste sie Missbrauch durch ihren Mann durchleiden. Menschen, die durch tiefe Täler gewandert sind, haben einen besseren Blick für die Welt als die, die ihre ganze Zeit auf der Sonnenseite verbracht haben. Heute kennt die westliche Kultur nur wenige Kritiker, die einen klareren Blick beweisen als Rowling. Das Opfer von Missbrauch hat früh erkannt und benannt, dass Männer in die Schutzräume von Frauen vordringen, wenn die Gesellschaft ihnen erlaubt, sich ohne jede Prüfung zu Frauen zu erklären. Ein kleiner Teil der Grünen glaubt das erst, wenn Transfrauen in Gefängnissen echte Frauen vergewaltigen. Ein großer Teil der Grünen weigert sich selbst dann noch, das zu erkennen, was nicht beim Namen genannt werden darf, selbst wenn es vor ihren Augen passiert. Schon als Autorin war Rowling hellsichtig. So gehört zu ihren genialen Schöpfungen die des Premierministers der Zauberer, Cornelius Fudge. Im zweiten und dritten Band ist er noch ein netter, wenn auch leicht peinlicher Onkel, der mit seinem Amt überfordert ist. Im vierten Buch zeigt sich, dass Fudge eher bereit ist, seine Untertanen zu opfern, als die Führung über sie aufzugeben – oder auch nur zu gefährden. Wobei Fudge ein sprechender Name ist. Das Wort steht im Englischen zum einen für Kuhhandel und zum anderen für überzuckertes, weiches Konfekt. In einer Figur hat Rowling also schon Robert Habeck, Olaf Scholz und Friedrich Merz beschrieben, noch bevor sie diese als Britin gekannt haben dürfte. Diese Klarsicht hat die Erfolgsautorin in ihrem Werk erst recht bewiesen. Ihre Parodie auf Menschen, die Dinge nicht beim Namen nennen wollen, erweist sich in diesen Tagen immer öfters als gelebte Realität. Etwa in der deutschen Politik. Da hat Christian Lindner seine FDP-Wähler damit gelockt, er wolle „mehr Musk und Milei wagen“. Ein Kuhhandel, mit dem er vergessen machen wollte, dass er bisher stets opportunistisch vor jedem grün-roten Druck eingebrochen ist. Doch als dieser Druck erneut auftrat, brach der FDP-Chef in sich zusammen wie ein überzuckertes Törtchen. Auf dem Dreikönigstreffen kritisierte er dann Tesla-Gründer Elon Musk und sprach dabei von einem „gewissen Unternehmer“. Wer Christian Lindner verstehen will, muss nur Harry Potter lesen. Dort hat ihn J.K. Rowling angemessen berücksichtigt. Am Rande. Als Witzfigur, die gefährlich wird, wenn man ihr Verantwortung überlässt. Oder Friedrich Merz und Markus Söder. Die Chefs der Union wollen mit den Grünen und der SPD regieren, brauchen dafür aber die Stimmen konservativer Wähler. Deswegen tun sie ein wenig so als ob, schließen aber jede echte konservative Politik aus, wie sie etwa die FPÖ betreibt. Die fürchten Merz und Söder derart, dass sie über diese reden als von „… dem, was in Österreich passiert“. Die Voldemortisierung der deutschen Politik schreitet voran. Die Tagesschau ist dabei. Der ARD-Sender RBB hat über den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs gegen den grünen Abgeordneten Stefan Gelbhaar berichtet. Der hat in der Folge seinen sicheren Listenplatz an Habecks Wahlkampfleiter Andreas Audretsch verloren. Nun stellt sich heraus: Das war wohl eine Intrige: Eine grüne Politikerin hat mit einem billigen Trick die „Journalisten“ des RBB übertölpelt. Oder wie die ARD-Nachrichten auf X schreiben: „Neue Entwicklung im Fall Gelbhaar“. Oder: Die journalistische Panne, die nicht beim Namen genannt werden darf. Die Tagesschau hat die MeToo-Bewegung unterstützt, die den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs mit Verurteilung und Bestrafung gleichsetzen wollte. Auch wenn der Vorwurf sich – wie bei Gelbhaar – als falsch erweist. Diese „neue Entwicklung“ zuzugeben, ist die Korrektur, die nicht beim Namen genannt werden darf. Auch nicht, dass es eine Korrektur ist. Denn in ihrem eigenen Weltbild ist die ARD der von „unserer Demokratie“™ beauftragte, unfehlbare Hüter der Wahrheit. In der Realität arbeiten dort handwerklich schwache Journaktivisten, die jede Ente schlucken, wenn sie nur ins eigene ideologische Profil passt. Die dann ungeprüft über Fernseher berichten, die ganze Viertel mit Strom versorgen, und die Rassismus darin sehen, dass dieses Wunderwerk eines schwarzen Erfinders noch nicht in Serie produziert wird. Entpuppt sich wieder mal eine Ente als solche, dann ist das halt eine „neue Entwicklung“. In Rowlings Zauberwelt ist es (anfangs) nicht verboten, Lord Voldemort beim Namen zu nennen. Nur verpönt. FDP, Grüne und SPD sind einen Schritt weitergegangen: Sie haben es unter empfindliche Strafe gestellt, einen Mann beim Namen zu nennen, wenn dieser sich als Frau versteht. Eine Transfrau sei eine Frau. Punkt. So hat die grüne Familienministerin Lisa Paus dieses Gesetz begründet. Nun gibt es Marla-Svenja. Nach dem deutschen Selbstbestimmungsgesetz ist es verboten, Marla Svenja S… zu nennen. Den gab es, und er war ein wegen Volksverhetzung verurteilter Rechter, nun hat er aber die Frau in sich entdeckt. Damit treibt er Linke vor sich her. Einerseits wollen sie gegen den rechten S… kämpfen, andererseits Marla Svenjas Recht auf eine neue Identität verteidigen. Denn Missbrauch des Selbstbestimmungsgesetzes könne es angesichts linker Unfehlbarkeit ja gar nicht geben. Jetzt steht dieser Ihr wisst schon was aber im Raum und will beschrieben werden. Also schreibt die Zeit auf X: „Eine rechtsextreme Person aus Halle beschäftigt seit Jahren deutsche Behörden. Nun hat sie ihren Namen und Geschlechtsantrag ändern lassen – nicht die erste Provokation.“ Der Missbrauch darf kein Missbrauch sein, weil es ihn nicht geben kann. Marla-Svenja darf nicht S… sein, weil das den Missbrauch beweisen würde. Also voldemortisiert die Zeit von einer „Person“, die eine „Provokation“ verübe. Oder: Ihr wisst schon wer macht ihr wisst schon was. Die ersten Potter-Bücher sind bunt und kindgerecht. Ab dem vierten Band wird es düsterer, kehrt Lord Voldemort zurück und begründet im siebten und letzten Band eine Tyrannei. Die übertriebene Vorsicht mit seinem Namen bekommt nun eine neue Bedeutung: Weil nur echte Gegner der Tyrannei sich trauen, den Tyrannen Lord Voldemort zu nennen, belegen dessen Anhänger diesen mit einem echten Tabu. Damit erkennen sie den, der ihn ausspricht, und können ihn als Staatsfeind überführen, bestrafen oder gar töten. Betrachtet man sich die Mutation der woken Bewegung von einem anfangs berechtigten Anliegen zu einer gefährlichen, autoritären, freiheitsgefährdenden Ideologie, dann lässt sich Rowling gar nicht stark genug für ihren literarischen Geniestreich feiern. Die Autorin hat alle Motive geliefert, die Figuren dazu antreibt, Lord Voldemort nicht beim Namen zu nennen. Da gibt es den herzensguten, aber ein wenig einfältigen Halbriesen Hagrid, der sich vor dem Namen einfach fürchtet. So wie der politische Vollzwerg Lindner sich nicht traut, unwoke Positionen zu beziehen, weil er sich vor der lautstarken Rache der Woken fürchtet. Da gibt es die rückgratlosen Politiker wie Fudge, die aus Opportunismus und Ablenkung von „dem“ reden, „was in Österreich“ passiert. Sorry. Das war gar nicht Fudge, das waren Merz und Söder. Kann man ja mal verwechseln. Ganz am Schluss fallen aber die Masken, wie sie die Voldemorts Anhänger, die Todesser tragen. Dann ist es weder lustig noch feige von Ihr wisst schon wem zu sprechen. Dann ist es das Verbot einer autoritären Bewegung, die Sprechverbote nutzt, um ihre Gegner erkennen und verfolgen zu können. Noch ist Deutschland in einer Zwischenphase, in der das Nennen von Namen schon gesetzlich verboten ist, aber über den Fall Marla-Svenja noch gelacht werden kann. Doch das ist nicht lustig. Es ist Ausdruck dafür, dass die FDP mit SPD und Grünen ein Gesetz beschlossen hat, das die Nennung von Namen unter Strafen gestellt hat, um die Gegner der woken Politik verfolgen zu können. Ein Gesetz, das Logik, Biologie und Wahrheit unter Strafe stellt. Das Selbstbestimmungsgesetz ist Irrsinn. Es ist gefährlich und bedroht den Rechtsstaat. Das ist die Wahrheit. Die muss beim Namen genannt werden. Denn sonst gilt, was Rowling den größten Zauberer aller Zeiten sagen lässt, Albus Dumbledore: „Nenn die Dinge immer beim richtigen Namen. Die Angst vor einem Namen steigert nur die Angst vor der Sache selbst.“
Anna Diouf
In den Büchern um Harry Potter ist es lustig, dass die Zauberer den Bösewicht Lord Voldemort nicht beim Namen nennen. Anfangs. Später schlägt es in eine Tyrannei um. Was J.K. Rowling als Literatur erdacht hat, lebt die deutsche Politik Stufe für Stufe nach.
meinungen
2025-01-20T16:29:18+00:00
2025-01-20T16:34:52+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/voldemortisierung-der-deutschen-politik/
TE-Livesendung zum Wahlsonntag - heute Abend bitte einschalten!
Warum ist man bei aktuellen Berichterstattungen zu Wahlen immer ein Stück weit auf die Öffentlich-Rechtlichen angewiesen? Die vorgefertigten Erklärungen für die Ergebnisse abgeben, bei denen am Ende die Schuld immer bei „den Rechten“ liegt, und Koalitionsrechner nur politisch gewollte Bündnisse zeigen. Wir möchten unseren Lesern eine echte Alternative bieten, daher wird TE am heutigen Sonntag zu den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg einen Livestream machen – in Bild und Ton, mit allem was dazu gehört. Unsere junge Redaktion sendet aus Berlin neben aktuellen Nachrichten auch Analysen und Gespräche. U.a. Hans-Georg Maaßen, Thilo Sarrazin, INSA-Chef Hermann Binkert, Tomas Spahn, Roland Springer, Rainer Zitelmann, Georg Gafron und natürlich Roland Tichy werden zugeschaltet sein. Wir werden die Ergebnisse im Kontext der politischen Entscheidungen der letzten Wochen beleuchten. Welche Auswirkungen haben Ewig-Lockdown, Impf- und Testdesaster? Hat die Entscheidung der Verfassungsschutzes die AfD zu beobachten so kurz vor der Wahl etwas verändert? Was bedeutet das für unser Parteiensystem, wohin strebt Deutschland? Diese Frage werden wir beleuchten, so wie Sie es von uns gewohnt sind: Meinungsstark und ungeschönt, aktuell und auf den Punkt. Wir starten um 17:30 Uhr, schalten Sie einfach hier auf der Seite ein – kostenlos und unkompliziert. Wir freuen uns auf Sie!
Max Mannhart
Kommenden Sonntag sind in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Landtagswahlen. TE sendet den Abend lang live, alle Ergebnisse und Nachrichten, Hintergründe und Debatten zum Thema.
daili-es-sentials
2021-03-13T10:18:16+00:00
2021-03-14T16:18:47+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/te-livesendung-zum-wahlsonntag-morgen-bitte-einschalten/
Bodo Ramelow im Hubschrauber fort und nach Hause - Dienstauto fährt voraus
Nun also Bodo Ramelow (65), von Merkel installierter Ministerpräsident in Thüringen von der Partei Die Linke. Der MP hat seine Dienstlimousine mehrfach zu Terminen vorausfahren lassen, zu denen er selbst mit dem Hubschrauber geflogen wurde. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Dirk Bergner (56) hervor. Demnach geht es konkret um 15 Fälle, in denen ein Chauffeur vorausgefahren ist und Ramelow am jeweiligen Landeplatz einsammelte. Von dort aus ging es per Auto zum Zielort – wie z. B. Rüsselsheim, Hannover, Berlin. Start und Endziel war gelegentlich wohl auch die Bleichlochtalsperre, wo der MP ein Häuschen hat. So pendelt es sich angenehm. Bergner: „Wer die Menschen im Land beim Klimaschutz gängelt, sich selbst aber mit dem Hubschrauber zu Terminen fliegen lässt, während das Auto leer vorausfährt, predigt Wasser und gönnt sich selbst den teuersten Wein.“ Laut Antwort der Regierung dienten die Flüge der Zeitersparnis. Zu Kosten wurden keine Angaben gemacht. Aus dem Vertrag geht hervor, dass Fiege eine bevorzugte Behandlung erfahren hat. Während mehr als 70 Unternehmen das Spahn-Ministerium verklagen müssen, weil es wegen angeblicher Mängel die Zahlung verweigert, wurde Fiege die Zahlung auch bei Mängeln zugesichert. So enthält der Vertrag eine besondere Klausel: „Im derzeitigen Markt ist es in der Regel aktuell erforderlich, dass FIB den Ankauf bei seinen Lieferanten schon vor der Prüfung tätigt. Den Parteien ist das bewusst und die damit verbundenen Risiken aus dem Kaufvertrag trägt BGM.“ Auch andernorts fehlt jedes Gespür. Gerade wird wieder über einen Lockdown Total diskutiert, der Politiker nicht betrifft; sie werden ja reicher währenddessen. Ein Gang durch die Fußgängerzone zeigt: Vermutlich ein Drittel der Geschäfte sind für immer geschlossen. Die Kunden sind abgewandert, ins Internet; manche werden den Weg zurück zum Fachhändler nicht mehr finden. Viele Inhaber mussten schon heute aufgeben – weil ihre Reserven aufgebraucht sind, die versprochene Staatshilfe nicht angekommen ist, oder weil sie den Mut und die Initiative verloren haben. Und jetzt noch ein Lockdown und dann noch einer. Kein Wunder, dass die Bürger sensibel und ärgerlich auf die Selbstbereicherung reagieren. Denn es sind sie, die doppelt leiden: Unter Einkommensverlust und Existenzzerstörung – und dann später wieder an noch höheren Steuern. Bodo Ramelow und Jens Spahn kann das kalt lassen. Bis dahin haben sie ihre Schäfchen im Trocknen. Da lässt es sich leicht lachen und fröhlich sein.
Roland Tichy
Bodo Ramelow und Jens Spahn kann jeder Lockdown kalt lassen. Bis dahin haben sie ihre Schäfchen im Trocknen. Da lässt es sich leicht lachen und fröhlich sein.
daili-es-sentials
2021-04-10T11:53:28+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/bodo-ramelow-im-hubschrauber-fort-und-nach-hause-dienstauto-faehrt-voraus/
Die Lust am Bösen verspielt
Frank Underwood ist tot. Die Königsfigur weg. Das Matriarchat übernimmt. Claire Underwood, die neue feministische Ikone des modernen Amerikas, thront über allem. Kein Frank, dafür mehr Claire, weniger Patriarchat aber mehr Frauenpower. Funktioniert das? Sagen wir es so: Bei acht Folgen ohne Serien-Ankermann Spacey bedarf es einer gewissen Magie, um das Publikum wach zu halten. Rekapitulation: Was geschah in Washington am Ende von Staffel 5? Da gab es den Ehekrach bei den Underwoods. Dann Claires Affäre, sie wollte ihren Francis verlassen und die Scheidung, entschied sich dann aber anders. Warum genau? Vergessen. In Erinnerung blieb, dass sie eigene Ambitionen aufs höchste Amt hatte und ausserdem Journalisten kurz davorstanden, die düsteren Angelegenheiten von Präsident Underwood an die Öffentlichkeit zu befördern. Frank war also angezählt. Aber dann wurde er zu Staub – und mit ihm Kevin Spacey, zumindest in Hollywood. Spacey wurde nach Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs aus der Show geschmissen. Möglicherweise war Frank Underwood seine letzte bedeutende Rolle. Die Drehbuchautoren waren gezwungen, Staffel 6 überstürzt umzuschreiben, und rückten Claire Underwood in den Mittelpunkt. Achtung, Spoiler. Claire ist nun also Präsidentin. Wie ihr verstorbener Gatte ist sie skrupellos, versprüht Kälte, ihr ständiger Begleiter ist die wohldosierte Arroganz. Optisch ist sie (wie eh und je) ein Hingucker in ihren wie angegossenen Bleistiftkleidern und den Schuhen, in denen es keine Frau länger als zwei Stunden aushält. Ihr Erscheinungsbild ist das einer Frau, die sechs Mal pro Woche frühmorgens 40 Längen schwimmt und nur Lebensmittel mit ganz vielen Antioxidantien zu sich nimmt. Claire hat immer diesen lässigen Blick, der ihr absolute Kontrolle attestiert. Der einzige Anflug von Imperfektion (und etwas Menschlichkeit) offenbart sich, wenn Madam President barfuss im Seidenpyjama durchs weisse Haus tappt. Die aufregendsten Begegnungen hat Claire mit ihrer liebsten Intimfeindin aus Jugendjahren Annette Shepherd (gespielt von der wunderbaren Diane Lane aus „Untreu“). Annette entstammt einer superreichen Familie, die offenbar als eine Art geheime dritte Partei fungiert, zu Bruder und Sohn unterhält sie gleichermassen eine schräg-innige Beziehung. Alle drei wollen sie Claire tot haben, weil sie irgendein Abkommen nicht unterschreibt – oder so ähnlich. Persönlich habe ich ab Folge 4 aufgehört, einen Sinn in der Handlung zu suchen. Grundsätzlich arbeiten sämtliche Figuren (auch die guten) auf die Absetzung oder das Ableben der Präsidentin hin – wenn sie zuvor nicht selbst abgemurkst werden. Unter Mord läuft in dieser Staffel nichts, am Ende wird noch der Nuklearkrieg bemüht. Natürlich ist da immer noch Doug Stamper, der ultratreue Frank-Diener und Experte in Sachen Lügen, Vertuschung und Spionage, aber so gerne man den verschrobenen Typen mag, ohne Frank wirkt die Figur so verloren wie eine einzelne Ente auf dem zugefrorenen Potomac River. Irgendwann ist Claire plötzlich schwanger, wie das zustande kam, wird nicht erklärt, dafür erfahren wir, zu was es sie laut eigener Aussage macht: „Vater, Mutter, Oberhaupt und Freundin“. Sie trägt aber nicht das Kind eben dieser Affäre in sich, sondern Franks. Und weil die Drehbuchautoren wie gesagt von sinnstiftendem Inhalt Abstand genommen haben, spielt es auch keine Rolle, dass in den fünf vorherigen Staffeln immer völlig klar war, dass die beiden nie Kinder wollten. Das Grande Finale hält dann noch die Antwort auf die zu dem Zeitpunkt längst entbehrlich gewordene Frage bereit, wer oder was denn jetzt eigentlich Franks Hinscheiden herbeigeführt habe. Es sei hier nicht verraten, nur so viel: Es gibt Ideen, die man vernünftigerweise nicht in seinen Plot einbaut. Staffel 6 mobilisiert viel Frauenstoff. Es gibt immer wieder Anspielungen auf Feminismus, Sexismus, männliche Dominanz und Überlegenheit. So verspricht Claire gleich in der ersten Folge, sie werde mehr für Gleichberechtigung tun. Als eine Soldatin sie fragt, ob sie überhaupt einen Plan habe, antwortet die Präsidentin: „Hätten sie mich das auch gefragt, wenn ich ein Mann wäre?“ Sie sagt Sätze wie: „Die Herrschaft des alten weissen Mannes ist vorbei“ – und will an anderer Stelle erneut wissen: „Verurteilt man mich, weil ich eine Frau bin?“ Das feministische Manifest erreicht seinen Höhepunkt, wenn Madam President irgendwann ihr ganzes Kabinett entlässt und es komplett durch Frauen ersetzt. „House of Cards“ war immer eine wichtige Serie für Netflix. Mit dem Polit-Drama wurde der Streaming-Dienst als Film- und Serien-Produzent erst so richtig wahrgenommen. Netflix gibt keine offiziellen Zahlen zu den Ratings heraus. Gemäss einem Artikel des amerikanischen Businessmagazins „Fast Company“, das sich auf Zahlen der Nielsen Rating-Agentur beruft, brach die Zuschauerzahl bei der letzten Staffel signifikant ein: Während bei der ersten Folge von Staffel 6 durchschnittlich noch 2.9 Millionen US-Zuschauer innerhalb der ersten sieben Tage nach Verfügbarkeit einschalteten, sank die Zahl bei der fünften Folge in der gleichen Zeitspanne auf 1.2 Millionen, das Finale wollten sich noch 901’000 Zuschauer antun, Pardon, ansehen. Die Interpretation der Zahlen ist nicht sonderlich komplex: Die Leute waren anfangs neugierig und verloren immer mehr das Interesse. Laut dem Nielsen-Report ist das Publikum älter und weiblicher geworden: Bei Staffel 5 machte die Gruppe der 18-34-jährigen 35% der Zuschauer aus, in der letzten Staffel 22%, während die Gruppe der über 65-jährigen sich mit 21% mehr als verdoppelte. Den Frauen hat es offenbar gefallen: 54% der Zuschauer waren weiblich, bei Staffel 5 waren es 44%. Ein älteres Publikum anzusprechen, ist grundsätzlich etwas Positives, denn gerade diese Gruppe wird bei Film und Fernsehen häufig vernachlässigt – im Plot und auch bei der Besetzung. So ist es auch begrüssenswert, wenn sich Filmemacher darum bemühen, vermehrt Damen im mittleren Alter in ihre Projekte einzubinden, deren Angebote für gute Rollen noch schneller austrocknen als die Haut. Die „House of Cards“-Macher haben mit Robin Wright (52), Diana Lane (53), Patricia Clarkson (58), Sakina Jaffrey (56) und Constance Zimmer (48) gleich mehrere grossartige Schauspielerinnen jenseits der vierzig für tragende Rollen verpflichtet. In einer TV- und Filmlandschaft, wo Profilerinnen aussehen wie Supermodels und 20-jährige Evolutionsbiologinnen mit drei verschiedenen Doktortiteln inklusive Nobelpreis die Welt retten, ist das wohltuend authentisch. Das Problem bei der letzten Staffel von „House of Cards“ ist nicht der Cast. Auch nicht die Frauen-Lastigkeit – es gibt viele hervorragende Serien mit starken weiblichen Hauptrollen wie „Big Little Lies“ oder „Scandal“. Ausserdem ist es sinnvoll, gesellschaftliche Strömungen wie Feminismus aufzugreifen: Angesichts einer weiblichen Präsidentin bietet sich ein Bekenntnis zu femininer Stärke geradezu an. Das Problem ist die Umsetzung. Mit plakativen Elementen, Kampfbegriffen wie jenem der alten weissen Männer oder dem naiven Anheuern eines women only-Kabinetts kommt Staffel 6 daher wie eine forcierte Hommage an den Feminismus. Es scheint den Hollywood-Autoren mehr um die moralische Beeinflussung des Publikums zu gehen als um einen raffinierten (und vor allem greifbaren) Plot. Dass die Fortführung ohne Spacey eine Herausforderung sein würde, war klar. Ohne ihn spielen die Figuren wie auf einem Schachbrett, auf dem von Beginn weg der König fehlt. „House of Cards“ ist Kevin Spacey. Die Serie wurde um seine Rolle herum geschrieben. Spaceys Frank war vielschichtig: verroht und diabolisch und charmant und lustvoll und kalt. Man schwankte stets zwischen Abscheu und Sympathie. Wrights Claire ist nur kalt. Und so rollt sie eben mit der Subtilität einer Dampfwalze durch die letzten Folgen. Robin Wright spielt gut, aber man hat das Gefühl, der Plot lässt ihr keinen Raum zur Entfaltung von mehr Charisma und Persönlichkeit. Er macht aus ihr eine eindimensionale Königinwitwe und aus der einst gerissenen Polit-Satire eine plumpe Aneinanderreihung von Mordkomplotten. Es liegt aber auch an der grossen Schwäche praktisch aller Serien, dass irgendwann der Spannungsbogen überzogen ist. Die Ideen sind aufgebraucht, es gibt keine Überraschungsmomente oder unberechenbaren Wendungen mehr. Aus finanztaktischen Überlegungen hängen die Produzenten dann meistens noch eine Staffel an, und dann noch eine. Aber aufhören, wenn’s am Schönsten ist, wäre hier vermutlich die bessere Hommage gewesen. Der Beitrag erschien zuerst in der Schweizer Weltwoche.
Sofia Taxidis
Keine Frage, Robin Wright macht ihre Sache gut. Aber "House Of Cards" ohne Kevin Spacey ist wie Schach spielen ohne König. Man kann es gleich bleibenlassen.
kolumnen
2018-12-23T17:16:15+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/agente-provocatrice/die-lust-am-boesen-verspielt/
Droht der Verfassungsschutz den Ostdeutschen?
Man kann Thomas Haldenwang nicht vorwerfen, dass er kein Traditionsbewusstsein besäße, doch stellt der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz selbst die Frage, in welche Tradition er sich begibt. Ein Inlandsgeheimdienst, der seine Hauptaufgabe darin sieht, in den politischen Prozess, in Wahlen einzugreifen, und der sich zum Büttel parteipolitischer Interessen macht, delegitimiert sich selbst. Im Osten weckt Haldenwangs Vorgehen schlimme Erinnerungen. Fassungslos verfolgt man, wie der Mann mit dem Charme eines Bürokraten den Verfassungsschutz zum Schild und Schwert der Ampel umbaut. Gestern informierte TE über den Bericht im Redaktionsnetzwerk Deutschland, dass nach der Wahl in den drei ostdeutschen Bundesländern für den Fall, dass die AfD in einem der Länder an der Regierung beteiligt werden würde, „das jeweilige Landesamt für Verfassungsschutz vom Informationsfluss der anderen Verfassungsschutzämter abgeschnitten“ werden würde. „Eine entsprechende Entscheidung sei bereits getroffen worden, hieß es.“ TE stellte nun der übergeordneten Behörde des Bundesamtes, dem Bundesinnenministerium, folgende Fragen: Ein Sprecher des Bundesinnenministerium äußerte sich dazu nur kurz – knapp und vielsagend: „Das BMI äußert sich grundsätzlich nicht öffentlich zur Zusammenarbeit der Nachrichtendienste. Für das Bundesamt für Verfassungsschutz gelten die gesetzlichen Vorschriften des Bundesverfassungsschutzgesetzes.“ TE fragte aber auch das Bundesamt für Verfassungsschutz: Anscheinend waren wir nicht die einzigen, die nachgefragt hatten, denn wir erhielten postwendend die nicht weniger vielsagende Antwort: „Wir bitten um Verständnis, dass wir zu dem Sachverhalt keine Stellung nehmen.“ Das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) berief sich als Quelle für seinen Bericht auf „Sicherheitskreise im Bund und in den Ländern“. Wenn das RND Informationen aus „Sicherheitskreisen“, also aus dem Verfassungsschutz, erhalten hatte, dann kommen dafür nur zwei mögliche Gründe in Betracht: Erstens, ein Schlapphut hat sich wichtig machen wollen und beim Bier zu viel geredet, wobei er seiner Phantasie freien Lauf ließ. Dann hätte das Bundesamt problemlos dementieren und den Unfug als Unfug bezeichnen können. Dass man sich hingegen nicht äußern will, legt die Vermutung nahe, dass man zumindest sich in derartige Planspiele verläuft. Oder zweitens, die Staatsschlapphüte haben nach Art ihres Chefs, der sich für einen Meister der Geheimdienstintrige misszuverstehen scheint und gern verfassungsschutznahe Journalisten auf gemeinsame Ziele einsingt – siehe Correctiv-Affäre –, eine bewusste Indiskretion vorgenommen. Bemerkenswert ist, dass weder das Bundesinnenministerium noch das Bundesamt für Verfassungsschutz dementieren möchten, sondern sich nur nicht äußern wollen. Wenn man nach dem Grund für dieses Spielchen fragt, dann findet man ihn möglicherweise in den Techniken des Ministeriums für Staatssicherheit zur Zersetzung des politischen Gegners. Neu wäre das in der Geschichte der deutschen Republik nicht. Denn am 20. Juli 1932 erließ Reichpräsident Paul von Hindenburg eine Notverordnung, durch die die Landesregierung von Preußen unter dem Ministerpräsidenten Otto Braun (SPD) abgesetzt und Reichskanzler Franz von Papen als Reichkommissar für Preußen eingesetzt wurde. Der so eitle, wie intrigante, wie inkompetente Papen rechtfertigte den sogenannten Preußenschlag damit, dass „die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Preußen nicht mehr gewährleistet“ sei. Ein mögliches Szenario könnte so aussehen: Vom Informationsfluss auszuschließen, würde nur der erste Schritt sein. Denn einem Amt, das mit den anderen nicht zusammenarbeiten kann, würde man in einem zweiten Schritt unterstellen, seinen Aufgaben nicht mehr gerecht werden zu können. Worauf der dritte Schritt erfolgen müsste, dass Haldenwangs Bundesamt die Kompetenzen des betreffenden Landesamtes an sich ziehen würde. Alles natürlich nur, um „Ruhe und Ordnung“ zu gewährleisten. Würde dann der Verfassungsschutz vom Verfassungsschutz ausspioniert? Der Einsatz von agents provocateurs und der quasi verbeamteten Regierungsdemonstranten, die man in die betreffenden Landeshauptstädte auf Steuerkosten chauffieren würde, wäre denkbar. Im vierten Schritt steht dann zu befürchten, dass in dem betreffenden Bundesland Abgeordnete und Regierungsmitglieder von Haldenwangs Gesinnungsbehörde überwacht, ausgespäht würden und schließlich unter Vorwänden, die noch so windig sein können, denn diese Regierung ersetzt zunehmend das Recht durch die Gesinnung, würde man dann die Landesregierung absetzen. Was nicht gelingen wird, ist die Wähler in Ostdeutschland einzuschüchtern. Haldenwang ist, will er sein Ziel, die Wahlergebnisse der AfD zu reduzieren, verwirklichen, schließlich gezwungen zu eskalieren. An dieser Stelle sei an Bärbel Bohley erinnert, deren Worte, die Chaim Noll überlieferte, man in diesen Tagen nicht häufig genug zitieren kann: „Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen – das wird wiederkommen, glaubt mir. Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.“
Klaus-Rüdiger Mai
Ein Inlandsgeheimdienst, der seine Aufgabe darin sieht, in politische Prozesse und Wahlen einzugreifen, delegitimiert sich selbst. Im Osten weckt Haldenwangs Vorgehen schlimme Erinnerungen. Fassungslos verfolgt man, wie er den Verfassungsschutz zum Schild und Schwert der Ampel umbaut.
meinungen
2024-08-02T10:22:38+00:00
2024-08-02T10:22:39+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/verfassungsschutz-haldenwang/
Politische Korrektheit, das größte Theaterstück der Geschichte
Einst waren wir Affen, so sagen die Anthropologen, und dann kamen wir von den Bäumen herunter, und dann erfanden wir das Theater. Heute ist das deutsche Theater weniger spannend als die Pressekonferenz der Bundesregierung – beides ist ein Schauspiel, aber bei der Pressekonferenz stellt wenigstens gelegentlich ein frecher ausländischer Journalist eine echte Frage, was bei der steuerfinanzierten Haltungserziehung im Theater ja eher seltener passiert – doch das war nicht immer so! Gegeben, das moderne Elend, könnte uns aus dem Blick geraten, dass es eigentlich eine so komplexe wie intellektuell spannende Angelegenheit ist, was da passiert, wenn Menschen »schauspielen«. Ein Mensch spricht die Rolle eines anderen Menschen, auf dass ein in die Verstellung eingeweihtes Publikum mit den dargestellten Figuren mitfiebert. Theater zu spielen ist (eigentlich) eine Dienstleistung. Der zahlende Kunde sagt zum Friseur: »Schneide mir die Haare!«, zum Bäcker: »Verkauf mir ein Brot!«, und zum Schauspieler: »Spiele mir einen Charakter vor, auf dass ich unterhalten werde!« Nicht in allen, aber doch in vielen Kulturen entwickelten sich jeweils eigene Formen des Theaters. In Indien beispielsweise entstand etwa um das 1. Jahrhundert v. Chr. das Sanskrit-Theater, und das indische Stück »Abhijnanashakuntala« in seiner englischen Übersetzung soll sogar als Inspiration in Goethes Faust eingeflossen sein (siehe Wikipedia). Die Grenzen zwischen Theaterspiel und Gottesdienst sind teilweise fließend. Wenn im antiken Griechenland etwa als Teil des Osiris-Kultes die Handlungen eben dieses Gottes nachgespielt wurden, oder wenn Gläubige auf der Via Dolorosa in Jerusalem ein Kreuz tragen, ist das noch Gottesdienst oder schon eine Form des Theaters? Beides, das Vorspielen eines unterhaltsamen Stückes und das Nachspielen einer mythischen Handlung, bedient tiefe menschliche Bedürfnisse, und zwar die gleichen, von denen auch Kinder getrieben sind, die »als ob« spielen (vorausgesetzt, dass sie im Zeitalter des digitalen Heroins namens »Smartphone« und »Tablet« noch zu diesen für die Entwicklung von Geist und Gemüt so wichtigen Arten des kindlichen Spiels kommen). Es ist dem Menschen angeboren, Rollen und Sätze »ausprobieren« zu wollen, und zwar nicht als Lüge, wo einer den anderen täuscht, sondern als vereinbartes Spiel mit geteilten Regeln. Im (Schau-) Spiel lassen sich Realitäten ausprobieren und dann auch Wahrheiten sagen, die man direkt und unverstellt nicht sagen will – oder nicht darf, wenn einem Leben und Existenz lieb sind. Aus Hessen hören wir aktuell: »Frau in Idstein erstochen – Ehemann in Haft« (hessenschau.de, 25.12.2019) – so zumindest die Formulierung des Staatsfunks. Anderswo lesen wir Informationen, die überhaupt nicht ins linke Narrativ passen: »Afghane (31) tötet Ehefrau (26) aus Eifersucht – „Ihr Gesicht war komplett zerschnitten“« (bild.de, 26.12.2019 (€)) – makaber: Wir sehen bei bild.de auch ein Foto der Toten, auch ohne zu bezahlen, und das Gesicht, das wir da sehen, existiert nicht mehr. Ich kenne so manches Paar, einige verheiratet, andere nicht, und auch einige, die getrennt leben, aber gemeinsame Kinder haben. Alle Paare, die ich kenne, hatten schon mal Streit und Meinungsverschiedenheiten. Niemand, wirklich niemand, den ich kenne oder jemals gekannt habe, ist jemals auf die Idee gekommen, ein Messer oder auch »nur« eine Hand gegen seine Frau zu erheben. Ich finde keine höflichen Worte zu jener Tat. Bezahlte Lügner und Gehirngewaschene werden uns sagen, dass Gewalt von der Art wie in Idstein in allen Kulturkreisen gleich wahrscheinlich vorkommen kann. Wenn das stimmt, dann muss ich mit meinem Bekanntenkreis mit Menschen aus vielleicht einem Dutzend verschiedener Länder, statistisch betrachtet enormes Glück gehabt haben. – Eine andere Möglichkeit: Die Gutmenschen und Propaganda-Opfer liegen eben doch falsch und die Würde und, ja, Heiligkeit der Frau ist eben doch nicht in allen Kulturen und Denkschulen gleich … womit wir beim Schauspiel wären. Wäre ich ein Indianer, so würde ich den Indianer-Namen »Zerbissene Zunge« tragen, so häufig wie ich mir dieser Tage auf die Zunge beiße! – Lerne beizeiten, dir auf die Zunge zu beißen, sonst wird man dir allzubald eben diese ganz herausschneiden! Wir müssen heute nicht ins Theater gehen, um Theater zu erleben. Die ganze Welt ist eine Bühne, das wusste schon Shakespeare, und wir sind nur die Schauspieler darin – fürwahr, es ist wahr! Wer in einer größeren Firma, einer Schule oder Behörde arbeitet, der erlebt Tag für Tag eine neue Szene im politisch korrekten Laien-Theater – und er wird schnell selbst zum Schauspieler. Alle wissen, dass das Gesagte ausgedacht ist, doch wehe dem, der aus der Rolle fällt und die wahre Wahrheit ausspricht! Politische Korrektheit ist die größte Theater-Aufführung der Menschheitsgeschichte; die Bühne erstreckt sich über mehrere Kontinente und die Aufführung dauert nun schon Jahrzehnte. (Und irgendwann wird dann doch der Vorhang fallen, die Kulissen werden kollabieren, und der ein oder andere Schauspieler hat schon jetzt im künstlichen Spiel sein echtes Auge verloren, doch meist sind die anderen Schauspieler höflich genug, zu tun, als wäre nichts passiert – sie wollen ja nicht aus der Aufführung entlassen werden, wovon sollten sie denn leben!) Jedoch und mal im Ernst, ganz ohne Schauspiel und Verstellung! – das Lügen-Schauspiel politischer Korrektheit ist nicht, wofür Theater eigentlich gedacht ist, wofür wir eigentlich das Theater brauchen. Ein Schauspiel tut, als ob Ausgedachtes wahr wäre, um eine Wahrheit zu transportieren, doch es behauptet nicht, dass das, was auf der Bühne passiert, wirklich wahr ist – wo sollten sie auch die vielen Romeos und Julias hernehmen? Menschen erfanden das Theater einst, um Wahrheiten auszudrücken, die mit einfacher Sprache nicht zu transportieren sind. Wenn das Zeigen mit Zeigefinger und direkten Worten allein nicht möglich oder schlicht nicht eindrücklich genug ist, dann braucht es Kunst, ob in Form einer Fuge, eines Gemäldes oder eben eines Theaterstücks. Eigentlich soll das Theater, wie jede Form von Kunst, sonst unausgesprochene und doch ewige Wahrheit aufdecken, nicht verstecken. Ist Politische Korrektheit also eine Art »Anti-Theater«? Nun, indem wir genau lernen, wo man lügen und schauspielern muss, um nicht anzuecken, markieren wir präzise, wo die tatsächlichen Bruchstellen liegen – einer der wenigen Fälle, wo eine Aussage und ihr Gegenteil beide wahr sind, beide auf ihre Art. Wer heute aufwächst, der lernt eine ganz eigene Theatersprache, um die Wahrheit zu sagen und doch nicht von der Bühne geworfen zu werden. Wir sagen »junge Männer«, und die Zuschauer und Mitspieler – was ja oft dieselben Personen sind – wissen Bescheid. Wir sagen »archaische Kultur«, und doch weiß man, dass weder Aboriginees noch Zoroastrier gemeint sind. Und wenn Messer auf der Bühne auftauchen, dann braucht es meist gar keine weitere Deutung (was allerdings auch wieder in die Irre führen kann – es ist ein Spiel der Wahrscheinlichkeiten). Die Wahrheit zu sagen ist gut für die Seele, die Wahrheit aber allzu deutlich zu sagen, das kann schlecht für den Hals sein. Schauspieler verkleiden sich, bevor sie eine verkleidete Wahrheit sagen, und ebenso ist es ratsam, im Theater politischer Korrektheit die Wahrheit zu verkleiden. Verkleidet die Wahrheit, bevor ihr auf der Bühne linker Lügen und offizieller Wahrheit auftretet. Direkte Lügen gibt es heute genug, aus Berlin und von anderswoher. Es bleibt uns wenig übrig, als indirekte Wahrheiten zu sagen. Indirekte Wahrheiten sind wertvoller als Gold, und wenn ich mich dafür entschuldigen muss, dann wäre das nicht mehr mein Land – im Gegenteil! – ich freue mich darauf! Einst waren wir Affen, und wir hangelten uns von Baum zu Baum. Heute sind wir Menschen, und wir hangeln uns von Gehalt zu Gehalt, von Nachricht zu Nachricht, und wir Menschen haben Kultur, und also spielen wir Theater, und das Theater ist eine ganz besondere Form der Lüge, welche die Wahrheit umreißt wie ein sexy Kleid, das die Trägerin nackter als nackt aussehen lässt, und so ein Theater wollen wir spielen, nur eben mit der Wahrheit, nicht mit den Hüften. Lasst uns die Wahrheit sagen, ob wir dafür eine rote Nase oder ein rotes Kleid anziehen müssen, als König oder als Hofnarr! Lasst uns wahrhaftig sein und doch klug, etwas verschmitzt, etwas verstohlen, und das alles nur, um nicht verlogen zu sein. Das Schauspiel, das es heute braucht, ist gar nicht schwer, solange man sich an die Grundregeln hält. Man sollte nur keine Fehler machen, nicht zu viel Haut unter der Schminke zeigen. Sagt die Wahrheit, sagt sie klug und kunstvoll. Oder einfacher, in den Worten des Schauspielers Spencer Tracy, der die Kunst des Schauspiels so beschrieb: »Lern deine Zeilen und lauf nicht gegen die Möbel!« Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.
Sofia Taxidis
Wir müssen heute nicht ins Theater gehen, um Theater zu erleben. Wir spielen oft sogar mit. Politische Korrektheit ist das größte Theaterstück der Geschichte, doch irgendwann werden die Kulissen in sich zusammenfallen.
meinungen
2019-12-28T11:23:04+00:00
2019-12-28T11:31:22+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/politische-korrektheit-das-groesste-theaterstueck-der-geschichte/
Boris Palmer "Fünf vor 12" - Wenn Realisten als Rassisten beschimpft werden
Dass die Bahn wieder einmal Verspätung hatte, wäre eigentlich kaum der Rede wert, diesmal jedoch mit einer Entschuldigung. Der Schnee von gestern im süddeutschen Raum – geschenkt. Aber, immerhin machte Tübingens OB Boris Palmer dadurch in „seinem“ Tübingen am Hauptbahnhof folgende Erfahrung und ließ Interessierte via Facebook daran teilhaben: „Planmäßig wäre ich nach einem kurzen Schneeurlaub gestern um 19h daheim gewesen. Tatsächlich kam der Zug um 2354h in Tübingen an. Meinen kleinen Sohn auf dem Arm musste ich mir erstmal einen Weg durch eine Gruppe junger Männer bahnen. Am Taxi angekommen ging es schon los mit körperlicher Gewalt und lautem Geschrei. Die Vernünftigen schafften es zumindest für den Moment gerade noch, die Schläger zurück zu halten. Deutsch sprach niemand.“ Tübingen ist zwar nicht Berlin, war aber von jeher als Universitätsstadt stets international ausgerichtet. Seit 2015 taten Tübingen und sein Oberbürgermeister für die Zugewanderten sehr viel, besonders, als der Regierung Merkel die Organisation und Zügel vollends entglitten, war OB Palmer mit seiner Stadtverwaltung stets so flexibel, adäquat zu helfen. Unterkünfte wurden schnell bereit gestellt. Eine Frage von Humanität und sozialem Gewissen. Darf so ein Oberbürgermeister dann etwa nicht erst recht Zustände in Schieflage kritisieren, ohne gleich als Rassist verunglimpft zu werden? Im Text geht es weiter, Palmer beschreibt die Situation und Täter zur späten Stunde, wohlgemerkt, andere Reisende und auch Kinder, nicht nur von Palmer darunter: „Einschließlich der Männer in der Bahnhofshalle waren es 18 junge Männer, davon sechs Schwarzafrikaner und augenscheinlich alle Migranten. In die Polizeistatistik schafft es so ein alltäglicher Fall gar nicht.“ Wie wahr, und auch der Autor weiß von Geschehnissen bis zum aktuellen Datum zu berichten, als sich ihm gegenüber bereits 2015 (aber auch heute noch hin und wieder) berufsmäßige Pendlerinnen bitter beklagten, dass das Zugfahren rund um Ellwangen fast „unerträglich“ geworden sei; und spätabends am Bahnhof ließen sich die Frauen im Alter zwischen 30 und 55 nur noch abholen. Belästigungen, wenn auch „nur“ verbale, seien fast schon normal. Allein durch die wirklich nicht sehr lange Fußgängerzone gehen nach 23 Uhr? „Besser nicht“, so die Geschäftsfrau Lisa M. (54). Boris Palmer, das weiß der Leser, ist bundesweit bekannt und sicher kein Kind von Traurigkeit oder Angst; er sagt immer deutlich, was zu benennen ist. Doch mulmig war es ihm bei Ankunft am eigenen Heimatbahnhof wohl auch. „Ich habe diese Entwicklung als regelmäßiger Bahnfahrer früh beobachtet und beschrieben. Ich werde dafür bis heute als Rassist gebrandmarkt. Ich hatte mir für das neue Jahr vorgenommen, über Asylthemen nur noch zu schreiben, wenn es für Tübingen wichtig ist. Es gibt wirklich noch andere Themen. Aber das hier ist wichtig. Und das ist in Tübingen passiert.“ Man merkt, dieser OB lässt sich von den vielen Multikulturalisten und Sozialromantikern unter seinen Parteifreunden, aber auch vom gesamten linken Spektrum nicht stigmatisieren. Palmer geht es um mehr, um die Beschreibung der Realität, wie eben jetzt in Tübingen, und darum, Abhilfe zu schaffen. Die Sicherheit der Bürger muss immer vorgehen – selbst wenn man es im Kanzleramt um Angela Merkel klein zu reden versucht, Deutschland sei sicher. In den Sphären der Politiker mit Sicherheitspersonal, bestimmt. Dort schreit man auf, wenn Hacker persönliche Chats und Daten knacken. Dass Boris Palmer ein bürgernaher Politiker ist, zeigt sich an den folgenden Zeilen, ehrlich und persönlich: „Ich fühle mich bedroht und verunsichert, wenn ich durch eine solche Gruppe hindurch muss. Vor dem Jahr 2015 sind mir solche Szenen im Bahnhof Tübingen nicht vorgekommen. Ich bin mir sicher, dass auch andere Reisende das als sehr unangenehm empfinden. Ich könnte mir ein Auto kaufen, einen städtischen Fahrer einstellen und mich von diesem Teil der Wirklichkeit abkoppeln. Da würden mir auch nachts keine Leute auf der Straße mehr begegnen, mit denen ich mich über Respekt und Ruhe auseinandersetzen müsste. Will ich aber nicht.“ Palmer ist ein Vollblutpolitiker, der jedoch weit davon entfernt ist, ein Machtzyniker zu sein. Palmer ist, wie viele Millionen Bürger auch, Familienvater. Schärft auch diese Tatsache die Sinne? Liegt es vielleicht auch daran, dass die GroKo bei der Bevölkerung, die sie selbst gespalten hat, so einen schweren Stand hat, weil sie wahre Probleme um die Sicherheit ausblendet? Dass ständig verharmlost und relativiert werden muss. Rechtsradikale seien gefährlicher. Die Männer, aus dem arabischen und afrikanischen Raum scheinen wahrlich „Narrenfreiheit“ zu genießen. Selbst Flüchtlinge beklagen sich über diese Delinquenten, und haben gleichzeitig Angst, drangsaliert zu werden. Palmer ist Vater, Kanzlerin Merkel in zweiter Ehe blieb immer kinderlos. Vielleicht ist das ein weiterer Grund, ohne Kinder plant sich die Zukunft und auch die Sicht darauf anders. So kann man natürlich „bedenkenlos“ Politik nach eigenem Gusto gestalten. Sicherheit? Die sei doch da. Anderswo überlegen Eltern zwei Mal, ob sie ihre Kinder noch allein mit der Bahn reisen lassen können. Nein, Palmer und viele andere Männer auch, müssen nun stets aufpassen, was früher in der Form schlicht nicht notwendig war. Vor 2015 war es deutlich unbeschwerter, und Deutschland war immer bunt. „Fünf vor 12“, überschrieb Palmer sein jüngstes Erlebnis am Bahnhof. Er könnte sich und seine Familie, wie viele andere Politiker auch, abschotten. Stattdessen: „Ich will mich nicht in eine sichere Oberschichtenwelt zurück ziehen. Ich will auch nicht, dass immer mehr Menschen wegen Verspätungen Frust mit Bahnreisen verbinden, sondern zunehmend eine Stresserfahrung mit Migranten und Asylbewerbern. Deshalb will ich das nicht hinnehmen. Und das wird auch nicht besser durch Fußballfans und Wasenbesucher. Auf die kann ich mich zumindest einstellen. Fußballfans sind nur dann im Zug, wenn der VfB spielt. Und am Bahnhof ist dann massenhaft Polizei.“ So sieht die pure Realität aus. – Einen weiteren Seitenhieb auf Berlin kann sich der schwäbische OB nicht verkneifen, bietet aber wieder Lösungen an: „Was kann, was muss man tun? Immer mehr Städte gehen zur Videoüberwachung über. Unter anderem das scheinbar so liberale Berlin. Ich fürchte, der Trend ist angesichts solcher Entwicklungen im öffentlichen Raum nicht zu verhindern.“ Ausgewiesene 60 Millionen Euro habe Tübingen für neue Häuser für Flüchtlinge investiert. „Wir haben eine eigene Abteilung für Hilfen für Geflüchtete aufgebaut und mittlerweile 20 Personen dort eingestellt. Wir bieten ein Ausbildungsstipendium für Flüchtlinge an. Wir haben Sprachkurse und Schulangebote für alle.“ Bessere Integrationsbemühungen gibt es europaweit kaum. Palmer weiß um die Situation: „Die meisten der 1.400 Flüchtlinge in der Stadt haben das gut angenommen. Aber rund 50 junge Männer machen immense Probleme. Ich finde nach wie vor, dass wir verlangen können, dass Asylbewerber nicht als bedrohliche Gruppen und wie hier als Teil einer beginnenden Schlägerei auftreten.“ Deswegen, lobt Palmer auch Hessens Weg, wo seine Grünen mit der CDU weiter regieren. Dort stehe im Koalitionsvertrag: „Zur Ordnung gehört, dass Flüchtlinge, bei denen durch ihr individuelles Verhalten erhebliche Zweifel an ihrer Integrationswilligkeit bestehen, in einer Landeseinrichtung verbleiben oder erneut dort untergebracht werden. Abgelehnte Asylbewerberinnen und -bewerber ohne Bleibeperspektive müssen unser Land schnellstmöglich wieder verlassen.“ Das müsse auch für Tübingen gelten, aber sicher nicht nur. „Erhebliche Zweifel an Integrationswilligkeit verbunden mit einer massiven Störung der öffentlichen Ordnung. Ich halte es für notwendig, dass Baden-Württemberg den Kommunen in gleicher Weise hilft. Diese jungen Männer müssen zurück in eine sichere Landeseinrichtung. Raus aus dem Sozialraum Stadt. Es darf ihnen nicht gestattet werden, das Zusammenleben dauerhaft in dieser Weise zu beeinträchtigen.“ Palmer ist Verfechter des Doppelten Spurwechsels, einem Bleiberecht für alle, die einen Arbeitsplatz gefunden haben und unsere Gesellschaft respektieren. Immer mehr fragt man sich, wer sich in Berlin eigentlich um wahre Probleme im Land kümmert, geschweige denn, diese überhaupt noch mitbekommt? Giovanni Deriu, Dipl. Sozialpädagoge, Freier Journalist. Seit 20 Jahren in der (interkulturellen) Erwachsenenbildung tätig.
Sofia Taxidis
Palmer und viele andere Männer auch, müssen nun stets aufpassen, was früher in der Form schlicht nicht notwendig war. Vor 2015 war es deutlich unbeschwerter, und Deutschland war immer bunt.
meinungen
2019-01-06T14:20:20+00:00
2019-01-06T15:26:01+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/boris-palmer-fuenf-vor-12-wenn-realisten-als-rassisten-beschimpft-werden/
Hamed Abdel-Samad: Meinungsfreiheit in Deutschland – unter Polizeischutz
Jonathan Kühn, Pfarrer und Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CSU München, ist ein geradliniger Mann, wie man ihn in seiner Kirche und in der CSU nicht in rauen Mengen findet. Für eine Veranstaltung seines Kreises hatte er Hamad Abdel-Samad ins Künstlerhaus am Lenbachplatz eingeladen. 200 kamen, weiteren 200 musste wegen Überfüllung des Saales abgesagt werden. Kühns Versuch, weitere Gruppierungen der CSU als Mitveranstalter bzw. deren Vorsitzende als Teilnehmer zu gewinnen, waren nicht sehr erfolgreich. Immerhin firmierte die Junge Union München mit ihrem Vorsitzenden Stephan Pilsinger (MdB) als Veranstalter mit. Meinungsfreiheit und Freizügigkeit Marke Deutschland! Offenbar gelten diese Grundrechte nur sehr eingeschränkt für einen Hamed Abdel-Samad, der es sich erlaubt, Bücher wie die folgenden zu schreiben: „Der Untergang der islamischen Welt“ (2011), „Der islamische Faschismus“ (2015),“Mohamed – Eine Abrechnung“ (2017) und ganz aktuell „Integration – ein Protokoll des Scheiterns“ (2018). Wegen der im Jahr 2013 gegen ihn ausgesprochen Fatwa muss dieser 1972 in Kairo geborene hochgebildete Mann, der Englisch, Französisch, Japanisch und Politik studiert hat und der als Student vorübergehend Mitglied der Muslimbruderschaft war, rund um die Uhr bewacht werden. Er muss heute festlegen, wo er zehn Tage später zum Essen geht, und noch viel früher mit Sicherheitskräften abstimmen, wohin er reist. Hamed Abdel-Samad war übrigens von 2010 bis 2013 Teilnehmer der Islamkonferenz. Auf die Frage, ob er glaube, dass sich diese Konferenz mit einem Bundesinnenminister Horst Seehofer weiterentwickeln und echte Integration fördern könne, antwortete Abdel-Samad zurückhaltend: Nur wenn sich diese Konferenz auf konkrete Integrationsgebote einige und es nicht mehr nur um Fördermittel für muslimische Organisationen gehe. Eine Aufzeichnung des Beitrags finden Sie auf der Facebook-Seite der Jungen Union München. 
Sofia Taxidis
Die Unterscheidung Islam versus Islamismus ist naiv. Im arabischen Sprachraum gibt es diese Unterscheidung nicht. Erklärt Hamed Abdel-Samad.
daili-es-sentials
2018-04-26T14:58:59+00:00
2018-04-26T14:59:01+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/vortragsabend-mit-hamed-abdel-samad-meinungsfreiheit-in-deutschland-unter-polizeischutz/
Die große Ernüchterung
„Mehr Demokratie wagen!“ Die Worte aus Willy Brandts erster Regierungserklärung blieben im kollektiven Gedächtnis haften. Heute, da nichts dringender wäre, als wieder mehr Demokratie durchzusetzen gegen den woken Zeitgeist, gegen staatliche Bevormundung, Enteignung und links-grüne Moral, bleiben solche Ambitionen aus. Aber ein nachhaltiger Politikwechsel ist ohne Kulturwandel nicht möglich. Die erste Regierungserklärung von Friedrich Merz war von bemerkenswerter Schlichtheit, nicht nur – wie die linke Medienmehrheit von oben herab lobt – mild, sondern mau. Kleinmut statt Kampfesmut. Keine Euphorie, sondern Ernüchterung. Es ist ja nicht verkehrt, wenn einer keine großen Töne spuckt, sondern Taten sprechen lassen will. Dennoch: Erinnerungswürdig ist an dieser Rede nichts, allenfalls die Formulierung, „kein ideologisches Großprojekt“ im Sinn zu haben. Das Versprechen ist nichts wert, solange die Regierung Merz sich nicht glaubwürdig vom bestehenden grünen Großprojekt distanzieren kann. Auch wenn sie die „demokratische Mitte“ in Deutschland beschwört, folgt sie der alten ideologischen Linie. Diese Mitte umfasst nur linke Parteien, neuerdings auch die ganz Linke. Nach Lösungen „zu suchen, zu ringen, zu streiten“, verspricht Merz. Wenn es denn so wäre. Er will aber nur irgendwie durchkommen, ohne anzuecken. So wird die verheerende Energiewende ein wenig umformuliert, aber nicht beendet oder gar, was notwendig wäre, zurückgedreht. Wenn Merz die neue Bündnisfähigkeit der Europäer beschwört, müsste er erst einmal Abschied nehmen von der alten Leitlinie, am deutschen Wesen müsse die Welt genesen einschließlich ihres Klimas. Kein Wort über die Rückkehr zur Kernenergie. So werden, ein zweites Beispiel, die Grenzkontrollen verschärft, das eigentliche Problem aber übergangen: die Pullfaktoren des deutschen Sozialstaats, die nach wie vor Migranten anlocken. Interesse scheint der Kanzler allein an seiner Rolle auf der außenpolitischen Bühne zu haben. Das lenkt medienwirksam ab vom ideologischen Weiter-so in Berlin. Auch hier muss man sich wundern. Sein Bekenntnis zu noch engerem europäischem Zusammenschluss ist wenig wert, solange ihm, abgesehen von einem einzigen Satz zum Brüsseler Regelungswahn, nichts zu einer gründlichen Reform der Institutionen einfallen will. Es scheint, als solle das ursulinische Regime allenfalls durch etwas unterlaufen werden, was früher einmal „Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten“ genannt wurde. Merz – Macron – der Brite Starmer: die drei von der Baustelle, das ist das Bild, das hängen bleibt und wohl auch hängen bleiben soll. Nicht mehr in Brüssel werden die großen Räder gedreht. Diese Regierungserklärung bot eine endlose Litanei von Selbstverständlichkeiten, die „normal“ sein sollten. Sie sind es nicht mehr, was beweist, wie abnormal die deutsche Politik in den vergangenen zwei Jahrzehnten unter Merkel und Scholz gewesen ist. Konkret waren die Ankündigungen des Kanzlers kaum einmal. Sein erkennbares Streben ist, Konflikte zu vermeiden. Vor allem nicht mit den Sozialdemokraten, nach dessen Beifall er giert und ihnen weit mehr Spielraum einräumt, als es dem Wahlergebnis entspricht. Hauptproblem der Sozis: Sie singen das uralte Lied von der Solidarität und verwechseln dabei Solidarität mit dem Staat. Die so sehr beschworene „Handlungsfähigkeit des Staates“ steht jedoch im klaren Widerspruch zur Handlungsfähigkeit des Bürgers. Wenn Merz mit dem Bekenntnis schließt: Der Staat, das sind doch wir alle – irrt er fundamental. Wäre er ein Liberaler, wüsste er, dass das Gegenteil stimmt. Der Staat ist der Leviathan, der den Bürgern die Freiheit raubt. Und die Opposition? Macht es Merz leicht. Die Grünen haben noch immer das alte Brett vor dem Kopf. Alice Weidel sagt viel Richtiges. Aber sie übertreibt, lässt höhnisch wie hämisch kein einziges gutes Haar an Merz, nimmt sich damit selbst die Überzeugungskraft. Merz ist ganz sicher kein „Kriegstreiber“ und ganz sicher auch kein „Extremist“, als den sie ihn hinzustellen versucht. Außerdem reden die Alternativen am liebsten von sich selbst, von ihrer Benachteiligung, von ihrer Verfolgung durch den Verfasssungsschutz. Sie sind vor allem beleidigt. Das genügt nicht. Und die Linke? Manche Sätze aus ihren Reden könnten sich mühelos in die Rede von Rechten verirren. Beide überziehen ohne Maß. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass der Verfassungsschutz nur nach rechts schaut. Beide Flügelparteien verherrlichen den Staat noch weit mehr als Merz. Was diesem Land wirklich fehlt ist eine liberale, freiheitliche Kraft. Aber von Wählern, die von Ängsten regiert werden, und sich unter den Rock des Staates flüchten, ist das nicht zu erwarten.
Sofia Taxidis
Friedrich Merz verspricht Normalität – und liefert Beliebigkeit. Statt die Republik vom ideologischen Ballast der letzten Jahrzehnte zu befreien, verwaltet er brav den grünen Status quo und scheut jede Konfrontation, wo echter Kurswechsel nötig wäre.
kolumnen
2025-05-17T06:31:16+00:00
2025-05-17T06:38:38+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/herles-faellt-auf/merz-die-grosse-ernuechterung/
Merkel oder die große Umwälzung - Seite 2 von 2
So verspielt man Vertrauen; neue Medien treten an Stelle der alten. Selbst der Salonlinke Jakob Augstein spricht davon, dass sich Journalisten mit den Eliten gegen die Leser verbündet hätten. Und Angela Merkel? Sie hat nur noch den Wunsch, sich selbst aus der Schusslinie zu bringen und den Besoffenen in den Medien gefallen zu wollen. Deutschland wird so zum Narrenschiff Europas: Seit Frühsommer war klar, dass die anderen Mitgliedstaaten der EU dem deutschen Kurs einer Grenzöffnung nicht folgen würden. Trotzdem hielt die Bundesregierung an der immer wieder beschworenen Hoffnung fest, dass es zu einer Entlastung Deutschlands durch eine europaweite Verteilung der Flüchtlinge genannten Einwanderer kommen werde – nichts davon ist wahr, das Narrenschiff schlingert allein durch die rauen Wogen. Vielmehr führt dieser Kurs zu einer Spaltung Europas: Deutschland ist isoliert. Aber natürlich sind die anderen die Europafeinde, die falschen Wörter überschlagen sich. Dass in Großbritannien eine Mehrheit für den Ausstieg aus der EU gestimmt hat, ist neben allem anderen auch eine Folge der Kontrollaufgabe und des Kontrollverlusts der Regierung Merkel: Großbritannien ist eines der einwanderungsfreundlichsten Länder schlechthin – aber legt doch Wert auf Kontrolle. Hier zeigt sich erneut die Folge des manipulativen Vermischens von Kontrolle/Ablehnung in Deutschland: Großbritannien ist nicht ablehnend – aber will kontrollieren. Die Krise in Deutschland wird damit zu einer europäischen. Deutschland wurde endgültig zum Hegemon, der Europa mit seinen Alleingängen quält. Der Brexit war erst der Anfang; in den kommenden Monaten werden in Ungarn Referenden abgehalten, europaweit werden in vielen Wahlen europakritische Gruppen gewinnen. Deutschland hat das mühsam aufgebaute Vertrauen zu Deutschland in Europa zerstört, weil es seine fragwürdige „Flüchtlingspolitik“ anderen Ländern aufzwingen wollte, die andere Wege gehen wollen. Das Wort vom deutschen Sonderweg geht wieder um. Eigentlich konnte man das klar sehen. Ironisch hat der Karikaturist Zeller die Selbsttäuschung in ein Bild gefaßt: „Man muss Zeitung hauptsächlich kaufen, damit man sagen kann, man habe nichts gewußt.“ Die Augen wurden geschlossen, um die Wahrheit nicht sehen zu müssen. Mittlerweile führt die Rückverfolgung der Attentäter von Paris und Brüssel in deutsche Flüchtlingslager. Alles Verschweigen und Relativieren führt nicht zur Beruhigung, sondern bringt ganz im Gegenteil die Zuwanderer insgesamt in Verdacht. Mit der Einwanderungswelle kamen „tausende hochgefährliche Salafisten und andere religiöse Eiferer, die nicht kontrolliert wurden, deren Identität verschleiert ist“. Es sind Zuwanderer, die die Sicherheitsbehörden „nicht sehen und beobachten, nicht abhören oder überwachen können, und von denen wir vor allem nicht wissen, wann und wo sie mit fürchterlichen Terroranschlägen in Erscheinung treten werden. Und jetzt sind hunderttausende Menschen ins Land gekommen, von denen wir nicht wissen, wer sie sind. Woher sie kommen. Mit welcher Absicht sie hier sind. Ob sie hierbleiben oder weiterziehen wollen. Bei etlichen ist nicht einmal klar, wo sie sich aufhalten. Vielleicht sind es eine Million, vielleicht anderthalb. Wer genau weiß das? Kontrolle bei der Einreise? Tut uns leid, das ging jetzt gerade nicht. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge? Vielleicht Hunderte, vielleicht Tausende, wir wissen es nicht. Wo sie geblieben sind? Keine Ahnung. Sind sie registriert? Ja, bald, irgendwie. Wie werden sie integriert? Schauen wir mal. Nur, wer soll das machen?“ Das schreibt Rainer Wendt, immerhin Vorsitzender der Polizeigewerkschaft.  Damit zerstört Wendt die idealisierte Behauptung, die Kriminalität habe durch die Merkel-Flüchtlinge nicht zugenommen. Tatsache ist, dass die Herkunft von Tätern seit 2009 nicht mehr eigens erfasst wird. Man presst die Augen fest zu und sieht nichts – und behauptet dann, das Nicht-Gesehene gäbe es überhaupt nicht. (Den entsprechenden Runderlass finden Sie hier.) Um die eigene Position der vermeintlichen moralischen Überlegenheit durchzusetzen, wird die Keule des Rechtsradikalismus, der Fremdenfeindlichkeit und sonstiger modischer  Ismen (Sexismus, Rassismus) eingesetzt, immer weitere Teile einer unruhigen Bevölkerung moralisch, politisch und rechtlich diskriminiert. Das falsche Wort wird zu Waffe gegen Andersdenkende. A migrant from Syria holds a picture of German Chancellor Angela Merkel as he and approximately 800 others arrive from Hungary at Munich Hauptbahnhof main railway station on September 5, 2015 in Munich, Germany. Thousands of migrants are traveling to Germany following an arduous ordeal in Hungary that resulted in thousands walking on foot and then being bussed by Hungarian authorities from Budapest to the Austrian-Hungarian border. (© Sean Gallup/Getty Images) Nach und nach fallen Phantasien des späten Sommers und Herbstes 2015 in sich zusammen: Mittlerweile ist unbestritten, was im besoffenen Jahr bestritten wurde – dass mindestens 70 Prozent der Merkel-Flüchtlinge junge Männer sind – was für ein Heldenmut, Frauen und Kinder im Bombenhagel zurückzulassen und sich selbst in Sicherheit zu bringen – oder sind viele – die meisten? –  gar keine Syrer, sondern nicht eher Burschen aus Nordafrika? Ihre Arbeitsmarktperspektiven sind düster. Diese Grafik der Bundesagentur zeigt das immer weitere Auseinanderklaffen der Zahl zu versorgender Merkel-Flüchtlinge und ihrer Arbeitsplatzchancen. Noch nicht berücksichtigt ist die zweite Welle der Massenmigration – der erlaubte Nachzug von Familienangehörigen. Dass oftmals verschleierte, des Lesens und Schreibens und der deutschen Sprache nicht mächtige Frauen niemals eine Chance auf einen Arbeitsplatz in Deutschland haben, ist selbstredend. Es ist, als ob die Einwohner Deutschlands, egal ob alteingesessene Einheimische oder Hinzugekommene der vielen Nachkriegsjahrzehnte, in den Dienst einer neuen Klasse, der Merkel-Flüchtlinge, genommen werden. Während einerseits Renten und Sozialleistungen streng reglementiert werden, werden unbegleitete Jugendliche, die sich meist jünger machen, mit Sozialleistungen von rund 60.000 Euro im Jahr überschüttet. Familien erhalten Asyl-Leistungen, dazu noch Wohnung, Mobiliar, alles, was unter „Erstausstattung“ subsummiert wird und medizinische Leistungen – Einheimische, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, können davon nur träumen. Das mag kleinkrämerisch klingen – aber es zeigt: Der entgrenzte Sozialstaat beginnt leerzulaufen. Merkel und Co. und mit ihnen den Medien scheint überhaupt noch nicht kalr zu sein: Deutschland kann Sozialstaat bleiben oder Einwanderungsland werden – beides zusammen geht nicht. Ein Zuwanderer aus China schreibt es allen ins Stammbuch. Es mögen trotzdem wunderbare Menschen sein, die kommen, großartige Ärzte darunter, zukünftige Künstler, vielleicht sogar Nobelpreisträger oder Nobelpreisträgerin. Ein Geschäft für Deutschland sind sie nicht, wie die neuen Zyniker der Migrationsindustrie weismachen wollen, die dabei auch – oder mehr – an ihre eigenen Geschäfte denken. Die Allermeisten werden in einem der neuen migrantischen Armenvierteln stecken bleiben, zwischen den Wasserpfeifen-Kaffees und den Telefonläden, die dort sind, weil die Sehnsucht groß und das Leben in der Parallelgesellschaft frustrierend ist. Nicht nur um eine Gefährdung des Wohlstands geht es, wenn Deutschland mehrere Millionen von Merkel-Flüchtlingen und ihren Nachzug nach den Maßstäben des deutschen Sozialstaats versorgen will und große Casablancas am Rhein entstehen. Es geht auch um die schleichende Veränderung der Zivilgesellschaft. Noch im Winter 2014/15 meinte man ja, über die Phantasien der Dresdner Pegida-Bewegung lachen zu müssen, die von einer Islamisierung Deutschlands sprach. Es scheint, als ob die Recht bekämen, die auf keinen Fall recht bekommen dürfen. Im Sommer 2016 diskutiert Deutschland über ein Burka-Verbot, weil, wenn schon nicht die Vollverschleierung, aber das muslimische Kopftuch innerhalb eines Jahres zum Straßenbild gehört. Dazu schreibt Bilkay Öney, SPD, die frühere Integrationsminsiterin Baden-Württembergs in der grün-roten Landesregierung: „Die Burka ist weniger aus sicherheitspolitischen Erwägungen heraus als Problem zu betrachten, als aus gesinnungsethischen. Denn das Burka-Verbot in Frankreich zeigt, dass damit kein einziger terroristischer Akt verhindert werden konnte. Nichtsdestotrotz ist die Gesinnung, die hinter der Burka steckt, hochproblematisch. Diese neuzeitliche Erfindung männlicher Beduinen gegen Sandstürme mag ihren Zweck in der Wüste erfüllen. Auf den Straßen Europas weckt diese Vollverhüllung nicht nur Unmut und Unbehagen, sie erschwert auch die Kommunikation und die Integration. Sie zeugt von einem Weltbild aus dem Mittelalter, und genau das bereitet vielen Menschen (auch aufgeklärten Muslimen) Sorge.“ Man spürt die Angst moderner, in Deutschland aufgewachsener Frauen davor, wieder in die muslimische Sittenstrenge gesteckt und unter dem Schleier versteckt zu werden – und dabei geht es beileibe nicht nur um Mode. Es geht um das Ende der Befreiung der Frau. Die Burka und der Schleier und das Kopftuch sind Symbole der Unterdrückung – und werden ausgerechnet von Linken hochgelobt. Während Öney, deren Eltern aus der Türkei nach Deutschland einwanderten, sich also vor dem Zugriff des extremen Islam scheut, entdecken plötzlich Linke in Deutschland die Freiheit der Frau unter der Burka. Die in Talkshows gerne auftretende Ex-Piratin Marina Weisband schreibt: Und die ZEIT (34/2016) entdeckt plötzlich im Auftritt der Vollbekleideten ägyptischen Beach-Volley-Ballmannschaft im „Bedecktsein etwas Befreiendes. Im Kontrast zu den Höschen tragenden Deutschen wirkten die verhüllten weiblichen Körper wohltuend entspannend. Mit einem Mal erschien die Freizügigkeit der anderen unpassend, fast wie aus der Zeit gefallen. Mit der Schwere des Stoffes brachten die Ägypterinnen auch die Leichtigkeit des Seins“. Man sollte sich den Text auf der Zunge zergehen lassen, Wort für Wort: Die Leichtigkeit des Seins unter Schleier und Burka, die modern ist. „Das freiwillige Stoffgefängnis ist für Linke Freiheit“, spottet Anabel Schunke über die neue Liebe der Linken zur Unterdrückung der Frau. Es ist eine vorauseilende Selbstaufgabe von Werten, die man für unantastbar hielt. Wenn in Frankfurter Kitas kein Schweinefleisch mehr angeboten wird, weil sich Muslime darüber erregen könnten – nur eine Kleinigkeit eingeschworener Menschen, die sich der neuen Buntheit widersetzen, einer neuen Grenzenlosigkeit – oder ist es eine perverse Grenzenlosigkeit, weil sie den hier lebenden Menschen neue Grenzen aufzwingt? Oder ist es jene freiwillige, halb durch Zuwanderung und halb durch Saudi-Geld beförderte „Unterwerfung“ unter ein islamische Regime, wie sie Houellebecq beschrieben hat? Der Romanheld im mehr oder wenig islamisierten Frankreich „entdeckt eher erfreut, dass die Unterwerfung auch ihre angenehmen Seiten haben kann: Der zum Islam konvertierte neue Rektor der Sorbonne, Robert Rediger, genießt das süße Leben. Finanziert von den saudiarabischen Geldgebern der Islamischen Universität Sorbonne stehen Rediger nicht nur fabelhaftes Gehalt und feudale Wohnräume zur Verfügung. Neben kulinarischen Genüssen und edlem Wein genießt er auch den Luxus zweier Ehefrauen, deren Zuständigkeiten für Erotik und Haushaltsführung durch ihr jeweiliges Alter definiert werden.“ Das neue Wort heißt Selbstunterwerfung oder Selbstaufgabe. Deutschland verteidigt seine Werte nicht mehr. Dazu gehört auch, dass mit massiver finanzieller Unterstützung des Bundes eine fragwürdige Stiftung unter dem Vorsitz einer langjährigen Stasi-Informantin versucht, jegliche Kritik an der Kanzlerin in den sozialen Netzen zu unterdrücken; bei Zeitungen ist so etwas ja nicht mehr nötig. Es werden neue Sicherheitsgesetze im Dutzend vorgeschlagen. Aber sie sind wieder nur Wortgirlanden, die keine Wirkung entfalten. Die neuen Vorhaben werden in der Praxis nicht durchgeführt. Zum Teil, weil durch die immer ausdehntere „Duldung“ von Zuzüglern Abschiebung nicht mehr greift; zum Teil, weil angesichts der hohen Zahl von theoretisch möglichen Abschiebungen ein Flughafen von der Größe des funktionsunfähigen BER entstehen müsste, um der Zahlen Herr zu werden. Zum großen Teil werden die Abschiebungen an Ort und Stelle von Landesregierungen, Kirchen und Ärzten und der Flüchtlingslobby hintertrieben. Die angekündigten und versprochenen Maßnahmen dieser Regierung taugen nichts mehr. Ihre Vorhaben sind nur Beruhigungspillen mit der Halbwertzeit von Wochen. Sie hat die große Umwälzung in Gang gesetzt, die sie nicht mehr beherrscht. Sie hat auf Kontrolle verzichtet, und beobachtet ihren eigenen Kontrollverlust. Am Anfang stand ein falsches Wort. Am Ende steht die große Umwälzung, die Deutschland und Europa verändert.
Roland Tichy
Am Anfang stand ein falsches Wort. Am Ende steht die große Umwälzung, die Deutschland und Europa verändert.
tichys-einblick
2016-08-19T11:17:45+00:00
2016-08-19T19:50:49+00:00
https://www.tichyseinblick.de/tichys-einblick/merkel-oder-die-grosse-umwaelzung/2/
Merz gegen Scholz: Will-nicht gegen Kann-nicht
„Wieder nach vorne“. Das ist er nun also: der offizielle Werbeslogan, mit dem die CDU in den Bundestagswahlkampf zieht.
Natalie Furjan
Stell dir vor, es ist Wahlkampf, und keiner geht hin. Keine 100 Tage vor dem Urnengang tun die beiden wichtigsten Anwärter auf das Kanzleramt: nichts. Olaf Scholz und Friedrich Merz bleiben unter dem Radar – aus ganz ähnlichen Gründen.
meinungen
2024-11-30T10:00:51+00:00
2024-11-30T10:03:04+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/wahlkampf-merz-gegen-scholz/
Messerattentate, Migrationspolitik und Wahlkampf – TE-Wecker am 1. September 2024
Wunsch und Wirklichkeit klaffen in der Asylfrage weiter denn je auseinander. Diese Woche war eine, in der Forderungen nach Klartext in der Asylpolitik erhoben wurden – häufig ausgerechnet von denen, die als die größten Vertuscher aufgefallen sind. Zu schrecklich war das Blutbad, das ein Asylant auf einem »Festival der Vielfalt« in Solingen mit seinem Messer anrichtete. Ausgerechnet in der Stadt, in der der Oberbürgermeister und viele andere NGOs und Gruppierungen wie »Bunt statt braun« gegen Kontrollen der Migration kämpfen, ermordet ein islamistischer Attentäter brutal drei Menschen mit einem Messer. Jetzt fordern alle ein Messerverbot – als ob das jemanden hindern würde –, und es müsse sich etwas tun in Sachen Asylpolitik. Dabei steht ihnen lediglich der Angstschweiß vor den kommenden Wahlen auf der Stirn. Ein Gespräch über Messerattentate, Migrationspolitik und Wahlkampf mit TE-Hauptstadtkorrespondent Mario Thurnes.
Natalie Furjan
Der TE-Wecker erscheint montags bis freitags – und bietet Ihnen einen gut informierten Start in den Tag. Ideal für den Frühstückstisch – wir freuen uns, wenn Sie regelmäßig einschalten.
podcast
2024-09-01T01:00:46+00:00
2024-09-01T05:35:29+00:00
https://www.tichyseinblick.de/podcast/te-wecker-am-01-september-2024/
Was die polnische Haltung zu Flüchtlingen von der deutschen unterscheidet
Manchmal werden selbst aufschlussreiche Nachrichten kaum wahrgenommen. Wie weit Ost- und Westeuropa in der Migrations- und Flüchtlingspolitik nach wie vor auseinanderliegen, war nämlich am Montag nachzulesen in der renommierten polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita (Republik). Die Zeitung berichtete, die Regierung Morawiecki wolle es zu keinem Präzedenzfall in der Migrationspolitik kommen lassen. Deshalb hätten weder Polen noch Ungarn, weder Rumänien noch die Slowakische Republik die EU-Kommission um eine gesamteuropäische Verteilung von Flüchtlingen nachgesucht. Genau dafür aber stellt die EU eine rechtliche Grundlage zur Verfügung. Die sogenannte „Massenzustroms-Richtlinie“ soll für eine „ausgewogene Verteilung“ von Flüchtlingen und der mit ihnen verbundenen Lasten im Rahmen eines sogenannten Solidaritätsmechanismus sorgen. Bislang hatten die Osteuropäer jeden Vorschlag einer europaweiten Verteilung nichteuropäischer Flüchtlinge strikt abgelehnt. Vermutlich sahen dieser Tage die migrationsfreundlichen EU-Eliten eine neue migrationspolitische Chance heraufziehen, dank Ukraine-Krieg. Weil jetzt selbst massiv betroffen von einer Flüchtlingswelle, würden die mittelosteuropäischen EU-Länder dankbar auf den Solidaritätsmechanismus zurückkommen. Wären die Osteuropäer darauf eingestiegen, hätten sie sich später aber nicht mehr glaubwürdig gegen einen ständig geübten EU-weiten Verteilungsmechanismus von Migranten wehren können. In diese Falle sind die Osteuropäer jedoch nicht getappt. Dabei hatte alles so schön angefangen. Auf den ersten Blick klangen die Kommentare in den Medien wohlwollend. Polen und Ungarn entdecken ihr Herz für Flüchtlinge, tönte es Mitte Februar noch in die Mikrofone der Korrespondentinnen von ARD und ZDF, als die erste Welle ukrainischer Kriegsflüchtlinge über die polnische, ungarische, slowakische, rumänische und moldauische Grenze schwappte. Dasselbe Bild bei den Druckmedien. Die Welt wunderte sich am 16. Februar über „Polens überraschend großes Herz für Migranten“. Der seit 2015 klaffende migrationspolitische Riss durch Europa schien fast schon geheilt. Da blitzte sie schon wieder auf, die sattsam bekannte, moralische Überheblichkeit, mit der sich Mainstream-Journalisten hierzulande dem linksliberalen Zeitgeist andienen. Ja selbst der Deutschlandfunk fragte mit nur mühsam unterdrückter Häme: „Wird Osteuropa jetzt migrationsfreundlich?“ Und holte sich als bewährte Vertreterin deutscher Besserwisserei Katarina Barley ins Studio. Denn als intime Kennerin osteuropäischer Verhältnisse kann die Vizepräsidentin des EU-Parlaments ja wohl nicht vors Mikrofon geladen worden sein. Ändern die migrationsskeptischen Länder gerade ihre Haltung?, wurde Barley gefragt. „Nicht ganz“, so ihre Antwort: „Politisch scheint es so zu sein, dass diese Länder zeigen wollen: Schaut mal, wenn die ‚richtigen‘ Flüchtlinge kommen, dann sind wir ganz großherzig und nehmen die auch auf.“ Entsprechend sei damit zu rechnen, dass die Schotten wieder dichtgemacht würden, wenn die „falschen“ Flüchtlinge kämen. Ein nicht so ganz faires Urteil, wenn man bedenkt, dass in Polen seit Beginn des russischen Überfalls bereits über zwei Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine angekommen sind. Und wenn man in Rechnung stellt, dass Polen zwischen 2014 und dem 24. Februar 2022 auch schon zwei Millionen Flüchtlinge und Migranten aus der Ukraine aufgenommen hat. In gewisser Hinsicht aber trifft Barleys abfällige Äußerung sogar zu. Polen und andere osteuropäische EU-Staaten lassen sich von grundlegend anderen migrationspolitischen Vorstellungen leiten als EU-Kommission und EU-Parlament, Deutschland und die meisten Länder Westeuropas. Der polnische Journalist Michał Karnowski hat am 26. Februar 2022 im Nachrichtenmagazin wPolityce diesen Unterschied auf den polemisch zugespitzten Punkt gebracht. Ja, Polens Grenzen seien offen für ukrainische Flüchtlinge, sie würden mit offenen Armen empfangen. Karnowski formuliert damit etwas, das man „Prinzip der migrationspolitischen Differenzierung“ nennen könnte. Während die EU jedem Bürger dieser Welt rechtlich einen Anspruch auf die Prüfung eines Asylbegehrens zuerkennt, was faktisch bei fast jedem Asylantragsteller in den Ländern Westeuropas mit einem Daueraufenthalt endet, beharrt Osteuropa hartnäckig auf einer rationalen Migrations- und Flüchtlingspolitik. Und die orientiert sich in erster Linie an den eigenen Interessen, Möglichkeiten und realistischen Grundsätzen von Hilfe. Ein gewaltiger Unterschied etwa zu Deutschland, wo die Einstellungen und Interessen der eigenen Bevölkerung munter missachtet werden. Dieses migrationspolitische Differenzierungsprinzip stützt sich auf drei Voraussetzungen: Erstens, die begriffliche Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Migranten. Dem liegt unter anderem die Erkenntnis zugrunde, dass selbst 2015 die Mehrheit der Menschen, die in Europa ankamen, keine Flüchtlinge, sondern in Wirklichkeit Migranten waren. Die bewusste Verwischung des begrifflichen Unterschiedes erfüllt einen Zweck. Sie dient der emotionalen Aufladung und moralischen Absicherung einer Politik, die letztlich unbegrenzte Einwanderung will. Zweitens, der Grundsatz, Hilfe bei Krieg, Naturkatastrophen und Ähnlichem grundsätzlich nur vor Ort oder in unmittelbarer Nachbarschaft zu leisten. Hilfe nahe am Schauplatz der Katastrophe macht eine schnelle Rückkehr der Flüchtlinge möglich und hilft den betroffenen Gebieten am besten dabei, so schnell als möglich zur Normalität zurückzukehren. Umsiedlungen von Flüchtlingen, im UN-Jargon Resettlement genannt, sind grundsätzlich ausgeschlossen. Sie kommen allenfalls dann und dann auch nur in Einzelfällen infrage, wenn damit eine unmittelbare tödliche Bedrohung von Menschen auf andere Weise nicht abgewendet werden kann. Drittens, gilt aus osteuropäischer Sicht gerade in der Flüchtlingspolitik eine Grundregel, die man das „Prinzip der konzentrischen Solidarität“ nennen könnte. Eine Hilfepflicht kann nicht grenzenlos sein, weil unbegrenzte Hilfe zwar theoretisch möglich, aber faktisch ausgeschlossen ist. Es ist deshalb nicht nur zulässig, zuerst und in erster Linie dem jeweils Nächsten zu helfen, sondern sogar eine moralische Pflicht. Das Solidaritätsgebot nimmt mit zunehmender Nähe zu und mit abnehmender Nähe ab. Die restriktive Migrationspolitik der mittelosteuropäischen Länder stützt sich auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Zwar gibt es auch in Osteuropa extrem migrationsfreundliche mediale oder politische Eliten. Die stehen aber im Gegensatz etwa zu Deutschland weitgehend alleine da. Der Widerstand Polens und der anderen Visegrád-Staaten gegen die unbegrenzte Zuwanderung und Zwangszuweisung von Migranten konnte schon 2015 auf die Unterstützung der Bevölkerungen zählen, und das weitgehend unabhängig von der jeweiligen politischen Orientierung der Bürger. Die Befragungen des führenden polnischen Meinungsforschungsinstitutes CBOS ergaben 2015 bis 2017, dass sich zwei Drittel bis nahezu Dreiviertel der Polen gegen jede Aufnahme von Flüchtlingen aus dem islamischen Nahen Osten und Afrika aussprachen. Etwa ein Viertel der Befragten befürwortete eine zeitlich begrenzte Aufnahme. Nur eine verschwindende Minderheit von 2 bis 4 Prozent konnte sich vorstellen, Flüchtlinge dauerhaft anzusiedeln. Diese Zahlen bedeuteten aber nicht, dass die polnischen Bürger Flüchtlinge generell ablehnten. Die Bürger differenzierten aber sehr stark nach Herkunft und kulturellem Hintergrund. Ein fast genau umgekehrtes Bild ergab sich nämlich, wenn die polnischen Bürger nach der eventuellen Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen gefragt wurden. In diesem Fall sprachen sich schon 2015/2016 rund 60 Prozent für die Aufnahme aus (Centrum Badania Opinii Społecznej 2017). Nicht nur Polen, auch Deutschland und ganz Europa haben eine gewaltige Flüchtlingswelle zu bewältigen. Das könnte die Gelegenheit sein, das europäische Asyl- und Flüchtlingssystem grundlegend umzubauen und radikal zu modernisieren. Denn das deutsche und europäische Asylsystem ist dysfunktional: Ursprünglich humanitär gedacht, hat es sich in eine Rechtsgrundlage für unerwünschte und ungesteuerte Einwanderung verkehrt. Heute wird es überwiegend dazu missbraucht, diese Masseneinwanderung moralisch zu legitimieren. Das widerspricht dem ursprünglichen Regelungszweck. Zwar schützt dieses Recht in einer weltweit einmalig großzügigen Weise Flüchtlinge und Asylbewerber. Aber die meisten Einreisewilligen sind gar keine Schutzbedürftigen, sondern Migranten, die nach einem besseren Leben suchen. Die Perversion des deutschen und europäischen Asyl- und Flüchtlingsrechts ist also daran zu erkennen, dass es vor allem nichthumanitäre Einwanderung fördert. Wie gesagt, es gäbe jetzt Gelegenheit zu einer wirklichen Reform. Aber in Deutschland kommen die etablierten politischen Kräfte noch nicht einmal auf die Idee, Unterkunftsraum für wirkliche Kriegsflüchtlinge zu schaffen und dafür wenigstens die fast 300.000 (!) (Stand 2020, veröffentlicht bei statista 21.03.2022) vollziehbar Ausreisepflichtigen in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken. Stattdessen fällt Politikern wie dem FDP-Mann Stephan Thomae zur ukrainischen Flüchtlingswelle nicht mehr ein als hilfloses Gestammel, das in die bahnbrechende Erkenntnis mündet: „Wir sollten wissen, wer unterwegs ist.“ Ja, auch das sollte man wissen. Insbesondere weil es nicht unwahrscheinlich ist, dass Lukaschenko in diesen Tagen den übriggebliebenen Rest seiner Grenzstürmer-Migranten über die ukrainischen Fluchtwege doch noch nach Deutschland bringt.
Natalie Furjan
Während die Osteuropäer mit Mut und Hingabe die ukrainische Flüchtlingswelle bewältigen, zeigen die deutschen Politiker, dass sie einfach nicht dazulernen wollen. In Polen weiß man dagegen emigrationspolitisch zu differenzieren.
gastbeitrag
2022-03-25T13:35:11+00:00
https://www.tichyseinblick.de/gastbeitrag/polen-ukraine-fluechtlinge/
Wie den Mitteldeutschen Heimat und Herkunft ausgetrieben werden soll
Die Bild-Zeitung mag etwas von „Top“ verstehen, doch augenscheinlich nichts von Historikern. Jedenfalls hat sie in aller Eile zwei „Top-Historiker“ gefunden, die wie sie der Meinung zu sein scheinen, dass der Mitteldeutsche Rundfunk von Wroclaw aus sendet. Das Dumme ist nur, dass einer der beiden „Top-Historiker“ kein Historiker ist, sondern Politikwissenschaftler. Herfried Münkler hat jedenfalls niemals Geschichte studiert, sondern Germanistik, Politikwissenschaft und Philosophie, auch ist nicht bekannt, dass er Abschlüsse in der Geschichtswissenschaft vorzuweisen hat. Dementsprechend hatte Münkler auch nie geschichtswissenschaftliche, sondern lediglich politikwissenschaftliche Lehrstühle inne. Sein Buch über den Dreißigjährigen Krieg ist peinlich, bei der Länge erstaunlich unterkomplex. Medienpopulär wurde er als Merkel-Apologet 2016 mit dem Buch „Die neuen Deutschen. Ein Land vor seiner Zukunft“, das er mit seiner Frau zusammen verfasste. Diese Zukunft hat das Land inzwischen hinter sich. Der zweite Top-Historiker, Andreas Rödder, ist in der Tat vom Fach. Grund für den hyperventilierenden Bild-Titel „Top-Historiker zerlegen die AfD-Chefin“ ist ein Tweet der AfD-Politikerin Alice Weidel, die unter dem Text: „Mit Abstand stärkste Kraft in Mitteldeutschland: Die Menschen wollen die #AfD in politischer Verantwortung sehen“ die Sonntagsfrage für die nächste Bundestagswahl in Ostdeutschland (ohne Berlin) von Forsa vom 6. Juni publizierte. Nun kann man mit Recht darauf hinweisen, dass der Sprachgebrauch nicht korrekt ist, weil Mecklenburg-Vorpommern nicht Mittel-, sondern Norddeutschland ist, man kann sich über Weidels geographische und historische Kenntnisse lustig machen, wenn man das will, doch zu unterstellen, dass, wer für sich die Bezeichnung Mitteldeutscher aus Herkunfts-, auch aus kulturellen Gründen wählt, dadurch zugleich die Oder-Neiße-Grenze in Frage stellt, gleitet bereits auf der Rutschbahn des Geschichtsrevisionismus aus. Mehr noch, der wird zum Wahlhelfer der AfD im Osten Deutschlands. Der Bild-Historiker Münkler urteilt über den Begriff Mitteldeutschland: „In der politischen Konsequenz stellt dieser Sprachgebrauch die deutsche Ostgrenze an Oder und Neiße infrage.“ Das ist Unfug, weil Mitteldeutschland im engeren Sinne die heutigen Länder Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt umfasst. Wer also Mitteldeutschland sagt, wer also die Bezeichnung „mitteldeutsch“ für sich in Anspruch nimmt, der stellt nach Münklers Ansicht „die Ostgrenze an Oder und Neiße infrage“? Der Mitteldeutsche Rundfunk, die Mitteldeutsche Medien Förderung, die Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung (OMV) der CDU, die Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbH, die Mitteldeutsche Zeitung, die Mitteldeutsche Baustoffe GmbH und die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie, um nur einige zu nennen, stellen also die Oder-Neiße-Grenze in Frage? Müssen sie sich jetzt alle umbenennen, um nicht die Polen zu verärgern? Münkler fabuliert munter weiter, dass Weidel Bezug nehme auf „die Zeit, in der die damalige DDR in nationalkonservativen Kreisen Mitteldeutschland hieß und die ehemaligen Ostgebiete des Deutschen Reichs Ostdeutschland“. Nur, Mitteldeutschland heißt schon sehr viel länger Mitteldeutschland. Armer Thomas Mann, der in seinem Roman „Doktor Faustus“ so eindrucksvoll Mitteldeutschland beschrieb. Stimmt, zu der Zeit, als Thomas Mann seinen großen Roman verfasste, gehörten die deutschen Ostgebiete gerade noch so zu Deutschland, dennoch ist die Bezeichnung Mitteldeutschland älter, weitreichender als der Politikwissenschaftler Münkler kurzschließt. Münkler sollte wissen, dass die Bezeichnung Mitteldeutschland bereits Anfang des 19. Jahrhunderts im Mitteldeutschen Zollverein auftaucht und in der Mitte des 19. Jahrhunderts in die Ethnologie eingeführt wurde. In einfachen Worten für Bild und für Herfried Münkler formuliert: Mitteldeutschland ist eine alte deutsche Kulturlandschaft, die von den jungsteinzeitlichen Kulturen über die dichte Besiedlung in der Bronzezeit, man denke an den Fürsten von Leubingen und an die Himmelsscheibe von Nebra, vom Sängerkrieg auf der Wartburg, über die Reformation, über Martin Luther bis hin zur Friedlichen Revolution von 1989 reicht, denn die nahm ihren Anfang in Leipzig, Dresden, Plauen, Halle – in Mitteldeutschland eben. In einer Woche gedenken wir des 17. Juni 1953, des Volksaufstandes, der in der Hauptsache von Berlin, dann aber schon von Halle, Leipzig, Görlitz, Magdeburg, wieder von Mitteldeutschland, ausging. Man denke an die Weimarer Klassik und an die Jenaer Romantik und an das Bauhaus. Es gibt einen guten Grund für die Menschen in Mitteldeutschland, stolz auf ihre Landschaft zu sein. Der große Historiker Günter Mühlpfordt hat Zeit seines Lebens die Geschichte Mitteldeutschlands erforscht. Walter Ulbricht kam Ende der Fünfzigerjahre eigens nach Halle an die Universität, um den jungen Professor von der Universität zu vertreiben. Mühlpfordt wurde 1963 entpflichtet, mit einem Berufsverbot belegt und lebte äußerst bescheiden als Privatgelehrter – eigentlich in der DDR nicht möglich – und publizierte bis 1989 in der Hauptsache im Westen. Er erforschte die Geschichte Mitteldeutschlands. Auf meine Frage, warum er nicht in den Westen gegangen ist, antwortete er als Historiker, dass er sonst die Quellen, die Archive verloren hätte, die für seine Forschung wichtig sind. Seine Vorstellung von Mitteldeutschland fasste er in dem Aufsatz mit dem programmatischen Titel: „Mitteldeutschland als Kulturherd der Frühneuzeit. Von der Wittenberger Reformation bis zur Weimarer Klassik“ zusammen. Doch für Münkler scheint das alles die Oder-Neiße-Grenze in Frage zu stellen. In dem verärgerten Versuch, gegen die wachsende Akzeptanz der AfD in der Wählergunst sind der Bild-Zeitung und Herfried Münkler alle Mittel recht, sogar eine der großen kulturellen Landschaften Deutschlands zu diskreditieren. Es scheint Bild und Münkler nicht klar zu ein, dass man mit diesen Scheindebatten, in denen man ohne Problem das Heimatgefühl gerade der Menschen, deren Aufstand 1989 die Wiedervereinigung erst ermöglicht hat, die einen hohen Preis dafür bezahlt haben, was immer mit dem aseptischen Begriff der Transformationsleistungen umschrieben wird, Mitteldeutschland und die Mitteldeutschen zugunsten billiger politischer Polemik herabwürdigt. Denn die Polemik von Bild und von Münkler geht völlig am Thema vorbei, das Thema nämlich lautet: Weshalb verlieren die Grünen und weshalb gewinnt die AfD in der Wählergunst – und das nicht nur in Ostdeutschland? Die Verluste der Grünen realisieren sich vor allem im Westen, denn in Ostdeutschland konnten die Grünen noch nie mit allzu großen Sympathien rechnen. Im Osten war also nicht allzu viel zu verlieren, im Westen schon. Im Osten verlieren vor allem SPD und FDP. Die Bild-Zeitung besteht darauf, dass sie das böse Wort Mitteldeutschland nur „als Begriff, zum Beispiel in Wetterberichten, für eine bestimmte Region“ verwendet. Kein Luther also, kein Goethe, kein Volksaufstand am 17. Juni, keine Friedliche Revolution, sondern für Bild nur eine geographische Bezeichnung für den Wetterbericht. Der Bild-Historiker Münkler läuft jedoch zur Top-Form auf: Münkler sieht in dem Tweet „einen gegen Polen gerichteten Thrill“. Weidel stelle „die europäische Ordnung infrage“, richte sich gar gegen die rechtskonservative polnische Regierungspartei PiS und stehe damit ganz auf der Linie von Russen-Führer und AfD-Förderer Wladimir Putin (70), der in der Ukraine die europäische Nachkriegsordnung infrage stelle. Münkler zu Bild: „Jetzt kann man verstehen, warum die AfD so Putin-freundlich ist: Geist vom selben Geist.“ Welche Nachkriegsordnung meint Münkler, die von 1945? Da gehörte die Ukraine noch zur UdSSR? Oder die Ordnung nach dem Zerfall der Sowjetunion? Egal, worauf es ankommt, ist die Gleichung Weidel-Mitteldeutschland-AfD-Putin. Das ist selbst für Bild billig. Wenn Münkler seine Argumentation ernst meint, heißt das, dass die Mitteldeutschen sich nicht mehr Mitteldeutsche nennen dürfen, um sich nicht gegen „die rechtskonservative polnische Regierungspartei PiS“ zu stellen? Bleibt nur die Frage, ob der Top-Historiker Rödder das genauso sieht. Auch Rödder liegt ein Votum für Mitteldeutschland fern, denn er schielt nach einer Hintertür, wenn er kasuistisch unterscheiden will zwischen einen politischen und einen historischen Gebrauch des Wortes. Und da dem Herrn Professor „Frau Weidel bisher nicht als Historikerin bekannt“ ist, kann sie es auch nur politisch meinen. „Wenn sie es aber politisch meint: Soll diese Wortwahl einen neuen Revisionismus und Territorialansprüche gegenüber Polen begründen?“ Feiner formuliert, aber Münklers Linie. Erstens kann jeder Nichthistoriker historische Begriffe benutzen; zweitens hat jeder politische Sprachgebrauch ein politisches Moment, weil die Geschichte des Begriffs Teil des Begriffs und seines Gebrauch ist; drittens impliziert der politische Gebrauch des Begriffs Mitteldeutschland in keiner Weise Territorialansprüche gegenüber Polen, es sei denn, Rödder vermutet, dass Weimar in Polen liegt. Mit diesen Aussagen hilft das Mitglied der Grundwertekommission der CDU, Andreas Rödder, den Parteifreunden im Osten mitnichten, der AfD aber sehr. In Mitteldeutschland war die CDU einmal eine Heimatpartei. Wenn sie diese Position aufgibt, wird die AfD sie einnehmen. Noch hat auch die CDU laut der Umfrage im Osten Zuwächse, und zwar von 5,6 Prozent. Sie sind schnell verspielt.
Klaus-Rüdiger Mai
Die Sprachpolizei ist unterwegs, diesmal in Gestalt von BILD und zwei von ihr sogenannten "Top-Historikern". Weil Alice Weidel von Mitteldeutschland sprach will sie Polen überfallen, wird suggeriert. Der Mitteldeutsche Rundfunk ihre Propagandatruppe? Eine Klärung der Begriffe und der historischen BILD-Blamage.
meinungen
2023-06-10T13:31:37+00:00
2023-06-10T18:39:08+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/mitteldeutsche-heimat-herkunft/
Importpreise steigen extrem stark – vergleichbar mit der Ölkrise von 1980
Die Importpreise waren im Oktober 2021 um 21,7 Prozent höher als im Oktober 2020, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Einen derartigen Anstieg gab es zuletzt in der Ölkrise vom Januar 1980 nach der Islamischen Revolution im Iran, als ein Wert von 21,8 Prozent erreicht wurde. Von Reuters befragte Ökonomen hatten zuvor mit einem Anstieg von lediglich 19,6 Prozent gerechnet. Der extreme Importpreisanstieg hält schon seit einigen Monaten an, gewinnt aber noch an Dynamik. Im September hatte das Plus 17,7 Prozent betragen, im August 16,5 Prozent. Gegenüber dem Vormonat September 2021 stiegen die Importpreise im Oktober 2021 um 3,8 Prozent. Aller Erfahrung nach werden die steigenden Importpreise ebenso wie die bereits stark gestiegenen Erzeugerpreise auch auf die Verbraucherpreise (also die Inflationsrate) durchschlagen. Im Oktober stiegen diese in Deutschland um 4,5 Prozent über ihr Vorjahresniveau. In der Euro-Zone lag die Inflationsrate bei 4,1 Prozent, in den USA zuletzt sogar bei 5,4 Prozent. Im Oktober 2020 waren die Verbraucherpreise in Deutschland noch um 0,2 Prozent gesunken, im Schnitt der vergangenen fünf Jahre legten sie um gerade mal 1,1 Prozent zu. Die Ökonomen der Bundesbank rechnen mittlerweile mit einer Inflationsrate von rund sechs Prozent für November. Starker Preisanstieg nach wie vor insbesondere auf Entwicklung der Energiepreise zurückzuführen Energieeinfuhren waren im Oktober 2021 um 141,0 Prozent teurer als im Oktober 2020. Der hohe Anstieg im Vorjahresvergleich ist insbesondere durch die stark gestiegenen Preise für Erdgas begründet. Diese lagen im Oktober 2021 fast dreimal so hoch wie im Oktober 2020 (+193,9 Prozent). Auch die Einfuhrpreise für Erdöl und Steinkohle haben sich verdoppelt beziehungsweise verdreifacht: Erdöl war im Oktober 2021 im Vorjahresvergleich um 105,9 Prozent teurer, importierte Steinkohle sogar um 213,2 Prozent. Ohne Berücksichtigung der Energiepreise waren die Importpreise im Oktober 2021 um 11,2 Prozent höher als im Oktober 2020 und 1,2 Prozent höher als im Vormonat September 2021. Lässt man nur Erdöl und Mineralölerzeugnisse außer Betracht, lag der Importpreisindex um 17,5 Prozent über dem Stand des Vorjahres (+3,0 Prozent gegenüber September 2021). Die Preise für Eisenerze lagen im Oktober 2021 um 20,9 Prozent über denen von Oktober 2020, verbilligten sich aber im Vormonatsvergleich zum zweiten Mal nennenswert (-19,3 Prozent gegenüber September 2021). Die Preise für gesägtes und gehobeltes Holz waren im Vorjahresvergleich 58,8 Prozent höher, sind aber im Vormonatsvergleich erstmals seit Februar 2020 gesunken (-2,1 Prozent). Vergleichsweise moderat stiegen die Preise für importierte Investitionsgüter. Sie lagen im Oktober 2021 um 3,4 Prozent über denen von Oktober 2020. Teurer waren unter anderem Notebooks (+9,4 Prozent) sowie Kraftwagen und Kraftwagenteile (+3,0 Prozent). Dagegen sanken die Preise für Tablets im Vorjahresvergleich um 0,7 Prozent. Importierte Verbrauchsgüter waren im Oktober 2021 binnen Jahresfrist 4,0 Prozent teurer, Gebrauchsgüter 3,7 Prozent. Die Preise für importierte landwirtschaftliche Güter lagen 15,5 Prozent über denen von Oktober 2020. Während sich insbesondere Rohkaffee (+60,8 Prozent) und Getreide (+32,5 Prozent) gegenüber dem Vorjahresmonat stark verteuerten, wurden lebende Schweine nach wie vor zu niedrigeren Preisen importiert (-15,9 Prozent).
Ferdinand Knauß
Die Importpreise waren im Oktober 2021 um 21,7 Prozent höher als im Oktober 2020, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Einen derartigen Anstieg gab es zuletzt in der Ölkrise vom Januar 1980 nach der Islamischen Revolution im Iran, als ein Wert von 21,8 Prozent erreicht wurde. Von Reuters befragte Ökonomen hatten zuvor mit einem Anstieg von lediglich
wirtschaft
2021-11-26T12:04:38+00:00
2021-11-26T19:00:02+00:00
https://www.tichyseinblick.de/wirtschaft/importpreise-oktober-2021/
Mehrere Tausend demonstrieren in Berlin gegen Abtreibungen
An Anfeindungen sind sie gewöhnt. Auf der Demonstration in Berlin-Mittte kam es immer wieder zu Störungen einzelner Aktivisten, die gegen Familien und für Abtreibungen streiten. „Es kommen nicht mehr viele von denen, eigentlich vermisse ich sie ein wenig“, sagt ein Sprecher von „Demo für alle“ am Abend gut gelaunt. Die Gruppe hat zu einem Bankett eingeladen, mit Fachvorträgen namhafter Autoren wie Dr. Ulrich Vosgerau und Tapio Puolimatka. Tausend Teilnehmer hat das „RBB24 Inforadio“ von der Demonstration gemeldet. Auf die inhaltlichen Forderungen der Organisatoren ist die öffentlich-rechtliche Redaktion kaum eingegangen. Das war vor einigen Wochen anders. Da demonstrierten Klimaschützer in Berlin und der RBB ging im gleichen Format inhaltlich ausführlich auf sie ein. Die Demonstration hatte 150 Teilnehmer. Die öffentlich-rechtlichen Medien gehören zur Situation der Initiative: Einerseits erlebt die Gruppe eine breite Unterstützung, die auch nicht nachgelassen hat, als andere Themen die öffentliche Debatte überlagerten. Jüngst vor allem die für viele existenzbedrohende Energiekrise. Auch erreichen sie, so von Beverfoerde, in Gesprächen zum Thema eine breite Mehrheit der Gesellschaft. Etwa, wenn es ums Gendern geht. Doch, das ist das Problem: Mit dieser breiten Mehrheit muss „Demo für alle“ erst einmal ins Gespräch kommen. Vosgerau macht den Besuchern in seinem Vortrag deutlich, gegen welche PR-Fallen sie ankämpfen. Zwar ist Vosgerau auch ein Autor. Vor allem aber ist er Jurist. Doch beides gehört in dem Fall zusammen. Denn hinter vermeintlich gut klingenden Slogans – mit Forderungen, gegen die eigentlich keiner etwas haben kann – verbergen sich politische Ziele, die eine juristische Wucht haben, das Land massiv zu verändern. Zum Beispiel die Rechte für Kinder als Teil des Grundgesetzes: Wer kann da etwas dagegen haben? Kinder schützen? Sollte man das nicht überall? Wenn’s sein muss, halt auch in der Verfassung. Doch das ist ein „Trojanisches Pferd“, wie Vosgerau warnt. Stehen die Rechte der Kinder im Grundgesetz, kann der Staat in Familien reinregieren. Eine mögliche Argumentationskette sehe dann so aus: Die Eltern sagten ihren Kindern, die zielführenden und überlebensnotwendigen staatlichen Schritte zum Klimaschutz seien vielleicht gar nicht überlebensnotwendig und ganz sicher nicht zielführend. In einer politisch solch oktroierenden Umgebung zu leben, widerspreche den Grundrechten der Kinder, antwortet der Staat. Er müsse die Kinder aus diesem Umfeld rausnehmen. Der identitätspolitische Ansatz hebele dieses Grundrecht aus. Ähnlich wie bei der sexuellen Identität, solle hier das Selbstbestimmungsrecht gelten, wenn sich die Aktivisten durchsetzen. Auch hier ist es ihnen wieder gelungen, einen schwer zu besiegenden PR-Begriff zu etablieren: Wer kann etwas gegen „Selbstbestimmung“ haben? Doch hinter dem positiven Begriff der Selbstbestimmung verstecken sich die negativen Begriffe der Beliebigkeit – wenn nicht sogar der Willkür. Denn wenn individuell entschieden werden kann, wer die Eltern sind, statt dass die biologischen Tatsachen dies bestimmen, dann ist letztlich der Staat der Schiedsrichter. Mindestens muss er die Entscheidung dokumentieren, grundsätzlich versetzt ihn das aber auch in die Rolle zu entscheiden. Das hat für den Staat verschiedene Vorteile. Ganz praktische, wie Vosgerau ausführt. So spricht sich die Ampelregierung – unter Fach-Verantwortung der FDP – für die Mehrelternschaft aus. Bis zu vier Personen können dann Elternrechte auf ein Kind beantragen. Für den Staat ist das praktisch: Fallen drei als Ernährer aus, kann sich der Staat auf den Vierten bezüglich Unterhaltsforderungen wenden. So ist es der Staat, der bestimmt. Gleichzeitig verabschiede der Gesetze, die Zweifel an dieser Behauptung als Diskriminierung der Betroffenen unter Strafe stellt. „So entsteht eine neue Staatsreligion – inklusive Blasphemieparagraphen“, sagt Puolimatka. Die Botschaft lautet: Der Bürger muss folgen, der Staat bestimmt. Der Staat muss seine Entschlüsse nicht mehr begründen, etwa wissenschaftlich oder juristisch. Dass er die Macht hat, ist die Begründung seiner Beschlüsse. Als das Werbeverbot für Abtreibungen fiel, feierten identitätspolitische Aktivisten auf Twitter regelrecht Abtreibungen. Andere Nutzer mussten sie daran erinnern, dass der Tod eines Lebens – auch eines Ungeborenen – jetzt nichts direkt Schönes oder Fröhliches sei. Es gibt eine Mehrheit gegen identitätspolitische Forderungen. Sei es das Gendern, sei es, dass jeder jederzeit und nach Bedarf sein vermeintliches Geschlecht wechseln kann oder das Aktivisten Abtreibungen als Lifestyle feiern. Doch gegen diese Mehrheiten in der Bevölkerung stehen politische Mehrheiten, zu denen die FDP gehört und eine PR-Maschine, die unter anderem mit 8,5 Milliarden Euro im Jahr geölt wird. Ist das nicht frustrierend, mag man da nicht mal hinwerfen? „Nein“, sagt von Beverfoerde. „Es ist weiterhin richtig, sich mit Aufklärung und Widerstand dagegen zu stellen.“ Auch oder gerade weil die Umstände widrig seien, müsse man so lange reden, bis man die Mehrheit in der Bevölkerung erreicht, die die gleichen Positionen teilten. Obwohl Medien wie „RBB24 Inforadio“ lieber auf die Inhalte einer Demonstration mit „150 Teilnehmern“ eingehen als auf die einer Demonstration mit mehreren tausend Teilnehmern.
Fritz Goergen
Tausende Bürger haben sich am Wochenende am "Marsch für das Leben" beteiligt. Sie setzen sich unter anderem für die Familie und gegen Abtreibungen ein. Es ist ein Kampf gegen einen mächtigen PR-Apparat.
daili-es-sentials
2022-09-18T15:49:10+00:00
2022-09-19T06:40:50+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/mehrere-tausend-demonstrieren-in-berlin-gegen-abtreibungen/
Neue EU-Regulierung macht Kleinanlegern zu schaffen
„Schluss mit Gratis-Sparplänen und 1-Euro-Trades – EU beschließt Preis-Hammer für Millionen Kleinanleger“ überschreibt die „Bild“-Zeitung ihren heutigen (17. Juli) Artikel zum vor zwei Wochen beschlossenen Verbot der sogenannten Payment for Order Flow (PFOF) in der EU ab spätestens 1. Juli 2026. Das ist zwar etwas holzschnittartig, hat aber einen wahren Kern, der sogar amtlich bestätigt ist. Doch der Reihe nach: Mit PFOF ist die Praxis – gerade von sogenannten Neobrokern, die sehr preisaggressiv um Privatanleger werben – gemeint, dass Banken ihren Kunden anbieten, auf die sogenannte best execution (die bestmöglich im Zeitpunkt der Orderausführung erzielbaren Konditionen) zu verzichten. Im Gegenzug für die sehr geringeren Gebühren erklären sie sich stattdessen damit einverstanden, dass ihr Auftrag an einem von der Bank ausgewählten Handelsplatz ausgeführt wird. Die Gefahr dabei: Zwar sind die Gebühren niedrig, aber der Transaktionspreis fällt oft höher (beim Kauf) oder niedriger (beim Verkauf) aus als an anderen Plätzen. Schließlich muss der Handelsplatz die Vergütung für die Bank, die ihm den Auftrag weiterleitet, ja auch verdienen. Deshalb steht die Gewährung von Rückvergütungen für die Weiterleitung von Kundenaufträgen schon länger in der Kritik. Ansatzpunkt dieser Kritik ist, dass durch Rückvergütungen Interessenskonflikte bei den Brokern entstehen können. Die Frage ist also, was größer ist: Die Differenz zwischen den Gebühren bei einem Neobroker, der mit nur einem Handelsplatz zusammenarbeitet, und den Gebühren für best execution oder die Differenz der jeweils erzielbaren Kurse? Das wird wahrscheinlich mal so, mal so sein – und lässt sich nur mit einer großen Untersuchung aller Transaktionen feststellen. Im vergangenen Herbst präsentierte die für den Wertpapierhandel zuständige deutsche Aufsichtsbehörde BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) eine Studie um Thema. Sie hatte die Ausführungsqualität von Aktienkäufen und -verkäufen an den PFOF-relevanten Handelsplattformen Tradegate Exchange, Lang & Schwarz Exchange, Gettex sowie Quotrix untersucht. Nach der Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) bestimmt sich die Ausführungsqualität nicht allein nach dem Ausführungspreis, sondern auch nach den mit der Ausführung verbundenen Kosten, also dem Gesamtentgelt. Das Gesamtentgelt wird nämlich auch durch Faktoren wie die Transaktionsgröße, handelsplatzbezogene Transaktionskosten sowie Liquiditätsunterschiede bei den gehandelten Aktien beeinflusst. Im Ergebnis kommt die Studie zu einem differenzierten Bild: Die Ausführung von kleineren Aktienkäufen bzw. -verkäufen an PFOF-Märkten erscheint mehrheitlich bei kleineren Transaktionsvolumina durchaus vorteilhaft. Insbesondere bei Transaktionsvolumina bis 2.000 Euro in DAX-Aktien und bis 500 Euro in Nicht-DAX-Aktien erzielen Privatkunden an PFOF-Märkten bessere Gesamtergebnisse als an den gegenübergestellten Referenzmärkten. Wesentlich für die Vorteilhaftigkeit kleinerer Transaktionsvolumina sind in erster Linie handelsplatzabhängige Transaktionsgebühren inklusive Mindestkosten für die Auftragsausführung an einigen Referenzmärkten. Bei höheren Transaktionsvolumen und niedrigerer Liquidität an den Referenzmärkten zum Zeitpunkt der Auftragsausführung gehen die genannten Vorteile jedoch verloren. So zeigt sich, dass an PFOF-Märkten schlechtere Ausführungspreise erzielt werden, wenn das ausgeführte Volumen an den PFOF-Märkten das gegenübergestellte Handelsvolumen an den Referenzmärkten zum Ausführungszeitpunkt übersteigt. Darüber hinaus scheint die Liquidität der gehandelten Aktien Einfluss auf die Ausführungsqualität zu haben. So sind Geschäfte in DAX-Aktien an PFOF-Märkten verglichen mit der Ausführung an den Referenzmärkten anteilig häufiger von ähnlicher oder besserer Ausführungsqualität als Geschäfte in sonstigen deutschen Aktien. Im Ergebnis der Analyse lehnte die BaFin ein pauschales Verbot von Rückvergütungen für die Weiterleitung von Kundenaufträgen deshalb ab. Nun hat sie sich in den Beratungen von EU-Kommission und -Parlament mit ihrer Ansicht nicht durchsetzen können. Nach einer Übergangsphase wird das Verbot von Payment for Order Flow ab 1. Juli 2026 auch in Deutschland durchgesetzt werden. Sparpläne mit Aktien sind davon natürlich auch betroffen. Fonds- und ETF-Sparpläne werden aber auch danach zumindest von den Anbietern der jeweiligen Produkte weiter in bestimmten Aktionen gratis angeboten werden. Befürchtungen, die Kosten für Wertpapiertransaktionen würden dann dramatisch steigen, sind jedoch fehl am Platze. Die Neobroker werden auch künftig ein günstiges Angebot machen, um ihre Marktanteile zu verteidigen.
Natalie Furjan
Die Schlagzeile in der Bild-Zeitung „Schluss mit Gratis-Sparplänen und 1-Euro-Trades – EU beschließt Preis-Hammer für Millionen Kleinanleger“ ist etwas holzschnittartig, hat aber einen wahren Kern. Es geht dabei um das EU-Verbot von Payment for Order Flow, das ab 1. Juli 2026 auch in Deutschland durchgesetzt werden soll.
wirtschaft
2023-07-17T16:05:31+00:00
https://www.tichyseinblick.de/wirtschaft/geldanlage/neue-eu-regulierung-macht-kleinanlegern-zu-schaffen/
Energiewender Flasbarth erklärt Energiewende
Ich muss zugeben, ich hielt das zunächst für einen missglückten Aprilscherz. »Frag den Flasbarth« hieß es am Montag, als das Bundesumweltministerium zum Twitter-Interview einlud. Thema Klimaschutz. Jochen Flasbarth, einer der Chefideologen der Energiewende und des Kohleausstiegsunsinns, wollte etwaige Zweifel an diese Plänen ausräumen und Stimmung dafür machen, wie gut er und seine Umweltleute gegen den Weltuntergang ankämpfen.
Sofia Taxidis
Es verwundert nicht, dass sich Flasbarth kürzlich erneut um den Chefposten bei der UNEP beworben hatte, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen.
kolumnen
2019-04-03T14:38:10+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/lichtblicke-kolumnen/energiewender-flasbarth-erklaert-energiewende/
Baerbock setzt Aufnahme von Afghanen und Syrern fort
Auch wenn die Ampelkoalition Geschichte ist und Annalena Baerbock nur noch ihr Gnadenbrot am Werderschen Markt aufzehrt, geht der Import von Afghanen aus Pakistan weiter. Ein Import, den nicht zuletzt die grüne Ministerin gefordert, gefördert und mit allen verfügbaren Mittel vorangetrieben hat. Am 14. November landeten 195 Afghanen – angeblich „Ortskräfte“ mit Familienanhang, aber auch andere „besonders schutzbedürftige“ Personen – auf dem Flughafen Erfurt-Weimar. Anfang Dezember ging es weiter: Noch eine Maschine mit einer Kapazität von 222 Personen landete in Düsseldorf. Nur ein paar Tage später landeten 188 Afghanen in Leipzig. Wissenswert sind einige Fakten: 1. Das Ortskräfteverfahren ist auch drei Jahre nach dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan wohl immer noch lange nicht abgeschlossen. Parallel gibt es das Bundesaufnahmeprogramm, durch das auch andere „Gefährdete“ einreisen können. 2. Aus Afghanistan selbst reist seit langem niemand mehr ein. Seit der Machtübernahme der Taliban ist das nicht mehr möglich. Die Einreisen finden vor allem über Pakistan und die Botschaft in Islamabad statt. Wer sich dort als angeblich gefährdeter, schutzbedürftiger Afghane meldet, hat oft lange in anderen Ländern gelebt. 3. Nachdem sie das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanen anfangs sogar unterbrechen musste (schon damals wegen Missbrauchsvorwürfen), hat Annalena Baerbock ihren Mitarbeitern die Anweisung gegeben, so viele Visa wie möglich an Afghanen zu vergeben, um das von ihr selbst gesetzte Plansoll von 1000 Einreisen pro Monat zu erreichen – für „Personen mit afghanischer Staatsangehörigkeit und deren berechtigte Familienangehörige“. 4. Dabei sollen – so teilten leitende Mitarbeiter des AA den Botschaftsmitarbeitern mit – auch ungeeignete oder fehlende Papiere und folglich unklare Identitäten kein Hindernis mehr sein. Buchstäblich alles wurde in Gang gesetzt, um dieses ministerielle Ziel zu erreichen. Das legt freilich ein beredtes Zeugnis von den Prioritäten Baerbocks ab. Und noch immer ist das Programm nicht an seinem Ende. Eigentlich war geplant, es bis zum regulären Ende der Legislaturperiode im kommenden September durchzuziehen, solange die Grünen und Roten eben an den Schalthebeln der Macht sitzen. Nun könnte es zu einer Unterbrechung im April oder Mai kommen. Aber selbst das ist nicht gegeben, obwohl die CDU das Programm seit Jahren kritisiert und es angeblich stoppen will. Nur kennt man ja diese Koalitionskompromisse: Du willst ein Prozent mehr Mehrwertsteuer, ich zwei – der Kompromiss sind drei, weil es so bequemer ist. Nun wartet die Junge Freiheit mit neuen Zahlen aus dem Innenministerium auf, aus welchen die Zeitung auf insgesamt über 157.000 noch ausstehenden Einreisen von angeblich gefährdeten Afghanen kommt. Schuld daran wäre auch, dass jeder Einreiseberechtigte durchschnittlich vier Angehörige mitbringt. Auch das wusste man schon im August 2021, als Innenminister Horst Seehofer der Öffentlichkeit eine ähnliche Zahl mitteilte. Und so scheint auch die Gesamtzahl der JF durchaus möglich, jedenfalls hat die aktuelle Bundesregierung dem durch sie selbst forcierten Zuzug keine Grenze gesetzt. Vielmehr soll es im monatlichen Rhythmus von 1000 eingeflogenen Afghanen weitergehen, solange es eben geht. Laut der Seite des Bundesaufnahmeprogramms hat die Bundesregierung „45.000 besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen sowie ihren berechtigten Familienangehörigen“ die Einreise in Aussicht gestellt. Laut der Jungen Freiheit revidieren die neuen Zahlen aus dem Innenministerium diese Zahl und verdreifachen sie. Bisher sollen laut Bundesregierung über 33.200 Afghanen auf diesem Wege eingereist sein. Daneben gibt es zusätzliche Landesaufnahmeprogramme in Thüringen, Berlin, Hessen und Bremen, die weitere Einreisen generieren. Ins Zentrum des Interesses treten daneben auch die Kosten dieser Operation, die sich natürlich nicht in den reinen Transportkosten erschöpfen. Aber allein die werden bei hohen 150 Millionen Euro angegeben, gemäß einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine schriftliche Frage des Abgeordneten René Springer (AfD). Finanziert wird das etwa aus der Projektlinie „Studien und Fachkräftefonds“ des Entwicklungsministeriums oder aus der „Menschenrechtsliste“ des Auswärtigen Amtes. Es ist eigentlich nicht mehr die Frage, dass hier ein gewaltiges Schindluder mit deutschem Steuergeld betrieben wird. Denn natürlich kann man die Liste potentiell gefährdeter Afghanen theoretisch und praktisch bis ins Unendliche fortsetzen, während man eigentlich nur aus der Diaspora in den – selbst sicheren – Nachbarstaaten wie Pakistan und anderen schöpft. Zudem gilt aber: Die Kosten für Deutschland für jeden einzelnen dieser Eingeflogenen beginnen nur bei den Flugkosten und enden nicht bei den jahrelangen Zahlungen von Wohn- und Bürgergeld an sehr viele der hier lebenden Afghanen. Es ist davon auszugehen, dass Deutschland von dieser Art Einwanderung keinen wirtschaftlichen Nutzen zieht. Die Kosten bedeuten aber auch den breiteren „gesellschaftlichen“ Impakt der afghanischen Zuwanderung, den immigrationsselige Geister wie Annalena Baerbock oder auch Nancy Faeser stets und gerne vergessen: überlastete Sozialsysteme und Schulen, erhöhte Kriminalität, zuletzt Entstehung neuer monokultureller (muslimisch geprägter) Ghettos am Rande deutscher Städte. Natürlich fordert auch der AfD-Abgeordnete René Springer, dass das Aufnahmeprogramm gestoppt wird: „Zehntausende Afghanen wurden über kostspielige Programme nach Deutschland gebracht, obwohl der Afghanistan-Untersuchungsausschuss belegt, dass Ortskräfte nie in Gefahr waren.“ In der Tat fehlen die Belege für diese oft gehörte, pauschale Behauptung. Zahlreiche „Einzelfälle“ von in der alten Heimat urlaubenden Afghanen lassen sogar auf das Gegenteil schließen. Und obwohl ganz Europa darüber diskutiert, wie man nun mit Asylanträgen von Syrern umzugehen hat, sorgt die grüne Außenministerin Baerbock eben auch dafür, dass die Visa-Ausstellung an syrische Familienangehörige nicht gestoppt wird. Das Nachzugsprogramm für syrische Ehefrauen, Eltern und Geschwister, Großeltern und Cousins per AA-Visum soll uneingeschränkt weitergehen: Zehntausende Syrer kommen demnach über die deutschen Botschaften ins Land. Derweil stellt der neue Anführer Ahmad Husain asch-Schar’a alias Abu Muhammad al-Dscholani Bedingungen für die Rückreise der Syrer aus Europa: Die Sanktionen gegen sein Land müssten aufgehoben werden. Diese Frage sei für ihn nicht verhandelbar, sagte er einer britischen Delegation. Derweil haben sich Bundeskanzler Scholz und seine Innenministerin (beide SPD) im Chor zur weiteren Aufnahme von Syrern bekannt, deren Land noch immer zu gefährlich sei – obwohl der böse, schlimme Diktator Baschar al-Assad abgetreten ist und sich eine Regierung des Volkes ankündigt, die auch auf deutschen Straßen (und Weihnachtsmärkten) viel Zustimmung einsammelt. Die eigentliche Gefahr droht anscheinend, wenn diese HTS-Fans und vielleicht ja auch Dschihadisten nach Neu-Syrien ausreisten und sich dem dort sich ankündigenden entschiedenen Islam anschlössen.
Matthias Nikolaidis
Die Einfuhr von angeblich gefährdeten Afghanen aus dem Nachbarstaat Pakistan geht weiter. Ein Ende ist nicht gewollt, jedenfalls nicht unter Rot und Grün. Die Kosten für Deutschland sind nicht nur in Euro zu bemessen und nicht zu kontrollieren. Auch aus Syrien soll es munter weitergehen.
daili-es-sentials
2024-12-19T14:52:03+00:00
2024-12-20T07:28:00+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/fortsetzung-aufnahme-afghanen-und-syrer/
Landesmedienanstalt droht AfD mit Video-Sperrung
Im traditionellen öffentlichen Raum darf die Alternative für Deutschland nicht mehr für sich werben oder ihre Themen den Bürgern vermitteln. Sie kann praktisch keine Anzeigen bei Zeitungen und Zeitschriften schalten oder Radio- und TV-Spots senden lassen, Kinowerbung wird abgelehnt ebenso Hinweise auf großen Werbeflächen. Kurz, die AfD existiert bis auf die wenigen staatlich garantierten öffentlich-rechtlichen TV-Spots vor Wahlen für die Bürger im Grunde nicht. Deswegen weicht die AfD, um sich den Wählern mitzuteilen auf Internetkanäle wie Youtube, TikTok, X, Facebook und andere aus. Die modernen Medien sind noch die einzige Alternative für die Alternative, die vor allem junge Leute nutzen, um sich jenseits vom elektronischen Einheitsfunk und gedruckter Einheitspresse zu informieren. Ähnlich wie am Ende der DDR scheitert der Staat mit seiner ideologischen Beeinflussung – heute in Rotgrün – bei der jungen Generation. Die entzieht sich dem Mainstream, weil sie direkt und am meisten im Alltag wie in der Zukunft durch die großen Gefahren der grünen Transformation betroffen ist. Anstatt Grün oder Links zu wählen, wie von der Herabsenkung des Wahlalters auf 16 Jahre von Grünen, SPD und Linken erhofft, entscheiden sich immer mehr Jüngere dafür, die Alternative für Deutschland zu wählen – siehe Grafik. Weil ein Wahlkampfvideo der AfD Brandenburg im September von staatlichen Stellen als angeblich „potenziell entwicklungsbeeinträchtigend“ für Kinder und Jugendliche bewertet wird, droht die Landesmedienanstalt Brandenburg jetzt der AfD mit einer Video-Sperrung. Die SPD-geführte Landespolitik will so die größte Oppositionspartei offensichtlich mundtot machen.So eine Ausgrenzung hat es bei der SED und ihren Nachfolgern nach dem Mauerfall vor 35 Jahren nie gegeben. Im Gegenteil: Die SED-Erben von Gregor Gysis PDS waren bereits 1990 selbst im Westen gern gesehene Anzeigenkunden, wenn die knallroten Genossen zum Beispiel im Bonner Generalanzeiger für ihre Parteiveranstaltungen warben. Die Verantwortung für Mauertote, politische Gefangene, Menschenhandel, Zwangsadoptionen und Unterdrückung spielten so gut wie keine Rolle. Völlig anders geht die etablierte politische Klasse mit vehementer Unterstützung links und grün orientierter Medien gegen einen Konkurrenten vor, der ihre gefestigten Kreise in den Parlamenten von Bund und Ländern stört. Wenn fast ein Drittel der Bevölkerung sich gegen die gefährliche Asyl-, Energie- und Wirtschaftspolitik mit ihrer Stimme bei den jüngsten Wahlen wehrt, und sich im eigenen Deutschland nicht mehr sicher fühlt, dann reicht das „rechte“ Stigma durch den Verfassungsschutz nicht mehr aus, dann wird mit kruden Begründungen abgeschaltet, wie jetzt aus einem Schreiben der Landesmedienanstalt an den Vorstand der AfD Brandenburg hervorgeht über den Springers Welt berichtet. Die Aufsichtsbehörde drohe demnach dem Landesverband eine Untersagung und Sperrung der Inhalte an, sollte die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) in einer abschließenden Beurteilung einen Verstoß gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag feststellen. „Die Untersagung und Sperrung können sofort vollzogen werden und mittels Verwaltungszwang (Zwangsgeld beziehungsweise Zwangshaft) durchgesetzt werden“, heißt es in dem Schreiben. „Wenn Kinder oder Jugendliche aufgrund ihres Alters abweichende Darstellungen zum Beispiel im Bereich von Menschenwürde, Toleranzgebot, Schutz von Ehe und Familie und Demokratieprinzip nicht mit ausreichender Differenziertheit und Distanz verarbeiten können, ist von einer Entwicklungsbeeinträchtigung auszugehen“, droht die staatliche Medienanstalt im SPD-regierten Brandenburg weiter. Bei dem Verbotsakt geht es lediglich um einen 78-sekündigen Clip, den die Brandenburger AfD am 14. September 2024 in den sozialen Medien veröffentlicht hatte. Die Art der Darstellung sei „pauschal diskriminierend“ und schaffe „ein von den Personen mit dunkler Hautfarbe und Haaren ausgehendes Bedrohungsszenario“, klagt die Landesmedienanstalt. Kurz, die Realität, wie sie von der Politik seit CDU-Kanzlerin Dr. Angela Dorothea Merkel geschaffen wurde, darf man in diesem Land nicht mehr beschreiben. Mit Rassismusvorwürfen wird jegliche Ausländer- und Asylkritik in bewährter Weise unterdrückt, obwohl selbst Unions- und SPD-Politiker inzwischen die brisanten Themen der AfD übernehmen und nun Handlung vortäuschen. Das Original der berechtigten Kritik an den deutschen Zuständen wird jedoch weiter bekämpft. Denn nur wer den richtigen Klassenstandpunkt oder heute die richtige Haltung hat, darf ein bisschen kritisieren. Deswegen kennen die staatlichen Zensoren kein Erbarmen und drehen die Vorwürfe so, wie sie sie brauchen. Sie merken dabei nicht einmal, dass sie selbst ihre rotgrüne Welt in Gut und Böse einteilen: „Die abgebildeten Menschen mit dunkler Hautfarbe und Haaren werden als Fremde bezeichnet. Es erfolgt eine Klassifizierung der abgebildeten Personen in ‚gut‘ und ‚böse‘, was dem Toleranzgebot widerspricht und eine sozialethische Desorientierung aufgrund von Stigmatisierung vermuten lässt“, behauptet die staatliche Landesmedienanstalt von Berlin-Brandenburg weiter. Nur zur Erinnerung: Die Sittenwächter und Zensoren fanden keinen Anstoß daran – bei der Corona-Pandemie die Welt in gute Staatsgläubige und böse Corona-Leugner oder etwa in gute Klimaaktivisten und böse Klimaskeptiker oder in gute Asylbefürworter und böse Asylkritiker usw. einzuteilen. Der Brandenburger AfD-Landesvorsitzende René Springer spricht daher von einem „klaren Angriff“ auf die Meinungsfreiheit. „Das ist nichts anderes als behördliche Schikane, die sich gegen die AfD richtet.“ Im Gespräch mit Tichys Einblick mahnt die AfD-Obfrau im Digitalausschuss des Bundestages Barbara Benkstein: „Frei erfundene dystopische KI-Angstvideos über Deutschland 2040 unter einer AfD-Regierung werden öffentlich gefeiert. Zeigt aber die AfD die Wirklichkeit 2024 und nutzt dafür ebenfalls KI-Bilder, hallt der Ruf nach Zensur durchs Land. Das ist Messen mit zweierlei Maß und ein direkter Angriff auf die Meinungsfreiheit. Das halte ich für höchstgefährlich.“ Und der KI-Experte und Brandenburger AfD-Bundestagsabgeordnete Norbert Kleinwächter kritisiert gegenüber Tichys Einblick: „Die Landesregierung will offensichtlich die größte Oppositionspartei in Brandenburg digital ausschalten.“ Der Parlamentsgeschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion Götz Frömming äußerte bei Tichys Einblick: „Die Vorwürfe der Medienanstalt sind vollkommen absurd und politisch motiviert. Nicht dieses Wahlkampfvideo stellt eine Gefahr für die Entwicklung unserer Jugend dar, sondern die noch viel brutalere Realität auf den Straßen und Schulhöfen, der sie tagtäglich ausgesetzt sind.“ Mehr noch: „Dieser Clip ist näher an der Realität als die Propaganda der öffentlich-rechtlichen Mainstream-Medien, die es genau umgekehrt machen.“ Da die AfD bei Social Media alternativ am besten gegenüber den etablierten Parteien aufgestellt ist (siehe Grafik), scheint die angedrohte Videosperrung für die rechtskonservative Partei in den Plan der Brandmauerbauer zu passen.
Olaf Opitz
Weil die staatliche Medienanstalt Berlin-Brandenburg im wohl künftig von SPD und BSW regierten Bundesland ein Wahlkampfvideo der AfD Brandenburg als „potenziell entwicklungsbeeinträchtigend“ für Kinder und Jugendliche bewertet, soll die Alternative für Deutschland als stärkste Oppositionskraft jetzt im Netz gesperrt werden.
kolumnen
2024-11-03T14:59:12+00:00
2024-11-03T15:06:20+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/olaf-opitz-klare-kante/landesmedienanstalt-afd-video/
Nach dem Fremdschäm-Brief zum Brexit – Die Engländer haben geantwortet
Wer gedacht hat, dass nach einer Physikerin, die NOX und Feinstaub aus einem modernen Dieselauto für tödlich hält und deshalb die Autoindustrie abwrackt, die aus Angst vor einem Tsunami die sichersten AKW der Welt abschaltete und die in kindlichem Zorn einen ihr widersprechenden Spitzenbeamten feuern ließ, das Schlimmste überstanden sein könnte, sollte sich nicht zu früh freuen. Merkels Verhalten, irgendwo zwischen spät-kindisch und früh-diktatorisch, steht für einen Zeitgeist, der sich mit Infantilisierung der Politik ganz gut beschreiben lässt. Da gehören dann Kuscheltiere zur Begrüßung von Männerhorden mit Klappmessern in der Tasche genauso dazu wie das Aufstellen eines Flüchtlingsbootes unter Gebimmel und Weihrauchschwenken im Kölner Dom. Wie hat das alles angefangen? Die einen meinen mit Claudia Roth und ihrem Sonne-Mond-und-Sterne-Börek-ess-ich-gerne Geplapper, und ja, das Synonym-Lexikon bietet für „infantil“ die Worte „kindisch“ und „grün“ an. Wenigstens wissen wir schon, wie es weiter geht. Höhepunkte der letzten Tage: Klein Greta aus Schweden entzückt das politisch höhenkranke Davos mit ihrer Klima-Angst und Annegret, Andrea, Annalena und Robert – immerhin die Spitzen unserer amtierenden und womöglich der folgenden Regierung – schickten einen Brief an „die Briten“, sie mögen doch bitte, bitte in der EU bleiben, weil sie sie sonst ganz schrecklich vermissen würden. Die peinlichen Vier würden „den englischen Tee“ vermissen, und den „schwarzen Humor“, und „wie ihr immer ein Feierabend-Ale im Pub trinkt“ und „wie ihr immer auf der linken Seite Auto fahrt“ und noch ganz viel mehr. Also, bitte, bitte bleibt doch, schließlich „ist keine Wahl irreversibel“, auch der Brexit nicht, „unsere Tür bleibt jedenfalls immer offen“. Den offenen Brief in der Times unterschrieben nicht nur Kramp-Karrenbauer, Nahles, Baerbock und Habeck, sondern auch der BDI-Präsident, der DGB-Vorsitzende, Betbruder Bedford-Strohm, der Daimler-Chef und die Tote-Hose Campino. Und Norbert Röttgen. Nun sind englische Politiker seit Jahrhunderten für ihre Narreteien und Spleens wohlbekannt, aber eine Antwort auf diesen Unfug wäre selbst denen zu dumm gewesen. Deshalb hat die Boulevardzeitung „The Sun“ die Aufgabe übernommen, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. „Liebes Deutschland Wir dachten immer, ihr hieltet uns für eine ineffiziente Insel voller betrunkener Dummköpfe, umso gerührter waren wir, als wir lasen, wie lieb ihr uns in Wahrheit habt. Aber keine Sorge, wir vermissen an euch gar nichts, weil wir nämlich gar nicht weggehen. Schließlich verlassen wir nicht Euch, sondern nur die EU. Auf unseren Straßen ginge es nur halb so schnell und doppelt so unzuverlässig zu ohne eure brillanten BMW, Audi, Mercedes und Porsche. Unser Radio wäre arm dran ohne eure großen B – Bach, Beethoven und Brahms. Was wären unsere Britischen Backwettbewerbe ohne deutsche Öfen von Neff? Nein, nein, wir werden auch weiterhin im Sommer neben euch bruzzeln und uns um die Liegestühle am Pool streiten, die ihr frecherweise um fünf Uhr Morgens mit einem Handtuch vorreserviert habt. Wir werden uns weiterhin kistenweise euer feines Beck‘s Bier reinziehen und niemals eine Bratwurst ablehnen. Nie hören wir auf, eure Claudia Schiffer und Heidi Klum anzuhimmeln. Und seit Fußball-Legenden wie Beckenbauer wird jedes Match zwischen unseren Nationen mit der gleichen Hysterie begleitet werden und kein Sieg freut uns mehr als der über euch. Call it schadenfreude, if you like.“ Dann rühmt die „Sun“ Bosch-Geschirrspüler, Miele-Staubsauger, DeWalt-Bohrer, Jurgen Klopp, Leroy Sane, Aldi and Lidl, und oh ja, „unsere Queen ist ein kleines bisschen deutsch“. „So leicht werdet ihr uns nicht los. Wir werden uns weiterhin über eure völlige Humorlosigkeit und eure komischen Lederhosen amüsieren, und wir werden euch auch in Zukunft auf dem Oktoberfest unter den Tisch trinken. Im Gegenzug könnt ihr weiter mit eurer famosen Leistungsfähigkeit angeben und eure Türsteher können unsere Junggesellenabschieds-Parties vom Berliner Berghain, „the world’s coolest club“ (wie ihr meint), fernhalten. Wie Queen Victoria und ihr deutscher Prinz Albert sind wir füreinander gemacht. Ihr gabt uns Kraftwerk, wir euch die Beatles, die sich in Hamburg die Hörner abstießen, und Bowie, dessen zweite Heimat Berlin wurde. Ihr seht gut aus in Adidas, Puma oder Boss, und wir wissen, dass euch Burberry und Topshop gefällt. Und mal ehrlich, jedes Jahr zieht ihr euch die olle Klamotte Dinner for One rein? Wenn das nicht Liebe ist, dann wissen wir‘s auch nicht…“ (…) „So let’s not allow Brexit to come between us. If we can put two World Wars and five World Cups behind us, we can certainly ­manage a little regulatory ­divergence and the odd new treaty (Geben wir dem Brexit keinen Raum zwischen uns. Wenn wir zwei Weltkriege und fünf Wolrld Cups hinter uns bringen konnten, können wir auch kleine Regulierungsstörungen managen und den kuriosen neuen Vertrag.) It’s not auf wiedersehen, yet. Lots of love, your British friends“
Sofia Taxidis
Erlauben wir dem Brexit nicht, uns zu stören. Wenn wir zwei Weltkriege und fünf Wolrld Cups hinter uns bringen können, dann auch kleine Regulierungsstörungen managen und den kuriosen neuen Vertrag.
kolumnen
2019-01-25T14:46:19+00:00
2019-01-25T14:49:13+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/the-irony-man/nach-dem-fremdschaem-brief-zum-brexit-die-englaender-haben-geantwortet/
Von Gewinnmitnahmen ist noch niemand arm geworden
Kleinaktionäre haben zwar nichts zu sagen, aber sie können sich beliebig von ihren Aktien trennen. Diese Freiheit ist in diesen Tagen viel wert – und sollte genutzt werden. In letzter Zeit werde ich von Freunden und Bekannten immer häufiger gefragt, ob sie ihre Aktien wegen der erneuten Eurokrise nicht lieber verkaufen sollten. Meine erste Gegenfrage lautet dann: Habt ihr eure Aktien vor 2009 oder seit 2009 gekauft? Das ist wichtig, weil Kursgewinne aus vor 2009 gekauften Aktien steuerfrei sind, während für die seitdem erzielten Kursgewinne 25 Prozent Abgeltungsteuer zuzüglich Soli und ggf. Kirchensteuer fällig werden. Zwischenbemerkung: Etwas anderes gilt für Goldbarren und Anlagemünzen aus Gold, wie Krügerrand, Maple Leaf u.a. Hier sind Gewinne aus privaten Anlagen nach einem Jahr steuerfrei. Nicht einmal Mehrwertsteuer wird fällig. Also eine beachtenswerte Ergänzung oder Alternative zum Aktiendepot. Doch zurück zu Aktien. Viele Börsianer folgen der Devise: Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen. Dagegen halten es andere mit dem Spruch: Von Gewinnmitnahmen ist noch niemand arm geworden. Welche Gruppe hat recht? Die erste dürfte eher aus traditionellen Daueraktionären bestehen, die in ihrem Börsianerleben schon viel Auf und Ab mitgemacht haben und überzeugt sind, dass der langfristige Aktientrend trotz aller zwischenzeitlichen Kursschwankungen nach oben geht. Sie halten stur an ihren Aktien fest, besonders dann, wenn sie sie vor 2009 gekauft haben. An der Besteuerung ihrer Dividenden kommen sie allerdings nicht vorbei. Dagegen herrschen in der anderen Gruppe zwei verschiedene Typen vor: Die einen versuchen mittelfristige Zyklen zu nutzen, die sich in der Regel über ein paar Jahre erstrecken, während die anderen als Trader heute ein- und morgen wieder aussteigen oder Aktien sogar im Minutentakt handeln. Letzteren mag ich keinen Rat erteilen, weil es zahllose Tradingsysteme gibt, die eher an Glücksspiel als an die Geldanlage erinnern. Also konzentriere ich mich auf Anleger, die gern Zyklen nutzen – eine große, aber geldwerte Herausforderung. Der Deutsche Aktienindex Dax wurde 1988 als Performanceindex erfunden, das heißt, er enthält – international ungewöhnlich – neben Kursgewinnen auch Dividenden. Nur an der Kursentwicklung gemessen, wäre sein Verlauf viel flacher. Von 1988 bis Anfang 2000 verachtfachte sich der Dax, in groben Zahlen gemessen von 1000 auf 8000 Punkte. Dazwischen flatterten die Nerven der Börsianer ganz gehörig, 1997 wegen der Asienkrise, ein Jahr darauf wegen der Russlandkrise. Wer das alles erfolgreich hinter sich gebracht und Anfang 2000 alle Aktien verkauft hat, kann nur als Glückspilz bezeichnet werden. Ich kenne trotz intensiver Suche niemanden, der das geschafft hat. Vom 8000er Gipfel ging es bis zum Frühjahr 2003 rapide abwärts auf rund 2200 Punkte, bis 2007 erneut Gipfelluft mit nochmals 8000 Punkten aufkam, die jedoch nur kurz anhielt und bis Anfang 2009 einem Börsengewitter Platz machen musste. Erst danach begann der Gipfelsturm auf zuletzt 10.700 am vergangenen Freitag, zwischenzeitlich im Sommer 2011 durch einen Rückgang um nahezu 2000 Punkte unterbrochen, immerhin entsprechend 25 Prozent. Es gibt Tausende von Büchern mit noch mehr an Erklärungsversuchen zum Phänomen schwankender Kurse, in letzter Zeit zunehmend aufgrund der Verhaltensforschung – immerhin ein kleiner Fortschritt. Doch entscheidend ist der individuelle Ansatz: So viele Informationen und vor allem auch eigene Erfahrungen wie möglich sammeln und im Zweifel beherzigen, dass von Gewinnmitnahmen noch niemand arm geworden ist. Geldanlage ist keine Wissenschaft, sondern eine Kunst, und die hängt von den individuellen Fähigkeiten ab. Gerade in den vergangenen Wochen gab es wieder jede Menge an Prognosen und Empfehlungen. Etwa der Art: Der Dax steigt auf 12.000 Punkte, und Aktien sind alternativlos, weil sie mehr Dividende abwerfen, als es für Festgeld oder Anleihen an Zinsen gibt. Bei solchen Argumenten sollten alle Anleger hellhörig werden. Zum Dax: Von zuletzt 10.700 bis zu 12.000 Punkten wären es gerade mal 12 Prozent. Also ein im Vergleich zur Entwicklung seit Sommer 2011 oder gar seit Anfang 2009 marginaler Gewinn. Lohnt sich das Ausreizen der Kurse in der Hoffnung auf so einen Minigewinn? In Anbetracht der neuen Eurokrise nicht. Und der Unsinn mit der vermeintlichen Alternativlosigkeit hebt auf die Dividendenrendite ab, doch die ist zweifach variabel: Weil sie mit jeder Kursbewegung einer Aktie steigt oder fällt und weil die Dividende als solche keine feste, sondern eine variable Größe ist. Auch in Deutschland hat sich ein Begriff durchgesetzt, der für Aktionäre in nächster Zeit höchst relevant werden dürfte: Stakeholder. Damit sind alle gemeint, die irgendwie davon profitieren, dass es Unternehmen gibt: Groß- und Kleinaktionäre, Vorstände, Aufsichtsräte, mittlere und untere Angestellte, Betriebsräte, Kreditgeber und -nehmer, Kunden, Lieferanten und nicht zu vergessen der Staat in der Rolle als Steuereintreiber. Aktionäre erhalten in diesem Jahr Rekorddividenden, wobei allerdings zu beachten ist, dass Dividenden von Aktienkursen abgeschlagen werden. Vorstände kassieren Gehälter und Boni, überwiegend nicht zu knapp. Derweil sorgen Betriebsräte, vor allem in Kooperation mit den Gewerkschaften, für Druck, damit Arbeitnehmer von der bisherigen Gewinnentwicklung der Unternehmen profitieren. Kurzum, der Verteilungskampf hat begonnen, zuletzt sichtbar geworden an Streiks der Flieger- und Bahngewerkschaften sowie der IG Metall. Ihnen werden weitere folgen. Kleinaktionäre, verniedlichend Publikumsaktionäre genannt, bilden unter den Stakeholdern eines der schwächsten Glieder. Das heißt, sie müssen die Vorschläge des Vorstands zur Dividendenhöhe üblicherweise schlucken und dürfen sie in der Hauptversammlung nur noch abnicken. Sie genießen aber eine Freiheit, die den anderen Stakeholdern nicht vergönnt ist, auch nicht den Großaktionären: Sie können sich über Nacht von ihren Aktien trennen – und sollten jetzt zumindest darüber nachdenken.
Viele Börsianer folgen der Devise: Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen. Dagegen halten es andere mit dem Spruch: Von Gewinnmitnahmen ist noch niemand arm geworden. Welche Gruppe hat recht?
kolumnen
2015-02-02T07:53:44+00:00
2015-06-30T15:33:36+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/gbureks-geldwoche/von-gewinnmitnahmen-ist-noch-niemand-arm-geworden/
„Ehrenpflegas“: die lustige Anleitung zum Staatsknete-Abzocken
Guten Tag und herzlich Willkommen, liebe Leser, bei einer neuen Folge von „Für welchen Quatsch wird mein Steuergeld heute aus dem Fenster geworfen?“, dieses Mal mit einer Mini-Serie. Das Bundesfamilienministerium präsentiert das neuste Prachtstück: „Ehrenpflegas“ – von den Machern von „Fack Ju Göthe“ (kein Scherz). Als ein Teil der Kampagne „Ausbildungsoffensive Pflege“ unter dem Motto „Mach Karriere als Mensch“ soll die Serie jungen Menschen den Beruf des Pflegers nahebringen. Und da die Regisseure von „Fack Ju Göthe“ ja dafür bekannt sind, Schüler zum Lernen zu motivieren, wer wäre da besser geeignet? Und dann noch zu einem Spottpreis von 700.000 €? Ach ja, „Fuck Ju Göthe“, da werden bei mir Kindheitserinnerungen wach. Ich habe mich wirklich jahrelang strikt geweigert, diesen Film zu sehen. Eines Tages gab es kein Entkommen mehr – als nämlich meine Physiklehrerin uns den Film in der letzten Stunde vor den Ferien ansehen ließ. Die Szene, als Elyas M’Barek „Chantal, heul leise“ ruft, war die einzige, bei der ich mal schmunzeln musste, und dafür schäme ich mich bis heute. Den Rest der Zeit hab ich mir nur ausgerechnet, wie viele Doppelstunden über Quantenphysik ich gegen diese Folter eintauschen würde. Während Boris dem Erlernen der deutschen Grammatik noch freudig entgegenblickt, habe ich nach nicht mal einer Minute vermutlich schon fünf Gehirnzellen eingebüßt. Aber man muss nachsichtig mit Boris sein, offenbar hat er einen Migrationshintergrund. So wie seine neue Lehrerin (PoC), die mit ihrer Regenbogentasse alle Quoten sprengt. Da konnten es sich die Produzenten auch leisten, die anderen beiden Hauptfiguren weiß zu besetzen. Miray ist eine davon. Sie ist zwei Jahre jünger als Boris, und wie wir schnell herausfinden werden, ist Boris schon seit Ewigkeiten in sie verliebt – behalten Sie das im Kopf, das wird noch wichtig.  Die dritte Hauptfigur ist ein Mädchen, das eher weniger liebevoll Harry Potter genannt wird, weil sie immer liest und lernt. Klingt bisher am sympathischsten? Keine Sorge, das ändert sich auch noch. Boris und Miray freuen sich jedenfalls, Harry Potter zu sehen, weil man bei ihr immer Hausaufgaben abschreiben darf. Sie weisen also eine genauso krasse Motivation auf, wie ihre Lehrerin, die ihr Handy mit in den Unterricht nimmt, um sich zwischendurch Pandababys auf Instagram anzuschauen. Obwohl das eigentlich unfair der Lehrerin Jana gegenüber ist. Denn wer sich auch wundert, warum Boris mit 25 erst im ersten Jahr seiner Ausbildung ist, der hat gut mitgedacht. Also Boris, unsere vierfach qualifizierte Fachkraft, hat null Bock und null Ahnung – soviel zur ersten Folge. In der zweiten übernimmt Harry das Erzählen – „damit es nicht so bildungsfern wird“. Harry Potter heißt eigentlich Katrin Fuchner-Karelyoun. Sie ist total genervt von Boris. Er labere ihrer Meinung nach zu viel über Unwichtiges. An dieser Stelle würde man vielleicht noch mitgehen – bis sie offenbart, was sie als wichtiges Themen erachtet: Warum schafft der Mensch es nicht, den Klimawandel aufzuhalten? „Ich meine: Warum erzählt Boris zum Beispiel, dass er auf YouTube einem Typen folgt, der in Einmachgläser furzt und sie aufbewahrt? Warum reden wir nicht darüber, dass es bald keine Primaten mehr auf der Erde gibt? Und keine Schuppentiere?“ Neue Abgründe tun sich auf. Aber ja, Katrin, ich bin voll bei dir: Ich kann mich auch vor lauter Anleitungen, wie man Furze fachgemäß konserviert, kaum noch retten. Ich wünschte, die Medien würden ENDLICH mal mehr über Klimawandel schreiben. Während Katrin vor sich hin philosophiert, fällt Boris auf, dass er sein Handy vergessen hat. Zu dritt fahren sie also zurück zum Altenheim – in Katrins nagelneuem Cabrio, das sie sich von ihrer Ausbildungsvergütung gekauft hat. Also Kinder aufgepasst: Wenn ihr schnell an viel Geld kommen wollt, werdet Kinderkrankenpflegerin im ersten Ausbildungsjahr, da hagelt es richtig Kohle. Deshalb muss das Bundesfamilienministerium ja auch ganz verzweifelt 700.000 € für eine schlecht produzierte Werbeserie für den Pflegeberuf ausgeben. Allerdings ist es schon fast lustig, dass die Umweltschützerin ausgerechnet diejenige von den dreien ist, die sich von ihrem ersten Geld gleich ne fette Karre kauft. Am Altenheim angekommen, ist Boris plötzlich wie ausgewechselt. Es ist zum dahinschmelzen – der von außen so harte Draufgänger hat tatsächlich einen weichen Kern – wie unerwartet und originell.  Die Einzelheiten der letzten zwei Episoden erspare ich uns. Im Grunde überredet Miray Boris dazu, weiterhin als Pfleger zu arbeiten, indem sie ihm schreibt, dass er ja so toll mit Menschen umgehehen kann, und Boris wird festgenommen, weil er einen Kumpel verprügelt hat, der die Senioren als Gammelfleich bezeichnet hat. Boris gesteht Miray seine Liebe zwar immer noch nicht, aber ein Happy End gibt es trotzdem, denn alle haben ihre Probephase erfolgreich abgeschlossen. Na dann. Also Kinder was ist die Lektion der Geschichte? Werdet Pfleger, denn da gibt es richtig Kohle, und das Mädchen eurer Träume wird sich in euch verlieben, weil sie euer warmes Herz entdeckt. Mein Tipp als junge Frau: Wenn es nur darum geht, Mädchen rumzukriegen, spart euch die Ausbildung – kauft euch nen süßen kleinen Hund, das hat den gleichen Effekt. Aber Boris eigentlicher Plan, Geld zu kassieren und nicht zur Arbeit zu kommen – das ist dagegen sehr realistisch. Mir ist der Fall eines Pflegers bekannt, der seit mehr als einem Jahr „krank geschrieben“ ist. Alle paar Monate lässt er sich in den Dienstplan eintragen, um guten Willen zu zeigen, kommt dann aber nicht. Trotzdem muss das Krankenhaus ihm den vollen Lohn zahlen und kann ihn nicht kündigen – was das eigentliche Problem ist. Denn solange er nicht gekündigt wird, besetzt er die Stelle, und man kann keinen Ersatz für ihn einstellen. Das hat zur Folge, dass alle anderen für ihn mitarbeiten müssen. Statt der vorgesehenen vier Rufdienste im Monat, müssen dann mal eben vier in der Woche gemacht werden. Was in dieser Sendung als Scherz dargestellt wird, ist im echten Leben bittere Realität, die von der Politik aber ignoriert wird. Vor kurzem war das systemrelevante Medizinpersonal noch absolut heldenhaft. Was ist davon jetzt noch übrig? Ein schrecklich peinlicher Spitzname, den sich irgendwelche Regisseure in ihrem Elfenbeintürmchen ausgedacht haben.  Seit dem 12. Oktober ist die Serie auf YouTube online – und schon jetzt ist die die Kommentarfunktion deaktiviert. Statt sich die Kritik zu Herzen zu nehmen, lädt das Bundesfamilienministerium aber lieber Videos mit eigenem Feedback von echten Pflegepersonal hoch – die das Projekt natürlich in den Himmel loben.  Eine Parodie gibt es auch schon, die YouTube und Menschen in Pflegeberufen begeistert: Elisa David (20) ist Autorin des Jugendmagazins Apollo News.
Max Mannhart
Der neue Blockbuster aus dem Familienministerium, der junge Menschen für den Pflegeberuf begeistern soll, ist ein Knaller. Nicht nur wird der Beruf lächerlich gemacht, es gibt auch Tipps, wie man an Staatsgeld rankommt, ohne dafür arbeiten zu müssen. Eine Filmkritik. 
feuilleton
2020-10-27T15:37:23+00:00
2020-10-27T15:37:25+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/ehrenpflegas-die-lustige-anleitung-zum-staatsknete-abzocken/
Die Quote taugt nichts
Neulich hat Friedrich Merz etwas Selbstverständliches gesagt. Er hat sich dagegen ausgesprochen, jeden zweiten Platz im Kabinett mit einer Frau zu besetzen. Von einer Regel, die das Geschlecht höher bewertet als Wissen, Können und Charakter, hält er nichts. Im besten Deutschland, das es je gab, versteht sich das Selbstverständliche aber längst nicht mehr von selbst. Deswegen hat Merz mit seiner eher beiläufigen Bemerkung ein Aufsehen erregt, das unter politisch urteilsfähigen Bürgern undenkbar gewesen wäre. Er war taktvoll genug, als Beleg für die Unzweckmäßigkeit der Quote nur einen einzigen Namen zu nennen, den von Christine Lambrecht. Tatsächlich dürfte sie die bekannteste von allen Fehlbesetzungen sein, da sie ja nicht nur in einem, sondern gleich in drei verschiedenen Ämtern, als Justiz-, als Familien- und als Verteidigungsministerin, eindrucksvoll versagt hat. Weil sie neben dem richtigen Geschlecht aber auch die richtige Herkunft besaß – sie stammt aus Baden-Württemberg – und Mitglied der richtigen Partei, der SPD war, hatte sie auf der alles entscheidenden Quoten-Skala gleich dreimal Punkte gesammelt. Und damit war sie unvermeidlich. Anne Spiegel, die sich als Umwelt- und Familienministerin, oder Bettina Stark-Watzinger, die sich an der Spitze des Forschungsministeriums gründlich blamiert hat, hätte Merz ebenso gut wie Frau Lambrecht nennen können. Er hat das nicht getan – wahrscheinlich, um die ohnehin begrenzten Koalitionsmöglichkeiten der CDU nicht noch weiter zu verkürzen. Natürlich hätte er auch in seiner eigenen Partei Beispiele genug für die Vermutung finden können, dass mit der Quote kein Staat zu machen ist. Doch damit hätte er es sich an der Spitze einer proporzgläubigen und quotengesteuerten Partei noch schwerer gemacht, als er es sowieso schon hat. Frau Baerbock war seinerzeit mit dem Versprechen angetreten, das Amt, dem sie noch immer vorsteht, auf eine feministische Außenpolitik zu trimmen. Vielleicht hatte sie Margarete Mitscherlich (später Mitscherlich-Nielsen) gelesen, die in ihrem Standardwerk über die friedfertige Frau der Vermutung nachgegangen war, dass der das Weltgeschehen dominierende Mann von einem geheimen Todestrieb, von einer Zerstörungswut besessen sei, die ihn dazu zwingt, um sich zu schlagen, Kriege zu führen und mit der Waffe in der Hand die Welt zu beherrschen. Das tut Frau Baerbock zwar inzwischen auch, eifriger sogar als alle ihre Amtsvorgänger. Aber das zählt nicht, soll oder darf nicht zählen, weil sie als Frau anders strukturiert ist als jeder Mann. Friedfertiger nämlich. Im Gegensatz zu Bismarck, der seinem Todestrieb folgte, als er den Krieg gegen Frankreich vom Zaun brach, folgt sie ihrem Liebestrieb, wenn sie Waffen an die Ukraine liefert und Putin den Krieg erklärt. Deswegen hat sie das Bismarck-Zimmer ausräumen, sein Bild von der Wand nehmen und durch das eigene Bild ersetzen lassen. Strukturen sind für einen frommen Grünen etwa das, was für den frommen Priester früher einmal die Offenbarung war. Wer nach Strukturen fragt, blickt hinter die Kulissen. Er entdeckt eine geheimnisvolle, abstrakte, dem Laien verborgene Welt, eine Wahrheit hinter der Wirklichkeit, die sich allerdings nur dem soziologisch geschulten Auge erschließt. Mit diesem Auge erkennt er, dass Frauen strukturell friedlich sind – also auch dann, wenn sie Kriege führen (wie Frau Thatcher, Frau Gandhi oder Frau Baerbock). Dass Frauen strukturell in der Minderheit sind – also auch dort, wo sie die Mehrheit stellen (wie unter den Studenten). Dass Frauen strukturell benachteiligt sind – also auch dann, wenn sie gefördert werden (durch Gleichstellungsgesetze, Gleichstellungsbeauftragte und so weiter). Der grüne Blick reicht aber noch viel tiefer. Er hat entdeckt, dass Frauen im Riesenheer der Benachteiligten, Missachteten, Gedemütigten und Entrechteten nur einen Teil ausmachen. Und dass alle diese Gruppen darauf warten, gleichgestellt, entschädigt, gefördert und belohnt zu werden. Erwähnt das Grundgesetz denn nicht auch Abstammung und Sprache, den Glauben, die Heimat und die Herkunft, religiöse und politische Anschauungen als Merkmale, derentwegen kein Mensch benachteiligt oder bevorzugt werden darf? Also gleichgestellt werden muss? Auch damit sind die Gleichstellungsbeauftragten aber längst noch nicht zufrieden, denn was wird aus den Kurzsichtigen (wie Joschka Fischer), den Übergewichtigen (wie Peter Altmaier oder Ricarda Lang) oder vielen anderen, für die Franziska Brantner, Staatssekretärin in Robert Habecks Wirtschaftsministerium, erst neulich wieder eine Lanze gebrochen hat? Haben denn nicht auch sie Anspruch auf eine Quote? Mehr Fortschritt hatte uns die Koalitionsregierung versprochen, als sie vor drei Jahren an die Macht kam. Dieser Fortschritt ist unerbittlich, er kennt weder Pausen noch Grenzen, nicht einmal eine Richtung kennt er. Er hat Frau Merkel ins Kanzleramt gespült, sein nächstes Ziel ist die Eroberung des Bundespräsidentenamtes durch eine Frau. Bisher hatten wir Glück gehabt: Luise Rinser, die sozialistische Betschwester, die nach Nord-Korea gepilgert war, um Kim Il Sung die Füße zu küssen, ist uns erspart geblieben. Beate Klarsfeld, die so mutig war, Kurt Kiesinger auf offener Bühne ins Gesicht zu schlagen, ebenfalls. Auch Hildegard Hamm-Brücher hat mit ihrer Bewerbung um das höchste Amt glücklicherweise kein Glück gehabt. Aber das könnte nun anders werden. Nachdem Frau Brantner das Recht auf öffentliche Dummheit proklamiert hat, ist alles möglich. Auch Katrin Göring-Eckardt als Kandidatin für das Präsidentenamt. So geht es zu in einem Land, in dem sich Selbstverständliches nicht mehr von selbst versteht. Schon deshalb sollten wir Friedrich Merz dankbar sein für seine Bemerkung. Er hat uns daran erinnert, dass die Quote nicht gleich macht, nur die Illusion verschafft, einander gleich zu sein. Wir wollen das nicht vergessen und ihn daran erinnern, wenn er es seinerseits vergessen sollte. Dr. Konrad Adam ist Journalist, Publizist und ehemaliger Politiker der AfD. Er war Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefkorrespondent und Kolumnist der Tageszeitung Die Welt in Berlin.
Fritz Goergen
Für die Unzweckmäßigkeit der Quote reicht ein einzige Name, der von Christine Lambrecht. Tatsächlich dürfte sie die bekannteste von allen Fehlbesetzungen sein, da sie ja nicht nur in einem, sondern gleich in drei verschiedenen Ämtern, als Justiz-, als Familien- und als Verteidigungsministerin, eindrucksvoll versagt hat.
feuilleton
2024-10-28T13:32:29+00:00
2024-10-28T14:05:32+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/glosse/die-quote-taugt-nichts/
Spanien vor der Wahl: Brüssel und Paris zittern, Rom und Budapest stellen den Schampus kalt
Am heutigen Sonntag könnte einer der heftigsten Kulturkämpfe Europas sein Ende finden. Eine linksradikale Regierung hält bis heute Spanien im Griff. Eine Regierung, die nichts weniger versucht hat, als den Spanischen Bürgerkrieg 80 Jahre nach dessen Ende zu gewinnen. Spanien ist alles andere als ein strukturlinkes Land, hat aber nach dem Verlust seines Weltmachtstatus eine tragische Geschichte nahezu 150-jähriger, politischer Instabilität hinter sich, in der die Auseinandersetzung zwischen konservativen und progressiven Werten sich in Aufständen, Regimewechseln und Bürgerkriegen niedergeschlagen hat. Man muss weder Franquist, katholisch oder gar konservativ sein, um zu verstehen, was solche Symbole in einem Land wie Spanien bedeuten. Es war eine Ansage. Sánchez war nicht Vertreter des spanischen Volkes, sondern Vertreter eines linken, progressiven Lagers, das historisch zu den Verlierern der spanischen Geschichte zählte. Im Hauruckverfahren von wenigen Jahren sollte Spanien transformiert werden, gewissermaßen nachholen, was das traditionell konservative Land verpasst hatte. Dazu gehörten nicht nur gesellschaftliche Reformkuren, die das mediterran-katholische Land mit einem Satz in den LGBT-Strom angelsächsischer Regenbogenfarben warf. Die linke Regierung verordnete eine Wirtschaftspolitik, die den „Neoliberalismus“ beenden und eine „post-kapitalistische Gesellschaft“ vorbereiten sollte. In der Migrationsfrage erregte Sánchez Aufsehen, als er die strikte Politik Italiens der „geschlossenen Häfen“ von Matteo Salvini torpedierte. Sollte Sánchez heute abgewählt werden, wäre dies jedoch nicht nur ein Aufatmen für die Mehrheit der Spanier, die der linken Bevormundung und ihrer utopischen Programme überdrüssig sind. In Brüssel spürte man das Beben schon am Samstag. Die neuen Avancen des EVP-Chefs Manfred Weber in Richtung Giorgia Melonis sind auch deswegen taktisch gesetzt, weil eine Koalition aus Partido Popular und VOX gesetzt scheint. Damit käme es neuerdings zu einer Koalition aus Parteien der EVP und EKR. Meloni ist Parteivorsitzende der EKR. Spanien ist damit ein europäisches Wahlschlachtfeld geworden. In den Medien deutscher Sprache macht sich bereits die Panik breit. Die Taz fragt: „Kann man in Spanien noch urlauben?“ Die Badische Zeitung: „Spanien vor der Parlamentswahl: Die Angst ist allgegenwärtig.“ Deutschlandfunk: „Droht Spanien der Rechtsruck?“ Wieso „droht“ eigentlich immer der Rechtsruck, aber nie der Linksruck? Angesichts der letzten Umfragen müsste es heißen: Spanien hofft auf den Rechtsruck. Demnach kommt der Partido Popular auf 140 Sitze, der linke PSOE von Sánchez nur auf 108 Sitze. Für die nationalkonservative VOX sieht es nach 38 Sitzen aus, für die linksradikale Sumar 33. Die realistischste Variante ist demnach – weit überlegen – die Koalition aus PP und VOX. Die linken Medien bauen bereits das Schreckgespenst von Francos Rückkehr auf – aber womöglich wäre es besser gewesen, diesen schlafenden Geist erst gar nicht zu wecken. Partido Popular und VOX haben bereits im Wahlkampf angekündigt, eine ganze Reihe der linken Gesetze rückgängig zu machen. Während die Mitte-Rechts-Partei wie die CDU häufiger mal die Nase in den Wind hält, wird die VOX Druck machen, die Wahlversprechen einzuhalten. Ansonsten dürfte es ihr wie anderen neuen Parteien der spanischen Parteienlandschaft ergehen, die bereits wieder im Stimmzettelorkus verschwunden sind.
Marco Gallina
Spanien hatdie Chance, seine ultralinke Regierung endlich abzuschütteln. Es wäre ein Aufatmen für das strukturkonservative Land. Neben Sánchez dürfte Macron der zweite große Verlierer des Sonntags sein. Und in Brüssel hat man sich gestern neu justiert.
kolumnen
2023-07-23T08:53:38+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/spanien-parlamentswahl-bruessel-paris-rom-budapest/
Warum die SPD optimistisch in die Koalitionsverhandlungen gehen kann
Die Bewertungen der 56%-Zustimmung der Sozialdemokraten zur neuerlichen Großen Koalition fallen fast durchweg negativ aus. „Die Zwergen-SPD“ wird die Partei von der FAZ genannt – und man muss sich schon sehr zum Narren gemacht haben, um sogar von dieser anständigen Zeitung verspottet zu werden. DIE ZEIT warnte die Partei vor einem knappen Abstimmungsergebnis mit dem Argument, die SPD drücke damit aus, sie sei innerlich sowohl zu schwach, um zu regieren, als auch zu schwach, um sich in die Opposition zu wagen. Ebenfalls nicht gespart wird mit Prügel für den Parteivorsitzenden, dessen Rede allgemein enttäuscht zu haben scheint – was aber zumindest die Frage aufwirft, bei welchen Gelegenheiten sich Martin Schulz denn bisher als mitreißender Redner ausgezeichnet habe. Wie dem auch sei, die Prognosen zur Überlebensfähigkeit der SPD fallen angesichts der wahrscheinlich fortgesetzten Juniorpartnerschaft an der Seite der Union nicht gerade rosig aus. Allerdings lohnt es sich, den Blick auch auf die unmittelbar anstehenden Tagesordnungspunkte der Politik zu richten. Dort dominieren unzweifelhaft die baldigen Koalitionsverhandlungen – und für deren Ausgangslage ist das knappe Votum des Parteitags für die SPD nicht notwendigerweise ein Grund zum Verzweifeln. Um dies zu verstehen, ist es hilfreich, die potentiellen Verhandlungsergebnisse nicht als lineare Funktion der Stärke der jeweils verhandelnden Parteien zu erklären, sondern sie als Resultat von strategischen Interaktionen zwischen den Verhandlungspartnern zu deuten. Im Grunde nehmen Union und SPD an einer zweistufigen Verhandlungsprozedur teil, bei der die Sondierungen die erste und die eigentlichen Koalitionsverhandlungen die zweite Phase darstellen. Jede Partei will im Endeffekt das Maximum ihrer jeweiligen Positionen durchsetzen, allerdings unter der Einschränkung, dass die jeweils andere Partei noch so viel auf der Hand hält, dass sie weiterhin in die Koalition einwilligt. Das Verhandlungsgeschick besteht dann natürlich darin, das, was man dem Verhandlungspartner preisgeben muss, auf das absolut notwendige Minimum zu reduzieren. Im Idealfall ist der potentielle Koalitionär am Ende der Verhandlungen indifferent zwischen der Zu- und der Absage des Koalitionsdeals – das, was er erhält, ist nur marginal besser als das, was er preisgeben muss. Nicht durch Zufall erinnert diese Situation an aus der Mikroökonomik bekannte Optimalitäts- und Gleichgewichtsbedingungen. Die enge zeitliche Abfolge von Sondierungsgesprächen und Koalitionsverhandlungen führt zwei interessante Dynamiken in diesen Prozess ein: Erstens sind die Ergebnisse der Sondierungen nicht in Stein gemeißelt, sondern können potentiell von beiden Parteien in der Koalitionsrunde wieder aufgeschnürt und nachverhandelt werden. Zweitens hat der SPD-Parteitag den Sozialdemokraten die Gelegenheit gegeben, ein nach außen sichtbares Signal zu senden, wie gut die Union in den Sondierungen verhandelt hat. Die knappen 56%, mit denen die Funktionäre der Sozialdemokraten jetzt in die nächste Runde gehen, signalisieren vor allem eins: Bis hierhin und nicht weiter. Ja, die SPD-Führung ist schwach und ihr Rückhalt in der Partei ist bröckelig, aber genau deswegen sollte es – so die unterschwellige Botschaft – die Union besser nicht riskieren, ihren erhofften Koalitionspartner nochmals in die Ecke zu quetschen, denn mit den verhandelten Sondierungsergebnissen ist sie gerade so daran vorbeigeschrammt, die Implosion der gesamten SPD-Parteispitze auszulösen. Mit Blick auf die bevorstehende zweite Etappe der Verhandlungen weiß die SPD allerdings nun, dass die Union die GroKo einerseits mit Nachdruck will und andererseits dank Merkels Prinzipien- und Wertelosigkeit auch noch über allerlei Spielraum verfügt, um der SPD nun entgegenzukommen. Die CSU versucht dies offensichtlich im Vorfeld abzublocken, aber letztendlich wird ihr mal wieder nichts anderes übrigbleiben, als bei der Kanzlerin um Gnade zu betteln. Das Wahlergebnis von CSU-Chef Söder in der kommenden bayerischen Landtagswahl wird für Angela Merkel jedoch kaum eine bindende Nebenbedingung in ihrem Kalkül darstellen. Von daher ist eine Prognose recht simpel: Wenn jemand in den Koalitionsverhandlungen dazugewinnen wird, dann die SPD – und es steht zu befürchten, dass diese Zugewinne auf dem Gebiet der Einwanderungspolitik zu verzeichnen sein werden.
Sofia Taxidis
Dank Merkels Prinzipien- und Wertelosigkeit gibt es noch allerlei Spielraum, um der SPD nun entgegenzukommen.
meinungen
2018-01-24T15:12:17+00:00
2018-01-24T15:12:20+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/warum-die-spd-optimistisch-in-die-koalitionsverhandlungen-gehen-kann/
Wie mit Wikipedia Begriffe manipuliert und Politik gemacht wird
US-Präsident Donald Trump will angesichts der offensichtlich gesteuerten Verwüstungen und Plünderungen in den USA die „Antifa“ als terroristiche Organisation verbieten. Vieles deutet darauf hin, dass der Mord an dem wegen Kleinkriminalität verhafteten George Floyd durch einen Polizisten nur der Anlass für die Ausschreitungen bildet. Bemerkenswert, dass die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sofort ihre Sympathie bekundet und der Parteivorstand der SPD brav nachgezogen hat. Er ersetzte allerdings Eskens Alter „58“ mit dem angeblichen Gesamtzeitraum der SPD; auch etwas großkotzig, denn die Gründung der SPD von vor 157 Jahren fiel deutlich zu früh aus für diesen Anspruch. Damit kämpft die SPD seit ihrer Gründung 1867 gegen eine politische Richtung, die es tatsächlich und begrifflich erst sei 1919 gibt. Offensichtlich führt die SPD in ihrer jeweiligen Gegenwart einen Krieg gegen eine Geisterarmee der fernen Zukunft. Oder ist die früher so traditionsbewusste Partei einfach intellektuell überfordert? Nun ist Antifa kein Club netter Jugendlicher, sondern ein Kampfbegriff, der von Stalin erfunden und in der DDR zur Staatsideologie erhoben wurde – damit sollte die „Volksfront“ unter Führung der Kommunisten begründet und  jeden Kritiker des mörderischen Sozialismus als „Faschisten“ denunziert werden. Es ist also ein historisch besetzter Begriff, und wer ihn verwendet, sollte über die Implikationen wenigstens halbwegs Ahnung haben. Hat sich Saskia Esken nur verplappert? Schon das wäre für eine Vorsitzende der SPD bereits schlimm genug, denn immerhin wanderten nach der Zwangsvereinigung von SPD und SED in der DDR Tausende von SPD-Genossen in Straflager und Gefängnisse, die dabei nicht mitmachen wollten. Esken hätte sich damit auf die Seite der Täter gestellt. Aber schlimmer noch. Es ist auch ein Begriff, der den von Esken immer wieder verteidigten Sozialismus camouflieren sollte: Das Wort „National-Sozialismus“ diskreditierte mit der zweiten Worthälfte auch Eskens sozialistische Vorliebe für die totale staatliche Lenkung und Planung, wie sie in NS-Deutschland durchgesetzt worden war. Der Historiker Peter Hoeres dazu: „In der DDR war der Antifaschismus Staats- und Geschichtsdoktrin; mit dem Begriff wollte man auch das leidige Wort „Nationalsozialismus“ umgehen. Es war ja kein Zufall gewesen, dass viele Nationalsozialisten von ganz links kamen. Joseph Goebbels wie die Strasser-Brüder gehörten einer dezidiert sozialistischen Richtung der NSDAP an. Goebbels „unterwarf“ sich dann dem „Führer“. Auch Hitler war offenbar eine Zeit lang Anhänger des Linkssozialisten Kurt Eisner gewesen, und es war nicht nur Taktik, dass er auf das Rot der Revolution auf der Parteifahne bestand.“ Die gesamte SPD also auf der neuen, alten Stalin-Linie und als treue Nachfolger der DDR-Staatsdoktrin? Und die gesamte SPD als Hintergrundorganisation für Schläger, Gewalttäter und Plünderer, die auch beim G20-Gipfel in Hamburg ganze Straßenzüge in Schutt und Asche gelegt haben? Das ging dann doch einigen zu weit. Die jüngste Gewalttat liegt gerade zwei Wochen zurück: In Stuttgart prügelten linke Aktivisten, die der Antifa zugerechnet werden, einen Betriebsrat in´s Koma, aus dem er bis heute nicht erwacht ist; lebenslange gesundheitliche Folgeschäden sind zu erwarten. Ist es diese Sorte von politischer Gewalt, die die SPD und Saskia Esken in Person fordern? Wenn schon Esken unbelehrbar ist, so muss doch wenigstens Wikipedia belehrt werden, als gigantisches Online-Lexikon so etwas wie das kollektive Gedächtnis der Welt. Und so machten sich die Manipulateure ans Werk: Wenn schon nicht Esken, so muss doch wenigstens der Begriff umgedeutet werden – Orwells „New Speak“ lässt grüßen. Wer Begriffe verändert, verändert das Denken. So wurde aus Antifa als „Oberbegriff“ für linke und linksradikale Gruppen scheinbar harmlos ein „Kurzwort für Antifaschismus“. So leicht scheint es, Geschichte zu manipulieren. Allerdings haben einige Beobachter dies bemerkt und notiert, dass der Manipulateur ein SPD-Funktionär und offensichtlich Medienberater ist. Der Versuch ist aufgeflogen – allerdings folgenlos. Saskia Esken wurde von der Unterstützerin einer gewaltbereiten Gruppe mit kriminellem Vorgehen zur Kämpferin gegen das Böse. Wikipedia macht es möglich. Zur Fairness gehört: Konstantin von Notz, innenpolitischer Sprecher der Grünen, hat sich der Manipulation sofort dankbar zustimmend bedient. So funktioniert das: Eine legt vor, einer manipuliert die begrifflichen Grundlagen, der Dritte führt das als Beweis ein. Selten wurde dieser Mechanismus anschaulicher präsentiert als in diesem Fall. Vorher Nun sind Manipulationen auf Wikipedia keine Seltenheit, im Gegenteil. Sie haben System. Ein Kreis von Aktivisten beherrscht das deutsche Netz-Lexikon; da Wikipedia offiziell keinen Sitz in Deutschland hat, sind Klagen weitestgehend zwecklos, Beschwerden meistens sinn-, aber nicht immer erfolglos (siehe das Urteil LG Berlin vom 28.08.2018, Az. 27 O 12/17). Wikipedia operiert in einem faktisch rechtsfreien Raum, der das Gedächtnis unserer Gesellschaft manipuliert. Die Organisation unterhält zwar hinter einer Stahltüre Büros am Berliner Landwehrkanal als Untermieter eines prominenten Sozialdemokraten und seiner Familien-Unternehmensgruppe, aber entzieht sich faktisch jeder Kontrolle. Ihre Manipulationsmethoden sind bekannt und bestens dokumentiert. Trotzdem sind die angeblich lexikalischen Einträge für Betroffene wie Rufmord, gegen die es kaum Verteidigung gibt. Alles dient einem imaginären „Kampf gegen Rechts“, der jedes Mittel der Lüge, Manipulation und Unterdrückung von Wahrheit rechtfertigt, finanziert von ahnungslosen Spendern. Zu Details empfehlen wir das „Schwarzbuch Wikipedia“. Empfohlen von Tichys Einblick. Erhältlich im Tichys Einblick Shop >>>
Sofia Taxidis
Die SPD-Vorsitzende mit ihrer Sympathieerklärung für die Antifa geht wohl sogar vielen Genossen zu weit. Jetzt soll ihr Ruf repariert werden - per Manipulationen bei Wikipedia. Das Lexikon-Projekt wird zunehmend zur Gefahr für das gesellschaftliche Bewusstsein.
daili-es-sentials
2020-06-02T13:42:48+00:00
2021-01-20T09:21:17+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/wie-mit-wikipedia-begriffe-manipuliert-und-politik-gemacht-wird/
Auch im 16. Jahr der Merkel: Lasst uns Weihnachten feiern
Weihnachten ist das Fest der Freude: „Uns ist ein Kind geboren“ ist die Botschaft des Lebens und der Freude, die weit über das Christentum ausstrahlt. Deswegen wird es gefeiert, und deswegen beschenkt man sich. Und genau deswegen wird es angegriffen: Von lustfeindlichen Lauterbachs, denen jedes Lachen ein Graus ist. Von „Bischöfinnen“ wie Margot Käßmann, die längst vergessen hat, was sie in der Bibelstunde gelernt hat: Nämlich, dass Jesus nicht einsam geboren wurde. Ärmlich, ja, aber es kamen die Hirten vom Felde, sie folgten dem Stern, und die Könige aus dem Morgenland brachten Weihrauch und Myrrhe und stattliches Gefolge. Es wurde gemeinsam gefeiert, gelacht, und siehe es ist überliefert: Keiner zählte die Haushalte, die sich mischten in der Freude um ein neugeborenes Kind. Immer wenn die Nacht am längsten ist, wird uns ein Kind geboren, und sein erster Schrei in der Kälte der Nacht wird zum Freudenjubel der Menschen. Und der Engel sagte: „Fürchtet Euch nicht!“ Heuer soll es anders sein. Wie düstere Gesellen bedroht uns eine Politik, die in Angst erstarrt ist. Wir sollen uns fürchten. Wir sollen uns fürchten, damit wir gehorchen, und wenn wir gehorchen, sind sie gnädig mit uns. Finstere Figuren meinen uns damit erfreuen zu können, dass sie vorübergehend die Faust der Angst lösen und uns doch keine Polizei ins Heim schicken und kontrollieren, ob sich nicht ein Onkel oder Tante hinter dem Weihnachtsbaum versteckt, die zu einem fremden Haushalt zählen. Immer war Weihnachten ein Fest der Freude, und diesmal soll es ein eingeschränktes Fest sein der Panik. Leider spielen die Kirchen mit, deren Stärke es doch war, gerade in der dunkelsten Nacht das Licht erstrahlen zu lassen. Bezeichnend dass muslimische Funktionäre die ihnen dargebotene Bühne der Talkshow nutzen, um sich darüber zu freuen, dass Weihnachten als Symbol der Christenheit, wenn schon nicht ganz ausfällt, so doch nur eingeschränkt gefeiert werden darf. Unverfroren wie noch nie haben Vertreter der staatlichen türkischen Religionsbehörde ihre zunehmende Dominanz ausgespielt, der wir nichts mehr entgegenzusetzen haben, diese mutige Regierung in Berlin käme nie auf den Gedanken, eine Clanhochzeit oder Zuckerfest zu beschränken. Es ist die eigene Bevölkerung mit ihren Traditionen, die kontrolliert, überwacht und eingeschüchtert werden soll. Natürlich zu unserem Besten, denn längst werden wir als betreuungsbedürftige Volltrottel betrachtet, die nicht in der Lage sein sollen, die eigenen Risiken einzuschätzen und ihnen zu begegnen. Hier geht es nicht darum, eine Pandemie schönzureden. Es geht um die Freiheit des Christenmenschen, und das ist in diesem Sinne jeder, der an die Freiheit glaubt, feiern zu dürfen denn wir sind keine Herde, die getrieben wird sondern jeder ist ein Kind Gottes mit unauslöschlichen Rechten. Auch wenn das Grundgesetz, das diese Freiheit garantiert, gerade geschleift wird. Es ist unser göttliches Recht. Das ist das Geheimnis von Weihnachten, das macht seine Faszination aus, die auch von der Kommerzialisierung nicht überdeckt werden konnte.  Menschen haben Weihnachten gefeiert in Baracken und Ruinen, in zerstörten Städten und Verzweiflung, im Granathagel und im sozialistischen Gulag, in Kälte, Not und Entbehrung und immer haben sie ein Licht entzündet als Zeichen der Hoffnung. Wir brauchen Hoffnung in diesen Zeiten, Freude und die Ahnung von Glück, das auf uns wartet. Wir brauchen Musik, Gemeinsamkeit, Familie und Freude. Das lassen wir uns nicht nehmen. Ich habe diese Zeilen kurz hingeworfen nachdem dieser Beitrag eigentlich schon erschienen ist. Meine Botschaft: Auch heuer, auch im 16. Jahr der Merkel, lasst uns Weihnachten feiern. Gemeinsam. mit Freunden. Und wenn die Kirchen erneut versagen, weil sie längst zu Steuergeldempfangsorganisationen degeneriert sind ohne Sinn und Licht: Laßt uns gemeinsam das Licht entzünden und weitergeben. Wir wollen unseren Beitrag leisten. Wir von TE haben das Bücherjahr durchforstet. Wir möchten Sie zum Lesen und zur Freude animieren. Wer gerne liest, ist an jedem Ort der Welt stets in Gesellschaft und im Gespräch. Sogar mit Menschen, die weit entfernt von ihm leben, gar nicht seine Sprache sprechen oder vielleicht schon längst nicht mehr auf der Welt sind. Wer gerne liest, kennt keine vergeudete Zeit: das Warten in der Arztpraxis, auf der Behörde, am Bahnsteig wird zur Gelegenheit, den Gesprächsfaden mit dem Autor weiterzuspinnen. Wer gerne liest, braucht im aktuellen Lockdown nicht stundenlang durch Baumärkte zu irren oder vor schwedischen Möbelhäusern im Stau zu stehen oder sich vom Autoradio die neuesten Horrorzahlen vorlesen lassen: ein Buch, eine Couch oder ein Sessel, eine Tasse Tee oder Kaffee – schon beginnt ein Abenteuer, ein aufregender Gedankenaustausch, eine Lehnsesselreise durch Raum und Zeit … Und kein Ärger wegen WLAN. Kein Augenpulver. Es knistert beim Umblättern. Vergessen wir die Welt. Vergessen wir die Panik, die uns von anderen Medien eingetrichtert werden soll. Wer gerne liest, verbindet Konzentration mit Zerstreuung. Anregung mit Entspannung. Wissbegier mit Heureka-Erlebnissen. Selbstvergessenheit mit Erleuchtungserfahrung. Zurückgezogen-Sein mit Austausch. Befriedigung mit dem Wunsch nach immer mehr. Wir wissen, wovon wir sprechen, denn wir lesen gerne. Deshalb spielen Buchempfehlungen auf TE Online und im Magazin „Tichys Einblick“ eine wichtige Rolle. Unsere Autoren, unser Team und ich wählen unter den von uns gelesenen Büchern die aus, die wir – aus ganz unterschiedlichen Gründen – unseren Lesern zur Lektüre nahelegen. Seit gut zwei Jahren bieten wir diese Bücher auch in unserem TE Shop zum Online-Kauf an. Mit unserem kleinen Empfehlungssortiment können und wollen wir Amazon und Konsorten keineswegs zum Zittern bringen; aber wir streben an, auch durch die Erträge auf diesem Feld, den unabhängigen Qualitätsjournalismus von TE online, den wir unseren Lesern rund um die Uhr täglich gratis anbieten, wirtschaftlich weiterhin zu ermöglichen. Wir sind keine Buchhändler – wir sind Journalisten; aber das Buch hilft uns beim Verstehen der Welt, um neue Sichtweisen auch für TE zu gewinnen und bei der Finanzierung unseres publizistischen Auftrags. Sie als TE Leser haben so die Möglichkeit, sowohl die Lektüre Ihrer im TE Shop erworbenen Bücher zu genießen als auch Ihren Lieben zu Weihnachten (und anderen sich bietenden Gelegenheiten) mit Büchern etwas sehr Kostbares zu schenken: Qualitätszeit. In beiden Fällen unterstützen Sie überdies durch Ihren Einkauf im TE Shop den unabhängigen Journalismus von Tichys Einblick und stärken die Pressefreiheit. Seit Sonntag, dem 15. November präsentieren wir bis zum 14. Dezember jeden Abend ein Buch, das wir für lesens- und verschenkenswert halten. Achten Sie auf TE online auf die Stichzeile „Durchblick schenken 2020“, folgen Sie Tichys Einblick oder mir auf Twitter oder schauen Sie gelegentlich bei uns im TE Shop und unter dieser Rubrik vorbei. Für alle, die nicht sicher sind, ob sie mit ihrer Wahl den Geschmack des zu Beschenkenden treffen, bieten wir als Alternative in diesem Jahr zum ersten Mal Gutscheine an, die im TE Shop bis Ende Januar 2021 eingelöst werden können. Und für alle, die sich nicht immer nur mit Sachthemen beschäftigen mögen, haben wir begonnen, unser Angebot um ausgesuchte Romane zu erweitern. Schauen Sie sich gerne bei uns um. Und: Lesen Sie wohl! Die Welt geht wieder mal nicht unter. Schon gar nicht mit einem Buch in der Hand. Auch wenn wir kontrolliert, schikaniert und eingeschüchtert werden. Es ist Weihnachten. Das Fest der Freude. Wenn mein Team und ich Ihnen diesen Gedanken schenken könnten, wäre ich glücklich. Bleiben wir mutig. Es ist uns ein Kind geboren. Herzlich Ihr Roland Tichy und das Tichys Einblick Team
Jutta Willand-Sellner
Dieses Jahr ist alles anders. Sogar die Vorweihnachtsstimmung, die sich nicht einstellen will. Zu viele Unsicherheiten, Verbote, Unwägbarkeiten. Eines steht aber fest: am 24. Dezember ist Heiligabend. Eine Betrachtung in eigner Sache
feuilleton
2020-11-28T18:19:15+00:00
2020-11-28T19:59:57+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/buecher/auch-im-16-jahr-der-merkel-lasst-uns-weihnachten-feiern/
Aleppo und Mossul - Partnerstädte im Elend
Die Befreiung der einen Stadt hat laut Medienberichten begonnen, der Anderen stehe eine weitere Entscheidungsschlacht bevor. Für die Bürger bedeuten solche Ankündigungen seit Jahrhunderten immer unbeschreibliches Leid. Seit die Anti-IS-Koalition sich im September 2014 gebildet hat, um die Bewegung „Islamischer Staat“ auszulöschen, findet die Presse beim Thema IS selten zu einem gemäßigten Ton. Das ist verständlicherweise schwer, wenn es im Sauseschritt gegen eine Verkörperung des Bösen selbst geht. Die Meldungen sind von stark vereinfachenden Vokabeln geprägt, die den „embedded journalism“ des Desert Storms in Erinnerung rufen. Das wird der Grausamkeit der Ereignisse nicht gerecht. Große Teile des Iraks und Syriens, aber auch Gebiete Libyens und Afghanistans sind unter der Kontrolle (Regierung kann man sie nicht nennen) einer Gruppe, die sich „IS“ nennt, aber mal als „ISIL“, „ISIS“ oder auch „DAESH“ (Arabisch) bezeichnet wird. Der sprachliche Wirrwarr, der schon bei der Bezeichnung des IS herrscht, spricht für sich. Diese Organisation, wenn sie denn tatsächlich organisiert ist, tritt mit erkennbar klar islamistischer Motivation und eigenen Chefideologen an, gibt aber ansonsten viele Rätsel auf. Sie sei, so eine Lesart, ausgezogen, die während des 1. Weltkrieges von Großbritannien und Frankreich im Sykes-Picot-Abkommen festgelegte Grenzziehung Syriens und Iraks aufzuheben, und ansonsten vom Nahen Osten aus, mit Hilfe einer „Armee von Gläubigen“ ein Kalifat wieder zu errichten, dem letztlich auch der Westen nicht mehr werde standhalten können. Soweit die schon größenwahnsinnig anmutende Philosophie. Was außer einer neuen Grenzziehung geplant sei, beschreibt der Britische Independent: Am Ende warte dann nichts weniger die Beherrschung der ganzen Welt. Mahdi Erdogan? Mosul: Von der Mutter aller Schlachten zum Großislamischen Reich Der sogenannte Islamische Staat hat, wenn er je eines besessen haben sollte, jegliches menschliches Antlitz durch seine viehischen Exekutionen und deren Veröffentlichung im Internet, seine steinzeitliche, von religiösen Verwünschungen geprägte Rhetorik, sein archaisches Regierungshandeln und sein martialisches Auftreten gegenüber dem Westen abgelegt. Die Terrormiliz hat außerdem durch die mittlerweile zahlreichen ihr zugerechneten Bomben – und Terroranschläge in der gesamten westlichen Welt Abscheu und tiefen Hass auf sich gezogen. Auf diese Weise hat sie es geschafft, das Misstrauen der einfachen Bevölkerung gegen Muslime allgemein zu vergrössern. Bizarr ist die als erratisch zu bezeichnende Pressearbeit der Terroristen, die sich oft scheinbar willkürlich aussuchen, ob und wie sie sich zu einer Tat bekennen. Sprachrohr des IS ist die nach dem vorausgesagten Austragungsort einer mythischen letzten Schlacht gegen die Ungläubigen benannte Netzzeitung Dabiq (der Ort bei Aleppo wurde kürzlich von Assadtruppen zurückerobert) und die Amaq Agency. Was man den Taliban noch zugestanden hatte, verbietet sich für den IS von selbst. Niemand spricht mit irgendeinem Vertreter oder scheinbaren Regierungsorganen des Islamischen Staates: Diese Leute, so scheint es, sprechen und verstehen nur eine Sprache. Wie Yahoo und USA Today berichten, sind schon 2014 mehrere 10.000 Menschen beim hauptsächlich aus der Luft geführten Kampf getötet worden. Obwohl es Zweifel gibt, ob ein Guerillakrieg mit Gewalt oder gar mit Luftangriffen gewonnen werden kann: Der Westen packt das Problem Hassobjekt IS nur mit der stählernen Faust des Krieges an. Man sieht keine andere Alternative, hat keinen anderen Plan für die geplagten Städte und Regionen, als sie mit einem Bombardement von der Geißel IS zu erlösen. Das unterscheidet sich leider kaum von der Strategie Assads. Man mag andernorts noch Sanktionen als Gegenmittel erwogen haben(Ukrainekonflikt), in Syrien und dem Irak sprechen die Waffen. Ob der hauptsächlich aus der Luft gegen eine Miliz geführte Krieg ein angemessenes Mittel ist, ob es andere Möglichkeiten gäbe, der Bedrohung Herr zu werden, welche Kräfte nach einem Sieg über eine Partisanentruppe das Machtvakuum füllen sollen, eine größere öffentliche Debatte über die Herangehensweise der internationalen Koalition bleibt aus. Alles scheint, von der entfesselten Kakophonie des Hasses im Nahen Osten vor den Kopf geschlagen auf das Ziel fixiert, den letzten Kopf dieser Hydra IS endlich in den Staub sinken zu sehen. Vor dem verbrecherischen Charakter des IS und seiner Kohorten erübrigt sich die Erörterung von Maß und Mitteln. Der IS ist die brutalste, unmenschlichste, rücksichtloseste Terrormiliz, die es je gegeben hat. Die Meldungen, die man dazu in der westlichen Presse lesen kann, gleichen sich. Eine „Terrormiliz“ wird bekämpft. Bodenziele werden getroffen, ausgeschaltet, es handelt sich bei den aus der Luft angegriffenen Zielen um „Kommandozentralen, Gefechtsstände, Kontrollpunkte, Einzelobjekte“ usw. Das, was als Berichterstattung über einen Krieg verkauft wird, klingt oft wie die Schilderung einer Flurbereinigung, auch wenn es hohen journalistischen Standards genügt. Städte werden als „Hochburgen, Bastionen oder Stützpunkte des IS“  eingeordnet. Familien „könnten zwischen“ die Fronten geraten, wird man auf zivile Opfer vorbereitet, aber man „bemühe sich“, diese zu vermeiden. Es entwickelt sich eine Sprachform, die den unbarmherzig verfolgten Gegner chirurgisch, aber virtuell von der friedlichen, ungefährlichen Bevölkerung zu isolieren bemüht ist. Und so geht das reelle Sterben und Leiden hunderttausender Zivilisten weiter, darunter sicher auch einiger, die Waffen getragen haben. Seit dem Aufstieg schlagkräftiger und modern bewaffneter Milizenarmeen wird die Trennung in „Gut“ und „Böse“ nun noch durch die Kategorien „Gefährlich“ und „Ungefährlich“ verkompliziert. Schon ein falsch gehaltener Stock kann als Bewaffnung ausgelegt werden. Auf der Strecke bleibt der Zivilist, in Afghanistan, Irak und Pakistan zusammen starben diesem Spiegel-Bericht zufolge schon 2001 rund 350.000 Menschen, davon etwa 220.000 nicht unmittelbar an den Kämpfen Beteiligte. Wieviele weitere Gewalttaten wurden dadurch verhindert, wieviele neue Konflikte geboren ? Für den angekündigten Befreiungsschlag für die Großstadt Mossul hat nun wenigstens das Rote Kreuz Barmherzigkeit gefordert. Emil Kohleofen ist freier Publizist.
Die Befreiung der einen Stadt hat laut Medienberichten begonnen, der Anderen stehe eine weitere Entscheidungsschlacht bevor. Für die Bürger bedeuten solche Ankündigungen seit Jahrhunderten immer unbeschreibliches Leid. Seit die Anti-IS-Koalition sich im September 2014 gebildet hat, um die Bewegung „Islamischer Staat“ auszulöschen, findet die Presse beim Thema IS selten zu einem gemäßigten Ton. Das ist
meinungen
2016-10-18T13:00:52+00:00
2016-10-18T13:03:35+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/aleppo-und-mossul-partnerstaedte-im-elend/
Scholz wird neuen EU-Schulden keinen Widerstand leisten
In der Merkel-Ära hat die Bundesregierung zumindest noch offiziell die Umwandlung der EU zu einer Schulden-Union abgelehnt. Damit ist es unter Bundeskanzler Olaf Scholz nun endgültig vorbei. Scholz signalisierte am Rande des EU-Gipfels in der vergangenen Woche in Prag Offenheit für eine gemeinsame Kreditaufnahme für Maßnahmen gegen die „Energiekrise“, meldet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Personen aus seinem Umfeld. Die „dramatische Kehrtwende“ folge der Kritik anderer Staats- und Regierungschefs, dass Deutschlands nationaler 200-Milliarden-Euro-Hilfsplan wirtschaftliche Ungleichgewichte in der EU auslösen könnte. Einzige Bedingung von Scholz für sein Nachgeben ist demnach, dass die gemeinsam aufgenommenen EU-Schulden nicht einfach als Beihilfen, sondern ihrerseits als Kredite an die Mitgliedstaaten gehen sollen.  Bloomberg schreibt: „Olaf Scholz bekommt eine harte Lektion darüber, was es bedeutet, Deutschland zu regieren“. Ob die Lektion wirklich so hart für Scholz ist, kann man aber bezweifeln. Er hat schließlich als Finanzminister unter Angela Merkel schon reichlich Erfahrung gesammelt, wenn es darum geht, nationale deutsche Interessen aufzugeben. Und wie Merkel ist er geübt darin, dies zunächst zu verschleiern. Scholz vermied am Freitag in Prag nur eine konkrete Antwort auf die Frage zu geben, ob Deutschland eine weitere Runde gemeinsam begebener Schulden unterstützen würde – aber vor allem vermied er ein hartes Nein. Dass Scholz sein Einknicken noch nicht offenlegt, hat laut Bloombergs Quellen aus seinem Umfeld zwei Gründe: Einerseits steht noch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Rechtmäßigkeit des EU-Wiederaufbaufonds aus. Einen Eilantrag hatten die Karlsruher Verfassungsrichter im April mithilfe des Argumentes abgelehnt, die gemeinsamen Schulden sei ja nur eine Ausnahme. Das wird künftig nicht mehr möglich sein. Eine harte Linie des Gerichts gegen Gemeinschaftsschulden wäre angesichts der Entwicklung der jüngeren Vergangenheit dennoch sehr überraschend. Der andere, wichtigere Grund für Scholz‘ Verschleierung seines wohl längst beschlossenen Einknickens ist die Aufrechterhaltung einer stärkeren Verhandlungsposition gegenüber der künftigen italienischen Regierung unter – voraussichtlich – Giorgia Meloni. Ihr will Scholz vermutlich Zugeständnisse im Sinne einer EU-freundlicheren Grundhaltung abringen. Hinter solcherlei taktischen Erwägungen spielt dann die eigentlich wichtigste Frage gar keine große Rolle mehr. Wie eine Krise des Mangels an Energie und der dadurch beschleunigten, auf Staatsschulden und billigem Geld beruhenden Inflation durch noch viel mehr Schulden auf EU-Ebene bewältigt werden soll, ohne die Inflation nur noch weiter anzufeuern. Die Frage wird nicht nur nicht beantwortet. Sie wird von Scholz den anderen Regierenden noch nicht einmal erwogen.        
Tomas Spahn
In der Merkel-Ära hat die Bundesregierung zumindest noch offiziell die Umwandlung der EU zu einer Schulden-Union abgelehnt. Damit ist es unter Bundeskanzler Olaf Scholz nun endgültig vorbei. Scholz signalisierte am Rande des EU-Gipfels in der vergangenen Woche in Prag Offenheit für eine gemeinsame Kreditaufnahme für Maßnahmen gegen die „Energiekrise“, meldet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung
kolumnen
2022-10-11T14:33:58+00:00
2022-10-11T14:33:59+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/knauss-kontert/scholz-prag-eu-schulden/
Entschwärzt und enthüllt – Corona-Files des RKI – TE-Wecker am 8. Juni 2024
Nichts Besonderes stehe mehr drin. Dies war das Ergebnis, mit dem sich die meisten Medien zufrieden gaben, als sie über die veröffentlichten Protokolle des Robert-Koch-Instituts berichteten. Doch tatsächlich besitzen sie erhebliche Sprengkraft und wurden nicht zuletzt deshalb streng geheim unter Verschluss gehalten. Das waren die Jahre, in denen eine verantwortungslose Politik Lockdowns erzwang, einen Impfzwang einführen wollte und die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzte. Professor Stefan Homburg hat sich gründlich durch die 2.500 Seiten der RKI-Files hindurchgearbeitet und kommt zu einem ganz anderen Ergebnis. Er stellt nach genauem Lesen fest: Was man dort liest, ist unglaublich. TE wird 10 Jahre – feiern Sie mit uns am 15. Juni 2024 in Halle: alle weiteren Informationen zum Programm und Ticketkauf finden Sie hier: https://te.tckts.de/tickets/
Sofia Taxidis
Der TE-Wecker erscheint montags bis freitags – und bietet Ihnen einen gut informierten Start in den Tag. Ideal für den Frühstückstisch – wir freuen uns, wenn Sie regelmäßig einschalten.
podcast
2024-06-08T01:00:35+00:00
2024-06-08T05:50:16+00:00
https://www.tichyseinblick.de/podcast/te-wecker-am-8-juni-2024/
Die sinnlose Ramadan-Gewalt und Israels wachsender Energie-Reichtum
Der Ramadan ist zu Ende gegangen und die Gewalt arabischer Terroristen nimmt zusehends ab. Dutzende von Opfern sind zu beklagen, mehr als in den vergangenen Jahren – auf beiden Seiten. Obwohl die Gewalttätigen deutlich brutaler zugeschlagen haben – hat es irgendetwas gebracht? Sind die Täter und ihre politischen Unterstützer ihrem Ziel, Israel zu schwächen oder gar zu vernichten, auch nur einen Schritt weitergekommen? Die letzten sechs Wochen haben im Nahen Osten insbesondere zwischen Mittelmeer und Jordan eine Gewaltszene erlebt wie seit vielen Jahren nicht mehr. 16 Israeli sind ermordet worden, israelische Sicherheitskräfte haben bei der Suche nach den Tätern und vereitelten Anschlägen mindestens zwei Dutzend Palästinenser getötet. Wie jedes Jahr ist der Ramadan, das muslimische Fest des Fastenbrechens, eine Gewalt-Periode. Die Massenmedien weltweit nehmen heuer davon nur sporadisch Kenntnis. Der Ukraine-Krieg überschattet alles, beherrscht die Bilder auf allen TV-Kanälen. Hinzu kommt: Der Ukraine-Krieg bewirkt für Israel einen Zustrom teilweise gut ausgebildeter Menschen auch aus Russland – 38.000 in nur wenigen Wochen, so viele wie seit dem Zusammenbruch der UdSSR nicht mehr. Und ein Ende ist nicht abzusehen. Wie verzweifelt müssen die Anführer der Terror-Organisationen wie Hamas sein, wenn sie der Welt erzählen wollen, Israel wolle die Al-Aqsa-Moschee, das drittgrößte Heiligtum der Muslime mitten in Jerusalem zerstören. So heilig kann diese Moschee den Gewalttätigen nicht sein, wenn sie Wochen vor dem Ramadan Steine und Molotow-Cocktails in den Gebets-Gewölben stapeln. Israels Sicherheitskräfte – wie es sich für eine Demokratie gehört – haben die Moschee geräumt zum Schutz der arabischen Mehrheit, die nichts anderes wollte als beten. Dabei gibt es hässliche Fotos. Israels Sicherheitskräfte können aber von Erfolg sprechen, denn beim Abschluss-Gebet, Eid-Al-Fitre, am 2. Mai beten 200.000 Muslime friedlich und ungestört. Die Quelle dafür: der für die Moscheen in Jerusalem verantwortliche muslimische Waqf. Die Hamas-Führung muss am Ende des Ramadan resümieren, dass sie nicht nur keine neuen Freunde hinzugewonnen haben. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, im letzten Jahrzehnt eher auf der Seite der Israelfeinde, hat auf Bitten der Regierung in Jerusalem Dutzende von Hamas-Repräsentanten zwischen Istanbul und Ankara des Landes verwiesen. Die 180-Grad-Kehrtwende des Türken hat etwas mit dem neuen Wind zu tun, der in Nahost weht. Ausgelöst wurde er von zwei Männern, die Geschichte sind: Donald Trump und Benjamin Netanyahu. Aber die von ihnen initiierten Abraham-Accords haben die Zahl der arabischen Staaten, die mit Israel diplomatisch und wirtschaftlich kooperieren, verdreifacht. Milliarden-US-Dollar-Geschäfte in den nächsten Jahren zwischen Marokko, UAE, Bahrein einerseits und Israel auf der anderen Seite sind erfolgversprechend längst einfädelt. An diesem Milliarden-Geschäft will Ankara auch teilhaben und hat die Fronten kurzerhand gewechselt. Eine türkische Ehrengarde hat kürzlich die israelische Nationalhymne, Hatikwa, fehlerfrei in der türkischen Hauptstadt intoniert. Anlass war der Besuch des israelischen Staatspräsidenten Isaac Herzog mit allen Ehren. Aktuell kam diese Botschaft aus Ankara in Jerusalem an: Aus Anlass des „National Day of the State of Israel“, gratuliere ich Seiner Excellenz und dem israelischen Volk im Namen meiner Nation und im eigenen Namen. Unterschrift: Recep Tayyip Erdoğan.
Fritz Goergen
Die EU hat knapp 700 Millionen Euro für eine geplante Pipeline von Israel über Zypern in den griechischen Peleponnes in den Etat eingeplant und genehmigt. Es wird nicht mehr lange dauern, bis sich die Europäer auch an Israel wenden werden, das längst mit Zypern und Griechenland in einem Energie-Boot sitzt.
kolumnen
2022-05-04T13:42:24+00:00
2022-05-05T07:48:19+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/israel-ramadan-beendet-gewalt-nimmt-deutlich-ab/
Blackbox KW 30 – Vive la Trans!
Olympia! Wieder eine gute Gelegenheit, Zeichen zu setzen. 
Die olympische Fahne verkehrt herum aufgezogen? Das soll aufrütteln, offen für Neues machen. Sind die Ösis sauer, weil ihre Marie-Antoinette kopflos von den Fenstern der „Conciergerie“ grüßte? Natürlich nicht! Weiß man doch nicht nur in Paris: Wo der Sozialismus hobelt, fallen Späne. Ist die Kirche verärgert wegen der Abendmahl-Persiflage mit Transvestiten? Aber bitte! Seit Benedikt XVI haben längst die Humoristen den Vatikan übernommen. ♦ Nur unseren Staatsfunkern konnte es Macron nicht recht machen. Sie meckerten über den Regen, die Sicherheitskontrollen, die „fehlende Musik- und Volksfest-Atmosphäre“ (Bommes, ARD), dabei handelt es sich doch um Fernsehspiele wie beim Sommergarten des ZDF, wo Kiwi gute Laune versprüht, auch wenn es mal regnet. Natürlich gab es Fragen, die Bommes, Tom Bartels oder Frau Hofmann hätten klären können: Warum dürfen die Schurkenstaaten Jemen, Iran, Syrien teilnehmen, Russland aber nicht? Und was sollte der animierte Apokalyptische Reiter, der eine halbe Stunde über die Seine flog, ankündigen? Die Vogelgrippe? ♦ Zunächst war die Linkspresse stocksauer, dass ihr Joe ausgerechnet bei Elons Musks Twitter (X) seinen Verzicht auf eine Wiederwahl bekannt gab. Auch „die Mitarbeiter des Weißen Hauses erfuhren von Bidens Ausscheiden, indem sie X lasen“, so Musk stolz. Und schon wurde auf X gerätselt: Wurde Joe Bidens Unterschrift auf dem Verzichtsdokument gefälscht? Ist der alte Joe tot? Gut, dass der leichtgläubige Staatsfunk-Nutzer nichts von diesen Gerüchten mitbekam. ♦ Wenn wir den Präsidenten der Vereinigten Staaten richtig verstanden haben – er nuschelte ein wenig – befinden wir uns in einem dieser „seltenen Momente in der Geschichte, in der die Demokratie verteidigt“ werden muss. Wer kann das besser verstehen als wir Deutschen, die ohne Faeser, Chef Olaf und Friedrich Merz längst wieder in einem Terrorregime leben müssten, mit Zwangsimpfungen, mörderischen Steuern, willkürlichen Verhaftungen und Enteignungen, aller Grundrechte beraubt … ♦ Deshalb, so Biden, sei „die Weitergabe der Fackel der beste Weg, um unsere Nation zu vereinen“. 
Und die Fackel geht an … Kamala Harris aus Oakland, Kalifornien. Kamala ist Vizepräsidentin und bringt daher genauso viel Erfahrungen für den Job mit wie unsere Annalena, falls die deutschen Wähler es sich im nächsten Jahr nochmal überlegen wollen. Auch außenpolitisch. Gerade erst erzählte Kamala Harris Zuhörern: „Die Vereinigten Staaten haben eine lange bestehende Allianz mit der Volksrepublik Nordkorea.“
 Nanu? Weiß der Kim davon? ♦ Unsere Presse ist jedenfalls schon begeistert dabei und meint, Donald habe keine Chance gegen Präsidentin Kamala. Kann man es schöner sagen als ein Detlef von der SZ: „Wenn sie lacht, dann strahlt Kamala Harris jene Kraft aus, die Joe Biden nicht mehr vorweisen kann und Donald Trump nur in der Abart der Aggression kennt“? Nur unsere Politicos sind noch nicht ganz überzeugt. „Stellen Sie sich mal vor“, so Sachsens Kretschmer bei Maischberger, „dieser Trump würde gewählt und beendet den Krieg? Wie stehen wir da?“ Und dann soll auch noch der Selenskyj, nach einem Gespräch mit Trump, aber ohne Rücksprache mit Kretschmer, gesagt haben: „Wir können die heiße Phase des Krieges beenden. Wir können versuchen, es noch in diesem Jahr zu schaffen.“ ♦ Ist es zu forsch, wenn wir das Baerbock-Lob – „Joe Biden stellt (mit seinem Rücktritt als Kandidat) die Interessen seines Landes über seine eigenen“ – als direkte Empfehlung für unseren Chef Olaf interpretieren? Fakt ist, die „Demokraten“ hielten Joe mehrheitlich für untragbar, die Milliardäre ihre Wahlkampfspenden zurück, solange er auf dem Präsidentschaftsticket stand, und nun lesen wir, dass SPD-Genosse Güllner über seinen Umfragedienst Forsa ermitteln ließ, dass „nur ein Drittel der SPD-Mitglieder Olaf Scholz für den richtigen Kanzlerkandidaten 2025 halten“.
 Zwei Drittel gäben die Wahl mit ihm bereits verloren. ♦ Warum SPD-Nancy Faeser den Youtube-Kanal von Chanel verboten hat? 

Da fragen Sie was! Vielleicht mag sie keinen modischen Firlefanz? Oder sie stellt ihre Mitarbeiter nach Geschlecht (alle außer XY), politischem Bekenntnis, aber auf keinen Fall nach Bildung ein. Da kann man aus einem Islamisten-Youtube-„Channel“ schon mal „Chanel“ machen. Hauptsache: „Nie wieder Verschissmus!“ ♦ Nicht mal den Kölner Flughafen vor ein paar Bekloppten schützen,
 aber kriegstüchtig sein wollen. Spezialdemokratischer Humor. ♦ Was macht denn der Bürgermeister von Apolda (parteilos, aber irgendwie auch CDU!?) da für einen Aufstand wegen eines Marokkaners, der „unter drei Identitäten“ wegen „Drogendelikten, Hehlerei, Beleidigung und Körperverletzungen“ polizeibekannt ist,
 und den er nicht aus der Stadt oder dem Land kriegt? Warum soll es ihm besser gehen als den meisten Bürgermeistern im Land? Tsss. ♦ Hamburgs Sozialsenatorin, Genossin Melanie Schlotzhauer, SPD, sucht für einen ihrer Zöglinge, 11, eine geschlossene Heimunterbringung weit weg von Hamburg, nachdem der gerade sein 70stes Einbruchsjubiläum feierte. 
Leider lehnt die Hamburger Regierung aus SPD und Grünen geschlossene Unterbringung grundsätzlich ab. Aber was soll sie nun mit ihrem kleinen Marokkaner machen? ♦ Natürlich wussten Sie, dass die Gewaltdelikte von Nordafrikanern in Deutschland explosionsartig zugenommen haben, Sie verfolgen ja schließlich die Medien. Aber nun hat sogar das Bundeskriminalamt eine entsprechende Statistik vorgestellt,
 und wir fragen uns: Warum? Sollen die Bürger noch mehr beunruhigt werden? Außerdem hat sich die Justiz längst mit milden Urteilen darauf eingestellt, die Knäste zu entlasten, und abgeschoben werden die Kriminellen nach Tunesien und Marokko auch nicht, weil die Grünen sagen, das seien keine sicheren Herkunftsländer. Wobei: noch unsicherer als Deutschland? Inzwischen kaum vorstellbar. ♦ Und dann war da noch der Spiegel-Redakteur, der sein „eigenes Erlebnis mit einem sogenannten Flüchtling“ schildert.

 „In Husum versetzte mir ein Syrer einen Faustschlag ins Gesicht. Ich hatte zwei ältere Frauen verteidigt …“ Der Strolch ist ein stadtbekannter 13-jähriger Syrer, der „allein seit Jahresbeginn 2024 über 50 Mal wegen Diebstahl und Gewaltdelikten auffällig geworden sei. Sanktionsmöglichkeiten: keine.“ Ja, warum wohl nicht? ♦ Die Corona-Files: Unsere politische Verantwortungsgemeinschaft hat gelogen, dass sich die Balken bogen, 
und hat ihre Allmachtsphantasien ausgelebt. Einige haben ihre sadistischen Züge offenbart, andere haben sich bereichert – und da kommt uns Peter Hahne wieder in den Sinn, der „Handschellen klicken“ hören will. Aber wer soll das beauftragen? Die Staatsanwaltschaften sind schon überlastet mit Anzeigen gegen Rechts und außerdem gebunden an Weisungen von denen, die sie verhaften müssten … ♦ All die, die betreutes Denken für ihren aufrechten Gang zum Supermarkt benötigen, können dem Ullstein-Verlag dankbar sein, dass der das Buch von JD Vance (Hillbilly Elegy) aus dem Programm genommen hat,
 weil der Autor als Trumps nominierter Vizepräsident „heute offiziell an dessen Seite“ steht und „eine aggressiv-demagogische, ausgrenzende Politik“ vertritt. ♦ Währenddessen geht der grüne „Umbau“ der Wirtschaft voran. Nun ist auch der Autozulieferer ZF bereit, bis Ende 2028 gut 14.000 Stellen in Deutschland zu streichen, „um den weiteren Wandel zur E-Mobilität ab 2026 anzugehen“.
 
Die Bahn will in den nächsten fünf Jahren gleich 30.000 auf die Straße setzen. Was machen die denn heute so, wenn sie anscheinend nicht gebraucht werden? ♦ „Sonntag war weltweit heißester Tag seit Wetteraufzeichnung“, aber eine gute Nachricht von der Deutschen Gesellschaft für Badewesen: Es gibt 2.405 Freibäder in Schland, einige davon sind sogar bedenkenlos nutzbar … Schönen Sonntag! Nicht genug? Lesen Sie Stephan Paetow täglich auf https://www.spaet-nachrichten.de/
Natalie Furjan
Oh là là, die Emmanuel-Macron-Spiele sind eröffnet. Joe Biden will nicht mehr antreten, aber die Presse hat schon einen neuen Liebling: Amerikas Antwort auf Annalena, sprich Kamala...
kolumnen
2024-07-28T06:05:41+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/blackbox/kw-30-vive-la-trans/
Die Islamverbände und die deutsche Politik
Die deutsche Politik hat den Dachverband der türkisch-islamischen Moscheen, DITIB, als ihren offiziellen Ansprechpartner für Religionsfragen und Integration auserwählt und scheint trotz der seit Jahren von vielen Seiten geäußerten Kritik, der Verein sei das Sprachrohr von Präsident Erdogan und habe Spitzel in seinen Reihen, unverbrüchlich an der Institution festzuhalten. Fakt ist: Der Verband untersteht der türkischen Religionsbehörde DIYANET und diese direkt der türkischen Regierung. Die Moschee-Vorsitzenden sind also türkische Staatsbeamte. Hunderte in der Türkei ausgebildete und bezahlte Imame – die FAZ spricht von 970 – verbreiten in 900 DITIB-Moscheen in Deutschland ihre Ideologie. Hamburg und Bremen haben bereits Verträge mit dem Dachverband abgeschlossen. Den Religionsgemeinschaften werden darin Rechte zugesprochen, wie sie auch christlichen Kirchen zustehen: u.a. der Bau von Moscheen, die Erteilung islamischen Religionsunterrichts und Bestattungen nach islamischem Ritus. Im Gegenzug bekennt sich der Verband ausdrücklich zur „grundgesetzlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere zur Unantastbarkeit der Menschenwürde, der Geltung der Grundrechte, der Völkerverständigung und der Toleranz gegenüber anderen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen“, heißt es im Vertrag mit dem Hamburger Senat. Schöne Worte. Der Dachverband gibt sich denn auch nach außen hin stets hochseriös; man bekennt sich bei jeder Gelegenheit zur „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“. Als ich vor einigen Tagen Panorama 3 einschaltete, hatte ich das Gefühl, ich lebte in besseren Zeiten, in denen man die Dinge noch beim Namen nennen konnte. Schauplatz Hamburg-Wilhelmsburg vor der Muradiye-Moschee. Der Vorsitzende Ishak Kocaman wird mit einigen seiner Facebook-Eintragungen konfrontiert: „Demokratie ist für uns nicht bindend“, schreibt er da. „Uns bindet Allahs Buch, der Koran.“ (Also die Scharia.) Und an anderer Stelle: „Ich spucke auf das Gesicht der Türken und Kurden, die nicht islamisch leben. Welchen Wert haben sie schon, wenn sie keine Muslime sind.“ (Adieu Toleranz gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen.) Kocamans Antwort-Gestammel muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: „Wir müssen miteinander kooperieren. Wir müssen zusammenleben, und das andere ist unnötig. Ich poste ja nicht andauernd immer solche Sachen im Endeffekt. Wenn ich arbeite, wenn man in den Medien sieht, was in letzter Zeit so passiert. Ist ja emotional. Ist ja normal. Ich rede manchmal, ja. Was weiß ich.“ Einige in unserem Land scheinen immer noch keine Ahnung von der im Koran erlaubten und im Islam praktizierten Verstellungstechnik, dem Doppelsprech der „Taqiya“ zu haben, nach der es in prekären Situationen  erlaubt ist, rituelle Pflichten zu missachten und sein wirkliches Denken zu verheimlichen. Allerdings ist Iman Kocaman nun wohl keiner, der diese Technik besonders geschliffen beherrscht. DITIB-Nord war das auf Panorama 3 Gezeigte denn auch doch wohl des „Guten“ zu viel, denn inzwischen ist der DITIB-Funktionär zurückgetreten (worden?) und bedauert, dass durch einen „aus dem Kontext geratenen Text“ ein Eindruck entstanden sei, der ihn und den Verband „in einem falschen Licht“ stehen lasse. Was ihre angebliche Vorverurteilung betrifft, haben sich die Verbände und ihre Funktionäre ein breites plakatives Vokabular angeeignet. Ständig erklären sie sich als Opfer der Gesellschaft, an den Pranger gestellt, diskriminiert und missverstanden. Doch konkret Stellung nehmen sie nie. Sie jammern nur. Der allgegenwärtige Vorsitzende des Zentralrats der Muslime Deutschlands Ayman Mazyek präsentiert sich auch als so ein Daueropfer. Er kann sich nur gewählter ausdrücken als Imam Ishak Kocaman in Hamburg-Wilhelmsburg. Laut taz spricht er von einem ungerechten „Misstrauensdiskurs“ und einem „Extremismusvorbehalt“. Die Anerkennung der islamischen Religionsgemeinschaften sei ein „Anspruch“, der sich aus dem Grundgesetz ableite und deshalb notfalls auch eingeklagt werden könne. Die Autorin Sineb El Masrar hat beim Zentralrat der Muslime „Sehr viel Ideologie der Muslimbruderschaft“ entdeckt, und die Integrationsbeauftragte der Partei Die Linke, Sevim Dagdelen wird noch deutlicher, wenn sie sagt: „Mit der Islamkonferenz hofiert die Bundesregierung ausgerechnet reaktionäre islamistische Kräfte, statt liberale Muslime zu stärken.“ Auch die Wissenschaftler Abel-Hakim Ourghi und Bassam Tibi, der Psychologe Ahmad Mansour – um nur einige zu nennen – sind Vertreter eines humanistischen, aufgeklärten Islam. Sie werden viel zu selten gehört. Man fragt sich, wie lange die Politik noch die Ohren verschließen und die reaktionären Islamverbände wider alle Vernunft als Partner bei der „Integration“ behandeln will. Man kommentiert und kritisiert immer nur mit Worten – von Handlungen ist nichts bekannt. Die Bundesregierung mahnt zwar wieder einmal die Türken: „Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass alle Beteiligten sicherstellen werden, dass nicht innertürkische Konflikte auf deutschem Boden ausgetragen werden“, sagt Regierungssprecher Steffen Seibert. Kann er eigentlich seine eigenen leeren Worte noch hören? Bei solchen Tönen klappen die Gemeinten doch gleich die Ohren zu – wenn sie überhaupt noch auf irgendetwas hinhören.
Als ich vor einigen Tagen Panorama 3 einschaltete, hatte ich das Gefühl von alten Zeiten, in denen man die Dinge noch beim Namen nannte. Islamverbände.
meinungen
2017-02-27T06:43:40+00:00
2017-02-28T09:13:34+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/die-islamverbaende-und-die-deutsche-politik/
RWE will nach Räumung von Lützerath Klimaextremisten zur Kasse bitten
Nach der Räumung von Lützerath hat der Energiekonzern RWE zivilrechtliche Schritte angekündigt. „Natürlich müssen alle Störer mit einer Schadenersatzforderung rechnen“, sagte Konzernsprecher Guido Steffen der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Wie hoch diese ausfallen könnten, sei allerdings noch nicht zu beziffern. Es liege noch keine endgültige Schadensbilanz rund um die aufwendige Räumung vor. Die Polizei hatte am 11. Januar damit begonnen, das von Klimaextremisten besetzte Dorf an der Abbruchkante des Rheinischen Tagebaus zu räumen. Tausende Menschen protestierten dagegen. Nach Angaben von RWE kam es zu erheblichen Sachbeschädigungen, unter anderem an Fahrzeugen und Anlagen des Konzerns. Zudem seien mehrere Brunnen und Schaltanlagen zerstört worden. Zuletzt hatte RWE angekündigt, eine Person auf 1,4 Millionen Euro Schadenersatz zu verklagen, die sich 2021 an Gleise zum Kohlekraftwerk Neurath gekettet hatte. RWE musste deswegen nach eigenen Angaben das Kraftwerk herunterfahren. (Mit Material von dts Nachrichtenagentur)
Sofia Taxidis
Nach Angaben von RWE kam es zu erheblichen Sachbeschädigungen, unter anderem an Fahrzeugen und Anlagen des Konzerns. Zudem seien mehrere Brunnen und Schaltanlagen zerstört worden.
daili-es-sentials
2023-01-21T12:42:59+00:00
2023-01-21T12:43:00+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/rwe-raeumung-luetzerath-schadenersatzforderungen-extremisten/
Rekorde in USA bei Raketenstarts – in Deutschland bei Insolvenzen
SpaceX von Elon Musk schoss 2024 138 Raketen ins All. Alle 2,6 Tage eine. Aber: Deutschland bekommt mit der neuen Rampel ein Ministerium für Weltraum. Ab jetzt wird wird bei uns zumindest schon mal das Raketenprogramm reguliert.
thomas punzmann
Die Welt bleibt nicht stehen. Elon Musk schoss 2024 138 Raketen ins All. Die USA einigen sich im Handelskonflikt mit UK und schließen einen Vorvertrag mit China ab. Dobrindt über den Islam und Rücknahme einer mündlichen Anordnung. Unternehmensinsolvenzen steigen weiter. Grüne in Baden-Württemberg hinter der AFD.
daili-es-sentials
2025-05-12T04:50:11+00:00
2025-05-12T17:49:10+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/rekorde-usa-raketenstarts-deutschland-insolvenzen/
Wie eine Familie einen Unfall rächte
Wanderer kommst du nach Brebach, verkündige dort, du habest uns hier toben gesehen, wie es das Gesetz nicht erlaubt. Okay, eigentlich geht es in dem Spruch um Sparta und der Text lautet auch anders. Aber in Saarbrücken-Brebach ist halt alles ein wenig anders und wer dorthin fährt, hat wirklich etwas zu erzählen. So wie nach einem Unfall in dieser Woche in der Saarbrücker Straße: Ein drei Jahre alter Junge läuft zwischen zwei parkenden Autos auf die Straße und wird dort von einem Wagen erwischt. Ein Klassiker. Zur echten Tragikomödie entwickelte sich dann aber das Nachspiel. Die Familie des Jungen rächte den Unfall. Was aus dem Jungen wurde? Der Rettungswagen konnte ihn erst versorgen, nachdem die Polizei die Familie im Griff hatte. Zum Dank dafür beleidigte und bedrohten die Kinder mit ihren vorbildlichen Eltern auch die Polizisten. Stand Dienstag ist der Junge laut Polizei nur leicht verletzt, liegt aber in einem Saarbrücker Krankenhaus. Fernab von seinen Eltern – was vielleicht auch besser so ist. Wobei es den türkeistämmigen Eltern und ihren älteren Kindern ja nur um das Wohl des Jungen ging. Verletzter Stolz bildete nur die restlichen 99,9 Prozent des Motivs. Denn wer in Brebach lebt, akzeptiert nicht einfach, dass es eine schlechte Idee ist, ein Kind auf die Straße laufen zu lassen, ohne dass Autofahrer es vorher sehen können. Da sind dann eben alle anderen schuld – nur nicht die Eltern selber. Wisse das, Wanderer, der du nach Brebach kommst.
Ferdinand Knauß
Eine verängstigte Frau, ein verletzter Mann und bedrohte Polizisten. So endete ein Autounfall im Saarbrücker Stadtteil Brebach. Eine „Familie“ rächte den Unfall eines Dreijährigen, der auf die Straße gelaufen war.
daili-es-sentials
2023-03-28T10:36:33+00:00
2023-03-28T12:19:29+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/wie-eine-familie-einen-unfall-raechte/
Bitcoin machen Bürokratie überflüssig
Von vielen wird die digitale Währung Bitcoin nicht ernst genommen. Für die einen ist sie ein gigantisches Schneeballsystem, das irgendwann in sich zusammenbrechen wird. Für die anderen sind Bitcoins so etwas wie eine geheime Erfindung des Chaos Computer Clubs, bei der irgendwelche langhaarigen Nerds sich einen Spaß daraus machen, eine Pizza damit zu bezahlen. Beides ist Bitcoin nicht: weder ist es ein Schneeballsystem, noch eine Erfindung des Chaos Computer Clubs. Unter Ökonomen galt die private Währung als eine Schnapsidee. Nur staatliches Geld sei gutes Geld. Die Idee, staatliche und private Währungen im Wettbewerb miteinander konkurrieren zu lassen, stammt vom Ökonomienobelpreisträger Friedrich August von Hayek. Hayek vertrat die Auffassung, dass die Geldpolitik der Notenbanken und das staatliche Geldmonopol ursächlich für die immer wiederkehrenden Finanzkrisen verantwortlich seien. Diese Krisen ließen sich nur durch die Zulassung privater Währungen verhindern. In einer Wettbewerbssituation würde sich gutes, also privates Geld, durchsetzen und damit auch das staatliche Geld disziplinieren. Denn kein Mensch würde freiwillig schlechtes Geld halten wollen, wenn er es jeder Zeit in gutes Geld umtauschen könnte. Doch selbst bekennenden Anhängern der Marktwirtschaft ist das zu viel des Guten. Für die Kritiker ist auch die junge Entwicklungsgeschichte der Cyber-Währung ein Beleg für die mangelnde Tauglichkeit. 2013 betrug der Bitcoin-Kurs fast 900 Euro. Anschließend schmierte er auf 200 Euro ab. Der Hype war vorbei. Seitdem herrscht Ruhe im Blätterwald. Lediglich Betrugsfälle, wie der der japanischen Bitcoin-Börse Mt. Gox im Februar 2014 machte nochmals richtig Schlagzeilen. Neuigkeiten über die private Währung findet man seitdem nur noch in Blogs oder kleinen Zeitungsmeldungen. Seit Oktober bekommt die Cyber-Währung jedoch wieder neuen Schwung und erreichte in dieser Woche einen Kurs von fast 400 Euro. Es gibt viele Spekulationen um den erneuten Aufschwung. Sehr wahrscheinlich ist, dass eine größere Rechtssicherheit die schnellere Verbreitung fördert und daher auch den Kurs beeinflusst. Bitcoins sind zwar unreguliert, dennoch treffen sie, sobald sie an Börsen gehandelt oder damit spekuliert wird, auf diverse rechtliche Problemstellungen. Wie ist die steuerliche Situation? Und wie werden die Handelsplätze reguliert? In Deutschland sind Kursgewinne von Bitcoins nach einem Jahr steuerfrei. Seit wenigen Tagen ist nach einem Urteil des EuGH auch klar, dass der gewerbliche Verkauf von Bitcoin nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Das hat dem Kurs sicherlich nicht geschadet. Lange Zeit war unterstellt worden, dass auf dem wichtigen chinesischen Markt Bitcoins verboten oder zumindest von der dortigen Regierung diskriminiert werden. Jetzt gibt es erste Stimmen der Entwarnung, was auch den Kurs beflügeln könnte. Und wahrscheinlich ist auch die Prognose, dass voraussichtlich am 25.07.2016 das Schürfen neuer Bitcoins um die Hälfte reduziert wird, für Anleger ein Anreiz jetzt zuzuschlagen. Denn die maximale Anzahl von Bitcoins ist auf 21 Millionen beschränkt. Doch neben der Vereinfachung des Zahlungsverkehrs und der Spekulation auf Kursgewinne ist die eigentliche Faszination vieler Marktteilnehmer die dahinterliegende Technologie. Dieses als Blockchain-Technologie bezeichnetes Verschlüsselungssystem ist eben nicht nur zum Kauf einer Pizza geeignet, sondern eröffnet in der Zukunft vielfältige Möglichkeiten, um Prozesse, Verträge, Eigentumsverhältnisse und vieles andere mehr rechtssicher abzuwickeln und zu dokumentieren. Dafür bedarf es keiner Behörde oder staatlicher Aufsicht, sondern die Transaktion wird in einem öffentlichen Protokoll im Internet abgelegt, das von vielen kontrolliert werden kann. Faszinierende Möglichkeiten können sich dadurch in der Zukunft eröffnen. In Ländern mit korrupten staatlichen Strukturen könnten Grundbücher, Handelsregister oder Standesämter überflüssig werden, denn all deren Aufgaben können rechtssicher auch über die Blockchain abgebildet werden. In Griechenland müsste man beispielsweise nicht mehr bis zum Sankt-Nimmerleinstag auf ein Grundbuch warten, das Millionen kostet und doch nie kommt. In Afrika könnten Unternehmensgründungen oder –käufe rechtssicher auch ohne die Einrichtung eines staatlichen Handelsregisters erfolgen. Und in China könnten Eheschließung über die Blockchain für alle dokumentiert werden. Inzwischen gibt es viele Startups, die Produkte und Anwendungen der Blockchain-Technologie entwickeln. Viel Risikokapital wird dafür in Amerika und Großbritannien zur Verfügung gestellt. Hayeks visionäre Idee verband er mit einem Aufruf: „Was wir nun brauchen, ist eine Freigeld-Bewegung, die der Freihandels-Bewegung des 19. Jahrhunderts vergleichbar ist.“ Diese neue Bewegung sollte Deutschland nicht verpassen.
Der Kurs von Bitcoins steigt. Dahinter steckt eine Technologie, die auch andere korrupte staatlichen Handlungsfelder überflüssig macht.
kolumnen
2015-11-04T07:57:31+00:00
2015-11-04T08:22:57+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/schaefflers-freisinn/bitcoin-machen-buerokratie-ueberfluessig/
SPD gibt Nicht-Antwort auf 551 Fragen: Alles soll so bleiben, wie es ist
Die Union ist mit ihrem Katalog von 551 durchaus kritischen Fragen zum Verhältnis zwischen Bundesregierung und mehreren vorgeblich „gemeinnützigen Körperschaften“ (vulgo „NGOs“) krachend gescheitert. Wie schon aus den Sondierungsgesprächen herausdrang, haben SPD und Union sich „auf einen Umgang mit den Fragen“ verständigt, der darauf hinausläuft, dass es zwar Antworten geben sollte, die aber so nichtssagend ausfallen, dass sicher nichts aus ihnen folgt. Was die Union daraus macht, darauf darf man gespannt sein. Die Krone setzten dem Geschehen die Grünen auf, als sie mitten in den Verhandlungen um zwei gigantische Schuldenprogramme (alias „Sondervermögen“) des Bundes die Forderung stellten, dass auch die ominöse „Zivilgesellschaft“ bei der Abwehr der russischen Gefahr helfen soll, und das natürlich in der Weise, die ihr allein zur Verfügung steht: mit der Abwehr von „Desinformation“ und „Fake News“ oder auch durch den „Schutz der informationstechnischen Systeme“, vulgo des Internets und seiner Plattformen. Das wäre dann laut den Grünen ein „umfassender, breiter und integrierter Sicherheitsbegriff“, der übrigens die eigenen Bürger als mögliche „Angreifer“ mit einschließt. In der Kontrolle der Datenströme treffen sich Union, SPD und Grüne am ehesten. Sie alle haben das Internet als den nächsten Endgegner schon ins Visier genommen. Hinzu kam offenbar die mangelnde Bereitschaft der noch amtierenden Bundesregierung, sich klar zu einigen Fakten und Zahlen zu bekennen, vielleicht auch nur im Kleinen einmal ehrlich zu sein. Immer wieder schützt das Finanzministerium in seiner Antwort Unkenntnis und Rechercheprobleme vor. So heißt es etwa zu der Frage, welche gemeinnützigen Körperschaften denn nun mit Bundesmitteln gefördert wurden: Die „Rubrik ‚gemeinnützige Körperschaft‘ existiert … weder im Gruppierungs- noch im Funktionenplan, eine Auswertung der Datenbank zum Bundeshaushalt mit der Frage ‚gemeinnützige Körperschaft‘ ist daher nicht möglich.“ Mehr als Datenbanken-Abfragen können die Ministerialbeamten offenbar nicht, und auch das wohl nicht besonders gut. Zahlen nennt die Bundesregierung nur sehr ausnahmsweise in ihrem Schreiben. So verrät sie, dass sie einige der NGOs mit 6,4 Millionen Euro allein im laufenden Jahr gefördert hat. Den größten Batzen erhielt mit 2,6 Millionen Euro (in nur zwei Monaten!) die Amadeu-Antonio-Stiftung, die für einen strammen Links- und folglich Anti-Rechtskurs bekannt ist. Correctiv erhielt über 200.000 Euro von zwei Ministerien (Familie und Forschung). Der Zweck solcher Organisationen ist ganz offenbar die politische Agitation. Insofern kann man sich nur wundern, dass das Finanzministerium in seiner Antwort über „gelegentliche Äußerungen zu tagespolitischen Themen“ spekuliert, die man als „geringfügige Verstöße unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips und dem ihm innewohnenden Bagatellvorbehalt“ ignorieren könne. Das ist so gründlich am Thema vorbei geschrieben, wie es nur geht. Praktisch für die BuReg ist außerdem, dass die „Beurteilung steuerlicher Einzelfälle“, also auch die Prüfung der Gemeinnützigkeit „der jeweils zuständigen Landesfinanzbehörde“ obliegt. Man kann also wieder Behörden-Pingpong spielen. Die Verantwortung für eigene Ausgaben will man in dieser amtierenden Bundesregierung nicht übernehmen und zum anderen erklärt man sich für unfähig politische Einflussnahme bei den Geförderten zu erkennen. So heißt es zur Frage nach dem Correctiv-Artikel „Die Rechtstreiber der CDU“: „Ob politische Tätigkeiten gemeinnütziger Körperschaften – falls diese dem Grunde nach überhaupt vorliegen – im Einzelfall zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen, ist durch die jeweilig zuständige Landesfinanzbehörde unter Berücksichtigung des vollständigen und durch die Landesfinanzbehörde zu ermittelndem Sachverhalt zu entscheiden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.“ Der Bund weiß also nichts von politischer Aktivität bei der gemeinnützigen GmbH Correctiv und verweist auf die Landesfinanzbehörde. Auf diese Landesfinanzbehörden müsste nun ziemlich viel Arbeit zukommen – wenn, ja wenn die Union ihre Fragen ernst gemeint hat. Durchaus heikel (in mehrfachem Sinn) sind Fragen wie die nach dem „Anteil der finanziellen Mittel“, die die Correctiv gGmbH aus staatlichen Quellen empfing. Denn hierzu müsste die Bundesregierung ja zunächst einmal wissen, welche Mittel Correctiv (oder die anderen Organisationen) aus privater Hand erhält. Und das war leider in der für die Beantwortung vorgesehenen Frist „nicht zu leisten“. So kann sich die Bundesregierung herausreden.Aber auch die Union hätte sich die komplizierten Fragen verkneifen können. Wollte sie vielleicht keine Antwort haben? Auf die folgende, noch heiklere Frage nach der Beeinflussung von „politischen Entscheidungsprozessen“ und Gesetzesvorhaben durch Correctiv weicht die Bundesregierung wiederum aus. Denn nun soll es zu kompliziert und auch nicht rechtlich geboten oder „ressourcenschonend“ sein, Vorschläge, Papiere und Studien, die die Bundesregierung erreichen und die am Ende Eingang in Regierungshandeln finden, aufzulisten. Und das obwohl man doch im Juni 2024 selbst noch den „exekutiven Fußabdruck“ eingeführt hat, um Lobbygruppen, die sich beteiligen, zu demaskieren. Aber das war vielleicht zu spät. Die häufigste Antwort lautet allerdings in etwa so: „Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.“ Statt also Fragen zu beantworten, schreibt diese Regierung wortreiche Vorbemerkungen, in denen sie den parlamentarischen Fragestellern erklärt, dass sich die gestellten Fragen eigentlich gar nicht stellen. Außerdem sind der Bundesregierung auch manche Fragen zu unkonkret, wie etwa die: „Hat die Correctiv gGmbH in den letzten Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?“ Daran missfällt, dass es keinen exakten „Vergleichszeitpunkt“ gibt, auf den man sich beziehen könnte. Und noch eine Antwort ist originell. Die gemeinnützigen Körperschaften sind also zur parteipolitischen Neutralität gezwungen – so könnte man denken. Aber das scheint noch mehr für die Bundesregierung zu gelten. Denn die darf sich – laut eigenem Ermessen – kein Bild zur parteipolitischen Neutralität der Correctiv-Website machen, und das wiederum „aufgrund des parteipolitischen Neutralitätsgebots“ (Frage 31). Das ist der blinde, taube, stumme Affe, der die Welt rettet. Aber natürlich nur, wenn es im Interesse des Affen ist. Daneben wissen die Regierenden sehr wohl, wo und bei wem sich Fördergelder in ihrem Sinne lohnen – zum Beispiel bei den Recherchen der Correctiv gGmbH. Die hohe Zahl von 551 Fragen verdankte sich der systematischen Stellung derselben Fragen zu allen interessierenden Vereinen und NGOs. Diesen Fragenreigen der Union hat die Bundesregierung nur jeweils einmal beantwortet. In vielen Fällen hätte null Mal gereicht, denn so fielen die Antworten oft aus. Das Ergebnis ist ein Desaster für die Union, die sich hier mit großem Aplomb noch vor der Kanzlerwahl sämtliche Zähne selbst gezogen hat. Die in der Kleinen Anfrage angesprochenen Themen – das immerhin wurde deutlich – darf Merz in den kommenden vier Jahren nicht eingehender thematisieren, wenn er mit dieser SPD und den Grünen in der Hinterhand regieren will.
Matthias Nikolaidis
Es war abzusehen: Die SPD winkt im Streit um bundesfinanzierte Polit-Vereine ab und verschickt ein Schreiben voller Floskeln: Nichts zu sehen hier, bitte weitergehen! Die Union steht vor der Kanzlerwahl immer noch zahnloser da. Und die Regierung verweigert jede Verantwortung für ihre Ausgaben.
daili-es-sentials
2025-03-12T15:49:27+00:00
2025-03-12T15:49:56+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/spd-gibt-nicht-antwort-auf-551-fragen/
Warum ich nicht mehr links bin
Ich bin gebürtiger Linker: Mein Vater war Maurer und hat vor seinem tödlichen Unfall auf EDV-Experte umgeschult. Mein Stiefvater, den ich wie einen Vater liebe, war Bergarbeiter. Gute Löhne, faire Arbeitsbedingungen und bezahlbares Wohnen, Essen oder Heizen waren für uns als Familie zentrale Fragen. Das Versprechen auf ein soziales Netz, durch das keiner durchfallen könne, hat das Leben obendrein entspannt. Doch nicht nur in politischen Fragen war ich ein Linker. Mir war es immer lieber, meine Zeit mit Linken zu verbringen. Rechts war Dorf, Katholische Kirche und Normativität. Links war Stadt, Religionskritik und der Mut, Gedanken auch mal gegen den Strich zu bürsten. Querdenker war ein positiv besetzter Begriff. Und links. Rechte wollten von Dir, dass du dem Pfarrer nicht widersprichst – Linke fanden’s gut. Die allermeisten meiner Freunde arbeiten im Journalismus, akademischen Betrieb oder in der Politik. Diese Berufe haben eins gemein: Normativität gilt immer stärker als Voraussetzung. Ein Beispiel: Die Grünen zogen 2011 in Rheinland-Pfalz direkt von der Außerparlamentarischen Opposition in die Landesregierung ein. Sie suchten dringend Mitarbeiter. Eigentlich galt jeder, der schon vorher für sie tätig war, als gesetzt. Bis auf einen Kollegen. Der engagierte sich stark im Kampf gegen das Rauchen. Der Koalitionsvertrag mit der SPD ging ihm in dem Punkt nicht weit genug. Das sagte er auf einer Podiumsdiskussion, an der auch seine Chefin teilnahm. Danach war er raus. Nichts kann im politischen Betrieb so schnell und nachhaltig eine Karriere ruinieren, wie eine öffentlich vertretene abweichende Meinung oder ein unbeherrschter Auftritt. Da ist es nur eine Konsequenz, sich der Normativität unterwerfen zu wollen. Die andere Konsequenz ist, sich klare Fronten zu wünschen. Denn es fällt wesentlich schwerer, sich einer Linie anzupassen, wenn diese Linie nicht klar erkennbar ist. „Wir hier – die Wendlers da“, ist folglich eine dankbare Situation. Menschen, die eine sinnvolle Alternative aufzeigen, stehen indes für Gefahr. Der Wunsch nach materieller Sicherheit ist für viele – egal ob links oder rechts – der stärkste Antrieb. So erweitern viele im Freund-Feind-Denken lieber die Gruppe der Feinde, als zu riskieren, am Ende mit einer abweichenden Meinung dazustehen. Dass Linke heute keine Widersprüche mehr akzeptieren, zeigt sich am deutlichsten im Umgang mit dem Islam. Religionskritik galt früher als eine Säule, auf der die Linke gestanden hat. Allzumal wenn die Religion archaisch daher kam. Und patriarchalisch. Wenn Frauen unterdrückt wurden, wenn Männer ihnen ihre Vorstellung vom Leben vorgeschrieben haben. Dass es für Frauen aus islamischen Umfeldern einen Zwang zum Kopftuch gibt – durch Drohungen oder mindestens durch normative Erwartungshaltungen –, verneinen sie. Wobei sie es nicht einmal verneinen, sondern einfach nur einen Feind in jedem sehen, der es ausspricht. Stattdessen stilisieren sie das Kopftuch zum Freiheitssymbol. Angesichts unterdrückter Frauen etwa in Afghanistan ein Hohn. Und letztlich, wie Alice Schwarzer zurecht anmerkt, rassistisch und sexistisch – weil einem Teil der Frauen so ihre Rechte abgesprochen wird. Und das aufgrund ihrer Herkunft. Ich hatte beruflich in den Jahren 2016 und 2017 viel mit Frauenrechtsorganisationen zu tun. Ihre Mitarbeiterinnen sagten, sie sähen das Problem. Beim Vieraugentreff. Öffentlich ansprechen wollten sie es aber nicht, weil sie damit den Rechten – also dem Feindbild – Recht geben würden. Sie haben sich bis heute dazu öffentlich nicht positioniert. Genau so wie homosexuelle Freunde von mir, die sich in Berlin nicht mehr trauen, öffentlich Händchen zu halten. Und das nicht, weil da so viele Glatzen unterwegs seien. Auch sie äußern sich dazu nicht öffentlich. Eine grüne Politikerin hatte mir ein Interview gegeben. Sie hatte es schon frei gegeben. Darin stand die Forderung nach mehr innerer Sicherheit, weil davon vor allem Frauen profitierten, die sich sicher im öffentlichen Raum bewegen wollen. Sie ließ diese Stelle nachträglich streichen. Ein mächtiger Mann der Grünen hatte ihr dazu geraten. Wenn das Weiterkommen im Beruf gefährdet ist, stellen also viele Grün-Linke ihre Überzeugung hintenan. Das macht sie in diesen Punkten aber nicht zurückhaltender oder nachsichtiger, sondern lauter und aggressiver. Der Schrei nach dem Feind übertönt schließlich die eigenen Widersprüche – und lässt einen selbst den eigenen Verrat an den eigenen Überzeugungen vergessen. Ich selbst hätte es mir leichter machen können. Mit 28 Jahren hatte ich eine Festanstellung in einer gesetzlichen Krankenkasse. Nahezu unkündbar. Doch das war mir zu öde. Also zog ich weiter zur Frankfurter Rundschau. Das war lange spannend. Bis unser Regionalchef verkündete, das Ziel der Arbeit für die FR sei, „den Mangel (zu) verwalten“. Also zog ich zu den Grünen weiter. Doch auf Dauer hatte ich keine Lust, aus dem Schicksal des Antiraucher-Kollegen zu lernen – und wollte wieder meine Meinung sagen können. Um es abzukürzen: Mich nicht der Norm unterwerfen zu müssen, war mir immer so wichtig, dass ich sogar bereit war, Einbußen in meiner existenziellen Sicherheit hinzunehmen. Doch wer so weit geht, um sich nicht der Norm unterwerfen zu müssen, der kann erst recht kein Linker bleiben, da sich die westdeutsche Linke gewandelt hat: Aus den rebellischen Quertreibern der 70er und 80er Jahre ist eine Bewegung geworden, die ihre Welt in festen Strukturen verewigt sieht und in diesen Strukturen eine intolerante Normativität durchsetzen will. Mag sein, dass ich die Welt so sehe, weil ich ein „privilegierter“ Mensch bin: weiß, männlich, heterosexuell, gesund. Als ich mit einer fünfköpfigen Familie auf 80 Quadratmetern aufgewachsen bin, war mir das nicht so bewusst. Wenn es am Ende des Monats nur noch Nudeln zu essen gab, habe ich über meine Privilegien auch vielleicht nicht ausreichend genug nachgedacht. Sodass mir die soziale Frage letztlich immer näher lag als Fragen der Identität. Vielleicht klingt das absurd. Das liegt aber nur daran, dass es absurd ist. Denn als offener Mensch bin ich durchaus bereit, mich zumindest testweise auf die Prämisen einzulassen. Im Rahmen dieser Vorgaben stelle ich also Fragen: Ist eine transsexuelle Polin einem homosexuellen Syrer bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst vorzuziehen? Und was, wenn die Frau aus Afghanistan kommt? Oder der Homosexuelle im Rollstuhl sitzt? Oder wo bleiben bei Frauenquoten die sexuell Unentschlossenen? Ein kleiner Tipp: Sparen Sie sich solche Fragen. Die Vertreter der identitären Linke sind weder an Fragen interessiert, noch an Zwischentönen oder Widersprüchen – dann wäre für sie der Griff zum Feindbild viel schneller, einfacher und nachhaltiger. Doch so lustig diese Widersprüche sind – so schnell schlagen sie in Ernst um. Nämlich dann, wenn die gesellschaftliche Debatte aufhört, Debatte zu sein – und sich in politischer oder ökonomischer Macht niederschlägt. Und nicht nur linke Politik ist heute identitätspolitisch ausgerichtet. Die Wirtschaft ist es auch. Ein Blick auf einen durchschnittlichen Werbeblock reicht: Die Unterdrückten von einst sind die Werbeträger von heute. Nur: Geht es den Unternehmen wirklich um die Beseitigung von Unrecht? Wohl eher nicht. Nehmen wir einen Lebensmittelkonzern: Der benennt seine Ware um von Zigeunersauce in Paprikasauce. Das kostet ihn nicht mehr als eine ohnehin ab und an nötige Imagekampagne der Ware – beschert ihm aber eine bedeutend höhere mediale Aufmerksamkeit. Gleichzeitig kann der Konzern seinen Tarifvertrag kündigen, Bezahlung sowie Arbeitsbedingungen seiner Mitarbeiter verschlechtern. Der identitäre Linke bekommt das nicht mit – der ist damit beschäftigt, den Namen Paprikasauce gegen sein Feindbild zu verteidigen. Es ist ein Deal zwischen Linken und Wirtschaft. Beide bekommen, was sie wollen. Der Linke, was ihm am wichtigsten ist: Recht. Und die Wirtschaft darf die Produktionsbedingungen beibehalten und das oberste Prozent der Gesellschaft weiter reicher werden. Dass Linke und Wirtschaft einen feindlichen Dualismus bilden, ist lange vorbei. Wo das alles hinführt? Keine Ahnung. Die viel zitierte Spaltung der Gesellschaft jedenfalls wird erst einmal voranschreiten. Angesichts steigender Preise für Essen, Strom, Heizen und Mobilität wird ein großer Teil noch früher im Monat anfangen müssen, nur noch Nudeln zu essen. Es ist nett gemeint, wenn der andere Teil dabei zuruft, dass das ja nicht schlimm sei, da sie doch qua Geburt privilegiert seien. Ein echter Trost wird das aber nicht sein. Ich werde weiter schreiben. Würde ich starre Positionen nachbeten wollen, hätte ich bei den Grünen bleiben können. Dann ginge es mir heute finanziell besser. Trotzdem fühle ich mich wohler. Denn den Satz, dass gerade Frauen ein Bedürfnis nach Sicherheit im öffentlichen Raum haben, muss ich mir nicht mehr aus einem Text streichen lassen. Schon gar nicht von einem Mann. Die Widersprüche sind das eigentlich Spannende. Am Schreiben genauso wie im Leben. Ihnen habe ich mich gewidmet. Und wenn das bedeutet, dass ich nicht mehr links sein kann – dann ist das halt so.
Ferdinand Knauß
Ich bin gebürtiger Linker: Mein Vater war Maurer und hat vor seinem tödlichen Unfall auf EDV-Experte umgeschult. Mein Stiefvater, den ich wie einen Vater liebe, war Bergarbeiter. Gute Löhne, faire Arbeitsbedingungen und bezahlbares Wohnen, Essen oder Heizen waren für uns als Familie zentrale Fragen. Das Versprechen auf ein soziales Netz, durch das keiner durchfallen könne,
meinungen
2022-01-04T11:29:26+00:00
2022-01-04T15:21:37+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/warum-ich-nicht-mehr-links-bin/
Ein Jahr nach Breitscheidplatz-Terror: Welche Schuld trägt Merkel?
Die einen sagen: An Angela Merkels Händen klebt Blut. Wenn Opfer oder deren Angehörige das sagen, sollte man das nicht kommentieren, denn es sind ihre Gefühle und es ist ihr Schmerz, was wohl keiner nachfühlen kann, der nicht selbst betroffen ist. Aber auch von anderen kann man hören und lesen, Merkel sei direkt Schuld. Wieder andere widersprechen und beharren darauf, Merkel trage keinerlei Verantwortung. Wer aber dann? Sind es allein und ausschließlich kleine Beamte in untergeordneten Behörden und deren einzelne Fehlentscheidungen im Fall Anis Amri? Ich bleibe dabei, dass es weder angemessen ist, Merkel direkt oder allein verantwortlich zu machen, noch sie von jedweder Verantwortung frei zu sprechen. Islamistische Terroranschläge gibt es in vielen europäischen Ländern und ebenso auch in Afrika, Asien und den USA. Am 11. September 2001 kamen 3.000 Menschen bei einem islamistischen Terroranschlag in den USA ums Leben, viele Hundert starben in den folgenden Jahren in Bali, in Ägypten, in Mumbai, Paris, Madrid, Ankara und anderen Ländern. Keines dieser Länder hat eine so verantwortungslose Politik der Grenzöffnung betrieben wie Deutschland unter Angela Merkel. Diejenigen, die sagen, „Merkel ist allein schuld, weil sie die Flüchtlinge unkontrolliert nach Deutschland gelassen hat“, übersehen, dass es sich beim islamistischen Terrorismus um ein internationales Phänomen handelt und es schon deshalb die einfachste Logik verbietet, die alleinige Ursache in der verfehlten Flüchtlingspolitik von Merkel zu sehen. Merkel von aller Verantwortung frei zu sprechen, wird der Sache auch nicht gerecht. Politiker können es sich nicht so einfach machen, positive Entwicklungen (wie etwa eine boomende Wirtschaft) für sich zu reklamieren und die Verantwortung oder Mitverantwortung für Fehlentwicklungen pauschal von sich zu weisen. Es gab katastrophale Fehler im Fall von Anis Amri, der Anschlag hätte verhindert werden können. Und es wäre ungerecht, nur die jeweilige untergeordnete Behörde dafür verantwortlich zu machen. Politische Verantwortung tragen auch die Entscheidungsträger in den betroffenen Ländern und eben auch im Bund. Mitverantwortung tragen auch jene, die in der Euphorie der Willkommenskultur die Probleme mit dem islamistischen Terror und die Folgen einer unkontrollierten Grenzöffnung nicht wahrhaben wollten und wollen und die nicht die Voraussetzungen für konsequente Abschiebungen von Kriminellen geschaffen haben. Selbstkritik stünde Angela Merkel gut zu Gesicht, und zwar nicht nur mit Blick auf die unwürdige Behandlung der Opfer und der Angehörigen des Terroranschlages. Ich beobachte jedoch zunehmend, dass solche differenzierten Betrachtungen immer weniger Gehör finden. Ich glaube, es gibt wenige Publizisten in Deutschland, die seit Jahren Merkel (nicht nur wegen ihrer Flüchtlingspolitik) so scharf und in so vielen Beiträgen kritisiert haben wie ich. Aber man macht es sich zu einfach, alle Verantwortung für ein weltweites Problem wie den islamistischen Terrorismus, der nicht nur in Deutschland zuschlägt, allein bei der Bundeskanzlerin zu suchen. Gibt es noch Gehör für solche Versuche, in einer polarisierten und emotionalisierten Debatte mit Zwischentönen zu differenzieren?
Sofia Taxidis
Gibt es noch Gehör für Versuche, in einer polarisierten und emotionalisierten Debatte wie Merkel und Terrorismus mit Zwischentönen zu differenzieren?
meinungen
2017-12-20T11:32:54+00:00
2017-12-20T11:32:59+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/ein-jahr-nach-breitscheidplatz-terror-welche-schuld-traegt-merkel/
Merz: Rückwärts, immer rückwärts, rudert die CDU
Wir haben eine Wette gewonnen. Allerdings mit wenig Gewinn, denn bei sehr wahrscheinlichen oder gar zu 99,9 Prozent erwartbaren Ereignissen sind die Einsätze und damit die Gewinne gering. Zum Beispiel bei Wetten um Statements bzw. deren Rücknahme des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. Kaum etwa hat Merz einmal ein wichtiges Thema gesprochen, dementiert er es 12 Stunden später, entschuldigt sich oder lässt wie aktuell Redepassagen aus Filmmitschnitten herausschneiden. Das war so, als Merz im Januar 2023 bei „Lanz“ (ZDF) zu Recht über das Verhalten arabischstämmiger, kleiner „Paschas“ gegenüber Lehrerinnen sprach. Das war so, als er Ende September 2022 in einem Interview von einem „Sozialtourismus“ ukrainischer Flüchtlinge sprach. Nun hat Merz im Talk der Tageszeitung WELT am Mittwoch die Asyl-Politik der Ampel heftig kritisiert. Unter anderem sagte er über abgelehnte Asylbewerber: „Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen. Und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.“ Hintergrund: Es war in der Runde um die schleppenden Abschiebungsverfahren von abgelehnten Asylbewerbern gegangen. Merz meinte zudem: Wenn die Bevölkerung sehe, „dass 300 000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen“, mache sie es „wahnsinnig.“ Ja, die große Mehrheit der Bevölkerung – Alteingesessene wie auch Zuwanderer der letzten Jahrzehnte – sieht und erlebt es so. Der inszenierte Empörungssturm über Merz‘ Aussage ließ nicht lange auf sich warten. Noch in der Sendung wies Grünen-Chef Omid Nouripour Merz – allerdings argumentativ nicht gerade zündend – zurecht: „Wenn wir uns alle bescheinigen, dass wir das Abendland zerstören, kommen wir nicht weiter.“ SPD-Chef Klingbeil riet, „populistische Töne“ aus der Diskussion rauszunehmen. Klingbeil weiß wohl immer noch nicht, dass „populistisch“ von „populus“ (lateinisch: populus = das Volk) kommt. Ja, das Volk erlebt es so, wie Merz es sagt. Oder gesagt hatte. Denn dann kam, was zu erwarten war. In der aufgeweckten (woken?) CDU/CSU-Fraktion erkannte man die Brisanz des politisch ach so unkorrekten Satzes beim Zusammenschneiden des Videos für die eigene Website. Und siehe da: Auf dem X-/Twitter-Profil der CDU/CSU-Fraktion war der Satz mit Zahnarzt und so am Donnerstagmorgen nicht auffindbar. Wieder ein Merz’scher Salto. Ein Versehen wird es nicht gewesen sein. Ein Fraktionssprecher zu BILD etwas hilflos um Erklärung ringend: „Wir haben eine kernige Aussage, die die Regierung attackiert, zusammengeschnitten. Zu dem Zeitpunkt, als wir das Video hochgeladen haben, gab es die Zahnarzt-Diskussion noch gar nicht.“ Auf dem Account der WELT ist der Ausschnitt noch so zu sehen, wie er gesendet wurde – also mit dem Zahnarzt-Satz. Ach ja. Vor Mittag wurde die Passage wieder reingeschnitten. Und apropos Salto: Es gibt auch den Salto Mortale. Es ist dies ein höchstgefährlicher Salto, wie der Name sagt. Wenn Merz den noch ausprobieren sollte, könnte es sein politisches Aus bedeuten.
Josef Kraus
Wieder ein Merz'scher Salto: kaum ein wichtiges Thema angesprochen, entschuldigt er sich wenig später - oder lässt, wie aktuell, Filmpassagen ausschneiden. Die Ehrenrettung wird zur Peinlichkeit, als die CDU sie später wieder reinschneidet. Wie viele Patzer kann ein Parteichef sich leisten?
meinungen
2023-09-28T11:40:07+00:00
2023-09-28T17:51:33+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/cdu-merz-zurueckrudern/
Alternative zu Fleisch: Sollen Insekten statt Rinder und Schweine sterben?
Der Trend ist nicht aufzuhalten. Wer noch nicht vegan isst, bekennt sich wenigstens zum Vegetariertum. Fleisch essen gerät immer mehr aus der Mode. Nur primitive Männer freuen sich an der Bratwurst vom Grill, woke Geister wenden sich voller Abscheu ab. Die aktuelle Regierung fordert bereits eine Halbierung der Nutztierhaltung (in Deutschland). Und selbst der Landwirtschaftlichen Versicherungsverein LVM rief zur Beteiligung an einer Kampagne fürs vegane Essen im Januar auf, am „Veganuary“, was einige Landwirte dazu bewog, den Vertrag mit der LVM zu lösen. Man kann den Trend gut finden. Wer möchte Metzger sein, der einmal tief in die samtenen Augen eines Kälbchens geblickt hat? Wer noch Milch von echten Kühen trinken? Wobei: Wo bleibt das Mitleid mit den Hühnern und der Aufschrei über die Qual des Eierlegens? Nun, neben der Liebe zur leidenden Kreatur gibt es noch ganz andere, womöglich gewichtigere Argumente gegen das Fleischessen. Rinder rülpsen klimaschädliches Methan in die Welt! (Dabei ist kaum etwas nachhaltiger als das Fleisch von Tieren zu essen, die es schaffen, für Menschen unverdauliches Gras in Eiweiß umzuwandeln.) Überhaupt, die Landwirtschaft: vergiftet alles mit ihren sogenannten „Pflanzenschutzmitteln“, versaut das Grundwasser mit der Gülle aus der Tierhaltung und sorgt fürs Insektensterben. Wobei: Die lieben ja eigentlich einen saftigen Kuhfladen auf der Wiese. In den Niederlanden ist man bereits weiter als bei uns: Dort droht Landwirten die Enteignung, sollten sie ihre Böden weiterhin mit Gülle belasten. Kurz: Am meisten leidet die Natur unter der Landwirtschaft, darin sind sich viele liebe Menschen einig. Woher die Nahrung kommt, wenn man die Bauern abschafft? Ach, fragt nicht. Das meiste Biogemüse liefert uns bekanntlich China. Und Eiweiß kann man auch aus anderen Quellen beziehen. Nun – warum auch nicht. Man sieht ja nicht, was man da isst. Und in anderen Ländern verzehrt man so manches Insekt, in Schokolade getaucht, als Delikatesse. Irritierend ist lediglich der zeitliche Zusammenhang mit der Kampagne gegen das Fleischessen und die heimische Landwirtschaft, der ja bekanntlich das brandgefährliche Insektensterben angelastet wird. Doch auf den Getreideschimmelkäfer kann man verzichten, solange die liebe Biene noch summt, oder? Egal. Hauptsache, weniger Landwirtschaft. Denn dass souverän ist, wer die Lebensmittel für die eigene Bevölkerung weitgehend selbst erzeugen kann, ist ebenfalls vergessen. Die Abhängigkeit vom Weltmarkt wird von Enthusiasten gewiss eher gern gesehen. Was man Tieren und Natur in unserem Land nicht zumuten möchte, dürfen gern die anderen erledigen. Über dieses Dilemma – und was das heißt für unser Land – unterrichtet ein Wutschrei von Bauer Willi Kremer-Schillings. Nachzulesen auch in seinem Buch „Satt und unzufrieden“.
Cora Stephan
Insekten als proteinreiche Alternative in der Ernährung statt Rind und Schwein? Das EU-Recht macht es jetzt möglich. In anderen Ländern verzehrt man so manches Insekt als Delikatesse.
kolumnen
2023-01-24T16:55:14+00:00
2023-01-24T16:55:16+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/stephans-spitzen/eu-ernaehrung-alternative-zu-fleisch/
Deutschland lagert 230 Millionen Schutzmasken in China
In den Supermärkten liegen sie mittlerweile in den Wühltischen: 40 Cent das Stück, manchmal 30 Cent. Die Plastikverpackung ist fast schon wertvoller als der Inhalt. Der Bedarf an Schutzmasken scheint überschaubar geworden zu sein. Das verwundert wenig, sieht man sich eine Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage von drei Bundestagsabgeordneten der Linken an. (Drucksache 20/6240) Demnach lagern derzeit allein in China 230 Millionen von Deutschland bestellte Schutzmasken. Ihren Weg über Indischen Ozean und Suezkanal werden sie vermutlich nie antreten: „Für die in China gelagerten Masken ist aktuell keine Einführung durch das Bundesministerium für Gesundheit nach Deutschland vorgesehen“, heißt es in der Antwort auf die Anfrage der Linken. Der kleine Stofffetzen mit angeblich so großer Wirkung im Kampf gegen den Virus ist rapide im Wert gesunken. Für 243 Millionen Euro hat das Ministerium nach eigenen Angaben Masken eingekauft. Heute sind die demnach noch 132 Millionen Euro wert. Ein Wertverlust um fast die Hälfte innerhalb von drei Jahren. Zumindest in der Vernichtung von Vermögen ist die Bundesregierung Weltspitze. Wobei der Maskeneinkauf nicht auf Karl Lauterbach (SPD) zurückgeht, sondern auf seinen Vorgänger Jens Spahn. In ihm besitzt auch die CDU einen Experten für Wertevernichtung. Zu seiner Corona-Politik sagt Spahn heute nichts mehr. Als Experte gibt er sich nur in Bereichen, in denen er noch nichts verbockt hat. 1,9 Milliarden Masken hat das Gesundheitsministerium laut eigenen Angaben in China eingekauft. 370 Millionen davon haben die Qualitätsprüfung nicht bestanden. Die chinesische. „Die Masken stammen aus den Beschaffungskanälen Direktbeschaffung, Unternehmensnetzwerk, Logistik-Sourcing sowie Amtshilfe“, wie das Ministerium schreibt. Spahn wusste, was er meinte, als er forderte, wir müssten uns nach Corona viel verzeihen. Mit „Wir“ meinte er uns und mit „Uns“ sich selbst. Für die bereits beschriebenen 243 Millionen Euro hat das Ministerium 108 Millionen Masken eingekauft. Im Supermarkt gäbe es sie jetzt für rund 40 Millionen Euro. Wobei die Supermärkte diese Masken nicht anbieten würden. Sie sind schadhaft und daher Gegenstand von Schiedsverfahren. Elf solcher Verfahren führt das Ministerium derzeit vor der „China International Economic Trade and Arbitration Commission“. Dafür rechnet das Gesundheitsministerium mit Anwaltskosten von 20 Millionen Euro. Dafür gäbe es im Supermarkt knapp 50 Millionen Masken – deutlich weniger, wenn das Ministerium für den Verkauf zuständig wäre. Wobei umso weniger Schutzmasken, desto besser. Denn deren Vernichtung kostet den Steuerzahler weiteres Geld: 915 bis 1915 Tonnen an Schutzmasken sollen vernichtet werden, hat das Ministerium in einer Ausschreibung formuliert. Das hat die Abgeordneten der Linken, Christian Görke, Gesine Lötzsch und Klaus Ernst auf das Thema aufmerksam gemacht. „Zunächst werden schätzungsweise rund 33 Millionen Masken verwertet“, kündigt das Gesundheitsministerium an. Wobei „verwertet“ ähnlich zu verstehen ist wie „Sondervermögen“ oder „Neubewertung von Steuern“. Denn „Verwerten“ heißt vermutlich Verbrennen, Wegwerfen, Zerstören – Vernichten halt. Vielleicht ließe sich im Regierungsviertel aber auch ein Denkmal für Jens Spahn daraus basteln – zum Gedenken an den Bockmist, den man in der Merkel-CDU verbocken kann, um in der Merz-CDU immer noch als Hoffnungsträger zu gelten.
Sofia Taxidis
China sitzt auf einem Berg deutscher Schutzmasken. Es ist eines der Kapitel darüber, wie die Bundesregierung in der Corona-Politik Geld verbrannt hat. Und wie die Verantwortlichen heute so tun, als wäre nie was gewesen.
daili-es-sentials
2023-04-24T16:29:37+00:00
2023-04-24T16:29:38+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/corona-deutschland-schutzmasken-china/